1905 / 64 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Mar 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Großhandelspreise von Getreide an deutschen und fremden Börsenplätzen für die Woche vom 6. bis 11. März 1905 nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt. 1000 kg in Mark.

Nummer d. Bl. berichtet. nimmt das Wort der

den meisten Kellegen ist keine Beschwerde aus und der Industrie in dieser Richkung zugega

6.11. gegen die Hälfte unterschrieben hat.

Vor⸗

1905 woche die Verzögerungen zum Teile durch die Pat ; Berlin. ir r ng di großen . ur ie Patentanwälte felbst 4. gen, guter, gesunder, mindestens 712 g das 1 . 139,75 139,88 i g . nr ch 9 GJ 4. ,, i,, l n, ö ö g ö ; ; as Amt und die Beamten Vorwürfe erhoben werden sollen“ . er Vorprüfer muß doch erst unterfuchen, ob etwas Neues vorliegt . das geht nicht fo schnell. Daß sich allmählich nicht? Grundsäßs, Feen i. ufer. , n. . ; 66 . sondern Erfahrungssdtze im Patentamt herausgebildet haben, ist k 3. gal e. 2 . . ,,. mittel. . 3 lbstperstindlich Daß aber nür Raritäten zugelassen werden, ist doch eine ie i,, . kJ . . ö erden sie schon se un. Differenzen 3 . ö. Wien. ige ee ff gh ler Augen ausgeglichen werden; man sollte uns damit pan, nn,, 140,83 142,40 Mm * wd 661 ; Abg. Dr. Mült!;er⸗Meiningen (fr. Vgg.: Es ist mit großer Hafer. , J ö . . 6 . Befriedigung aufgenommen 6 daß in ,, ,, d 55, ? 165, 19 Handel sbertrage die Schweizer Regierung den Klagen der chemischen J 143,19 143,25 a ,, ö) 3 dib i i , g. 9894 = nung getragen hat. Die Resolution Böt Budapest. allgemein gehalten. Es wird wohl viel Wasser in . ,,. , Fitne, , , / DJ / (9, 83 / j 1 . ren 3. enge e zu ein. 11 125,67 124,45 darf nicht geschehen, daß ein Warenzeichen dem (inen bersagt und dem J 124322 125,95 Usurpagtor gögeben wird. Auf Einzelheiten will ich bei der Kontingentte—= Mais, JJ 136, 75 1535,58 anf der . . , nen. selbst betrifft, zu beklagen, daß die technischen Beamten hinter den juristi . . ö ö sehr zurücfstehen. Die Techniker beschweren sich 3 . Wer, übe, gin ö 186 144 ere e e r. ft . . k ö. ti e . clzen, JJ ; ö die Patentanwalte betrifft, so stehe ich in der Mi wi Riga. . ö ,, . ö. Mißstände ö dem k gan, n m n, ; s 1ebßigen Prasidenten vorhanden waren, wurde in Industriekreifen zee n nnr, : e z,, J 2 , orden. andelt sich um iarden von Werten, und es ist zu ö Paris. 4 , . heal ö. 8 4 , n, . ten . Uuben n 24,36 123,69 as mehr gepflegt werde als früher, und daß der Geist eines Fa. . . ö. laufenden Monats / 158, 94. 15, 35 , d en Kommandos, der unter dem früheren Präsidenten herrschte, en. re. ; i 139,98 140 16 Abg Roeren (Zentr.); Ueber die Entstehungsgeschichte d = J 146, 57 146.25 schrift der Patentanwälte möchte ich nur n , ö kiefer 8. 1 146,07 146,66 ungefähr auf demselben Standpunkt stehe wie der Vorredner. Ich enen k 145,10 148,25 habe gefunden, daß es kaum einen Punkt gibt, über den sich die Patent⸗ J Io 21 156 41 anwälte nicht beschwert haben. Das ist um' so auffallender, fz Be⸗ k 151,18 151,78 schwerden aus Industriekreifen uns nicht zugegangen sind. Die Beschwerden hdd 134,95 134,571 der Anwälte erklären sich daraus daß eg fich hier um ein verhältnismäßig Bombay, Club weiß... 142,01 14219 , ,,, * * if . ö. ihren . nigermaßen getäuscht sehen. o ist es bei jedem Gesetz, . ö . ig, 11790 Em. ö . 8 6 ö 3 une f, . r . d I,. . Anwä len eine Herabsetzung der fiskalischen Patentgebü ; . . JJ 3 . . . . . ö aber . . 1 sa⸗ . . ö ah,) ese Gebühren sind im Verhältnis zu den fiskali . Mats k . 1 ,. Ich will nicht dafür eintreten, daß die he n en , r . a9 J . 163 156 35 gesetzt neden . Eber die Repision dieser Gebühren müßte mit der . 1 der fiskalischen Hand in Hand gehen. Ich bestreite nicht, daß das 8ondon rr nge ed er en! , 36 der Zeitpunkt ist noch nicht ö a 76 12592 F(kommen, jetzt schon eine solche Reform vorzunehmen. Pie Denk— Weijen ma ich . Gran renn, 16 . gr j elite nach ein zwei, drei Jahren wieder untersucht werden, . ö 51,5 52, 29 o vir el chern n n ,, sind. enen englisches Getreide, 1444 14423 Resolh'tzn Drall be et beg fe(ft.; Bag. ;. Auch uns scheint die hf Mittelprels aus 55 Marktorten 6 6 Mig olutlon zu allgemein gehalten, auch halten wir den . noch erste (Gazette ava. il, 87 i423 nicht für gekommen, eine so weitgehende Reform des Patentgesetzes ̃ ͤ pHorzunehmen. Bedenklich ist uns, daß die Erfindungen der angestellfen Liverpool. Ingenieure, Techniker ufw. absolut rechtlos sind. Ihre Interessen ann, 15 10 n müßten bei einer Neuregelung des Gesetzes mit berũcfsichtigt werden. J ) 4 135/53 Heute gelten die Erfindungen der Angestellten als Erfindung der R ö3r12 171 Unternehmer, und die Rechtsprechung des Reichsgerichts geht auch cd, 1 1336s dahin. In den Verträgen behalten sich die Zirmen die Erfindungen , . V 1 3 ihrer Angestellten als ihr Eigentum vor. Dieser Ausschluß einer n,, r e, ,, J i n. et en zum Scharen der Unternehmer selbst. Amerika und ste, , , . Desterreich haben den Schutz der Angestenßtten insofern durchgeführt, als JJ 9 ,. sie in ihren Patentgesetzen vorgeschrieben haben, daß EGrßndungen ga, // g oßs Ig Nur unter zem Namen, der wirklichen Erfinder geschützt werden. J las ud dz Vie e der ee es hrhrfeln, m nan, an nutte der . . . nischen Industrie bei ümlichkei Chicago / Verhältnisse ein gewisses Recht auf die nnn, . Mai 15418 17 nicht absprechen. Doch könnten immerhin die billigen Ansprüche der Wenn, Lieferung ware t:: 1 137 Ungestellen wobl Verücksichtigt werden. Schließlich möchte ich den , 6 3 Wunsch der Diätare im Patentamt auf Vermehrung der etate— Mais . , . 9 uch . , , . . . lbg. Dr. Paasche (nl): möchte den R ĩ Ren Port. doch für den Antrag zu stimmen. Wir haben den lin Ir; 5 ö ö 1. aben g absichtli roter Winter. Nr. 2 .. ...... 18373 18707 filgemein gehalten. Er ist mebr eine Resolution und kommt leigent— we Hic . 1 0 lich auf die Anregung einer Enguete hinaus. Herr Roeren will von en gieferun war;. 14 17] Klagen erst durch die Denkschrift erfahren haben. Der Verein für H, 36 , gewerblichen g m gr arbeitet schon seit Jahren auf eine Ver— Maig ö 1 zh 3531. besserung des Patentgesetzes hin, ebenso andere Korporationen. Ich 8 J g. 73 habe den Antrag mitunierstütz, wess ich eine Reformbedürftigteit Tes Hehe uenos Aires. . Gesetzes für erwiesen halte. Gine grundlegende Reform erwarten wir 6 Durch canitte ware . t 119238 121185 natürlich nicht Greße Rücksicht ist hier am Platze. Ich erklart S6, 423 85,53. ausdrücklich, daß ich mich mit allen Einzelheiten der Denkschrift

