1905 / 130 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 03 Jun 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 3. Juni.

Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin ö Seine Hoheit der Erbprinz und Ihre Königliche ö die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen, Seine Hoheit der Prinz und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Karl von Ser et Seine Durch⸗ laucht der Prinz und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe, ferner Ihre Königliche oheit die Großherzogin Marie von Mecklenburg⸗ Schwerin und Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin Johann, Albrecht, die Herzoge Paul Friedrich und Heinrich Borwin zu Mecklen—

burg, Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Hessen, der Groß⸗ herzog und die Hroßherzogin von Oldenburg mit Ihrer Hoheit der Herzogin Charlotte, Ihre

Königlichen Hoheiten der Prinz Johann Georg von Sachsen, der Fürst von Hohenzollern, der Herzog und die Herzogin von Aosta, der Prinz Arthur von Großbritannien und Irland, der Herzog von Oporto, der Kronprinz von Schweden und Norwegen, Seine Kaiserliche Hoheit der Großfürst Nikolaus Michagilo⸗ witsch von Rußland, Seine Königliche Hoheit der Prinz Ferdinand von Rumänien und Seine Königliche Hoheit der Prinz Chow Fa Chakrabongse von Siam sind gestern zu den Vermählungsfeierlichkeiten hier eingetroffen.

Heute trafen Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin, der Prinz und die Prinzessin Christian von Däne— mark, der Prinz Heinrich der Niederlande sowie Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich-Este hier ein.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin haben Allergnädigst geruht, der Frau Generalsuperintendent Hesekiel in Posen das goldene Frauen-Verdienstkreuz am weißen Bande zu verleihen.

Laut Meldung des ‚W. T. B. ist S. M. S. „Pfeil“ am 1. Juni in Falmouth eingetroffen und gestern von dort nach Kiel in See gegangen.

S. M. S. „Wolf“ ist auf der Heimreise am 30. Mai in Las Palmas (Canarische Inseln) angekommen und geht am 10. d. M. von dort nach Lissabon weiter.

S. M. S. „Falke“ ist am 1. Juni in Manzanillo (Mexiko) eingetroffen und geht heute von dort nach Mazatlan (Mexiko) ab.

S. M. S. „Iltis“ ist am 31. Mai in Ningpo an⸗ gekommen, an demselben Tage von dort wieder in See ge⸗ gangen und am 1. Juni in Schanghai eingetroffen.

S. M. S. „Jaguar“ ist am 31. Mai in Nanking an⸗ gekommen. . .

S. M. S. „Seeadler“ ist gestern von Schanghai nach Tsingtau in See gegangen. :

S. M. S. „Luchs“ ist gestern von Hankau nach Kinkiang (am ange abgegangen. 44 ;

. M. Flußkanonenboot „Vaterland“ ist gestern in Schanghai eingetroffen.

Der Ablösungstransport für S. M. S. S. „Brem en“ und Panther“ hat am 1. Juni auf dem Dampfer „Syria“ die Ausreise nach St. Thomas in Hamburg angetreten; . ist der Korvettenkapitän Graf von Saurma⸗

eltsch. ö Der ausreisende Ablösungstransport für die Schiffe des Kreuzergeschwaders ist mit dem Dampfer „Rhein“ am 1. Juni in Colombo (Ceylon) eingetroffen und hat gestern die Reise nach Hongkong fortgesetzt.

Deutsche Kolonien.

Aus Windhuk in Deutsch-Südwestafrita wird dem „W. T. B.“ zufolge berichtet, daß der Reiter Peter Weiß, geboren am 6. Januar 1883 zu Krekel, früher im Infanterie⸗ regiment Nr. 65, am 29. Mai 1905 im Lazarett zu Keet⸗—⸗ manshoop an Typhus gestorben ist.

Oefterreich⸗ Ungarn.

Der ungarische Ministerpräsident Graf Tisza ist, dem W. T. B.“ zufolge, gestern vormittag vom Kaiser in ein⸗ stündiger Audienz empfangen worden und darauf nach Budapest zurückgekehrt. ; .

Das ungarische Unterhaus bat mit großer Mehrheit den Antrag des Abz. Kossuth auf Schaffung eines autonomen ungarischen Zolltarifs angenommen. =. ;

Die oberste Gerichtsbehörde von Budapest hat die gegen die Wahl des Ministerpräsidenten Grafen Tisza im vierten hauptstädtischen Bezirke eingereichte Petition als nicht stich— haltig zurückgewiesen.

Großbritannien und Irland.

Im Oberhause lenkte gestern, wie W. T. B.“ berichtet, Lord Newton die Aufmerksamkeit des Hauses auf den neuen Vertrag mit Afghanistan, durch den England nicht mehr erreicht babe als unter Tem früheren. Rußlands schweres Mißgeschick in Ostasien habe seine Stellung in Mittelasien nicht beeinträchtigt. Der Unterstaats⸗ sekretär für Indien Marquis of Bath erklärte, die Regierung befolge dauernd die Politik, sich nicht in die inneren Angelegenheiten Af⸗

hanistans einzumischen, er bestätigte von neuem die Erklärung des remierministers Balfour über den Bau russischer strategischer

Bahnen und fubr fort: Ich glaube, wenn wir die Politik fortsetzen, freundliche Bejiehungen mit Afghanistan ju unterhalten, ohne diesem Lande unsere Aufmerksamkeit zu sehr aufzudrängen, werden wir alles erreichen, was wir im Auge haben, und die beste Sicherheit für Frieden und Ruhe schaffen, deren Erhaltung unser Hauptziel ist. Nach ein⸗ gehender Beratung zwischen der britischen und der indischen Regierung er⸗ kannte die Regierung des Mutterlandes an, daß das Abkommen gut und aus reichend sei, und di⸗ indisch Regierung nahm die Eatscheidung der britischen an. Eine förmliche Ecneuerung und Ratifikation des Abkommens mit dem verstorbenen Emir wurde erreicht. Die Mission hat so dem

afghanischen Volke und den befreundeten Stämmen gezeigt, daß, ob⸗

wohl in der Person

des Emirs ein Wechsel eingetreten ift, doch die

ĩ i nicht geändert hat. Unsere . den] —. n ist unverändert geblieben, solange die Be gen, unter denen eine Verpflichtung über⸗ nommen wurde, ungeändert blieben, Wir würden keiner

den Macht ischung gestatten, ö Me bfg eie . englische Regierung hat dem Ver— trage . Wichtigkeit beigemessen,

b ni . 2. sei, die der Emir während der Verhandlungen bewiesen hat.

