1905 / 47 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Feb 1905 18:00:01 GMT) scan diff

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den Konservativen) Ich halte es für meine Pflicht, das hiermit zu konstatieren, um zu verhüten, daß der Eindruck im Lande erweckt werde, als ob der Herr Abgeordnete, den ich sonst wegen seiner sach⸗ lichen und stets objektiven Ausführungen sehr schätze, bei dieser Gelegenheit im Namen der ganzen evangelischen Kirche einen Satz aus⸗ gesprochen habe, der im übrigen nur Verwirrung anzurichten geeignet ist. (Große Unruhe links! Sehr richtig! bei den Konservativen.) Meine Herren, der Herr Abgeordnete hat auch auf einen Vorgang aus dem Jahre 1848 zurückgegriffen. Ob dieses Jahr mit seiner politischen Erregung und seiner etwas eigenartigen Stimmung geeignet war, in dieser Sache als maßgebend zu gelten, das kann ich dem Urteil

dieses hohen Hauses überlassen.

Ich wollte dann nur noch hinzufügen, daß ich gestern ausdrücklich das eigenmächtige Vorgehen des Konsistoriums in Koblenz, welches eine mindestens überflüssige Enquete in dieser Sache (oho! links), ohne sich der Zustimmung der vorgesetzten Behörden zu vessichern, eingeleitet hat, als eine bedenkliche und eine bedauerliche bezeichnet habe, und dieses Urteil muß ich auch heute aufrecht erhalten. In einer Zeit, wo in der Tat die von mir nachher noch näher zu kenn— zeichnende Maulwurfsarbeit vor sich geht, in dieser Weise noch Auf— regung in Kreise zu bringen, die darauf angewiesen waren, im Wege ruhiger und friedlicher Verständigung mit den Schulorganen ihres Amtes zu walten, halte ich nicht für richtig. Ich halte es außerdem nicht für nützlich im Interesse des Zustandekommens des Schul⸗ unterhaltungsgesetzes, eines Gesetzes, an dem Ihnen ja allen, meine Herren, mit wenigen Ausnahmen, mit Recht außerordentlich viel

gelegen ist. Was nun die von dem Herrn Abgeordneten erwähnte Aeußerung

bezüglich der Maulwurfsarbeit anbetrifft (Lachen links), so habe ich folgendes zu erklären.

Meine Herren, Sie werden auch selbst die Beobachtung gemacht haben, daß sofort, nachdem das bekannte Kompromiß vom 13. Mai v. J. zustande gekommen war, sich in gewissen Kreisen der Presse die Tendenz kund gemacht hat, augenblicklich in größere Aktionen gegen das Kompromiß einzutreten und dasselbe als eine Gefährdung des preußischen Schulsystems, als eine Vergewaltigung der öffentlichen Meinung hinzustellen. Genau das Gegenteil ist tatsächlich der Fall. Denn, meine Herren, gegenüber der Tatsache, daß ein Kompromiß, zwischen großen Parteien geschlossen war, mit einer so überwältigenden Mehrheit, daß, wenn ich mich nicht irre, vielleicht 20 oder 25 Mit- glieder des hohen Hauses überhaupt nur dagegen gestimmt haben, gegenüber dieser Tatsache war doch jenes Vorgehen, welches auf ein⸗ seitigen Parteidenzen beruhte und in den realen Verhältnissen keine Grundlage fand, ein Unternehmen, das nicht im Interesse des Landes lag. Dasselbe lag aber auch nicht im Interesse der Autorität dieses hohen Hauses, welches mit überwältigender Mehrheit sich für das Kompromiß ausgesprochen hatte (Zuruf links), und die Arbeit ist nachher nicht bloß in der Presse, sie ist in der persönlichen Bearbeitung weiter Lehrerkreise weitergegangen, sie hat sich der Lehrervereine bemächtigt und eine ganz künst—⸗ liche Mißstimmung hervorgerufen. (Unruhe links. Sehr richtig! rechts) Glücklicherweise haben auf der anderen Seite wenigstens einige Lehrervereine sich klar gemacht, daß sie im Interesse des gütlichen Zustandekommens des Schulunterhaltungsgesetzes, von dem auch die Erfüllung sehr vieler Wünsche des Lehrerstandes abhängig ist, handeln, wenn sie dieser künstlich hervor⸗ gerufenen Stimmung entgegentreten. (Sehr richtig! und Bravo rechts. Zischen links. Wiederholtes Bravo rechts. Erneutes Zischen links.)

Abg. von Heimburg (kons.) bringt die Verhältnisse im Berliner Naturwissenschaftlichen Museum insbesondere in der zoologischen Ab⸗ feilung zur Sprache. Das Museum sei der Mittelpunkt für die vielen kleinen Und größeren Landesmuseen und für die vielen Privat sammler und Forscher. Es müsse deshalb auch die Führung in den einzelnen Fächern nicht bloß in Deutschland, sondern auch über Deutschland Hinaus beweisen bejw. erringen. Es seien die Gehaltsver, Fältniffe am Museum unzureichend und junge gecignete Kräfte nicht vorhanden. Der Zweck seiner Worte sei, größere Mittel fur die Gehälter am Berliner Naturwissenschaftlichen Museum zu erbitten und dann die jungen Zoologen auf die fühlbare Lücke im Nachwuchs hinzuweisen. Es seien doch wohl alle im Hause einig, daß die wiffenschaftlichen Museen Berlins nicht bloß in Preußen und Deutschland, sondern in der ganzen Welt eine führende Rolle ein⸗ nehmen müßten. . .

Ministerialdirektor Dr. Althoff ist dem Vorredner für seine Aus⸗ führungen dankbar und sagt wohlwollende Prüfung der gegebenen An⸗ regungen zu.

