1906 / 4 p. 26 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Jan 1906 18:00:01 GMT) scan diff

weil ich glaube, daß doch nicht mehr Neues hierzu gesagt werden kann, wenn sie sich kurz fassen wollten.

Tapetenhändler Marre⸗Berlin. Ich bin selbst Mitglied zweier Grundbesitzervereine, des Haus⸗ und Grundbesitzer⸗ vereins im Westen von Berlin und angrenzende Bezirke und des Haus- und Grundbesitzervereins zu Schöneberg. Ich kann konstatieren, daß in diesen beiden Vereinen eine Meinung, wie sie zuerst von dem Herrn Körner vorgetragen ist, nicht vorherrscht, sondern daß, wenn eine derartige Anregung darin gegeben worden ist, sie von der Majorität in dem Sinne be⸗ kämpft worden ist, daß man gerade als Hausbesitzer sich nicht in die Erwerbsverhältnisse der Mieter eindrängen solle; denn die Händler wollten auch leben. Es ist also nicht ganz richtig, wenn Herr Körner hier sagt, daß er im Namen von 136000 Grundbesitzern spreche; er müßte von vornherein schon die 3, oder 4006 Mitglieder der beiden Vereine, denen ich angehöre, ausscheiden.

Tapetenfabrikant Schäfer⸗Marburg: Meine Herren! Der Ring hat die Preise festgetegt. In Wirklichkeit aber wird das nur einseitig gehandhabt. Wenn beispielsweise die Dutsiders ihre Reklamebücher, ihre Zeitungsbeilagen ausgeben, so sind die Preise für die Oeffentlichkeit kontrollierbar, nicht aber ist es kontrollierbar, ob die Herren, die da sagen: wir halten die Preise, es auch in Wirklichkeit tun. Ich gebe den Herren zu, daß sie bei ihren Ladenkarten die Preise halten. Wie steht es aber mit den Neubauten? wie steht es mit den Detailreisen? Da fängt die Sünde an, und da ist es im

Ring viel schlimmer als außerhalb des Ringes! (Sehr richtig)

Meine Herren, wenn sie konstatieren wollen, wie heute bei Neubauten gesündigt wird, dann halten Sie einmal Umfragen, und es wird sich feststellen lassen, daß mit einem minimalen Nutzen, ich möchte fast sagen, bloß mit 109 gearbeitet wird. Das ist eine viel größere Sünde, und derjenige handelt viel besser, der offen und ehrlich bekennt: ich bin in der Lage, zu dem Preise verkaufen zu können, als derjenige, der schließlich seine Konkurrenz bei Neubauten und im Detailgeschäft unter⸗ bietet. Das ist ein Standpunkt, den ich auch zur Erwägung bringen wollte.

Tapetenhändler Nicolai⸗Breslau: Ich möchte nur ein Mißverständnis aufklären. Herr Körner hat darauf Bezug genommen, daß ich heute morgen ein Muster einer Tapete aus der Kollektion eines nicht dem Verbande angehörigen Händlers vorgezeigt habe, welches tatsächlich billiger aus— gezeichnet ist, als die gleichen in den Karten der vereins⸗ treuen Händler. Darauf fußend hat er behauptet, daß man also von außerhalb des Vereins stehenden Firmen billiger zu kaufen scheine. Das ist aber ein Irrtum, denn ich habe

gleich dabei bemerkt, daß das nur ein Blender ist, die man als Lockvögel besonders niedrig auszeichnet, daß aber die be⸗ treffende Firma in Wirklichkeit auch nicht billiger verkauft und verkaufen kann, denn es werden noch Proben vorgelegt werden, die beweisen, daß die billigen Preise einzelner Tapeten bei anderen wieder reichlich wett gemacht werden.

Dies zur Richtigstellung, da mich Herr Körner wohl mißverstanden hat.

Tapetenhändler Heiden⸗-Cöln: Ich möchte Herrn Lang⸗ hammer erwidern, daß wir heute nicht mehr nötig haben, Ringware auf Umwegen zu beziehen, sondern daß wir sie direft beziehen können. Ich will hier begreiflicherweise keine Namen nennen. Herr Langhammer hat dann von Haus⸗ Hesitzervereinen gesprochen und hat hier so viel erzählt, was wir für Manipulationen machen, um alles dadurch mögliche zu erreichen. Da möchte ich Ihnen eine kleine Episode aus dem Jahre 1899 mitteilen, die sich auch in der Tapeten⸗ zeitung, Fachblatt des Ringes, findet. Im Jahre 1899 war ein Verbandstag der deutschen Grundbesitzervereine in Elber⸗ feld, und es stand auf der Tagesordnung die Stellungnahme dieser Vereine zum Tapetenring. Herr Langhammer war als Delegierter des Chemnitzer Grundbesitzervereins auch dort erschienen. Die Verhandlung über den Tapetenring kam überhaupt nicht zustande wegen der vorgerückten Tageszeit; der Punkt wurde abgesetzt. Jetzt erschien aber hören Sie! am 15. August 1899 in der Tapetenzeitung folgender Bericht unter der Firma Eduard Jungmann:

