1905 / 124 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 26 May 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

Der Anzengruber-⸗ Zyklus brachte in seinem weiteren Verlauf gestern den H'wissens wurm neben dem Pfarrer von Kirchfeld⸗ wohl das in Berlin bekannteste Werk des österreichischen Volksdichters. Erst vor kursem wurde es gelegentlich des Gastspiels von Joseph Kainz in recht guter Aufführung im Berliner Theater wieder in Erinnerung gebracht. Die gestrige Aufführung war in manchen Teilen beffer, in manchen aber auch nicht so gut wie jene. Hervorragendes boten nur vier Darsteller: Thaller als Grillbofer, Martinelli als Dusterer, von Balajthy als Wastl und Hansi Niese als Horlacherlies. Thaller gab dem durch den frömmelnden, erbschleichenden Schwager geknechteten Bauern ein besonderes Gepräge, er zeichnete ihn als im Grunde liebenswürdige, der Sonnenseite des Lebens zugekehrte Natur, als einen Mann, der nur durch die künstlich genährte Gewissensangst zum Duckmäuser wird und immer daran erinnert werden muß, daß er nicht lachen und fröhlich sein dürfe. Es war eine außerordentlich fesselnde Leiftung. Der Dusterer Martinellis war von jener Schlichtheit, deren sich dieser Darsteller stets befleißigt, niemals zu Gunsten einer Augen⸗ blickswirkung aufdringlich, stetß dem Ganzen untergeordnet. Ein frischer, kraftvoller Wastf war Robert von Balajthy und eine Hor— lacherlies von urwüchsiger Eigenart Hansi Niese, der die Rolle reichliche Gelegenheit bot, sowohl ihren Uebermut wie ihre warmherzige Innigkeit zu beweisen. Die anderen Mit⸗ wirkenden konnten zum Teil befriedigen, zum Teil genügten sie aber auch bescheidenen Ansprüchen nicht, sodaß einige sonst sehr wirkungs⸗ volle Szenen, wie z. B. die Episode mit der Bäuerin an der Kahlen Lehnten und diejenige des Fuhrknechts versagten. Das zahlreich an— wesende Publikum wurde nicht müde, den vier Hauptdarstellern Beifall zu spenden und sie nach dem Fallen des Vorhangs immer wieder

hervorzurufen. Berliner Theater.

Sarah Bernhardt trat gestern in einer neuen Rolle, als Tisbe in Vietor Hugos Drama „Angelo, der Tyrann von 3 ua“ auf. Das Stück beginnt mit einem stimmungsvollen Bilde

eiterer Lebensfreude; Damen und Herren in altitalienischer Ge— wandung tanzen in duftenden, mondscheinüberfluteten Gärten eine

avane. Nach dem ersten Aufzuge aber versinkt diese blühende

racht; an ihre Stelle treten Gemächer mit verschlossenen Türen und geheimnisvollen Gängen; der Mondenschein kann nur in düsteren Gelassen die Umriffe kahler Fensterscheiben auf dunkle Fußböden malen. Im Einklang mit dieser Szenerie entrollt sich auf der Bühne eine Handlung voll schwülstiger Abenteuerlichkeit. Alle Schrecknisse werden aufeinander gehäuft, die eine überschwengliche Phantasie ersinnen kann; Gift, Dolch, todesähnliche Betäubungen, Verrat und Mord werden aus der Rüstkammer mittelalterlicher Romantik heraufgeholt, um auf diesem schwarzen Hintergrunde die edle Seele der Tisbe um so heller leuchten zu lassen. Das Herz dieser schönen Schauspielerin erfüllen zwei Neigungen: eine schwärmerische Verehrung für die heim— gegangene Mutter und eine überirdische Liebe zum jungen Rodolfo, der sie verschmäht. Im zärtlichen Andenken an die tote Mutter rettet sie die Ehre und das Leben Catgrinas, der Gattin des Tyrannen

Angelo; die unglückliche Liebe zu Rodolfo treibt sie in den Tod, nachdem sie den Geliebten noch sterbend mit Catarina, der Dame seines Herzens, vereint hat. Die ganze ungeheuerliche Phantasterei ist noch aufgeputzt durch eine maßlose Rührseligkeit der Rede und durch eine aufdringliche theatralische Effekthascherei in der Handlung. Das Ganze klang wie ein Ton aus ferner Zeit, welcher der Gegenwart längst fremd geworden ist und seine Kraft, zu rühren, verloren hat. An dieser Allgemeinwirkung vermochte auch die kluge Kunst der Tragödin nichts zu ändern, welche als Tisbe im Mittelpunkt der Handlung stand. Ihre Tisbe vermochte wohl zu interessieren, aber nicht zu ergreifen, obwohl Frau Bernhardt es meisterlich verstand, durch ihr geistvolles und maßvolles Spiel auch dort eine natürliche Empfindung vorzuspiegeln, wo der Dichter nur erkünstelte Unnatur geboten hat. Sie legte Proben geistvoller Ueberlegenheit ab durch den verhaltenen Ausdruck eines tief innerlichen Gefühls, mit dem sie die maßlosen Nebertreibungen ihrer überschwenglichen Rolle zu mildern wußte. Das liebeheischende, zärtliche Weib, das demütig zu allen Opfern bis zur Selbstvernichtung bereit ist, stand im Vordergrunde ihrer Dar— stellung; in der großen Szene mit ihrer glücklichen Nebenbuhlerin fesselte sie durch die schänen, malenden Bewegungen der Arme, durch das lebensvolle Spiel der Hände und Augen. Dieser Leistung konnte sich nur noch die des Herrn de Max in der Rolle des Vexräters Homodei mit Erfolg an die Seite stellen; jede Linie seines Wesens war voll charakteristischer Eigenart; klar umrissen klang aus seiner Rede jeder Wechsel der Empfindungen, die voll und schwer den Tiefen einer umdüsterten Seele zu entquellen schienen. Die übrigen Dar— steller füllten ihre Rollen erträglich aus.

