1905 / 295 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 15 Dec 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Großhandelspreise von Getreide für den Monat November 190 nebst entsprechenden Angaben für den Vormonat. Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt. 1000 kg in Mark. ( Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.)

Monat Da. gegen im

Nobbr. Vor⸗

Königsberg. 1905 n.

Roggen, guter, gesunder, 714 g das 1... 153,45 . er, dne, Fenn ehe big e g das !.. 6 ih s fer, guter, gesunder, 447 g das J... 143,85 138,95 32 Brenn“, 647 bis 65d g das 1 ...... 140, 85 131,95 Breslau.

dd Roggen, Mittelware ... .

Kw, 3 ; V1 dd,, Mais, ; amerikanischer ...... 143,00 138,50 Berlin. ĩ guter, gesunder, mindestens A2 g das . 166,76 1861,36 . 2 36. ö ü i. 755 3 das 1. 179 360 174,34 Hafer, ! x ö 50 g das 1. 153,08 147,71 Mannheim.

Roggen, Pfälzer, russischer, bulgarischer, mittel. 175,95 167,29 F 83 i. rus 86 amerik, rumän. mittel. 193 03 188,52 Hafer, badischer, wůrttembergischer, mittel... 1690,78 1665. 14 Gerfte, badische, Pfälzer, mittel.... .... 177,664 172, 17

München. . , 163 50 154, er, . ö 185, 565 i186 66

fer, ö ! J erste, ungarische, mährische, mittel.... . . 188,50 185,00

w 181,650 173,00

Wien. ; h

J 128,29 123,6

2 e, KJ iss 5 ish a4

J 130. 84 124.11

ö 869 158, 12

w —— 132.11 149,62

Bu dapest. ö

Roggen, Mlttelwaresc. .., 11635 111,07

Weizen, ö , 145, 15 142,20

fer, , JJ ö 1

. tter⸗ d . 124,91 3.

er . JJ . 144, 69 Ode ssa.

Roggen, 71 bis 72 kg das hl... 1165,33 109,88

35 Ma, 75 bis 76 Kg das hh... 131,54 127,49 Riga.

e,, ,,, 131,09 120,94

, 7 ö dd Paris.

131,43 125,37 Va lieferbarc Ware des laufenden Monats I 133 8 157 20

Antwerpen. Varna... ö

Donau, mittel.. d J ; 1 * ,

d ö 5, e *r 165171 . 158,B 0 162,93 J 153,B, 7 149, 28 I 144,70 139, 64

Am sterdam. h. 14 140572 128, 0

Asow⸗ 28,6 agen 1 Petersburger... .... 141.36 125,80

1 152,51 147,909

Welten . K 173, 0 i167, 65

amerikan. bunt.... d

Mais 62 d London. Produktenbörse.

englisch weiß ͤ 14470 137,40

Weuen Mich Titz tar Lane. . , ,.

La Plata an der Küste (Baltich . ... 147,64 143,68

izen englisches Getreide 132,88 126,77

ö Mittelpreis aus 196 Harttorten 126,55 119.19

rste (Gazette averages) 138,45 140,04 Liverpool.

e kJ , .

. cd ö 1 .

; k 53 53.56

Weinen . J, e äs,

k K,

1 76736323222 .

J 1 , , JJ Gerste, Futter mellan.. , 166. 14 164 87

. * .

R .. 145,30 144. 15

Mals 1 115,21 113,67

J . 4 Chieago.

, , w . 6 66

izen, Lieferungsware 1 35,92 135,37

2 ; 1 1. 195. 5

Mais ö Dezember. IH os 74, 0l Neu York.

roter Winter⸗ Nr. 3 ... 149490 142,71

Nord, Frühjahrs Nr. J.... . .. 146,67 146, 12 k , . R 14. 55 146 55 Mais ö . 0 90, 44 Buenos Aires. . . 5

Weijen 132 21 127 ö Durchschnittsware . * 9 . * * I * 94, 79 0.415.

Bemerkungen.

1 Imperial Quarter ist für die Weizennotiz von engl. Weiß. und Rotweisen 504, für Californier 500, La Plata 480 Pfund engl. gerechnet; für die aus den Umsätzen an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Durchschnittspreise für ein beimisches Getreide

60, 1 Bushel Mais 56 Pfund englisch; 1 Pfund englisch 453,6 8; Taft Roggen 2105, Weizen = 2400, Mais 2900 Eg.

Bel der Umrechnung der Preise in Reichswährung sind die

aus den einzelnen egangaben im Reichsanzeiger ermittelten monatlichen e e, felturse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, 36 London und Liverpool die Kurse ö für Chicago und

eu Jork die Kurfe auf Neu Jork, für Odessa und Riga die Kurse

3. t. Petersburg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse

au Goldyrcm

diese lat eife in Buenos Aires unter Berücksichtigung der

e.

Deutscher Reichstag. 12. Sitzung vom 14. Dezember 1905, 1 Uhr. (Bericht nach Wolffs Telegraphischem Bureau.) Tagesordnung: Fortsetzung der ersten Beratung des Ent⸗

wurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des rf sr h era te für das Rechnungsjahr 1906 2c.

Ueber den Beginn der Verhandlungen ist gestern berichtet

worden.

Abg. Dr. Graf zu Stolberg Wernigerode Eon),

fortfahrend: Der Staatesekretär Graf von Posadeweky sagte weiter, daß mit dem wachsenden Wohlstand nicht in gleichem Maße die Dpferfreudigkeit gestiegen sei, die Großherzigkeit in wirtschaft⸗

sichen Dingen, welche die besitzenden Klassen auszeichnen müßten. * kann ich nur bedauern, daß er diese Rede nicht ge—⸗ halten hat vor der Rede seines Kollegen des Freiherrn

bon Rheinbaben. Es gibt keine bessere Widerlegung dieser Be⸗

hauptung, als die Rede des preußischen Finanzministers. Sie war

deshalb fo vorzüglich, weil er keine Behauptungen, noch Meinungen ausgesprochen hat., sondern weil er unumstrittenes Zahlenmaterial vorgeführt hat. Deshalb hat seine Rede einen bleibenden Wert. Dann sagte der Staatssekretär weiter, die soꝛialdemokratische Bewegung huldige durchaus einer materialistischen Welt⸗

auffaffung, und er glaube, daß mit unserem wachsenden Reichtum

auch in den besitzenden Klassen die materialistische Weltanschauung, . Genußfucht, gewachsen sei, und das sei sehr bedenklich.