Der Verbandstag der „Deutschen Grundbesitzer⸗ vereine“ hat in vergangener Woche in Elberfeld stattgefunden. Da die Tagesordnung unter anderem auch „Die Stellungnahme zum Tapetenring“ ent⸗ hielt, so begab sich Herr Max Langhammer als Delegierter des Chemnitzer Zweigvereins nach Elber⸗ feld, um sich in persoͤnlicher Besprechung über die Bestrebungen der Tapetenbranche zu äußern.

Nun kommt es:

Infolge des überzeugenden Auftretens des Herrn Langhammer wurde der Antrag nicht einmal dem Bundesvorsitzenden zur weiteren Erörterung über⸗ wiesen, sondern von der Tagesordnung gänzlich zurück⸗ gezogen. Abgesehen davon wird Herr Langhammer im September oder Oktober im Berliner Grundstücks⸗ besitzerverein einen Vortrag über die Zwecke unserer Vereinigung halten.

Es verdient ganz besonders hervorgehoben zu werden, daß auch die Herren Chrys. Jos. Klein und Ernst Heiden Sohn aus Cöln in der Versammlung anwesend waren. j wir waren hingefahren, um event. auch unsern Dies brachte die Tapetenzeitung veröffentlicht sie

Jawohl, Standpunkt zu wahren. am 15. August! Am 1. September

folgenden Brief: ; Berlin, den 22. August 1899. An die Redaktion der Tapetenzeitung, z. H. des Herausgebers Herrn Alexander Koch Darmstadt. In Nr. 16 Ihres Blattes veröffentlichen Sie auf Seite 222 eine Notiz, welche sich mit der Stellung⸗ nahme des Zentralverbandes zum Tapetenring auf

k

dem Elberfelder Verbandstage beschäftigt. Die Notiz enthält tatsächliche Unrichtigkeiten

Auf Grund des 5 11 des Preßgesetzes ersuchen wir um unverkürzte Aufnahme nachstehender Be⸗ richtigung in der nächsten Nummer Ihres Blattes.

„Es sst unwahr, daß infolge des „überzeugenden Auftretens des Herrn Langhammer“ der Antrag des Vereins Berlin⸗Süden nicht einmal dem Bundes⸗ vorsitzenden zur weiteren Erörterung überwiesen, sondern von der Tagesordnung gänzlich zurückgezogen wurde. Wahr ist vielmehr, daß Herr Langhammer, obwohl er als erster Redner für die Debatte notiert war, als solcher überhaupt gar nicht aufgetreten ist, weil der Verbandstag, und zwar lediglich infolge der vorgerückten Zeit beschlossen hat, den Gegenstand von der Tagesordnung dieses Verbandstages abzusetzen. Da infolge dieses Beschlusses auch der Antragsteller zur Begründung seines Antrages nicht zum Worte kam, war für Herrn Langhammer auch nicht einmal die Möglichkeit eines „überzeugenden Auftretens gegeben. Der Vorstand des Zentralverbandes wird sich vielmehr mit der weiteren Behandlung dieser Angelegenheit beschäftigen.“

Hochachtungsvoll Zentralverband der städtischen Haus- und Grund⸗ besitzervereine Deutschlands. Der Verbandsdirektor: Professor Dr. Glatzel.

Dann hat der Herr mir auch noch geschrieben, daß es selbst bei dem gemeinschaftlichen Mittagessen, wo Herr Langhammer zugegen gewesen ist den Brief kann ich auch vorlegen —, es diesem nicht gelungen wäre, ihn irgendwie von seiner Ansicht

überflüssig.

Vorsitzender: Meine Herren, ich hoffe, daß Sie auf die Einzelheiten dieses Falles nicht eingehen werden. Ich halte es für notwendig, Herrn Jungmann noch zu einer kurzen Erwiderung das Wort zu geben. Wenn wir weiter auf diesen Fall eingehen wollten, würden wir uns zu sehr verlieren.