Nationaltheater.

Gestern abend fand das erste Gastspiel des italienischen Ver wandlungsschauspielers Frizzo mit duichschlagendem Erfolge statt. Der Gast leistet in seinem Fach als Verwandlungskünstler wohl das Beste, was seit langer Zeit gesehen worden ist. Mit ver⸗ blüffender Schnelligkeit weiß er sich die hervorragenden Merk— male der verschiedensten Persönlichkeiten, weiblicher sowohl wie männlicher, anzueignen und derastisch, jedoch ohne Uebertreibung, vorzuführen; er singt, tanzt und mimt dabei ie nach Bedarf. Die beiden Stücke, die er sich mitbrachte, sind an sich belanglos; sie sollen nur den Rahmen für seine mehr als hundert

fachen blitzschnellen Verwandlungen abgeben. Im mweiten Teil Eldorado“ ließ er das umfangrelche Personal einer großen Allerlei. bühne in seiner Person vor den Augen der Zuschauer mit Glück vorüberziehen. Es ist eine beschränkte Kunst, der sich Frijzo widmet, aber in ihr zeigt er sich als Meister. Diesen Darbietungen voran ging die Aufführung von Offenbachs kleiner Operette Die schöne Galathee“, leider mit schwächlichem Gelingen. Das Theater hat bis jetzt seine Zuhörer an bessere Leistungen gewöhnt; offenbar ist nicht mit dem nötigen Eifer und Ernst an die Insienierung dieses kleinen Musikwerks gegangen worden.

Im Königlichen Opernhause geht morgen, Sonnabend, Ch. Gounods große Oper in 5 Akten Romeo und Julia“ mit . Farrar als Julia und Herrn Naval als Romeo in Szene.

n weiteren ,, sind die Herren Hoffmann, Jörn, Knüpfer, Mödlinger, Krasa, die Damen Dletrich und Pohl beschäftigt. Im Ballett des vierten Aufzuges tanzen Fräulein dell' Era und die Solo— tänzerinnen der Königlichen Oper.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen „Wilhelm Tell“ wiederholt.

Im Neuen Königlichen Operntheater erlebte das lustige ‚Jung-Heidelberg“ mit der Musik Millöckers gestern die 25. Aufführung. Das Haus war voll besetzt, und die Zuschauer be— fanden sich während der ganzen Vorstellung in angeregter Stimmung, sodaß diesem Jubiläum wohl noch eine Reihe von Wieder holungen folgen dürften. Wenn die etwas possenhafte Hand⸗ lung der Operette und. namentlich die darin vorkommenden geradezu unmöglichen militärischen ißt auch in ziemlich schroffem Gegensatz zu dem stimmungsvollen Meyer-Försterschen Vorläufer stehen, so wirkt das Gegenständliche der Handlung doch immer aufs neue anheimelnd und erheiternd. Bis auf die Rolle der ö, ,. Mitzi Wirth trefflich dargestellten Erbprinzessin war die Besetzung diejenige der Erstaufführung, und gleich dieser ging auch die 25. Wieder⸗ holung mit derselben Frische und dem nämlichen Erfolge in Szene.

Im Deutschen Theater werden auf vielseitiges Ver— langen am Sonntag „Die Kreuzelschreiber ! wiederholt. An diesem Abend spielt Herr Martinelli den Steinklopferhanns; gleichieitig ist dies das letzte Auftreten des Künstlers. Am Montag, Dienstag und Mittwoch wird der „Doppelselbstmord“ aufgeführt. Herr Direktor Lautenhurg beschließt die Maispiele am L Juni, und zwar mit dem „Pfarrer von Kirchfeld' mit Otto Sommerstorff in der Titelrolle und . Teresina Geßner als Annerl, in welcher Rolle sich die beliebte Künstlerin von dem Berliner Publikum verabschiedet.

Im Berliner Theater findet morgen die Erstaufsührung des Trauerspiels Die Sturmglocke! von Adolf Vogeler statt. In größeren Rollen sind die Herren Connard, Mischke, Pittschau, Rohland, Starnburg und. Weigert. die Damen Bratt, Frauen dorfer und Hrubvy beschäftigt. Die Inszenierung leitet Gustav Schefranek.

Mannigfaltiges. Berlin, den 26. Mai 1905.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten war zu Ehren des Vorstehers Dr. Langerhans, der gestern seinen Sö. Gehurtstag beging, der Platz des Jubilars mit Blumen geschmückt. Beim Eintritt des Dr. Langerhans erhoben sich die Versammelten von den Plätzen; der Stadty. Cassel begrüßte den Vorsteher in einer längeren Ansprache, worauf Dr. Langerhans in sichtlicher Bewegung dankte. Den folgenden geschäft⸗ lichen Teil der Sitzung leitete der Vorsteher Dr. Langerhans durch einen ehrenden Nachruf für den verstorbenen Stadtältesten Voigt ein, der sich als früherer Stadtrat und zuletzt als Direktor des städtischen Pfandbriefamts große Verdienste um die Stadt Berlin erworben habe. Der Nachruf wurde von der Versammlung stehend an— gehört. Der Ausschuß jur Vorbereitung der Vorlage, betreffend die Einrichtung von Hafen-, Bahn⸗ und Speicheranlagen am Stralauer Anger hat sich konstituiert und zum Vorsitzenden den Stadtv. Cassel, zum Stellvertreter den Stadtv. Kreitling gewählt. Nach Erledigung unwesentlicher Vorlagen, die nur wenige Minuten in Anspruch nahmen, wurde die Sitzung dann geschlossen.

