Nichtamtliches
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 27. Februar.
Seine Majestät der Kaiser und König empfingen gestern abend um 6 Uhr den Reichskanzler Grafen von
Bülow. Heute vormittag wohnten Seine Majestät mit
Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin und
den zur Feier hier anwesenden Fürstlichkeiten der Ein— weihung des Domes bei und empfingen um A Uhr Nachmittags die zu der Feier hierher esandten Vertreter auswärtiger Souveräne sowie die Haischcf i und Gesandten derjenigen Staaten, aus denen Vertreter der ver— schiedenen protestantischen Gemeinden hier eingetroffen sind, ferner diese Vertreter selbst und die Vertreter deutscher evangelischen Kirchengemeinden. ;
Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold . ö. abend um 11 Uhr seine Reise nach Ostasien an⸗ getreten. ;
Die feierliche Einweihung des Domes zu Berlin
fand heute vormittag um 11 Uhr statt. In der Predigtkirche hatten sich bis 101 Uhr der Reichskanzler, Bevollmächtigte zum Bundesrat, die Minister und Staatssekretäre, die Admiralität und Generalität, die Ritter des Schwarzen Adler⸗ ordens, die Generalsuperintendenten, Abordnungen der evan⸗ gelischen Landeskirche und Vertreter der evangelischen Kirchen im Auslande, der Akademien, der Universität und der übrigen Hochschulen, sowie andere geladene Gäste und Mitglieder der Domgemeinde versammelt. Kurz vor 11 Uhr erschienen auf der Königlichen Empore die in Berlin anläßlich der Einweihungs⸗ feier anwesenden protestantischen Bundesfürsten und Vertreter fremder Fürsten und um 11 Uhr betraten, unter dem Klang der Glocken und während der Posaunenchor das Halle— lujah aus. Händels Messias blies, Ihre Kalser⸗ lichen Majestäͤten, Seine Kaiserliche und Königliche . der Kronprinz und die in Berlin anwesenden Prinzessinnen und Prinzen des Königlichen Hauses den Dom und begaben Sich durch die Predigtkirche, unter Führung des Domkirchen— kollegiums, der Dombauverwaltung, der Dombaufkommission und des großen Vortritts, nach der Königlichen Empore. Nach⸗ dem der Domchor den 95. Psalm vorgetragen hatte, hielt der Oberhofprediger h. Dryander die Weiherede, an die sich das Weihegebet und Gesang des Domchors und der Gemeinde an— schlossen. Die Einleitungsliturgie wurde darauf vom Hof⸗ prediger Ohly und nach dem Gesang des (Ein feste Burg ist unser Gott“ durch die Gemeinde, die Predigt vom Kon⸗ sistorialrat und. Hofprediger Kritzinger gehalten. Die Schlußliturgie hielt der Hofprediger Schniewino. Gesang der Gemeinde schloß die 5 Die Allerhöchsten Herrschaften ver⸗
ließen ae i , 1a, . . Geläut der 4 b. St.- Pr. 5 5 4lischen Kirchen Berlins am
zerk. Jofciet, L. gecco 1dlich vollendete Berline? Dom blickt auf ei 5. Töwe * ** 4. 3 . ꝛ . n J te zurück. Schon Käüöhig Friedrich J. beab— 1. a d n. der alten, baufällig Fewordenen Domkirche
ö Bron Sehnen Seite des Schloßplatzes nach Entwürfen i 2 w heuen Dom errichten zu lassen; der Plan ge— W 367 nicht zur Ausführung, und der bescheidene Bau, den Boumann d. Ae. 1747 im Auftrage Friedrichs des Großen begann, konnte sich in Anlage und Auf— bau mit dem monumentalen Entwurf Schlüters in keiner Weise messen. Die schlichte Hofkirche wurde 1817 durch Schinkel wesentlich umgebaut, der vor allem die Westfassade um eine Säulenhalle und zwei kleinere Kuppeln bereicherte. König Friedrich Wilhelm IV. nahm gleich nach seinem Regierungsantritt den Plan einer monumentalen Dom⸗ anlage auf, die politisch unruhige Zeit hinderte aber die Aus— führung der von ihm gebilligten Stülerschen Baupläne, die eine füuͤnfschiffige altchristliche Basilike mit einem Campo Santo vorsahen. Auch ein späterer Entwurf Stülers, ein gewaltiger Kuppelbau, blieb unausgeführt, ebenso die unter König Wilhelm J. Ende der sechziger Jahre infolge eines ausgeschriebenen Wettbewerbs eingereichten 53 Konkurrenzarbeiten. Während der kurzen Regierungszeit Kaiser Friedrichs, der sich, wie auch seine hohe Gemahlin, stets für den Dombau ganz besonders interessiert hatte, wurde von neuem der . näher getreten. Nachdem dann bereits am 9. Juli 1888 Kaiser Wilhelm II. die Inangriffnahme des Domes nach den Plänen Seines Kaiserlichen r; befohlen hatte, wurde im selben Jahre von dem Professor Raschdorff ein neuer Domplan veröffentlicht, das Ergebnis langjähriger gemein⸗ samer Arbeit des Hochseligen Kaiserpaares und des jetzigen Dombaumeisters. Dieser Plan ist trotz mehrfacher Ab⸗ änderungen die Grundlage für den neuentstandenen Dom ge— blieben. Die Aenderungen des ursprünglichen Planes wurden in erster Linie durch die im Verhältnis zu den in Anschlag gebrachten Kosten erheblich geringeren Baumittel bedingt, für die der Landtag im Jahre 1892 10 Millionen Mark bewilligte. Mit dem Bau wurde im Jahre darauf begonnen.
