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Leistungen der Landesversicherunge anstalt Berlin gemäß
45 des Inraldend d , ,. ferner be⸗ Freffend die Vorlagen des Evange ischen Oberkirchenrats und des Königlich preußischen Ministers der geist— lichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten wegen Be⸗ freiung von der Versicherungspflicht gemaͤß S des Invaliden⸗ versicherungsgesetzes, sowie betreffend den Bericht der Reichs⸗ schuldenkommission über die ö des Schuldenwesens des Norddeutschen Bundes bezw. des Reichs und der ihrer Beaufsichtigung unterstellten ö Außerdem wurde über mehrere Eingaben Beschluß gefaßt.
Der Kaiserliche Botschafter in Wien, General der Kavallerie und Generaladjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs, Graf Karl von Wedel hat einen ihm All erhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit werden die Geschäfte der Botschaft von dem Ersten Sekretär, Botschaftsrat Grafen von Schwerin geführt.
Der belgische Gesandte Baron Greindl hat Berlin ver⸗ lassen. Während seiner Abwesenheit führt der Legationsrat Graf d' Urfel die Geschäfte der Gesandtschaft.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist der Transport der abgelssten Besatzungen der Schiffe des Kreuze r⸗ geschwaders mit dem Truppentransportdampfer „Rhein“? auf der Heimreise am 27. Juni in Nagasaki eingetroffen und setz; am 29. Juni die Reise nach Colombo (Ceylon) fort.
Der Transport der abgelösten Besatzungen S. M. SS. „Bremen“ und „Panther“ hat mit dem Dampfer „Syria“ der Hamburg-Amerika⸗Linie am 28. Juni von St. Thomas aus die ö über Havre nach Hamburg angetreten, wo er am 17. Juli eintreffen wird. Transport⸗ führer ist Korvettenkapitän Jantzen,
S. M. S. „Sperber“ ist auf der Reise nach der west⸗ afrikanischen Station am 27. Juni in Durban eingetroffen und geht am 4. Juli von dort nach Kapstadt in See.
S. M. Flußkanonenboot „Vaterland“ ist am 2. Juni in Tschinkiang eingetroffen und am 28. Juni von dort nach Nanking abgegangen. . . .
S. M. S. „Tiger“ ist am 28. Juni in Hongkong ein⸗ getroffen und an demselben Tage von dort nach Amoy in See gegangen.
Württemberg.
In der Kammer der Abgeordneten verwahrte sich gestern, wie W. T. B. meldet, bei der weiteren Beratung über die Ver⸗ fafsungs reform der Ministerpräsident von Breitling namens ber Staatsregierung gegen den Vorwurf, daß. die Regierung sich in der Verfassungsfrage nach links entwickle. Die Re—⸗ gierung fuche konserbativen Ersatz für die ausscheidenden 2 in einer lebensfähigen Gestaltung der Ersten ammet. Ber Ministe präsident erklärte nochmals, daß die Regierung
an dem Zweikammersystem unbedingt festhalte, dafür aber die Um⸗ staltunß der Zweiten Kammer in eine reine Volkskammer aufs valste durchführen werde. —
Deutsche Kolonien.
Ueber den Schiffahrtsverkehr auf dem Viktorig⸗ Njansa und seine Entwicklung“ berichtet der Kaiserliche Regierungsrat. Chrapkowski im „Deutschen Kolonialblatt“ ferner, wie folgt:
II. Das englische Unternehmen auf dem Viktoriasee, seine Rentabilitat und fernere Entwicklung.
Ich habe bereits im vorigen Abschnitt das Material der beiden roßen Dampfer Winifred' und „Spbil! des näheren detailliert be⸗ chrleben. Der kleine Dampfer „‚Percie Anderson'“, den die Bahn verwaltung zu Schlepperdiensten jwischen Kisumu, Jinja, Minoniu und Entebbe verwerten will (augenblicklich liegt er außer Dienst im Hafen von Kisumu und wartet guf das Einziehen neuer Feuerrohre), verfah früher in Kilindini bei Mombassa zur Zeit des Bahnbaues Schlepperdienste. Er wurde nach Fertigstellung der Bahn aus⸗ cinandergenommen und auf den See geschafft. Außerdem ver⸗ fügt die Eisenbahnverwaltung auf dem See nech über sieben Lelchter mit einem Fassungsvermögen, von je 90 bis 120 Tonnen. Diefe dienten ebenfalls fruher in Kilindini zur Beförderung des Materials für den Bahnbau aus den Dampfern an Land. Sie wurden wie der Dampfer auf den Ste geschafft und je nach dem Umfang des Handels der einzelnen Plätze am See auf diese verteilt. So besindet fich 1 Leichter in Kisumu, i Leichter in Bukoba, 1 Leichter in Muanfa, LTeichter bei der Insel Ukerewe zum Brennhol verladen, 1 Leichter in Entebbe, 1 Leichter in Jinja und 1 Leichter in Minoniu.
Die beiden Dampfer ‚Winifred' und „Sy bil“ sind nunmehr nach einem bestimmten Fahrplan seit einem Jahre in Betrieb. Wenn man
heute die Beamten des Britisch Ostafrika. und des Uganda Protekto.
rats oder die Beamten der Ugandabahn über die Einnahmen der Dampfer auf dem Viktoria ⸗Njansa sprechen hört so heißt es stets: D, die Dampfer verdienen nicht nur ihre Instand⸗ und Inbetrieb⸗ , sondern sie werfen schon einen ganz guten Ge— winn ab!“
Ich habe diese Angaben mit großer Vorsicht aufgenommen und anfangs für übertrieben gehalten; aber an der Hand einge henderer Information bin ich zu der e fg gelangt, daß diese scheinbar Ubertriebenen Angaben durchaus glaubhaft id und die beiden Dampfer das Anlagekapital von 1140 000 4 heute mit etwa 3,6 v. H. netto verzinsen.
Es unterliegt für einen Kenner der 6 und Entwicklungs⸗ autsichten der Gebiete am Viktoria ⸗Njansa keinem Zweifel, daß die Einnahmen der Dampfer in der nächsten Zeit rapide steigen werden; denn die Gebiete, einmal aus dem Stillstand emporgerüttelt, steigern ihre Ausfuhr von Monat zu Monat. Ich werde in dem nächsten Äbschnitt auf die Ausfuhr der einzelnen Gebiete näher eingehen.
