1905 / 123 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 May 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Um die Mitte des Monats Mai war der Stand der Saaten: Nr. J sehr gut, Nr. 2 gut, . 3 mittel (durchschnittlich, Nr. 4 gering,

Staaten 5 sehr gering.

Nachrichten über den Saatenstand um die Mitte des Monats Mai 1905. Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt.

Wegen Auswinterung ꝛe. epflügte Fläche in aufläche der betreffenden Frucht.

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im Mai 15893 1864

Von Mitte bis Ende April blieb dat Wetter noch kalt und naß. Mit An— fang Mai trat an Stelle der Nässe an— haltende Trockenheit mit scharfen, messt östlichen Winden, während die Temperatur, von einzelnen warmen Tagen abgesehen, auch weiterhin kühl blieb. Defters traten Nachtfröste ein. Nur in der zweiten Maj⸗ woche fielen in manchen Gegenden stärkere Niederschläge, die stellenweise durch wolken⸗ bruchartigen Regen oder Hagelschlag an Feldern und Fruͤchten nicht unerheblichen Schaden anrichteten. Durch das naß kalte Wetter im April wurde die Frühjahrt— bestellung sehr verzögert, und die kühle Maiwitterung wirkte stark hemmend auf das Wacht tum der Saaten und Futter⸗ er. Doch weisen alle Berichts⸗ rüchte, mit einziger Ausnahme des Klees, für das Reich gegenüber dem zwölfjährigen Durchschnitt eine günstigere Mai⸗Saaten⸗ standsnote auf.

Von tierischen und pflanzlichen Schäd— lingen werden in den diesmaligen Be— richten besonders Engerlinge, Drahtwürmer, Maden, ,, und anderes Unkraut erwähnt, während die Mäuse bis auf unwesentliche Reste verschwunden zu sein scheinen.

Die wegen Auswinterung usw. vorge⸗ nommenen Umpflügungen halten sich meist in verhältnismäßig engen Grenzen und treten nur bei englischen Weizensorten so— wie besonders beim Klee stärker hervor. Die umgepflügten Flächen machen bel W. Weizen 2,3 o // o, bei Wa⸗Spelz O, 1L0ss, bei W.⸗Roggen O. o o, bei Klee 5, e und bei Luzerne 1520/0 der gesamten An— baufläche aus. In einzelnen Gebietsteilen waren die Umpflagungen aber sehr beträcht⸗ lich, so für Winterweizen in Westpreußen, für Klee in den Kreishauptmannschaften Bautzen, Dresden, Leipzig, in den Reg Bez. Breslau und Liegnitz und im Herzog⸗ tum Sachsen. Coburg⸗Gotha.

Winterung.

Wetzen und Spelz haben unter der ungünstigen Frühjahrswitterung verhãlt⸗ nismäßig wenig . und konnten ihren vormonatlichen Stand meist behaupten, zum Teil auch etwas verbessern. Dagegen find die Roggensaaten vielfach im Wacht tum zurückgéhalten worden und haben sich stellenweise dünn gestellt. Durchgehend guten Stand zeigt die Winterung in Süd- deutschland. Im Reichsdurchschnitt hat Winterweizen seinen vormonatlichen Stand (24) behauptet, Winterspel; stellt sich auf 25 gegen 2,1 im April, während Winter⸗ roggen von 2,4 auf 2,6 zurückgegangen ist.

Som merung,. ;

Die Sommersaaten sind infolge später Bestellung erst zum Teil aufgelaufen und meist noch wenig entwickelt. Immerhin findet ihr augenblicklicher Stand größten⸗ teils eine an . Beurteilung. Auf zeitig und naß bestellten Feldern macht sich nicht selten starke Verunkrautung bemerkbar. Im Reichsdurchschnitt werden S.⸗Weizen und Hafer mit 24, S.-⸗Roggen und ⸗Gerste mit 2,3 beurteilt.

Kartoffeln.

Die Kartoffeln waren zur Zeit der Be richlerstattung zum größten Tell noch nicht aufgegangen, vielfach auch noch nicht voll⸗ ständig ausgelegt. Die Errechnung einer Reichs note mußte unterbleiben, da nur aus drei Bundesstaaten Noten n, . und diefe, wie aus den begleitenden Berichten hervorgeht, auch nur für kleine Bruchteile der betreffenden Anbauflächen gelten.