durchaus nicht identifizieren kann. wird eine scharfe, ja unerhörte Kritst unberechtigt ist. Was soll man 3. B. dazu sagen

Bemerkungen.

1 Imperial Quarter ist für die Weizennoti z an der Lond = duktenbörse 504 Pfund engl. gerechnet; für die aug ai

an 196 Marktorten des Königreichs ermitt t zvreise Malst e einheimisches Getreide Den, ,. g n m r Da in einen s rohen aim, der eine oder and

Welzen 486, Hafer 312. Gerste S409 Pf lift. ist unvermeidlich, spricht aber nicht gegen d

r 1 Bushel Weizen *J , 1 Buff tene . elf, Li. Gebühren sind durchaus zweckmäßlg normiert, sie sind anfangs

155unß endlich. 466 s g.) I Mast dernen = 2b nen n ch niedrig und steigen allmahlich. Ich bitte, an dies 8

, . kg.

ei der Umrechnung der Preise in Reichswä ĩ aus den einzelnen 2 im hr , n rn 1 , m wöchentlichen Durchschnittswechselkurse an der Berliner Börse ju

1 Preise in Buenog Aires unter Berücksichtigung der

die Vöhe der Gebühren zu beschweren. Der tech

Petition eintreten, da

ihnen den Titel Gewerberat oder dergl. geben.

Posadowsky⸗Wehner:

Deutscher Reichstag. 163. Sitzung vom 14. März 1905, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht yon Wolffs Telegraphischem Bureau)

Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Berat Reichs haushalisetats i 15h! bei dent c en . Rei samtg, des Innern, und zwar bei den Ausgaben e m s ff iic⸗ . und der dazu von den gg; Dr, Böttger (n.) und Genossen eingeb i Wortlaut bereits mitgeteillen Resolution. ,,

ziemlich lange Rede halten und auf sehr viele te

Bedenken Anlaß. Diese Verhältnisse veranlaßten entwurf, betreffend Vorbildung und Stellung der Bundesrat vorzulegen; dieser Entwurf ist von Kömperschaften des Reiches verabschiedet worden.

legung des Gesetzes das Ziel, aus dem Patenta

der Patentanwälte ist nur von der knappen H dieser Kategorie unterzeichnet; ob diefe zur Vertretung von Handel und Industrie berufen sind, möchte ich bezweifeln. Schon die Form Boch D der Eingaben muß beanstandet werden. Die Herren treten in auf⸗

och e a fälliger Weise als der Stand der Patentanwälte auf, obwohl nur etwa Die Beschwerden über die Verzögerung der Frledigung der Paten sanmeldungen sind insofern unbegründet, als

An der Tätigkeit des Patentamtes geübt, die durchaus

die Hälfte aller Bescheide beruhe auf einer unreifen Auffassung!

zu ändern. Die Patentanwälte daßen am wenigsten Ursache,

babe ich mich schon r rng, und a. auch ö ! ihre Gehalts- und Titelverhältni = sprechend ihrer wissenschaftlichen Vorbildung der e , rn uf 9 Beamten sellten nicht ewig Hilfgarbeiter beißen; vielleicht könnte man

Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Da der Abschluß der Etatsverhandlungen drängt, muß ich mir versagen, auf viele Fragen, die heute in bejug auf das Patentamt be—

rührt worden sind, eingehender zurückzukommen. Ich müßte sonst eine

eingeben. Ich will mich deshalb so kurz fassen, wie nur möglich. Der Stand der Patentanwälte gab früher zu mancherlei ernsten