Im Monat April, d. J. wurden die Hilfsstellen des Verhandes für erste Hilfe, zu dem der größte Teil der Berliner Sanitätswachen, die Berliner Unfallstationen vom Roten Kreuz und die Berliner Rettungegesellschaft zusammengetreten sind, in 6124 Fällen in Anspruch genommen. Darunter befanden sich 5158 chirurgische Fälle, 926 innere Erkrankungen und 40 geburtshilfliche Fälle.

Die Wasserversorgung der Gemeinden des Regierungs⸗— bezirks Koblenz durch zentrale Wasserleitungen ist unablässig gefördert worden. Die Aufwendungen für diejenigen Anlagen, die vom Beginn des Jahres 1904 bis jetzt fertiggestellt oder im Bau begriffen sind, betragen nicht weniger als 2 268267 4 Bei weitem der Hauptteil der Kosten ist von den zum Teil sehr leistungsschwachen Gemeinden in Anerkennung des ge hen Bedürfnisses nach gutem Wasser selber getragen. Trotz des Ge. leisteten aber ist das Bedürfnis noch so wenig befriedigt, daß seitens der Gemeinden des Bezirks zur Ausführung in den nächsten Jahren bereits 133 geeignete und großenteils dringend nötige Wasserleitungs⸗ projekte eingereicht sind, mit rund 3 380 000 (M60 g gie e ffir

Charlottenburg, 25. Mat. (W. T. B.). Der Kommerzien- rat, Direktor Miax Steinthal hierselbst hat der Stadt Char⸗ lottenburg aus Anlaß ihrer Zweihundertjahr feier einen Betrag von hunderttausend Mark zum Geschenk gemacht. Die Summe ist zur Errichtung von Waldschulen bestimmt.

Frankfurt a. M., 25. Mai. (W. T. B.) Die „Frankfurter Zeitung! meldet auß St. Johann: Auf der Grube Louisen⸗ thal ist durch schla gende Wetter ein Bergmann getötet, vier andere sind durch giftige Gase schwer verletzt worden.

Minden (Westfalen), 25. Mai. (W. T. B.) In der Nacht von Donnerstag auf Freitag, Morgens 2 Uhr 30 Minuten, stie ß der Lupus jug 11 Esln— Berlin vor dem Bahnhofe Löhne auf fünf Kohlenwagen, die von einem Güterzuge abge⸗ rissen waren und auf dem Hauptgleis standen. Das Hindernis wurde trotz Nebels vom Lokomotivführer des Luxusjuges so , bemerkt, das er noch bremsen konnte. Der Anprall wurde so abgeschwächt, daß keine Verletzung von Reisenden und vom Zugpersonal erfolgte. Es wurden durch die Trümmer zunächst beide Gleise gesperrt. Um 5 Uhr z0 Minuten Morgens war ein Gleis wieder geräumt. Die Untersuchung ist eingeleitet.

Stuttgart, 26. Mai. (W. T. B.) Aus Anlaß der bevor⸗ stehenden Tagung des Deutschen Flotten vereins sind gestern der Präsident des Flottenvereins Fürst zu Salm ⸗Horstmar und die übrigen Mitglieder des Präsidiums bereits hier eingetroffen. Abends fand eine Hoftafel in der Spiegelgalerie des Königlichen Sch los ses statt, zu der geladen waren die Mitglieder der Königlichen Familie, die Hofstaaten der Königlichen Prinzen, der preußische und bayerische Gesandte, die Mit⸗ glieder des Staatsministeriums, der Kommandierende General des XIII. Armeekorps, der Kommandant von Stuttgart, die Mitglieder des Präsidiums des Deutschen Flottenvereins sowie der geschäftsführende Ausschuß des Württembergischen Landesverbands des Deutschen Flotten- vereins. Während der Tafel brachte Seine Majestät der König einen Trinkspruch aus, in dem er seiner Freude Ausdruck gab, die Vertreter des Deutschen Flottenvereins begrüßen zu können. Wie in verschiedenen deutschen Städten, so würde der Flotten verein auch eine warmherzige Aufnahme im Schwabenlande finden. Er an der Spitze heiße daher die Herren von Herzen willkommen. Der König führte des weiteren aus; „Bin ich doch so lebhaft wie einer überzeugt, daß eine starke Wehr zur See eine ungusbleibliche Notwendigkeit für unser Vaterland ist. Wie sehr Seine Majestät der Kaiser von denselben Anschauungen durchdrungen ist, von dem festen Bewußtsein, daß obne eine tatkräftige Flotte es undenkbar ist, unsere Stellung im Kreise der Mächte zu behaupten, deutschen überseeischen Unternehmungsgeist zu schützen und den Weltfcieden zu bewahren, wissen wir alle. Seine Marine ist dem Kaiser besonders fest ans Herz gewachsen.“ Der König schloß mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser.

Der Präsident deg Flottenvereins Fürst zu Salm-Horstmar dankte namens des Präsidiums des Flottenvereins und brachte ein Hoch auf Seine Majestät den König aus.

