1905 / 58 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Mar 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 8. März.

Seine Majestät der Kaiser und König sind in der vergangenen Nacht von hier nach Oldenburg und Wilhelms⸗ haven abgereist. In Oldenburg wurden Seine Majestät von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog und Seiner Hoheit dem Herzog Georg Ludwig empfangen und nach dem Elisabeth⸗Annenpalais geleitet, wo das Frühstück eingenommen wurde. Die Weiterreise nach Wilhelmshaven erfolgte um 10 Uhr 35 Minuten. Bei der Ankunft daselbst wurden Seine Majestät von dem Staatssekretär des Reichsmarineamts, Staatsminister, Admiral von Tirpitz, dem Generalinspekteur der Marine, Admiral von Köster, und dem Chef der Marine⸗ station der Nordsee, Admiral von Bendemann, empfangen und begaben Sich sofort zum Exerzierhause, wo die Vereidigung der Marinerekruten stattfand.

Der Bundes rat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; ferner hielten die vereinigten Ausschüsse für Justiz— wesen und für Elsaß-Lothringen heute eine Sitzung.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M S. „Moltke“ am 6. März in Dartmouth eingetroffen und setzt am 11. 8. M. die Reise über Brunsbüttel nach Kiel fort.

S. M. S. „Geier“ ist auf der Heimreise am 6. März in Gibraltar angekommen.

S. M. S. „Vineta“ setzt am 9. März die Reise von Vigo nach Wilhelmshaven fort, wo die Ankunft am 14. d. M. zu erwarten ist.

Der Ablösungstransport für S. M. S. „Condor“ ist mit dem Reichspostdampfer „Seydlitz' am 5. März in Genua eingetroffen und hat gestern die Reise nach Neapel fortgesetzt.

.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs—⸗ nd Staatsanzeigers“ wird eine Zu sammenstellung der erichte von deutschen Fruchtmärkten für den Monat ebruar 1905 veröffentlicht.

Posen, 6. März. In der heutigen (2) Plenarsitzung nahm der Probinziallandtag von einer größeren Anzabl von Jahresberichten uber die einzelnen Zweige der Provinzialverwaltunz Kenntnis, ge⸗ nehmigte die Ausfübrung von Erweiterungsbauten in der Provinzial⸗ taubstummenanstalt Posen und der Provinzialblindenanstalt Bromberg und setzte das Reglement und die Hauserdnung der Provinzialirren- anstalt zu Obrawalde fest. Zum Schlusse wurden einige Unter— stützungsgesuche von Korporationen und Privaten erledigt.

Deutsche Kolonien.

21 DCU

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24.

e n. zu Damm, ördlich vo QW

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in die linke Schulter leicht verwundet worden.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Der Kaiser empfing gestern die ungarischen Abgeordneten Hodossy und Toth sowie später den Grafen Apponyi in langerer Audienz.

Wie das „Fremdenblatt“ meldet, hat gestern im Eisen— bahnministerium die eingehende Besprechung über die Be⸗ gebung der geplanten Anleihen für die Deckung des Refundierungsetats, des Notstandkredits und der Eisenbahninvestitionen begonnen. Die Verhandlung soll heute fortgesetzt werden.

Großbritannien und Irland.

gestrigen Sizung des Unterhauses fragte Welby Landes verteidigungskommission einen endgültigen Be⸗ efaßt babe, welche Streitmacht zur Verteidigung unterbalten werden solle. Der Premierminister rte, die Kommission sei der Meinung, daß ein Ein⸗ ritannien in einer Stärke, mit der London genommen außerbalb jeder Betrachtung liege. Die Erwägungen, e Stärke der Truppen, wie sie erhalten werden solle, in Be⸗

in Groß

319— .

Frankreich.

utiertenkam mer unterzog gestern der Deputierte ) das jwischen dem Finanz minister Rouvier und von Majoraten, die unter früheren Regierungzformen Torden sind, abgeschlossene Abkommen, nach dem diese äckgekauft werden sollen, einer Kritik Der Dexputierte

. beantragte die Abschaffung der Ma⸗ erpräsident R ouvier erwiderte, die Ma⸗

Teil der öffenilichen Schuld; sie seien

es sei unmöglich, sie abzuschaffen. Der

mit 2s gegen 249 Stimmen abgelehnt.

ier beantragte darauf, den Betrag für den

Der

Dns g 8

dies Ann⸗ edeuten. , und z reff end ajorate, wurde s ei terung angenommen Der Depulierte Gautbier ( GFlIagnr (Rad) ersuchte den Minifterpräsidenten, die Anordnungen f Ministerrräsiderten Combes wegen der Schaffung 2 Delegierten, die der Regierung über die politische Ge— ung don Beamten 24. Auskunft erteilen sollten, aufzubeben. Der t

inifterprasident R oOubie

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erwiderte, er gedenke lediglich die regel⸗

mäßigen Organe der Regierung unter Ausschluß jeden fremden Ein ·

fluffes zu Fenutzen. Der Deputierte Jaureès (Soz) erklärte, die HFtepublikaner härten die Pflicht, der Regierung zweifelhafte Beamte die von den Gegnern der Republik erkauft würden, namhaft zu machen. Der Ministerpräsident Rouvier versicherte, es gebe keinerlei ungesetz⸗ liche öffentliche Funktion; die Delegierten der revublikanischen Romitees würden nach wie vor von den Departementsbebörden empfangen werden.

Aus Beni⸗Unif wird berichtet, daß es im Süden der nordwestalgerischen Provirz Oran zwischen den mit der Be⸗ wachung des Baues der Eisenbahnlinie Ben Zireg Beschar betrauten Kavalleriepatrouillen und Wüsten⸗ räubern zu einem Zusammenstoß gekommen sei. Die Wüstenräuber, die in die Flucht geschlagen worden seien, hätten zwei, das Militär einen Toten verloren.

Rußland.