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen

Nach dem Abg. Dr. Böttger

Abg. Pau li, Oberbarnim (Rp.): Wir können uns nicht ent⸗ schließen, schon jetzt an dem Patentgesetz wieder zu ndern. Mir und den Kreisen des Handels ngen. Die Denkschrift älfte der Angehörigen

wenn behauptet wird,

ere sich einmal ver— en Wert des Amtes.

em Grundsatz nichts he, sich über nischen Silfsarbeiter jetzt für ihre

chnische Einzelheiten

mich, einen Gesetz⸗ Patentanwalt, dem

den gesetzgebenden Ich hatte bei Vor—

nützlicher Weise zu vermitteln. Ich hatte dabét die Hoffnung, daß

einziehen würde, wie auch in das Verhältnis zwischen Patentanwalt⸗ schaft und Patentamt. Ich muß aber zu meinem Bedauern sagen, daß in den Patentanwaltstand ein Geist des Unfriedens eingezogen, aus persönlichen oder angeblich sachlichen Gründen der Beschwerdeweg gegen das Patentamt in einem Umfange beschritten ist, daß der Ver⸗ kehr zwischen letzterer Behörde und der Patentanwaltschaft auf diesem Wege sich zu einem gedeihlichen nicht gestalten kann. Ich freue mich darüber, wenn in dem Patentanwaltsstande sich ein gewisser Geist der Berufegenossenschaft herausbildet, und wenn der Patentanwaltestand darauf hält, die berufsgenossenschaftliche Ehre hochzuhalten und zu wahren. Wenn aber dieser Stand eine ähnliche Stellung eistreben will gegen⸗ über dem Publikum und der rechtsprechenden Behörde wie der Rechts— anwaltsstand gegenüber den Gerichten, dann, glaube ich, muß er sich auch sagen, daß er sich in den Formen bewegen muß gegenüber der Be⸗ hörde, in denen der Rechtsanwaltsstand in Deutschland gegenüber den richterlichen Behörden sich zu bewegen pflegt. An dieser Art des Verkehrs hat es zum Teil bisher gefehlt. Aendern sich diese Ver⸗ hältnisse, so wird es gewiß auch an Entgegenkommen von der andern Seite nicht fehlen.

Im einzelnen will ich nur ganz kurz bemerken, daß über die Stellung des Vorprüfers folgender Grundsatz im Patentamt aufgestellt worden ist:

„Hat der Vorprüfer keinen Bescheid erlassen, so ist er zur Teil⸗ nahme an der Beschlußfassung in der Anmeldeabteilung berechtigt, wie jedes andere Mitglied. Hat er einen Bescheid erlassen, so nimmt er an der Abstimmung nicht teil.“

Danach verfährt das Patentamt. Sollte es aber einmal zu einer Aenderung der Patentgesetzgebung kommen darüber werde ich mich nachher noch aussprechen —, dann wird die Frage sehr erwägenswert sein, ob man nicht dem Vorprüfer eine voll— kommen selbständige Stellung anweist und ihn an dem Geschäfte der Anmeldung überhaupt nicht mehr beteiligt.

Es ist ferner darüber geklagt worden, daß der Prozentsatz der zurückgewiesenen Patentgesuche zu groß sei. Ebenso wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Parteien sich gegenüberstehen, stehen sich auch beim Patentverfahren zwei Parteien gegenüber: auf der einen Seite die gesamte Industrie, das gesamte Publikum, auf der anderen Seite der Patentsucher, der für seine Erfindung auf einen beschränkten Zeitraum ein Monopol erwerben will. Ich glaube, das hohe Haus würde sehr überrascht sein, wenn sich hier bei ihm in Form einer Petition der Stand der Rechtsanwälte beschweren wollte, daß sie beim Reichsgericht zu viele Prozesse verlieren. Ganz ebenso aber liegt die Sache hier. Das Patentamt ist eine rechtsprechende Behörde, die Recht macht zwischen den allgemeinen Interessen des Publikums und dem Sonder interesse des Erfinders. Man kann also nicht auf Grund einer all⸗ gemeinen Statistik sagen, das Patentamt entscheide sachlich falsch, weil so viele Patente zurückgewiesen werden. (Sehr richtig) Dann ist gefordert worden: die technischen Hilfsarbeiter müßten mehr den Ständen der Industrie entnommen werden, aus dem Kreise von Per⸗ sonen, die mit der Industrie praktisch aufs engste verknüpft wären. Ich würde dem mit der allergrößten Freude nachkommen. Es besteht nur das Hindernis, daß mir das Schatzamt für die Beamten nicht die Gehaltssätze bewilligen würde, die zu diesemn Zwecke erforderlich wären. Hervorragende technische Kräfte werden in der Industrie, namentlich wenn es ihr gut geht

recht hoch bezahlt und es ist kein Gedanke daran, daß wir jemali solche Gehälter einsetzen könnten, wie sie von hervorragenden Technikern in der großen Industrie vielfach erworben werden. In der Staats⸗ stellung findet sich eben der Ausgleich in der größeren Sicherheit und der Pensionsberechtigung. In dieser Konkurrenz mit der besser sahlenden Industrie liegt deshalb häufig eine große Schwierigkeit für die Gewinnung neuer Kräfte. Ich bin im übrigen von jeher der

Ansicht gewesen, daß im Patentamt die Techniker eine größere Rolle spielen müssen, und ich könnte Ihnen Zahlen vorführen, wenn ich

nicht dadurch die Debatte aufhalten würde, aus denen hervorgeht

daß das technische Personal in der Zahl der Beamten des Patent

amts fortgesetzt eine stärkere Berücksichtigung erfahren hat, auch in

den leitenden Stellen, und ich denke auf diesem Wege fortzufahren.