Abg. Fund (fr. Volksp): Ich teile das Bedauern des Abg. Hackenberg darüber, wie gestern der Schulantrag hier erörtert worden sst. Herr Hackenberg hat Worte der Anerkennung gehabt für die Art, wie im Lande gegen das Schulkompromiß agitiert worden ist; ich akzeptiere diesen Dank auch für meine Person, da ich mit in der Agitation stehe. Ich hoffe, daß solche Auswüchse, wie der gestrige, bel der Erörterung der in Aussicht gestellten Vorlage nicht wieder vorkommen werden, sondern daß der Kampf ritterlich ausgefochten werden wird. Der Minister stellte sich gestern auf den Standpunkt; Ruhe ist die erfle Bürgerpflicht; heute hat er sich durch den Kollegen Hackenberg aus seiner vornehmen Nuhe herauslocken lassen. Der Minister nennt es Maulwurfsarbeit, wenn man mit offenem Visier gegen den Schulantrag kämpft; wenn er aber von künstlicher Erregung spricht, so scheint er doch richt richtig von seinen Beamten informiert zu werden. Der Minister meinte, das Kompromiß sei ja fast einstimmig angenommen worden; ja, denkt er denn nicht an die Vorgänge von 1892, wo' auch die Mehrheit des Hauses für den Grafen Zedlitz war? Diese Vorgänge sollten doch für die Epigonen ein memento mori sein. Auch Herr von Zedlitz hat, wenn mich meine Augen nicht täuschen, schon manchmal hier im Hause sich einem leichten Schlummer hingegeben; er hätte also nicht mit Pribat nter haltung. und dergleichen Motiven gestern arbeiten sollen. Auf allen Gebieten wird draußen im Lande agitiert, und solange diese Agitation in erlaubten Grenzen sich hält, follte man doch mit Urteilen, wie sie gestern und heute verlauteten, vorsichtig sein. Die Agitation gegen den Schulantrag ist ganz ur⸗ sprünglich aus den Lehrerkreisen herausgewachsen. Herr von Zedlitz hat ben Glauben ausgesprochen, daß in der nationalliberalen Fraktion doch Männer sein würden, die das Kompromiß halten würden. Dem gegenüber weise ich doch darauf, daß der Wortlaut des Kompromißantrages vieldeutig war, und auf die Agitation der Jungliberalen hin, für welche eigens eine autkentische Deklaration des Inhalts des Antrags gemacht werden mußte. Wir sind von starkem Mißtrauen gegen die Weiterentwige⸗ lung der Sache erfüllt. Das Zentrum hat bereits energisch die Be⸗ seitlgung der Simultanschule verlangt; Sie seben daraus, welche Ge- fahr der Kompromißantrag birgt. das Ministerium dieses Ver⸗ langen des Zentrums Lügen ftrafen wird, dafür haben wir recht wenig Aussicht. Belche Bedeutung die Simultanschule für Nassau hat, ist erst injwischen den Nationalliberalen klar geworden; ist aber ter Stein erst im Rollen, so werden Sie vergeblich ihn an diefer Stelle aufjußalten versuchen. Gerade die. Agitation

der Leber beweist ja, daß es sich nicht um materielle, sondern um ideelle Fnteressen im benen Sinne des Wortes handelt. Soll denn