Tapetenhändler Jungmann-Frankfurt a. M.: Ich möchte dazu folgendes bemerken. Herr Langhammer war in Elberfeld, schickte mir vor der Abreise eine kurze Depesche und sandte dann ein hektographiertes Rundschreiben mit einem kurzen Brief über diefe Sache an den vormaligen Vorsitzenden des Berliner Vereins, Herrn Klotz; ich bekam auch einen Abzug. Es stellte sich wohl heraus, daß ich selbst die Sache etwas anders aufgefaßt hatie, als wle sie tatsächlich lag. Aber das, was ich veröffentlicht hatte, stimmt vollständig, nur der Sinn, der auch jetzt wieder hineingelegt worden ist, ist ein anderer. Herr Heiden hat ja die Zeitung da. Wollen Sie so freundlich sein, aus derselben Nummer auch die Er⸗ widerung von mir vorzulesen; bitte, bringen Sie das doch auch! (Zuruf: Was denn? h

Vorsitzender: Ich glaube, wir können uns mit dieser Erwiderung begnügen.

Tapetenhaͤndler Jungmann⸗ Frankfurt a. M.: Ich will nur konstatieren: In der gleichen Nummer der Tapetenzeitung ist auch eine Aufklärung enthalten, die Herr Heiden billiger⸗ weise auch hätte verlesen müssen. (Zuruf des Herrn Heiden: Sie haben widerrufen) Nicht widerrufen, sondern auf⸗ geklärt es war nichts zu widerrufen.

Vorsitzender: Meine Herren, ich glaube, ich begegne Ihrer aller Zustimmung, wenn ich vorschlage, daß wir hiermit diesen Fall erledigt sein lassen; denn mit der Kartellsache hat er nichts zu tun. (Sehr richtigh

Grubenbesitzer Körner⸗-Berlin: Ich möchte dem Herrn Vorredner Marre nur bemerken, daß ich nicht im Namen des Schönhauser oder des Vereins des Westens gesprochen, sondern im Namen des Bundes eine Erklärung abgegeben habe. Der Bund ist aus 16 Vereinen zusammengesetzt, und wenn sich zwei Vereine darin befinden, die eine entgegengesetzte Meinung haben, so will das nicht viel sagen.

Vorsitzender: Wir können wohl hiermit die Frage 8 als erledigt betrachten. Auch die Frage 9 ist wohl genügend erörtert worden. Dann würden wir zur Frage 10 über⸗ gehen können:

Hat das Kartell einen Einfluß auf die von ihm ab⸗ hängigen Industrien und Händlerkreise geübt, ins⸗ besondere durch die Festsetzung von Verkaufsbedin⸗ gungen? Welche Stellung nimmt das Kartell gegenüber den Einkaufsvereinigungen ein?

Referent Regierungsrat Albert: Meine Herren, im An⸗ schluß an die Fragen 8 und 9 möchte ich nur einen Punkt noch zur Erörterung stellen, der bereits von Herrn Lang—⸗ hammer berührt worden ist, das ist die Behandlung der Lagerware. Nach Absatz Ill der Beschlüsse auf Seite 38 ist die Vereinigung der Fabrikanten hinsichtlich des Verkaufs von Lagerware über die Festsetzung von Mindestpreisen hinaus⸗ gegangen. Für die Lagerware ist ein besonderer Ausschuß gebildet worden, der den Verkauf in bestimmter Weise regelt. Ich möchte mir nun die Frage gestatten: ist diese weiter⸗ gehende Organisation für den Verkauf von Lagerware in Wirklichkeit durchgeführt worden oder besteht sie lediglich auf dem Papier? Wenn das erstere der Fall ist, welchen Erfolg

hat die Maßregel gehabt? Von Interesse scheint mir das

insofern zu sein, als es von Wert ist, zu wissen, ob es in der Tat dem Verbande gelungen ist, das regelmäßige Geschäft gegen ruinösen Verkauf von Lagerware zu schützen.

Tapetenfabrikant Langhammer⸗Chemnitz: Wir haben allerdings über den Verkauf von Lagerware Bestimmungen, die bereits seit Jahren durchgeführt werden, und zwar durch eine besondere Kommission, welche die Geschäfte zu führen hat. Die Sache liegt so: jedes Mitglied ist verpflichtet, seine Lager⸗ ware zu bestimmten Terminen dem Syndikat für den Verkauf anzubieten. Eine Beschränkung des Lagerbestandes hat bis jetzt noch nicht stattgefunden. Diese Kommissson aber kontrolliert den Verkauf der Lagerware, d. h. das betreffende Mitglied

zu überzeugen. Weitere Worte zu diesem Vorgang sind wohl

muß den Verkauf im Inlande anzeigen und die Rechnungen einschicken. Die Rechnung wird dann von dem Syndikats⸗ vorsitzenden geprüft. Das geschieht zu dem Zweck, um zu verhindern, daß außer der angemeldeten Ware etwa noch weitere

verkauft wird. Ich bin allerdings der Üieberzeugung, daß das früher in großem Umfange geschehen ist. Ob es heute noch so steht, kann ich nicht behaupten. Das ist der jetzige Zu⸗ stand der Angelegenheit.