Der Dom zeigt in seiner jetzigen Gestaltung, ähnlich wie bei dem Entwurf des Kaisers Friedrich, eine dreiteilige Anlage, die sich in der Richtung von Norden nach Süden erstreckt; die chorartige, kapellenumkränzte Denkmal⸗ und Gruft⸗ kirche, die den Kern der Anlage bildende Predigtkirche, die durch die gewaltige Hauptkuppel gekrönt wird, und endlich, dem Schloß gegenüber, die als Saalkirche ausgebildete Tauf— und Trauungskirche. In bezug auf ihre Größe sind diese drei Teile sehr ungleichartig; sie werden an der Lustgartenseite durch eine mächtige, 80 m lange Säulenhalle zusammengefaßt, zu der man auf einer großen Freitreppe gelangt. An der Süd⸗ und Ostseite sind die notwendigen Nebenräume, wie Sakristeien, Küster⸗ und Wartezimmer, untergebracht. Neben den vier großen Kuppelpfeilern befinden sich die Aufgänge zu den Minister⸗, Diplomaten, Orgel- und Gemeindeemporen. 9 die Kaiserloge ist eine besongere, prächtig ausgestaltete Treppenanlage vorgesehen. Im Zwischengeschoß (Emporen⸗ höhe) liegen an der Spreeseite die Konfirmanden- und Sitzungszimmer sowie ein Uebungsraum für den Domchor. Das ganze Untergeschoß wird außer der Heizanlage, die sich unter der Tauflirche befindet, und außer der Küsterwohnung, von der gewölbten Hohenzollerngruft eingenommen. Der Grundriß der Predigtlirche ist ein ö Achteck, das sich an den großen Seiten zu tonnenüberwölbten Kreuzarmen
geitert. Von den eingebauten Emporen ist die
abe, dem Haupteingange für den Hof, die nördliche die Orgel, und den Domchor, die südliche die Gemeinde bestimmt. An die vierte große Seite des
Hecks schließt sich der halbkreisförmig , Chor.
F'i von den Halbkreisnischen der vier Kuppelpfeiler in den Hymalseiten des Achtecks nehmen die Minister⸗ Diplomgten⸗ ö Kirchenvorstandsemporen ein, während die vierte . 3 die Marmorkanzel in ihrer ganzen Höhe ausgenutzt wird. Der Durchmesser der Kuppel betragt 33 m bei einer
lichten Höhe von 74 m bis zum Oberlichtkranz. Die Kreuz—
arme sind 1444 m breit, die Brüstungshöhen der Emporen liegen 7,15 m über dem Fußboden. Die Gesamtzahl der Sitz⸗ plätze, einschließlich der auf den Emporen, beläuft sich auf Abb. Unter der Orgelempore führt ein Portal zur Denk— mal- und Gruftkirche, die von 5 Kapellen von 8: 11 m umrahmt, ist. Südlich vom Kuppelraum liegt die Heine, mür einem Tonnengewölbe gedeckte Tauf⸗ und Trauungskirche von den nur geringen Grundrißabmessungen von 18 m zus 9 m bei einer Höhe von 15 m. Die in der Predigtkirche befindliche Orgel hat eine in der Marmerbrüstung der Empore eingebaute Vororgel erhalten, die zur Begleitung der Solisten bestimmt ist; das ganze Werk umfaßt 113 Register. Die Altarapsis ziert der Altar des alten Domes; außer ihm sind auch die Glocken aus der alten Kirche übernommen.
Die Königliche Dombauverwaltung war, wie folgt, orga⸗ nisiert: Die Sberleitung lag in den Händen des Geheimen Regierungsrats, Dr. ing. Professor J. C. Raschdorff. Der ersten Abteilung lag die Bearbeitung aller baukünstlerischen Entwürfe ob, aller Detailzeichnungen, Modelle u. dergl., ihr stand der Professor Otto Raschdorff vor; seine Mitarbeiter waren die Architekten Otto Rehnig und Anton Lechner. Der Ab⸗ teilung II unterstand die spezielle Leitung der Bauausführung, die Geschäftsführung und, das Rechnungswesen. Der König⸗ liche Baurat J. Kleinan leitete diese Abteilung; sein Mitarbeiter war von 1855 1901 der Regierungsbaumeister Wilhelm Schmidt, von 1902 ab der Regierungsbaumeister Bernhard Hoffmann.
Der neue Dom wird vom J. bis 4. März von Vor⸗ mittags 11 bis Nachmittags 2 Uhr für das Publikum ge⸗ öffnet sein. Der Eintritt ist durch das Portal an der Süd— seite gegenüber dem Schloß zu nehmen, von wo aus die Be⸗ sfucher den Dom durchschreiten werden, um ihn durch die auf der Nordseite befindliche Denkmalskirche wieder zu verlassen.
Künflig wird der Besuch des Doms unheschränkt sein, doch ist dies für den Anfang nicht möglich, weil noch manche Arbeiten der Vollendung harren.
1
Laut Meldung des W. T. B.“ ist S. M. S. „Vinetg auf der Heimreise am 24. 3 in Porto Grande auf St. Vincent (Kap Verdische Inseln) eingetroffen und setzt heute die Reise nach Vigo (Spanien) fort.
k M. S. „Stosch“ ist am 24. Februar in Ferrol (Spanien) angekommen und setzt am 1. März die Reise nach Falmouth fort Eise
S. N. Ech erhetis“ ist am 25. Februar in Chinhai (Tschuscn⸗Arch per eingetroffen und geht heute von dort nach dem Nimrodsund in See.
Cassel, 25. Februar. Der Kom munallandtag des Re— gierungsbezirks . Cassel hat den Beschluß gefaßt, zum dauernden Gedächtnis an die im nächsten Jahre stattfindende Feier der silbernen Hochzeit Ihrer Kaiserlichen und König⸗ lichen Majestäten der Anstalt Hephata bei Treysa eine Kirche zu stiften und für diesen Zweck die Summe von 75 909 „„ aus bereiten Mitteln des Bezirksverbandes zur Verfügung zu stellen.
Deutsche Kolonien.
Nach einer Meldung aus Windhuk in Deutsch-Süd⸗ westafrika ist, wie „W. T. B.“ berichtet, der Unteroffizier Georg Strummel, geboren am 18. August 1882 zu Groß⸗ Lenkeningken, früher im Infanterieregiment Nr. 1765, am 20. Februar im Lazarett zu Gobabis an Typhus gestorben.