New Jork, 25. Mai. (W. T. B) Hier eingegangenen Meldungen zufolge soll die Ortschaft Chieago (Texas), die 200 Einwohner zählt, durch ginen Sturm dem Exdboden gleich- gemacht worden sein. Auch in den Städten Fortworth und« Paris (Texas) sind mehrere Häuser umgeweht worden.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Paris, 26. Mai. (W. T. B.) Baron Alphons Rothschild ist heute vormittag gestorben.

St. Petersburg, 26. Mai. (W. T. B.) Die „St. Petersburger Telegraphen-Agentur“ meldet aus Werchne Udinsk von gestern: Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold von Preußen traf am Donnerstagmittag aus Kiachtg dort ein und wurde von der Bevölkerung herzlich begrüßt. Bei einem von der Stadt veranstalteten Frühstück brachte der Prinz einen Trinkspruch auf den Kaiser Nikolaus und sein gie hee Regiment aus. Nachmittags reiste der rn, Tschita weiter.

ach itschewan (Gouv. Eriwan), 26. Mai. (Meldung der „St. Petersburger Telegraphen-⸗Agentur.“ Seit dem 23. Mai finden e enn blutige H zwischen Armeniern und Moham medanern statt, die gestern einen besonders heftigen Charakter annahmen. Seit dem frühen Morgen ist in den Straßen geschossen worden. Die Be⸗ völkerung versagt jeden Gehorsam; ganze Reihen von Buden n. in Flammen. Aus Eriwan sind Truppen herbeigerufen worden.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.)

K

Theater.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern- haus. 139. Abonnementsvorstellung. Romeo und Julig. Große Oper in 5 Akten von J. Barbier und M. Carrs Musik von Ch. Gounod. Musi⸗ kalische Leitung: Herr Kapellmeister von Strauß. Regie: Herr Oberregisseur Droescher. Ballett: Herr Ballettmeister Graeb. Anfang 75 Uhr.

Schauspie haus. 63. Abonnementsvorstellung. Wil⸗ helm Tell. Schauspiel in 5 Aufzügen von Friedrich von Schiller. Regie: Herr Adler. Anfang 7 Uhr.

Neues Operntheater. Jung ⸗Heidelberg. Operette in 3 Akten von L. Krenn und C. Lindau. Musik von Katl Millöcker. Anfang 795 Uhr.

Sonntag: Opern haus. 140. Abonnementsvorstellung. Der Roland von Berlin. Oper in 4 Akten. Dichtung und Musik, unter Benutzung des gleich namigen Romans von Wilibald Alexis, von R. Leoncavallo. Deutsch von Georg Droescher. (Fräulein Burchardt, vom Großherzoglichen Hof⸗ theater in Schwerin, als Gast.) Anfang 75 Uhr.

Schauspielhaus. 64. Abonnemente vorstellung. Prinz Friedrich von Homburg. Schauspiel in 5 Auf⸗ zügen von Heinrich von Kleist. Anfang 746 Uhr.

Neues Operntheater. Jung⸗Heidelberg. Operette in 3 Akten von L. Krenn und C. Lindau. Musik von Karl Millöcker. Anfang 7 Uhr.

Dentsches Thenter. (Maispiele) Sonnabend: Der G'wissenewurm. Anfang 8 Uhr. Sonntag: Die Kreuzelschreiber.

2 * Berliner Theater. Sonnabend: Zum ersten Male: Die Siurmglocke. Anfang 71 Uhr. Sonntag: Tie Sturmglocke.

Monteg: Weh dem, der lügt!

Lessingtheater. Sonnabend: Die Frau vom Meere. Anfang 8 Uhr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die Weber. Abends 8 Uhr: Elga.

Montag: Elga. Anfang 8 Uhr.

Schillertheater. O0. (Wallnertheater)

Sonnabend, Abends 8 Uhr; Der artesische Brunnen. Märchenposse in 3 Abteilungen und 4 Aufzügen mit Gesängen und Tänzen von Gustav Raeder. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: stabale und Liebe. Abends 8 Uhr: Der artesische Brunnen. Montag, Abends 8 Uhr: Der artesische Brunnen.

V. (Friedrich Wil belmstädtisches Theater.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Zum ersten Male: Die Logenbrüder. Schwank in 3 Akten von Carl Laufs und Curt Kraatz.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Wallensteins Tod. Abends 8 Uhr: Die Logenbrüder.

Montag, Aben?s 8 Uhr: Die Logenbrüder.

Im Garlen: Großes Militärkonzert.

Theater des Westens. (Kantstraße 12. Bahn⸗ hof Zoologischer Garten.) Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Zu kleinen Preisen: Egmont. Abents 7! Uhr: Bei festlich erleuchtetem Hause zur Jubel feier in Charlottenburg: Der Zigeunerbaron.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Peeisen: Martha. Abends 77 Uhr: Gastspiel von Dr. Rudolf Pröll. Hans Heiling.

Montag: Gastspiel von Ottilie Metzger und Nikolaus Rothmühl. Der Prophet.

Dienstag (letzte Vorstellung im Abonnement)h: Undine.

Mittwoch: Schüleropernaufführung des Sternschen Konservatoriums.

Nenes Theater. (Spielzeit der Direktion Karl und Theodor Rosenfeld.) Sonnabend: Künstler.

Sonntag: stünstler.

Nationaltheater. (Direktion: Hugo Becher. Weinbergsweg 12a = 13.) Sonnabend und Sonn⸗ tag, Abends 8 Uhr: Gastspiel des berühmten italieni⸗ schen Verwandlungsschauspielers Frizzo.