Es war nun die Absicht vorhanden, und es sollte jetzt durchgeführt werden, die Lagerproduktion und das Halten von Lagern zu beschränken. Ob diese Idee zur Ausführung kommen kann und wird, weiß ich nicht.

Referent Regierungsrat Albert: Ich habe mir gestattet, schon eingangs auszuführen, daß die Hauptbeschwerden gegen den Ring sich im wesentlichen um die Sperr- und Boykott⸗ maßregeln gedreht haben. Ich möchte anregen, daß die Herren sich über diesen Punkt noch besonders aussprechen, also darüber, welche Gründe für die Verhängung im allgemeinen maßgebend gewesen sind, ob eine Sperre in jedem Falle verhängt wird, wenn Nichtinnehaltung der Mindestpreise, Bezug von außerhalb des Ringes stehenden Fabriken oder Lieferung an außenstehende Händler nachgewiesen wird, ferner in welchem Umfange von der Maßregel Gebrauch gemacht worden ist. Wenn man die Tapetenzeitung durchsieht, über⸗ rascht es, daß fast in jeder Nummer, besonders im Jahre 1899 eine größere Anzahl von Sperren ausgebracht worden ist. Von besonderem Interesse ist dann auch, zu wissen, wie diese Maßregeln gewirkt haben. Wir haben heute morgen schon gehört, daß ein Teil der Herren, die außerhalb des Ringes stehen, sich unter dieser Maßregel eigentlich sehr wohl befunden haben, indem sich ihre Produktion vermehrt hat.

Ich bitte, daß die Herren sich über diese drei Punkte: die Gründe, die Zahl und die Wirkung dieser Sperren, aussprechen.

Tapetenfabrikant Langham mer-⸗Chemnitz: Es liegt selbst= verständlich im Interesse der vereinigten Fabriken, die Zahl der Sperren möglichst zu beschränken und deswegen haben wir im Einverständnis mit der Händlerorganisation nur in solchen Fällen gesperrt, wo Verstöße vorlagen, die einen weiten Kreis der Händler betroffen haben, z. B. bei Reklamen durch kleine Musterbücher, durch Annonzen mit Preisangaben usw. Wir haben, ehe wir zur Sperre geschritten sind, stets versucht, die Maßregel überhaupt zu vermeiden, und wir haben mit dem betreffenden Händler unterhandelt und entweder bei kleineren Verstößen die Zusicherung entgegengenommen, daß der be⸗ treffende Händler in Zukunft die Bedingungen einhalten wird oder wir haben Unterschrift unter die Satzung oder Stellung von Depotwechseln verlangt. In sehr vielen Fällen ist es uns durch Verhandlung mit dem betreffenden Händler auch ge⸗ lungen, die Sperre zu verhindern.

Die Zahl der Sperren ich habe erst dem Reichs amt des Innern hierüber ein Verzeichnis zugesandt die Zahl ist nicht wesentlich gewachsen. Wenn Sie die Tapetenzeitung nachlesen, werden Sie finden, daß nicht nur Sperren ausgebracht worden,

sondern auch solche aufgehoben wurden. Ich habe die Ziffern nicht im Kopf und kann nicht sagen, in welchem Verhältnis die Zahl der Sperren zu der Zahl der Aufhebungen steht. Aber ich habe das Gefühl, daß die Zahl der Sperren im letzten Jahre nicht zugenommen hat. Ich habe schon vorhin ausgeführt: es ist ja ganz selbstverständlich, daß wir ein Interesse daran haben, die Zahl der Sperren zu begrenzen. Die Sperre muß aber in schweren Fällen erfolgen, weil ein anderes Mittel zur Durchführung der Beschluͤsse für die Händlerschaft nicht zur Verfügung steht.

Vorsitzender: Wünschk jemand noch zu dieser Frage das Wort?

Tapetenhändler Meißner⸗Berlin: Ich will nur wiederum konstatieren, daß sich seit meiner Sperre mein Geschäft um das Vierfache vergrößert hat innerhalb zehn Jahren. (Bravo)

Tapetenhändler Marre⸗Berlin: Meine Herren. in bezug auf Nr. 10 möchte ich Ihnen die Zustände vor Augen führen, wie sie vor der Konvention bestanden haben und wie sie jetzt im Berliner Handel sind. Sie mögen daraus selbst den Schluß ziehen, welche kolossale Einwirkung die Organisation auf den Handel mit Tapeten in Berlin ausgeübt hat.

