Antrag geht sehr viel welter. Er stellt den behandelnden Arzt vollständig gleich mit dem beamteten Arjt und schaltet dessen Urteil zu den vorgeschlagenen Maßnahmen aus, wenn seiner Meinung nach eine ausreichende Absonderung in der Wohnung sichergestellt ist. Für den Fall, daß nach Ansicht des be— handelnden Arztes eine ausreichende Absonderung in der Wohnung sichergestellt ist, ist die Befugnis und Umsicht des beamteten Arjtes gegenstandslos geworden. Eine derartige Gleichstellöng gibt die Entscheidung über die Absonderung in diesen Fällen in der Tat in die Hand des behandelnden Arztes, und so weit darf nach meiner Ansicht das Gesetz nicht gehen. Es schränkt die Befugnisse des beamteten Arztes in einer Weise ein, die mit der Absicht des Reichsgesetzes gar nicht übereinstimmt, die mit den Aufgaben der Medizinalpolizei nicht vereinbar ist und zwischen dem Reichsgesetz und dem Ausführungsgesetz einen Widerspruch dar⸗ stellen würde. Um es noch einmal kurz zu präzisieren: das Reichs gesetz und die vorliegende Gesetzesvorlage, letztere abgesehen von den Fällen des 8 8 Nr. 1, die sich lediglich auf Diphtherie beziehen und als Ausnahme behandelt sind, teilen die Befugnisse in der Weise, daß der beamtete Arzt die Absonderung auferlegt und der behandelnde Arzt erklärt, daß die Maßnahme ohne Schädigung des Kranken erfolgen kann. Wenn aber die Befugnisse so geordnet sind, daß entweder von der Ansicht des beamteten Arztes oder von der des behandelnden die Moßnahme der Absonderung des Kranken abhängig ist, dann sind die Befugnisse des behandelnden Arztes in einem Maße erweitert, wie es sich mit den Aufgaben der Seuchenbekämpfung nicht verträgt. Ich bitte den Antrag abzulehnen.
Graf von Seidlitz kann diesen Ausführungen nicht beistimmen. ,, und der behandelnde Arzt seien doch vollständig gleich⸗ gestellt. . ö
Freiberr Lucius von Ballhausen: In S3 ist unter Nr. 5 auch die Lungen und Kehlkopfluberkulose unter den Krantheiten auf geführt, bei denen die Desinfektion polizeilich angeordnet werden kann. Die Kommission hat hinzugefügt: „nach Entfernung des Kranken aus der Wohnung oder bei Todesfall. Dieser . erscheint mir nicht unbedenklich, und ich beantrage, ihn zu streichen.
Geheimer Obermedizinaltat Dr, Kirchner: Es muß unter schieden werden zwischen der Gefahr, in der der Kranke selbst schwebt, und derjenigen Gefahr, die er für die Allgemeinheit darstellt. Schon aus diesem Grunde ift die Verallgemeinerung der Ueberführung von Kranken nach dem Antrage des Grafen Seidlitz nicht annehmbar. Diefer Antrag würde die an sich schon so schwit rige Seuchen⸗ bekämpfung nur noch mehr komplizieren.
Graf von Oppersdorff spricht sich ebenfalls gegen den Antrag Seidlitz aus, der lediglich Schwierigkeiten und Mißhelligkeiten zwischen den beamteten und den behendelnden Aerzten schaffe. Er beantrage seinerseits, unter die Absperrungs— und Aufsichtsmaßregeln bei Genickstarre auch die Fernhaltung vom Schul⸗ und Unterrichts⸗ befuch aufzunehmen. Diese Befugnis müsse bei der sehr gefährlichen Natur der Genickstarre ebenfalls der Medizinalpolizei zugesprochen werden.
Herr von Jerin wendet sich ebenfalls gegen den Antrag von Seidlitz. Dem beamteten Arzt müfsfe allein die Disposition zustehen.
Professor Dr. Lo ening: Das Mißtrauen, welches hier von ver⸗ schiedenen Seiten gegen die praktischen Aerzte bekundet worden ist, kann ich doch nicht teilen. Wir dürfen zu der Gewissenhaftigkeit der behandelnden Aerzte das Vertrauen haben, daß sie sich einer
Ueberführung des Kranken nicht widersetzen werden, wenn diese notwendig ist. Ich kann daher dem Antrage des Grafen Seidlitz zustimmen.
Graf von Seidlitz und Freiherr Lucius von Ball— haufen schließen sich diesen Ausführungen an.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt:
Meine Herren! Ich bin genötigt, noch einmal auf die grund—⸗ legende Bedeutung des Antrags des Herrn Grafen von Seidlitz zurück— zukommen. Wie ich mir vorhin schon auszuführen erlaubt habe, schafft der Antrag insofern ein Unikum, als er die Befugnisse des behandelnden und des beamteten Arztes in allen Fällen des 8 8 der Votlage, also nicht nur in denen der Nr. 1, gleichmäßig behandelt. Das geht aus dem Worte „oder“ hervor, welches alternativ die Meinung des beamteten und des behandelnden Arztes nebeneinander stellt. Der Antrag fällt damit vollständig aus dem Rahmen des Reichsgesetzes und ebenso aus dem Rahmen der Konstruktion, die unter Billigung Ihrer Kommission in die Vorlage aufgenommen worden ist; denn er generalisiert die Sonderbestimmung der Nr. des S3 für alle in diesem Paragraphen erwähnten übertragbaren Krankheiten. Nun, meine Herren, wenn Sie auf diese Weise das Zustandekommen des Gesetzes erschweren, so wollen Sie auch erwägen, daß Sie einer Verbesserung des gegenwärtigen Zustandes dadurch Hindernisse bereiten Denn der § 16 des Regulativs von 1836 stellte in dem Falle, wo es infolge des Widerspruchs des Haushaltungsvorstands zweifelhaft war, ob der betreffende Kranke anderswo untergebracht werden sollte, die Entscheidung in die Hände der Polizeibehörden, ohne des be⸗ handelnden oder Hausarztes zu erwähnen. Dieser Zustand soll durch die Vorlage gemildert werden, und es würde eine Verschlechterung be= deuten, wenn Sie dem Antrage stattgeben wollten. Es bleiben aber außerdem die prinzipiellen Bedenken bestehen, daß hier dem behandelnden Arzte Zuständigkeiten zugewiesen werden, die ihm vom grundsätzlichen Standpunkte aus vorzuenthalten sind. Die Gleichstellung zwischen den Befugnissen des beamteten und des behandelnden Arztes in dem vor⸗ liegenden Falle, das muß ich nochmals betonen, erscheint im höchsten Maße bedenklich.