Lustspielhaus. (Friedrichstraße 236) Sonn⸗ abend, Abends 8 Uhr: Der Familientag. Sonntag, Abends 8 Uhr: Der Familientag.

Residenztheater. (Direktion: Richard Alexander) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Herzogin Crevette. (La Duchess des Folies-Bergére) Schwank in 1 Vorspiel und 3 Akten von Georges Feydeau, in deutscher Bearbeitung von Benno Jacobson.

Sonntag und folgende Tage, Abends 8 Uhr: Herzogin Crevette.

Thaliatheater. (Dresdener Straße 72/73.) Gastspiel der Wolzogen Oper. Sonnabend und folgende Tage: Reklame. Hierauf: Die Bäder von Lucca.

Zentraltheater. Lämmer.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die kleinen Lämmer. Abends 77 Uhr: Die Fledermaus.

Montag: Die kleinen Lämmer.

Sonnabend: Die kleinen

Belleallian cetheater. (Bellealliancestraße 7 / . Direktion: Kren u. Schönfeld.) Sonnabend, Abends 8 Uhr Liebesmanöver. Lustspiel in 3 Akten von Kurt Kraatz und Freiherrn von Schlicht.

Sonntag und folgende Tage: Liebesmanöver.

Trianontheater. (Georgenstraße, zwischen Friedrich⸗ und Universitätsstraße) Sonnabend: Ihr zweiter Mann. Anfang 8 Uhr.

Sonntag: Ihr zweiter Mann.

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Alice Theodora Mensing mit Hrn. Oberleutnant Paul von Troschke (Berlin).

Geboren: Eine Tochter: Hrn. Justizrat Dr. Eugen Wolff (Berlin).

Gestorben: Hr. General d. Inf. z. D. von Woelckern (Stuttgart). Hr. Generalmajor a. D. und Wirklicher Geheimer , Louis von Massow (Berlin). Hr. Leutnant Velten Ochmigke (Hofgeismar). Hr. Amtsgerichtsrat Max Deppe (Charlottenburg). Hr. Dberzahl⸗ meister Hermann Maaeke (Berlin). Fr. Ottonie von Wilde, geb. von Usedom (Erfurt). Fr. Gutsbesitzer Annemarie Alexander, geb. Howitz (Müsselmow bei Brüel i. M.).

Verantwortlicher Redakteur Dr. Tyrol in Charlottenburg.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagz⸗ Anstalt Berlin 8sW., Wilhelmstraße Nr. 32. Acht Beilagen leinschließlich Börsen⸗ Beilage).

M E24.

Erste Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeige

Berlin, Freitag, den 265. Mai a

905.

Verhandlung über die Untersuchung der Beschwerden der Bergarbeiter auf der Zeche Pluto, Schacht Wilhelm.

Verhandelt den 8. März 19065 zu Wanne.

Anwesend:

1 Die Mitglieder der Untersuchungskommission: . Oberbergrat Althüser als Vorsitzender, Bergmeister Wilke, Amtmann Winter, als Vertreter des Landrats zu Gelsenkirchen.

7 Seitens der Zechenverwaltung:

Direktor Lohbeck, Betriebsführer Kracht.

3) Als Belegschaftsvertreter:

a. Bergmann Josef Patzelt, b. Bergmann Johann Wagner.

) Als Protokollführer: Bergrevierbureauassistent Wiegand.

Im Amtshause zu Wanne begann heute die obengenannte, von den Herren Ministern für Handel und Gewerbe und des Innern berufene Kommission die Untersuchung der auf der Jeche Pluto, Schacht Wilhelm, angeblich vorhandenen Mißstände.

Als Vertreéter der Zechenverwaltung und der Belegschaft waren die obenbezeichneten Personen erschienen. Die Ver⸗ treter der Belegschaft gaben an, daß sie in der Belegschafts⸗ versammlung vom 3. Februar 1905 gewählt seien.

Sie seien, und zwar a. 41 Jahre alt und seit 5 Jahren mit Unterbrechungen von 11 Monaten auf der Zeche beschäftigt, b. 29 Jahre alt und seit 8i /g Jahren auf der Zeche be⸗ schäftigt. Die Belegschaftsvertreter sind Reichsangehörige. Die Legitimation der Vertreter der Zeche ist amtlich bekannt.

Der Vorsitzende der Kommission erläuterte zunächst die Rechte der Parteivertreter. Er wies darauf hin, daß es den⸗ selben zustehe, durch den Vorsitzenden an die Zeugen ö stellen zu lassen. Ueher die Zulässigkeit der einzelnen Fragen enischeide die Kommission. Ferner wurde bekannt gegeben, daß auch der Antrag gestellt werden dürfe, einen Zeugen unter Ausschluß der Parkteivertreter zu vernehmen, falls begründeter Veise angenommen werden müßte, daß der Zeuge in Gegen⸗ wart . mit der Wahrheit zurückhalten werde.

Nach Vernehmung eines jeden Zeugen würde sodann den Parteivertretern Gelegenheit gegeben werden, Fragen zur Ver⸗ nehmung zu stellen und sich über die Aussage 6 äußern.

Zur Untersuchung ständen jedoch nur Bes werden, welche für die Zeit nach dem 1. Januar 1901 erhoben werden könnten, und zunächst nur die, welche von der Siebener⸗Kommission bei dem Königlichen Oberbergamt Dortmund geltend gemacht seien. . ; . .