Wie die schon des öfteren erwähnten kleinen Muster⸗ bücher und noch schlimmer die Zeitungsbeilagen mit auf— gedruckten Preisen schädigend auf das Geschäft eingewirkt haben, das wissen wir Fachgenossen ja alle. Aber es wird vielleicht den Herren von der Regierung nicht so bekannt sein, sie werden es sich nicht so ausmalen können. Wenn Sie sich vorstellen wollen, daß zu der Zeit vielleicht 30 Händler Musterbücher ausgeschickt haben, die sämtlich mit Lockartikeln ausgestattet waren denn keiner von denen, die die Muster⸗ bücher ausschickten, wollte etwa zu diesen Preisen seine ganze Ware verkaufen, beileibe nicht! er wollte nur mit diesen Musterbüchern dem, ich möchte sagen, urteilslosen Käufern vor Augen führen: ich bin der Billigste hier in Berlin, des halb kommet nur zu mir. Sein Hintergedanke war: Ich werde schon sehen, wie ich bei den Artikeln, die nicht ausgezeichnet sind, wieder zu meiner Rechnung komme, indem ich höhere Preise nehme als die anderen. Wenn nun in Berlin 30 Händler so verfuhren, die zuerst 10, 16, schließlich 50 Muster in solche kleinen Musterbücher hineinnahmen, so wird Ihnen ein⸗ leuchten, wieviele Muster damit entwertet wurden. besonders schädigend trat noch hinzu, daß jeder naturgemäß die besten Muster zu diesen Reklamezwecken verwandte, sodaß ein großer und der bessere Teil der Produktion der Herren Fabrikanten auf diese Weise verschleudert wurde. Selbst⸗ verständlich mußte etwas verdient werden. Die Geschäfte, die die Musterkarten ausschickten, mußten an der anderen Ware mehr verdienen, um bestehen zu können, auch um die höheren Spesen herauszubekommen, die die Musterbücher schon an sich brachten. Das Geschäft wurde vollständig unreell. Auf der

einen Seite billiges Angebot nach außen, andererseits im

Ware als Lagerware mit dem Preisabschlag von 33 / resp. H0Oo/

Laden das Bestreben, höhere Preise für die Artikel zu erzielen, die nicht im Musterbuch enthalten waren. Rein Händler war sicher, daß der Preis, den er für seine Tapeten ausgezeichnet hatte meinetwegen 0 3 , nicht von seinem Nachbar unterboten wurde. Denn da keine Preigfestsetzungen waren, konnte es ja möglich sein, daß sein Nachbar gerade diese Tapete billiger ausgezeichnet hatte. Wenn ein Kunde zu ihm kam und sagte: diese Tapete habe ich schon mit 40 J ausgezeichnet gesehen dann mußte er annehmen: das kann möglich sein, und dem Kunden sagen: dann will ich sie dir auch für diesen Preis geben; während er da, wo er fühlte: der Mann ist nicht so orientiert, den Preis nach Möglichkeit hochschraubte, um wieder zu seinem Verdienst zu kommen. Sie werden mir zugeben, daß das eine unreelle Art der Geschäftsführung war; sie konnte aber nicht anders sein, weil doch unbedingt jeder Händler etwas verdienen muß und mit diesen kleinen Musterbüchern ein großer Teil des Verkaufs nicht mehr nutzbringend war. Es war also im Gegensatz zu den jetzigen feststehenden Preisen damals ein System der Lockartikel. Auf den Bauten war es noch schlimmer; denn da trat das Angebot an die Käufer heran, während die Käufer nach den Ladengeschäften hinkamen. Wenn ein Händler einen Anschlag mit billig ausgezeichneten Preisen gemacht hatte, so kam die Konkurrenz, besah sich diesen Anschlag und sagte: ich mache es um 1006 billiger. Wie groß die Kalamilät im Baugeschäft war, mögen Sie daraus ersehen, daß nach einigen Jahren des Bestehens unserer Ver⸗ einigung man sich zu dem Beschluß aufraffte nur für Berlin —: es sollen keine Anschläge unter 150 /o Zuschlag zum Einkaufspreis gemacht werden also Ware für 1 66 follte mit 1 M 16 J verkauft werden. Auch die Herren, die nicht sachverständig sind, werden ohne weiteres daraus entnehmen können, daß ein solcher Aufschlag sehr minimal ist, daß er immer noch einen Verlust mit sich bringt. Aber da war die Unreellität ins Geschäft hineingekommen. Bau⸗ geschäfte mußten mit „Menkenke“, so lautete damals, wenn sch nicht irre, der technische Ausdruck, gemacht werden, das hieß: der Bauherr mußte auf irgend eine Weise übervorteilt werden, denn auf reelle oder naturliche Weise war nichts mehr zu verdienen.