An der weiteren Debatte beteiligen sich noch Graf von Seidl itz, Gehelmer Ohermedinalrat Dr. Circhner, Freiherr Lucius won Ballhausen, QOberburgermeister Dr. Bender und der Referent Sberbürgermeister Ehlerz. Die heiden letzteren sprechen sich ent⸗ schieden gegen den Antrag Seidlitz aus.
Ver' Antrag Lucius betreffs der Lungen. und Kehlkopftuberkulose wird angenommen. Alle übrigen Anträge werden abgelehnt. 5 8 ge⸗ langt mit dem Antrag Luęius zur Annahme. ;
Zu 3 Y befürwortet Generalfeldmarschall Graf von Haeseler seinen oben mitgeteilten Antrag. In größeren Garnisonen seien es nicht bloß diejenigen, welche gewerbsmäßig Unzucht treiben, die den Ansteckun gsstoff, verbreiten, sondern auch andere weibliche Persönlich⸗ keiten. iese letzteren seien unter Umständen die Gefährlichsten, weil sie nicht der sittenpolizeilichen Kontrolle unterstehen. Er, der Redner, würde sich sehr freuen, wenn sein Antrag Annahme finden sollte.
Geheimer Obermedizinalrat Dr. Kür chnerzn Die Bekãmpfung der Geschlechte krankheiten im großen Stil durchzuführen, ist eine ebenso wichtige wie schwierige Sache. Es handelt sich hier um ãußerst intrikate Dinge, die nur mit größter Vorsicht in Angriff genommen werden dürfen. Die Anzeigepflicht, die in Anregung gekommen war, ist vom Abgeordnetenhause wieder abgelehnt worden. Der Antrag des Herrn Grafen Haeseler geht üher das hier verfolgte Ziel weit hinaus. Bie genmeingefährlichen Geschlechtskrankheiten werden vielleicht noch Fiel mehr als durch Frauen durch gewissenlose Männer verbreitet.
Der Antrag würde der Denunziation Tür und Tor öffnen und könnte mehr schaden als nützen.
s 9 wird nach Ablehnung des Antrages des Grafen Haeseler unverändert angenommen, ebenso ohne Debatte die S8 10 bis 24.
An diefer Stelle wird die weitere Beratung abgebrochen.
Schluß nach s/n Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch L/ Uhr. (Fortsetzung der eben abgebrochenen Beratung; Gesetzentwurf zur Verhütung von Hochwass ergefahren; Warenhaussteuergesetz⸗ novelle; kleinere Vorlagen, Eingegangen ist ein Antrag des Freiherrn von Mankeuffel, die Regierung zu ersuchen, im Bundesrat ihren Einfluß gegen die Einführung einer Reichs⸗ erbschaftssteuer geltend zu machen.
Haus der Abgeordneten. 192. Sitzung vom 30. Mai 1905, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den ersten Teil der Verhandlungen ist in der
gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. Die daselbst im Auszug wiedergegebene Antwort des
Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten von Pod⸗ bielski auf die Interpellation des Abg. Cahensly (Zentr.), betreffend die Verpachtung der fiskalischen Mineralbrunnen Riederselters und Fachingen, hat folgenden Wortlaut:
Zunächst möchte ich auf den ersten Teil der Interpellation antworten, ob der Vertrag, der bisher bestanden hat, aufgehoben ist; das muß ich mit einem Nein beantworten. Der zur Zeit bestehende Vertrag ist nicht aufgehoben, sondern läuft, wie den Herren aus den Erörterungen der Budgetkommission bekannt ist, noch bis zum Jahre 1916. (Hört! hört) Infolgedessen konnte ich jetzt nicht etwa eine Neuausschreibung vornehmen, sondern nur fragen, ob dieser Vertrag, gegen dessen einzelne Bestimmungen verschiedene Einwendungen —
meiner Ansicht nach nicht mit Unrecht — erhoben wurden, geändert werden sollte. Ich habe also nicht etwa, wie der Begründer der Anfrage, Herr Abg. Cahensly, ausführte, den
Beschlüssen dieses hohen Hauses zuwidergehandelt, sondern ich glaube, daß der Herr Abgeordnete selbst den Verhandlungen in der Budget⸗ kommission in diesem Jahre nicht beigewohnt hat. Ich habe dort bei den Bädern erklärt, daß eine Reihe von zwingenden Gründen mich veranlassen, den Pachtvertrag voraussichtlich im Laufe des Jahres zu andern und auf gewisse Zeit zu verlängern. Ich glaube, mit dieser Erklärung sehr loyal gehandelt zu haben, und die Herren Mitglieder der Budgetkommission werden mir bestätigen, daß ich diese Möglichkeit in Aussicht gestellt habe.
Zur Klarlegung möchte ich folgendes anführen. Der Vertrag der Regierung ging mit Friedrich Siemens; die Führung der Geschäfte war auf Widerruf der Firma Siemens u. Co. gestattet. Als nach dem Tode von Friedrich Siemens diese Firma in Liquidation getreten war, hat die Regierung in meinem Auftrage den Widerruf vollzogen und die Firma Siemens u. Co. ausgeschlossen, d. h. ihr den Weiter⸗ vertrieb entzogen, sodaß nun der Vertrag mit Siemens Erben besteht. Meine Herren, ich bitte, immer die Firmen auseinanderzuhalten! Weil die Firma liquidierte, darum ist ihr eben die Führung der Ge— schäfte entjogen, und nun haben die Erben, d. h. die Witwe von Friedrich Siemens und ihre drei Söhne, bis zum Jahre 1916 den laufenden Vertrag; mit ihnen ist verhandelt worden. Der Herr Be⸗ gründer der Interpellation hat ja auch schon ausgeführt, daß der schwerwiegendste Punkt in dem alten Vertrage die Unklarheit darüber war, wieweit der Pächter verpflichtet war, bei der Neu⸗ fassung der Quellen, die nicht allein für Fachingen, sondern auch für Niederselters notwendig ist, mitzuwirken. Wir wären unter Umständen in sehr schwierige Verhältnisse gekommen; es konnten nicht nur die Quellen sich verschlechtern, sondern überhaupt der ganze Absatz in Frage gestellt werden. Die Konsequenzen, die sich nach allen diesen Richtungen für die Staatsregierung ergaben, sind die Veranlassung gewesen, den neuen Vertrag mit den Erben derartig zu vollziehen, daß sie unter dem Zugeständnis einer 11 jährigen Ver⸗ längerung in die Beteiligung bei der Neufassung der Quellen ein⸗ gewilligt haben.