Ich kann mich davon nicht überjeugen. Ich bin auch kein Sptimist, dazu bin ich viel zu alt geworden, aber dem deutschen Volke Idealismus abzusprechen, dazu kann ich mich doch nicht aufschwingen.

Ich kann mir die Auffassung des Staatssekretärs, die er im einzelnen

nicht näher begründet hat, nur daraus erklären, daß er Anstoß nimmt

an dem übertriebenen Luxus, der uns ja ab und zu, entgegentritt. Aher dieser Luxus beschraͤnkt fich auf kleine einzelne bestimmte Punkte. Er

mag in Berlin und anderen großen Stätten vorhanden sein, daß er aber im ganzen Volke Platz gegriffen hat, kann man wirklich nicht sagen. Es trifft insonderheit nicht zu beim Großgrundbesitz. Ich kenne die Dinge in dem so viel besprochenen Ostelbien sehr genau,

und ich kann Ihnen versichern, daß da von einem übertriebenen

Luxus nicht die Rede ist. Die Leute, die hier in Berlin wohnen, haben gar keine Ahnung, wie der Großgrundbesitzer bei uns auf dem Lande lebt. Ich erinnere Sse an die klassiiche Rede des Fürsten Bismarck vom 14. Februar 1385, worin er feine Freude darüber ausspricht, wie diese braungebrannten Herren auf ihr Feld reiteng und wie sie es be⸗ bauen. Das trifft auch heute noch zu. Der Staatssekretär hielt uns die großen Krisen vom Anfang des 16. und des 19 Jahrhunderts vor und fagte, das wären große Zeiten gewesen. Ja, in solchen Krisen leben wir nicht, wir leben in einer wirtschaftlichen Entwicklung, und da steben natürlich wirtschaftliche Fragen im Vordergrund. Wenn aber solche Krifen wie die von 1813 oder 1370 ich wünsche, daß sie uns

im großen und galten haben sie sich anwerben lassen aus Vaterlands⸗

ins Land hinausgehen lassen zu sollen.

[Gazette averages) ift 1 Imperial Quarter Weizen 450, Hafer 312, Gerste 400 Pfund englisch angesetzt. 1 Bushel Weijen

erspart werden wiederkommen sollten, dann wird das Volt sicherlich bereit sein. Was mich in dieser Beziehung hierin bestärkt, ist das Verhalten unserer Schutztruppen in dem gegenwärtigen Kolonialkrieg. Ihnen ist ja schon der Dank ausgesprochen worden. Diese Schutz fruppen, Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere, haben sich ja doch frei⸗ willig gemeldet. Es mag vorkommen, daß der eine oder andere sich hat anwerben lassen in der Hoffnung, eine Farm zu bekommen;

liebe, aus Kolonialbegeisterung, nennen Sie es Kolonialschwärmerei, vielleicht auch aus Abenteuersucht. Jedenfalls sind iese Gründe nicht materialistischer, sondern idealistischer Natur. Dieser Idealismus ist aber kein Strohfeuer, im Gegenteil, er hat sich be— währt und glänzende Proben gegeben. Unsere Kolonialtruppen haben keine Siege erfechten können wie die von Königgrätz und Sedan, aber die Leistungen der einzelnen waren viel größer, viel intensiver als die Leistungen von 1870. In einer großen Armee tapfer zu kämpfen, ist keine große Kunst, dort wird man durch die allgemeine Begeisterung fortgerissen; aber im einsamen Dorngebũsch gegenüber einem grausamen, hinterlistigen Feind ist es doch anders, da wird das Herz noch gewogen. Unsere Truppen haben 1870 Strapazen und Ent— behrungen durchgemacht, aber sie haben doch wenigstens Wasser be—⸗ kommen, wenn es auch noch so schlecht war. In Südwestafrika haben unsere Truppen tagelang gedurstet, und unsere Mannschaften haben nicht darüber geklagt, sondern über die Leichtfüßigkeit ihrer Feinde, die ihnen immer entlaufen, die sie nicht zum Stehen bringen, nicht endgültig schlagen können. Da muß man doch sagen, es steckt noch ein großes Stück Idealismus in unserem Volke. Ich habe geglaubt, die Worte des Stellvertreters des Reichskanzlers nicht unwidersprochen

Abg. Bebel (Soz): Der Abg. Gröber hat gestern in seinen Ausführungen über die Diäten frage Andeutungen gemacht, die ich mir als auf meine Partei gemünzt auslegen muß. Die Diätenfrage hat uns bisher kühl bis ans Herz hinan gelassen, obgleich wir allesamt wissen, daß die Diäten verweigert worden sind gerade mit Rücksicht auf unsere Partei. Nun ist es aber merkwürdig, daß gerade die jenige Partei, gegen die sich die Diätenlosigkeit richtet, die Diäten am wenigsten entbehrt, während diejenigen Parteien, die am ersten ohne Diäten auskommen könnten, den Wunsch danach am lebhaftesten äußern. Selbstverständlich sind wir An— hänger der Diäten, als selbstverständlich erachten wir es, daß Männern, die verpflichtet werden, viele Monate von der Heimat, vom Geschäft und Beruf entfernt zuzubringen, eine entsyrechende Ent schädigung gewährt wird. Denn in dem Maße, wie durch die Diäten⸗ losigkeit der Reichstag schwach besetzt ist, ruht die Arbeit auf einer ganz außerordentlich kleinen Zabl von Abgeordneten, die durch diese Last fast erdrückt werden. In dem Maße, wie bei unserer ganzen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung die Gegensätze immer heftiger aufeinander prallen, das Bedürfnis immer mehr sich geltend macht, den Staat um Hilfe anzurufen, wie die Spaltung, Schichten. und Parteibildung in der heutigen Gesellschaft zu— nimmt, werden die parlamentarischen Körperschaften immer mehr belastet. Auch diese Gründe machen es ju einer Notwendigkeit, daß die Abgeordneten für die Opfer und Mühen und Zeitverluste, die sie auf sich nehmen, entschädigt werden. Der Abg. Gröbet hat gemeint, man würde durch die Diäten wirkliche Arbeitervertreter in den Reichstag bekommen, denn die jetzigen angeblichen Arbeitervpertreter seien keine wirklichen Arbeiter mehr. Vollkommen richtig! Aber wenn Sie die Diäten zahlen, so werden Sie die von Ihnen gewünschten wirklichen Arbeiter auch nicht be—⸗ kommen, aus dem einfachen Grunde, weil ein Arbeiter, sobald er ein Mandat annimmt, aus der Arbeit herausgeworfen wird, mag er bei einer Partei sein, bei welcher er will. Sis werden keinen Arbeitgeber finden, der sich einen Paradearbeiter hält, der für Monate nach Berlin fährt und dort allerlei Dinge bören und sehen könnte, durch deren Mitteilung er seine Arbeitekollegen rebellisch macht. Was die Ausführungen des Abg. Giöber über den Kolcnialetat betrifft, so hat man auch hier wieder die interessante Beobachtung machen können, daß, wenn zwei dasselbe sagen, es nicht dasselbe ist. Wenn der Abg Gröber