Der Kaiser hat, wie dem W. T. B.“ gemeldet wird, den Staatssekretär Grafen Ssolsky beauftragt, bei den Versammlungen des Ministerrats den Vorsit zu führen, bei denen der Kaiser persönlich den Vorsitz nicht übernimmt.

Das Ministerkomitee erörterte gestern die Lage der nichtorthodoxen Christen Rußlands. Besprochen wurden Abänderungen der Gesetze, betreffend die Erbauung nicht⸗ orthodoxer Kirchen, die Gründung religiöser Brüderschaften und Kloͤster, die Ergreifung von Strafmaßregeln gegen Geist⸗ liche und die Erteilung des Religionsunterrichks in der Mutter— sprache der Schüler. ;

In Lodz ist, dem W. T. B.“ zufolge, gestern die Fabrik von Posnanski geschlossen worden; mehr als 6000 Arbeiter sind entlassen. Wegen des Schließens der Fabrik befürchtet man antisemitische Unruhen. Eine in den Garten der Fabrik von Silberstein geworfene Bombe zerstörte nur Fenster⸗ scheiben. Zwanzig Personen, die beschuldigt waren, Schüler aufgewiegelt zu haben, wurden verhaftet.

Aus Helsingfors erfährt W. T. B.“, es seien am Sonnabend und Sonntag in der dortigen Umgegend mehrere Menschen ermordet und ausgeplündert worden.

In Batum wurde gestern nur in den Werken von Manlaschew gearbeitet. Die Arbeiter in der Kistenfabrik von Bnito sind nicht zufriedengestellt. Die Fabrik schlug Löhne nach den Lohnsätzen vor dem Ausstande vor; ohne diese abzulehnen, hielten die Arbeiter weiter Beratungen ab. Während der Unruhen am Sonntag wurde das eiserne Reservoir von Schulz und Zimmermann von einer Kugel durchlöchert.

Aus Kutais wird amtlich gemeldet, daß zweihundert Realschüler, nachdem die Einstellung des Unterrichts bekannt— gegeben war, mit Hurrarufen auf den Schulhof gezogen seien, rote Fahnen entfaltet und Revolverschüsse abgefeuert hätten. Von dort hätten sie sich nach einem Mädcheninstitut begeben, wo 70 Realschüler angehalten und dem Schuldirektor übergeben worden seien; die übrigen hätten sich zerstreut. Den ganzen übrigen Tag hätten die Schüler sodann Umzüge auf dem Boulevard und der Hauptstraße veranstaltet und Revolver⸗ schüsse abgefeuert. Später seien sie durch Handlungsgehilfen verstärkt worden und hätten mit diesen auf Patrouillen gefeuert und Steine R gegcz sie geschleudert, sodaß auch die Patrouillen genötigt gewesen seien zu feuern; auch aus den Fenssern sei auf Kosaken geschossen worden. In Eriwan, wo am 4 d. M. der Gouvernements⸗ arzt anscheinend aus politischen Gründen auf der Straße er— mordet worden sei, seien an diesem Tage Unruhen aus⸗ gebrochen; aus den Läden und Häusern sei geschossen worden. Drei Armenier und ein Mohammedaner seien getötet worden. Am 7. seien in verschiedenen Stadtteilen Schüsse abgefeuert worden; Polizei und Militär hätten bald dem Unfug gesteuert, die Läden seien geschlossen worden. An diesem Tage seien sieben Mohammedaner und ein Armenier getötet und 18 Personen verwundet worden.

Italien.

Der Papst hat, wie ‚W. T. B.“ berichtet, an den Kar⸗ dinal Swampa ein Schreiben gerichtet, in dem er daran er— innert, daß das Rundschreiben, das der Kardinal Merry del Val am 28. Juli 1904 an die italienischen Bischöfe gerichtet, darauf hingewiesen habe, daß eine dem o— kratische kirchliche Bewegung nur bestehen könne, wenn sie unter der Aufsicht der Bischöfe stehe. Seit einiger Zeit leien durch die sogenannten unabhängigen christlichen Demokraten Strestigkeiten entstanden, die aus Verlangen nach einer falsch verstandenen Freiheit die Dis⸗ ziplin zu brechen versuchten und nach gefährlichen Neuerungen strebten, die die Kirche nicht billigen könne, mithin zu Ne⸗ bellen gegen die Autorität der Kirche geworden seien. Der Papst bedauert, daß so viele unglückliche junge Leute dieser unabhängigen christlichen Demokratie anhingen; er ermahnt sie, denen zu mißtrauen, die sie ins Verderben führen wollten, und bedauert, daß es auch katholische Blätter gebe, die die Bischöfe, die mit Recht die unab⸗ hängigen Demokraten verurteilten, kritisierten. Der Papst mißdilligt den Kongreß der unabhängigen christlichen Demokraten; er ermahnt die wahren Katholiken, an dem Kongreß in Bologna nicht teilzunehmen; Priester, die ungehorsam seien, würden den kanonischen Strafen verfallen. Der Papst drückt zum Schluß die Hoffnung aus, daß seine Klagen die Schuldigen zum Nach— denken veranlassen würden.

Türkei

Die Pforte hat, wie, W. T. B.“ erfährt, das ihr seiner⸗ zeit von den Botschaftern der Ententemächte übermittelte Finanzprojekt mit einem Gegenprojekt beantwortet.

Die von den oppositionellen Synodemitgliedern aufgestellten Versöhnungsbedingungen wurden von dem gemeinsamen Patriarchatsrat abgelehnt.

Serbien.

In der gestigen Sitzung der Skupschtina gelangte, nach einer Meldung dee . 3. T B. *, ein Gesetzentwurf, betreffend einen Nach⸗ trags kredit ven 20 000 Dinaren, jut Verhandlung, die im Herbst 190 far unaufschiebbare Staatsnotwendigkeiten verausgabt waren. Der Nachtragskredit wurde in geheimer Sitzung bewilligt, nachdem der Ministerpräsident Aufklärung über die Verwendung gegeben hatte.