Auch dem Publikum gegenüber wurde seitens der Händler, um sich ein Anfehen zu geben, zu dem Mittel gegriffen, daß fast alle Händlergeschäfte in Berlin sich „Fabrikanten ! nannten. Auch darin hat die SOrganisation Wandel geschaffen. Zuruf: Auch an Ihrem Laden stand es) Auch; ich habe wahr⸗ scheinlich alles mitgemacht, das habe ich auch gar nicht be⸗ stritten.

Sie sehen aus meinen Ausführungen, wie tief zu da⸗ maliger Zeit der Kaufmannsstand in unserer Branche gesunken war. Es waren kaufmännische Ehre, Anstand und Würde zum großen Teil verloren gegangen.

Auf die Preisbildung hat selbstverstãndlich das Unwesen, das sich damals eingebürgert hatte, kolossal gewirkt. Der Preis wurde nach Möglichkeit nach unten getrieben, denn es konnte nur jemand ins Geschäft kommen, wenn er billiger war wie der andere. Es mußte also von seiten der Händler auf die Fabrikanten nach Möglichkeit eingewirkt werden. Jeber, der die Macht hatte und in sich fühlte, jeder Kauf⸗ kräftige drückte den Preis des Fabrikanten um etwa 50 0½; der weniger Kaufkrästige bekam bloß 200 /' 0, und die noch geringere Mittel hatten, mußten den vollen Preis bezahlen. Der Preis im allgemeinen wurde heruntergedrückt, sodaß naturlich die Fabrikanten kein großes Interesse daran hatten, kunstgewerbliche Erzeugnisse herzustellen, sondern sich damit be⸗ gnügten, in jeder Kategorie so billig wie möglich zu sein, in Naturelltapeten, in Glanztapeten usw. das billigste zu liefern. Daß dieses fortgesetzte Billigerwerden auch auf die Bezahlung der Angestellten eingewirkt hat, ist ja klar. Wie ging es uns, die wir ein etwas größeres Lager führten? Traurig! Das Fabrikat verbilligte sich jedes Jahr. Wenn das Ge⸗ schäftajahr um war und wir zur Lageraufnahme schritten, mußte das Lager um bedeutend weniger eingeschätzt werden. Wenn der Kaufmann seine Inventur reell machen wollte, mußte er eine sehr große Abschreibung vornehmen. Damit ging wieder ein Teil des im Laufe des Jahres kümmerlich Verdienten verloren. Wenn wir den jetzigen Zustand dagegen halten, so ist vieles anders. In ganz Deutschland ist derselbe Preis für dieselben Erzeugnisse. Ich will mich einschränken und sagen: in den meisten Städten. Einige Städte haben einen etwas höheren Preisaufschlag unter sich festgesetzt; aber für Berlin beispielsweise ist es ganz gleich, ob jemand Tapeten im Norden oder Westen kauft, der Preis ist genau derfelbe; es wird ein prozentualer Aufschlag genommen, der nach Ansicht der Fachleute genommen werden muß, um bei den hohen Spesen usw. bestehen zu können. Es ist doch das auch ganz gewiß für den Käufer sehr viel besser; er braucht nicht zu handeln. Der Preis und auch die Rabatt⸗ sätze stehen fest.

Ich habe vorhin zu betonen vergessen, daß auch mit den Rabattsätzen geschleudert wurde. Wenn jetzt ein Käufer in den Laben kommt und mir dasselbe sagt wie früher: ich habe die Tapeten bei Ihrem Nachbar schon billiger angeboten be⸗ kommen dann weise ich ihn höflich ab und sage: das ist ein Irrtum von Ihnen —, denn ich weiß, es ist nicht der Fall, sondern er versucht nur, den Preis zu drücken. Oder wenn jetzt jemand kommt und sagt: was geben Sie mir für Prozente] und wenn ich ihm die höchste Kondition genannt habe, dann fagt: wo anders hat man mir noch so und so viel mehr geboten dann sage ich: bedaure recht sehr, das ist wohl ein Irrtum von Ihnen, das ist die höchste Kondition, die wir in unserem Verein haben, und ich bin fest überzeugt, daß Sie sich irren. In der Regel ist es auch so; denn wenn ich den Beweis der Wahrheit fordere, indem ich den Be⸗ treffenden erfuche, mir irgend eine Rechnung, auf welcher die höhere Kondition abgeschrieben ist, zu bringen, dann bleibt er mir diesen Beweis schuldig.