Großbritannien und Irland.
Einer amtlichen Bekanntmachung zufolge werden der Prinz und die Prinzessin von Wales im November in Indien eintreffen und sich bis zum März dort aufhalten. Hächstdieselben werden die großen Städte und die Eingeborenen⸗ staaten 1
Herzogs von Connaught, hat sich, wie amtlich mitgeteilt wird, mit dem Prinzen Gustar Adolf, dem ältesten Sohne des Kronprinzen von Schweden und Norwegen,
verlobt. Der englische Gesandte in Lissaben Sir Martin Gosselin ist, wie dem „W. T. B.“ aus Lissabon gemeldet
wird, gestern morgen in Bussaco gestorben. Frankreich.
In der am Sonnabendnachmittag abgebaltenen i n der Engquetekommission über den Zwischenfall in der Kordsee wurde, wie . W. T. B. meldet, der Bericht verlesen.
Der Bericht gibt eine Darstellung der Tatsachen gemäß ihrem logsschen Zusammenhange und führt scheidenden Punkt dieser Darstellung die Beurteilung durch die Mehr— zahl der Mitglieder der Kommission an, sodaß Gründe und Folgen des Zwischenfalls sowie die Verantwortlichkeiten klargestellt werden. In dem Bericht wird festgestellt, daß die Fahrt der ‚Kamtschatka“ infolde einer Maschinenbeschädigunz eine Verzögerung erlitten habe, und dann gesagt, daß diese zufällige Verzögerung vielleicht eine Ursache der folgenden Ereignisse habe sein können. Der Kommandant der Kamtschatkan, heißt es in dem Bericht weiter, habe den Admiral Roschdjestwensky am 21. Oktober Abends benachrichtigt, ß er von allen Seiten von Torpedobooten angegriffen sei, und dadurch habe der Admiral Roschdjestwensky zu der Annahme kommen können, daß er ebensalls angegriffen werden könne. Gegen 1 Uhr früh hahe Roschdjest wensky deshalb befohlen, die Wachsamkeit zu verdoppeln und sich auf einen Angriff durch Torpedoboote gefaßt zu machen. Bezüglich dieser Befehle äußert die Mehrheit der Mitglieder der Kommission die Ansicht, daß sie darin nichts Uebertriebenegß in Kriegszeiten sehe und namentlich unter Umständen, die Roschdjestwensky alle Ursache gehabt habe für sehr beunruhigend zu halten angesichts der Unmöglichkeit, die für ihn bestanden habe, die Richtigkeit der Nachrichten festzustellen, die ibm von den Agenten seiner Regierung zugegangen seien. Der Hexicht gibt
hierauf eine Schilderung von dem Zusgmmenstoß des Geschwaders mit den Fischerbooten und fährt fort:
Die Prinzessin Margarete Viktoria, Tochter des
für jeden wichtigen oder ent⸗
. betreffen.
Aussagen der englischen Zeugen geht hervor, daß alle Fischerboote die vorschriftsmäßigen Lichter führten, und da sie dem Fischfang nach den gewohnheits maͤßigen Regeln und unter Anwendung der gebräuch. lichen Raketen oblagen. Die grüne Rakete, durch die der Suworoff argwöhnisch geworden sei, sei ein Dienstsignal für die Fischerboote ge— wesen. Der Suworoff' habe danach in der ungefähren Entfernung von 18 bis 20. Kabellängen am Steuerbord ein Schiff entdeckt, daz ihm verdächtig erschienen sei, weil es kein Licht gehabt und auf, ihn zuzufahren, geschienen habe. Als. das. ver. dächtige Schiff durch die Scheinwerfer des „Suworoff beleuchtet worden sei, habe man in letzterem ein schnellfahrendes Torpedo⸗ boot zu erkennen geglaubt. Infolge dieses Anscheins habe der Admiral Roschdjestwensky das Feuer auf das unbekannte Schiff eröffnen laffen. Die Mehrheit der Kommissare spricht daher die Meinung aus, daß die Verantwortlichkeit für diese Handlung und die Folgen der Kanonade Roschdjestwensky zufalle. Fast sofort nach Eröffnung des Feuers habe der, Suworoff“ vor seinem Bug ein kleines Fahrzeug bemerkt, an das zu stoßen er vermieden und das er als Fischerborst erkannt habe. Sogleich habe Roschdjesiweneky dem Geschwader das Signal geben lassen, nicht auf Fischerboote zu schießen. Gleichzeitig habe der. Suworoff von Backbord Feuer auf ein anderes Schiff gegeben, das verdächtig er= schienen sei, sodaß von zwei Seiten gefeuert worden sei. Das Admiral⸗ schiff habe mit Pilfe von Scheinwerfern die Ziele angegeben; da aber auch jedes Schiff noch seine eigenen Scheinwerfer in Tätigkeit gehabt habe, um sich gegen eine Ueberraschung zu sichern, so habe leicht Verwirrung entstehen können. Das Schießen habe zehn bis zwölf Minuten gewährt und auf den Fischerbooten großen Schaden angerichtet. Andererseits sei auch der Kreuzer „Aurora“ von mehreren. Geschossen getroffen worden. Die Mehrheit Per Kommissionsmitglieder hat festgestellt. daß es an genauen An— halten fehle, um ersehen zu können, auf, welches Ziel von den Schiffen geschossen worden sei. Einstimmig sei aber von den Kommissions« mitgliedern anerkannt worden, daß die Fischerboote keinerlei feindliche Handlung begangen hätten, und daß, da die Mehrheit der Mitglieder der Ansicht sei, daß sich weder unter den Fischerbooten noch in der Gegend irgend ein Torpedoboot befunden habe, die Eröffnung des Feuers von seiten des Admirals Roschojestwensky nicht zu rechtfertigen sei. Der russische Kommissar glaubte, sich dieser Ansicht nicht an⸗ schließen, zu können. und, gab, der Ueberzeugung Ausdtuck, daß gerade die verdächtigen Schiffe, die sich dem Geschwader in feindlicher Absicht genähert, Anlaß gegeben hätten, daß das Feuer eröff net worden sei. Die auf der „Aurora. eingeschlagenen Geschosse könnten zu der Annahme führen, daß dieser Kreuzer das erste Feuer veranlaßt und auf sich gezogen habe. Die Kommissare haben festgestellt, daß es ihnen in dieser Richtung aa wichtigen Aufklärungen fehle, die ihnen estatten würden, die Gründe zu erkennen, aus denen das Feuer von ackbord fortgesetzt worden sei.