Im übrigen waren — das wird mir der Herr Abgeordnete auch zugestehen — auch eine Reihe von Klagen aus Nassau bezüglich der billigeren Abgabe von Wässern an die Bevölkerung erhoben. Diese Klagen haben wir in dem Vertrage berücksichtigt. Ferner klagten die Krugbäcker, — und da kann ich mich auf einen Kollegen des Herrn Abg. Cahensly berufen: den Herrn Abg. Dr. Dahlem, der mit einer Abordnung der Krugbäcker bei mir war, welche mir sogar ihren besonderen Dank dafür ausgesprochen hat, daß ich mich der Krugbãäcker so warm angenommen habe. Ich habe mich also bemüht, nach allen diesen Richtungen Beschwerden zu beseitigen, die ia auch verschiedentlich die Budgetkommission des hohen Hauses beschäftigt haben.
Meine Herren, es hat wahrlich nicht in meiner Absicht gelegen, eine Resolution dieses hohen Hauses nicht zu beachten. Ich habe der Budgetkommission von meiner Absicht Kenntnis gegeben. Ich habe die Beschwerden zu beseitigen gesucht, und hoffe, daß sich nunmehr ge—⸗ deihliche Verhältnisse entwickeln werden. Ich habe nur zu erklären, daß ich den Vertrag mit dem Herrn Finanzminister vollzogen habe, und daß wir glauben, nach jeder Richtung hin den Wünschen des hohen Hauses wie auch den Interessen des Staats selbst entsprochen zn haben. Beschwerden haben bestanden, wie ich immer wieder hervorheben muß; ich hoffe, daß durch den Vertrag endlich eine Besserung der ganzen Verhältnisse herbeigeführt werden wird.
Auch über den Beginn der weiter auf der Tagesordnung stehenden zweiten Beratung des vom Abg. Gamp sfreikons.) eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderungdes Allgemeinen Berggesetzes (Sperrung der Mutungen auf Steinkohlen und Steinsalz), ist schon berichtet worden.
Die ,,, beantragt die Annahme des Gesetz⸗ entwurfs in folgender Fassung;
5 1. Die Annahme von Mutungen auf Steinkohle sowie auf Steinfal; nebst den mit diesem auf der nämlichen Lagerstätte vor. kommenden Salzen firdet vom Tage der Verkündigung dieses Gesetzes an bis zu anderweiter gesetzlicher Regelung der Lr e ne, des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 über das Muten und Verleiben, längstens aber auf die Dauer von 2 Jahren, bei den ftaatlichen Behörden nur insoweit statt, als die Mutungen eingelegt werden auf Grund von Schürfarbeiten, welche
I) vor dem 31. März 1905 begonnen worden sind oder
2) im Umkreise 41845 m um den Fund einer noch schwebenden Mutung unternommen werden, deren Mineral bei der amtlichen
Üntersuchung bereits vor Verkändigung dieses Gesetzes nachgewiesen worden ist.
Das Feld einer Mutung nach Ziffer 2 darf sich an keiner Stelle über den dort bezeichneten Umkreis hinaus erstrecken.
Zwei Punkte der Begrenzung eines auf Grund des gegen= wärtigen Gesetzes gestreckten Feldes dürfen bei einem zulassigen Flächeninhalt von 2 189 000 am nicht über 4150 m voneinander entfernt liegen. . . .
Zu den Mutungen, welche vor der Verkündigung dieses Gesetzes eingelegt worden sind, . innerhalb eines Jahres nach dem Tage der Verkündigung des Gesetzes, und zu den nach diesem Zeitpunkte einzulegenden Mutungen muß innerhalb sechs Monaten nach der amt · lichen Untersuchung von dem Muter der Schlußtermin beantragt werden. Ist diefer Antrag nicht innerhalb der vorgesehenen Fristen gestellt orden oder wird er zurückgenommen, so ist die Mutung von Anfang an ungültig. Auch 8 in diefen Fällen ein Dritter auf denselben Fundpunkt eine neue Mutung nicht einlegen. —ͤ
3 2. Unberührt von dieser Vorschrift bleiben diejenigen Mutungen, die die stagtlichen Bergbehörden in Vertretung der In⸗ haber von Bergregalitätsrechten anzunehmen berechtigt sind.“
Die Kommission beantragt ferner folgende Resolution: „die Regierung zu ersuchen, ;
a. in eine eingehende Prüfung darüber einzutreten, in welcher Beziehung das Berggesetz ins besondere über das Muten und die Verleihung des Bergwerkseigentums einer Aenderung zu unterwerfen fein möchte, und den diesbezüglichen Gesetzentwurf sobald als mög ˖ lich vorzulegen; .
p. vorher aber dem Landtage in einer eingehenden Denkschrift über die einschlägigen berggesetzlichen Bestimmungen der vorzugẽ⸗ weise in Frage kommenden außerpreußischen Staaten im Vergleich mit den preußischen Bestimmungen Mitteilung zu machen;
e. möglschst noch in dieser Session durch einen Nacht rags tat diejenigen Geldmittel anzufordern, die zu einer ystematischen Auf⸗ schließung des Landes, insbesondere der östlichen Provinzen in bezug auf das Vorhandensein von Kohlen und Steinsalzen entweder durch Vermehrung der staatlichen Bohrversuche oder durch den Abschluß bon Verträgen mit prlvaten Bohrgesellschaften not⸗
wendig sind.“ Die Abgg. von Bockelberg (kons), Gamp (freikons.)
Dr. König (Zentr) und Oeser (fr. Volksp.) beantragen, in 81 zwischen Abs. 1 und 2 folgenden neuen Absatz ein⸗ zuschieben:
„Die Annahme von Mutungen nach Absatz 1 Ziffer? ist aus⸗ geschlofsen, wenn der Muter innerbalb zwei Wochen nach Verkündigung diefes Gefetzes dem zuständigen Oberbergamt erklärt, daß er auf weitere Mukungen in dem in Ziffer? bezeichneten Umkreise verzichtet. Diefe Erklärung ist unwiderruflich..