Nach weiterer Debatte ergriff der Staatssekretär des Aeußern a of Lans downe . Wort und führte aus: es sei nicht richtig, daß die Mission gescheitert sei. J habe in einem viel formelleren Vertrage eine neue funden. Die Hauptpunkte des Abkommens seien, daß England sich

daß England dem Emir im Falle eines nicht herausgeforderten An-

fei, den Vertrag zurückzubringen, durch den das Abkommen, dem die Regierung größte Wichtigkelt beimesse, erneuert werde; die Regierung würde es als ein sehr ernstes Mißgeschick ansehen, wenn dieses Ab— kommen nicht bestände.

solange der Emir

es ist aber eine Frage gewesen, t größere Bedeutung der freundschaftlichen Gesinnung beizu⸗

Das bisherige Abkommen estätigung ge⸗

nicht in die inneren Angelegenheiten Afghanistans einmische, ferner,

riffs Hilfe leiste, und endlich, daß die auswärtigen Angelegenheiten ir ar ft unter Englands Leitung und Kontrolle stehen sollten. Er gebe zu, daß die Verbältnisse, wie sie sich unter dem Abkommen ent⸗ wickelt hätten, nicht in jeder Beziehung befriedigend gewesen seien. Die Vizekönige hätten alle, wie sie aufeinander gefolgt seien, gehofft, an dem Abkommen einige Verbesserungen vornehmen zu können, allen aber babe der Gedanke, Afghanistan Reformen aufzuzwingen, fern gelegen. Wenn der Emir keine Eisenbahnen und keine Telegraphen wünsche, so habe England ihm doch nicht gut raten können, daß er sie haben müsse, ob er sie wolle oder nicht. Die englische Regierung habe es für einen glücklichen Erfolg erachtet, daß die Mission in, der Lage gewesen

Bei der Ersatzwahl zum Unterhause in Whitby wurde Buxton (lib) mit 47 Stimmen gewählt. Gervase Beckett (kons.) erhielt 41l02 Stimmen. Die Regierung ver— liert hierdurch einen Sitz.

Frankreich.

Der König von Spanien und der Präsident Loubet besuchten gestern vormittag, wie „W. T. B. berichtet, St-CEyr und Versailles, wohnten am Abend in Saint-Cloud dem Aufstieg eines Luftballons und auf dem Hippodrom von Longchamps einem Feste des Automobilklubs, und sodann der Vorstellung im Thé4tre Français bei. —ͤ ;

Der Untersuchungsrichter Leydet begab sich gestern vor— mitag mit dem Anarchisten Valina nach dem Gehölz von Viroflay, um nach den Bomben zu suchen, die, den Aussagen der Anarchisten zufolge, an einem von ihnen be— zeichneten Orte verborgen sein sollten. Man fand unter der Erde aber nur zwei zerknitterte spanische anarchistische Zeitungen. Valina behauptete, die Bomben müßten fortge— schafft sein, sie seien von Ferra; und ihm vergraben worden. Nach dieser Arbeit seien sie zu einem in der Nähe wohnenden Krämer gegangen und hätten Eßwaren gekauft. Valina wurde zu dem Krämer geführt, und dieser erkannte in ihr einen

ann, der in Begleitung eines Individuums zu ihm gekommen sei, dessen Beschreibung auf Ferraz paßt. Valina erklärte noch, ihr Anschlag habe sich nicht gegen die Person des Königs, sondern 7 das Königtum uberhaupt und gegen die Herr— schaft der Bischöfe gerichtet.

Rußland.

Wie der „Regierungsbote“, nach einer Meldung des „W. T. B.“, mitteilt, werden die bereits gedruckten Denk— schriften uͤber die Grundlagen, betreffend die Zuziehung gewählter Volksvertreter zur Gesetzgebung, vom Ministerrat geprüft werden. ;

Seit gestern früh befinden sich mehrere Fabriken in verschiedenen Stadtvierteln von St. Petersburg im Aus— stand, so die Waggonbauanstalt, wo Kosaken die an— gesammelten Arbeiter mit den Nagaiken auseinandertrieben, die Putilowwerke, wo Kosaken und Infanterie bereitstehen, und die mechanische Fabrik von Glebow, woselbst 150 Kosaken postiert sind. Ernstere Zusammenstöße sind bisher nicht vorgekommen.

Im Moskauer Adelshause wird, der St. Petersburger „Telegr.Agentur“ zufolge, eine nich toffizielle Versamm— lung von Semstwomitgliedern abgehalten werden, an der sich 30 Gouvernements beteiligen wollen. Hauptsächlich soll die Frage der Einberufung einer Volksvertretung beraten werden. Auch Vertreter anderer Gesellschaftsklassen sollen aufgefordert werden, sich dieser Versammlung anzu— schließen.

u der Kommission der Moskauer Duma zur Prüfung der Arbeiterverhältnisse sollen Arbeiter—⸗ abgeordnete mit beratender Stimme hinzugezogen werden.

In Moskau hat sich ein Verband der Handlungs⸗ gehilfen gebildet zur Wahrnehmung ihrer Interessen und zur Regelung der Beziehungen zwischen Arbeitgebern und An—

gestellten. Italien.

Die Deputiertenkammer hat gestern, wie W. T. B.‘ be—⸗ richtet, in geheimer Abstimmung die Vorlage, betreffend Anlage einer neuen Telegraphenlinie von Genua über CEhiaffõ nach Frankfurt a. M., genehmigt.

Epanien.

Aus Anlaß der glücklichen Errettung des Königs Alfons wird heute, wie W. T. B.“ meldet, in der Kapelle des Königlichen Palastes zu Madrid ein Tedeum abgehalten, dem die Königliche . die Minister, das dip lomatische Korps, die hohen Würdenträger und die Mitglieder des Parlaments beiwohnen werden.

Der Ministerrat hat gestern eine Sitzung abgehalten, in der er sich mit der anarchistischen Bewegung be— schäftigte, die die Behörden in Barcelona entdeckt haben sollen.

Vor dem Palais des Militärgouverneurs von Barcelona explodierte gestern nachmittag eine Bombe. Der angerichtete Schaden ist beträchtlich. Es wurden zehn Personen, unter ihnen zwei Italiener, verhaftet.

Niederlande.