Der Admiral Fournier gab am Sonnabend im Cerele militaire zu Ehren der Mitglieder der Kommission, der Admiale von Spaun, Dubassow, Lewis Begumont und Davis ein Diner, bei dem Trinksprüche auf den Kaiser von Oesterreich, den Kaiser von Rußland, den König von England und den Präsidenten der Vereinigten Staaten ausgebracht wurden.
Beil dem Prasidenten Loubexr fand gestern zu Chren der Mit— glieder der Kammission eine Frühstückstafel, statt, an der auch die Minister Rouvier, Delcassés und Thom son sowie die diplomatischen Vertreter der Länder teilnahmen, die bei den Sitzungen der Kommission mitwirkten.
Der Erzbischof von Bordeaux hat einen Hirten— brief erlassen, in dem er in scharfen Worten gegen die Vor— lage über bie Trennung von Kirche und Staat Ein⸗ a erhebt. — Auch der Erzbischof. von Cambrai spricht sich in einem Hirtenbrief für die Aufrechterhaltung des Konkordats aus, das ein wahrer i n sei aber wenn es sein müsse, so werde die Ecclesia militans für Gott, Kirche und Frankreich zu kämpfen wissen.
Rußland.
Die Herzogin Marie von Sachsen-Coburg und Gotha und der Großfürst Paul sind gestern mittag, wie dem „W. T. B. gemeldet wird, von Moskau in Zars koje⸗ Sselo eingetroffen, wo Höchstdieselben von dem Kaiser, der Kaiserin, der Kaiserin-Mutter und den Großfürsten empfangen wurden.
Der General Stössel ist gestern in Mos kau an— gekommen, wo ihm ein sehr warmer Empfang bereitet wurde. Wie die „St. Petersburger Telegr.⸗Agentur“ meldet, ist die am 28. Juli 1904 unterzeichnete Zusatzkonvention zu dem 1894 zwischen Deutschland und Rußland ab⸗ geschlossenen Vertrage über Handel und Seeschiffahrt am 23. Februar durch den Kaiser ratifiziert und die Rati—⸗ fikation nach Berlin abgesandt worden. Der Austausch der Ratifikationen werde dort am 28. Februar erfolgen.
Um einen geregelten Eisenbahndienst sicher zu stellen, ist angeordnet worden, daß die Angestellten auf allen russischen Eisenbahnlinien, mit Ausnahme der im mittleren Asien, aus Anlaß des Ausstandes als wie Militärs iter den Kriegsgefetzen stehend behandelt werden ollen.
BVorgestern erschienen in St. Petersburg in der Uni⸗ versität 50 Studenten zum Zwecke der Ausarbeitung einer Petition an den Rektor bezüglich der Eröffnung der Universität. Die Obstruktionisten waren jedoch in der Mehr— zahl gekommen. Deshalb ließ der Rektor die Mitteilung aus⸗ hängen, daß er eine Versammlung nicht gestatten könne, die Studenten ihre Petition aber durch die Post oder einen Sekretär an ihn richten könnten. Infolgedessen fand die Ver— sammlung nicht statt. Der Festsaal der Universität wurde versiegelt. Er befindet sich nöch in demselben Zustande, wie ihn die Studenten nach der Versammlung am 20. Februar verlassen hatten. Zur Untersuchung der Vorgänge während dieser Versammlung, in der auch ein Kaiserbildnis zerrissen wurde, hat sich eine Kommission gebildet unter Teilnahme von Gerichts- und Polizeibeamten.
Die Wahlmännerwahl in den St. Petersburger Fabriken für die Wahlen der Arbeitervertreter bei der unter dem Vorsitze des Senators Schid lowsky zusammen— tretenden Kommission zur Prüfung der Beschwerden der Arbeiter ist im wesentlichen ruhig verlaufen.
Ueber die Ausstandsbewegung liegen folgende Mel— dungen des W. T. B.“ vor:
Auf den Putilowwerken in St. Petersburg wurde am Sonnabend die Arbeit wieder aufgenommen. — Die Post- und Telegraphenbeamten in Moskau, darunter auch die Postillione, haben der Postdirektion ver⸗ schiedene Forderungen unterbreitet, die eine Besserung ihrer materielhen Lage und der Arbeits bedin⸗ f. Für den Fall der Nichterfüllung ihrer Wünsche drohen sie mit dem Ausstande. Auch die Sch utz— leute sind beim Stadthauptmann wegen Erhöhung ih rer Gehälter vöorstellig geworden. — In Warschau haben die Angestellten der Banken bei ihren Direktionen Farde= rungen eingereicht zur Besserung ihrer wirtschaftlichen Lage. Die Forderungen, die gc alberch ern und Hergabe von Geldern zu Unterrichtszwecken betreffen, sollen bis zum
Äus den übereinstim menden Mittwoch beantwortet werden. — Auf den Werkstätten der Süd—
westbahnen in Starosjeltz sind 800 Arbeiter ausständig. Sie verlangen den Achtstundentag. -Die im Ausstand befindlichen Arbeiter der Werkstätten der Alatyrbahn und der Säge⸗ mühle in Simbirsk verlangen achtstündigen Arbeitstag, Lohn⸗ erhöhung, Beseitigung der Strafen, Verbesserung der Ventilation in den Werkstätten, Errichtung eines Krankenhauses, einer Schule und einer Bibliothek, die Erlaubnis zur Veranstaltung technischer Vorträge und eine Arbeiterversicherung. — In Lugansk sind die Arbeiter in den Kohlenbergwerken in den Ausstand getreten; die Ausständigen, die Lohn⸗ erhöhung fordern, verhalten sich ruhig. — In Bachmut . Jekaterinoslaw) dauert der Aus⸗ tand in der ganzen Gegend am Donetzflusse fort. —
Der Arbeiterstadtteil von Batum wird von Truppen be⸗.