Schweden und Norwegen. Der Kronprinz⸗Regent beauftragte gestern, wie dem Z. T. B.“ aus Christiania mitgeteilt wird, den Finanz⸗ minister Michelfen mit der Bildung des neuen Ministeriums. Michelsen antwortete hierauf, daß er aus Gesundheitsrücksichten große Bedenken hege, den Auftrag zu

übernehmen; sollte er jedoch nach einer Konferenz mit den

die Uebernahme des Auf⸗

leitenden Männ des Storthin 71 ö. werde er sich ferner nicht

trags als seine Pflicht ansehen, weigern. Amerika.

Wie „W. T. B. aus Santiago de Chile meldet, hat das chile nische Ministerium seine Entlassung ein— gereicht.

Alfien.

Ein Telegramm des Generals Kuropatkin 5. d. M. besagt, wie ‚W. T. B.“ erfährt: .

Der Feind rückte auf dem rechten Ufer des Hunbo auf Nu— sintong vor, wurde aber zurückgeschlagen. Unsere Truppen nahmen hierauf die Offensioe wieder auf und besetzten Nusint ong urd mehrere andere Ortschaften. Auch ein feindlicher Angriff auf Elcaisa wurde abgewiesen. In der Nähe des Putilow hügels machten unsere Truppen 160 Gefangene. Der Feind griff Kanda. lifan an, wurde aber auch hier zurückgescklagen. Dberst Rum schewitsch wurde verwundet. Der Feind wich in füdlicher Richtung bon unseren Stellungen beim Kutulingpaß jurück. Unsere Jäger gingen bis Schunschusi und Schankbeasi vor, und es geiang fbnen, die jepanischen Streitkräfte bei Ubenapusa zurückzuschlagen. Der Feind ging auf seine früheren Stellungen bei Kudigsa zurück, und unsere Truppen besetzten nach dem Kampfe eine Anhöhe, die die Umgebung beherrscht.

Ein zweites Telegramm des Generals Kuropatkin vom 6. d. M. lautet: e

Im Zentrum herrscht Rube, auf der rechten Flanke im Weten von Mukden hält der Angriff an. Der Feind bemühte sich, ein Dorf zu besetzen, warde aber zurückgeschlagen; um 11 Uhr Abends wurde der zehnte Angriff abgewi⸗sen. Unsere Artillerie bei Erda gu unter, stũtzte uns bei dem Zurückschlagen der Angriffe auf den Putilowhügel. Gestern gegen Misternacht griff der Feind Kandalisan an, wurze aber auch hier nach dreistündigem Kampf zurück zeschlagen. Ver dem Kutulingpaß lagen 30 tote japanische Oifiziere und 290 japanische Soldaten; einen Teil haben wir beerdigt. Später griffen die Japaner neuerdings unsere Stellungen bei Uh enapusa an, unsere Abteilung bei Tomaguchan wies mehrere Angriffe der Japaner ab; die Verluste der letzteren sind bedeutend. Die Abteilung auf der äußersten Linken besetzte einen Paß, 10 Werst öftlich ven Kudiatse, eine japaniiche Eskadton und eine halbe Kompagnie Infanterie wichen in Unordnung zurück.

Aus Mukden vom 7. März meldet Bureau

Die Japaner setzen ihre Flankenbewegung fort. Eine japanische Division hat sich in der Richtung auf Tieling ausgebreitet; in= zwischen setzen die Russen den Angriff auf die jarxanische Front fort. Sonn tagnacht griffen die Japaner Schahopu, Ertagu und Kan⸗ dalisan im Osten an. Im Zentrum werden die Stellungen be— bauptet, im Sädwesten geben jedoch die Rufsen auf Tie jweiten Stellungen zurück. Heute morgen um 2 Ubr griffen die Jaxaner die rufsischen Stellungen am Hunbo an. Das Artilleriefeuer hielt ununterbrochen an und wurde bi Tagesanbruch in nördlicher Richtung, fast bis zur Straße nach Sinminting, fortgesetzt, von wo ver, wundete chinesische Flächtlinge jetzt eintreffen. Auch eine Anzabl javanischer Verwundeter ist gebracht worden. Lings der Sinminting⸗ straße war ebenfalls in weiter Entfernung nördlich der Stadt em Kampf zu hören.

Aus Tokio vom gestrigen Tage meldet dasselbe Bureau:

Nach einem Bericht vom japanischen Hauptquartier wurden am Montag mehrere Gegenangriffe der Russen in der Richtung auf Sing— ching in der Nähe von Titajti ta zurückgeschlagn; unsere A'griffe egen Machuntan machen troß des harmnäctigen Widerstandes langsam e a Ein Teil unserer Truppen besetzte am Montagabend um 8 Uhr die nordöstlichen Höhen von Hungtai, 4 Km sfũdlich von Machuntan in der Richtung auf Ponsihu. Am Montagnachmittag be⸗ setzten wir die Höhenlinie Paitzuko n, 7 Meilen südlich ven Machuntan, die Russen zogen sich gegen Sangbiatzu, 3 Meilen füdwestlich von Machuntan, zurück. Sonntagnacht machten die Rassen einen Gegenangriff auf unsere Stellunz am Kutuling— paß, wurden aber nach dem Schaho in der Richtung östlia der Eisenbabn zurückgeschlagen. Sonntagnacht machten die Russe⸗ einen Gegenangriff nördlich von Tung biafen, wurden aber zurückgeschlagen Im übrigen ist die Lage underändert. In Westen der Eisenbahn haben unsere Truppen jetzt nach einem Gefecht Ostbanchengpao und Ertaitzu besetzt, wobei sich der Feind bart= näckig verteidigte. Am rechten Dunhonfer machte am Montag früt eine russische Division mit 70 Geschützen einen Gegenangriff in der Näbe von Taschikiao, 10 Meilen nordwestlich von Murden, wurde aber zurückgeworfen.

vom

das „Reutersche

Afrika. Der Prinz Adalbert von Preußen hat sich, wie das „Reutersche Bureau“ berichtet, gestern von Port Said nach Kairo begeben.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die geßrige Sitzung des Reichs— tags befindet sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (158. Sitzung des Reichstags wurde zunächst ein Antrag auf Strafverfolgung des Abg. Thiele (Soz.) wegen Beleidigung des Reichstags der Geschäfisordnungskommission überwiesen.