Gs darf wohl nicht in Abrede gestellt werden, daß das englische Schiff ahrtsunternehmen auf dem See ein durchaus glückliches genannt werden kann. Man wird es daher begreiflich finden, daß die Eng⸗ länder alle nur erdenklichen Anstrengungen machen werden, dieses Dampfschiffunternehmen weiter auszubauen und so ertragfähig wie nur möglich zu gestalten. So liegt denn auch bereits dem englischen Parlament der Antraz zur Bewilligung dez Baues eines dritten und größeren Dampfers vor. 8 ist für denselben die Gesamtsumme von 47 000 Pfd. Sterl. gefordert worden. Die Bewilligung wird nicht lange auf sich warten lassen. Die hiesigen wohlinsormierten englischen Kreise sprechen von dem dritten Dampfer als wie von einer bereits vollendeten Tatsache, und ich glaube mit der Annahme nicht fehl zu gehen, daß der Dampfer in spätestens zwei Jahren in den Betrieb eingestellt sein wird.
Wenn man die Engländer fragt, warum sie einen dritten Dampfer bauen, da zur Zeit die beiden vorhandenen Dampfer für
) Vergl. Nr. 147 d. Bl.
die Bewältigung des Verkehrs ausreichen, ja 9. nicht einmal aus⸗ genutzt werden, so erhält man die Antwort, daß iwei Dampfer keine Verkehrssicherheit bieten. Da die Uganda. Eisenbahn⸗ verwaltung nun einmal den Verladern gegenüber die Ver⸗ pflichtung? übernommen hätte, die. Güter, die mit der Bahn zur Beförderung gelangen, auch in die am See und in seiner Nachbarschaft liegenden g bieñ zu befördern, so müßte sie nun auch dafür Sorge tragen, daß diese einmal ins Leben gerufene Verkehrs⸗ einrichtung dem Publikum unter allen Umständen und al eine Ein⸗ richtung, mit der man jederzeit und mit Sicherheit rechnen könne, gewährkeistet würde. Sollte unter den jetzigen Umständen der eine der der andere der beiden Dampfer Schaden, Havarie oder gar Strandun erleiden, so könnte die Bahn⸗ verwaltung der einmal übernommenen Verpflichtung nicht mehr nachkommen, und das Publikum würde das Vertrauen zu dieser Ver⸗ kehrzeinrichtung verlieren, die Bahn ihrerseits schwer geschädigt werden. Diefe Darlegung der Benötigung eines dritten Dampfers kann man gelten lassen; aber das ist wohl nicht der einzige Grund, der die Engländer veranlaßt, so schnell einen dritten Dampfer auf den See ju fetzen. Meines Erachtens ist einer der Hauptgründe der, daß unfere englischen Nachbarn von vornherein in Anbetracht der Möglichkeit einer Konkurrenz deutscher Schiffahrtsunternehmungen die Vorherr⸗
schaft ihrer Schiffahrt auf dem See möglichst befestigen und ausbauen
wollen. Daß den Engländern sehr daran liegt, wird durch eine Reihe von Tatsachen bewiesen. Das Entgegenkommen gegen die deutschen Stationen am See und die deutschen Ausfuhrhäfen sowie die große Bereitwilligkeit, mit der sie den deutschen Stationen am See helfen wollen, die Vöfsch. und Ladeeinrichtungen zu verbessern und gute Lager⸗
lätze für die ankommenden und ausgehenden aren zu Häfen, sowie die eigenen Arbeiten, die sie in ihren Häfen Entebbe, Iinja, MinoniLu in diesen Beziehungen vornehmen, reden hierfür eine deutliche Sprache. So haben sich die Engländer wiederholt bereit erklärt, den Stationen zum Eindecken guter und trockener sowie feuer- ficherer Zollschuppen das Dachmaterial, zu liefern. Sie haben ferner, wie ich schon andeutete, sieben große Leichter von Killindini auf den See geschafft und haben den deutschen Stationen einige davon für die Verladung zur Verfügung gestellt.
Was die Arbeiten der Engländer in ihren Häfen anbelangt, so ist zunächst von Port Florence zu sagen, daß derselbe zur Zeit eine hölzerne Pieranlage von 45 Fuß Breite und 370 u Länge hat. Mehrere Gleise der Eisenbahn führen die von Mombassꝗ . fommenden Zuͤge direkt auf dieselbe und vor die Dampfer, Ein dreh⸗ und fahrbarer Kran von 5 Tons Tragfähigkeit ist vorhanden, und
jetzt ist man eifrig damit beschäftigt, die Pier um 100 Vards zu
derlängern. Unweit von der Pieranlage ist man daran, ein Trocken⸗ dock zu bauen. Dasselbe erhält eine Länge von 210 uß, eine Breite von 50 Fuß und eine Tiefe von 14 Fuß in der Docksohle und wird in spätestens 6 Monaten fertig sein. Die Fertigstellung be⸗ gegnet infolge des Auftretens der Pest in Kisumu zwar zur Zeit großen Schwierigkeiten, und auch hier hält es wie in unferen Gebieten schwer, genügend Arbeite kräfte aufzu⸗ bringen; aber die Herstellung des Docks ist für den Dampferbetrieb von der größten Wichtigkeit. Die Schiffe müssen notwendigerweise in ihren Ünterwasserteilen besichtigt und konserviert werden; außerdem ist kärzlich die Sybil“! auf ein unbekanntes Riff aufgelaufen und bat die Schraubenflügel beschädigt, während „Winifred“ nun schon zwei Jahre im Wasser liegt, ohne daß man etwas an seinen in hätte tun können. Die Aushebungsarbeiten beim ock leitet ein Ingenieur von der Gisenbahn, und das Hauptkontingent an Arbeitern siellen die Kavirgndo. Diefelben erhalten einen monatlichen Lohn von 3 bis höchstens 4 Rup.