J

Schon gleich in den ersten n, der Organisation, die sich bamals nur darauf beschränkte, die allgemeinen Aus⸗

wüchse, die Herr Liepmann schon angeführt hat, kleine Muster⸗

bücher usw. zu beseitigen, wirkte der Verkehr der verschiedenen

bösartigen unter sich feindseligen Konkurrenten wesentlich

bessernd auf deren Verhältnis zu einander ein. Es stellte

sich eine Kollegialität zwischen den verschiedenen Händlern

heraus, es genierte sich einer vor dem andern, solche Geschäfte

gemacht zu haben, von denen man sich sagen mußte: es ist

eine häßliche Konkurrenz. Die Wertschätzung zwischen den

Kollegen steigerte sich, indem diejenigen, die fich vorher als

bittere Feinde, als Konkurrenten gegenübergestanden hatten,

sich näher kennen lernten, aussprachen und dabei fanden: daß

der andere doch auch ein ganz anständiger Kerl sei. Jetzt,

wo der Händler kein Interesse daran hat, den Preis zu ver⸗

billigen er kann es ja gar nicht, denn er muß den ihm

von der Konvention vorgeschriebenen Preis halten jetzt hat

er ein Interesse daran, zu dem Preise von etwa 50, 60 8

eine recht schöne Tapete einzukaufen, er muß bei der Wahl

mit Raffinement vorgehen, um für seine Kundschaft, deren

Geschmack er befriedigen soll, das Richtige einzukaufen. Gute

Ware, schöne Muster, das ist jetzt das in Betracht kommende

Moment. Er muß jetzt auf seine Auslagen im Schaufenster

einen ganz anderen Wert legen als früher; es genügt nicht, eine Tapete zu dem allerbilligsten Preise von etwa 10 8

hineinzulegen und bloß durch den an sich billigen Preis zu wirken, nein, er muß jetzt auf eine hübsche Tapete sehen, eine Tapete, die den künstlerischen Anforderungen einer sehr hoch gebildeten Kundschaft gerecht wird. Er muß auch seine Musterkarten äußerlich, hauptsächlich aber durch die aus⸗ gewählten Muster so gestalten, daß der Kunde beim Anblick derselben sagt: ja, der hat nettere und künstlerisch besser aus— gestattete Muster als der andere. Ebenso ist jetzt derjenige, der auf Bauten verkaufen will, nicht mehr in der Lage, einfach zu sagen: ich mache es 10290 billiger. Das geht nicht mehr. Er muß jetzt seine kunstgewerblichen Erfahrungen, seinen Geschmack mit in die Wagschale werfen, er muß dem Baumeister einen Anschlag machen, der schöner, effektvoller ist, als derjenige der Konkurrenz.

Sie werden daraus ersehen, daß die Ansprüche, die an den Kunstsinn der Tapetenhändler gestellt werden, ziemlich hohe find, und das hat, glaube ich, der ganzen Branche sehr zum Vorteil gereicht. Anstatt der Preisdrückerei nach unten ist jetzt eine Vertiefung in die Materie eingetreten, es ist eine größere Kenntnis, ein besserer Geschmack und Kunstsinn für den Verkauf der Tapete notwendig geworden. Wenn man den jetzigen Zustand gegen den von damals hält, so wird, glaube ich, jeder sagen müssen: es ist jetzt besser, als es bamals war. Und, meine Herren, wenn es in der Branche damals, ehe die Organisation sich gründete, sehr traurig, tief⸗ traurig war, so würde es jetzt darin stimmen wir wohl alle überein, ob Ringhändler oder Outsider wenn die Organisation aus irgendwelchen Gründen zu Fall gebracht werden würde, noch viel schlimmer werden, als es damals gewesen ist, weil die Schäden, welche wir durch jahrelange Arbeit beseitigt hatten, mit einem Mal wieder über uns hereinbrechen würden. Deshalb glaube ich, daß wir alle, auch die Outsiders, nur sagen können: die Kartellierung unserer Branche hat auf den Handel mit Tapeten segensreich gewirkt.