Zur Beratung standen der im Dezember 1903 eingebrachte Antrag der Abgg. Dr. Ablaß (jr. Volksp.) und Genossen:

Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage alsbald einen Gesetzentwurf, betreffend die Neueinteiklung der Reichstagswahlkreise, unter Beräcksichtizung der seit Grün— dung des Eenfschen Reiches erfolgten Verschiebung der Bevölkerung vorzulegen, .

und der Antrag des Abg. von Chrzanowski (Pole):

Die verbündeten Regierungen ju ersuchen, dem Rꝛichttage tunlichst bald das im F 6 des Reichswablgesetzes vom 31 Mai 186 vorgesebene Reichsgesetz über die Abgrenzung der Wabhlkreise vorzulegen und bei der Neueinteilung der Wahlkreise die seit dem Jabre 1567 veränderten Bevölkerungsverbälmisse in angemessenet Weise zu berücksichtigen“.

Es ist dazu ein Antrag Paasche eingegangen, die beiden Anträge den verbündeten Regierungen zur Erwägung zu überweisen. .

Abg. Kopsch (fr. Volkevy): Die Eeschichte des Antrags auf Sicherung des Wablgeheimnisses hat gezeigt, daß Beharrlichkeit zum Ziele fährt. Bei jeder Wiederholung des Antrags wuchs die Za rl feiner Anhänger, und selbst die Konservativen gaben schließlich ihren Widerspruch auf, nachdem die Regierung die Sicherung Tes Wahl gebeimnisses als eine sittliche und ethische Forderung“ beieschnet hait= Jetzt wählen in abgeschlossenen Räumen Fürsten und Handwerker, Bauern und Gebeimrate und Portiers zusammen. Der vorliegende Antrag, von dem zu hoffen ist, daß das Zentrum al? Pflegevater binzutreten wird, wurse zuerst 1393 gestellt und 1895 verhandelt. Es sprachen damals nur die Abgg. Hermes und Tutzauer die Mehrheit begnügte sich mit der einfachen Ablehnung. Die jeßige Wahlkreiseinteilunz beruht auf dem Gesetz für den norddeutschen Reichstag von 1869. Danach sollte durch · schnitilich auf 100 000 Seelen ein Abgeordneter kommen und die er= forderliche Abgrenzung der Wahlkreise durch Bundesgesetz erfolgen

Durch die Verfaffung für das Deutsche Reich und für Elsaß Lothringen

aten zu der Zabl der früheren Abgeordneten noch weitere hinzu, *. schließlich die Zahl von 397 erreicht wurde. Nach den gesetz cen Bestimmungen unterliegt es keinem Zweifel, daß nicht durch Verwaltung, sondern nur durch Reichsgesez unter Mitwirkung t Voltevertretung die Festlegung der Wahlkreise erfolgens= kann. Bei der weiteren Einteilung ist den veränderten Bevölkerungs⸗ Trbältnifsrn Rechnung iu tragen. Eine mathematische Gleichheit * jn nicht durchzuführen, aber der Sinn des Gesetzes gebt kabi, daß die Zabl der Wäbler eines Wablkreises sich ncht allzuweit von dem Durchschnitt der 100 009 Seelen entfernt. Säit 1869 warten wir auf das zugesagte Gesetz. 36 Jahre sind ver— argen; 1870 batte Deutschland 10, 1804 aber 59 Millionen Ein—⸗ wob ner; die Wãbleriabl ist von 8s auf 125 Millionen gewachsen; die Steigerung ist aber nicht gleichmäßig erfolgt. Im. wesentlichen Fihränkt sie sich auf die Großstädte und die induftriellen Bezirke Der Kreis Lenrep-Mettmann stiez 1870 bis 1903 von 136 0900 auf od Seelen, Düsseldorf bon 115 920 auf 319 009, Leipzig Land on 1253 00 auf 421 000, Bochum von 110 00 auf 550 O0 Ginwohner; ie letztere Steigerung beträgt volle 400 ½. 1903 entfiel auf jeden Acgeotdneten im Durchschnitz eine Wäblerzabl von A 555. Ueber die Dälste der Wabltreise bleibt aber binter diesem Durchschnitt zurück. Rur 85 baben die normale Zabl von 30-40 999 Wäblern. Die zkrigen sind Riesenwablkreise, von diesen 13 mit über 75 000, 2 sogar mit über 130 000 2609 C00 Wählern. Die 13 Kreise hätten statt auf 1 auf 4 Mandate Anspruch, Berlin auf 14 statt 8 Mandate. Dem steben die Zvergwahlkreise gegenüber, wie Schaumburg ⸗Lippe, wo der Einzelne ein 19 faches Wablrecht hat im Vergleiche mit dem Wäbler in Teltow. Beeskow. Storkom. Der Wähler Fraustadt / LZissa bat ein Tia größeres Wahlrecht als der in den drei Kulturzentren Ham rg, Leiv, und Berlin.

119. 2

Bei Schluß des Blattes spricht der Redner weiter.

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen 156 Sitzung, welcher der Minister der offentlichen Arbeiten von Budde beiwohnte, die zweite Beratung des Staats⸗ haushaltsetats für das Rechnungsjahr 1905, und zwar die allgemeine Besprechung des gesamten Eisenbahnwesens an der Hand des Etats der Eisenbahn verwaltung fort.

Es sind folgende Anträge gestellt:

Die Abgg. Dr Wiemer, Goldschmidt (frs. Vollsp.) und Genossen beantragen, die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, ere Reform des Eisenbahnversonentarifs möalichst bald dabin in die Wege zu leiten, daß unter Aufhebung der Rück—⸗ fabrkarten die Preise für die einfache Fahrt auf die Hälfte der Preise der jetzigen Räckfahrkarten festgesetzt werden“.