Ich erwähnte bereits die geringe Tiefe der Bucht von Kisumu, die nur 9 Fuß tief ist, und an dieser , Tiefe scheitert zunächst der Bau größerer Dampfer. Diese zu bauen, scheinen aber die Engländer große Lust ju haben. Offenbar versprechen sie sich von größeren Schiffen mit insbefondere größeren Laderäumen mehr orteil, was auch durchaus richtig sein mag; denn die Vermehrung des für die Indiensthaltung größerer Dampfer erforderlichen Personals steigt bel den hier in Frage kommenden Dimensionen nicht in demselben Verhältnis, wie die Größe der Schiffe zunimmt, und es gestalten sich daher die Ausgaben für Gehälter usw. nicht so hoch, als wenn mehrere kleine Dampfer den Dienst versehen müßten. Die jetzigen Dampfer gehen, voll, beladen, bereit 8 Fuß tief und' haben damit für die Kisumubucht ihre Maximaltauchung erreicht. Nun weist die nordwestlich von der Kisumubucht liegende Bai, der die Insel Sigulu vorgelagert ist, bedeutend
ünftigere Wassertiefen auf, und daher erörtern die Engländer in neuester eit lebhaft die Frage;
j) entweder die Bahn nach dem in jener Bucht gelegenen Port Viktoria, welches zur Zelt indes nur aus einigen wenigen . der Kavirondo besteht und nicht eine einzige Europäerniederlassung hat, weiter zu führen und Kisumu wieder aufzugeben, oder
in Rifumubucht durch einen auszubaggernden Kanal entsprechend zu vertiefen.
Dag erste Projekt hat weniger Wahrscheinlichkeit auf Verwirk⸗ lichung; denn zwischen Kisumu und dem in Luftlinie 45 Meilen ent⸗ fernten Port Viktoria liegt ein Gelände, welches im Bahnbau einer seits durch sumpfige Strecken, anderseits durch gebirgige Höhenzüge ganz erhebliche Schwierigkeiten bietet. Die Uganda⸗Eisenbahn⸗ berwaltung hat denn auch die Kosten der Weiterführung der Bahn von Kifumu biw. bereits 45 Meilen von dieser Endstation nach Port Viktoria auf mindestens 1 909 000 Pfd. Sterl. veranschlagt. Es sei nur nebenbei erwähnt, daß die Bahn auf dieser Strecke allein über 26 große Viadukte geführt werden müßte. Dazu kommt, daß die Stadtanlage don Kifumu heute bereits ganz beträchtliche Werte in sich birgt. 8 ist eine Anzahl , und privater Gebäude, neuerdings z. B erst ein großes Hospital und ein Polizeigebäude, errichtet und in der städtischen Wasserleitungsanlage, der Pieranlage und dem Trockendock besitzt Fifumu Objekte, die man doch nur sehr ungern aufgeben würde.
Das andere Projekt hat mehr Aussicht auf . Letzterem steht erchwerend eigentlich nur der Umstand entgegen, daß die Be⸗ schaffenheit des Seebodens in der Kisumubucht der es rn eines Kanals nicht grade günstig ist. Der Seeboden ist hier meist loser Schlick, und es würde sich wohl als nötig erweisen, daß fortwährende Baggerarbeiten im Gange gehalten werden müßten, um den Kanal für eine sichere 2 immer offen 1 halten. Dieses ist natür⸗ lich mit größeren Kosten verknüpft. Es scheint aber der einzige Weg zu sein, der den Engländern bleibt, und ich bin überzeugt, daß mit der weiteren Entwickelung des Handels und Ver— kehrs und mit der dadurch nötig werdenden ,, . der Dampferflotte auf dem See die Inangriff nahme dieser Arbeiten nicht lange auf sich warten lassen wird.
III. Die Produktions ⸗ und Handelt verhältnisse am Viktoria ⸗Njansa.
In den vorigen Abschnitten habe ich vorzuführen versucht, wie J y. Verkehrs. und Schiffahrtsverhältnisse auf dem Viktoria⸗
an a liegen.
In diefem Abschnitt sei der gegenwärtige Stand und die Ent— wicklungsmöglichkeit der Produktions. und Handelsrerhältnifse der einzelnen an dem See gelegenen Gebiete in Kürze dargestellt.
Es ist beute eine auch unter den Engländern allgemein ver. breitete und durch viele Tatfachen erhärtete Ansicht, daß von den direkt an die Ufer des Viktoria Rjan a hinanreichenden Territarien die deutich⸗ ostafrikanischen die besseren und entwicklungsfähigeren sind. Die Ost⸗ feite des Sees ift hierin der Westseite etwas voraus. Die Ursachen dafür dürften in erster Linie in der Verschiedenheit der diese Gebiete bewohnenden Bevölkerung und ihrer Lebensweise und Lebensgewohn—⸗ heiten liegen. Die Bevölkerung des Bukobabezirks, der die West⸗ und zum Teil die Südwestküste des Sees umrahmt, verschmäht die sonst bei Negervölkern so beliebte und übliche kräftige Reis. nahrung und gibt den weichlichen Bananen ausschließlich den Vorzug. Daher ist sie durchweg weniger kräftig und leistungs⸗ ö und körperlichen Arbeiten, wie sie die ackerbebauende
ätigkeit verlangt, fehr wenig geneigt und derselben auch
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gänzlich unkundig. Die Erhaltung der Bangnenpflanzungen macht verhältnismäßig nur leichte Mähe und wenig Arbeit. Im Muansadistrikt dagegen wohnen Negerstämme, die in Ostafrika welt und breit als die kräftigsten und besten Lastenträger bekannt und ge— schätzt sind. Zudem sind sie in der Bebauung des Feldes nicht un. erfahren und widmen sich dieser Arbeit gern. Aus diesen Gründen ist der aussichtsreichstt Bezirk am See wohl der Muansabezirk, dem sich der Bukobabezirk anschließen wird, sobald nur erst die dortige Be⸗ völkerung der Arbeit und der Landwirtschaft geneigter gemacht worden ist, denn in bezug auf Fruchtbarkeit des Bodens und gute, dem Ackerbau ünstige klimatische und Wetterverhältnisse dürfte der Bukobaberirk dem
uanfabezirk kaum nachstehen. Der Muansabezirk versorgt schon heute sämtliche am See liegenden deutschen und englischen Gebiete mit Reis. Der bisher von den Wassekuma dort gebaute minderwertige Eingeborenenreis darf nicht mehr gebaut werden; dafür wird neuer⸗ dings eine Reissorte gepflanzt, die den besten indischen, aus Rangoon ausgeführten Reissorten mindestens gleichwertig ist, ja vielfach bor— gezogen wird. Die Ugandabahnverwaltung wird demnächst ihren ganzen Bedarf an Reis und Butter für daß farbige Eisenbahnpersonal nur noch in Muansa decken. Derselbe repräsentiert einen monatlichen Konsum von 400 Sack Reis à 180 Pfund engl. und 300 Tins.