Abg. Gamp' (fr. kons); Wir haben in die Kommisston einen recht kräftigen Jungen geschickt, und aus der Kommission ist nur ein em f ng herausgekommen, sodaß man sich fragen muß, ob man sich dafür noch besonders interessieren soll. Ich bedaure die Einschränkung meines Antrags durch die Kommission. Das Kohlen⸗ fyndikat und die Bohrgesellschaften haben geschickt operiert, indem sie sich an das Mitleid des Hauses, an das efühl und nicht an den Verstand gewandt und über alle möglichen Rechtsverletzungen in ihren Eingaben geklagt haben; und es sind immer dieselben Leute, die in den Bohrgesellschaften und in dem Kohlen syndikat maßgebend sind. Man wollte glauben machen, daß mein Antrag die Kohlen und das Kali wesentlich verteuern und die Landwirtschaft schädigen würde. Die Bohrgefellschaften täten besser, die Vertretung der Interessen der Qndwrtschafst dem Bunde der Landwirte zu Überlassen. Das Kohlenfyndikat hat mit der Internationalen Bohrgesellschaft bereits im vorigen Jahre über den Erwerb sämtlicher Felder der Bohrgesell⸗ schaft verhandelt, die Bohrgesellschaft hat den Verkauf nur abgelehnt, weil ihr nicht genug dafür geboten wurde. Auch ich persönlich wurde heftig angegriffen. Es ist mir in einer Zeltung aus berg baulichen Kreisen vorgeworfen, ich hätte den Antrag nur gestellt auf Veranlaffung einiger Freunde, die der Kaliindustrie nahe ständen. Ich habe aber den Gedanken schon 1889 angeregt. Was ist es denn mit der sogenannten Bergfreiheit? Auch in der FKommission hieß es: Hoch die Bergfreiheit! Aber die energischen Bekämpfer der Bergfreiheit sind ja gerade die Bohrgesellschaften, die alles in ihre Hände allein bringen wollen. Der Bergfreiheit soll alles offen stehen; aber wer einmal zwei oder drei Bohrlöcher hat, kann jeden andern in gewissem Umkreis aus⸗ schließen. Von einer wirklichen Bergfreiheit ist also überhaupt infolge der Tätigkeit der Bohrgefellschaften keine Rede mehr. Man hat gegen den Antrag eingewendet, daß er die Arheiter der Bohrge⸗· fellschaften brotlos mache; aber der Staat hat sich bereit erklärt, biese Arbeiter wester zu beschäftigen bei den Eisenbahnen oder da— durch, daß er seinerseits die Bohrgesellschaften mit Bohrungen zur Aufschließung des Landes beauftragt. Wie jetzt die Bohrgesell . schaften vorgehen, ist es eine Vergeudung nationaler Arbeits- kraft und nationalen Kapitals. Es wäre ein Akt einer großzügigen, vorausfehenden Finanzpolitik, wenn der Staat durch die Bohrgesell⸗ schaften behufs Aufschließung des Landes weitere Bohrungen vor⸗ nehmen ließe; es handelt sich dabei vielleicht um zwei bis drei Millionen Mark jährlich. Es wird jetzt in ganz irrationeller Weise gebohrt, und es werden Millionen unnütz dafür ausgegeben. Die Hauptsache ist doch, daß die Produktionskosten verbilligt werden und damit die Koble billiger wird. Herr Röchling sagt. ich hätte eigentlich den Mund halten und der Regierung die Einbringung einer Vorlage überlassen sollen. Ich werde dies Herrn Röchling unter die Rafe halten, wenn einmal Anträge der Natlonalliberalen gestellt werden. Es ift schon früher von anderer Seite anerkannt worden, daß gegen den Unfug der wiederholten Streckung der Felder ein Not- gefetz erlassen werden müßte. Wenn die Auslegung des Reichsgesetzes dem Geist des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers widerspricht, muß eine authentische Interpretation durch die e Gef un erfolgen. In gm rr, hat man meinen Antrag einen unerhörten ingriff in die Bergfreiheit genannt, aber in Hannover besteht ja gar keine Bergfreiheit. Der Staat hat an die Bohrgesellschaften für jede Fund. stelle 205 000 M mehr bezahlen müssen, als die Kosten des Bohrloches betragen. Das macht insgesamt einen Gewinn bon 68 000 oo. *, für alle die . aus, welche die Internationale Bohrgesellschaft jetzt besitzt. Der Standpunkt der Minderheit der Nationalliberalen bezüglich der Bergfreibeit wird wohl von sehr wenigen geteilt werden; er bedeutet die Verwüftung unseres nationalen Besstzes an Kali Der Antrag von Bockelberg wäre eigentlich überflüssig. da der Kommissions.˖ antrag in Rummer 2 ausdrücklich von „einer noch schwebenden Mutung“ spricht; aber der Antrag schafft volle Klarheit. Ich empfeble die Annahme des Kommissionsantrages und bitte den Präsidenten, im Einverständ⸗ nis mit den Vertretern aller Parteien, die dritte Beratung unmittel⸗ bar an die zweite Lesung anschließen zu lassen.