in den Kolonien vorbringt, so macht das einen etwas anderen Eindru als wenn wir es tun. Wir haben diese Klagen schon vor ein, zw Jahren ebenfalls hier vorgetragen und haben uns zuerst auf den als Tutorität bezeichneten Kammergerichtsrat Meyer berufen, der nach⸗

wiesen hat, daß die Behandlung der Eingeborenen von seiten der

e rwe ellen g und Kolonialbeamten von Grund aus verehrt ge wesen ist, daß Samuel Maharero deswegen, weil er Stammes häuptling war, nicht das Recht hatte, Ländereien abzutreten. Weil aber unsere Kolonial. beamten den dortigen sozialen Verhältnissen und Anschauungen voll · kommen fremd gegenüberstehen, so mußte dies zu einer Menge von Mißverständnissen und Mißhandlungen und schließlich zum Aufstand führen. Glauben Sie mir n m,. Gröber, wenn man die schwäbi⸗

schen Bauern von 1905 fo behandeln würde, wie die Eingeborenen

von jeher in den Kolonien behandelt worden sind, so würde es morgen in Schwaben zu einem Bauernkriege à la 1525 kommen. Da kann man es den Eingeborenen nicht übelnehmen, daß sie nach dem Grade ihrer Kultur fo gebandelt haben, wie es gescheben ist. Am 9. De⸗ jember hat der Reichskanzler Angriffe gegen unsere Stellung in der Kolonialpolitik und besonders gegen den Abg. Ledebour gerichtet. Der Abg. Graf Stolberg hat sich aber selbst veranlaßt gesehen, zu er⸗

klaren, wie es kommt, daß auch auf seiten der deutschen Truppen in Südwestafrika sich Anschauungen eingebürgert haben, die sich mit den Begriffen moderner Kriegführung nicht ver⸗

einbaren lassen. Auch der größte Kolonialgegner wird die Ausdauer und Opferwilligkeit der Männer als bewunderns—⸗

wert anerkennen, die dort ihr Leben in die Schanze schlagen. Das kann uns aber nicht zurückhalten, dort, wo wir Fehler gemacht zu sehen glauben, wo wir Dinge sich abspielen sehen, die nach unseter Meinung einer zivilisierten Nation unwürdig sind, uns mit

aller Enischiedenheit dagegen zu erklären. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Proklamation des Generalleutnant von Trotha unter diese