Die Erste Kammer bewilligte gestern, wie W. T. B. meldet, einen Betrag von 760 000 Gulden zum Ankauf des Parkes Zorgyliet, auf dem der Friedenspalast errichtet werden soll, und genehmigte als⸗ dann die Schiedsgerichtsverträge mit Dänemart, Frank— reich und England. Der Präsident gab hierauf seinem Abscheu über den Anschlag auf den König Alfons und den Präsiden ten Loubet Ausdruck. Der Minister des Auswärtigen wurde beauftragt, den Gesandten Spaniens und Frankreichs die Cenugtuung über die Vereitelung des Anschlags auszudrücken.

Bulgarien.

Schweden und Norwegen.

n der gestrigen Sitzung des Storthin uin stt *ich h en eine offizielle Erklärung ler den Verlauf des am 27. Mai in Stockholm abgehaltenen Staatsrats ab. Auf Vor- schlag des Präsidenten des Storthing wurde die Erklärung einem Sonderkomitee überwiesen, das sofort zusammentrat.

gab der Staats⸗

Amerika.

Der russische Botschafter in Washington Graf Cassini hatte gestern nachmittag, wie das Reutersche Bureau“ mit⸗ feilt, eine Unterredung mit dem Präsidenten Roosevelt, die überaus herzlich war. Der Praͤsident Roosevelt 591 der Hoffnung Ausdruck, daß Rußland demnächst Frieden schließen werde; die Fortsetzung des Krieges würde nur die Wirkung haben, die Forderungen Japans zu erhöhen; er ließ durch- blicken, daß es für Rußland schwierig sein werde, die Ober— hand zu gewinnen. Der Präsident konnte dem Botschafter keine Angabe über die voraussichtlichen Bedingungen Japans

machen. Graf Cassini, der keine Instruktionen seiner Regierung hatte, erwiderte, er für seine Person glaube, daß es die Absicht Rußlands sei, den Krieg fortzu⸗

setzen, weil gegenwärtig die Zeit zur Beratung des Friedens nicht günstig sei, und dann, weil Rußland nichts verlieren werde, wenn es warte. Der Botschafter bemerkte sodann, daß Rußland keinen Teil seines Gebiets verloren habe und daß alles zusammengenommen nichts Rußland in die Notwendigkeit versetze, um Frieden zu bitten. Er werde die Bemerkungen des Präsidenten der Regierung in St. Petersburg mitteilen und den Kaiser Nikolaus wissen lassen, daß der Präsident geneigt sei, Rußland jeden Beistand bei den Friedensverhand— lungen zu leisten. .

Der „Standard“ meldet aus Washington, der Botschafter der Vereinigten Staaten in St. Petersburg von Lengerke— Meyer sei beauftragt worden, der russischen Regierung die Ansichten des Präsidenten Roosevelt über die Stellung Japans zur Friedensfrage mitzuteilen.

In einer Botschaft an den venezolanischen Kongreß erklärt, dem „Reuterschen Bureau“ zufolge, der Präsident Castro, daß gute Beziehungen mit den auswärtigen Mächten in dem Maße beständen, wie es die Vertreter dieser Mächte wünschten; die Republik stehe deshalb mit allen Mächten auf einem relativ herzlichen Fuße, und sie habe ihren Forderungen so weit nachgegeben, wie es das Rechts— gefühl und die Ehre der Nation erlaubten. Die Zahlungen an die Mächte, die an der Blockade von 1903 beteiligt ge— wesen seien, erfolgten pflichtgemäß, und auch die Forderungen der Mächte, die nicht an der Blockade beteiligt gewesen, würden später befriedigt werden. Der Präsident spricht hierauf seine Genugtuung darüber aus, daß Abkommen mit verschiedenen Nationen unterzeichnet worden seien zur Regelung der gegen Venezuela erhobenen Ansprüche. Diese Maßnahmen seien außerordentlich wichtig für den Kredit Venezuelas und für die Förderung ruhiger Beziehungen zu den Mächten, da aus ihnen zu ersehen sei, daß Venezuela die Bestimmungen der Protokolle strikt ausführe. Aller— dings beständen leichte Schwierigkeiten mit den Ver⸗ einigten Staaten, deren Gründe lägen aber außerhalb des Willens Venezuelas, und die Regierung treffe dafür keine Verantwortung. Die Erörterung der die Bermuda und Orinoco⸗Gesellschaften betreffenden Fragen habe die Tat⸗ sachen klargestellt. Diese Angelegenheit sei durch die Proto⸗ kolle entschieden; trotzdem habe Bowen ein neues Schieds⸗ ericht gefordert. Venezuela könne dieser Forderung aber nicht . da dadurch die Souveränität der Republik in Mit⸗ leidenschaft würde gezogen werden. Der Präsident Castro spricht schließlich die Hoffnung aus, daß die diplomatischen Beziehungen zwischen Venezuela und Columbien bald wieder— hergestellt sein würden.

Bei Eröffnung des chilenischen Kongresses gedachte gestern der Präsident Ries co mit begeisterten Worten des kürzlich unterzeichneten Vertrags mit Bolivien. Die Konvention gelange jetzt zur Ausführung.

A ien.

Der General Linewitsch hat, wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet wird, dem Kaiser unter dem 31. Mai emeldet:

( Die Japaner begannen am 29. Mai vorzurücken, indem sie unsere Truppen im Tale des Tzinkhe-Flusses, drei Werst vor dem Fhuchulin ⸗Passe, angriffen. er Paß blieb in unseren Händen. An demselben Tage wurde eine Bande von Tschuntschusen dreißig Werst südwestlich von Kberssu in der n,, von Iknetchen durch Freiwilligentruppen zerstreut. Ein Teil der Tschuntschusen wurde getötet.

Der neunte Bericht des Admirals Togo, der am J. d. M. in Tokio eingegangen ist, lautet, dem „W. T. B.“ ufolge: ie ‚Jwate! und die „Jakumo ' melden, daß keine russischen Schiffe zwischen Torischima und Schanghai seien. Der Konter. admital Spimamura meldet, daß sein Flageschiff ‚Iwater die Schemtschug' am Nachmittag des 27. Mai auf 3000 m Entfernung stark beschossen und sie zweifellos zum Sinken gebracht habe.

Wie die „Times“ aus Tokio meldet, hat der Kaiser Befehl gegeben, daß der Admiral Nebogatow freigelassen werde, um dem Kaiser Nikolaus einen Bericht uͤber die Schlacht und die Verlustliste zu überbringen.

Afrika.