gese ; Hi ella fr! entsprechen, bestehen lassen; wir wollen aber auch gleiches

schulen sein, wir wünschen auch, daß überall 0. ,,,, Schulen eingerichtet werden. Die Majoritätz des Hauses hat aber beim Kompromißantrag sich dahin entschieden, daß in n, . Gegenden unseres Vaterlandes die Simultanschulen bestehen bleiben sollen. Der Redner beschwert sich ferner über die Verzögerung der Er⸗ richtung einer katholischen Volksschule in Eberswalde i. d. Makk, wo die Lehrerstellen zu spät ausgeschrieben worden seien. Der Magistrat scheine es auf die Zangsetatisierung ankommen lassen zu wollen. Man müsse bei der Beratung von Gesetzentwürfen immer berücksichtigen, daß man auch mit illovalen Potenzen im Lande rechnen müsfse. In einer Schrift des Evangelischen Bundes würden die Aus⸗ führungen der Abgg. Bachem und Porsch vom 18. März 1903 über bie Marianischen Kongregationen angegriffen und gesogt, diese Herren könnten als Privatleute für ihre falschen ,,. nicht verantwort⸗ lich gemacht werden, sie zeigten nur, welchen Wert man ihren Ver⸗ sichetungen beimessen könne. Anders stehe es aber mit dem preußischen Kältusminifter. Er (Redner) habe um Mitteilung des Namens des Ver⸗ fassers ersucht, um sich mit ihm auseinandersetzen zu können; der Herr habe sich aber geweigert, sich zu erkennen zu geben. Er habe davon Abstand genommen, die Klage wegen Beleidigung gegen den Verfasser zu stellen. Die ganze Angelegenheit zeige, wie gelogen werde. In der Broschüre würden seine Ausführungen vom 18. März ge— fälscht, denn es sei gesagt, daß er schlechthin jede Verbindung der Marianischen Kongregationen mit dem Jesuitenorden bestritten habe. Tin folches Vorgehen sei bedauerlich, dadurch müsse der konfessionelle Frieden gestört werden. Die Situation werde vergiftet durch solche Entstellungen. Nur in sechs Fällen sei bisher die Genehmigung der Ir ef ge, Kongregationen nachgesucht worden, aber noch nicht er⸗ teilt. Es sei ganz unnötig eine Menge Lungenkraft . diese Kon⸗ gregationen verschwendet worden, wie diese es gar nicht verdienten. Abg. Wol gast (fr. Volksp.): Ich wollte kurz hinweisen auf die amtliche Stellung der Lehrer, ihre Einrangierung z. B. bezüglich der Tagegelder und Reisekosten bei den untersten Unterbeamten ꝛc. und werde darauf später zurückkommen. Die gestrige Erregung des Herrn von Zedlitz scheint darin ihren Grund zu haben, daß seine Agitation im Tande nicht genügend Erfolg gehabt hat. Er ist in das Land gejogen, um für den Kompromißantrag ju werben, zunächst im schoͤnen Lande Sachsen in Lehrerversammlungen, so hat also er die Agitation angefangen, über die er sich beschwert, und in meinen Augen ist seine Agitation auch nicht schön gewesen. (Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch: Ist mir ganz gleichgültig) Ich rede ja auch nicht zu Ihnen, Herr von Zedlitz, sondern zum Hause. Herr von Zedlitz hat sich gestern für die Fachschulaufsicht ausgesprochen, und dafür bin ich ihm dankbar, aber er hat hinzugefügt, daß jetzt der Zeitpunkt dazu noch nicht gekommen sei, In den Lehrerversamm⸗ lungen, an denen er teil nahm, hat er aber ruhig Resolutionen für die weltliche Schulaufsicht fassen lassen. Für die völlige Gleich⸗ slellung der Stadtlehrer und der Landlehrer bin ich auch nicht sehr aus den wicherbolt erörterten Gründen; aber es wirft ein eigen⸗ tuͤmliches Licht auf die Agitation des Herrn von Zedlitz, wenn er die Magdeburger Beschlüsse der Lehrer für die Gleichsiellung als Beschlüsse don Phanktasten hinstellt. Bei unserer Agitation sind nur Abgʒ o rhnete, die selbst Lehrer sind, aufgetreten und haben nicht als Politiker, fondern als Schulmänner zu ihren Kollegen gesprochen. Wenn Herr von Zedlitz den Zeitpunkt für die Einführung der weltlichen Schul⸗ aufsicht noch nicht für gekommen hält, wird er wohl in diesem Hause niemals kommen. Wenn wir darauf warten sollen, bis die großen politischen Parteien sich dafür entschieden haben, so beißt das, wir sollen warten, bis das Zentrum als große Partei hier ver= schwunden ist. Weshalb spricht der Minister sein Bedauern über die Grgquete der Koblenzer Synode aus? Wenn die Kreissynoden sich für die Anficht des Ministers aussprächen, würde er das wohl nicht be= dauern. Herr Irmer weist auf die geschichtliche Entwickelung der geist⸗ lichen Schulaufsicht hin und führt dafür an, daß viele . Kuster und Drganisten selen. Das ist doch ein sehr schwacher Beweis für die geschichtliche Entwickelung der geistlichen Schul⸗ aufsicht. Bei solcher Entwickelung kommen wir schließlich, zu konfessionellen öheren Schulen und konfessionellen Universitäten. Die Volksschule in Preußen ist ein Werk des Staats, der Hohenzollernfürsten gewesen, aber nicht ein Werk der Kirche. Es ist bejeichnend, daß daran festgehalten worden ist, daß der Volksschul lehrer einer Srtsschulaufsicht bedarf. Womit hat denn der Lehrer dieses Mißtrauen verdient? Es gibt schon genug Revisoren vom Kreis- schulinspektor bis zu den Schulräten hinauf. Herr Glattfelter meint, ein Geistlicher konne das sehr gut beaufsichtigen ob in der Schule alles in Ordnung sei, ob die Hefte sauber sind ufw. Ob die Schüler mit Auge und Ohr und Herz dem Unterricht folgen, das zu beobachten, dazu reicht die pädagogische Ausbildung der Geistlichen aber nicht aus. Als Herr Irmer‘ gestern über den Königsberger, Lehrertag sprach, batte ich den Eindruck, daß er den stenographischen Bericht darüber nicht gelesen hat. Wenn er sagte, 2 die Lehrer dort die geistlichen Srtöschulinspektoren persönlich beleidigt hätten, so muß ich an⸗ nehmen, daß er den Bericht nicht gelesen oder sich geirrt hat. Der Referent in Königsberg hat nur gesagt, daß die Geistlichen nicht die genügende pädagogische Aukebildung hätten, um die Schul⸗ aufsicht führen zu können. Der Generalsuperintendent D. Braun hat ausdrücklich feine Freude über den versöhnlichen Ton des Referats aus- gesprochen. Und Herc Kopsch hat in Königsberg ausdrũcklich gesagt, der Kampf um die weltliche Schulaufsicht richte sich nicht gegen die Geistlichen, fondern werde nur aus Liebe und Interesse für die Schule geführt. Aber gewisse Preßorgane haben gegen die Lehrer-

unserer Lehrer höher einschätzen. Ho entlich ist aus der gestrigen Erklärung des Ministers nicht ju entnehmen, daß ju den Lehrerversammlungen keine Regierungsvertreter mebr kommen sollen. Wenn aber die Ftegierunggvertreter bloß hingeschickt werden, um die Feden der Lehrer zu kontrollieren, dann bedanken wir uns vor solchen Aufsichtsräten. Ich bestreite entschieden, daß unter den Lehrern eine künstliche Agitation erzeugt worden ist. Wieviel Interesse an den Schulfragen' herrscht, zeigt heute die gefüllte Tribüne. Als wir vor wenigen Wochen die Kanalvorlage berieten, hatten wir fast keine Zu⸗ schauer. Das ist heute für den Kultusminister ein Aschermittwochs- tag. Den geistlichen Schulaufsichtsbeamten hat der Minister gestern warmen Dank ausgesprochen, den Lehrern ist so etwas nicht geworden. In allen höheren ünd niederen Schulen geht ein Zug nach rückwärts. Dho! im Zentrum) Wenn Sie das auch bestreiten, in weiten Kreisen des Volkes herrscht die Meinung: wir gehen in Schulangelegenheiten

versfammlungen von vornherein gebe Man sollte die Arbeit

Schulaufsicht; die Synode bat an die Geistlichen lediglich die Frage gerichtet, welcher Segen noch von der geistlichen Schul⸗ aufficht erwartet werden darf. Die rheinischen Synoden