EIrscheinungen fällt. Der Kanzler hat doch auch sofort, nachdem Sicheres darüber verlautete, durch ein Telegramm Einhalt geboten. Der Kanzler hat in seinen Erklärungen 7 meine Parteigenoffen einen Punkt unaufgeklärt gelassen, der der Aufklärung dringend bedarf, jene in der Zukunft veröffentlichte Depesche, wonach die Absicht des General leutnarts von Trotha, mit Morenga zu unterhandeln, von hier aus direkt desavoutert worden sei. In der heutigen Sitzung der Budgetkommission soll mitgeteilt worden sein, daß der Kanzler nicht an der Sache be⸗ teiligt fei, sondern das Telegramm an den Generalstab gelangt sei, und zwischen diesen beiden Instanzen die Sache sich abgespielt habe. Ich muß aber meine große Verwunderung aussprechen, daß der Kanzler die Sache nicht schon längst selbst richtig gestellt hat und solche Ir tümer so lange im Lande Wurzel fassen läßt. Der Kanzler hat doch so viel Zeit, auswärtigen Preffevertretern seine Ansichten mitzuteilen und auseinanderzusetzen, da hätte das deutsche Volk doch wohl auch ein Recht auf rasche Richtigstellung solcher bedenklichen Nachrichten. Mit der Kolonialpolitik sind wir gründlich hineingefallen, das sieht man schon an dem Weihnachtsgeschenk, das der Reicheschatzsekretär Freiherr von Stengel uns gestern auf den Tisch legte, dem Nachtragsetat von 30 Millionen. Wir werden uns sicher auch noch mit einem fünften Nach tragsetat zu beschäftigen haben, dessen Höhe ich freilich noch nicht kenne. Im höchsten Grade erstaunt bin ich über die Kaltblütigkeit, die das Jentrum dieser Frage gegenüber bewahrt. Vor zwei Monaten hat die Kölnische Volkszeitung“ Artikel publiziert, die, wenn sie die Meinung des Zentrums ausdrückten, dieses heute zu glatter Ablehnung der Kolonialforderung bringen müßten; es war da gesagt, das Reich habe seit 1898 800 Millionen geopfert für eine Kolonialpolitik, deren wirtschaft⸗ licher Erfolg gleich Null sei. Aber die Auffassung der Zentrumepresse und die der Zentrumsfraktion sind eben, wie wiederholt offenbar ge worden ist, zwei grundverschiedene Dinge. Das Zentrum hat A gesagt, es muß B sagen und das ganje Alphabet durchmachen. Ebenso liegt es mit den Ängriffen des Abg. Erzberger, von denen wir bis jetzt hier nichts zu hören bekommen haben. Der Abg. Gröber sprach von der Notwendigkeit des Ausbaues der sozialen Gesetzgebung und führte eine Anzahl von Materien an, deren Regelung dringend not tue. Er will auch das Genossenschaftswesen fördern, aber in demselben Atemzuge verlangt er Maßregeln gegen die Arbeiterkonsumvereine! Wie ist dieser Widerspruch zu löͤsen? Die Arbeiterfeindlichkeit der Mittelschichten im Volke läßt ja tatsächlich nichts zu wünschen übrig, und der Abg. Gröber scheint hier in dieselbe Kerbe zu hauen. In Sachsen legt man den Arbeiter konfumvereinen neue Umsatzsteuern auf! Dort sind die von außerhalb des Deutschen Reiches bezogenen Artikel, welche die Konsumpereine zum Verkauf bringen, mit vierfacher Steuer belastet, mit Zoll, Landessteuer, städtischem Oktroi und Umsatzsteuer. Der Abg. Gröber verlangte auch ein Reichs berggesetz. Haben nicht die Parteigenossen des Zentrums in Preußen dafür gesorgt, daß die famose Berggesetznovelle angenommen wurde? Der Abg Geisler sagte im preußischen Abgeordnetenhause, man dürfe es nicht dahin kommen lassen, daß das Bergrecht im Reichstage geregelt werde, und forderte auf, die Regierungsvorlage anzunehmen. Diese war noch etwas besser als das, was dort schließlich zu stande kam; aber auch für die verschlechterte Vorlage hat das Zentrum gestimmt! Die in jenem Gesetz konstruierten Arbeiterausschüsse sind von den Berg— arbeitern erkannt worden als das, was sie wirklich sind; bei deren Wahl in diesen Tagen haben von den mehreren hunderten Mann der einzelnen Belegschaften nur ganz winzige Minoritäten sich überhaupt beteiligt; auf der Zeche ‚Freie Vogel! und ‚Unverhofft' von tausend Mann Belegschaft nur einern! Da hat die Berg—Q arbeiterschaft ihr Verdikt über diese Art von Gesetzmacherei aus- gesprochen. Der Bergarbeiterverband hat die Parole: Haltet Euch davon!“ ausgegeben, und ihr ist in größtem Umfange Folge geleistet worden. Auch die christlichen Arbeiter haben gegen die vom Zentrum gutgeheißene Gesetznovelle protestiert. Gründlicher konnte eine Partei nicht abgeführt werden als in diesem Falle. Die Arbeiterstreiks sind die notwendige Folge der Unzufriedenheit der Arbeiter mit den Arbeitsbedingungen, aber ein sehr großer Teil der Streiks, in manchen Jahren die Hälfte, wird nicht begonnen für Forderungen in bezug auf die Lohnhöhe und die Arbeitsbedingungen, sondern um Verschlechterungen der Lebenshaltung der Arbeiter, die durch die Unternehmer beabsichtigt sind, abzuwehren. Auf der anderen Seite nimmt die Sperre durch die Unternehmer mehr und mehr über= hand. Die Unternehmer sind weit mehr und weit besser als die Arbeiter organisiert ich bedauere, daß sich noch Millionen Arbeiter von ihren Organisationen fern halten aber nahezu kein einziger Unternehmer steht heute noch seinem Verbande fern. Die Unternehmer üben auch einen gewaltigen moralischen Druck darauf aus. Sie natürlich (zur Rechten) erheben immer nur Anklagen gegen die Arbeiter, nicht gegen die Unternehmer; der Arbeiter ist immer nur der Sündenbock der geknutet wird. Gewiß nehme ich es dem Arbeiter nicht übel wenn er im Kampfe steht und ein Teil seiner Genossen Verrat übt und dem Unternehmer hilft, die Arbeit fertig zu stellen, daß er dann einen Druck auf diese ausübt; aber weit groͤßer ist der Druck unter den Unternehmern, es droht ihnen der gesellschaftliche Boykott, und sie müssen Solawechsel binterlegen in einer Höhe, daß sie bankrott würden, wenn sie sie zahlen müßten. Für die Unternehmerorganisationen besteht weder das Strafgesetz, noch der 5 53 der Gewerbeordnung; aber wenn die Arbeiter einen moralischen Druck ausüben gegen die, welche nicht in ihre Organisation eintreten wollen, so werden sie wegen Nötigung und Erpreffung auf Grund des 5 153 G.. O. bestraft. Das fällt dem Arbeiter niemals ein, daß er in einen Streik auch die hineinzieht, die nicht das mindeste damit zu tun haben; aber wenn an irgend einem Orte Deutschlands wenige Leute einen Streik be ginnen, wirft gleich der gesamte Unternebmerverband alle Arbeiter auf die Straße, gleichviel ob sie mit diesem Streik einverstanden sind oder nicht. Gegen die Arbeiterorganisationen wollte die Zuchthausvorlage Strafen aber gegen einen Unternehmer, der Zehntausende von Arbeitern auf die Straße und inz Elend stößt, gibt es keinen Staatsanwalt und keine Richter Das haben wir ja gesehen bei der Aussperrung der rheinisch - westfälischen Bauarbeiter, der sächsischen Textil- arbeiter, der Dresdener Zigarettenarbeiterinnen, der Berliner Elektrizitäts. und Metallarbeiter. Welchen Eindruck muß es auf die Arbeiter machen, wenn sie so, gleichviel ob sie katholisch oder evangelisch oder Sozialdemokraten sind, ohne Unt rschied

hier Klagen und Beschwerden über die Behandlung der Eingeborenen

ihrer politischen Ueberjeugung aufs Pflaster geworfen werden.

Das stärkt die So ialdemokratie. Ein Arbeiter, der einmal davon be⸗ troffen ist, glaubt nicht mehr an die Heiligkeit der heutigen Staats und Gesellschaftsordnung. Die kapitalistische Wirtschaftsordnung, die gesellschaftlichen Gegensätze erzeugen die Proletarisierung der Massen. Vor 40 Jahren konnte ich mein Geschäft mit einigen hundert Mark beginnen; wer das heute versucht, hat die Sicherheit des Bankrotts von vornherein in der Tasche. Die Zahl der selb⸗ ständigen kleinen Unternehmer nimmt in demselben Maße ab, wie die kapitalistische Gesellschaftsordnung sich konzentriert. Daher ist die große Zahl derer, die nicht selbständig werden können, mit der Staats- und Gesellschaftsordnung unzufrieden, und dafür sorgen Sie auch in Ihrer Gesetzgebung. Dagegen kämpfen die Arbeiter nun gerade⸗ so, wie das moderne Bürgertum jahrhundertelang gegen die feudale Ordnung gekämpft hat, bis sie endlich all die Freiheiten und Rechte besaß, mit denen die bürgerliche Gesellschaft jetzt den Minister, den Kanzler und den Kaiser jwingt, nach ihrem Interesse zu regieren. Graf Posadowsky versprach sich eine Besiegung der Sozialdemokratie durch eine Wiedergeburt des Volkes. Nur ein Ideologe kann so denken. Der Idealismus ist die Grundlage aller Dinge. Was hilft mir alles, wenn ich nicht satt zu essen habe! Den Unternehmern Idealismus und Gerechtigkeit zu predigen ist dasselbe, als einen Wolf zu bitten, ein Lamm nicht zu zerreißen. Not und Elend lassen sich mit allem guten Herzen und aller Wohltätigkeit nicht beseitigen. Man macht dem Grafen Posadowsky ein Verbrechen aus seinen Worten über die heutige Gesellschaft. Er hat nur die Worte gesagt, daß es ihm unangenehm sei, wenn jemand es wagt, wider den Stachel zu lecken. Der Graf Stolberg bezog sich auf die neulichen Ausführungen des Finanz⸗ ministers von Rheinbaben, der auf die Höhe der Löhne der Arbeiter hinwies. Was will es bedeuten, wenn ein Landarbeiter im Osten wirklich jetzt das Doppelte bekommt wie vor 30 Jahren? Damals war eben seine Lage eine hundsmiserable. Die Steigerung der Ein— kommen der Minister von 36 000 auf 50 000 ½ ist doch eine ganz andere Steigerung. Der dümmste Mensch muß zugeben, daß das etwas ganz anderes ist, als wenn sich das Einkommen einer Arbeiter familie von 600 auf 900 S6 steigert. Durch die Verteuerung der Lebensmittel, der Mieten usw. wird jedes Mehreinkommen, das der Arbeiter sich nach schweren Kämpfen erworben, weit aufgewogen. Dazu kommt die steigende Rechtlosigkeit der Arbeiter, namentlich hin⸗ ichtlich des Dreiklassenwahlsystems. Der Abg. Bassermann sprach kein