Sache der Kommiffion sei es, darüber zu entscheiden ob etwa auch andere Anträge, die alsbaldige Erledigung im Ver⸗ fahren finden konnten, zugelassen werden sollten, und ob die Untersuchung auch auf andere Beschwerdepunkte ausgedehnt werden sollle. Ausgeschlossen von der, vrt g hun seien solche Beschwerden, die gerichtlich bezw. strafrechtlich anhängig oder entschieden seien. Die Verhandlung trage polizeilichen Charakter und sei keine öffentliche.

Der Kommission stehe aber das Recht zu, auch andere Personen, welche nicht zu den Vertretern der Zeche oder Beleg⸗ schaft gehörten, zuzulassen, wenn dieselben berechtigte Interessen hierfür nachweisen könnten.

Der Vorsitzende machte sodann den Zechenvertretern die Beschwerdepunkte im einzelnen bekannt mit dem Bemerken, daß es der Verwaltung anheimgestellt werde, Gegenbeweise zu stellen. .

Die Gesamtstärke der Belegschaft der Zeche Pluto, Schacht Wilhelm, betrug am 1. März 1905 1939 Mann, davon 1545 Mann unter Tage. ;

Sodann wurde in' die Untersuchung der Beschwerden ein— getreten.

Zu Beschwerde 1: Der Beschwerdeführer Wilhelm Topor⸗ zietꝰ hr 6 alt, Bergmann der Zeche Pluto Wilhelm bis zum J. März 1903 Die Auflösung des Arbeits⸗ verhaͤltnisses erfolgte nach vorheriger Kündigung sagt fol⸗ gendes aus: ; ; .

J. Ich war im Jahre 1901, die 3 vermag ich nich genauer . im Flöze Nr. 10, Srt 7 Osten,. 5. Abtei⸗ lung auf der 5. Sohle als i n r g, beschäftigt. Ich hatie als solcher die im Bremsberge eraufkommenden Berge⸗ wagen vom Korbe abzuziehen und dementsprechend beladene Kohlenwagen wieder aufzuschieben. Die Bergewagen mußten von mir S0 bis 90 m weit geschleppt und hier unterhalb Ort 7 Osten entleert werden. Als ich eines Morgens im Pfeiler war, um Kohlen von der Arbeitsbühne herunterzulassen kam der Reviersteiger Pohle zu unserer Arbeitsstelle und schimpfte darüber, daß ich nicht mehr . stürzte. Derselbe sagte insbesondere bei dieser Gelegen ö. zu mir: ;

„Verfluchter Schweinhund sofort herunterkommen, wen Dir das ö. fh so jage ich Dich aus dem Loch e,. und heute mittag kannst Du Dich bei mir melden. Als ich mich daraufhin? nach Beendigung der Schicht heim Ken e, steiger Pohle meldete, sagte dieser zu mir, daß ich wieder 4 gewöhnlicher Schlepper beschäftigt werden würde, wenn. 9 nicht dafür forgte, daß in Zukunft mehr erg gestürzt würden. Die Bergewagen waren von mir unter zalb Ort . Osten zu entleeren. Durch die Behandlungsweise, welche mi von dem Reviersteiger Pohle zuteil geworden ist, fühle ich mich verletzt. - . .

II. Kurz vor meinem Abgange von der Zeche Pluto Wil⸗

hier hatte ich die Bergewagen nach unserer Arbeitsstelle zu schleppen und hier in den Pfeiler unterhalb unserer Strecke zu entleeren. Von den Vollhauern war mir gesagt. worden, daß ich nur so viel VBergewagen zu kippen hätte, als ich solch= mil Kohlen füllen könnte. Als nun in einer Frühschicht der Hilfssteiger Sichelschmidt zu unserer Arbeitsstelle kam und mir den direkten Befehl erteilte, Bergewagen zu kippen und dementfprechend leere Wagen auf den Korb aufzuschieben, sagte ich zu demselben, ich sei hierzu. wohl nicht verpflichtet. Der Hilfssteiger Sichelschmidt fuhr mich daraufhin mit den Worten an „ich folle die Schnauze halten und das tun, was er mir befehle“. Als ich den , daraufhin fragte, was ich für die Arbeit bekäme, sagte dieser zu mir „ich wäre verrückt“. Durch diese Ausdrucksweise des Steigers ühle ich mich verletzt. ö ; . ö 6 ih zel acht in dem Stapel der 5. Abteilung auf der 5. Sohle, welcher bis zum Orte 5 heraufging, war in sehr schlechter Verfaffung. Der Querschnitt desselben wurde durch Waffer- und Luftrohre derartig verengt, daß man sich in demselben nur schwer auf⸗ und abwärts bewegen konnte, Die Ruhebühnen in demselben waren mit Steinen und Schmutz bedeckt. Die Steine waren bis zu enen und gefährdeten durch Herabfallen die fahrende annschaft. Das Fahr⸗ überhauen im Flöze Nr. 8, wo ich während der fraglichen Zeit beschäftigt war, war in Kind konnten wir dasselbe bis zur 5. Sohle benutzen. Wir benutzten aber trotzdem den Rehrschach! des Stapels bei der An⸗ und Ab— fahrt, um schneller zur Sohle zu kommen und weil es in dem Fahrüberhauen des Flößes Nr. 8 zu ö. war. Ein Verbot, das Fahrtrumm des Stapels zum Fahren nicht zu benutzen, lag nicht vor. 9 g. u. Wilhelm Toporzysek.