Was das Gehalt der Hilfsarbeiter und ihre sonstige ãußere Stellung betrifft, so bin ich, soweit es in meinen Kräften steht, immer bereit die Stellung der mir nachgeordneten Beamten zu verbessern, aber ich kann darüber keine bindende Erklärung abgeben, weil ich darin von den allgemeinen Gehaltsgrundsätzen abhängig bin, die vom Reichs⸗ schatzamt für die gesamten Ressorts festgelegt werden. Die Stellung eines technischen Hilfzarbeiters ist allerdings für die meisten Herren eine abschließende, und es wird mich deshalb sehr freuen, wenn es ö. gelingen sollte, die Stellung dieser Herren auch äußerlich zu ver— essern.

Was die Herabsetzung der Gebühren betrifft, ĩ i fiskalisches Interesse eigentlich nicht vor; ö . 9. 66 bühren herabsetzen, so würden vielleicht die Cinnahmen des Patentamts steigen; aber die Gebühren nicht berabzusetzen, liegt durchaus im Interesse der Allgemeinheit, im Interesse der Industrie, damit Patente, die nicht mehr lohnen, auch wieder der Allgemeinheit zur Ausnutzung zufallen. Was die Zurückzahlung der Patentgebühren betrifft, so richtet sich diese nach dem Grundsatz, daß nur dann die Kosten zurückgezahlt werden, wenn die Sache von der Behörde ohne Schuld der Beteiligten falsch behandelt ist. Dieser Grundsatz entspricht vollkommen dem §S 6 des Gerichtg⸗ kostengesetzes. Schließlich die Aenderung des Patentgesetzes Ich kann zunächst nur dringend davon abraten. Es ist nach sehr langen Verhandlungen gelungen, endlich den Beitritt Deutschlands zur Union für den Schutz des gewerblichen Eigentums herbeijufũhren. Würden wir jetzt das Patentgesetz schon wieder ändern, so müßten wir auch sofort wieder daran gehen, eine Aende⸗ rung dieses Unionsvertrags herbeizuführen, und ich glaube, daß dieser Unionsvertrag so große Vorteile für unsere Industrie bietet be-

nwaltgzstande etwas

sonders in der internationalen Verwendung von Patenten

4

Aehnliches herauszubilden und ihm allmählich die gleiche Stellung zu geben, wie sie etwa der Rechtsanwaltsstand im Deutschen Reiche ein- nimmt. Es war meine Idee, die Stellung der vorhandenen Patent- anwälte zu heben und zu stärken und der Stellung der Patentanwälte neue Männer zuzuführen, Männer, die unzweifelhaft die technische Vorbildung und das notwendige Maß von Charakterbildung besäßen, um den Verkehr zwischen Publikum und Patentamt in wirtschaftlich

dann ein gewisser Friede sowohl in den Patentanwaltsstand selbst

die Industrie sehr wenig geneigt sein würde, zum Besten einer Aenderung des Patentgesetzes jetzt wieder se ganze Beteiligung Deutschlands an der internationalen Union in rage zu stellen. Ich glaube vielmehr, daß die meisten der Be— hwerden sich vielmehr gegen angeblich falsche Handhabung des Ge⸗ ttzes richten als gegen die Bestim mungen des Gesetzes selbst. Soweit sich aber gegen die unrichtige Handhabung des Gesetzes richten, in ich der Ansicht, daß der größte Teil dieser Beschwerden sachlich nberechtigt ist. Manche Schwierigkeiten werden sich auch durch die ortschreitende Rechtsprechung klären.

Abg. Ehrhart (Soz.): Ich habe mich einer Reihe von Ge— berbetreibenden anzunehmen, die sich über unsere Gesetzgebung zum ztent- und Musterschußz beschweren und nicht etwa als Querulanten ngesehen werden dürfen. Leider ist Herr Böttger nicht im einzelnen uf die Mißstände eingegangen, die ihn zu seinem Antrage veranlaßt aben; er hat im wesentlichen nur auf, die Eingabe der Patent— nwälte verwiesen. Tatsächlich ist die Unzufriedenheit über unser atentgesetz und namentlich über dessen Handhabung durch das halentamt weit verbreitet. Herr Pauli hat die Zuschrift der Patent⸗ nwaälte scharf kritisiert und eine Veranlassung zur Remedur nicht is vorhanden anerkennen wollen. Da wird nichts übrig bleiben, als uch noch sämtliche Akten auf den Tisch des Hauses niederzulegen, m Herrn Pauli und seine Gesinnungsgenossen zu überzeugen. Man at auch die Eingabe wegen ihrer Form gescholten, aber eine nsthafte Widerlegung der dort erhobenen Anstände ist kaum versucht orden. Zahlreiche Patentsucher behaupten, daß die Vorschriften des Hesetzes durch die Praxis des Amtes ins Gegenteil verkehrt werden. e ÄÜrbeiter sind als Patentsucher ganz besonders im Nachteil. Man empelt das Patentamt als eine melkende Kuh, als eine Einnahme— nelle des Reichs; es bringt einen Ueberschuß von über 3 Millionen. ickenigen, die aus den Patenten einen wirklichen Genuß haben, ablen dafür nur einen ganz geringen Teil. Mit der Stundung der Febühren ist es auch eine mißliche Sache. Der Armenpaß ist eine ‚shlechte Unterstützung für den Erfolg des Patentsuchers. Der größte chrindel wird mit dem Begriff der Medikamente auf, dem Gebiete er Nahrungsmittelindustrie getrieben. Wenn die Regierung speziell sesen Erscheinungen nachgehen wollte, die das arme und kranke Volk enachteiligen, so würde sie bald Material genug für eine Revision eisammen haben. .