Die Abgg. von Arnim-Züsedom (kons) und Genossen
bringen den Antrag ein: die Regierung zu ersuchen, möglichst bald ein Gesetz vor⸗ zulegen, das die Auf suchung und Gewinnung von Stein⸗ kohken und Kalisalzen dem Staate vorbehält.“
Minister für Handel und Gewerbe Möller: Ich bitte um An⸗ nahme des Kommiffionsantrags. Wir erkennen die Segnungen, die uns das Allgemeine Berggesetz gebracht hat, in höchstem Maße an; aber seit einigen Jahren sind Zweifel aufgestiegen, ob das gegenwärtige System den Grundkagen entspricht, die zur Emanierung des Gesetzes geführt haben. Man glaubte damals alles von der freien Konkurrenz er⸗ warten zu können, und diese hat sich auch bewährt; aber jetzt haben sich die Grundlagen verschoben, wir haben keine freie Konkurren mehr, sondern ast auzschließlich nur den Einfluß der Bohr⸗ gesellschaften. Wir müssen unsere Kohlen⸗ und Kalischätze für die Allgemeinheit reservieren. Wir laufen Gefahr, daß eine Ver⸗ schleuderung des Kalis eintritt und haben alle Urfache, diese Gefahr nicht zu unterschätzen. Es ist uns zum Vorwurf gemacht worden, da nicht die Regierung die Vorlage eingebracht hat. Wir hatten bereits die , . fär eine ähnliche Vorlage getroffen, aber wir wollten das Haus in dieser Session nicht mebr damit belasten.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
zun Deutschen Reichsa
M 12S.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Nachdem der Abg. Gamp seinen Antrag 564 eingebracht hatte, wollten wir ihm den Vorrang lassen. Der Antrag Gamp läßt eine Frift für die Ginbringung einer endgültigen Vorlage offen, i bedaure aber, daß die Frist von der Wee ffn nur auf zwei Jahre bemessen worden ist, während der Antrag Gamp fünf Jahre vorsah. Ble jwei Jahre werden nicht dazu genügen, eine organische Aenderung des Berggefetzeß vorzubereiten. Nachdem aber die Frist so bemessen ist, werden wir uns bemühen, schon in der nächsten Session eine ent⸗ srreg Vorlage einzubringen. bg. GSyß küng (fr. Volksp.): Wir können diesem Gesetze unsere Zustimmung nicht geben, weil es zum Staatsmonopol führt, und wenn Dir darüber noch im Zweifel sein konnten, so hat uns der eben ein⸗ gebrachte Antrag von Arnim darüber belehrt. Der Abg. Gamp hat allerdings wenig Vaterfreude gehabt, denn es ist aus der Kommission ein Schwächling herausgekommen; wir hätten jedoch gewünscht, daß der Knabe in der Kommifston gestorben wäre, wir hätten ihm den ewigen . gegönnt. Auch die nationalliberale Partei wird nicht gerade eudig zustimmen. Die Angriffe auf die Bohrgesellschaften sind durchaus nicht berechtigt; sie haben gar kein so bedeutendes Kapital und haben nicht nur mit Kapital, sondern auch mit großer In⸗ telligeaz gearbeitet, und ich hätte nur gewünscht, daß der Staat die⸗ selbe Intelligen; in der Vornahme von Bohrungen bewiesen hätte. Wir werden also die Vorlage ablehnen, dagegen die Resolution der Kommission unterstügen. Wenn wirklich Mißstände sich herausgestellt haben, so hätte die egierung uns laͤngst einen solchen Gesetzentwurf, wie ihn der Abg. Gamp , vorlegen müssen. Die Resolution fordert die Regierung auf, die erhältnisse genau zu prüfen. Ueber den Umfang unserer Kohlenschätze sind die Annahmen der Sach verständigen geteilt. Insbefondere wünsche ich, daß die Regierung auch in den östlichen Landesteilen, die industriearm sind, Bohrungen vor⸗ nehmen läßt. Dort könnte die Indastrie einen großen Aufschwung er⸗ fahren, wenn Kohlen gefunden würden. Im Volke sehnt man nach einem Mittel gegen das Kohlensyndikat, aber der Antrag Gamp würde eher das Syndikat fördern, anstatt es zu bekämpfen. Ich er⸗ kenne an, daß dieses Bedenken, das schon der Abg. Traeger in der ersten Lesung äußerte, durch die Kom missions⸗ fafsung abgeschwächt ist, ferner haben wir das Bedenken, daß gerade durch den Antrag die Kohle verteuert werden kann. Di: Verteuerung' durch die Behrgesellschaft ist sehr gering. Sie beträgt nur 8 J pro Tonne. Aber ausschlaggebend für uns ist die Tendenz des Antrages Gamp wie sie besonders durch den Antrag don Arnim crläufert wird. Um die Bestimmungen des Berggesetzes über das Muten zu ändern, bedurfte es nicht dieses Antrages Gamp, sondern eines anderen Gesetzentwurfs, für den auch schon Vor— schläge gemacht sind. Der Antrag Gamp sührt zum Staats monopol oder zum Bergregal, wir aber wollen an dem Prinzip der Berg— freiheit festhalten. Abg. Dr. Fer vers Gentr.): Das Kind des Abg. Gamp ist aus der Kom mission matt, blutleer und schlapp zurückgekommen. Wir müssen verfuchen, es wieder gesund jzu machen. ie Bergfreiheit
war ein guter Grundsatz, aber auch die besten Grundsätze hören einmal auf, gut. zu sein. Die natsächlichen Ver⸗ hbäftnisse sind doch fortwährend im Flusse; das beste Gesetz,
Verhältnisse richtig gestellt hat, kann einmal
das einmal die bestehen bleiben. So ist es nach Auf⸗
nicht unverändert
faffung meiner Freunde in der Tat. mit dem Berggesetz. Die Verhältnisse haben sich so total geändert, daß gerade das, was die Bergfreiheit verhindern sollte, das Monopol, jetzt eintritt. Die
Kohlen. und Kaligewinnung wird bald in die Hände weniger Privat- leute gekommen fein, wenn wir nicht das Gesetz ändern. Deshalb sind wir mit der Tendenz des Antrages Gamp durchaus einverstanden. Wir bedauern, daß der Antrag noch am Schluß einer so arbeits- reichen Sesfion eingebracht worden ist. Ware er früher eingebracht worden, wäte es vielleicht möglich gewesen, die Sache gleich definitiv ju regeln. Von einem Staatsmonopol kann schon deshalb keine Rede fein, weil niemand daran denkt, die im Privatbesitz befindlichen Berg⸗ werke zu exprepriieren. Wer heute mit uns geht, entscheidet sich fuͤr ein gemischtes System, für Staats hetrieb und Privatbetrieb; wer aber nicht mit uns geht, entscheidet sich für ein Privatmonopol. Wenn wir jetzt nicht mit einem Gesetz vorgehen, wird es zu einem wirk— samen Eingriff des Staates zu spät sein. Die Mehrheit meiner Freunde hätte allerdings einen Mittelweg zwischen dem Antrag Gamp und dem Kommissionsbeschluß gewünscht, etwa in der Art, daß die Maximalfelder vergrößert würden und die Nummer 2 des § 1 gestrichen würde. Wir stimmen aber doch für die Kommissionsfassung,
weil wir einen anderen Antrag für aussichtslos halten und das Zu⸗