38 Jahre alt, seit 6 /

er Reviersteie tto Pohle, Der Reviersteiger Otto Poh Wiheln. fag

Jahren Beamter auf der Zeche Pluto olgendes aus; ; . . Der Beschwerdeführer Toporzysek leistete sowohl als ge⸗ wöhnlicher Schlepper wie au später als Gedingeschlepper nicht das, was er mußte, soda seine Kameraden sich vielfach über seine Faulheit beschwerten. Ich gebe zu, daß ich den Toporzysek wegen seines Verhaltens wohl als Faulenzer ge— schimpft habe, bestreite aber, ihm gegenüber den Ausdruck „verfluchter Schweinhund gebraucht zu haben, da es nicht zu meinen Gewohnheiten gehort, mich derartiger Ausdrücke zu bedienen. ö .

Das Stürzen von Bergewagen und das Füllen der ent⸗ leerten Wagen erfolgt nicht mit absoluter wechselnder Gleich mäßigkeit. Es kommt vielmehr vor, daß zeitweise Bergewagen

geben pflegte, mag es immerhin vorgekommen sein, daß ich aͤrgerlich geworden bin und einige Schimpfworte ihm gegen⸗ über gebraucht habe. .

v. g. u.

Rich. Sichelschmidt.

Zu Beschwerde 2: Der Beschwerdeführer Christian i. , alt, bis zum 7. März 1903 2 Jahre 10 Monate auf Zeche Pluto Wilhelm beschäftigt, sagt aus:

Im Oktober 1902 war ich in einer Kameradschaft be⸗ schäftigt, die aus 6 Personen bestand. In diesem Monat hatten wir zu dem bestehenden Gedinge ungefähr 180 6 mehr verdient, als uns am kommenden Lohntage ausgezahlt wurde. Die Zurückhaltung dieses Geldbetrages seitens der Zeche erfolgte mit unserem Einverständnisse, um hierdurch unseren Lohn, falls wir in den folgenden Monaten weniger verdienten Und den Durchschnittslohn nicht erreichten, aufzu⸗ bessern. Als dieses nun im Monat Februar 1903 eintrat, ersuchte ich unseren Reviersteiger Hasse um Aufbesserung unseres Lohnes mit dem zurückbehallenen Geldbetrage. Da ich hierbei auf Schwierigkeiten stißß, wandte ich mich beschwerdeführend an den Betriebsführer. Nachdem ich 4. bis 5mal in dieser Beschwerdeangelegenheit bei dem, Betriebs⸗ führer gewesen war, sagte dieser schließlich, eine Aufbesserung des Lohnes bis 5 6 zu. Meine weitere Frage, was denn mit dem verbleibenden Reste des Geldes geschehen solle, beantwortete der Betriebsführer Kracht damit, daß er mich aufforderte, meine Gezähe aus der Grube herauszuholen und abzugeben. ; .

Unter Zahlung eines Schadenersatzes für 6 Tage wurde ich auf diese Weise entlassen, auch habe ich den auf mich ent— fallenden Restbetrag des zurückbehaltenen Lohnes erhalten.

V. 9g. ü. Christian Lehnert.

Wieder vorgerufen gibt der Beschwerdeführer Christian Lehnert noch folgendes an: . . Der zürückbehaltene Geldbetrag in Höhe von ungefähr 180 6 ist dadurch entstanden, daß meiner Kameradschaft während ber Monate September, Oktober, November und Dezember 1902 jowie Januar 1993 nicht die sämtliche geleistete Arbeit abgenommen wurde. Bei der Länge der Zeit dermag ich mich Über die Einzelheiten der in den einzelnen Monaten

zurüͤckbehaltenen Beträge nicht zu äußern.

v. g. u.

Christian Lehnert.

Neuer Termin wird angesetzt auf Freitag, den 10. März

zu stuͤrzen sind und diese nach Entleerung nach anderen Be⸗ triebspunkten gelangen. Zeitweise kommt es aber auch vor, daß löere Wagen vom Körbe abgezogen und diese wieder mit Kohlen gefüllt werden. Es richtet sich dieses nach den gerade vorliegenden Verhältnissen. Im allgemeinen genügt es, wenn fur je einen Wagen Kohlen ein Wagen mit Bergen gestürzt wird. Da an dem fraglichen Morgen eine große Anzahl be⸗ ladener Bergewagen vorhanden waren und Toporzysek in der Lage war, solche in den Pfeiler unterhalb seiner Strecke zu entleeren, forderte ich denselben hierzu auf. Es ist mir mehr⸗ fach von den Abnehmern des Bremsbergs gesagt worden, Toporzysek hätte heruntergerufen, es sollen ihm keine beladenen Bergewagen heraufgeschickt werden. Ich nehme an, daß er dieses gesagt hat, weil er zu faul war, die Bergewagen zu stürzen.

Ich gebe zu, 8 Stapel etwas eng gewesen ist, bühnen in demselben ständig . . Faustgröße voll gelegen haben. Wenn verein elt auf den Bühnen etwas gelegen hat, so ist dieses dadurch herbei⸗ geführt, daß die Reparaturhauer nach Ausführung. der im Stapel erforderlichen Arbeiten die Bühnen nicht wieder ge⸗ nügend gereinigt haben. Die Bühnen sind alsdann aber kurze Zeit nachher wieder gereinigt worden. Das Fahrüberhauen un Flöze 8 ist bequem und wird auch von den Bergleuten zum An⸗ und hie n benutzt, Es trifft nicht zu, daß es in demselben außergewöhnlich heiß it, insbesondere ist es nicht heißer als in den Betrieben des Flözes q selbst. Eine Tem⸗ peraturmessung habe ich zwar nicht vorgenommen, es zieht aber in dem Fahrüberhauen ein Teil der in der Grundstrecke vorbeiziehenden Wetter herauf, und wird hierdurch eine ge— nügende Kühlung herbeigeführt.

v. g. u. Otto Pohle.

daß der Querschnitt des Fahrtrumms im bestreite aber, daß die Ruhe⸗ von Dreck und Steinen von

Der Hilfssteiger Rich. Sichelschmidt, 45 Jahre alt, seit 412 Dehech , der Zeche Pluto, Schacht Wilhelm, sagt olgendes aus:; . .