Samli à 20 Pfund.
Die dreiwöchentliche Ausfuhr der deutschen und englischen 6 lätze am See mit den Dampfern der Eisenbahn, also für die Rund. . eines Dampfers, beträgt gegenwärtig:
für Muansa. Jo bis 1090 Tonnen àù 1016 kg
d
, 4 . Summa Jo bis 135 Tonnen
für Jinia .. . . 35 bis 45 Tonnen àè 1016 kg
d
. . . 4 E 21 9 Summa 53 bis 69 Tonnen.
Die englische Station Karungu, die zwischen Schirati und Kisumu liegt und don den englischen Bampfern ebenfalls angelaufen wird, kommt gar nicht in Betracht.
Man ersieht aus dieser Aufstellung, daß Muansa allen anderen Plätzen weit voraus ist, und daß die Ausfuhr der deutschen Stationen. die der englischen erheblich übertrifft.
Bei Muansa muß noch ein besonders wichtiger Faktor in Be⸗ tracht gezogen werden, der die Bedeutung dieses Platzes als Hafen wefentlich hebt. Das ist der Umstand, daß Muansa gleichzeitig Ausfuhrhafen wie Einfuhrhafen für das Hinterland unseres Schutz gebiets südlich und westlich des Viktoriasees ist. Die Länder an der Oflseite des Tanganjika zwischen Ussumbura und Bismarck burg regen sich und suchen für ihre Waren, die hauptsächlich in Tier⸗ häuten bestehen, einen Anschluß an den Viktoria Njansa, weil die Verfrachtung derselben über den See mit den englischen Dampfern und dann durch Britisch-Ostafrika nach Mombassa mit der Uganda—⸗ bahn den billigsten und kürzesten Weg darstellt, um mit Vorteil und konkurrenzfähig den Anschluß an den Weltmarkt zu erlangen. Da leider is jetzt eine direkte Straße zwischen dem Viktorigser und dem Tanganjika nicht existiert, so nehmen zur Zeit die Karawanen aus jenen entfernten Tanganjikagebieten den mühsamen, weiten und zeitraubenden Weg über Tabora nach Muansa, wie auch große Karawanen mit importierten Waren von Muanfa zum Tanganjika über Tabora marschieren.
Diese Tatfachen reden eine deutliche Sprache für die dringende Notwendigkeit einer direkten Straße zwischen beiden großen Seen, und es kann der Entwicklung des Schutzgebietes nur zum Segen Er gen und seine Einnahmen mehren, wenn der Ausbau dieser Straße baldigst in Angriff genommen und energisch durchgeführt wird. Sieselbe wird über Uffuwi nach Ussumbura geführt werden müssen. Es bestehen nur noch Meinungsverschiedenheiten über den Anschluß des Weges von Ussuwt nach dem Viktoriasee. Ich möchte noch er— wähnen, daß ich sowohl in, der Ihangirobucht (on anderen Kimoanibucht genannt) etwa 75 km südlich von Bukoba, wie in dem Smithfund bei dem Orte Bussissi, zwei Stunden von Muansa,
sehr geeignete Orte für den Endpunkt der Straße am See ge
funden habe. .
Im englischen Seegebiet spielt Jinja am Ausfluß des Nil aus dem Vlktorla. Njansa die Hauptrolle. Von dort wird in der Haupt⸗ fache Chillies (Pfeffer in Mengen auggeführt, und die Engländer machen hier große Anstrengungen, den Export des Landes zu heben. Der hier stationierte Süubkommissioner und der Collektor sowie Acting Collector sind ständig auf Bereisungen des Bezirks unterwegs. Die englische Verwaltung helf es für die Erschließung und Aus— nutzung des Landes für durchaus nötig, daß die Bezirke beamten durch fortwährende Bereisung ihrer Bezirke das Gebiet, seine Hilfsquellen und seine Bewohner kennen lernen und persönlich zu tätiger Beihilfe in der Entwicklung derselben anregen. Neuerdings werden? im Jinjabezirk Anpflanzungsbersuche mit ägyptischer Baum⸗ wolle im großen gemacht.
Während wir die unseren deutschen Seebezirken benachbarten Terrstorien so weit kennen, um zu wissen, daß der Taborabezitk eine reiche Kornkammer zu werden verspricht, und daß die Gebiete zwischen dem Vikkoriasee, Tanganjika und Kiwu fruchtbare Provinzen mit reicher Ber dolkerungs zahl find, läßt sich von den englischen Gebieten nördlich vom Viktotlafee kaum ein gleich günstiges Bild entrollen. Die Schlafkrankheit hat unter den Eingeborenen furchtbar aufgeräumt und ganze weite Gegenden völlig entvölkert. Die Länder am oberen Nil und das Land der Nandi sollen fruchtbar sein. Von dem Nandilande munkelt man in englischen, wohlunterrichteten Kreisen von jüngst ge⸗ machten guten Kohlenfunden. Daß dieses Gebiet jedenfalls in nicht zu ferner Zeit nutzbar gemacht werden soll, glaube ich daraus schließen zu follen, daß die Engländer eine Stichbahn von Port Viktoria in dasselbe planen. .