sich gegen die geistliche Schulaussicht autgesprochen. * Minister' sprach von der Maulwurfgarbeit. Soviel ich . lebt der Maulwurf in dunkler Erde, die Agitation ift aber ganz offen und frei betrieben werden. Die Lehrer waren die ersten, die berufen waren, über das Schulkempromiß ihre Meinung ju fagen. Die Diskussion in den Lehrerversammlungen ist durchaus lehrreich gewesen und hat aufklärend gewirkt, es sind dadurch dem Kompromiß, das wir mit ,, . haben, eine ganze Menge neuer Freunde erwachen. Wir haben das Vertrauen, daß die Vorlage der Regierung dem Schulkompromiß entfprechen wird, und mit diesem Vertrauen werden wir unseren Gegnern entgegentreten.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Ich bin dem Herrn Abg. von Eynern aufrichtig dankbar für seine Erklärungen, die er in bejug auf den Schul⸗ kompromiß und die von seiner Partei in Aussicht stehende Unter⸗ stätzung im Sinne dieses Kompromisses abgegeben hat. Ich wollte mich nur gegen seine Anfangsäußerungen wenden. Herr von Eynern hat den Fall angenommen, daß alle Konsistorien der Monarchie von mir mit Weisungen persehen werden könnten, eine Enquete über die Schulaufsicht anzustellen. Der Herr Abgeordnete irrt sich in der An⸗ nahme, daß mir die Konsistorien der alten Provinzen in dieser Be⸗ ziehung aufsichtlich unterstellt sind, und mit derartigen Weisungen versehen werden könnten. Im übrigen ging, was den viel besprochenen Fall des Koblenzer Konsistoriums anbetrifft, mein Bedauern dahin, daß die Behörde sich aus eigenem Antrieb, und ohne sich der Zu⸗ stimmung der vorgesetzten Behörde zu versichern, eine Untersuchung angestellt hat über eine Frage, von der selbst der Abg. Wolgast heute zugestanden hat, daß sie die weitesten Volkskreise auf das eingehendste beschäftigt. (Zuruf links) Wenn das der Fall ist, so handelt es sich um eine präjudtzielle Frage, die nicht durch Verfügung einer einzelnen Behörde zur öffentlichen Erörterung gestellt werden kann, ohne daß die Zentralinstanz sich über die Vornahme der Enquete in zustimmen⸗ dem Sinne schlüssig gemacht hat. Dieser Grundsatz entspricht durch⸗ aus der Praxis der staatlichen Behörden.

Meine Herren, ich wende mich nun gegen den Herrn Abg. Wolgast. Ich glaube nicht, daß seine Ausführungen durch die Lebhaftigkeit, mit der er sie vorgetragen hat, sehr gewonnen haben. Zunächst hat der Herr Abgeordnete sich darauf berufen, daß die Staatsschule der geist= lichen Schulaufsicht vollstãndig entbehren könne, sogar von Anfang an sich grundsätzlich von derselben emanzipiert habe. So waren, wenn ich recht verstanden habe, seine Ausführungen. Daz ist voll⸗ kommen unrichtig. Das Verdienst des Hohenzollernhauses in bezug auf die Gründung von Schulen als staatlicher Einrichtungen ist nicht groß genug anzusetzen und von allen Seiten dieses hohen Hauses auch stets anerkannt worden, ebenso wie bei der vorjährigen Erörte⸗ rung der Interpellation der Herren Abgg. Broemel und Cassel, als es sich um den bekannten Berliner Schulkonflikt handelte. Als ich damals auf das Landesschulteglement von 1763 zurückgriff, um zu be⸗ weisen, daß die preußische Schule eine Staatäanstalt wäre, wurde ich verlacht mit dem Hinweis darauf, ich beriefe mich auf ganz veraltete Bestimmungen, ich sollte mit solchen veralteten Betrachtungen doch nicht kommen, sondern den modernen Anschauungen der Zeit Rechnung tragen. Wie deplaciert diese Angriffe waren, wollen Sie aus folgendem entnehmen. Schon die Konsistorialordnung pon 1537 stellt die Schule als Staatganstalt hin, ebenso das Landes⸗ schulreglement von 1763, ferner das Landrecht von 1794. Der Gedanke wird weiter entwickelt in der Regierungsinstruktion von 1817. In⸗ soweit treffen die Ausführungen des Herrn Abg. Wolgast zu, nur mit einem wesentlichen Unterschiede. Ganz abgesehen schon von der Konsistorialordnung von 1537, in welcher die enge Verbindung jwischen Kirche und Schule als selbstverständlich vorausgesetzt war trifft das Allgemeine Landrecht folgende Bestimmungen:

§ 12. Gemeine Schulen, die dem ersten Unterricht der Jugend gewidmet sind, stehen unter der Direktion der Gerichtzobrigkeit eines jeden Orts, welche dabei die Geistlichkeit der Gemeinde, ju welcher die Schule gebört, zuziehen muß.

§ 13. Die Kirchenvorsteher einer jeden Gemeinde, auf dem Lande und in kleinen Städten, sowie in Ermangelung derselben Schuljen und Gerichte, ingleichen die Polizeimagistrãte find schuldig, unter Direktion der Obrigkeit und der Geistlichen, die Aufsicht über die äußere Verfassung der Schulanstalt und über die Aufrecht erhaltung der dabei eingeführten Ordnung ju übernehmen.

§ 14. Alle dabei bemerkten Mängel, Versäumnisse und Un⸗ ordnungen müssen sie der Obrigkeit und dem Geistlichen zur näheren Untersuchung und Abstellung anzeigen.

§ 15. Die Obrigkeit und der Geistliche müssen sich nach den vom Staate erteilten oder genehmigten Schulordnungen achten und nicht, was denselben zuwider ist, eigenmächtig vornehmen und ein führen.

Wie der Abg. Wolgast nun ju der Schlußfolgerung kommt, daß die historische Entwickelung der pꝛeußischen Staatsschule vollständig getrennt von der Kirche sei, das verstehe ich nicht und versteht wahr⸗ scheinlich das hohe Haus in seiner überwiegenden Mehrbeit auch nicht. (Sehr wahr! Sehr richtig! im Zentrum und rechts.)

Meine Herren, das Schulaufsichtsgesetz vom Jahre 1872 hat die Schule als Staatsanstalt und die sämtlichen Schulaufsichtsorgane gleichjeitig als Beauftragte des Staates hingestellt; es läßt die Frage absichtlich unberührt, inwieweit die Kirche dabei noch zu beteiligen sei. Der Herr Abg. Wolgast bewegt sich also in vollkommen irrtümlichen Auzführungen.