. Der Beschwerdeführer Toporzysek gehörte nicht zu den fleißigsten Lehrhauern. Es kommt wohl vor, daß zu Beginn ber? Schicht, wo die Kohlenförderung noch schwach geht, eine größere Anzahl beladener Bergewagen am Bremsberg steht, deren baldige Entleerung erwünscht ist Selbstverständlich ge⸗ nügt es im allgemeinen, wenn für leden Wagen Kohlen ein Wagen Berg gestürzt wird. Wenn es nun vereinzelt vorkommt. daß an einer Stelle mehr Bergewagen gestürzt werden, wie mit Kohlen gefüllt werden können, so kommt es ebensogut auch vor, daß . weniger oder gar keine Bergewagen vereinzelt gestürzt werden. Von einer Schädigung des Beschwerdeführers aus diesen Gründen fann deshalb keine Rede sein, zumal eine stärkere Entleerung von Bergewagen regelmäßig nur zu Beginn der Schicht nötig ist, wo es an den nötigen Kohlen vor Srt vielfach noch fehlt. Die Verhältnisse sind im übrigen derart geregelt, daß die Tameradschaften ihre Kohlen im Laufe der Schicht noch ge— ügend los werden können. 5 Dem Toporzysek war an dem betreffenden Morgen, um die Bergewagen möglichst schnell zu entleeren, ein Schlepper

. z 80 Tißzz Nr. 8 594 8 helm im Jahre 1993 war ich als Lehrhauer im Flöz Nr; 8 i oder 9 Ssten, 5. Abteilung auf der 5. Sohle beschäftigt. Auch

hierzu beigegeben. Da Toporzysek gern Widerworte zu

1905, vormittags 9 Uhr, im Amtshause in Wanne.

Weiterverhandelt im Amtshause zu Wanne am 10. März

1905.

Anwesend: dieselben Personen wie im Termine am 8. März 1905, dazu als dritter Belegschaftsvertreter der Bergmann Franz Mankowski, 33 Jahre alt und seit 9 Jahren mit Unterbrechungen von 2 Jahren auf der Zeche Pluto Wilhelm beschäftigt. . .

ö. ,, Karl Hasse, 38 Jahre alt und seit 5 Jahren Beamter auf Zeche Pluto Wilhelm, sagt aus.

Der Beschwerdeführer Lehnert ist während der Monate September, Oktober, November und. Dezember 1902 und Januar 1903 in meinem Revier beschäftigt gewesen. Ich de⸗ ffreite es, daß der Kameradschaft des Lehnert aus vorgenannter Zeit Lohnbeträge für geleistete Arbeit zurückbehalten worden sind. Es sind vielmehr sämtliche Arbeiten, wie sie bei der Abnahme ermittelt wurden, auch zur, Bezahlung gelangt. Am 5. oder 6. März 1903 wurde ich Mittags beim Schichtwechsel vom Betriebsführer Kracht wegen Lohndifferenzen mit Lehnert herangerufen. Bei dieser Gelegenheit behauptete Lehnert, daß seiner Kameradschaft aus dem Monat September oder Oltober 1902 für das Durchfahren einer Störung noch 18mm, zu 12 . zuständen. Nachdem ich durch, Vorlegung der Bücher den Nachweis erbracht hatte, daß diese 18 m tatsächlich zur Ver⸗ rechnung und Auszahlung gekommen wären, sagte Lehnert, zur Berechnung könnte dieser Betrag immerhin gekommen sein, bezahlt wäre er nicht. Aus welchen Gründen ehnert ent lassen worden ist, vermag ich nicht anzugeben. Weitere Vor⸗ gänge über die in Frage kommende Angelegenheit sind mir nicht in der Erinnerung.

v. g. u. Karl Hasse.

Seitens des Betriebsführers Kracht wurde sodann folgende irrklärung abgegeben: . ö . Erlt e a m. 1903 kam der Beschwerdeführer 6 holt zu mir, um mich um Zusetzung zu seinem im Monat Februar 1903 verdienten Lohn zu bitten. Bei der Helegen⸗ heit sagte Lehnert zu mir, daß seiner Kameradschaft aus dem Monat September 1902 für das Durchfahren einer Störung noch 18 in zu 12 6 zuständen. Nachdem ich mich an Der Hand des Steigerjournals von der Unrichtigkeit dieser Be⸗ hauptung überzeugt hatte und in dem Verhalten des Beschwerdeführers eine beleidigende Verdächtigung des Revier⸗ steigers Hasse erblickte, habe ich Lehnert, der guch sonst noch Veranlaffung zur Unzufriedenheit gab, unter Zahlung eines Schadensersatzes für sechs Tage aus der Arbeit entlassen. Weil die Kameradschaft des Beschwerdeführers im Monat Februar zu dem bestehenden Hedinge schlecht verdient hatte, habe ich eine Aufbesserung des Schichtlohnsatzes für diesen Monat auf 5 (66 veranlaßt. Weitere Zuwendungen, ins⸗ besondere aus rückständigen Forderungen, sind dem Beschwerde⸗ führer beim Verlassen der Ärbeit nicht gemacht worden.

77 9 le

Kracht.