Aus Tanger meldet die „Agence Havas“, nach einer Meldung aus Fez vom 29. v. M. habe der Sultan den französischen Gesandten Taillandier amtlich wissen lassen, er müsse, um den Wünschen seines Volkes zu ent— sprechen, die Antwort auf die französischen e ,. ver⸗ schieben; er verlange eine Prüfung der Reformen durch eine internationale Konferenz.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Herren⸗ hauses befindet sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

Der Redakteur Stötz el Zentr,, Mitglied des Reichstags für den 5. Düsseldorfer Wahlkreis (Essen) und des Hauses der Abgeordneten für den 3. Koblenzer Wahlbezirk (Koblenz St. u. L. und St. Goar), ist am 1. d. M. in , gestorben.

Der Fürst Ferdinand ist, wie W. T. B.“ erfährt, in der acht zu gestern von Sofia nach Ebental abgereist.

w

6

Etatiftik und Volkswirtschaft.

Unter dem Vorsitz des Präsidenten des Kaiserlichen Statistischen Amts Dr. van der Borght sind gestern, wie die Lübeckischen An⸗ jeigen! melden, im Rathause zu Lübeck Vertreter der deutschen landesstatistischen Aemter zu einer mehrtägigen Beratung zusammen⸗ getreten. Sie wurden vom Senator Dr. Neumann namens des Senats don Lübeck begrüßt. Hauptgegenstand der Beratung ist die Berufs— und Betriebs zählung im ,. 1907.

Wir kungen der preußischen Rentengutsgesetzgebung, Produktivität und Rentabilität des Groß und des Kleinbetriebs in der Landwirtschaft.

Mehr und mehr wird anerkannt, daß die Institution des Renten⸗ gutes in Preußen sich im allgemeinen bewährt und die an sie ge—⸗ knüpften Erwartungen erfüllt hat. Nachdem vor einiger Zeit der Generalkommissionspräsident Metz Frankfurt a. d. O. in feinem Werke über die innere Kolonisation in den Provinzen Brandenburg und Poͤ mern seit 1391 (Verlag von Paul Parey, Berlin) das Verfahren und die Erfolge der Rentengutsgründungen anschaulich geschildert, hat im

laufenden Jabrgang der vom Wirklichen Geheimen Ober⸗ regierungsrat und Ministerialdirektor im Ministerium für Land— wirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Thiel berausgegebenen

Landwirtschaftlichen Jahrbücher (34. Band, Heft 1) Hugo TLinsch⸗ mann die Wirkungen der preußischen Rentengutsgesetzgebung in wirt— schaftlicher, kultureller und poxulationistischer Hinsicht eing-bend dar⸗ gelegt, Er berichtet über die Erfolge der Königlichen AÄnsiedlungs— kommission für Westyreußen und Posen sowie der mit der , , beauftragten Generalkommissionen und zeigt an einer Reihe von Beispielen, daß die Umwandlung von landwirtschaft⸗ lichem Groß- in Kleinbesitz in mannigfacher Richiung Vorteile bringt. Mit der Begründung von Rentengütern auf Grund der Gesetze vom 27. Juni 1890 und 7. Juli 1891 sollte, wie die Verfügung an die mit ihrer Ausführung beauftragten Generalkommissionen vom 16. November 1891 besagt, der Versuch gemacht werden, nicht allein seßhafte ländliche Arbeiter zu schaffen, sondern auch den mittleren und kleinen Bauernstand zu vermehren, dadurch das unentbehrliche Mittel. glied zwischen dem Großgrundbesitz und der Klasse der besitzlosen Arbeiter zu verstärken und so eine gesunde Verteilung des Grundes und Bodens zu schaffen und dauernd zu erhalten. Auf Grund dieser Gesetze und der sie ergänzenden Anweisungen an die Generalkommissionen sind von 1891 bis 1903 durch die sechs Generalkommissionen zu Breslau, Bremberg, Frankfurt a. d. O, Königsberg, Hannover und Münster (ͤvon der zu Düsseldorf sind keine Rentengüter begründet worden, und die zu Cassel und Merseburg haben ihre Versuche bald wieder ein— gestelltt 9923 Rentengüter von einem Gesamtflächeninbalte von 112549 ha mit einem Gesamtwerte von 84 667 557 S6 be- gründet worden. In den letzten Jahren des vergangenen und in den ersten des neuen Jahrhunderts trat ein Rückgang der Rentenguts— gründungen ein (während im Jahre 1893 1480, 1894 sogar 1902 Renten⸗ güter begründet wurden, betrug die Zahl der Neubegründungen i. J. 18090 nur 322, 1901 422, 1902 311), der jedoch nicht angehalten hat. Gegen die 311 Rentengüter im Jahre 1902 sind 1903 393 geschaffen worden, und am Schlusse des Jahres 1963 lagen bereits 238 vor— läufige Verträge über die Begründung von Rentengütern vor, deren Renten auf die Rentenbank noch nicht batten übernommen werden können. Der durchschnittliche Taxpreis für sämtliche bis Ende 1903 gebildeten Rentengüter beträgt 752 M für 1 ha, der durchschnittliche Kaufpreis 741 16 Stets ist der Kaufpreis hinter dem Taxpreis zurückgeblieben, ein Beweis dafür, daß die Rentengutserwerber don den Generalkommissionen nicht übervorteilt worden sind. Nach den Mitteilungen, die Linschmann ven den Hauptpunkten der Kolonisation zugegangen sind, ist die Lage der Rentengutsbesitzer überall befriedigend. Am 50. September 18903 gab es nach amtlichem Bericht 9125 auf die Rentenbank übernommene Rentengüter, von denen insgesamt jährlich 2 422 934 M Rentengutsrent- zu entrichten waren. Von diesen sind 317 das sind nur 350,9 jur Zwangg⸗ versteigerung gekommen, und dadurch ist dem Staat ein Verlust von 5684093 entstanden. Dieser Verlust beträgt nur 116. 0 des kapitalisierten Rentensolls (2422 934 X 25 50 573 350 M6. Man wird angesichts der Schwierigkeiten, welche die Kolonisation mit j bringt, zugeben müssen, daß dieser Verlust sehr niedrig ist, und es teht zu erwarten, daß er mit steigender Erfahrung auf dem Gebiete der Rentengutsbildung ganz verschwindet. Mit großem Interesse folgt man Linschmanns Darstellung, in der an einer Anzabl von Beispielen gezeigt wird, wie sich aus einem Großgrundbesitz gebildete Rentengüter im Vergleich mit dem fräheren Großgut rentieren. Diese Darstellung beruht auf Mitteilungen, die der Verfasser teils der Generalfommffsion zu Frankfurt a. 8 O, teils dem Ministerium für Landwirtschaft, Do— mänen und Forsten, teils auch pripaten Gesellschaften, welche die Aufteilung und Besiedlung von Gütern mit Hilfe der General— kommissionen vornehmen, wie der Landbank in Berlin und der Pommerschen Ansiedlungsgesellschaft in Stettin, verdankt.