Nun hat der Herr Abg. Wolgast sich beklagt über die geistliche Schulaufsicht und über die häufigen Revisionen, welchen die Lehrer ausgesetzt würden. Meine Herren, vom Lehrerstande ist es sehr häufig mit Dank anerkannt worden, daß derartige belehrende Revisionen statt⸗ finden. Sie sind unerläßlich. Und wenn nun namentlich noch darauf Bejug genommen wird, daß die Revisionen von Provinzialschulkollegien und gar von Ministerialräten noch erfolgten, ja, melne Herren, einheitliche Gesichts punkte müssen aufrecht erhalten werden; und daß die Revisionen der höheren Instanzen vielfach Uebelstände iu Tage fördern, ist ja ganz erklärlich: bei einigen 30 000 Schulen werden sich da gewisse Abnormitäten und bei der einen oder anderen Schule gewisse Miß · bräuche jeigen. Sie werden mir doch zugestehen müssen, daß die Notwendigkeit häufiger Revisionen eine geradejn unerlaßliche ist.

(Sehr richtig! rechta.)

nicht vorwärts, sondern rückwärts. Abg. von Eynern (nl): Ich bedauere, daß der Verfasser der

Schrift, gegen weiche Herr Porsch fich wandte, sich nicht genannt hat.

das eine unerlaubt. Agitation fein, soll bloß eine Agitation für den 7. Mark ⸗Getrestecjoll oder gegen den Kanal erlaubt sein? Ob die

Der Mintster tadelt die Synode in Koblen für die Enquete über die

.

Nun kommt aber noch folgendes hinzu. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Handhabung der Grundfätze des Schul unterrichts muß von der Zentralinstanz aus kontrolliert werden. Ich habe es

nur ju bedauern, daß meine mit den Revisionen beauftra ĩ diese nicht in ausreichendem Maße vornehmen können, ö ö ihre Kräfte gehen würde. Wir haben in runder Summe 100 000 Volks- schullehrer der verschiedenen Kategorien, und es stehen nur drei oder vier Räte zur Vornahme von Rebistonen zur Verfügung, wenn es sich um gan besonders wichtige Aufgaben handelt; also daß die Revision eine übertriebene sei, muß ich in Abrede stellen. Es hat sich auch gerade in dem Berliner Fall, wo auch über Eingriffe im Revisions˖ . 6 , e, 1 wie notwendig es war, da einmal eine ntrolle eintreten ju lassen; i i inli 2 , w. ch will auf diesen etwas peinlichen ann, meine Herren, aber frage ich: liegt es ni ĩ eigenen Interesfe der jungen Lehrer, wenn sie en aht . ,. werden? Die jungen Lehrer treten sehr häufig jetzt schon mit dem 20. oder 21. debenẽ jahre in den Schuldienst, treten zum Teil in Klassen ein, die mit einer großen Schülerzahl besetzt sind; infolge dessen stehen sie . einer schwierigen Aufgabe gegenüber. Diese Schwierigkeit habe ich auch gestern hier berührt, indem ich sagte, daß gerade die tagliche Arbeit, die dort mit großer Sorgfalt und Plicht . . * ö. ö der wichtigsten Aufgaben gehört, um die e in demjenigen Stande zu er i J, , . zu erhalten, der dem preußischen Staate Der Herr Abgeordnete scheint heute anzunehmen, daß i dem Einfluß des Zentrums mich immer mehr ö aner . Bahn bewege. Auf derartige Angriffe einzugehen, versage ich mir; sie richten sich von selbst. (Sehr richtig! rechts) Meine Herren, sol das vielleicht der Dank dafür sein, daß ich bestrebt gewesen bin, das Niveau der gesamten Lehrerbildung des preußischen Staates zu heben? Ich habe dafür gesorgt, und unter den größten Schwierigkeiten es durchgesetzt, daß die Präparandenkurse nicht mehr jwei, sondern drei Jahre dauern, um eine möglichst vollkommene Vorbildung der Lehrer zu erreichen. Unter meiner Leitung ist im Jahre 1901 eine allge⸗ . , . n, in den Seminarien erfolgende Aus— ung, welche die Vorbildung de k g der Lehrer auf eine höhere Stufe Was die Lehrerversammlungen betrifft, so bitte ich den Her Abg. Wolgast, mir einen einzigen Fall anzugeben, in ,. . . Erklãrungen der Lehrerversammlungen entgegengetreten bin. Ich habe im Interesse des Friedens von den vielfach bedenklichen Aeußerungen die in den Lehrerversammlungen gefallen sind, keine Notiz genommen, babe aber gestern Veranlassung genommen, zu konstatieren, daß 6. vielen Fällen bedauerliche Ueberschreitungen oder Verstöße gegen die notwendige Rücksichtnahme vorgekommen sind, und dieses Bedauern babe . heute noch zu wiederholen. nlangend die Königsberger Lehrerversammlung, so sind di Aeußerungen, die der Herr Abg. Wolgast hier ö ö. . gewählt, um mich nicht eines anderen Ausdruckes zu bedienen. Wollen Sie aber hören, was wirklich dort vorging, so bitte ich aus dem stenographischen Bericht folgende Betrachtungen über die geistliche Schulinspektion aus dem Munde eines Lehrers vorführen zu dürfen: Die bisherigen Inspektoren besitzen nicht die erforderliche päda= gogische Fähigkeit für dieses Amt, ihnen fehlt in der Regel die fachmaännische Vorbildung, die ausreichende Zeit und das lebendige Interesse an der Schule; in der heutigen Schulinspektion liegt für den Lehrerstand etwas Demütigendes, lsehr richtig! links) sie beengt den Lehrer in seiner Arbeitsfreiheit, untergräbt seine Autorität und würdigt ihn zum pädagogischen Handwerker herab, sie hemmt die Schularbeit und schädigt das Ansehen des Lehrer—⸗ standeg, die Gründe für ihre Beibehaltung sind Scheingründe, sie bat sich nicht nach den Gesetzen eines gesunden Wachstums ent— k fie trübt die Freudigkeit des Lehrers und den Erfolg seiner rbeit, (sehr richtig! links) sie hemmt die gesunde Entwickelung der Volksschule und die volle Entfaltung ihrer Kräfte; den Schulinspektoren fehlt es in der Regel an der nöthigen Sachkenntnis. (Sehr richtig! links.) U Dat ist durchaus falsch, meine Herren! (Sehr richtig! Unruhe de, 3 2. aber ö. nicht zu Ende; wollen Sie die Güte aben, mich augreden ju lassen! Meine Herren, di ü schließen mit folgenden Worten: ö angepriesen als ein Mittel jur Erhaltung der Religion enthält sie für den Lehrer die Gefahr, ihn den kirchlichen Leben innerlich ju entfremden; in der geistlichen Schulinspektion liegt etwas Entehrendes für den Lehrer, sie beeinträchtigt seine Amtöaͤfreudigkeit und den Erfolg seiner Arbeit. (Hört, härt! links.)