Abg. Gamp (fr. kons) beantragt dazu folgende Aenderungen: a. binter daß / einzufügen: „zum Zweck der Vereinfachung des Fahr⸗ lartenwesens“, b hinter Fahrt“ einzufügen: in Personenzügen“, c. binter festgesezt! einzufägen: und für Schnellzüge ent- prechende Zuschläge eingeführt“.

Die Budgetkom mission beantragt, den Antrag in folgender Fassung anzunehmen: ̃eine Reform des Eisenbahnpersonen⸗ tarifs mit dem Ziel der Verein fachung ohne wesentliche finanzielle Einbuße in die Wege zu leiten“.

Die Abgg. Dr. Friedberg (nal), Freiberr von Zedlitz und Neukirch (frelkons.) und Genossen beantragen: zur Verhütung einer in volkswirtschaftlichen und sinanziellen Interesse gleich nach⸗ teiligen Ueberlastung des Eisenbahnverkehrs mit Zaschässen für die allgemeinen Staatsausgaben I) den Ausbau des Staatsbabnnetzes kräftiger als bisber zu fördern und dabei die Verkehrsinteressen der an dasselbe amuschließenden Landesteile in erster Linie ju berücksichtigen, 2) auf die planmäßige Ermäßigung der Tarife fär solche Gäter Bedacht zu nebmen, welche als Pfroduktionsmittel oder Produkte der heimischen Gätererzeugung für deren Ertragsfähigkeit, insbesondere für die Ertragsfähigkeit von Landwirtschaft und Industrie von großer Be⸗ deutung sind“.

Abg. Graf Moltke (fr. kons) beantragt für den Fall der Ab⸗ lehnung des eben erwähnten Antrags Friedberg. Zedlitz, die Regierung

chen, in Erwägungen darüber einzutreten, wie unter Berück⸗

ung der gegebenenfallz aus Eisenbahnüberschüssen vorhandenen mel und nach Maßgabe der Dringlichkeit im einzelnen Fall 1 in den zur Zeit der Aufschließung besonders edärftigen Landestellen der Ausbau des Eisenbabnnetzes noch rascher gefsrdert werden kann, als bisher geschehen, und eine schrütweise Ermäßigung der Tarife für die der bei⸗ nischen Guütererzeugung in Landwirtschaft und Industrie dienenden Produkrionsmittel sowie für die von beiden ber— zetellten Produkte behufs Stärkung des Inland marktes und nicksamer Bekämpfung der ausländischen Konkurrenz herbeigefährt

eri und Neu kirch (fr. kons.) au des Staatsbahnnetzes fortan folg befolgen: I) bei der Beurteilung der B neuer Bahnlinien neben dem Verkehre juwachs anderer Babrstiecken auch die von der neuen mnie zu erwartenden Frachtermäßigungen zu berückichtigen und iskalische Räcksichten jurückjustellen, sobald wesentliche ver⸗ kehrspolitisch; Gesichtspunkte vocliezen, inebesondere es sich um die Befriedigung wirklicher Verkehrsbedürfnifse handelt: 2) den Ausbau bauwürdiger Linien durch leistungsfähige und jzuverlässige Privatunternebmungen zu fördern, sofern der Staat zum Ausbau nicht bereit ist; 3) notleidenden Landstrichen eine besonders wirksame Fürsorge durch Anschluß an den Eisenbahnverkehr zuteil werden zu lassen“.

Abg. von Strom beck (Zeutr.) beantragt, bei der Anlage neuer Gisenbahnen die in wirtschaft licher Beiie hung darniederliegenden Gegenden mebr als bisher zu berücksichtigen..

Die Budgetkemmisston beantragt, den Antrag Friedberg⸗ Zedlitz zu 1, den Antrag Zedlitz und den Antrag Strombeck an—= zunebinen, den Antraz Moltke zu 1 für erledigt zu erklären. hrigen hat die Kommission über die Anträge noch keine Beschlusse

aht.

Endlich beantragen die Abgg. von Arnim (kens.). Dr. Fried⸗ erg (n.) und Freiherr von Zedlitz und Neukirch (ir kons.), unter voller Anerkennung der bei der Fortbildung de Güter⸗ tarife der Staatzbahnen befolgten Metzode die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, innerhalb der durch die Rück siht auf die Finanzlage des Staats und die Konkurtenzverhält niss' gezogenen Grenzen planmäßiger als bisher auf die Er⸗ mäßigunz der Tarife, insbesondere füt lolche Süter Bedacht zu nebmen, welche als Produktionsmittel oder Produkte der heimischen Gätererzeugung für deren Ertragsfähigkeir, insbesondere für die Ertragsfählgkeit von Landwirtschaft und Industtie, von großer Be—⸗

deutung sind

Referent Abg. Macco (nl,) berichtet über die Verhandlungen der Kommissien und über die in dieser gestellten Anträge. Auaführlich babe man sich in der Kommission über die Betriebsergebnisse der EGijenbahnen von 1903 und 1904 unterhalten. Die Entwiskelung des Flaatsbabrnetzes babe in früberen Jahren mit der Vermehrung der Bevölkerung nicht gleichen Schritt gebalten. Ez sei als wünschenswert beieichnet worden, deß die einmal beschlossenen Bahnbauten mit großer Beschleunigung ausgefübrt und die wirtschaftlich schwachen Gegenden nicht in dem gleichen Maßstabe belastet würden, wie die wirtschaftlich frarken. Die Kommission babe in diesem Sinne den betreffenden Anträgen zugestimmt. Die Ermäßigung der Eisen= babntarife bebe den inländischen Verkehr und dränge die ausländische Einfubt zurück. Was die Schnelligkeit der Zuge anbetreffe, so habe sich herausgestellt, daß durch die Verwendung größerer Maschinen in Amerika eine Vermehrung der Zuglast der Güter züge und so bedeutende wirtschaftliche Vorteile erzielt würden. Der Redner berichtet schließlich über die Verbandlungen der Kom= mmisston über die Beamten und Arbeiterverhãltnisse; sãmtliche Mitglieder der Kommission hätten den Eindruck empfangen, daß der Minister fũr seine

Im.