Aeußerst charakteristisch treten die segensreichen Folgen einer Auf— teilung von Großgrundbestz an dem Beispiele des früheren Gutes Plümenhagen im Kreise Köslin in die Erscheinung. Diefes Rittergut war 282 ha groß und bildete mit einem Grundsteuerreinertrag von 2038 Talern einen selbständigen Gutsbezirk. Neben dem Gut bestand nur eine kleine, 8 Grundeigentümer mit 70 ha Land umfassende Gemeinde Plümenbhagen. Bei dem geringen Um fang und der vermengten Lage der Grundstücke war weder der Gutsbezirk noch die Landgemeinde ein lebensfähiges Gemein- wesen. Auch in wirtschaftlicher Beziehung waren die Verbaäl tniffe der vorhandenen landwirtschaftlichén Besitzungen nicht günstig. Die Bauernstellen waren zu tlein, um sich gehörig entwickeln und sämt—⸗ liche Familienmitglieder vollständig beschäftigen zu können. Zur Er— weiterung der Stellen durch Zukauf von Grundstäcken aber fehlte die Gelegenheit. Auch auf dem Rittergut konnten die Be— sitzer ihre Rechnung nicht finden. Vom Ende des 18. Jahr. hunderts bis jum Jahre 1873 hat das Gut nicht weniger als 14 mal den Eigentümer gewechselt. Daraus erklärt sich, daß es nicht in besonders hoher Kultur stand und nach allgemeiner Ansscht für wenig wertvoll galt. Lage und Bodenverhältnisse sind indes sehr günstig (durchweg guter Lehmboden von großer Fruchtbarkeit) Von 1881 bis 1837 war das Gut verpachtet und brachte eine Pacht von 13 C00 M Der Pächter konnte nicht fertig werden und segte die Pacht nieder. Bei der durch Vermittlung der Frankfurter General- kommission 1900 begonnenen und schen 1 Jahr 4 Monate nach der Einleitung des Verfahrens durchgeführten Aufteilung des Gutes wurde ein 18 ha großer Bauernbof mit aufgeteilt, und 7 alte eingeworfene Eigentümerstellen in der Größe von 32 ha wurden durch Zukauf vergrößert. Es entstanden 1 Renten. gut von über 25 ha, 11 Rentengüter von 16— 25 ha, 8 von 71 10 ha, 5 von 5 74 ha, 3 von 21 5 ha und 2 Rentengüter unter 2 ha, zusammen 35 Stellen in einer Gesamtgröße von 272 ha, von denen 23 Neuansiedlungen und 7 Zukäufe sind. Die kleineren Rentengüter unter 5 ha. sind Handwerkerftellen. 18 ha wurden egen Barjahlung verkauft. Die Rentengüter wurden mit der alten Land- gemeinde zu einer größeren, leistungsfähigen Gemeinde vereinigt, die 365 he mit 34 Stellen umfaßt und mit 20—- 30 Morgen Land ( Gemeindeland, Begräbnisplatz, Lehm. und Mergelgrube, Feuerlöͤsch⸗ teich, Turn- und Spielplatz, Sandgrube usw.) und mehreren taufend Mark in bar dotiert ist. Das finanzielle Ergebnis der Aufteilung gestaltete sich folgendermaßen: Aus dem Verkauf des Gutes sind rund 3989 870 6 aufgekommen, die Verkäufer wurden mit 330 000 M ab- gefunden, a ein Ueberschuß von 69 870 M verblieb, der zur Regelung der öffentlich rechtlichen Angelegenheit verwendet wurde. Sie 30 Rentengutsbesitzer zahlen jährlich 11 35388 4 Rente, das sind 53 0 auf I ha, eine hohe Rente, die indes der hohen Güte des Bodens entspricht. Die Rente, die bekanntlich oz Jahre lauft, ist hoch genug, um, eine Vernnsung von 3 o/o angenommen, den Kapitalwert des Zutes in dieser giist vollständig zu amortisieren. Die Kosten der Gebäude stellen sich bei einer Einspännerstelle auf etwa 5400 M, bei einer Zweispännerstelle auf etwa 7800 Durch die so erfolgte Auf

teilung des früheren Gutes ist der Wirtschaftsbetrieb auf dieser Fläche bedeutend intensiver geworden, der Ertrag erheblich gestiegen. Im Kleinbetrieb beträgt der Bestand des lebenden Invenkars 1II1 Kühe (gegen nur 36 im früberen Großbetrieb), gegen 11), 3 Bullen (gegen I), 43 Pferde (gegen 20), 556 Schweine gegen nur 40), 574 Hühner (gegen 50) und 54 Hähne (gegen 3 im Großbetrieb) und hat einen Gesamtwert von 60 354 6 gegen nur 17836. im früheren Großbetrieb, dies bedeutet ein Mehrvermögen im Kleinbetrieb von 42716 A, also eine Steigerung um das Dreifache. Der Erlös aus dem Verkauf von Vieh betrug im Großbetrieb im Jahres durchschnitt nur 6425 , beläuft sich dagegen im Kleinbetrieb auf 37 9862 ½, also auf das Sechs fache. Geerntet wurden im Durchschnitt

109, im Kleinbetrieb 226 Zweis ännerfubren, also mehr als das Doppelte, an Kartoffeln im Großbetrieb 00 Ztr, im Kleinbetrieb 4125 3Ztr., mithin mehr als das Achtfache, auch an Kohlrüben im Klein⸗ betrieb keinahe das Doppelte der im Großbetrieb geernteten Menge.