Schließlich möchte ich nicht unterlassen, der Goldfelder in Ikoma und füdlich vom Viktoria⸗Njansa Erwähnung ju tun. Mit dem beginnenden Abbau derselben ist es wohl kaum fraglich, daß in Er⸗ mangelung jeglicher geeigneten Verkehrsstraße in Deutsch⸗Ostafrika von dort zur Käste der Anschluß an den Viktoriasee an den Fluß⸗ laufen den Mbarageti, Ruwara entlang zum S ekegolf gesucht und efunden werden wird. Die Bahnverwaltung rechnet auch damit und 64 . bereits erklärt, daß sie in diesem Falle ihre Dampfer stets regelmäßig den Spekegolf anlaufen lassen wird.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Das österreichische Abgeordnetenhaus erledigte gestern
die erste Lesung des Handels vertrages mit Deutschland. Die Vorlage wurde dem Zollausschusse überwiesen. Im Verlaufe der Debate betonte, dem . W. T. B. zufolge, der Abg. Ellenbogen (Sozialdem) unter Hinweis auf die Vorgänge in Ungarn, daß nunmehr äber die Unmöglichkeit, die Gemeinsamkeit mit Ungarn aufrecht zu erhalten. kein Zwelfel bestehe. Man müsse verlangen, daß klipp und klar erklärt werde, was geschehen solle, für den Fall, daß bei Ablauf der Termine für die Handelgverträge die Ordnung in Ungarn nicht wiederhergestellt fei. Die Sozialdemokraten seien wohl für die politische Trennung, nicht aber für die wirtschaftliche. Der Abg. Tollinger Sentrum) verwies auf die Bedenken, die das Veterinärübereinkommen berporgerufen habe, und trat dafür ein, daß für den Fall, daß es nicht gelingen sollte, die Zollgemeinschaft mit Ungarn aufrecht zu erhalten, die Regserung Vorkehrungen treffen möge für den weiteren Bestand des Handelsvertrages mit Beutschland fur Sesterreich als selbständigem Reich. Der Abg. GHlombinskt wandte sich gegen das Gisenkartell und richtete an die Regierung die Aufforderung, zu einer Herabsetzung oder gaͤnilichen Mere der Roheifenzölle zu schreiten und als Entgelt dafür vom
Deutschen Reiche auf anderen Gebieten wesentliche wirtschaftlich Zu⸗
geständnisse zu erwirken. ᷣ
Großbritannien und Irland. 2
Im Unterhause erklärte gestern, wie W. T. B. berichtet,
der Staatssekretär für Indien Brodrick, der Vizekönig von Indien Lord Curjon denke nicht daran zurückzutreten, sondern es sei von hm nur eine Mitteilung eingegangen, in der einige Abänderungen der porgeschlagenen Maßnahmen bezüglich der indischen Armeeverwaltung empfohlen würden. Die englische Regierung ziehe gegenwärtig die vor geschlagenen Abänderungen in Erwägung. Der Premierminister Balfour erklärte in Beantwortung einer an ihn gerichteten Anfrage, daß der am J7. November 18655 geschlossene Vertrag, durch den sich England verpflichtet habe, dem König von Schweden und Norwegen den, Besitz seiner Gebiete zu gewährleisten und in gewissen Faͤllen zu verteidigen, eine neuerliche Erwägung erfordere, wenn eine Trennung zwischen Schweden und Norwegen zustandekomme. In Beantwortung einer Anfrage bezüglich Zahlung der von Venezuelg . Betrãge eiklarte der Unterstaatssekretär des Aeußern Earl Perey, die monatlichen Zahlungen würden jetzt von Venezuela direkt an die Vertreter Deutschlands, Großbritanniens und Italiens in Caräcas geleistet. Der von Venezuela bis zum letzten April gezahlte Betrag belaufe sich auf 224 369 Pfd. Sterl., also 600 / der britischen , Das Haus nahm sodann die Erörterungen über die remdenbill wieder auf. Die Spezialbergtung des Gesetzes zog sich sehr in die Länge, da die Liberalen der Bill starken Widerstand entgegensetzten, den sie damit begründeten, daß die Bill in ihrer Hand . Schwierigkeiten biete und nicht nur gegen die Ein— wanderer, sondern auch 6 die Schiffseigentümer ungerecht sei.
Die Weiterberatung wurde sodann vertagt.
Rußland.
Der Ministerrat wird, der St. Petersburger „Telegr. Agentur“ zufolge, in den nächsten Tagen den Entwurf Bulygins über Zusammenberufung der Volks⸗ vertreter durchbexaten haben. Alsdann soll unter Vorsitz des Kaisers eine Sitzung des Rats stattfinden. Die Mehr— gh der Mitglieder des Rats ist der Meinung, daß die
estimmungen über die Reichsdumg nach I ell. Ge⸗ nehmigung durch ein Manifest veröffentlicht werden sollten. Die Minderheit ist der Ansicht, daß der Entwurf zuerst in den Departements des Reichsrats und dann in einer allgemeinen Ver⸗ sammlung des Reichsrats beraten werden müsse. Da der Reichsrat jetzt Ferien hat und die Mehrzahl seiner Mitglieder verreist ist, wüärde seine Einberufung und die Beratung des vom Minister⸗ rat besprochenen Entwurfs Bulygins etwa zwei. Monate dauern. Aller , , nach wird die Meinung der Mehrheit des Ministerrats siegen und werden Bestimmungen über die Reichsuma und die Zusammenberufung der Volks— vertreter noch im Juni veröffentlicht werden.
Der General Gripenberg wurde zum General— inspekteur der Infanterie ernannt.
Nachdem im Publikum und in der Presse sich wider— sprechende Gerüchte, betreffend die Uebergabe der Panzer⸗ schiffe „Kaiser Nikolaus J“, „Orel“, „Admiral Senjavin“ und „Generaladmiral Apraxin“, aufgetaucht sind, teilt der Generalstab mit, der Kontreadmiral Nebogatow und die Kommandanten der genanntzen Schiffe würden bei ihrer Rückkehr nach Rußland in Anklagezustand versetzt werden unter der Anschuldigung eines Verbrechens, das im Artikel 279 des Marinestrafgesetzbuchs vorgesehen sei. Die Schuldig— befundenen würden in dem bekreffenden Artikel mit 1 f. entlassung und Degradation oder Todesstrafe bedroht.
Ein Kaiserlicher Erlaß ordnet die Einberufung der Reservisten in den aktiven Dienst in 199 Kreisen der Militärbezirke St. Petersburg, Moskau, Kiew und Warschau an.
In der vorigen Nacht wurden in St. Petersburg, wie dem W. T. B. gemeldet wird, auf der Straße sechs Revolver⸗ schüsse abgegeben, durch die ein Revieraufseher getötet wurde, der eben erst von einer Wunde genesen war, die er im Winter bei einem Zusammenstoß mit Matrosen erhalten hatte. Der Mörder entkam. .
In Moskau wurde gestern durch das Stadthaupt ein von 117 Vertretern großer russischer Städte von über 50 000 Einwohnern besuchter Kongreß eröffnet. Ein Redner erklärte, gegenwärtig genügten. die Beschlüsse eines Semstwo⸗ kongresses nicht mehr, jetzt müsse eine Verfassung gefordert werden. Das Stadthaupt von Kronstadt wies darauf hin, daß das Projekt Bulygins den Agrariern ein Uebergewicht gebe und die Schaffung einer beratenden Institution bezwecke, die Rußland nicht befriedigen könne. Die Versammlung beauftragte das Bureau des Kongresses, Vor⸗ schläge zur Verstärkung des städtischen Elements in der künftigen Volksvertretung auszuarbeiten.