standekommen des Gesetzes wünschen. Abg. Deser (Hof. d. fr. Volksp.) : Nachdem einmal der Antrag eingebracht worden ist, würde es ein schwerer Fehler sein, wenn wir die Sache nicht zum Abschluß brächten. Ich für meine Person stimme dem Kommissionsantrag zu; ich würde Bedenken tragen, dafür zu stimmen, wenn die Bergfreiheit in, der Tat noch, bestände. Aber in der Praxis ist das Beragesetz ganz in sein Gegenteil verkehrt. Rach dem Gesetz hat jeder Anspruch auf. Schürfarbeiten; die Bohr⸗ gefellschaften schließen aber fast jede Konkurrenz aus. Zwei Gegen⸗ fände sprechen für das Gesetz. Einmal die Entwicklung der Bohrtechnik. Ez wird heute ein Bohrloch, zu dem man früher drei Jahre brauchte, in 50 Tagen niedergebracht; in einem Tage ist schon bis u 240 Meter ebohrt worden, und es besteht die Gefahr, daß in nicht zu langer . fast der ganze preußische Boden durch die Bohrgesellschaft be⸗ ohrt ist. Und dann liegt eine Gefahr für die Allgemeinheit in der Bildung des Syndikats. Gewiß könnte der Antrag Gamp gerade dem Syndikat nützen, weil keine Felder mehr auf den Markt kommen und dann dem Syndikat keine Konkurrenz mehr geboten werden kann; ich würde diesen Einwand gelten lassen, wenn der Antrag Gamp eine definitive Regelung enthielte, aber es soll doch später das Gesetz organisch geändert werden. Der Hauptangriffspunkt ist der 8 22 des Berggefetz's, der das Verleihungsrecht regelt. Da eine positive Regelung nach den Erklärungen der Regierung nicht so schnell zu machen ift, bleibt uns nichts anderes übrig, als nach dem Antrage
Gamp jeitweise eine Sperre eintreten zu lassen. Der An⸗ trag Bockelberg bringt eine Milderung, die unbedenklich ist. Der Antrag von Arnim geht über das Ziel des An⸗
trages Gamp. hinaus, und ich meine, daß wir uns am besten auf die? Kommissionsfaffung beschraͤnken. Ein. Staatsmoncpol ist nicht ju befärchien, denn die. Prixatindustri⸗ in der Kohlen⸗ und Kaligewinnung ist so stack, daß diese Gefahr nicht besteht. Wir wollen aber, daß nicht fiskalische Interessen maßgebend sind, sondern lediglich die Interessen der Allgemeinheit, der Konfumenten. Es handelt sich hier darum, die Interessen der Allgemeinheit sicher zu stellen gegen die Angriffe einzelner, ünd wenn man dies draußen im Lande richtig darstellt, wird die Mebrheit der Bevölkerung auf unserer Seite sein.
Abg. Dr. von Woyng freikons.) beantragt zu dem Antrag von Arnim den Zusatz: „soweit sie nicht, kraft Gefetzes dem Eigentümer des Bodens ge högen, und führt aus: Der Minister hat in, der ersten Lesung erklärt, daß er nicht daran denke, die Rechte der Grund⸗ eigentümer in Hannober anzutasten. Wir haben jur Klarstellung diefen Antrag eingebracht, der den Intentionen des Ministers ent⸗
nzeiger und Kö
daß jedes Tier, lebend und auch na
Zweite Beilage
niglich Preußischen Staatsanzeiger 1905.
Berlin, Mittwoch, den 31. Mai
. Da jedoch die Konsequenzen des Antrages sehr wer zu Übersehen sind, würde ich, empfehlen, noch nicht darüber abstimmen zu lassen, sondern ihn der Kommission zu
überweisen. Die Regierung hätte schon vor Jahren die Grundeigen⸗ tũmer züglich der Verwertung ihrer Bodenschätze organisieren sollen. Es ist eine ganz wilde Art des Abkommens über die Verwertung des Bergvorkommens eingetreten., Ich will nicht weiter die wüste Spekulation darstellen, aber der Staat muß endlich Ordnung hinein, bringen in die Gewinnung unserer Kalischätze. Bei der Zerrissen⸗ beit der hannoverschen Grenze kommt der Bergwerkseigentümer in der e Hannover sehr oft in die Lage, in die Bergfreiheit einer enachbarken Provinz überzutreten. Zwar können sie sich dann durch Hi uten helfen. Ich möchte die Regierung fragen, ob rechtliche edenken vorliegen, den § 60 des Berggesetzes auf solche Fälle an⸗ zuwenden. Der Antrag von Arnim wird mit dem Antrag von Woyna an die Kommission verwiesen. berberghauptmann von VelsFen erwidert dem Abg. von Woyna, daß solche rechtlichen Bedenken nicht vorliegen.
Damit schließt die Debatte. Die Vorlage wird in der Kommissionsfassung mit dem Antrag von Bockelberg an⸗ genommen, ebenso die Resolution der Kommission.
Das Haus geht sofort zur dritten Beratung über und nimmt die Vorlage ohne weitere Debatte endgültig an.
Es folgt die Bergtung von Petitionen.
Die Penttion des Oberlandmessers Müller in Neuruppin um andere Regelung der amtlichen Stellung der Auseinander⸗ setzungslandmesser bei der Umgestaltung der Generalkommisfionen wird der Regierung zur Erwägung überwiesen.
Ueber die Petition des Vereins preußischer Schlachthoftierärzte um Lenderung des Schlachthausgesetzes beantragt die Gemeindekommission zur Tagesordnung überzugehen.
Abg. Rosenomw (fr. Volksp) schildert eingehend die Gefahren, welche durch das Verbot der nochmaligen Untersuchung des in die Städte eingeführten Fleisches entstehen. Es komme massenbaft Fleisch pon auswärts in die Stadt, welches zwar tierärztlich untersucht, aber nach der Unterfuchung verdorben sei. Die Städte verlangten nichts welter, als gegen ungesundes Fleisch gesichert zu sein. Es müsse den Städten gestattet werden, eigene Kontrollstationen einzurichten. Es werde wirklich nötig, daß auch die Herren von der Rechten das endlich einmal einfehen. Beshalb dürfe die Petition nicht durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt werden, sondern er beantrage, sie der Re⸗ gierung zur Berüͤcksichtigung zu überweisen,
Abg. Freiherr , n gen, Die Gemeindekommission hat den Uebergang zur Tagesordnung beantragt, um die alte Streitfrage nicht von neuem aufzurollen. Die Tierärzte auf dem Lande müssen sich verwahren gegen die Vorwürfe, die ihnen in dieser Frage von der Linken? gemacht werden. Was wird denn Lurch die zweite Unter- suchung in der Stadt geändert? Es hat sich auch nach der Unter⸗ suchung auf dem Berliner Schlachthof krankes Fleisch ergeben. In Berlin' heißt es immer: die Untersuchung auf dem Lande ist schlecht, nur die Üntersuchung in Berlin ist gut. Das ist eine Anmaßung, gegen die man Verwahrung einlegen muß. Es besteht die Vorschrift, 1 ] nach der Schlachtung untersucht werden muß. Das ist die beste Ausführung des Fleischbeschaugesetzes, und ich bitke, den Kommissionzantrag anzunehmen.