wacht. Die Aufständischen verlangen Abschaffung einiger Steuern. Ein Unteroffizier und ein Soldat wurden von den Ruhestörern angegriffen und verletzt. In dem von Militär umstellten Arbeiterviertel Harzechan wurden in der letzten Nacht er uch g gen nach Waffen vorgenommen. Die Unruhen aben auch in den Distrikt G6nin des Bezirks Batum übergegriffen. Die Unruhestifter verlangen u. 4. Beseitigung der Landesbezirks verwaltung und der Kerosinsteuer. Viele Bewohner der Stadt haben, da sie Ueberfälle befürchten, ihre Wertgegenstände auf den Banken depeniert. Die von Uebelgesinnten ausgestreuten Gerüchte haben große Auf⸗ regung in armenischen und türkischen Kreisen hervorgerufen. Es wird offenbar beabsichtigt, beide Natio⸗ nalitäten, wie in Baku, so auch in Batum gegeneinander zu hetzen. In der Moschee wurden Andächtige durch das Gerücht erschreckt, die Moschee solle in die Luft gesprengt werden. Die Abreise von Türken in ihre Heimat werde bös⸗ willig durch armenische Gewalttaten erklärt, die aber tat⸗ sächlich nicht vorgeksmmen seien. Eine armenische Ab⸗ ordnung versicherte dem türkischen und persischen Konsul kategorisch, daß die Armenier nichts Böses im Schilde führten, und daß es zur Beruhigung der Gemüter eines ener— gischen Vorgehens der Verwaltungsbehörde gegen die Per⸗ sonen bedürfe, die die Mohammedaner erregten, die etwa acht ll der Bevölkerung ausmachen. — In Baku ist die evölkerung in niedergedrückter Stimmung. Vertreter der Börse, der Banken ünd industriel ler Unternehmungen haben an den Präsidenten des Ministerkomitees ein Telegramm gerichtet, in dem sie es für notwendig erklären, daß der Kaiser anläßlich des drohenden Ruins von Handel und Industrie Anordnungen treffe, um Leben und Besitztum zu sichern. — In Tschita (Trausbaikalien) sind vorgestern früh bie Arbeiter in den Eisenbahnwerkstätten in den Aus⸗ stand getreten. Ihre Hauptforderung ist die Beendigung des Krieges. Da der Verdacht auftauchte, die Arbeiter beabsich⸗ tigten, die Bahn zu beschaͤdigen und die auf dem Bahnhof stechenden Lokomotiven unbrauchbar zu machen, ist eine starke Truppenabteilung aufgeboten worden.
Italien.
Nach mehreren Sitzungen der Führer der Vereinigungen des Eisenbahnpersonals wurde am Sonnabend, wie „W. T. B.“ berichtet, beschlossen, den allgemeinen Ausstand nicht zu proklamieren, sondern sich auf die Obstrukti on zu beschränken. Die Obstruktion wurde bereits in Neapel, Rom, Florenz, Livorno, Verona und Mailand angewandt, ohne daß s zu bemerkenswerten Zwischenfällen gekommen wäre, In anderen Eifenbahnzentren wird bis jetzt der regelmäßige Dienst fortgesetzt.
Türkei.
Hilmi Pascha hat, dem W. T. B.“ zufolge, an die Pforte telegraphiert, daß der Priester Petrs auf dem Wege von Kotschana nach Dorgrad von bulgarischen Komitatschis ermordet worden sei.
Serbien.
In der vorgestrigen Sitzung der Skupschtina erklärte, wie . W. T. B. mitteilt, bei der weiteren Debatte über die Antwort des Minifters des Innern auf die Interpellation Pecitsch der Minister
des Inners, er babe die Beschlüsse des Staatsrats in diefer Angelegenheit vollziehen lassen. Alle diesbezüglichen An⸗
Interpellanten seien demnach gegenstandslos. Sollten die Polizelorgane irgenwelche Ungesetzlichkeiten begangen haben, so würden sie hierfür die Verantwortung selbst tragen. Als der Interpellant Peeitsch in seiner Erwiderung den Minister der Lüge zieh, entstand ein großer Lärm. Die Abgeordneten der Majoritãt schlugen auf die Pulte und verlangten, daß Pecitsch einen Ordnungsruf erhalte. Der Minister forderte den Präsidenten auf, ihm Genugtuung zu verschaffen Wegen des andauernden Lärmes unterbrach der Präsident die Sitzung. Nach deren Wiederaufnahme beschloß das Haus auf Antrag des Präsidenten, Peecitsch wegen seiner Aut fälle das Wort? zu entziehen. Der gecäßigt radikale Abg. Simitsch tadelte, daß Pee itsch am Freitag von Tyrannei gesprochen habe. Diese Aeußerung werde das Urteil des Auslandes über Serbien beeinflussen. Als Simitsch im weiteren Verlaufe seiner Rede zur Charakterisierung von Peeitsch ein Erlebnis aus früherer Zeit erzählt, wurde er von
schuldigungen des
Pectktfch mit Schimpfworten überhäuft, Dieser rief Simitsch nnunterbrochen zu: Du Strolch, Verräter, Verleumder, schäme Dich. Der Präsident unterbrach abermals die Sitzung.
Nach der Wiederaufnahme ersuchte der Präsident nochmals, persönliche Angriffe zu unterlassen. Simitsch erklärte, er habe seine Rede be⸗ endigt; Pecitfch warf Simitsch vor, er habe vier Monate vor der Ermordung des Königs Alexander zu Alerander Balugdettsch gt. er möge Karageorgewilsch nahelegen, seine Träume auf den serbischen Thron aufzugeben. Dies sei die Aeußerung eines Mannes, der beute den König Peter in den Himmel hebe. Hierauf wurde die weitere Debatte auf heute vertagt.