Gestern wurde, nach einer Meldung des W. T. B.“ aus Warfchau, in sämtlichen Gruben und Fabriken des Dombrowaer Bezirks die Arbeit eingestelslt. Vor der Markthalle tötete ein Unbekannter einen Polizeiwachtmeister durch einen Revolverschuß.
In Odessa wurden vorgestern den ganzen Tag über an vielen Punkten der Stadt Schüsse gehört. Die Zahl der Ver⸗ wundeten ist noch nicht ermittelt. Auf dem Kathedralplatze fand am Abend eine Bombenexplosion statt, durch die ein Schutzmann und der Bombenwerfer getötet wurden. Gestern wurden einzelne Läden geöffnet. Patrouillen halten die Ord⸗ nung aufrecht. Lokalbahnzuͤge verkehren in Begleitung von Patrouillen. Der Ausstand in den Fabriken dauert fort, Es heißt, das Packhaus der russischen Schiffahrtsgesellschaft sei geplündert worden. j =.
Ueber eine Meuterei auf dem ier f „Fürst Potemkin“ wird dem „W. T. B.“ aus Obessa gemeldet: Um Dienstagabend traf das genannte Panzerschiff von Sebastopol in Odessa ein. Alsbald verbreitete sich in der Stadt das Gerücht, daß die Besatzung ihre Vorgesetzten nieder⸗ Enel habe, um einen Matrosen zu rächen, der, weil er
lage über schlechte Nahrung im Namen der ganzen Be⸗ satzung geführt, getötet worden sei. ,. wurde gesagt, der Leichnam sei auf der neuen Mole ausgestellt, die Matrosen ließen aber die Behörden nicht herankommen und drohten, ihnen Widerstand zu leisten. Tausende von Menschen sirömten alsbasd nach dem Teile des Hafens, wo der zeichnam des Matrosen ö vom obengenannten Panzerschiffe lag. Auf der Brust des Verstorbenen war ein Jettel angebrachl, mit der von der gesamten Besatzung ab⸗ e nen, Erklärung, daß Omeltschuk für die Wahrheit ge⸗ torben sei, indem er dem Offizier gesagt habe, daß man den Leuten schlechte Nahrung gebe. Das Publikum warf fort⸗ während Gelbfpenden in die am Kopfende des Toten aufge⸗ tellte Büchse, um das nötige Geld für seine , zu ammeln. Unter den vielen Lesarten über das Vorgefallene herrscht die vor, daß ein Sffizier, dem Omeltschuk melbete, daß die Mannschaft schlechte Suppe erhalten habe, ihn durch einen zievoiversch elk gethtet! habe. Bie, gesamte Miannschaft habe erst den Sffizier, dann den Kapitän überfallen und ihn mit
seinen Offizieren, ausgenommen acht, die sich mit den Matrosen verbündet hätten, ertränkt. In Odessa angekommen, hätten die Matrofen die Leiche Omellschuks in einem Boot an Land gebracht und den Behörden mitgeteilt, daß sie, falls man sie zu verhaften verfuche, auf die Urheber des Jersuchs schießen würden. Eine rote Flagge sei wiederholt an Bord des Panzer⸗ schiffs gehißt worden, fen Besatzung sich nach und nach auf alle Boote und Dampfer begeben und die Arbeiter gezwungen habe, die Arbeit einzustellen. Die Kohlenzieher hätten der Mannschaft des Panzerschiffs, die Omeltschuk ein feierliches Begräbnis bereiten wolle, Nahrungsmittel geliefert. Man er⸗ warte das Schwarzmeergeschwader. Die Erregung der Menge sei sehr groß. Der Bürgermeister der Stadt sei nach Moskau abgereist. Er habe an die Bürger Odessas ein Telegramm gerichtet, in dem er sie gebeten habe, sich zu beruhigen und die Ruhestörungen einzustellen.
Italien.
Bei der Beratung des Marinebudgets im Senat äußerte gestern der Marineminister Mirabello, wie W. T. B. be richtet, die Gelegenheit . jetzt gekommen, wo die Nation zeigen müsse, daß sie eine starke Flotte wänsche, und legte die während seiner Verwaltung . Maßnahmen dar. Der Minister verbreitete sich sodann über die Einzelheiten des Gesetzentwurfs, betreffend die Vermehrung der Auf⸗ wendungen für die Marine und über seine Maßnahmen, die dem Programm entsprächen, dessen Ausführung notwendig sei, um die Flotte zur Verteidigung des Landes genügend stark zu machen. Er hob sodann hervor, daß die neuen Bauten und die sonstigen damit ver. knüpften Arbeiten mit der größten Schnelligkeit fortschritten; er habe den Gesetzentwurf vorgelegt, weil das Land eine moderne Flotte haben müsse, und hege das Vertrauen, daß der Senat den Gesetzentwurf an⸗ nehmen werde, um die Unversehrtheit und Größe des Vaterlands zu sicheri. Damit war die Generaldebatte geschlosen. Die Beratung der einzelnen Artikel wurde auf heute anberaumt.
Spanien. ;
Der König empfing gestern den deutschen Botschafter von Radowitz.
Das deutsch-spanische Handelsgbkommen vom 12. Februar 1899 ist, wie ‚W. T. B.“ meldet, am 27 8d M. vom deutschen Botschafter für den 1. Juli 1906 ge⸗ kündigt worden.
Niederlande.
Nach dem nunmehr endgültig vorliegenden Ergebnis der Wahlen zur Zweiten Kammer wurden, dem W. T. B.“ zufolge, , 25 Katholiken, 15 orthodoxe Protestanten, 214 Linksliberale, 10 Rechtsliberale, Mitglieder von der Partei der historischen Christen, 11 liherale Demo⸗ kraten, 7 Sozialisten, insgesamt 52 Antiministerielle und 48 Ministerielle. ;
Schweden und Norwegen.
In der Ersten Kammer wurde, wie dem W. T. B.“ be⸗ richtet wird, gestern , Antrag Unger eingebracht: Der Reichstag solle sich bereit erklären, nachdem das Storthing den Beschluß vom . Juni außer Kraft gesetzt und nachdem der König ein neues Ministerium in Norwegen gebildet haben werde, auf Verhandlungen einzugehen und, wenn diese Verhand⸗ lungen zu einem befriedigenden Ergebnis geführt hätten, oder wenn eventuelle Streitigkeiten durch ein internationales ,,, , ent˖ schieden worden selen, die Reichsakte aufzuheben und so in die Auf- lösung der Union einzuwilligen und Norwegen als souveränen Staat anzuerkennen.