2 Beamten und Arbeiter alles tue, was er tun kõnne. Die Eisenbabnverwal. tung dürfe nicht allein auf Betriebssicherheit und Schnell igkeit bedacht sein, sondern sie müsse als großer industrieller Betrieb auch in die Lage bersetzt werden, ibre sozialpolitischen Aufgaben iu erfüllen. Die Gisenbabn. verwaltung sei allerdingsHs gegenüber der Finanzverwaltung in einer schwierigen Lage. Es sei eine gegenseitige Rücsichtnahme erforderlich, da nun einmal die Staatsfinanzen von der Eisenbahnverwaltung ab— hingen Es sei aber erwänscht, die Eisenbahnverwaltung möglichst unabbängig von der allgemeinen Staatsverwaltung zu führen.

Abg. Dr. Wiemer (fis. Volksp.): Ich möchte meiner Genug—= tuung darüber Ausdruck geben, daß die Notwendigkeit einer Personen, tarifreform jetzt von allen Seiten und auch vom Minister anerkannt wird. Unser Antrag verlangt die Aufbebung der Räckfahrkarten und die Ermäßigung des Preises der einfachen Karten auf den balben Preis der bisherigen Ruͤckfahrkarten. Die Kommission bat dem Antrage zugestimmt, aber sich nicht im einzelnen gebunden und binzugesetzn;, daß die Reform ohne wesentliche Einbuße der Staats. finanzen erfolgen soll. Ich erwarte von dieser Reform im Gegenteil eine Vermehrung der Fisenbahneinnahmen, werde aber troß des finanziellen Vorbehalts des Kommissionsantrags für diesen stimmen. Hoffentlich werden sich bei der Regierung bestehende Schwierigkeiten bald überwinden lassen, und hoffentlich tritt die so notwendige Reform bald in Kraft.

Abg. Hirsch-Essen (nl) tritt für eine weitere Ermäßigung der Gütertarife ein, um unserer Industrie den Konkurrenkampf mit dem Ausland zu erleichtern, zumal da die neuen Handelsverträge die Lage der deutschen Industrie wesentlich verschlechtert bätten. In dieser Beziebung verdienten die Worte, die vorgestern der Abg. Freiberr von Zedlitz in dieser Hinsicht gesprochen bat, den wärmsten Dank. Möge die Reform der Massenguüͤtertarife möglichst bald von der Eisen. bahnoerwaltung in Angriff genommen werden. Die Eisenbabn⸗ verwaltung laße Ausnahmetarife nur zu, wenn es sich um ein all. gemeines Interesse handele. Dieses berechtigte Interesse liege aber bei Artikeln wie Kohle und Getreide zweifellos vor. Sie fönne solche Tarife einfübren, obne eine finanzielle Einbuße zu befürchten.

Unterstaatsfekretär Fleck: Die Grundsätze, von denen die Staats. regitrung bei der Fortbildung der Gütertarife ausgegangen itt, decken sich mit denen, die in dem Antrage Arnim - Zedlitz⸗ Friedberg zum Ausdruck kommen. In erster Reibe handelt es sich um billigere Frachten für die inländischen Produkte und sür den Bezug von Rohstoffen in Industrie und Landwirtschaft, sodann um die Förderung des Absatzes der inländischen Erzeugnisse im Wettbewerb mit anderen Nationen, besonders um die Etleichterung der Ausfuhr. Nach diesen Gesichtépunkten ist namentlich feit der Verstaatlichung verfahren worden. Die Bestrebungen der Verwaltung fallen durchaus mit den Absichten der Antraagsteller zu. sammen. Die Konkurrenzverbältnisse im Inlande müssen jedoch berücksichtigt werden. Der Staat wird aber auch immer auf Zuschüsse aus der Eisenbahnverwaltung angewiesen sein; diele kommen der Gesamtbeit wieder zugute. ist nicht so einschneidend, wie man gewöhnlich annimmt; ungleich stärker fällt ins Gewicht der Widerstreit der einzelnen Inter essen im Lande. Ich erinnere an die eingehenden Verbandlungen über die Zuckertarife. Die Interessen des Westens steben in scharfem Gegensatz zu den Interessen des Ostens. Innerhalb - dieser Grenzen wird die Verwaltung bestrebt sein, die Gütertarife zu bemessen; sie stimmt der Tendenz des Antrags also durchaus zu. Der Miaister hat nur das Wobl des Landes, die Kraft, Würde und Sicherheit des Staats im Auge.