jͤührlich im Großbetrieb für 336 , im Kleinbetrieb dagegen für 38574, mithin mehr als das Zehnfache. Stellt man diese Einnahme—

betrieb nur 25055 Se, im Kleinbetrieb dagegen 692993 * Dies bedeutet für den Kleinbetrieb eine Mehreinnahme von 44 454 466 die jährlichen Einnahmen sind im Kleinbetrieb somit 23 mal so groß wie im früberen Großbetrieb. lichen Vorteilen des Kleinbetriebs kommt noch, daß der Versicherungs⸗

trägt. Die frühere Pacht von 13 000 Mt ist einer Jahresrente von 145388 M gewichen, die, wie bereits gesagt, in 655 Jahren den Kapitalwert von rund 400 000 A vollständig amortisiert. der Haushaltungen ist von 14 mit 95 Perfonen (meist Tagelöhner) im Großbetrieb auf 22 Haushaltungen mit 130 Perfonen (fast durch— weg selbständige Rentengutsbesitzer) im Kleinbetrieb gestiegen. Besonders geeignet für die Wiederherstellung des Bauernstandes erscheint die gegenwärtige r en, m, in Neuvorvommern mit Rügen. Dort haben im Kreise Greifswald 76 Betri⸗-be von 266 bis 500 ha zusammen 27 348 ha 36,14 0 der Fläche, im Kreise Franzburg 79 Betriebe von 200 500 ha zusammen 235 177 ha S607 0 der Fläche, im Kreise Rügen 121 Betriebe von 200-590 ha jusammen 386 ß ha 49 87 der Fläche und im Kreise Grimmen 0 Betriebe von 200-500 ha zusammen 24 195 ha 31, 7 oo der

triebe von über 500 ha mit 24,12 oο der Gesamtfläche, im Kreise Franzburg 42 Betriebe von über 500 ha mlt 36.01 , im Kreise Grimmen 38 Betriebe von über 500 ha mit 30, 03 o der Gefamtfläche.

gründet worden, die eine Fläche von 3327 ha umfaffen; gegen 5000 ha unterlagen noch der Besiedlung. Hier hat man auch einen Versuch mit Arbeiterrentengütern in größerem Maßstabe gemacht. Trpisch für die Einrichtung von solchen ist die Kolonie Zemitz im Kreise Greifswald. Im Laufe des 19. Jahrhunderts hat das Rittergut Zemitz den Besitzer mindestens 20 mal gewechfelt und ist im Kulturzustande immer mehr zurückgekommen. Es lag dies an der Bodenbeschaffenheit, der Bodenverteilung und den Verbindungsverhältnissen. Eine im Jahre 1960 vorgenommene Untersuchung ergab, daß das Gut für den landwirtschaftlichen Klein— betrieb woblgeeignet sei. Der leichte, aber doch ertragsfähige Boden läßt die Bestellung des Ackers mit leichtem Gespanne zu, und der große Vorrat an Wiesen und wiesenfähigen Brüchern ermöglicht eine große Viehhaltung, die den Acker in guter Kultur hält. Von den 51 hier gebildeten Rentengütern sind 13 Landarbeiterstellen, 3 Handwerker- stellen 5 bäuerliche Wirtschaften. Die überwiegende Mehrjabl (33) sind Einspännerwirtschaften in der durchschnittlichen Größe von 124 ha. Die Rentenbelastung beträgt bei den bäuerlichen Stellen 35, 5 M, bei den Arbeiterrenten gũtern 60 bis 100 66 auf 1 ha. Wenn man bedenkt, daß Landarbeiter im Kreife Greifswald für eine klägliche Wohnung don? Räumen ohne Wirtschaftsraum und ohne Garten oder Land 80. bis 120 0 Jahres miete zahlen müssen, so kann diese Arbeiterrente nicht als zu hoch erscheinen. An Grundstücken konnten der neuen Kolonie 27 ha im Werte von 12000 M und an Barmitteln 15 ob0 M überwiesen werden, sodaß der Gesamtbeit nach Beendigung des Ver⸗ fahrens ein Vermögen von 27 000 verblieb. Da sich die Rentenguts⸗ besitzer darüber klar sind, da ihre Barein nahmen hauptfächlich aus dem Viehstand, namentlich der Schweinezucht, kommen müffen, ist ju deren besserer Förderung eine Ebherstation mit 2 Ebern und eine Bullen station mit 1 Bullen, zum Schutze des Schweinebestandes eine Station für Impfung mit Rotlaufserum eingerichtet worden. Auch für. Draingge ist viel gescheben. Von größtem Werte aber ist die umfangreiche Melioration der Wiesen und Brächer. Wo noch im Jabrs 1901 Moos und saure Gräser wuchfen und undurchdringliche Dickichte dem Rot. und Schwarzwild sicheres Verfteck boten, ist nach der Schaffung von Kleinbetrieben eine reich- Ernte in Klee und Cdelgräsern gemacht worden. Zur gemein—⸗ schaftlichen Benutzung sind weiter eine Entrahmungsstation, eine Spar und Darlehnekasse usw. eingerichtet worden. Durch die Aufteilung ist der Viehbestand von Zemitz sebr bedeutend gewachsen: die Zahl der Pferde von 27 im Jahre 1960 (vor der Aufteilung) auf T0. im September 1903, der Rindviehbestand von 886 auf 212 Stück, die Zahl der Schweine von 120 auf 340, der vor der Aufteilung unbedeutende Bestand von Geflügel auf 771 Stück. Die Bevölkerung ist von 12 Haushaltungen mit 70 Einwohnern im früheren Großbetrieb auf 53 Familien mit 300 Personen gestiegen, eine Steigerung über das Vierfache. Es sind die Familien von 35 selbständigen Bauern, 3 Handwerkern, 13 Landarbeitern mit Grundbesitz, H Landarbeiter. der zur Miete wohnt, und dem Lehrer des Orts. Die Lage der Rentengutsbesitzer ist befriedigend. Bekanntlich ist der Staatskredit für ganz kleine Gäter versagt worden mit der Begründung, für den Staat liege keine Veranlassung por, hier einzugreifen, da ganz kleine Stellen, die nur aus etwas Gartenland und einem Haus beständen, das leicht dem Verfall und der Entwertung auegesetzt sei, weder finanzielle Sicherbeit für die Zahlung der Rente gewähren würden, noch auch die Gewähr selbst⸗ ständiger Existenz für ihre Besitzer in sich trügen und die Anbänglich— keit der letzteren an den eigenen Grund und Boden, die Liebe zur Scholle zu erwecken nicht geeignet seien. Infolge des alljährlich im preußischen Abgeordnelenhause eingebrachten fog. Antrags Weibe auf Errichtung von Arbeiterrentengütern übt die Regierung aber neuerdings die Praxis, auch kleinen Stellen den Rentenbankkredit zu gewähren, wenn ihre Inhaber wenigstens einen Teil ihres Lebens. unterhalts aus der ländlichen Stelle ziehen können. Vom Großgrund⸗ besitz wird die Errichtung von Arbeiterrentengütern vielfach betämpft in der doch wohl unbegründeten Besorgnis, daß ihm durch diefe Seßhastmachung das Arbeitermaterial entzogen werde. Auch die Großgrundbesitzer Vorvommerns verkannten nicht die Unbequemlich⸗ leiten, die dem Großgrundbesitz der Umgegend bei der Aufteilung eines Gutes dadurch vorübergehend entstehen würden, daß gerade die besseren Gutsarbeiter und Gutsangestellten diese Gelegenheit ergreifen, sich selbständig und seßhaft zu machen. Es wurde darum die Einrichtung solcher Rentengüter vorgeschlagen, die zwar dem Besitzer das Halten einer Kuh mit Nachwuchg und einiger Schweine nebst Gänsen mit Nachwuchs gestatten, ihm dadurch eine gewisse Selbständigkeit geben, ihn aber doch andererseits nicht der Notwendigkeit überheben, dauernd für Lohn zu arbeiten und diese Arbeit in der Nachbarschaft zu suchen. Als angemessene Größe wurden 2 ha angenommen, wobon 1 ha Wiese, 1 ha Acker, Garten und Hofraum ist. Die Stellen wurden rasch verkauft, und der Versuch scheint wohlgelungen ju sein. Die Besitzer dieser Güter haben bisher dauernd! in' Lohn ge— arbeitet, und jwar meist auf dem , der Nachbar⸗ schaft. Die eigene Wirtschaft nimmt ihre Kraft nur in der Bestell˖ und Erntezeit in Anspruch, während sie im übrigen von der Frau besorgt wird. So verdienen diese bodenständig gewordenen Arbeiter