Klee und Luzerne.

Abgesehen von einigen süddeutschen Staaken, in denen der Stand der Futter kräuker fast durchgehend ein guter ist, baben Klee und Luzerne nur geringe oder keine Fortschritte gemacht. Nachtfroste, kühle Witterung, e Ostwinde und Trockenheit ließen kein freudiges Wachstum aufkommen, zumal beim Klee, der immer noch an den Folgen der vorjährigen Dürre krankt. Im Reichsdurchschnitt stellt sich die Note für Klee auf 253 gegen 2,9 im April, während die der Luzerne (2,4) un verändert geblieben ist.

Wiesen.

Der Stand der Wiesen hat sich tro der unfreundlichen Witterung im al gemeinen etwas gebessert, wenn auch der Grazwuchs vielfach noch sehr zu wünschen übrig läßt. Die Reichsnote der Be⸗ wässerungswiesen ist von 2.2 im April auf 21. die der anderen Wiesen von 27 auf 25 gestiegen. ö

In der nebenstehenden Tabelle bedeutgt ein Strich (), daß die betreffende Frugt gar nicht oder nur wenig angebaut ih, ein Punft .), daß Angaben fehlen oder nicht vollständig gemacht sind.

Vie Saatenstandsnoten sind bei jeder

flach? und des Ertrags berechnet worden.

Berlin, den 24. Mai 1905.

Fruchtars unter Berücksichtigung der Anbau⸗

Deutscher Reichstag. 191. Sitzung vom 24. Mai 1905, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Zur Beratung steht der Antrag der Abgg. von Treuen⸗ fels (d. kons) und Genossen, betreffens Abänderung des 8 833 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Tierschaden).

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.

Abg. Mol kenbuhr (Soz), fortfahrend: Der Antrag hat die Tendenz, daß diejenigen, die den größten körperlichen und feelischen Schaden haben, auch den materlellen Schaden haben sollen. Der Verlust gesunder Glieder kann ja eigentlich durch Geld nicht einmal ersetzt werden. Die Entschädigung schützt nur vor dem Verhungern. Das wollen Sie nun auch nicht. Es ist charakteristisch, daß ein solcher Antrag gerade von der Rechten gestellt wird, die den Kleinen Hülfe bringen will. Tatsächlich wird aber durch diesen Antrag nur, die Lage der großen Grundbesitzer erleichtert. Cine tatistik würde ergeben, daß die Mehrzahl der Unglücksfälle auf dem Lande vorkommen. Durch eine Ver⸗ sicherung gegen Haftpflichtschäden würden die 3 Millionen Tierhalter sich auch vor Schaden schützen können. Oder will man etwa, daß 60 Millionen sich gegen Unfall versichern müssen? Die Kosten der Versicherung würden für die Tierhalter gar nicht ins Gewicht fallen. Die ö haben durch die Verteuerung des Futters und durch die Zölle einem Fuhrmann, der zwei Pferde hat, die Ernährung dieser Pferde um 120 6 verteuert, und demgegenüber halten Sie es nicht är möglich, daß dieser Tierhalter seine beiden Pferde für 6 Æ versichert? Der Antrag ist antisozial, und er bleibt zurück hinter dem Code civil, also vor dem Zustand vor 100 Jahren. Hier ist man so rasch mit der Aenderung der bestehenden Gesetzgebung bei der Hand. In mancher anderen Beziehung liegen die Dinge viel schlimmer, ohne daß Sie sich im geringsten darüber aufregen. So hat das Reichsgericht dem Erpresserparagraphen eine Auslegung ge⸗ geben, die durchaus nicht, zu halten ist; da aber rührt sich keine Hand. Es sind vom Reichtgericht Leute zu Erpressern gestempelt worden, die nichts weiter getan haben, als ihr Koalitionsrecht bei Streiks konsequent wahrzunehmen. Hier aber wird die Klinke der Gesetzgebung ergriffen, um eine Berxzicherung der Besitzenden auf Kosten der Krüppel, der Witwen und Waisen durchzusetzen.