Asien.
In einem Telegramm des Generals Kuropat kin an den Kaiser vom 25. Februar heißt es, wie dem W. T. B.* berichtet wird: ;
Der Abteilungèskommandeur der Truppen, die an den Kämpfen am 23. und 24. Februar um den . des Beres news hügels teilnahmen, meldet mir zahlreiche Bewelse von Tapferkeit; so schlug die Kompagnie, die den Paß Selin, 9 Werst südlich von Tsinghencheng. verteidigte, mehrere Angriffe der Japaner die mit überlegenen Kräften unter nommen wurden, einen sogar erst 15 Schritt vor der Verteidigungslinie, jurück. Zwei Kompagnien, die den Bere newekhüqgel verteidigten, hatten einen harinaͤckigen Bajonettkampf auszuhalten, bei Tem die beiden Kompagnieführer verwundet wurden, mit Gewalt mußten sie von dem Rest der Kompagnten fortgeführt werden. — Heute abend haben die Spitzen der Japaner angefangen, sich den von uns besetzt gehaltenen Pässen zu nähern.
Die „St. Petersburger Telegr.⸗ Mentur“ meldet aus Sachetun; f ;
Die Russen haben am 26. d. M. früh Tsinghencheng geräumt und eine Stelsung bei Sanlunjun eingenommen. Tsinghencheng wurde foforf won ben Japanern hesetzt. Vie russischen Perluste sind noch nicht festgestellt. In das Lazarett sind bisher 12 Offiziere und 3665 Mann eingeliefert worden. Der Prozentsatz der Gefallenen ist
sehr groß. Von einer Kompagnie sind nur einige Dutzend unver— sehrt; drei Kompagniechefs sind verwundet. Die gegen den rechten japanischen Flügel, der den linken russischen lügel zu umgehen drohte, entfandten Kompagnien hielten den Vormarsch des Gegners auf und zogen sich erst zurück, nachdem sie alle Patronen verschossen und den schriftlichen Befehl erhalten hatten, ihre Stellungen zu räumen. Heute früh rückte eine japanische Abteilung gegen den D avinlingpaß, füdwestlich von Sandunjun, vor, starke japanische Streitkräfte sind am Pupulinpaß und in der Nähe von Taba gu konzentriert, wo die Fapaner anscheinend Befestigungen anlegen. .
Eine weitere Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ Agentur“ aus Sachetun besagt: —
Auf der linken Flanke der Russen wird der Kampf fortgesetzt. Die Japaner rückten mik bedeutenden Streitkräften in zwei Kolonnen vor.
Die östliche Abteilung ging in der Richtung auf Madsadan gegen den Paß Sin golin vor und umging die bei Tsinghencheng stehende russssche Abteilung, die sich nach Sankunio zurückzog. Die westliche japanische Kolonne eröffnete den Vormarsch auf Nord« Jantagan und versuchte, den Engpaß Gutuling zu umgehen. Trotz heftigen Schneetreibens wurde der Kampf mit großer Erbitterung geführt; es gelang den russischen Truppen, am Abend die Japaner bei Nord⸗Jantagan zurückzuwerfen.
Die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ ferner aus Sachetun vom gestrigen Tage:
Die Japaner rückten heute in drei Kolonnen gegen den Gutu— lingpaß vor, wo jetzt ein hartnäckiger Kampf wüten soll. Die Ja⸗˖ paner verfügen über bedeutende Streitkräfte. Im Zentrum und auf dem linken Flügel herrscht Ruhe; das Wetter ist den Japanern ungünstig. Die Abteilung, die sich gestern morgen von Tsing⸗ henscheng auf die Stellung von Sanliunju zurückzog, setzte sich mit ihrer Vorhut in Paäͤssen vor der Stellung fest; gegen Abend näherten sich die Vortruppen der Japaner, ohne jedoch zum Kampf überzugehen. Heute fruͤh begann eine Kanonade in der Nähe des Gututingpafses. Im Zentrum hört man Geschützsalven.
Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus dem russischen Hauptquartier über Shengking berichtet:
In der Front und westlich von Tie ling wird der Kampf fort. gesetzt. Auf dem äußersten östlichen Flügel haben die Japaner die äußeren russischen Stellungen genommen und bedrohen jetzt auch die Hauptverteidigungsstellungen. Aus der Heftigkeit des Angriffeß wird geschlessen, daß der General No gi mit der KUrüllerie von Port Arthur die japanischen Streitkräfte ber fehlige. 40 Verwundete seien in Mulden heute eingetroffen, 400 würden noch erwartet. Auch andere Zeichen deuteten darauf hin, daß ein größerer Kampf im Gange sei. Den ganzen Tag über habe ein furchtbarer Schneesturm geherrscht.
Der „Daily Telegraph“ meldet aus Sinmingting:
Wie berichtet wird, sind 40 000 Mann japanischer Truppen in Fakumen angekommen, die über Hügel an der mongelischen Grenze maischierend dorthin gelangt sind. Die vermeintlichen Tschuntschusen⸗ banden, die in ein Scharmützel bei Lich ia wu verwickelt wurden, haben sich als japanische Truppen in chinesischer Kleidung erwiesen. Am Sonnabend früb passierten 6000 Mann japanischer Truppen mit Artillerie das Gebiet zwischen Sinmingting und dem Liao— fluß und marschierten in nordwestlicher Richtung auf Fakumen. — Der Leiter der ruffischen Bank in Mukden habe die Anweisung (rhalten, die Vorbereitungen für die Schließung der Bank zu treffen; in der Stadt herrsche große Unruhe.
Am 25. d. M. fand in Tokio, wie „W. T. B.“ erfährt, unter Vorsitz des Marschalls Jamagata eine Beratung aller Divisionsstabschefs aus dem ganzen Lande statt. Ebenso wurde eine Sitzung des Minister rats abgehalten.