ort davon, daß Sie die Wahlentrechtung in Sachsen, Hamburg, Lübeck usw. verurteilen. Wie kann er sich wundern, daß der Radikalismus der Sozialdemokratie zunimmt, daß er Massenstreiks anstrebt? Ich wundere mich nur, daß den Abg. Bassermann dies wundert. Wie können Sie glauben, daß unsere deutschen Arbeiter, die so gebildet sind wie jeder andere, es sich ge— fallen lassen, als Paria, als Heloten behandelt zu werden? Der Frei⸗ herr von Zedlitz beklagte sich in einem Artikel vom September, daß im Gegensatz zu Norddeutschland in Süddeutschland alles sich demo— kratisiere, man müsse vorbeugen, daß eine neue politische Main— linie sich bilde. Er schlägt vor, die verbündeten Regierungen möchten den Bundesrat veranlassen, einen Einfluß zu üben auf das Wahlrecht der Einzelstaaten. Es war neulich von dem englischen Wahlrecht die Rede. Nach dem dort bestehenden Wohnungsjensus würden auf Deutschland 10 300 000 Wahler kommen. Das englische Wahlrecht ist also viel besser als das in Preußen. Die Sozialdemokratie ist in England nur deshalb so schwach, weil die dortige Bourgeoisie schon seit Jahrzehnten so vernünftig war, den Wünschen der englischen Arbeiter entgegenzukommen. England ist bekanntermaßen ein parlamentarisch reglertes Land. Treten die Arbeiter dort als eigene Partei auf, so haben die anderen Par- teien mit ihr zu rechnen. Diese Anschauung ist allerdings allmählich bei den englischen Arbeitern ins Wanken geraten, aber Sie werden es erleben, daß bei den nächsten Wahlen im Februar die Arbeiter als Partei auftreten. Der Abg. von Kardorff sieht ja immer den Himmel voller Geigen. In Preußen und in Deutschland ist alles immer am schönsten auf der Welt. Gewiß, von Ihrem Standpunkt (nach rechts) Das ist eben Ihre grundverschiedene Auffassung, die nicht nach Ihrem freien Willen ist, sondern auf den sozialen und

materiellen Interessen Ihrer Klasse beruht. (Zuruf rechts: Vaterland) Wort zurück; ich habe mit Bis jetzt ist das Vaterland immer Ihr Vaterland gewesen. Der Abg. genutzt, ĩ⸗ ssermann meinte hätten wir anlassen können.

von Kardorff mußte sich von dem Abg. Bassermann sagen lassen, daß auch in unserer Justiz in Deutschland nicht alles so beschaffen ist, wie es sein sollte. Ich denke, wir werden uns beim Justijetat noch dar⸗ über unterhalten. Aber der Abg. Bassermann hat auch noch ein anderes wertvolles Geständnis gemacht, indem er nämlich sagte, es ist selbst. verständlich, daß auf jeden Mann also auch auf den Richter

das soziale Milieu auf seinen Ideengang einwirkt und auch ungewollt

seine Urteile beeinflußt. Da stimmen wir ja ganz überein. Wir haben eine Klassenjusti, weil wir Richter aus einer bestimmten, der herrschenden Klasse haben. Weiß denn der Abg. von Kardorff nicht, daß über das Werk, das in der Kommission für die Revision der Strafprozeßordnung zustande gekommen ist, ein Schrei des Entsetzens in deutschen Richterkreisen ausgebrochen sst? Die vornehmste Aufgabe des Richters ist es, Recht zu sprechen, ohne Ansehen der Person, wenn aber Institutionen eingeführt werden, die dieses ohne Ansehen der Person nicht mehr möglich machen, dann hat der Staat seine vornehmste Aufgabe preisgegeben. In der heutigen . der Reaktion heißt es immerfort: nach rechts, nach rechts!

darauf reagiert wird, daß die Revolution antwortet, ist ganz begreiflich. Wer war denn bei allen Revolutionen die Ursache? Die herrschenden Klassen, die nicht nachgeben wollten, die das Verhängnis und den Untergang geradezu herbeiriefen. Daß es bei den Zuständen, wie sie sich entwickelt haben weit Und

breit, auch in Deutschland dazu kommen muß, ist ganz un⸗

bestreit bar Die die Revolution machen, sind nicht diejenigen, denen die Schuld zugeschoben wird, sondern immer die Regierungen und die regierenden Klassen. Zur Begründung meiner Auffassung ein paar Worte aus einem Zentrumsblatt: „Es ist eine vollig un— historische Auffassung, daß Revolutionen von einigen Bösewichtern und Volkeführern gemacht werden. Revolutionen können in ge— schichtlich gewordenen Staatswesen nur Ecfolg haben, wenn Mißstände vorhanden sind, durch die die Massen des Volkes erregt werden, und in solchen Fällen werden sie auch nur Erfolg haben. Man klage noch so sehr über die Ausbreitung der Sozialdemokratie, wenn man nicht andere Wege einschlägt, geht es in Deutschland, wie es anzerwätts gegangen ist. Wie Sie Reformen machen, das ist uns vollständig gleichgültig! Machen Sie nur welche!