Abg, von Treuen sfels (d. kons.): Die Hoffnung, die man auf die Gerichte bejüglich der Handhabung des § 835 B. G. B. gesetzt hat, sind trũgerisch ewesen; die Auslegung des Begriffes Tierhalter hat zu Härten geführt, die tatsächlich dem Rechtsgefühl des Volkes ganz unbegreiflich sind. Der Vorredner stellt es so hin, als ob die Tier halter stets die reichen, die Geschädigten die armen Leute sind. Das liegt sebr häufig gerade umgekehrt; der Tierhalter ist häufig ein kleiner Mann, der durch die Haftung völlig ruiniert werden kann. In der Landwirtschaft Norddeutschlands ist jeder Tagelöhner, der Bauer, der kleine Kossät, der kleine Händler Hundehalter; alle diese Leute schwimmen doch sicherlich nicht im Ueberfluß. Die Billigkeit der Versicherung wird bald der Vergangenheit angehören; mehrere Versicherungegesellschaften 661 mit der Erhöhung der Prämien um. Fur Verschulden soll der Tierhalter ja nach wie vor haftbar bleiben, auch hat er die Beweislast. Ein Dorfschullehrer ist zu Sog * . verurteilt worden, weil seine Bienen trotz aller seiner Vorsichtsmaßregeln ein Gespann Pferde zu Tode gestochen hatten; wie soll diefer Lehrer dem gerecht werden? Und wie hoch möchte sich die Versicherung stellen, wenn die Tierhalter sich gegen alle solche Gventualitãten versichern wollen! Ich danke dem Staatssekretär für sein Entgegenkommen und bedaure nur, daß die Angelegenheit nicht in Form eines i e n,. an uns zurückgelangt ist. Ich behalte mir vor, ihn bei paffender Gelegenheit wieder einzubringen.

Abg. Barg mann (fr. Volksp.): Wir können uns nicht für den

Antrag oder die Resolution aussprechen. Wir verkennen die Härten nicht, die der 8 8533 für den Tierhalter im Gefolge haben kann; aber wir bezweifeln, ob bereits genügendes Material zur Beurteilung der Frage vorhanden ist. Ein Antrag, dieses Material zu beschaffen, ist leider in der Kommission abgelehnt worden. Die strenge Haftung des § 833 ist ja durch die gegner bis zu einem gewissen Grade verschärft worden, aber nach Lage der Sache können wir dem Kommifsionzantrag nicht zustimmen; für die Aufforderung an die ver— bündeten Regierungen, eingehende Erhebungen zu veranstalten, würden wir dagegen zu haben sein. Die gesetzliche strenge Haftung ist aber nicht etwa analog oder in der Uebereilung 1896 beschlossen worden, sondern nach sehr gründlicher Erwägung; man wollte, um dem Ge—⸗ schädigten ju seinem Rechte zu rl fen nicht nur den direkt Schuldigen, sondern eventuell auch den Tierhalter haftbar machen, um gleichseitig eine schärfere Beaufsichtigung der Tiere zu erzwingen, Demgegenüber ist es doch auffallend, daß man schon fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an diesem einen Punkte ändern will; dann sollte man do gerechterweise auch die zanje Wildschadenfrage wieder aufrollen. Gegen die Schärfe der strengen Haftung kann sich der Tierhalter versichern; gerade auf diese Einrichtung hätten die Antragsteller hinweisen sollen. Eine Milderung ,, Haftung liegt auch im 5 2654 des Bürgerlichen Gesetz, uchs. Mg 1 (nl,): Nicht unter den Bauern und Tierhaltern, sondern böchstens unter den Juristen mögen Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit dieser Aenderung bestehen. Die hervor⸗ getretenen großen Härten lassen ein eg fer Einschreiten durchaus angejcigt erscheinen. Vor einiger Zeit hat ein böser Stier eine Dame verletzt, die mit, einem roten Sonnenschirm in die Um- friedigung, in der sich ein Stier befand, hineinstieg, um Champignons zu suchen; trotzdem soll der , . nun bestraft werden Das Beispiel don den Witwen und Waisen ist nicht so zutreffend. Die große Land,; wirtschaft ist meistens in der Haftpflichtversicherung; die unendlich dielen kleinen Leute auf den abzelegenen Dörfern, die Tiere im Interesse ihres Berufes halten, müssen geschützt werden. Diesen ist das Bürgerliche Gesetzbuch, das sie angeblich zur Vorsicht erziehen soll, ein Buch mil sieben Siegeln. Die Zölle sind auch nicht ein geführt, um die Leute zu belästigen; auch werden sie in der Haupt⸗ sache doch vom Auslande getragen. .