Abg. Held (nl): Tatsächlich haben sich auf dem Gebiete der ‚lnneimittel Zustände herausgebildet, die auch mir Anlaß zu Be— enken geben und die eine Aenderung des Warenzeichengesetzes an⸗ zeeigt erscheinen lassen. Der Inhaber einer Wortmarke, die er sich hat schüßen lassen, kann den Preis ganz unabhängig von der Markt age festsetzen; hier spielen u. a. Aspirin und Ciinin eine Rolle, die chon vor Jahren hergestellt wurden und als wissenschaftliches Mittel inen annehmbaren Preis haben, dann aber unter anderen geschützten Namen zu ganz exorbitanten Preisen von den herstellenden abriken vertrieben werden. Häufig erfolgt der Betrieb gleichzeitig n beiden Formen. Die Wortmarke gilt zudem nicht allein wie das Patent für 15 Jahre, sondern für immer; die Schädigung des Publikums st also evident. Eine Menge Geheimmittel werden vertrieben als gesetzlich geschützt“; aber es ist nur die Wortmarke geschützt, nicht das Präparat, so des „Soloin“ und einige 20-0 andere Präparate. Der Redner zeigt zahlreiche Exemplare bor.) Bei anderen Mitteln, die ie Schwindsucht und anderes heilen und vertreiben sollen, hat der nternehmer sein ehrenwertes Konterfei schützen lassen. Die zahl dieser Fälle läßt sich ins unendliche permehren. Es liegt ler ein Mißstand vor, der unter allen Umständen beseitigt werden huß, denn das Publikum wird dadurch unweigerlich in den Glauben ersetzt, daß das Präparat selbst behördlich geprüft und für gut be⸗ unden worden ist, während nur das Wort oder das Bild gesckützt st. Der Deutsche Apothekeiverein hat schon häufiger, so schön 1897 eine Aenderung des Gesetzes dahin angeregt, daß für Wortzeichen zur Bezeichnung von Arzneimitteln die Eintragung versagt werden ollte; ich hoffe, daß demnächst in dieser Richtung etwas ge— sschehen wird. . . 6 .

Die Resolution Böttger und Genossen wird an— genommen, das Kapitel „Patentamt“ bewilligt. Bei den Ausgaben für das Reichsversicherungsamt bemerkt der Abg. Erzberger (Zentr.): Die vorjährigen Klagen des Abg. Erahn über die Imparität unter dem Pflegepersonal der Landes ersicherungsanstalten sind durch die uns vorgelegte Statistik durchaus kefätigt worden. Das Mißverhältnis springt in die Augen. In Hosen und Schlesien bat auch die Pastoration der katholischen Patienten zu großen Klagen Veranlassung gegeben. Es muß mehr Freiheit ür die krankenpflegenden Orden geschafft werden. Der Staats ekretär sollte denjenigen Staatsregierungen, die den Nieder lassungen krankenpflegender männlicher und weiblicher Orden Schwierig keiten machen, mit recht deutlicher Handschrift zu erkennen geben, wie wenig sie damit den tatsächlichen Verhältnissen gerecht werden. Es kommen dabei vor allem unsere barmherzigen Schwestern in Betracht. umal auf dem Lande muß mehr als bisher für die Krankenfürsorge getan werden. Die Anzeigepflicht für die Tuberkuloseerkrankungen sollte durch Reichsgesetz oder durch Verständigung unter den Bundes- taaten zu allgemeiner Durchführung gebracht werden. Im Königreich achsen ist dieser wichtige Schritt bereitz getan. s Abg. Schicker t (d. kons) bittet den Staatssekretär, die Vorschriften über die Aufbringung der Beiträge zur Seeunfallversicherung seitens der Klein⸗ und Küstenschiffer baldigst einer Revision zu unterziehen. er bisherige Veranlagungsmodus sei auf dem rohen Prinzip der Kopflsahl aufgebaut, was für den östlichen Teil, der Ostseeküste nd für die Anwohner, des Kurischen Haffes eine Ueberlastung und Benachteiligung mit sich bringe, da der ortsübliche Tage⸗ ohn der Bemessung zu Grunde liege. Der Bundesrat sollte von der ihm justehenden Befugnis auf diesem Gebiete alsbald Gebrauch machen, wobei auch die Länge der Beschäftigung mit in Berechnung zu ziehen wäre.

Graf

Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. von Posadowsky-Wehner:

Bekanntlich werden die Beiträge zur Seeunfallversicherung nach inem festen Satze von 7 M erhoben. Ich kann dem Herrn Vorredner bemerken, daß bereits dem Bundesrat ein Antrag vorliegt im Sinne der Befugnis, welche das Seeunfallversicherungsgesetz erteilt, diese Beiträge nach der Länge der Beschäftigung und der Höhe des orts— blichn Tagelohns festzusetzen. Wenn diese Verordnung vom Bundezrat genehmigt ist, wird ein zweiter Beschluß ergehen zur Durchführung des ersten Beschlusses auf Grund eingehender lokaler Erhebungen.

Abg. Schmidt Berlin (Soz.): In der Presse, die den Be⸗ russgenossenschaften dient, wird behauptet, daß sich in der Arbeiterschaft die Nentensucht zu einer fixen Idee ausgestaltet habe. Ich würde da don keine Notiz nehmen, wenn diese Meinung nicht vom Staats⸗ ckretaͤr vertreten worden wäre. Ich bedauere sehr lebhaft diese Auf⸗ Iassung des Staatssekretärs, und sch erkläre sie mir aus der einseitigen Jufotmatlon der den Berufggenoffenschaften nahestchen den interessierken reise. Der Regierung fehlt leider jede nähere Fühlung mit den Urbeitern. Der Staatssekretär follte einmal die interessterten Ar— deiter hören. Die Organe der Berufsgenossenschaften behaupten, daß erte und Gemeindebehörden einseitig zu Gunsten der Verletzten urteilen, daß die deutsche Nation immer mehr zu einer Nation von Fentenempfaͤngern werde. Das ist eine maßlose Uebertreibung. Anderseits kann man es den Arbeitern nicht verargen, wenn sie ihre derechtigten Ansprüche zur Geltung bringen. Von einer Rentensucht I kelne Rede. Einzelne Miß kommen ja vor, aber sie dürfen nicht verallgemeinert werden. Der Gutachter, auf den sich der Staats- elretär neulich bezog, ift kein fozialpolitisch fortgeschrittener, sondern