In Baden und in Bapern ist jetzt das Zentrum an der Arbeit, das Wahlrecht umzugestalten. Kollege Trimborn, wie steht es denn wir sind nicht nur nicht gelieb im preußischen Abgeordnetenhause? (Zuruf des Abg. Trimborn:

Ich habe ja gar nichts gesagt. Wenn Sie keine Entscheidung ringen können,

dann sagen Sie wenigstens, was Sie denken. Windthorst haf schon vor

gerade 39 Jahren angeregt, das Wahlrecht im Abgeordnetenhaufe zu

ändern später haben Sie (zum Zentrum) das allgemeine gleiche Wahl-

Wahlrecht. Wenn man die Rede des Finanzministers von Rheinbaben am Donnertsag gehört hat, so muß man glauben, daß unsere besitzenden Klassen im Staate die Aschenbrödel seien, die Arbeiter die eigentlichen

Serren. Zuruf rechts: Das ist auch ziemlich soh Wenn es doch wirklich so wäre, dann sollten Sie etwas anderes erleben! Der

Finanzminister hat mich etwas sagen lassen, was ich gar nscht gesagt habe; die besitzenden Klassen leisteten nichts Das babe sch nicht gesagt. Ich gehöre doch auch in gewissem Sinne zu den besitzenden Klassen. Allerdings wenn ich könnte, bekäme der Herr von mir keinen Pfennig. Ich habe vielmehr an der Hand des Reichs budgets und der Floitenvorlage ausgeführt, daß die heutigen besitzenden Klassen gegenüber den Arbeitern füt das Reich außerordent— lich wenig leisteten. Die ganze Beweisführung suchte der preußische Minister dadurch zu beseitigen, daß er sofort auf den preußischen Staat überging. Er hat es als einen großen Patriotismus hingestellt, daß die besitzendn Klassen an Steuern das tragen, was sie tragen. Es war aber gar nicht möglich, die Steuerreform in Preußen 1895 zu ver— schieben angesichts der Finanzlage des Reichs und der ungeheuren Be—

ngereien gegen den Staat auf Grund des bestehenden Steuer rechts. Aber man ist nur bis zu 40/0 gegangen, da mußte aufgehört

werden. Wenn es nach uns, nach mir gegangen wäre, würde die Progression mindestens auf 120, gebracht sein. Freiherr von Rheinbaben zeigte, daß von 35 Millionen Peeußen 32 Millionen steuerfrei sind. Preußen, wenn von 35 Millionen 22 Millionen mit einem Einkommen unter 900 M sich begnügen müssen. weisen auch keineswegs eine glänzende Lage der Mittelschichten der Als 1863 Lassalle seine Agitation begann, wies er in einer Broschüre nach, daß nur 400 der Bevölkerung ein Einkommen von über 3009 haben. wurde Lassalle von det ganzen Presse unerhört angegriffen; was hat sich nun in 40 Jahren geändert? Die kommen von über 3006 S beträgt nicht 4, aber ganze der ganze Zuwachs von Besi die besitzenden Klassen beschraͤnkt!

Der Finanzminister

Es ist ein trauriges Zeugnis für

Und seine weiteren Zahlen be— preußischen Bevölkerung. Auf diese Angabe hin

Zahl derer mit einem Ein⸗ . 6 Oo, al so und Macht hat sich ausschließlich auf e r England mit seinen 43 Millionen WMenschen bringt an Einkommen, Erbschafts, und an sonstigen direkten Steuern 973 Millionen auf gegen 250 in P

Steuer und dabei sind die Einkommen bis 3000 MS

in England steuerfrei! Der Finanz— auch die Opferwilligkeit der Unternehmer. 1905 ist das Einkommen der Arbeiter nach Herrn von Rbeinbaben um 333 ο gestiegen, Versicherung, die Unternehmer an den Lasten mittragen, inzwischen auf erweiterte Grundlagen gestellt zogen baben. zältnismäßige Verbesserung der Unternehmer eingetreten ist. zugenommen.

den 17 Jahren bis von 600 auf 800 M. für welche

i entsprechend Im ganzen unzweifelhaft ist, daß eine ganz Einkommens verhãältnisse Und in demselben Maße hat der Luxus Heute wird in Berlin ⸗West von diesem oder jenem Nabob seinen Freunden ein Essen gegeben, das 20 0090 bis 30 060 kostet. Dagegen wird das Wohlleben der Arbeiter kritisiert und auf die bohen der Arbeiter zu den Gewerkschaften hingewiesen. s hab in der Hauptsache für Kranken, und Arbeitslosenunterstützung, für Rechtsschutz und so weiter Ver— . e Daß ein preußischer Minister in der Art, wie es geschehen ist, über die Berliner Metallarbeiterschaft berichten konnte, ist unglaublich. Es ist nicht wahr, daß die Arbeiter gestreikt haben. Einige Kategorien von Arbeitern, Lohnerhöhung gefordert, dafür wurden 35 090 Mann, die gar nicht zestreikt ausgesperrt! Gesellschaft möglich ist und offiziell verteidigt wird, haben die Arbeiter allen Grund, mit einer solchen Staatsordnung aufs höchste unzufrieden zu sein. Was die auswärtige Lage betrifft, so vertrat auch der Abg. Bassermann die Auffassung. Englands Haß gegen Deutschland se s handelspolitische Entwicklung hervorgerufen worden! Die englische Presse hat an der Hand unserer letzten Verhandlungen ; irgendwelcher Haß Es wäre das auch, Ich habe ja

wendung gefunden.

im ganzen knapp 500, hatten Brutalitãt

durch unsere

aus diesem Grunde vorhanden ist. schon nachgewiesen habe, die allergrößte Verkehrtheit. schon wiederholt in dieser Beziehung Anschauungen entwickelt, sich mit denen Bismarcks, die er 1885 dem Reichstage vortrug, voll⸗ ständig decken; er führte damals aus, die Möglichkeit, daß Deutsch—⸗ land sich in einen Krieg mit England begeben könne, müsse er absolut bestreiten; alle möglichen Differenzen, die man mit England haben könnte, würden die gemeinsamen Interessen beiden nicht aufwlegen können. Nach meiner Meinung gibt es in ganz Europa keinen Staat, mit dem gemeinsame Interessen uns so innig verbinden. Friedensbündnis mit England, so wäre der europäische Frieden dauernd geregelt. Da kommt nun der Kanzler mit seinem Angriff gegen mich, als sei ich es gewesen, der den Engländern erst die Augen über unsere Kolonien und unsere Verhältnisse geöffnet hätte. die Engländer sehr unterschätzen; ich habe ihnen nichts Neues gesagt. Die Engländer verfolgen den Gang der Dinge in Deutschland genau gut wie wir; die Reden, die seit 1895 an barer Stelle gegen England gehalten worden sind, hatte doch auch die ganze Welt gehört; aber