Abg. Roeren (Zentr.): Da es sich nur um eine Resolution handelt, kann ich auf die materlelle Erörterung verzichten. Nur die Ausführungen des Abg. Molkenbuhr nötigen mich ju einer Er⸗ widerung. Um eine Ausnahmebestimmung fuͤr den Tierhalter handelt es sich bei dem Antrag von Treuenfels nicht, sondern bei dem F 833. Das Bürgerliche Gesetzbuch läßt sonst nur den haften, den irgend eine Schuld trifft; bier weicht es dawon ab. Wenn wir für die Ab- änderung eintreten, fo streben wir lediglich an, auch den § 833 den übrigen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs konform zu gef stalten und die Schuldtheorie durchweg zur Geltung zu bringen. Will man den Verursacher des Schadens treffen, so müßte das ebenfalls auch allgemein geschehen und nicht auf den 8 833 beschränkt bleiben.

Abg. Vogt. Hall (wirtsch Vgg.): Die Stellungnahme der Sozialdemokraten zu der Sache liefert wertvolles Material für die spaͤtere Agitation gegen diese Partei, Ver Tierhal terparagraph hat in die Bevölkerung, namentlich in die sübdeutsche Landwirtschaft, die größte Beunruhigung bineingetragen ; jeder Tierhalter läuft fort · während Gefahr, seine Cxisten; einzubüßen. Ein Geschäftsmann bat seine Pferde abgeschafft und sich ein Automobil gekauft; um der Haftung zu entgehen; er nimmt die schweren alljährlichen Reparatur. osten Hieber in den Kauf, als daß er die Pferde beibehielte. Was soll aber der kleine Mann machen, der nicht so viel Geld hat, sich ein Automobit anzuschaffen? Allein im Deutschen Reiche ist man durch die vielen Versicherungsbeiträge schon ohnehin ganz beispiellos belastet; für alle diese Volkswohlfahrts. und Beglückungsversuche müssen wir das Versuchskarnickel abgeben. Geht es so weiter, dann wird schließlich noch jeder, der über die Straße geht, einen Schutzengel oder Schutzmann mitbekommen müssen. Ich hätte es lieber gesehen, wenn der Antrag ven Treuenfels ohne die einschränkenden Zusätze angenommen worden wäre.

befindet.

Inzwischen ist eine von dem Abg. Dr. Müller⸗ Meiningen (fr. Volksp.) beantragte Resolution ein— gegangen, die den Reichskanzler ersucht, eingehende Erhebungen äber die Wirkung des 3 833 anzustellen und eventuell bei einer . des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Aenderung vor— zuschlagen. . . .

Der Antrag findet genau die erforderliche Unterstüßung . 4 Mitgliedern auf der Linken und wird mit zur Debatte gestellt.

Abg. Schmidt ⸗Warburg Gentr.): Mit diesem Antrage würde die Sache ad calendas Graecas verschoben. Es heißt aber auch hier: bis dat, qui cito dat. Nicht die Großgrundbesitzer, sondern

erade die kleinen Leute sind hier die Geschädigten, der Droschken⸗ utscher, der kleine Hausterer, der kleine Gewerbetreibende. Das sollten die Herren drüben aber auch berücksichtigen. Diese kleinen Leute werden durch folche Ansprüche unter Umständen zu Bettlern gemacht. Der kleine Mann it immer sorgloser und denkt oft nicht daran, sich ju versichern. Es handelt sich gegenwärtig um ein Aus— nahmegefetz zu Ungunsten des Tierhalters. Das wollen wir ändern. Nan erhofft ein Aenderung der Judikatur des Reichsgerichts.

Dieses hat aber ganz richtig erkannt, und es ist nicht ju er— warten, daß es seine Ansicht ändert. Ich kann das Reichsjustijamt nur bitten, das gewänschte Gesetz recht bald vorzulegen.