Ja, meine Herren, wenn die Schulverwaltung dazu schweigen soll,

eine Verwaltung, die gleichzeitig auch sehr erheblich an der kirchlichen Verwaltung beteiligt ist, dann können wir es überhaupt aufgeben, ung um die angemessene Gestaltung unserer Schulen noch zu bekümmern. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum) . Meine Herren, ich habe schon vorhin gesagt, daß namentlich der junge Lehrer der Revision nicht entbehren kann. In jedem anderen Beamtenstande die Lehrer zählen ja bekanntlich zu den mittleren Staatbeamten ist eine vielfache Kontrolle durch die Dienst—⸗ vorgesetzten von früh bis Abends gegeben. Die Lehrer hin⸗ gegen stehen selbständig vom 20. bis 21. Lebensjahre an ohne Kontrolle in der Schule, soweit nicht von der Schulaufssichts- behörde manchmal in leider viel ju seltenen Fällen Kontrolle geübt wird; dlese Lehrer stehen vor einer Auf— gabe, die pädagogisch, namentlich den jüngeren Kindern gegen— über, eine außerordentlich schwierige ist, die an die Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit des Lehrers die allergrößten Anforderungen stellt. Nun bitte ich Sie, sich zu überlegen, wie der Lehrer, namentlich auf dem platten Lande, in seiner isolierten Stellung vielfach der Versuchung autgesetzt ist, den Unterricht unpünktlich oder oberflächlich vorzunehmen, oder auf methodisch falsche Bahnen ju kommen, kurzum (Unruhe und Unterbrechung linke) ja, bitte sehr, meine Herren! er steht vor einer Aufgabe, deren angemessene Erfüllung einer ministeriellen Ueberwachung durch die Schulaufsicht bedarf. (Erneute unterbrechende Zurufe links) Meine Herren, ich stehe hier nicht, um in eine Privatunterhaltung mit Ihnen einzutreten!

Nun hat der Herr Abg. Wolgast nachher sich darauf be— rufen, daß die Agitation für die Simultanschule eine durchaus loyale

näher eingehen. Ich bin nur etwas erstaunt über den Eifer, mit dem der Herr Abgeordnete sich mit einem Male für die Simultanschule interessiert, in einer Probin; Schleswig -Holstein ist, wenn ich nicht irre, seine Heimatprobin; also in einer Provinz, in der überhaupt keine einzige Simultanschule besteht. (Hört, hört! im Zentrum und rechts.) . Dann darf ich, da ich gerade bei diesem Thema bin, noch er wähnen, daß der gesamte Entwickelungsgang unserer Vol ksschule außer⸗ halb des Regierungsbezirks Wiesbaden und der gemischtsprachigen dandesteile darauf hinausgeht, die Simultanschule zu beseitigen. Es ist das auch durchaus erklärlich die Herren von der Gegenseite mögen sagen, was sie wollen es entspricht den natürlichen An— schauungen der Bevölkerung, es entspricht der ganzen historischen Ent⸗ wictelung (lebhafter Widerspruch links), der ganzen historischen Entwickelung (erneuter Widerspruch links; sehr richtig! rechts und im Zentrum) daß die Schule eine konfessionelle sei. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts) Es entspricht dem eigenen Interesse der Lehrer, meine Herren, denn die Lehrer sind gerade in der Simultanschule vor doppelt schwierige Aufgaben gestellt. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts. Die Kontrolle, die von außen geübt wird über die Lehr tätigkeit, die Kontrolle, die gegenseitig die Schüler über den Lehrer üben, ist eine wahre erux für die Zentralstelle. Dasjenige, was uns in der Verwaltung die größten Schwierigkeiten macht, sind die Simultanschulen darüber mag gesagt werden, was da will es ist eine häufig wahrnehmbare Tatsache. Nun vermißt der Herr Abgeordnete ein freundliches Wort für den Lehrerstand. Ich bedauere, daß mir ein solch unbegründeter Vor— wurf gemacht worden ist. Ich habe gestern schon Veranlassung ge—⸗ nommen, dem Lehrerstand der Provinz Posen, einschließlich eines großen Teiles der polnischen Lehrer, meine Anerkennung für die korrekte und pflichttreue Erfüllung seiner außerordentlich schwierigen Aufgaben auszusprechen. Der Herr Abg. Kopsch hat ich glaube: in seiner Etatsrede, wenn nicht in diesem, so doch im vorigen Jahre mir seinen Dank ausgesprochen für die Anerkennung, die ich für den Lehrerstand meinerseits kundgegeben habe. Ich wiederhole gern diese Anerkennung und erkläre, daß ich als Unterrichtsminister stolz darauf bin, einem preußischen Lehrerstande vorzustehen der die tãglich an ihn herantretenden schwierigen Aufgaben im allgemeinen mit größter Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit erfüllt Bravoh, mit einer Pflichttreue, die mustergültig ist für viele andere Stände (erneutes Bravo), die auch erziehlich wirkt auf den Bauern— stand, auf die Einwohnerschaft in den kleinen Städten, überhaupt da wo der Lehrer einen Einfluß üben kann. Meine Herren, ich wirder hole diese Anerkennung, namentlich, was die Disziplinarfälle anbetrifft. Mit besonderer Genugtuung kann ich es hier erwähnen, daß die Zahl der Disziplinarfälle, derjenigen Fälle, die zur Dienstentlassung führen, im Verhaltnis zu der ungeheuren Zahl der Lehrer eine sehr geringe ist im Vergleich ju anderen Beamten. Ich bin gerade in der Zentral— stelle in der Lage, diese Vergleichung anzustellen und nehme mit Ge— nugtuung davon Akt, daß Verstöße gegen die Disziplin in dem Lehrer⸗ stande in verschwindender Anzahl vorkommen.