Hätten wir ein

Das heißt doch

sehr weithin sicht⸗

elt n alles in Baumwolle ein⸗ ) Wir sagen nur gerade heraug, wie wir es denken, wenn es auch hie und da anstößt. Es soll auch anstoßen; hierüber und über Marokko neulich gesagt habe, nehme ich kein dieser Rede dem Vaterlande mehr mit der seinigen. J wenn wir eine größere Flotte gehabt hätten, statt der Kaiserreise eine Flottendemonstration ver⸗ ö. Das ist doch nicht schuld daran. Oder gegen Frankreich? Das wäre die sofortige Kriegserklärung gewesen. Ungeschickter hätte man die Sache nicht behandeln können als nach dem Vorschlage des Herrn Bassermann. Der Reichskanzler sagte, die Reise des Kaisers sei beschlossen, weil der französische Botschafter Taillandier sich als Mandatar Europas in Marokko geriert habe. Das Gelbbuch der französischen Regierung erscheint eist in diefen Tagen, aber bisher ist schon in der franjösischen Presse erklärt, daß eine Note, worin dem französischen Botschafter ein solcher Auftrag ge⸗ geben sei, nicht existiere, und der Botschafter selbst hat erklärt, daß er eine solche Erklärung in Marokko nicht gegeben habe. ; die Mitteilung des Reichskanzlers Richtigkeit entspricht, so war es das unglücklichfte, daß der Kaiser in diesem kritischen Moment die Reise nach Tanger machte. damals an Stelle des Fürsten Bülow noch Fürst Bismarck als Reichskaniler gestanden, die Reise wäre nicht unternommen worden, Auch Caprivi und Fürst Hohen

Sie möchten

von dem, was ich

Reichskanzler Der Abg.

Etwa gegen Marokko?

voraus gesetzt,

oder Bismarck wäre gegangen. derartige Reise sprach allen Gepflogenheiten der Diplomatie. Freund Jaurès

Opposition herbeigeführt eichskanzlers

; Ich konstatiere, daß gegen die

. zuerst die politik des Augenblick der

nach Tanger Opposition

und gefährliche Politik ein. Der Reichskanzler hat im Sommer erklärt, 4 in , , , Periode die Situation außerordentlich gefährlich gewesen sei und dieser Zustand ziemlich lange gedauert habe. diese auswärtige Politit Front zu machen im Interesse des Vater— s. „Wir sind keine Kriegsfreunde, sondern wollen die friedliche Verständigung der Kulturnationen und würden den Tag als den groß— artigsten in vielen Jahrhunderten ansehen, wo ein internationales Parlament geboren würde, um die Streitpunkte unter den Nationen ese Graf Moltke erklärte vor 31 Jahren bei der ersten Militärvorlage: „Wir sind in Europa wohl gefürchtet, aber nirgends Ob wir heute noch gefürchtet sind, weiß ich nicht, aber ebt, sondern vielfach gehaßt. Wie in den 60er Jahren Preußen⸗Deutschland die Steigerung det Armeerüstungen einleitete, so auch jetzt die Flottenrüstungen. Der französische Minister Constant, der Erste Lord der Admiralität in England Mr. Goschen i, y. k , bezeichnete wiederholt die Bereitwilligkeit i recht zu Falle gebracht. Sie haben eben Angst vor dem allgemeinen gebeimen ; n .

gegen diese

Da haben wir Ursache, gegen

zu beseitigen.

ez Chamberlain wied ; ; r Staaten erklärt, über die Be⸗ schtänkung der Rüstungen sich mit anderen zu verständigen. England hat das Flotlenbudget dieses Jahres um 80 Mill. Fr. ver⸗ mindert, und das abgetretene Ministerium Balfour hat für das neue Jahr das Flottenbudget um 30 Mill. Fr. gemildert. (Abg. Gamp: Wie hoch muß das gewejen sein! Natürlich ist es höher als bei uns, und bemerkenswert ist, daß die Rüstungen sich steigern, obwohl 1899 die Haager Konferenz zwei Resolutionen im Sinne einer Abrüstung beschlossen hat. Jetzt sehen wir, daß das gerade Gegenteil seitdem eingetreten ist. Es ist höchst eigentümlich, daß man solchen Beschlüssen einstimmig zu— stimmt und dann zu Hause das Gegenteil tut. z

5. So geschah es schon vor 2 Jahren nach den Beschlüssen in Christiania.

Der Reichs-

selben Vorwurf bezüglich meiger Rede in Konstanz. Warum bin ich dann nicht deswegen angeklagt worden, obwohl ich nicht unter dem Schußz der Immunität sprach? Es war aber nicht möglich, mich deshalb anzuklagen. (Redner verliest seine neuliche Rede im Reichstage, worin er gesagt hat, die Völker lassen sich in keinen großen Krieg mehr hetzen usu) Daß Ihnen diese Auffassung nicht ge⸗ fällt, verstehe ich, es ist die Auffassung der internationalen Sozialdemokratie. Wir sind der Meinung, daß in auswärtigen Dingen das Proletariat nicht wie eine Hammelherde geführt werden darf. Ich sagte damals, wenn man an einen Arbeiter dieselben Ansprüche stellt wie an einen anderen Staatsbürger, dann mache man ihn zu einem gleichberechtigten Bürger. Der Reichskanzler sagte, die aus—= wärtige Politik werde nicht in der Hasenheide gemacht. Das wissen wir auch, aber will er etwa den neuen Paragraphen in das Straf⸗ gesetzbuch einfügen, daß über die auswärtige Politik irgendwo nicht ge—⸗ sprochen werden darf? Ob er es uns erlaubt oder nicht, ob wir uns um die auswärtige Politik bekümmern, das ist unsere Sache. Dieses Recht werden wir uns nicht nehmen lassen. Wenn das Lande verrrat ist, ach, meine Herren von der Rechten, Sie können im nächsten Jahre das 109 jährige Jubiläum darin feiern, die Sie die preußischen Festungen schmachvoll dem Feinde überliefert haben. Der Reichskanzler sagte, der Dreibund besteht. Würden wir heute in einen Krieg mit Frankreich verwickelt, so würde jeder in Italien und Oesterreich mit uns marschieren. Es ist doch eigen— tümlich, daß wir uns nicht an der Flottendemonstration gegen die Türkei beteiligen, während es alle Staaten tun. Ich muß protestieren, daß meine russischen Parteifreunde sich Mord und Brand haben zu schulden kommen lassen. Das hat die russische Regierung getan. Die gedungenen Meuchelmörder sind Werkzeuge der russischen Regierung. Man braucht doch nur an die russischen Herrscher zu erinnern, dle durch Meuchelmord regierten oder durch Meuchelmord fielen; es waren nicht die russischen Sozialdemokraten, die bei der Ermordung Stam hulows, bei der Katastrophe des letzten Obrenowitsch in Serbien die Hand im Spiele hatten. Hat man in der Wilhelmstraße Maßregeln angebahnt gegen die fortgesetzte Grenzverletzung durch die Russen an unserer Ostgrenze, gegen die Vergewaltigung preußischer Staatsbürger? Man hat nichts davon gehört; aber wenn einmal ein Regierunggrat den Mut hat, die russischen Finanzen im wahren Lichte erscheinen zu lassen, dann wird sofort die „‚Nordd. Allgem. Ztg.“ mobil gemacht! Längst hätte ein ernstes Wort gegen die russischen Machthaber gesagt werden müssen; können sie Mord und Brand nicht mehr abhalten, dann haben sie jede Existenzberechtigung verloren, dann sollte sich die ganze Kulturwelt gegen sie zusammentun in einem Protest. In Oꝛessa haben die berüchtigten schwarzen Banden, die von der russischen Regierung ihre Macht und ihr Geld bekommen, in dem Zeitraum eines Monats 8590 jüdische Familien geplündert, Tausende