Abg. Motkenbu br; Daß ein Krüppel zum Hunger: tode verdammt wird, scheint Sie wenig ju rühren. Es scheint Ihnen des Schweißes der Edlen wert, dafür zu sorgen, daß dem Krüppel nichts gezahlt wird. Statt den 8 833 zu ändern, wäre zu erwägen, ob nicht sein gesunder Grundgedanke auch auf andere Fälle ausgedehnt werden könnte. Man hat bis her nicht gehört, daß die Eisenbahn von der Haftpflicht befreit werden solle, wie es die Tierhalter wollen. Herr von Treuenfels gab zu, 3. das Futter durch den Zolltarif verteuert wurde, aber das komme dur das Halten der Tiere wieder heraus. Er scheint anzunehmen, daß das zu den Unkosten des Tierhaltens gehört. Die Versicherungs⸗ summe gehört aber auch zu diesen Unkosten, Ein wunderbares Bei⸗ spiel haf Herr Vogt angeführt: ein Geschäftsmann ersetzte sein Fuhr, werk durch ein Automobil. Das muß ein schnurriger Kauz sein, daß er sich so vor dem Haftschaden schützt. Alle diese Leute baben die größte Angst vor dem Zahlen. Die Krüppel, Witwen und Waisen sollen leer ausgehen.

Abg. Böckker (Reformp.): Wir sehen nicht ein, warum wir die Sache auf die lange Bank jiehen sollen. Ermittlungen sind über—⸗ flüssig; es müßte sebr bald. ein Gesetzentwurf eingebracht werden. Der kleine Mann wird eg lieber darauf ankommen lassen, ob etwas passiert. Der Begriff „Haustier“ ist wohl feststehend, und wenn nicht, so werden die kiugen Juristen schon eine Definition finden. Was Herr Molkenhuhr über die Krüppel und kleinen Besitzer gesagt hat, ist eine gehässige Verdrehung. Es sind vielfach gerade die kleinen Leute, die durch die . § 833 geschädigt werden. Die Rechtsprechung muß in andere Bahnen geleitet werden. Ich bitte Sie, die Resolution anzunehmen.

Abg. Dr. Mül ler Meiningen (fr. Volksp.: Ich gebe ohne weiteres zu, daß sich schwere Härten ergeben haben, diefe sind aber mehr durch die Rechtsprechung als durch das Gesetz selbst verursacht, und sind Sie (nach rechts) nicht gerade diejenigen, die stets sagen, daß wegen einer mangelhaften Rechtsprechung nicht ohne weiteres ein Gesetzes⸗ paragraph abgeändert werden darf? Erst bei Abänderung der Militär gerichtsordnung haben Sie diese fle ng vertreten. Das Reichs. gericht hat sich bereits auf einen dem Tierhalter günstigeren Stand- punkt gestellt. Warten wir doch die Wickung dieser Entscheidungen erst ab. Die Herren scheinen zu glauben, daß wir mit unserem Antrag die Sache auf den St. Nimmerleinstag verschieben wollen. Das wollen wir nicht, wir wünschen Erhebungen nach der Richtung, daß wir einen Ueberblick über die ganze Materie bekommen. Wenn wir eine Aenderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, dieses greßen Werkes, in diesem Punkte vornehmen, so müssen wir zu gleicher Zeit daran denken, es auch in anderer Richtung abzuändern. Sie werden mir, doch zugestehen, daß dies auch nach Ihren Anschauungen wenigstens ebenso notwendig ist wie die Abänderung Dieses Paragraphen. Ich erinnere nur an die Haftung bezüglich der Automobile, an die Bestrebungen bezüglich der Grundstücksübertragungen, und ich möchte keinen Zweifel lassen, daß nach unserer Ueberzeugung die Annahme der Resolution und die sofortige Einbringung eines Ge⸗ setzentwurfs seitens der deutschen Reichsreglerung einen wahren Wett—⸗ lauf um Abänderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs hervorrufen würde. Es steht zu befürchten, daß wir ein derartig unübersichtliches Bürgerliches Gesetzbuch bekamen, wie wir eine unübersichtliche Reichs⸗ gewerbeordnung haben. Durch unsere Resolution wollen wir nichts, als was die Regierung auch will und was der Staatssekretär vorhin auggesprochen hat. Bezüglich des Verletzten kann ich dem Abg. Molken. buhr nur zustimmen. Ich bitte Sie, nehmen Sie unseren Antrag an. Abg. von Treuenfels: Daß die bäuerliche Bevölkerung sich unter der Herrschaft des bestehenden Paragraphen wohl gefühlt habe, kann ich nicht zugeben. Der Unwille der Bauern ist klar genug her⸗ vorgetrelen. Es handelt sich hier darum, einen Stand, der für die Allgemeinheit von der größten Bedeutung ist, von einer drohenden Gefahr zu befreien, und da ist denn das Commodum doch wohl auf seiten⸗ der Allgemeinheit. Die Gerichte befanden sich in einer Zwangslage, und sie mußten so urteilen, wie es geschehen ist, trotz inneren Widerstrebens. Ich möchte mich der Bitte des Abg. Schmidt. Warburg anschließen, daß uns das Reichsjustizamt im Inter— efse der kleinen Cxistenjen recht bald, eine Gesetzesdorlage machen möge. Bis zur Revision des Bürgerlichen Gesetzbuchsz können wir nicht warten; die werden vielleicht nicht einmal unsere Enkel erleben.