Abg. Ro senow fr. Volksp): Der Vorredner tut immer so, als ob es fich nur um Berlin handele. Es haben aber die Bürgermeister aller Städte sich den Eingaben n, . In Berlin besteht aller— dings in dieser Richtung gar keine Nahrungsmittelkontrolle. Den Schlachthaus gemeinden muß das Recht der nochmaligen Untersuchung werden.
Regierungskommissar, Geheimer Oberregierungsrat Schroeter Ich muß der Behauptung des Herrn Vorredners widersprechen, als Db in einer Ministerialverfügung zum Ausdruck gekommen sei, daß das, was in der vorliegenden Petitlon der Schlachthoftierärzte angestrebt wird, auch von der Staatsregierung gebilligt worden sei. In dem Erlasse der juständigen Herren Minister, auf den der Herr Abg. Rofenow hingewiesen hat, ist lediglich bestimmt, daß die Wirkungen des Fleischbeschaugesetzes, namentlich der Vorschriiten über die so⸗ genannte Freizügigkeit des Fleisches in dem abgeänderten § 5 des Aus⸗ führungsgefetzes, von den Regierungspräsidenten und den sonstigen zu. ständigen Behörden beobachtet werden sollen und daß nach Ablauf dieses Jahres Bericht erstattet werden möge, ob Mißstände hervorgetreten seien und was zur Abhilfe etwa geschehen könne. Dieser Inhalt des Er— laffes gibt zu der Schlußfolgerung, daß die Königliche Staatsregierung den Gedanken der Einrichtung von Kontrollstationen in dem Sinne, wie sie von den Schlachthoftierärzten angestrebt werden, billige, keinen Anlaß. Jedenfalls scheint mir aber die Petition deswegen jetzt nicht geeignet zu sein, zur Berücksichtigung oder auch nur als Material küberwiesen zu werden, weil das, was die Petition erstrebt, schon durch das Abänderungsgesetz vom 23. September 1894 erledigt ist; dadurch ist ja zum Ausdruck gebracht worden, daß die Errichtung von Kontroll⸗ stationen für eingeführtes Fleisch seitens der Schlachthausgemeinden nicht erfolgen soll. Für die Zukunft wird möglicherweise zu erwägen sein, wie etwaigen Mißständen auf dem Gebiete der Fleischkontrolle entgegenzutreten und eine Besserung anzustreben sein wird. Ob hierbei Kontrollstationen überhaupt in Frage kommen werden, ist jetzt durchaus noch nicht zu übersehen. Ich möchte für meine Person glauben, daß bis jetzt noch kein Anlaß vorhanden ist, anzunehmen, daß sich ein Be⸗ dürfnis für Kontrollstationen herausstellen wird.
Das Haus beschließt nach dem Antrage der Kommission.
Bie Vorftände der westfällschen Landgemeindetage für die Re— gierungsbezirke Arnsberg und Minden petitionieren um Abänderung der Kreisordnung für die Provinz Westfalen (Wählbarkeit zum Kreistage und zum Kreiszausschusse für diesenigen Peisonen, die ein fldffh⸗ Amt bekleiden, das der Aufsicht des Landrats unter stellt ist).
Die Gemeindekommission beantragt, über die Petition zur Tages- ordnung überzugehen.
Abg. Dr. Berndt (nl) empfiehlt die Wünsche der Petenten und beantragt die Ueberweisung der Petition an die Regierung als Material.
Abg. Dr. Ost r op (Sentr) erklärt sich für den Kom missions⸗ antrag.
Das Haus beschließt nach dem Kommissionsantrag.
Eine Petition des Bauunternehmers Kiph in Lehe a. W. um Nachzahlung für geleistete Arbeiten für den Dortmund⸗Ems⸗Kanal beantragt die Handels- und Gewerbekommission zum Teil zur Berück⸗ sichtigung zu überweisen, zum Teil durch Uebergang zur Tagesordnung zu erledigen.
Abg. Pleß (Zentr.) beantragt dagegen, Uebergang zur Tagesordnung zu erledigen. mifsionswesen werde so lange weiter bestehen, wie man nicht den Mindestbietenden von der Lieferung ausschließt. Der anständige Ünternehmer müsse vor der elenden, erbärmlichen Preisdrückerei geschützt werden. Deshalb solle auch in diesem Falle dem Petenten nichts weiter gezahlt werden.
Abg. Ham mer (kons.) erkennt an, daß das vom Vorredner ver⸗
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tretene Prinzip berechtigt sei, aber hier handele es sich doch um einen
die Petition ganz durch Das unheilvolle Sub⸗
Ausnahmefall, in dem man die Wünsche des Petenten empfehlen müsse. Die Behörden machten sich vielfach die AÄusschreibungen der Sub⸗ missionen so leicht, daß die Bedingungen nicht klar feien und die Unternehmer nicht richtig kalkulieren könnten. Die Kommission des Hauses habe ein neues Submissionsverfahren vorgeschlagen; auch die Kom munen hätten alle Veranlassung, ihr Submissionsverfahren zu regulieren und das neue Verfahren anzuwenden.
Das Haus beschließt nach dem Kommissionsantrage.
Ueber die Petitlon des. Vereins deutscher Briefumschlag⸗ fabrikanten, betreffend die Beschäftigung der Gefangenen mit der Her⸗ stellung von Briefumschlägen, geht das Haus zur Tagesordnung über.