gemordet und verwundet, Hunderte von Waisen geschaffen und einen Schaden von 55 Millionen angestiftet. Und das ist nur ein kleiner Teil des schmählichen Sündenregisters. Mit Mördern und Brand

stiftern uns auf gleichen Fuß zu stellen, dazu haben Sie nicht das mindeste Recht. Der deutsche Arbeiter steht auf der Höhe seiner Auf⸗ gabe; er will sein volles Anrecht an Menschenrecht und Bürgerrecht und will als Gleicher, nicht mehr als Paria betrachtet werden. Gleiches Recht für alle!! Wir verlangen dieses gleiche Recht, wir werden es immer wieder verlangen, biz wir es haben, sei es mit Ihnen, sei es gegen Sie.

Reichskanzler Fürst von Bülow:

Ich werde, meine Herren, aus den langen Ausführungen des Herrn Vorredners nur zwei Punkte herausgreifen.

Der Herr Vorredner hat erklärt, daß die deutsche Sozial⸗ demokratie die besten Beziehungen zu England anstrebe. Ich erwidere mit der Gegenfrage, warum, wenn dem so ist, die deutsche Sozialdemokratie fortgesetzt bestrebt ist, gerade in England das Mißtrauen gegen uns zu schüren. (Sehr richtig! rechts.) Das hat der Herr Vorredner ableugnen wollen; er hat gemeint, die deutsche Sozialdemokratie und die deutsche sozialdemokratische Presse signalisiere nur die zwischen Deutschland und England bestehende Spannung, sie trage zu einer solchen nicht bei. Das muß ich bestreiten. (Hört, hört) Daß wir England gegenüber keine aggressiven Pläne verfolgen, habe ich hundertmal gesagt; ebenso daß es Unsinn ist, uns solche Pläne unterzuschieben. Diese törichte Behauptung wird fortgesetzt von der sozialdemokratischen Presse wieder holt. Das Zentralorgan der Sozialdemokratie, der, Vorwärts“, brachte am 12. August gerade in dem Augenblick, wo der Besuch der englischen Flotte in der Ostsee weniger bei uns als außerhalb unserer Grenzen eine gewisse Erregung heworgerufen hatte einen Artikel, in dem es wörtlich hieß:

Eines scheint ganz sicher und nicht erfunden. Am Ausgange des vorigen Jahres war Deutschland im Begriff, England den Krieg zu erklären.

(Hört, hört! rechts.)

Das ist eine Lüge! (Hört, hört!)

Weiter hieß es in dem Artikel:

Daß tatsächlich die Flotte damals mobil gemacht wurdꝰ ist seinerjeit von uns, aus absolut sicherer Quelle, mitgeteilt worden.

Das ist Unsinn (Hört, hört), wir haben nicht mobil gemacht Der „Vorwärts“ fährt fort:

Als das Unwetter vorübergegangen war, wurde für das harte

Wort „Mobilmachung“ irgend ein anderer, milderer technischer

Ausdruck ersonnen, da man die Sache selbst nicht mehr in Abrede

stellen konnte. Gleicher Unsinn! (Hört, hörth Insoweit also stehen wir auf festem Boden, Unsinn: Sie stehen gar nicht auf festem Boden! (Heiterkeit) wenn es auch niemand begreifen kann, daß wirklich auch nur einen Augenblick in Deutschland der Gedanke bestanden hat, die deutsche Flotte mit der englischen sich messen zu lassen. Auch darüber besteht nicht der mindeste Zweifel, daß man in England über diese Vorgänge genau unterrichtet ist, und daß die von unseren Offiziösen vergeblich teils bestrittene, teils als grundlos behauptete Erregung Englands auf diese Vor⸗ gänge zurückzuführen ist. Nur darüber ist man sich im unklaren, welche geheimnisvollen Vorkommnisse diese gewaltige Krisis nahe⸗ gerückt haben sollen. Nun sprechen Leute, die sich für wohl in⸗ formiert ausgeben, seit Wochen mit immer größerer Ungeniertheit davon, daß die Ursache jenes drobenden Zusammenstoßes in einem schweren Konflikt jzwischen Wilhelm II. und König Eduard zu suchen sei.

Das ist eine blödsinnige Lüge. (Große Heiterkeit Daß solche Aeußerungen unseren Gegnein in der Welt Material für Verleum—

ich vo und Hochverrat. französische Abgeordnete Ministerpräsidenten in 1sta ; Zu derselben Zeit hat Jaurèes den früheren Minister Delcaffs angeklagt; dasselbe geschah durch einen früheren französischen Botschafter. Der Reichskanzler ging noch weiter, sprach direkt von Landesverrat, geübt haben soll.

selben Tage l n Hochverrats in Anklagejustand zu setzen.

6 v den ich unter der Immunität ze Ich bestreite, daß in meiner Rede auch nur eine Stelle vorkommt, die so ausgelegt werden kann.

Er machte mir den⸗

dungen gegen uns liefern müssen, das liegt auf der flachen Hand (Sehr wahr!, und daß dies nicht der Zweck solcher Ausstreuungen sein soll, das werden wohl wenige bezweifeln, die außerhalb des Bannes der sozialdemokratischen Doktrin stehen.

Dem gegenüber erkläre ich hier als verantwortlicher Leiter der

deutschen Politik: es ist unwahr, daß wir uns England gegenüber jemals mit aggressiven Plänen getragen hätten. Es ist unwahr, daß wir jemals im Begriff gestanden