das ganze Jahr hindurch guten Lohn um Unterhalt für die Familie, während die Erträgnisse der kleinen Stelle dazu dienen, die größeren

1L KFãlber

jährlich; an Getreide im Großbetrieb nur 5132, im Kleinbetrieb dagegen 9ol?7 Stiegen, demnach fast das Doppelte, an Heu im Großbefriebe

An Butter wurden im jährlichen Durchschnitt im Großbetrieb 1985, im Kleinbetrieb 5000 Pid, also das 2 fache verkauft, an Eiern

posten zusammen, so ergeben sich als jäbrliche Einnahme im Groß.

Zu diesen privatwirtfchaft.

wert der Gebäude jetzt rund 207 000 4 gegen früher 81 500 Æ be⸗

Die Zabl

Gesamtfläche inne. Dazu kommen im Kreise Greifswald noch 25 Be.

Bis 1904 sind in Neupvorpommern mit Rügen 227 Rentengũter be⸗

Ausgaben zu bestreiten und Ersparnisse zu machen. Stolz nennen sich diese Arbeiter . Rentengutsbesitzer Die Großgrundbesitzer der Um⸗ gegend haben seitdem wiederbolt den Nugen' anerkannt, den die rbeiterrentengüter für ihre Wirtschaften . Die Beweiskraft dieses Versuchs macht somit einen Teil der Einwendungen hinfällig, die man bisher gegen die Einrichtung von Arbeiterrentengütern er— a n. 9. 3 p ehnliche Steigerungen der Produktivität, der Rentabilität un des Kavpitalwerts und noch erheblichere Zunahmen der , , hatten die Ulmwandlungen von Großgütern in Rentenstellen, die mit Hilfe der Generalkommissionen die Landbank zu Berlin (hauptsãchlich in den östlichen Provinzen Preußens) und die Pommersche Ansiedlungs⸗ gesellschaft zu Stettin borgenommen haben, zur Folge, wie Linsch⸗ mann an einer Anzahl dieser Rentengutsgründungen zeigt. —(leberblickt man, die Einzelergebniffe aller in? den eingangs er—= wäbnten Veröffentlichungen geschilderten Aufteiluagen von Großgrund— besitz in Ren tengüter, so ergibt sich, daß, wie Linschmann fagt, »der Großbetrieb dem Kleinbetrieb wohl an Körnerproduktion überlegen

ist, da der Rentengutsbesitzer, abgesehen von einigen Zentnern, die er gelegentlich mit zur Stadt nimmt, in der Regel kaum Getreide ver— kauft, daß dagegen in der Viehzucht der Kkeinbetrieb gegenüber dem Großbetrieb viel größere Vorteile zu erzielen vermag.“ An

Zugtieren findet sich auf den gebildeten Rentengätern fast die Hälfte mehr als im früberen Großbetriebe, deshalb, weil die Pferde. meist etwas leichter find als die Sutzsgespanne, weil ferner keine Brachen gehalten werden, wenigstens weniger als im Großbetrieb, und weil die Weideschläge für Schafe und Rintdvieh wegfallen. Die Rindviehhaltung ist 147 mal so stark als im Großbetriebe, die Schweine zucht oft 4 mal so groß wie vorher, da die Schweinemast dem Rentengutsbauer das meiste Geld einbringt. Die Tiere sind durchschnittlich auch von höherem Wert als solche, die aus dem Großbetrieb stammen, da si= sorgfältiger gewartet werden. Außer den Schweinen zieht der Renten gutsbauer auch