Aber, meine Herren, mit diesem Lobe kann ich nur die Mahnung ver⸗ binden, daß nicht von einer Seite, die ich als von objektiven Beweg gründen ausgehend nicht betrachten kann, nun zwischen Lehrer und mir eine derartige Schaidewand hingestellt wird. Das bedauere ich im höchsten Maße und kann es nur auf eine Agitation zurückführen, die auf ganz irrtũmlicher Voraussetzung beruht, auf der BVorautseung ich komme nachher auf dieses Thema noch zurück daß ich lediglich aus diebedienerei gegen eine gewisse Partei meine Pflichten als Unterrichts minister vernachlässigte. Ich erhebe gegen eine derartige Unterstellung den allerentschiedensten Widerspruch. Die Tatsachen werden es beweisen daß ich nicht aus Liebedienerei hier meines Amtes walte. Da ich mich nun einmal gegen dieses Vorurteil wenden muß, so möchte ich noch biniufũgen, daß der Herr Abg. Wolgast geradezu unter dem hvpnotisierenden Einflusse einer gewissen Presse stehen muß, die es sich zum Vergnũgen macht, mich tagtäglich anzugreifen. Ich habe gestern noch eiklärt bei meiner Erwiderung auf die Anfrage des Herrn Abg. Friedberg, daß ich zu allen den Preßangriffen geschwiegen habe. Ich habe dazu geschwiegen, bis ich hier vor diesem hohen Hause und dem Lande Gelegenheit hätte, diese Angriffe auf ihren wahren Wert zurück. zuführen und bei Gelegenheit der Etatdebatte mich über meine ge— , Amtsführung ju äußern hätte. eine Herren! Zwei weit verbreitete Berliner e

zunächst folgenden Vorwurf gegen mich erhoben: . An grundsätzlicher Liebedienerei gegen das Zentrum leistet der gegen⸗ wärtige Kultusminister das Menschenmögliche. (Heiterkeit rechts) Und nun, meine Herren, kommen die Sünden die mir in die Schuhe geschoben werden mit folgenden Worten: 1 Im Trierer Schulstreit war er der Besiegte. Meine Herren, gerade das Gegenteil ist der Fall. Die Unterrichts- verwaltung ist der Sieger. Das bischöfliche Publikandum, welche das Trierer Lehrerseminar boykottierte, ist zurückgenommen, die Frequenz der Anstalt ist erheblich gestiegen, es ist sogar ein katholischer Reli— gionslehrer an der Anstalt angestellt, der seit 20 Jahren von der bischoflichen Behörde der Anstalt konsequent verweigert worden war. Zwei andere Streitfragen, die namentlich im Westen der Monarchie immer wieder praktisch wurden und zu schweren Konflikten hätten führen können, babe ich zu gleicher Zeit zum besten des kon— fessionellen Friedens beseitigen können. Zweitens:

Der Minister überzieht die böheren Unterrichtsanstalten mit einem ganzen Netz von Marianischen Kongregationen. (Heiterkeit im Zentrum.) Gegenüber der Tatsache, meine Herren daß ich noch keine einzige Kongregation bieher genehmigt habe, ist diefer Angriff oa 5 verblüffender. Drittens:

er nister verbietet die Sammlunge

n . gen zu Gunsten der Los Meine Herren, diesem Angriff der Herr Abg. Ernst hatte die Güte, ihn gestern ju wiederholen liegt mindestens eine ignorantia juris ju Grunde. Ein Verbot von Sammlungen ist nicht von mir ergengen. Der Fall, welchen man bei diesen Angriffen offenbar im Auge hatte, lag vielmehr ganz anders. Das Presbyterium in Bonn hatte gegen eine erhebliche Minderheit beschlossen, einen Beitrag aus der Kirchenkasse für eine evangelische Kirche in Böhmen zu geben, und diese Minderheit beschwerte sich im Instanzenwege darüber, daß zu derartigen Beihilfen entgegen den bestehenden gesetzlichen Be— stimmungen Kirchensteuern verwendet würden. Ich habe

und berechtigte gewesen sei. Ich will auf diese Ausführungen nicht

diese Beschwerde, als sie an mich kam, als begründet an—

durch das Konsistorium, das Preßbyterium dahin belehren zu lassen, daß Entnahmen von Beiträgen der aus den Taschen der Steuer jah ler sich füllenden Kirchenkassen nach den gesetzlichen Be⸗ stimmungen, die ganz klar und jweifellos sind, für lediglich aus ländische Zwecke unzulässig seien. Die ganze Tätigkeit, die ich dabei entwickelt habe, ist also: daß ich mich mit dem Evangelischen Oberkirchenrat über eine Rechtsfrage ins Benehmen gesetzt und den evangelischen Beschwerdeführern von meiner Auffassung Fenntnis gegeben habe. Ein Verbot von Sammlungen oder Unter⸗ stützungen ist von meiner Seite nicht erlassen worden. Eine ganze Flut von Angriffen ist gerade aus diesem einzelnen Falle gegen mich gerichtet worden.

. Nun, meine Herren, eine hier in Berlin weit ver—˖ breitete Korrespondenz bringt heute die Nachricht, ich hätte gestern dem Zentrum eine entgegenkommende Erklärung in beijug auf die charitativen Orden abgegeben, während ich aus— drücklich gesagt habe, daß die Königliche Staatsregierung nicht in der dage sei, auf den Antrag Fritzen⸗Heereman, der von einer großen Majoritãt dieses Hauses angenommen war, einzugehen und demselben weitere Folge zu geben.

Nun heißt es in dieser Korrespondenz noch weiter, in dem gleichen Sinne hätte sich mein Herr Kommissar in. meinem Auftrage ausge— sprochen; das ist der Kommissar, der den Auftrag hatte, die Gründe darzulegen, weswegen die klösterliche Niederlassung in Heiligenlinde nicht genehmigt werden konnte. Also in dieser Weise, meine Herren, wird die öffentliche Meinung gefälscht, und so geht es Schritt vor Schritt weiter.