rückständiger Mann. Daß Neurasthenie oder Nervenleiden sehr oft die Folge von Unfällen sind, ist eine feststebende Tatsache. Was soll denn ein körperlich heruntergekommener, invalide gewordener Arbeiter machen? Verdienen kann er nichts, weil er keine Stellung mehr findet. Auf dem letzten Berufsgenossenschaftstagz hat ein Vertreter der preußischen Regierung den ausführenden Behörden gewissermaßen empfohlen, einer Bestimmung, die auf Antrag Stadthagen in das Gesetz gekommen ist, keine Folge zu geben. Daß die Sozialdemo⸗ kraten behördlicherseits als Leute minderen Rechts bezeichnet werden, wußten wir schon; neu war mir aber, daß auch Anträge der sozial demokratischen Partei minderwertig seien, auch wenn sie in das Gesetz gekommen sind. Die Bestimmung über das Wiederaufnahmeverfahren bei Rentenansprüchen sollte erleichtert werden. Das jetzige Verfahren ist eine Quelle von Ungerechtigkeiten gegen die verungluͤckten Arbeiter, die nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist ihre berechtigten Ansprüche nicht geltend machen können. Sehr notwendig wäre, die kleinen Handwerksmeister, die keine Gesellen beschäftigen und die viel schlechter stehen als die Berufsarbeiter, der Alters- und Invaliden versicherung zu unterstellen. Der Redner bemängelt das Wahlverfahren für die Arbeitervertreter zu den unteren Verwaltungsbehörden. In Nürnberg beständen keine Ortskrankenkassen und hätten die Arbeiter überhaupt kein Stimmrecht, in Hamburg hätten sie es deshalb nicht, weil dort nur eine kleine Ortskrankenkasse bestände, das Gros der Arbeiterschaft müsse sich mit den freien Hilfekassen behelfen, diese besäßen aber kein freies Wahlrecht, weil ihr Wirkungs—⸗— kreis über Hamburg hinausgehe und sich auch auf Altona erstrecke. Das Wahlsystem sei ungemein kompliziert und undurchsichtig. Es wäre die höchste Zeit, daß das Reichs amt des Innern und das Reiche versicherungs amt hier Wandel schaff ten. Zuletzt wünscht der Redner eine Aenderung der, bergpolizeilichen Vorschriften zur Beseitigung gewisser, erst durch die Praxis eingetretener Benachteiligungen der von Unsällen betroffenen Bergleute hinsichtlich des Rentenbezuges. Auf dem Gebiete der Sozialreform scheine jetzt ein allgemeiner Stillstand eingetreten zu sein.

Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat sich gegen eine sachverständige mediz inische Aeußerung gewendet, die ich hier bei einer früheren Rede vorgelesen habe. Ich hatte hierbei erklärt, daß es die Aeußerung eines sehr hervorragenden Nervenarztes wäre. Der Herr Vorredner erklärte, das könne kein sozialpolitisch verständiger Mann sein, sondern es müsse ein sozialpolitisch sehr rückständiger Mann sein. Ich muß dem Herrn Vorredner das wiederholt bestreiten. Kein Nervenarzt wird sich darüber auch nur im geringsten in Zweifel befinden, daß nach Unfällen neurasthenische Zustände und schwere Erschütterungen des ganzen Nervensystems eintreten können. Ich habe erst vor kurzem einen wissenschaftlichen Aufsatz gelesen, in dem ausgeführt wurde, daß Personen nach Eisenbahnunfällen, obwohl sie äußerlich gar nicht verletzt sind, einen solchen Chok des Nerven— systems bekommen können, daß sie jede Tatkraft verlieren und zu jeder ferneren Beschäftigung unfähig sind. Daß Aerzte, und ins— besondere Nervenärzte, solche Tatsachen nicht kennen oder in einer wissenschaftlichen Ausführung absichtlich außer acht lassen sollten, das, glaube ich, wird der Herr Vorredner mit mir für vollkommen aus— geschlossen halten.

Die Ausführungen, die ich vorgelesen habe, bezogen sich vielmehr auf Fälle, wo jene Voraussetzungen, die der Herr Vorredner anführte, nicht vorliegen. Daß solche Fälle der reinen Rentenhysterie vor⸗ kommen, geht auch aus einer Entscheidung des Reichsversicherungs⸗ amts hervor, die im neuesten Bericht des Reichsversicherungsamts ent— halten ist. Der Bericht liegt, glaube ich, dem hohen Hause noch nicht vor. Dort heißt es auf Seite 25: -

Der ursächliche Zusammenhang zwischen Betriebsunfall und einem Leiden ist zu verneinen, wenn jener lediglich durch die Be— mühungen um Durchsetzung des vermeintlichen, aber unberechtigten Anspruchs auf Unfallrente und die damit verbundenen seelischen Er— regungen zur Entwicklung gelangt ist, während der Unfall selbst als wesentlicher Umstand fär die Entstehung des Leidens ausscheidet.

Das sind Fälle, meine Herren, welche die sachverständig: Erklärung vorsieht, die ich hier vorgelesen habe, und auf die ich mich gestützt habe, wenn ich sagte, daß Fälle vorkommen, wo der Unfall gar keine Rolle mehr spielt, sondern wo der Rentensucher in der Verfolgung seines Rechts und durch die Art der Verfolgung seines Rechts schließ— lich in einen krankhaften und willensschwachen Zustand gerät. Daß das vorkommt, geht aus jener Entscheidung des Reichsversicherungs— amts klar hervor, und nur gegen diese Fälle habe ich mich gewendet.