Abg. Freiherr von Erffa (kons.): Wir haben in Kommission die Empfindung bekommen, daß durch die Ver— waltung des Mianisters ein gewisser großer Zug geht, der sich in der Fortfährung der Bahnbauten, Beautzung der neuen technischen Mittel ufw. zeigt. Und der Minister unternimmt nichts, ebe er sich nicht davon überzeugt hat, daß es gut ist. Allerdings wird ihm seine Aufgabe dadurch erleichtert, daß er aus dem Vollen wirtschaften kann. Aus einem vollen Geldbeutel ist leichter zu wirtschaften als aus einem leeren. Es ist dem Minister immer alles bewilligt worden. Nur den Bahnhofebau in Biebrich baben wir abgelebnt, um dem Minister in dieser Hinsicht noch freie Hand zu lassen. Im übrigen ist der Etat von der Kommission unver- andert bewilligt worden. In der Frage der Umleitung des Güterverkehrs freut es mich, daß nicht der absolut kürzeste Wen, sondern der wirt⸗ schaftlich beste gewählt werden soll. Die Reform der Personentarife soll bauptsächlich eine Vereinfachung, aber keine Verbilligung berbei⸗ führen. Wir haben in der Kommission dem Antrag Wiemer zugestimmt und empfehlen ibn auch beute, aber die Kommijsion bat mit Recht den Nachsatz beschlossen, daß damit keine wesentliche finanzielle Einbuße berbunden sein darf. Es ist uns ein ganzer Kasten von etwa 1000 benutzter, aber nicht abgestempelter Rückfahrkarten vorgelegt worden. Danach kann man an der Notwendigkeit der Reforn nicht mehr zweifeln. Aber gleichzeitig mit der Reform der Fahrkarten muß eine Reform der Gexaͤcktarife stattfinden; es ist nicht einzuseben, warum derjenige, der ohne Gepäck reist, dasselbe zahlen soll wie der⸗ jenige, der Gepäck mit sich fübrt. Im Verkebr mit dem Ausland möchte ich die zusammenstellbaren Rundreisebefte im Interesse der Bequemlichkeit beibebalten sehen. Wir wünschen keine allgemeine Ermärigung der Gütertarife, sondern Bemessung derselben je nach dem Bedürfnis. Mit den Staatsfinanzen ist eine allgemeine Herab⸗ fetzung der Tarife nicht vereinbar. Ich habe keinen Auf- trag. mich gegen den Antrag Friedberg Zedlitz zu 2 autzu— sprechen, er bedaf aber noch der Kommissionsberatung. Der Reichsschatzsekretär ist mit einer Finanzreform beschäftigt, aber da die Steuerfreiheit gewissermaßen als ein angeborenes Recht des Deutschen angesehen wird wird leider die Mehrbeit des Reichstages einer Besteuerung von Tabak und Bier, deren Erträg⸗ nisse fozusagen auf der Straße liegen, nicht zustimmen. Ich empfehle ferner die Petition um Ausdebnung der Arbeiterkarten über 590 km hinaus; das sind Wohlfahrtskarten, mit denen die Acbeiter Sonntags ibre Familie aufsuchen können. Die Frage der Beleuchtung in den Eisenbahnwagen wird gelöst sein, wenn die neue Beleuchtungsart mit einer Lichtstärke von 72 Kerzen sich bewährt. Die Schwierigkeiten der Heizung verkenne ich nicht, aber es ist nicht richtig, wenn an den Hebeln steht: warm, gemäßigt, kalt. Das gibt es nicht: entweder ist es kalt oder warm. Eine wirklich gemäßigte Temweratur ist nicht zu erreichen. Die Coupés sollten in beißer Zeit geringer besetzt werden. Aber dafür kann nicht die Außentemperatur maßgebend sein; denn in den Eisenbabnen ist immer heiße Zeit. Man sitzt vielfach eingepfercht in den iwar nicht überfüllten, aber doch voll besetzten Coupés. Die erste Klasse sellte mehr ausgenutzt werden. Warum wird z. B. ver⸗ weigert,

der

daß die vollkommen leere erste Klasse besetzt wird von Reif nden zweiter Klasse, wenn diese Klasse vollkommen besetzt ist? Vielleicht geschiebt es nur in der Erwartung, es könne ein Reichstags abgeordneter oder ein Mitglied der Verwaltung kommen. Es ist erfreulich, daß aus den Platzkarten 36 Millionen Mark eingenommen werden, aber es ist ungerecht, daß man die Platzlarte Berlin Halle ebenso mit 2 6 beziblen muß, wie die Platzkarte Berlin Nom. Man sollte mebr Zonen für die Platzkarte einführen. Wer nach Rom reist, wird auch gern 4 oder 5 M dafür zahlen. Ich hoffe, daß der Minister weiter mit Reformen vorgeht zum Segen des Landes und der Tinan;en

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Der Außenhandel des deutschen Zollgebiets im Januar 1805

Nach dem vom Kaiserlichen Statistischen Amt soeben heraus— gegebenen Januarheft 1905 der Monatlichen Nachweise über den

auswärtigen. Handel des deutschen Zollgebiets, betrug im Januar 1895 die Ein fuht in Tonnen: 3 608 336 gegen 3 2835 0553 und 3 203 699

Das fiskalische Interesse

im Januar der beiden Vorjahre, daber mebr 325 403 und 401737; die Edelmetalleinfuhr: 83 gegen 79 und 91. 24 von 43 Zolltarif⸗ nummern brachten eine Einfubrzunabme; diese ist am stärksten bei Koblen 387 004, also mehr, als die Gesamteinfubr zunahm), Ge⸗ treide usw. ( 115 060), Material, usü. Waren (4 25754) Er- hebliche Ausfälle brachten Erden, Erze (= 125 6383), Hol; (- 72339). Die Ausfuhr betrug in Tonnen: 2761 6565 gegen 2 955 9864 und 3 149 758 im Januar der beiden Vorjahre, daher weniger 191 308 und 383 102; die Et elmetallausfuhr: 74 gegen 20 und 39. 23 Zoll- tarifnummern ergaben eine Ausfuhrzunahme; sie ist erbeblich bei Erden, 3 71 919), Getreide ( 10373). Die Roggenausfubr hat noch stärker zugenammen, als die Ausfuhr der samtlichen Land- bauerjeugnisse. Große Ausfälle sind für Kohlen (— 265 659), Eisen und Eisenwaren 1. 15 059), Hol; usw (— 11 904) zu verzeichnen. Die Ergebnisse des Außendandels sind diesmal vom Ausstand im Rubrgebier stark beeinflußt; es wurden weit mehr Brennstoffe eing führt und weit weniger ausgefahrt als früher. z

zeinfu ndem Vi . . 2 derung geg⸗ Nachlassen der österreichisch⸗ ungarischen Zufuhr und das Anwachsen der dänischen Einfuhr auf kommen besonders darin zum Ausdruck, daß erheblich nachgelassen, dagegen diejenig von Küů zugenommen bat. Im einzelnen ftellte sich die Einf Januar 1305 gegen 7807 Stück 911 7450 7637 9824 7 3