Die „Times“ meldet aus Tokio vom gestrigen Tage, der Ministerpräsident Graf Katsura habe in einer An⸗ sprache an die Gouverneure der Präfekturen sein volles Vertrauen darauf ausgesprochen, daß der Fall von Port Arthur die Macht Rußlands in Ostasien tatsächlich gestürzt habe. Die Lage der Russen sei nunmehr hoffnungslos, aber ihre Absicht sei natürlich, den Kampf im Vertrauen auf den Ein⸗ tritt einer günstigen Wendung des Geschicks fortzusetzen. Japan dürfe deshalb weder in seiner Wachsamkeit noch in seinen Anstrengungen nachlassen, da es noch weit von der Er⸗ reichung seines eigentlichen Zieles entfernt sei, das darin bestehe, einmal den vollen Nachweis zu führen, daß es fähig sei, sich selbst zu schützen, und sodann dauernden Frieden im fernen Osten zu erlangen. Glücklicherweise habe im Laufe der 12 Monate, die det Krieg nun dauere, das Land eine Clastizität seiner Hilfsquellen dartun können, die für seine Berechtigung, den Kampf unentwegt fortzusetzen, Gewähr leiste.
Der nach Wladiwostok mit einer Ladung Cardiffkohlen bestimmte Dampfer „Romulus“ ist in der Nacht zum 25. 8. M. aufgebracht worden,
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Peschawar vom gestrigen Tage hat der Emir von Afghanistan für die Witwe des im November in Dakka ermordeten Deutschen
lesfcher eine Pension ausgesetzt. Die beiden Kinder leischers erhalten bis zu ihrem 21. Lebensjahre jährlich eine bestimmte Summe ausgezahlt. Afrika.
Der „Daily Telegraph“ meldet aus Tanger; Aus glaub⸗ würdiger Quelle werde aus Fez berichtet, daß die von Frank⸗ reich dem Sultan gemachten Vorschläge folgende seien:
1) Militärische Besetzung von Ujda; 2) Berechtigung, eine Straße nebst Brücken über die Flüsse zwischen Tanger und Fez anzulegen; 3) die Herstellung einer telegraphischen Verbindung zwischen Tanger und Fei; 4 die Ver— leihung des Rechtes an die Europäer, Eigentum in allen Teilen des Reiches, einschließlich von Fer, zu erwerben; 5) die Errichtung von Gesandtschaften in Fez; 6) die Ermächti⸗ gung zur Errichtung einer elektrischen Beleuchtungs anlage in Fei; . einer Bank mit eigener französisch⸗marokkanischer Münze. ; ö.
Man glaube, daß der Rat der Notabeln diese Vorschläge zurückweisen werde, weshalb man Schwierigkeiten erwarte.
berichtet
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die , Sitzungen des Reichstags und des . der Abgeordneten befinden sich in der Ersten. und Zweiten Beilage.
Nr. 8 des Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 24. Februar hat folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen: Ernennungen; rmächtigung
zur Vornahme von Zivilstandsakten; — Exeguaturerteilung. 2) Finanz wesen: Nachweisung' der Cinnahmen des Reichs vom 1. April 1904 bis Ende Januar 1905. 3) Marine und Schiffahrt: Erscheinen eines weiteren Heftes der Entscheidungen des Oberseeamts und der See ämter. I) Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Statistik und Volkswirtschaft.
Der Einfluß der Trunkenheit auf die Kriminalität in Belgien 1902.
Nach der belgischen Kriminalstatistik von 1902 *) wurden in diesem Jabre 36 747 Personen wegen Vergehungen wider das Gesetz über öffentliche Trunkenheit gegen 27 150 im Jahre 1901 und 23 244 im Jahre 1900 verurteilt. Außerdem werden, um den Einfluß der Trunkenheit auf die Kriminalität darzulegen, unterschieden: wegen Verbrechen und Vergehen, Bestrafte a. mit oder ohne Vorstrafen . Trunkenheit, welche die letzte Straftat in trunkenem Zustande begangen haben, b. mit Vorstrafen wegen Trunken⸗ heit ohne Rücksicht darauf, ob sie die letzte Straftat in trunkenem Zustande begangen haben oder nicht, und schließlich . mit Vorstrafen wegen . einschließlich derjenigen ohne solche Vorstrafe, die bei Begehung der Tat betrunken waren. Unter den 43 860 (davon 20 258 rückfälligen) männl. und den 13 3843 (davon 4089 räckfälligen) weibl. Verurteilten des Jahres 1902 befanden sich
männliche weibliche Personen ohne mit ne mit der , Vorstrafen
Gruppe über« v. H. über v. H. über v. H. über v. H.
haupt aller haupt aller haupt aller haupt aller ö öl 15 e , , . ,,, Bohl 189 58259 108 ö 1 n . k 3688 15,5 8439 41,7 1 16 7
Die weiblichen Verurteilten sind auch hier sowohl wie überhaupt verhältnismäßig weit weniger als die männlichen beteiligt. Aus obigen Zahlen ergibt sich, daß 627 männliche und 11 weibliche Ver⸗ urteilte, die fich Vorstrafen wegen öffentlicher Trunkenheit noch nicht zugezogen hatten, bei Verübung ihres letzten Verbrechens betrunken waren; unter ihnen finden wir nur bei den Männern Rückfällige und zwar 180. Bemerkenswert ist, daß sonst die zum wiederholten Male bestraften Personen die zahlreicheren sind. (Stat. Korr.)
) Statistique Judiciaire dé la Belgique, 1904 S. XXIX ff.
Zur Arbeiterbewegung.
In Dortm und ist, wie die „Töln. Ztg.“ meldet, wegen Lohn— streitigkeiten ein Teilausstand der Maler und Anstreicher ent— standen. .
Zum Autstand der belgischen Bergarbeiter (vgl. Nr. 47 d. BT erfährt W. T. B“. daß die Zahl der Streikenden im Becken von Charleroi auf 33 090 gestiegen ist. Zahlreiche Zwischen⸗ faͤlle, die eine gewisse Erregung dartun, ereignen sich; Streikende zerbrachen die Scheiben in mehreren Lokalen. Es wurden am Sonnabend 10 Verhaftungen durch die Gendarmerie vorgenommen, die verstärkt ist und fortwährend Patrouillen ausschickt. Vor der Wohnung eines nicht ausständigen Arbeiters in Viesville erplo⸗ dierte eine Dynamitpatrone, die jedoch nur Materialschaden verursachte.