Damit schließt die Diskussion.

Persönlich wendet sich Abg. Schmidt⸗Warburg gegen eine , . des Abg. Molkenbuhr, der ihm untergelegt habe, daß er, der Redner, in der Kommission bejweifelt habe, ob der Luxushund des Studenten ein Haustier sei. Einen solchen Unsinn habe er nicht ge— sagt, sondern er habe den Luxusbund des Studenten unter den § 833 gestellt. Der Luxushund des Studenten gehöre nicht jur Ausübung seines Berufs.

Der Antrag Dr. Müller-Meiningen wird gegen die Stimmen der Linken und der Polen abgelehnt, die von der Kommission vorgeschlagene Resolution gegen dieselbe Minderheit angenommen.

Es folgt die dritte Lesung, des Gesetzentwurfs, be— treffend Aenderungen der Zivilprozeßordnung.

In der Generaldiskussion bemerkt der

Äbg. Him burg (d. kons.): Wir sind davon ausgegangen, daß das Reichsgericht fich in einer unerträglichen Notlage befindet, daß es so nicht weiter gehen kann, und daß Abhilfe geschafft werden muß. Man bat nun vorgeschlagen, im Wege der Verwaltung diese Abhilfe fu schaffen durch eine Vermehrung der Senate des Reichsgerichts oder durch Vermehrung der Richter. Diesen Weg haben einige meiner Freunde für den besten gehalten. Sie haben sich aber schließlich doch der Autoritat der Sachverständigen gefügt, denn die Mitglieder und die Anwalte des Reichsgerichts haben sich fast, ein. stimmig gegen diesen Vorschlag ausgesprochen. Was die Vorlage selbst betrifft, s gefällt sie uns gar nicht, und die Kommissionsbeschlüsse gefallen uns auch nicht so sehr. Die sozialdemokratischen Bedenken gegen die Erhöhung der Revistonssumme waren allerdings stark übertrieben. Im Lande ist vielfach die Anschauung verbreitet, daß, wer einen Prozeß führt, ihn unter allen Umständen gewinnen will, er will recht kriegen, ob er recht hat, ist ihm gleichgültig. Im Publikum ist das Interesse an dieser Frage durchaus nicht so groß, wie man glaubt. Im großen und ganzen ist es ihm ziemlich gleichgültig, ob die Revisionssumme erhöht wird. Die Erregung darüber ist künstlich hineingetragen worden. Die Beschlüsse zweiter Lesung sind durchaus nicht fo sehr nach unserem Geschmack. Wir wollen aber mithelfen an der Beseitigung des Notflandes, in dem sich das Reichegericht Nur die Kommsssionsbeschlüsse haben Aussicht auf An—

nahme, wir werden also dafür stimmen, aber nicht etwa in einer n, ,, sondern in dem Gefübl: es hilft nichts, wir müssen in den sauren Apfel beißen.