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uhr an Sckweine⸗ und gen, bei srischem R ne Mehreinfuhr von 8 42 im Mo Januar gegenüber orjabre gehabt baben. Der Rückgang in der Schmal jeinfuhr auptsächlich darauf zurückzuführen sein, daß im Januar Schweineschlachtungen, beionders auch auf

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dem Lande, die Nachfrage nach Schmal; in Deutschland gering geftaltung läßt aber eine baldige starke Mehreinfubr wieder erwarten. Die Fleischeinfubr betrug: Januar 1905

I 37 42 Schweinefleisch, frisch Sammelfleisch, frisch..

fach zubereitet

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Schweine schmal⸗

B.“ meldet, indungsbabnen auf de d in den Ausstand getreten der Verwaltung, die gestellten Forderungen zu Der Ausstand erstreckt sich auf 5509 Angestellte und

fast den ganzen Verkehr, sodaß es für viele Bewohner der

Stadt unmöglich war, zur richtigen Zeit ihre Geschäfts— stellen zu erreichen. 3000 Polijeibeamte bewachen die Stationen der Untergrund und Hochbahnen. Eine spätere Meldung besagt, daß die Züge mit neuem Personal besetzt wurden. Nach 4 Uhr Morgens war es dem Publikum gestattet, auf den Untergrund. und Hoch— babnen auf eigene Gefahr zu fahren. Abteilungen der Ausständigen standen an den Eingängen zu den Stationen und warnten die Fahrgäste vor der Fahrt, die infolge der Unerfahrenheit der Mannschaften gefährlich sei Nach 8 Uhr besserte sich die Lage auf der Untergrundbahn. Die Züge verkehrten häufiger, auch fuhren einige Schnellzüge. Auf eine Anzahl von Zügen wurde mit Steinen geworfen; auf anderen Zügen warden die Führer von Aus ständigen überwältigt und die Luftbremsen entfernt, worauf die Arbeits willigen, in Schrecken versetzt, die Züge verließen. Bei der End- station der Untergrundbahn stießen zwei Züge zusammen, wobei dem Vernehmen nach 2 Personen getötet und 23 ver⸗ wundet wurden.

Kunft und Wissenschaft.

A. F. Die Märjsitzung der Gesellschaft für Erdkunde eröffnete der Vorsitzende mit einem warm emrfundenen Nachruf auf Adolf Bastian. Den Vortrag des Abends h Profe ssor Dr. G. Merzbacher aus München über eine zweijährige Reise nach den Hochgebirgsregionen des Tian-Schan, jenes ge— waltigen Hochgebirges Zentralasiens, das sich auf der Grenze iwisch n Russisch⸗ und Chinesisch⸗Turkestan erstreckt. Schon im Jahre 1392 war der Vortragende am Tian-Schan gewesen, um sich mit den Vor— tetten und Zugängen bekannt zu machen. Als Teilnehmer für die eigentliche Foisckungsreise, die auf 2 Jabre berechnet war, wurden ge⸗ wonnen für die topographischen Arbeiten und zur Begebung der Eisregionen der Ingenieur und bekannte Alpinist Hans Pfann— München, für die geologischen Forschungen Hans Keidel Freiburg, ein zoologischer Präparator und Sammler in der Person eines Herin Russel sowie ein junger Tiroler Bergführer, dem sich im zweiten Jahre noch ein anderer aus dem Sals burgischen beigesellte. Die am 15. Mai 1902 von München aus angetretene Reise fübrte über das Schwarze

Meer, den kaukasischen Isthmus, das Kaspische Meer, durch Turkestan

nach Taschkent und von da, der Postroute folgend, durch die Steppen des südöstlichen Turkestan, am Nordfuße der bereits dem Tian-Schan zugehörigen Alexanderkette entlang, zum mächtigen Isspk⸗Kul= See, der beinahe 1700 m über dem Meeresspiegel liegt, und an seinem Nordufer bin bis zum Städtchen Prschewalsk. Hier wurde eine Karawane gebildet und am 2. Juli zunächst nach einem der größten, am Nordfuß des zentralen Tian ⸗Schan vol W nach O sich erstreckenden Längstäler, dem Tekes. Tal, aufgebrochen. Auf dem Wege dahin passierte man das weit ausgedehnte Becken von Karkara, 2000 m hoch, das, einst altex Seeboden, jetzt von grünen Matten eingenommen und umfaßt von einer vielgipfligen Kalkkette, die meiste Zeit im Jahre einsam liegt, aber alljährlich von Mat bis Sertember die Stätte eines Jahrmarkts ist, der für die Kirgisen⸗ bevölkerung des Gebirges große Bedeutung erlangt hat. Da in diesen Monaten die russischen Bebörden hier auch ihren Sitz nahmen, gelang es dem Führer der Expedition, seine Karawane be⸗ friedigend zu vervollständigen und für die Gebirgsreise zu organisieren. Am J. Juli war das nahe am Nordfuß des zentralen Tian. Schan gelegene Narynkol erreicht, das nun für längere Zeit als Stützpunkt für die Forschungen im Hochgebirge diente. Leider war der Sommer 1902 im Tian⸗Schan für Hochgebirge forschungen sehr ungünstig. Vor⸗ zeitig mußte, wegen anhaltender Schneefälle, schon am 25. September nach Naiynkol zurückgekehrt und durch das Tekes Tal ab⸗ wärts dem Großen Musart. Paß zugestrebt werden, um nach Ueber- schreitung der chinesischen Grenje noch vor vollständiger Einwinterung nach der Südseite des Gebirges zu gelangen, deren klimatische Ver= hältaisse viel günstiger sind. Nach Ueberwindung des gefahrvollen Der. langte die Expedition, die große chinesische Handelsstadt Ak- su erührend, am 185. Oktober im Winterquartier Kaschgar an, von wo die Herren Pfann und Russel die Heimreise antraten, während Dr. Merzbacher November und Vejember benutzte, um die schneefrel; gebliebene südliche Randkette des Tian-Schan und