In der Zweiten Kammer brachten die Abgg. Trang und Sven sson den Antrag ein, der Reichstag möge den Vorschlag des Königs verwerfen und ausdrücklich die Anerkennung des gesetzwidrigen Beschlusses des norwegischen Storthings verweigern, der Reichstag möge ferner verlangen, daß der König⸗ liche Vorschlag in der nächsten Reichstagssession aufs neue eingebracht werde, und schließlich, der Reichstag moge 100 Millionen Kronen an⸗ weisen, damit die Stellung des Reichstags gegenüber dem Beschlusse dez Storthing den nötigen Nachdruck erhalten könne, falls der Versuch gemacht, oder der Versuch befürchtet werden sollte, den Beschluß mit Gewalt durchzuführen. Der Abg. Raef beantragte, die Angelegenheit bis zur nächsten ordentlichen Reichstagssession auszu⸗ setzen oder daß, wenn dieses nicht tunlich erscheine, der Reichstag allein Delegierte ernenne, die, falls Norwegen dies wünschen sollte, in Verhandlungen mit dem Storthing eintreten sollten, daß diese Verhand⸗ lungen aber nicht bindend sein sollten, bis sie vom schwedischen Reichẽ⸗ tage und dem norwegischen Storthing genehmigt worden feien und die Sanktion des Königs erhalten hätten. Der Abg. Brodin beantragte, daß der Königliche Beschluß nur unter der Voraussetzung angenommen werden solle, daß die Unterhandlungen so lange als provisorische gelten follten, bis das norwegische Volk durch neue Wahlen sich fuͤr die Untonzauflösung ausgesprochen habe, und daß die Antwort von dem Reichstage erteilt werden solle, der nach den Wahlen zusammentreten werde. Ferner solle der Reichetag beschließen, dem König eine größere Summe zur Disposition zu stellen für den Fall, daß Schweden, um seine Ehre und sein Recht iu wahren, tit sein sollte, verstärkte Maßregeln zu treffen Der ) Kronlund brachte folgende Punfte für ein bindendes Abkommen, die fär Schweden annehmbar seien, ein; I) Schleifung der Grenz befestigungen, 2) jedes Land sichert sich freien Verkehr mit dem anderen und freie Durchfahrtswege durch das andere, 3) unge⸗ hinderte Ausnutzung von Exportmöglichkeiten über Narvik für Schweden und des Transstverkehrs über Ofoten für Norwegen, 4) keine beson⸗ deren Vorzugsrechte für Staaten außerhalb Skandinaviens, 5) Schieds· gerichtsvertrage, 6) die Frage der Weiden für Renntiere wird geordnet, 7) Norwegen verpflichtet sich, die Ausgaben für . Diplomatie und fein Konfulatswefen zu bejahlen, bis die Union formell gelöst ist.
Amerika.
meldet, der Feierlichkeit anläßlich des Studienabschlusses an der Harvard Universität in Cambridge (Massachusetts) bei und sandte aus diesem Anlaß nachstehendes Telegramm an den Deutschen Kaiser: .
Ich habe soeben die Harvard Inter stg und das Deutsche Museum besucht, deffen Gründung wir in so hohem Maße Ihrem Interesse verdanken. Ich benutze diese Gelegenheit, Ihnen und durch Sie dem u, . Volke zu danken für viele . freundlicher Zu⸗ neigung, dle in den letzten Jahren das deutsche und das amerikanische Volk stetig einander näher gebracht haben. Diese wachsende Freund⸗ Het jwischen den beiden Nationen kedeutet viel für die zukünftige
ohlfahrt der Menschheit, und ich wünsche, Ihnen persoönlich für Ihre Bemühungen und deren Förderung zu danken.
Alien. ;
Aus Tokio meldet das „Reutersche Bureau“, der Aus— schuß der konstitutionellen Partei habe vorgestern fol⸗ gende Resolution gefaßt:
Obwohl es unnötig sel, die Friedensbedingungen im einzelnen aufzustellen, halte der Ausschuß es doch für nötig ung für angebracht, zu erklären, daß, ebensowohl zur Erreichung des Zwegs und des Ziels des Krieges, als auch zur Sicherung der Bürgschaft für die Interessen des Reichs in der Zukunft, wie auch zur Herstellung des Friedens in
Ostassen' auf einẽr dauernden Grundlage, die Abtretung von
Der Präsident Roosevelt wohnte gestern, wie, W. T. B.“
Gebiet und die y Kriegskosten gefordert und die koreanischen und mandschurischen Fragen endgültig und klar geregelt werden müßten.
Die Resolution wurde später dem Ministerpräsidenten unterbreitet. Die Fortschrittspartei erließ ein Manifest,
in dem im wesentlichen die gleichen Bedingungen wie oben
aufgestellt werden, jedoch mit Einfügung gewisser weiterer Punkte.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Herren— hauses befindet sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
Nr. 52 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“ heraus⸗ . eben im Minifferium der öffentlichen Arbeiten, vom 28. Juni, hat olgenden Inhalt: Die Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Stauinhalts der Talsperren. — Vermischtes: 34. Abgeordneten⸗ versammlung des Verbandes deutscher Architekten.! und Ingenieur⸗ vereine in Heilhronn. — Auszeichnung. — Wettbewerb um Vor⸗ entwürfe zum Neubau eines allenschwimmbades in Darmstadt. — Wettbewerb um ein Waisenhaus in Kolmar. — Eröffnung der WKasser Joseph. Ausstellung: im Norzböhmischen Gewerbemuseum in Reichenberg. — Wilhelm Feldmann R.