Was ferner die sehr wichtige Frage der eventuellen Wieder— aufnahme des Verfahrens betrifft, so ist diese Frage be⸗ reits in der vorigen Tagung des Reichstags eingehend er— örtert worden; ich habe damals zugesagt, dieser Frage nachzugehen. Ich habe deshalb das Reichsversicherungsamt darüber gehört, und dieses erklärte:

Wollte man die Wiederaufnahme im Falle der glaubhaften Zurücknahme einer uneidlichen Zeugenaussage zulassen, so würde man wohl nicht umhin können, auch den Fall einzubeziehen, in dem eine uneidliche Aussage eines Zeugen später durch Aussagen neuer Zeugen widerlegt wird. Damit käme man auf das weite Gebiet der Wiederaufnahme auf Grund neuer Tatsachen und Beweismittel insbesondere auch Gutachten überhaupt. Die Endgültigkeit der rechtskräftigen früheren Entscheidung wärde dadurch in bedenklichem Umfange viel weiter als nach der Zivilprozeßordnung in Frage gestellt werden.

Das Reichsversicherungsamt erklärte weiter:

Wollte man übrigens in den Fällen der späteren Zurücknahme oder auch der Widerlegung einer uneidlichen Zeugenaussage die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Gunsten der Rentenberechtigten zulassen, so würde man nicht umhin können, sie gegebenenfalls auch zu Gunsten der Versicherungsträger, also zu Ungunsten der Rentenberechtigten, zuzulassen. Die Sache hat also für die Rentenberechtigten im ganzen ihre zwei Seiten, zumal da die Falle der letzteren Art vermutlich die häufigeren sein würden.

Das Reichsversicherungsamt erklärte schließlich:

Offenbare Härten, welche sich aus dem beschränkten Umfange der Wiederaufnahme des Verfahrens ergäben, würden gegenwärtig in der Art ausgeglichen, daß die Versicherungsträger ersucht würden, unter Verzicht auf die Geltendmachung der Rechtskraft sachlich erneut durch berufungsfähigen Bescheid Stellung zu dem Anspruch zu nehmen. Diesem Ersuchen sei bisher in der Regel entsprochen worden.

Und in einem Rundschreiben des Reichsversicherungsamts vom

15. November 1904 an die Vorstände der Berufsgenossenschaften wegen des Verfahrens bei Feststellung der Rentenansprüche heißt es:

Dle freiwillige Wiederaufnahme des Verfahrens hat auf dem Gebiete der Unfallversicherung eine viel größere Bedeutung als

auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts. Da die Feststellungen in Unfallversicherungssachen sich meist auf unbeeidigte Aussagen und Gutachten stützen, so ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Grund der ohnehin engbegrenzten Vorschriften der Zivilprozeß ordnung im Unfallentschädigunge verfahren noch seltener angängig. Es entspricht daher der Billigkeit, das Feststellungsverfahren jeden falls dann von neuem einzuleiten, wenn eine unbeeidigte Be⸗ kundung, die bei der früheren Entscheidung für erheblich gehalten ist, sich nachträglich als unrichtig herausstellt. Es darf erwartet werden, daß die Berufsgenossenschaften, wie bisher, auch ohne An— regung seitens des Reichsversicherungsamts von der Befugnis der freiwilligen Wiederaufnahme des Verfahrens Gebrauch machen werden.

Meine Herren, in jedem Fall, wo die Wiederaufnahme des Verfahrens nachgesucht ist, und der angeblich Rentenberechtigte sich an mich gewendet hatte, habe ich das Reichsversicherungsamt stets ver⸗ anlaßt, in dieser Weise auf die Berufsgenossenschaften einzuwirken.

Abg. Kulerski (Pole): Die Kapitalien der provinziellens Landesversicherungsanstalten sind bereits auf etwa 1 Milllarde ange— wachsen. An dieser ungebeuren Summe klebt so manche Träne armer Leute. Die Klagen, die mir in großer Menge zugegangen sind, bestätigen meine Ueberzeugung, daß Millionen vorhanden sind, die aus geringen Verstößen der Versicherten oder Versicherungspflichtigen, aus Formfehlern geflossen sind und sich allmählich zu so hohen Be— trägen kapitalisiert haben. Die Fälle sind zahlreich, wo die Bei⸗ träge gezahlt sind, aber die Versicherten nachher wegen solcher Form- fehler oder wegen zu bureaukratischer Härten in der Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen weder die Alters-, noch die Invaliden— renten erhalten. Ganz besonders haben darunter die polnischen Rentenempfänger zu leiden, die von den Behörden, namentlich den unteren, sehr schlecht behandelt werden, wovon sich auch der Staats— sekretär, wenn er einmal in unsere Gegend kommen sollte, leicht über⸗ zeugen könnte. Die Anstaltskapitalien werden bei uns unter direkter Verletzung des Grundsatzes der konfessionellen Parität fast aus— schließlich für evangelische Zwecke hergegeben; es wird damit kon— fessionelle Propaganda getrieben; der Vaterländische Frauenverein und selbst Genossenschaften und Vereine, welche die Bekämpfung des Polen— tums auf ihre Fahne geschrieben haben, erlangen Darlehne aus diesem

onds. Die katholischen Kranken werden mit Vorliebe, und, wie es scheint, systematisch vrotestantischen Anstalten überwiesen, siehe das , zu Posen, das ohne solche Zuweisung kaum bestehen önnte.