noch Fettkälber auf. Auch die Geflügelzucht eignet fich mehr für den Klein- als für den Großbetrieb und wird durch Eiersammelstellen und Verkaufsvereinigungen lukrativer. Die Schafhaltung, die ja überhaupt der Kultur weicht, ist auf den Rentengütern, da sie sich nur für extensiven Betrieb eignet, fast ganz verschwunden. Nur in Hinterpommern werden noch einige Wollschafe gehalten, weil hier die Frau vielfach noch webt. In populationistischer Hinficht kann man sagen, daß die Bevölkerung sich mindestens verdoppelt. Dabei ist zu beachten, daß die Lebenshaltung der Rentengutsbauern eine wesentlich andere ist als die der früher auf dem Gut ansäͤffigen Tage⸗ löhner. Für Fusel wird weniger ausgegeben, für Kleidung auch kaum mehr; wohl aber kommen andere Bedürfnisse. Die Steuerkraft wächst schon wegen der größeren Zahl der Gebäude. Betriebstechnisch ist der Großbetrieb dem Kleinbetrieb sowohl an Kapital wie an Boden? fläche überlegen, dennoch wird, bemerkt Linschmann, ‚im Kleinbetrieb intensiper gewirtschaftet, weil der Faktor Arbeit sowobl quantitatio wie qualitativ für die Flächeneinheit größer ist. Der Kleinbetrieb zeigt deshalb auch eine größere Produktivität für die Fläche ieinbeit und bät dadurch eine erheblichere Bedeutung für die Ernährung und für die Besamtheit der Volkswirtschaft als der Großbetrieb. Zwar liefen der Großbetrieb der Volksernährung neben technischen Frjeugnifsen (Spiritus, Zucker) mehr Brotgetreide, die bäuerlichen Betriebe liefern aber mehr die höherwertigen Produkte Fleisch, Eier und Geflügel; der Kleinbetrieb liefert Spezial, der Großbetrieb Massenartikel.“ Vor allem aber ist als Vorteil des Kleinbetriebes der Umstand zu ver— anschlagen, daß der bäuerliche Betrieb die Arbeitskraft der Familie verwertet und dadurch von den Konjunkturen des , , un⸗ abhängig ist, daß er dadurch aber auch die Bevölkerung auf dem Lande hält und der Konzentrationstendenz in den Städten entgegen— arbeitet.

Unbestritten bleibt auch nach diesen Feststellungen, daß der Groß— betrieb an sich die rationellste Betriebsform für die meisten und für die Hauptjweige der landwirtschaftlichen Produktion ist. Die Voraussetzung seiner Produktionsvorteile aber sst der intensive und rationelle Betrieb. Sehr oft fehlt es indes an der nötigen Fachbildung und am nötigen Kapital, und der Betrieb wird dadurch extensiv und irrationell. Ein rationeller Großbetrieb kann geringere Produktionskosten haben. Dieser Vorzug kann, wenn im Interesse der Erhaltung des Bauernstandes Großbetriebe zerschlagen werden, durch genossenschaftlichen Zusammenschluß der Bauern, durch Fachschulen, durch geringeren Klassenbedarf und durch die notorisch geringere Verschuldung ausgeglichen werden. Es bleibt er⸗ strebensweit, in steigender Zahl mittlere Güter zu bilden, um eine breite bäuerliche Mittelklasse zu erhalten und zu sichern; denn diese ist, wie Roscher sagt, die Wurzel des Volksbaums, der Kern des Heeres und der Volkskraft. Der heutige Großgrundbesitz leidet unter zu hohen Bodenpreisen, Kapitalmangel, niedrigen Getreidepreisen und Arbeitermangel. Diese ungesunden Verhältnisse durch gefunde zu ersetzen, dazu dienen die Rentenguts grun zungen durch die Gegeral⸗ kommissionen und die Schaffung von Arbeiterrentengütern.

Zur Arbeiterbewegung.

Die von den Bauunternehmern in Innsbruck für Montag festgesetzten neuen Arbeitsbedingungen mit einigen Zugeständnsssen be wogen die Bauarbeiter, den Ausstand vorläufig einzuftellen. (Vergl. Nr. 127 d. BI)

Kunst und Wissenschaft.

A. F. In der Maisitzung der, Brandenburgia“, Gesellschaft für Heimatkunde, hielt der Dr. Friedrich Netto aus Potsdam einen Vortrag über das Tabakskollegium in Potsdam‘. Es ist nach den mit außerordentlicher Gründlichkeit geführten UÜntersuchungen des Redners bedauerlich, in welchem Zerrbilde uns dies allabendliche Erbolungsstündchen König Friedrich Wilhelms J. erhalten und überliefert worden ist. Denn einen zwanglosen Staatsrat, eine populäre Akademie“ nennt Dr. Netto das von allen Verzerrungen des uns überkommenen Bildes befreite Tabakskollegium des Soldatenkönigs, der bier von eigens dazu berufenen Sprechern unterrichtet ju werden wünschte über die Zeiteteignisse und neuen Vorkommnisse auf allen Gebieten des Wissens. So berichtet einer der Sprecher. Morgenftern, Profeffor der Geographie, der auch von stattgehabten längeren Erõrtetungzn zu er⸗ jäßlen weiß, die sich an solche Lektüre aus Zeitungen oder Vorträgen knüpften. Daß dabei Bier getrunken und tüchtig geraucht wurde, ist ja jweifellos; aber der Bericht König Stanislaus Teszcinskys von Polen aus d. J. 17536, daß dem König an einem Abend 30 Pfeifen zu stopfen waren, verliert an seinem grotesken Inbalt angesichts dieser winzigen Köpfe holländischer Tonpfeifen, aus denen man rauchte. Was in das Publikum von den Sitzungen des Tabakekollegiums gelangte, weitererzählt und festgebalten wurde, mag aueschließlich

bon den Dienern verbreitet worden sein, die natürlich mehr Schätzung und Verständnis für gelegentliche derbe Scherje hatten, als von der für gewäͤbnlich geführfen ernsteren Unterhaltung, zu der König Friedrich Wilhelm J. gern

ausgezeichneten Besuch von außerhalb, fremde Diplomaten, Männer der Wissenschaft heranzog: ein Beweis mehr, daß dem Tabakg— kollegium mit Unrecht der Charakter einer übermä ig derben, fich auf einem niedrigen Niveau haltenden Geselligkeit jugeschrleben wird. Auch über die Versammlungsorte dieser Rauchparlamente sind falsche Nach⸗ richten verbreitet und bis jetzt geglaubt worden. Am genauesten weiß man über den dafür bestimmtẽn Raum im Berliner Schloß Bescheid; denn bis 1830 ist dieser möglichst unverändert erhalten worden. Für den Aufenthalt des Königs in Wusterhausen war die Zeit vom 1f. Sep- tember, als dem Jahrestage von Malplaquet, bis zum 3. November, als dem Hubertustage, ziemlich regelmäßig vorgesehen. Deshalb fanden hier die Tabakskolle gien meistens im Freien, in einem nur teilweise über= dachten Zelt statt. Ganz irrtümlich hat sich die in Potsdam verbreitete Mär erwiesen, daß dort diese Versammlungen an dem (seit 1825 erst, sogenannten Tabakshäuschen“ auf dem Bassin⸗Platz mitten in der Stadt abgehalten worden seien, ja daß dieser Pavillon eigens zu

dem Zweck erbaut worden sei. Ganz im Gegenteil hat der König