Abg. Stadthagen (Soz.): Dem Gedankengang, 4 jemand für das Gesetz stimmen muß, obwohl es nicht nach seinem eschmack ausgefallen ist, nur weil er damit das Reichsgericht entlasten zu 6 glaubt, können wir nicht folgen. Welche schweren Bedenken wir gegen die hier beabsichtigten Einschränkungen der Rechtspflege, gegen diese Verkürzung der Rechte für den Bauer, den kleinen Mann und den Mittelstand haben, ist bier schon ausführlich erörtert worden; wir haben insbesondere auch auf die Eischeinungen in der preußischen Rechtspflege, auf die Eingriffe des preußischen Justijministers in die Tätigkeit der Gerichte hingewiesen. Namentlich auf dem Gebiete des Genossenschaftswesens sind diese Eingriffe in einer Weise erfolgt, daß man den Bauern und den kleinen Leuten nur raten kann, welt davon zu bleiben. Diese Eingriffe, die sich bis zur Maß— regelung eines Senatspräsidenten am Kammergericht verstiegen, . früher auch von den Organen bürgerlicher Parteien scharf mißbilligt worden. Als am 18. März d. J. der Herr Justizminister Schönstedt das Urteil des Kammergerichts zu Unrecht kritisiert hatte, indem er ihm vorwarf, das Gesellschafts, mit dem Genossenschaftegesetz ver wechselt zu haben, hat selbst die ‚„Kölnische Zeitung“ gemeint, man glaube kaum seinen Augen, wenn man lese, daß eine solche Ver⸗ wechslung nicht etwa einem hinterpommerschen Amtsgericht, sondern dem berühmten preußischen Kammergericht passiert sein solle. Diese Aeußerung beruhte natürlich auf der Annahme, daß die Behaupkung wahr war. Sie war unwahr, wie ich nachgewiesen habe; aber nicht die geringste Richtigstellung ist erfolgt. Die beabsichtigte Einwirkung und Beeinflufsung des Kammergerichts aber hat ihre Früchte getragen; nach dieser Rede haben jwei Senate des Kammergerichts flugs so entschieden, wie der konservative Groß=

rundbesitzer gegenüber dem kleinen Bauern es wünschte; Herr Ring

. also über die preußische Justiz gesiegt. Wie kann nun Herr Spahn behaupten, die Einheit der Rechtsprechung werde ge, wahrt bleiben, wenn man die Kommissionsbeschlüsse annehme? Der ganze Entwurf zeigt, die Tendenz, daß noch schlimmer als bisher die Arbeit des Mittelstandes, des Bauern, des Arbeiters in der Stadt und auf dem Lande mißachtet, noch mehr als bisher die Rechte des Besitzes ,., werden sollen. So etwas können wir nicht mitmachen. Natürlich verlangen die Besitzer der großen Reichtümer mehr Schutz für ihren Besitz, als sie dem Besitz der Kleinen Schutz gewähren wollen. Es ist das lediglich eine Kon⸗ sequenz des kavpitalistischen Systems; wir verstehen es, wenn eine solche Gesellschaftsordnung sich auch äußerlich durch diese Verminderung des Rechtsschutzes der Armen und Bestßlosen dokumentieren soll. Wir konnen Sie nur bitten, noch im letzten Augenblick einer solchen völligen Unterdrückung der Ausgebeuteten und Besitzlosen, einer solchen Depravierung der deutschen Richter Ihre Zustimmung zu ver sagen!

Abg. Blumenthal (d. Volksp): Die Frage der Erhöhung der Revisionssumme hängt meiner Meinung, nach nicht unmittelbar mit der Frage zusammen, ob die Revision eingeführt ist zum Schutze der Rechts- mtereffen oder zum Schutz der Erhaltung der Rechtscinheit. Die Vorlage und ihre Begründung führen den Nachweis, daß durch diese Erhöhung eine beträchtliche Entlastung des Reichsgerichts herbei⸗ geführt werden muß. Daraus ergibt sich für uns der umgekehrte Schluß, daß diese Prozesse, die dem Reichsgericht genommen werden sollen, ihm nicht entzogen werden follten, daß also eine solche Maß= nahme unfozial wäre. Eine Kompensation fur diese Entziehung wird dem kleinen Mann, dem Mittelstande nicht geboten. Von allen Vor⸗ teilen bleibt nur die Entlastung des Reichsgerichts übrig, aber diese Entlastung hätte auch auf anderem Wege eilangt werden können. Man hätte das Richterpersonal entsprechend vermehren müssen; die Kosten⸗ frage wird doch bei einer so wichtigen Sache keine Rolle spielen. Von der Erhöhung der Revisionssumme erwartet Herr Bachem eine Ver, besserung der Qualität der reichsgerichtlichen Urteil, und wies dabei besonders auf den französischen Kassationshof hin. Daß der Unterschied jwischen den beiderseitigen Urteilen auf eine Ueberlastung des Reichs⸗ gerichtz zurückzuführen sei, ist doch aber ein sehr optimistischer Standpunkt; der Grund liegt in der nationalen Veranlagung der Franzosen, die diese Gewandtheit von den Römern überkommen haben, während wir leider solche Erbschaft nicht gemacht haben. Daß dieser Unterschied durch die Erhöhung ausgeglichen würde, schelnt mir doch eine sebr wunderliche Annahme zu sein. Es wäre doch sehr voreilig, zu schließen, daß das Reichsgericht, wenn es nicht entlastet würde, nur noch sehr schlechte Urteile fällen würde. Wer sich nicht früher schon einige redaktionelle Gewandtheiten an⸗ eignete, für den ist es zu spät, sich in diesem Punkte weiter aus— jubilden, wenn er ans Reichsgericht gekommen ist; eine solche Kunst läßt sich berhaupt nicht ohne weiteres anlernen. Deutschland hat eine große Menge in dieser Richtung hervorragender Kräfte, und es würde far wohl möglich sein, die Zabl der Richter am Reichsgericht zu ver⸗ doppeln, ohne daß Mangel an solchen Persönlichkeiten an anderer Stelle eintreten würde, und ohne daß man, wie Herr Bruhn befürchtete, eine semitische Anleihe nötig hätte. Unter den juhl— reichen Anwalten und Richtern des Deuischen Reichs werden nicht viele sein, die sich eines Augurenlächelns erwehren könnten, wenn fie die Ausführungen des Staatssekretaͤrs über die Revisibilität der 1. in Erwiderung auf die Bemerkung des Herrn Bruhn lesen.