Petitionen des Zentralverbandes deutscher Kaufleute und Gewerbe⸗ treibender um Verbot der Beteiligung von Beamten, Offizieren,
Geistlichen und Lehrern an Produktivgenossenschaften und Verbot der Gründung von Beamten ⸗Produktivgenossenschasten, des Zentral⸗ verbandes deutscher Zigarren und Tabakladeninhaber um Verbot der Tätigkeit von Beamten in Konsumpereinen, Beamtenvereinen und Genossenschaften und des Kaufmännischen Provinzialverbandes in Stettin um Aenderung der gesetzlichen Bestimmungen über die Konfumvereine Bestrafung des Verkaufs von Waren an Nicht⸗ mitglieder, Einführung eines Nachweises des Bedürfnisses für die Bildung von Konsumvereinen, sowie der Genehmigung durch die Ver⸗ waltungsbehörden) sowie Verbot der Beteiligung von Staatsbeamten an der Verwaltung von Konsumvereinen und die Petition des Provinzialverbandes der Vereine zum Schutze des Handels und Gewerbes für Schlesien um Abhilfe gegen die Schädigung der Handel⸗ und Gewerbetreibenden durch die Konsumvereine beantragt die Handels. und Gewerbekommission durch Uebergang zur Tages⸗ ordnung zu erledigen. ⸗
Abg. Ham mer (kons.) spricht sich im Sinne der Petitionen gegen die Tätigkeit der Konsumvereine aus. Die Aufsichtsräte bezögen hohe Tantiemen, die Arbeiter würden aber schlecht bezahlt. Man sage, daß die Steuerfreiheit der Konsumvereine ein Steuerprivileg für die wirtschaftlich Schwachen sei, aber wie dig wirtschaftlich Schwachen in dem Konsumwverein beschaffen seien, ersehe man daraus, daß von Konsumvereinen Meoselwein bis zu 2 „ die Flasche und Pommery für 13 6 verkauft werde, ferner Seidenstoffe, kostbare Teppiche usw. Es sei notwendig, die ganze Frage der Konsum⸗ vereine gesetzlich zu regeln, und er behalte sich für die nächste Session Anträge vor.
Das Haus heschließt darauf nach dem Kom missionsantrage. Auch eine Petition des Schlesischen Provinzialverbandes zum Schutze des Handels und Gewerbes um Heranziehung der Konsumvereine zur Einkommensteuer, höhere Be⸗ steuerung der Wanderlager und Ermäßigung der Fleischschaugebühren wird durch Uebergang zur Tagesorznung erledigt.
Eine Petition des Landwirtschaftlichen Kreisvereins in Schönau 14 der Katzbach bittet um Aenderung des. Gesetzes, betreffend Schutzmaß regeln im Quellgebiete der links seiti gen Zuflüsße der Oder in Schlesien (Entschädi⸗ . das Bestehenlassen von Holzungen). ie Agrarkommission beantragt, über die Petition, soweit sie eine Aenderung des , wünscht, zur Tagesordnung überzugehen, sie dagegen, soweit, die ewährung von Beihilfen zur Umwandlung der Näiederwaldbestände in Nadelwald in Frage kommt, der Re⸗ gier ung zur Berücksichtigung zu überweisen.
Abg. Baensch⸗Schmidtle in (fr. kons.)unterstützt das Petitum, bemerkt aber, daß an eine Aenderung des Gesetzes nicht gedacht werden könne. Das Haus beschließt nach dem Kommissionsantrage.
Die Petition der Gemeindepertretung zu Steglitz um Verleihung des Städterechts wird mit Rücksicht darauf, daß mit der Verleihung der Städteordnung an Steglitz bei seiner Einwohnerzahl das Recht zum e n, aus dem Kreise verbunden sein würde, der Regierung als Material überwiesen.
Außerdem erledigt das Haus noch einige Petitionen lokalen oder persönlichen Inhalts. Auf eine Frage des Abg. von Arnim (kons.) über die Ge⸗ schäftsdispofttionen erwidert der Präsident von Kröcher,
daß es sich empfehlen würde, vor Pfingsten alles zur Zeit vorhandene Material gufzugrbeiten, denn dann würden die meisften Herren wahrscheinlich nach, Pfingsten gar nicht mehr wiederzukommen brauchen; es sei möglich, daß dann nur noch eine formelle kurze Schlußsitzung nötig sei, denn nach den Nachrichten, die er soeben erhalten habe, sei es wahrscheinlich, daß im Herrenhause an den Berggesetzen nichts geandert
werde, daß sie vielmehr lediglich angenommen oder abgelehnt werden würden. In beiden Fällen sei dann eine weitere Sitzung dieses Hauses nicht nötig. Bis zu diesem Sonnabend könne das Haus alles aufarbeiten.
Schluß 4 Uhr. Nä ste Sitzung: Mittwoch 12 Uhr. (Gesetz über die gemeinschaftlichen Jagdbezirke; Gesetz über die Kosten . Prüfung der überwachungsbedürftigen Anlagen; Petitionen.
Handel und Gewerbe.
(Aus den im Reichs amt des Innern zu sammengestellten Nachrichten für Handel und Industrie“ ) Ausschreibungen.
Neue Bewässerungsprojekte in Britisch⸗Indien, welche neuerdings vom Staatssekretär genehmigt wurden, sind folgende: Be⸗ wäfferung von Disoi⸗Island an der Mündung des River Kistna (Prä- sidentschaft Madras); Anschlag: 1 860 000 Rupien. Das Wasser soll aus dem Fluffe mittels Zentrifugalpumpen gehoben werden. — Ein 20,5 engl. Meilen langer Kanal vom Dassan River nach dem Hamipurdistrilt Vereinigte Provinzen) mit Zweigkanälen nach Jalalpur und Mandha von 285 und 145 Meilen Länge; die Gesamtlänge der Nebenkanäle wird auf 210 Meilen geschätzt. Die Anlagekosten werden auf mehr
als 4 Millionen Rupien veranschlagt. (Phe Board of Trade Journal.) Vorarbeiten zu dem Projekt einer Wassersperre
und Bewäsfserungsanlage in Ahwas Persienm) werden, wie der brstische Konsul in Mohammerah berichtei, gegenwärtig von einem holländischen Ingenieur im Auftrage der persischen Regierung vor⸗ genommen.
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Zwang versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht! Berlin stand das Grund⸗ stück Heidenfeldstraße 18, dem Bauunternehmer Wilhelm Mahnke, im selben Hause wohnhaft, gehörig, zur Versteigerung. 7, Sg 1. Nutzungt wert 10 400 64. Mit dem Gebot von 187 600 bar blieb Rentier Philipp Mosino, Rauchstraße 2, Meistbietender.
Hen Keniglichen Amtsgericht 11 Beriin standen die nachbejeichneten Grundstücke zur Versteigerung: 353 a in Weißen fee, Gäblerstraße, der Handelszes. i. F. R. Kaul fuß u. Co zu Berlin gehörig. Mit dem Gebot von 21 900 e ar und 14 684 6 Hypotheken blieb Zimmermeister Ludwig Fischer in Weißensee, Wilhelmstraße 26,