Dann ist mir noch zum Vorwurf gemacht worden und das ist ein Thema, auf das wir ja später voraussichtlich noch kommen werden . ich unterstütze katholische Studentenvereine lediglich aus diebedienerei gegen das Zentrum. Meine Herren, darüber kann kein Zweifel sein, daß an sich das Bestehen kon— fessioneller Vereine eine nicht erfreuliche Erscheinung ist vom Standpunkt der staatlichen Interessen, wie von dem der Förderung einheitlicher Bestrebungen in der Studentenschaft usw. Aber gegenüber der Tatsache, daß die konfessionellen Verbindungen teilweise schon seit do Jahren bestehen, würde ein von bekannter Seite gewinschter , . in 36. ,, die katholischen Verbindungen unterdrückt ürden, gerade einen der ärgsten Verstöße ̃ is Freiheit bedeuten. (Zurufe links.) JJ

Meine Herren, daß die Presse mich täglich auf Schritt und Tritt mit ihren Angriffen vom Parteistandpunkt verfolgt, ohne Rücksicht auf die besonderen Schwierigkeiten meiner Stellung, ist ihr gutes Recht; wat mich in meiner Wahrheitsliebe und meinem Gerechtig— keitsgefühl empört, ist die systematische Irreführung der öffentlichen Meinung. (Bravo! bei den Konservativen.)

Abg. Pallas ke (kons.): ĩ ; klärungen 4. Dr. 6 ii , 636 frage zu wiederholen, ich spreche nur nochmals unsere Erwartung aus daß die Zusage der Regierung gehalten und das Schulunterhal kungs⸗ gesetz im Herbst uns vorgelegt wird. Leider werden mit diesem Gefetz andere Dinge in Zusammenhang gebracht, die das Zustandekommen nur erschweren können. Der Zusammenhang des Schulunterhaltungs⸗ gesetzes mit der Frage der Lehrerbesoldung ist richtig, aber wem es

um die materielle Hebung des Lehrerstandes zu tun ist, d Zustandekommen des Gesetzes keine Steine . den i . .

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Ich habe vorhin vergessen, einen Vorwurf, der erhoben worden ist, zu entkräften. Es ist charakteristisch, daß man jetzt die Unterrichtsverwaltung beschuldigt, sie versuche die Lehrer⸗ versammlungen zu unterdrücken und Einfluß auf ihre Leitung zu ge⸗ winnen Man beruft sich dabei auf eine Verfügung der Regierung in Bromberg vom Jahre 1801, in welcher die Kreisschulinspektoren aufgefordert werden, sich an den Lehrerversammlungen ju beteiligen. Es wird genügen, wenn ich anführe, daß der Vorstand des Posener Provinziallehrervereins selbst den Herrn Oberpräsidenten gebeten hat die Schulaufsichtsbehörden möchten sich auch aktiv an den Bestrebun gen des Vereins beteiligen. Dieser Bitte hat die Bromberger Regierung entsprochen, und nun halten sich die Herren Abgg Kopsch und Wolgast darüber auf, daß eine Vergewaltigung der Lehrervereine erfolge. (Hört, hört! rechts.) Auf diese Weise werden Angriffe gegen die Unterrichtsverwaltung geschmiedet und hier zur Sprache gebracht.

Ich habe noch Veranlassung, dem Herrn Abg. Funck in meiner bescheidenen Eigenschaft als Epigone meinen Dank dafür auszusprechen daß er das Zustandekommen des bekannten Kompromisses in bezug auf das Schulunterhaltungsgesetz beute in so wirksamer Weise gefördert hat durch die Erklärung, er wäre ganz damit einverstanden ich glaube, er hat im Namen seiner Partei gesprochen —, daß die be⸗ stehenden konfessionellen Schulen aufrecht erhalten bleiben. Das ist ein sehr wesentlicher Fortschritt zur Verständigung; denn, abgesehen von dem Gebiet des Regierungebezirks Wiesbaden, abgesehen von ver— einjelten Simultanschulen in den östlichen Provinzen und abgesehen von dem gemischtsprachigen Gebiet, in dem aus bestimmten staatlichen Rücksichten die Simultanschule eingeführt ist, haben wir im preußi⸗ schen Staat ungefähr nur ein pro Mille Simultanschulen und mehrere Provinzen, in denen überhaupt nur Konfessionsschulen bestehen. Haben wir nun aus den vorerwähnten Erklärungen die Zustimmung dazu entnehmen können, daß die konfessionellen Schulen erhalten werden, so ist damit ein sehr wesentlicher Teil der Verständigung gesichert. Auf der anderen Seite verstehe ich es jedoch nicht, weshalb denn die Bewegung gegen die konfessionelle Schule in so weite Kreise der Be⸗ völkerung und der Lehrerschaft bis an die äußersten Grenzen der Monarchie hat getragen werden können, in Provinzen hinein, die wie z. B. Schleswig⸗Holstein, überhaupt nicht eine einzige Simultan schule aũüfweisen. (Bravo! rechts.)

Abg. Stull (Zentr.): Es ist ein alt stũ

Lehrerschaft, daß . . ,. 3. . finden sei. Die geistliche Aufsicht soll für die Lehrer entehrend sein Ich habe von den Lehrern auf dem Lande eine andere Meinung als von den Lehrern hier im Hause. ch meine, daß die Lehrer es nicht als entehrend ansehen, wenn ein Ortsschulinspektor hier für sie eintritt. Ich will aber die Angriffe nicht mit Bösem, sondern mit Gutem beantworten. Ich bitte den Minister um Schutz und Frei⸗ heit für die Lehrer in ihrer Tätigkeit in den ländlichen Genossen= , . In Schlesien wird ihnen die Uebernahme von Aemtern n den Genossenschaften ohne weiteres gestattet, aber aus dem Westen höre ich, daß ihnen dabei von der Schulaufsichtsbehörde Schwierigkeiten gemacht werden. Die Lehrer sollten sich gerade des ländlichen Genossenschaftswesens annehmen, den kleinen Land⸗

wirten kann man nicht jumuten, die Bücher der Genossenschaft führen; der Lehrer ist auf dem Dorfe immer die ,

erkennen müssen und habe den Gvangelischen Oberkirchenrat ersucht,

daju. Will man dem Lehrer das nicht gestatten, so muß man ihm auch

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