Statiftik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Die vor kurzem erfolgte Aussperrung der Gießereiarbeiter in Velbert macht sich, der Köln,. Ztg.“ zufolge, jetzt auch in Solingen bemerkbar. Verschiedene Firmen aus Velbert hatten in Solingen und Umgegend Guß herstellen lassen. Die Arbeiter weigern sich jetzt, Guß anzufertigen, von dem nicht ganz einwandfrei nachgewiesen werden kann, daß er nicht für Velbert bestimmt ist. Der allgemeine deutsche Metallarbeiter⸗ verband, in dem die Gießereiarbeiter organisiert sind, berief nach Solingen eine Versammlung, die folgenden Beschluß faßte: ‚In An⸗ betracht, daß die Herstellung von Guß für Velbert in den hiesigen Gießereien immer wieder von neuem versucht wird und daß diese Her⸗ stellung von Streikarbeit dazu dient, die Tarifbewegung in Velbert zu brechen und den dortigen Kollegen in den Rücken ju fallen, wird be⸗ schlossen, ven den Unkernehmern die Unterlassung der Herstellung von Velberter Streikarbeit zu fordern. Andernfalls soll auf der ganzen Linie die Arbeit niedergelegt werden.“
Der Hafengrbeiterstreik in Em den (gl. Nr, lö59g d. Bl.) ist, wie die „Rh.. Westf. Ztg.“ erfährt, durch Nachgiebigkeit aller Reedereien beigelegt worden.
In Darm stadt hat, wie der Köln. Ztg.“ gemeldet wird, der Ausssand der Weißbinder (Tüncher und Maler), der zwölf Wochen dauerte und anfangs an 600 Arbeitskräfte lahmlegte, mit einem Rückzug der Arbeltnehmer geendet. Das einzige Ergebnis des Streiks ist die Erhöhung des Mindeststundenlohns für jugend⸗ siche Arbeiter um 1 3. Vor dem Ausbruch des Ausstandes waren bereits die Löhne gesteigert worden, und es gab auch bei Beginn des Ausstandes zahlreiche Arbeitswillige in den Relhen der Srganisierten, doch mußten die vereinigten Arbeitgeber
rundfätzlich an der Ausschließung aller festhalten. Daß trotzdem die begonnenen Arbeiten in der Stadt leidlichen Fortgang nahmen, be⸗ ruhte auf der regen Mitarbeit der jungen Meister, ihrer Lehrlinge und Taglbhner und auf dem Umstande, daß infolge des Ausstandes viele ältere Gehilfen hh Gewerbepatente lösten und als selbständige Gewerbetreibende die Arbeit fortsetzten.
In Gent veranstalteten nach demselben Blatte die ausständigen Baum wollarbeiter (vOgl. Nr. 149 d. Bl) . und Versammlungen, um ihre noch arbeitenden Genossen in die Bewegung zu ziehen. Vornehmlich ist es hierbei guf die noch nicht felernden Rohstoffzuxichter abgesehen, deren Ausstand alle Betriebe brach legen würde. Am vergangenen Dienstag schlossen sich die Spinner der Aktienfabrik Savannah dem Ausstande an. Die Spinner der Firma van Loo entschlossen sich zur Weiterarbeit, nachdem ihnen eine Kürzung des Arbeitstagz um eine Viertelstunde bewilligt worden war. Die . Barrison und Buysse hat die Weberlöhne bedeutend erböht.
Nach einem Telegramm aus Kopenhagen an den in Mailand tagenden internationalen Textilarbeiterkongreß haben, wie die Köln. Ztg.“ erfährt, die dänischen Tertilarbeiter beschlossen, den allgemeinen Ausstand am 1. Juli zu beginnen.
Aus Budapest wird dem W. T. B.“ telegraphiert: Im Tolnaer Komitat brach ein Teilausstand der Feldarbejiter aus. E wurde Militär requiriert. Später kam es zu einem Zusammen stoß, bei dem mehrere Personen verwundet wurden. Zahl⸗ reiche Verhaftungen wurden vorgenommen.
Kunst und Wissenschaft.
Nach den „Amtlichen Berichten“ sind die Königlichen Kunst⸗ sammlungen! im ersten Vierteljahr 1905 u. a. durch folgende Erwerbungen, Geschenke usw. bereichert worden:
Die Sammlungen des Münzkabinetts sind vermehrt um 9 ge g 22 römische, 274 neujeitliche, 17 ortentalische Münzen und 12 Medaillen, insgelamt 334 Stück. Unter allen das hervor⸗ ragendste Stück ist ein Didrachmon von Elis mit dem sitzenden Zeus 14 der Vorderseite, der laufenden Nike auf der Rückseite und der Künstlersignatur ETS.
Die e er ti ch. Abteilung hat in diesem Vierteljahr von endgültig erworbenen Altertümern nur einige kleine, aber interessante Stucke zu verzeichnen, nämlich den Kopf einer ziemlich großen Bronze⸗ figur, der sich durch die eigentümliche Schädelform als Teil einer Statue des, Gottes Ptah erweist, aber in der. Bildung des Gesichts viel Persönliches hat; eine schöne kleine Stele aus violelter Fayence mit. weißen Einlagen, auf. der Pe ser, der bekannte Wezir Sethos! J. und Ramses' JI. vor Amon betend dargestellt ist; jwei häßliche, aber interessante Bronze— figuren später romischer 3 angeblich aus Theben; drei Stuckmasken von Mumien römischer Zeit, durch Dr. O. HNRubensohn erworben, endlich einige kleine Altertümer aus dem Nachlaß des ver⸗ storbenen Aegyptologen, Professor A. Eisenlohr, worunter bemerklens. wert ein Stäck eines schönen Perlennetzes aus dem Grabe eines Prinzen des neuen Reichs, und ein Siegelmwlinder des alten Reichs mit dem Namen des Nefer⸗er-ke⸗re.
Für die vor derasigtische Abteil un wurden drei größere, gut erhaltene in e ich Tontafeln aus Telloh sowie die 14 zeilige assyrische Kalksteininschrift Asarhaddons vom Negübtunnel erworben; ferner eine jüngere babhlonische Terrakotte, die zwei nebeneinander⸗ stehende weibliche Mustkanten darstellt, eine Flötenbläserin und eine Trommelschlägerln; sodann eine Aschenurne des Abdmelqart mit zwei⸗ eiliger neupunischer Inschrift, gefunden in einer punischen, unter⸗ len f en Nekropole an der Stelle des alten Hadrumet; schließlich ein außerordentlich fein geschnittener persischer Siegelzylinder aus Karneol mik der Darstellung einer Eberjagd.
Im Mufeum für Vötterkunde wurden die asiatischen Sammlungen durch viele dankenswerte Geschenke bereichert
Der westafrikanischen Sammlung hat Seine ia der Kaiser einen ihm vom Sultan von Bamum geschenkten tuhl zur Aufstellung überwiesen. Das in jeder Beztehung merkwürdige und
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