Abg. Trimborn Gentr.): Die Stellung der Beamten der Berufsgenossenschaften ist schon früher hier berührt worden. In den sämtlichen Beruftzgenossenschaften hat man im letzten Jahre Dienst— ordnungen aufgestellt. Diese sind außerordentlich verschieden aus⸗ gefallen; desgleichen die Anstellungsbedingungen. Das Reichs⸗ versicherungsamt sollte doch auf möglichste Gleichmäßigkeit dieser Be— stimmungen hinwirken. Einzelne Berufsgenossenschaften geben ihren Beamten ein Recht auf Pensionen, andere statuieren nur einen fakultativen Anspruch; das ist eine sehr mißliche Sache. Manche Beamten besitzen aber sogar nach langen Jahren tadelloser Führung kein Pensionsrecht. Das Reichs vẽeisicherungsamt sollte hier gelegentlich der Revision der Berufsgenossenschaften eingreifen, um solche ganz er— heblichen Unterschiede auszugleichen. An irgend einer deutschen Uni— versität oder an einem deutschen Polytechnikum sollte ein Lehrstuhl für Gewerbehygiene errichtet werden.

Abg. Körsten (Soz.); Die Praktiken der Berufsgenossen⸗ schaften gegenüber den verunglückten Arbeitern bis zur Anweifung der Rente sind geeignet, die Unzufriedenheit und den Unwillen in der Ar⸗— beiterschaft ganz erheblich zu steigern. Nicht nur, daß man die Opfer der Unfälle unnütz peinigt dadurch, daß man ihnen die Rente nicht gibt, daß man sie über ihre Zukunft im Zweifel läßt, zieht man auch oft die Zahlung monatelang nach der 14. Woche hin. Manche Genossenschaften geben ja Vorschüsse, aber nur 20, 30 S; damit soll sich die Familie einrichten und sich oft monatelang durchhelfen. Da spielen sich oft in den Bureaus der Berufsgenossen⸗ schaften herzjerreißende Szenen ab und wiederholen sich oft auf unserem Gewerkschaftsbureau. Manche Berufsgenossenschaften geben aber auch nicht einmal einen solchen geringen Vorschuß, sondern verweisen den Verunglückten und seine Familie an die Armendirektion. Und auch von dieser ist nicht immer leicht etwas zu erlangen; anderseits zahlen manche Berufsgenossen. schaften die Rente, wenn sie endlich zur Anweisung gelangt ist, nicht an den Verunglückten, sondern an die Armendirektion, um deren Leistung zunächst zu decken. Sehr böse liegen auch die Verhältnisse, wenn bei einem Unfallverletzten eine Verschlimmerung eintritt. Aerzte und Krankenhäuser geben keine Atteste an die Verletzten; in Berlin tut dies keine einzige Anstalt. Wie soll nun der Verletzte die Ver— schlimmerung nachweisen? Diese Uebelstände sind dazu angetan, die Arbeiterschaft aufzubringen.

Das Kapitel wird bewilligt, ebenso die Ausgaben für die Physikalisch-technische Reichsanstalt.

Beim Kapitel „Kanalamt“ kommt der

Abg. Hoeck (fr. Vgg.) auf die Wünsche bezüglich der Ver- mehrung der Verkehrsgelegenheiten über den Kanal zurück. Für eine bestimmte Gemeinde, die durch die Kanalanlage eine alte stark frequentierte Verkehrsstraße verloren habe, befürwortet er die Ein— richtung einer Stand oder Schwebefähre und einer Brücke. Ferner wünscht er Vermehrung der Ladeplätze. Weitere Ausführungen des Redners werden im einzelnen auf der Tribüne nicht verständlich; er scheint Beschwerden über Beamte des Kanalamtes vorzubringen.

Abg. Dr. Leonhardt (fr. Volksp.) tritt für die Aufbesserung der Verhältnisse der Lotsen ein. Das Gehalt von 1500 4 entspreche keines⸗ wegs den Anforderungen, die an diese Beamten gestellt würden, und der aufreibenden Anstrengung des Dienstes, in dem es Feiertage überhaupt nicht gebe. Von vier Todesfällen seien drei im Dienste einge⸗ treten, diese drei Personen seien inmitten ihrer Tätigkeit von einem Herz. schlage dahingerafft worden. Die Kanalverwaltung müsse auch ihren Beamten das nötige Wohlwollen entgegenbringen. Es sei zu rigoros, wenn das Kanalamt verlange, daß der Lotse dem Kapitän, der ihn an Bord genommen habe, das Frühstück, Mittag oder Abend essen mit 15 40 bezahlen solle; ein Kapitän habe er— klärt, er würde dem Lotsen, der dies tun würde, das Geld an den Kopf werfen. Von Bestechung könne man in diesen Fällen doch nicht reden; was solle dann wohl von den Landbriefträgern gelten? Die Denkschrift über die Arbeiterverhältnisse am Kanal sei nicht aus- führlich genug. Die Krankenversicherung der Arbeiter sei mangelhaft, da die infolge des Streiks mit den Aerzten aufgehobene Familien- veisicherung noch immer nicht wieder eingeführt sei. Den Wunsch des Vorredners auf Verbesserung der Verkehrswege kann ich nur unterstützen.

Das Kapitel wird bewilligt.

Bei den Ausgaben für das Aufsichtsamt für Privat— versicherungen bemerkt der . ;

Abg. Erzberger (Zentr.): Die Geschäftsfübrung dieses Amtes verdient alle Anerkennung, um so mehr, als es in der letzten Zeit sehr heftig angegriffen worden ist. Es wurde ihm zuerst vorgeworfen, daß es die kleinen Kassen zu Gunsten der großen bevorzuge, dann wurde der umgekehrte Vorwurf erhoben. Ich finde, daß das Amt den kleinen und großen Versicherungen durchaus objektiv gegenübersteht. Ich nch nun, daß der Versicherungebeirat zweckmäßiger zusammengesetzt werde als bisher. In diesem Versicherungsbeirat sitzen drei national. liberale Abgeordnete. Dagegen habe ich nichts, aber ich wünsche, daß mehr Vertreter der Landwirtschaft und der Arbeiter darin vertreten sind. Schließlich möchte ich * Erwägung stellen, ob nicht in Berlin ein imd i Taxbureau zur Regelung des Hypothekenwesens errichtet

werden könnte.

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