s macht eben einen Unterschied, ob eine Sache revisibel ist oder nicht; der Richter ist mit allen Qualitäten, aber auch mit allen Schwächen des Menschen ausgestattet, und auch der Richter hat, be⸗ sonders wenn er überlastet ist, das Recht, sich zu sagen: Ueberflüũssiges werde ich mir nicht aufladen, ich werde also eine nicht revisible Sache nur fo motivieren, wie und soweit es mir paßt. Das Reichsgericht hätte etwaz für seine Entlastung sorgen können; es ist in der letzten Zeit bis an die Grenze, ja selbst über die Grenze der rechtlichen Nachprüfung gegangen und hat sich auf das Gebiet des Tatsächlichen begeben. Und wenn noch so viele Revisionen ver⸗ worfen werden, jeder Prozeß hat etwas Lotteriehaftes, und deshalb werden immer sehr biele gern in die Revision gehen. Der Abg. Bachem hat hervorgehoben, daß von denjenigen Sachen, die das . kassiert und an die untere Instanz zurückweist, nur ein geringer Teil reformiert wird. Das liegt daran, daß die Sache an dieselben Gerichte zurückverwiesen wird. Die Qberlandes⸗ gerichte heben ja mitunter ihr Urteil auf, aber die Versuchung liegt doch nahe, dies nicht zu tun. Es sollte mehr davon Gebrauch gemacht werden, daß die aufgehobenen Urteile an andere Oberlandesgerichte verwiesen werden.

Abg. Dr. Brun st erm ann (bk. F): Ich habe in der jweiten Lesung namens meiner politischen Freunde erklärt, daß wir unsere Stellungnahme bis zur dritten Lesung vorbehalten. Nach nochmaliger eingehender Prüfung der gesamten Vorschläge, die für die Entlastung des Reichsgerichts gemacht worden sind, sind wir ju der Ueberzeugun gelangt, daß die Erböhung der Revisionssumme das einzige Mitte sst, um die notwendige Entlastung des Reichsgerichts wirksam herbei⸗ zuführen, ohne es seiner Aufgabe, Wahrer der Reichseinheit zu sein, zu entftemden. Wir werden also den Beschlüssen zweiter Lesung zu— stimmen.

Damit schließt die Generaldiskussion.

In der Spezialdiskussion wird die Erhöhung der Revisions—⸗ summe gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, , . Polen, der Wirtschaftlichen Vereinigung und der Reformpartei angenommen.

Bei dem § 556 , kommt der

Abg. Kir sch (Zentr.) nochmals auf seine gestrigen Bedenken zurück und erbittet eine entgegenkommende Erklärung der Reichsjustim⸗ verwaltung.

Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:

Die Ausführungen des Herrn Vorredners sind durchaus zutreffend. Ich bin der Ansicht, daß die Bestimmungen nicht anders ausgelegt werden können, als von ihm geschehen, und gehe von der Annahme

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