Die seit Wochen ausständigen Schalenmacher sämtlicher Uhrenfabriken von Chaux-de-Fonds, etwa 800 Mann, haben der „Köln. Ztg.“ zufolge am Freitag die Arbeit wieder aufgenommen, nachdem ein neuer Lohntarif beiderseits genehmigt worden war.
Kunst und Wissenschaft.
A. F. In der letzten Sitzung der Berliner Gesellschaft für Anthropologie legte Herr Groß eine bei Luckau gefundene ornamentierte Lanzenspitze vor mit der Anfrage, welchem Zeitalter diese wohl angehören möge. Es war ein erfreulicher Beweis mehr für die Wichtigkeit der Detailforschung auch in diesen Dingen, daß Professor Cosinna diese Lanzenspitz? an dem eigenartigen Srnament als der spätrömischen Zeit, also 2. bis 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, angehörig ju bestimmen vermochte und bei diefer Gelegenheit mitteilte, daß im deutschen Osten nur zwei deutlich geschiedene Arten von Lanzenspitzen vorkamen: eine aus der jüngsten a Tone, eine aus der spätrömischen Kaiserzeit. Da weitere zwei Jahrhunderte beide Epochen voneinander trennen, so sind hieraus Fiftorische Folgerungen zu ziehen, die sich mit den spärlichen Nach⸗ richten Über kriegerische Berührungen zwischen Römern und Ger⸗ manen im deutschen Ssten aus den ersten Jahrhunderten unserer Zeit rechnung decken.
Es sprachen hierauf unter Vorlegung vielen Beweismaterials Dr. F. W. K. Müller und Dr. Stön ner über die kultur unde fprachgeschichtliche Bedeutung der Turfan-Hand⸗ schriften: ersterer über die in uigurischer, alttürkischer und syrischer Schrift vorgefundenen Handschriften auf Papier, Leder oder Seide, letzterer über 34 Papierblätter mit Sangzkrit oder durch Uigurisch glossiertem Sanskrit, die zu einem kleinen Teil nicht Handschriften, fondern Drucke, fogar Blattdrucke, sind und damit die, allerdings längst bekannte Talsache aufs neue erhärten, daß die Chinesen und die ihnen benachbarten alten Kulturvölker lange bor dem Abendlande die Buchdruckkunst verstanden und übten. Dr. Müller hatte anfangs bei Entzifferung der in überwiegender Zahl vorgefundenen Handschriften in syrischer oder Estrangelo⸗Schrift große Schwierigkeiten zu über⸗ winden. Was ihm vorlag, war zweifellos Buchstabe für Buchstabe Estrangelo, aber kein Workbild gab einen Sinn in irgend einer der Sprachen, die sich dieser Schrift bedient haben. Da fand Dr. Müller mit Hilfe vorhandener polyglotter Handschriften, daß die Schreiber sener Estrangeloschrift aus unbekannten Gründen sich einer Art Ge— heimschrift bedient hatten, indem sie die Buchstaben nach einem be— stimmten Plane miteinander vertauschten. Nachdem herausgefunden, daß z. B. für q immer m, für K-n und umgekehrt gebraucht war, lasen sich saͤmtliche Estrangelo- Handschriften ohne Schwierigkeiten. Sie brachten die interessantesten Aufschlüsse über den ums Jahr 1000 ssch bis zum Oberlauf des Hoangho erstreckenden Staat Chichia und pot allem über die große Verbreitung der Manichäer in Zentralasien, über ihre Stellung zum Buddhismus, über ihre Beziehungen zu den
Großen des Landes, über ihre Gebräuche G. B; daß sie sich durch weiße Gewänder auszeichneten, wodurch die ielen auf den Freskobildern von. Ilikut vorkommenden Weiß⸗
gekleideten als Anhänger der Lehre des Mani beglaubigt sind), vor allem über den Inhalt ihrer Lehre, von der man bisher wenig mehr wußte, als was WUugustinus, einst, selbst Manichäer, später als er Ghrist geworden, im frommen, feindlichen Eifer gegen die Häretiker darüber berichtet. Auch das Vorhandensein nestorianischer Christen im Uigurenstaate bezeugen die Handschriften. Die von Dr. Stönner vorgelegten Sanskrithandschriften und Drucke sind ganz ohne Zweifel Teile des Canons des Buddhismus, der ursprüng— fich lange nach dem Tode Gautama Buddhas in süd⸗ indischer oder Palisprache niedergeschrieben worden war und von dem die Sage in der buddhistischen Welt ging, er sei auch in die Brähmi⸗ sprache, d. i. Sanskrit, übersetzt worden, ohne daß der Beweis ge⸗ sefert werden konnte. Hier liegt nun der Beweis in einem nicht un beträchtlichen Teil des Canons in Sanskrit vor. Von Professor Dr. Liffauer sind die aus Turfan mitgebrachten wenigen Schädel unterfucht worden, die aus alten Gräbern stammen. Sie sind durch große Breite, stark entwickelte Scheitelbeine und entschieden brachy⸗ keyhalen Charakter ausgezeichnet und ergeben eine erkennbare Aehn— lichkeit mit den als stammverwandt angenommenen europäischen Völkerfamilien der Finnländer und Ungarn. . .
Zum Schluß machte Herr Paul Durgart noch Mitteilungen über die von verschiedenen Ratutvölkern angewandten Techniken zur Er⸗ zeugung des roten Terra sigillata-Glanzes. Es lassen sich auch auf diesem engen Spezialgebiete alter Keramik Zusammenhänge zwischen der griechisch römischen Kultur und sehr entlegenen anderen Kultur gebieten, z. B. Ostasien nachweisen. Merkwürdig ist auch die ähnliche Üiebung der betreffenden Technik in, Zentral- und Südamerika, und wieder entsleht die Frage: Autonomie oder Entlehnung?