Tapetenhändler Jungmann-⸗-Frankfurt a. M.: Ich knüpfe an die Worte an, die mein Vorredner, Herr Marre, gebraucht hat, indem er sagte, er habe sich den Kunden gegen⸗ äber damit entschuldigt, es sei ein Irrtum. Zur Begründung dieser häufig möglichen Irrtümer möchte ich auf die ver⸗ schiedenen QGualitaͤten der Ausführung eines und desselben Dessins etwas näher eingehen, um die Preisunterschiede fest⸗ zustellen, sowie die scheinbar geringen Unterschiede in der Wirkung für den Nichtkenner und außerdem die hohe Be⸗ deutung für die Entwertung des Lagers des Händlers. Ich greife auf die Zeit zurück, zu der Professor Eckmann hier in Berlin im Kunstgewerbe eine bedeutende Stellung einnahm und bis zu einem gewissen Grade tonangebend war. Die Firma Engelhard in Mannheim ist die erste gewesen, die die Kenntnisse und Fähigkeiten des Professors Eckmann dazu ver⸗ wertete, um eine Kollektion eines neuen Tapetengenres zu schaffen. Sie werden sich erinnern, meine Herren, und auch vielleicht diejenigen, die der Branche nicht nahe stehen, werden wissen, daß im Kunstgewerbemuseum eine große Ausstellung stattfand. Die Kollektion hat in hohem Grade befruchtend auf unsere Branche eingewirkt. Natürlich wird auch die Firma Engelhard bei Schaffung dieser Kollektion ein recht bedeutendes Geldopfer gebracht haben; denn vor allem werden die Honorare für Professor Eckmann sicherlich keine geringen gewesen sein. Ich habe hier verschiedene Ausführungen in verschiedenen Qualitãten von einem Kastanienblattmuster, das in unserer Branche zwei oder drei Jahre lang auch in seinen Nachahmungen sehr großen Einfluß geübt hat. Hier ist das Muster in vier verschiedenen Wollen auf Wollgrund und kostet 21 Æ 60 3 hier ist es, die gleiche Zeichnung zwei Jahre später, auf Holzwolle gebracht und kostet nur 2 ½ 46 I Man könnte, wenn man vor die Aufgabe gestellt würde, die Farbenstellung in dem einen Fall genau wie in dem andern machen. Aber ich frage gerade diejenigen Herren, die der Branche nicht angehören, ob sie in der Lage sind, einen Unterschied im Effekte zwischen dem Muster von 21 ½ 60 J und dem zu? 40 8 auf gewisse Ent⸗ fernungen herauszufinden. Das Publikum ist immer sehr geneigt, zu fagen: es ist dieselbe Tapete, namentlich wenn sie schon an der Wand sitzt. Sogar wir Fachleute sind dann häufig nicht in der Lage, sofort zu beurteilen, ob es eine Ingraintapete oder eine Naturelltapete ist, namentlich wenn sie schon eine Zeit lang an der Wand sitzt und atmosphärisch beeinflußt gewesen ist. Hier ist dieselbe Sache in Hand⸗ druck, kostei 1 M 20 3 hier auf Naturell und kostet 80 3. Es ist dieselbe Zeichnung.

Sie sehen, welche Entwertung mit der Zeit durch Qualitatsãnderungen, die natürlich durch die Konkurrenzver⸗

hältnisse bedingt find, der gleiche Fabrikant mit seinem Sigen⸗ tum vorzunehmen gezwungen ist, und welche ungesunden Ver⸗ hältnisse dadurch enistehen, wenn ein Händler diese besseren Qualitäten auf Lager legt und nicht im nächsten Jahre los⸗ stößt. Unbedingt erleidet er kolossale Verluste beim Verkauf, vorausgesetzt, daß er die Ware überhaupt noch verkaufen kann. Es wird ihm immer gesagt werden: das ist viel zu teuer, der Nachbar verkauft das schon so billig. Also wird sich jeder Händler nur mit größtkr Vorsicht dazu entschließen, solche Qualitäten auf Lager zu nehmen.

Ein ähnlich beeinflußtes Dessin ist dieses hier; es kostet 1,50. Hier, in einer anderen Ausführung, kostet es 1 Æ Die Verwechselung liegt ungeheuer nahe. Noch drastischer ist das Dessin, das Ihnen bereits vorher gezeigt worden ist: ein Salonmuster im Louis⸗seize⸗Stil handgeprägt für 9 M, und hier dagegen mit Maschine geprägt, kaum zwei Jahre später kostet es 4 M½. Am drastischsten in bezug auf Aehnlichkeit ist es hier in ungeprägtem Zustand, wo es mit 1,20 verkauft wird, und hier auf Naturpapier mit 80 3. Es liegt auf der Hand, daß, wenn ein Kunde das Muster bei dem Händler A für 1,20 gekauft hat und es später bei einem Händler B für 80 F zu sehen bekommt, er dann zu dem Händler A sagt: Sie haben mich übers Ohr gehauen. Das sind Einflüsse, die auf unsere Lagerbestände von kolossaler Wirkung sind. Ich habe noch eine ganze Anzahl ähnlicher Sachen, will aber durch die Erörterung Ihre Geduld nicht weiter in Anspruch nehmen. Ich möchte der hohen Reichs⸗ regierung diese Proben zur Verfügung stellen, um daran zu zeigen, welch schädlichen Einfluß die Surrogate ausüben, die trotz⸗ dem unbedingt notwendig sind, weil dem bisher geschilderten Kampf um den allerbilligsten Preis nicht Einhalt getan werden kann. Denn die Anregungen zu neuen Sachen kommen immer von oben, und das damit verbundene Risiko wird nicht von den Firmen getragen, die sich auf Herstellung oder Verkauf ganz billiger Artikel beschränken.

Aus allen diefen Sachen ergeben sich sehr viele Miß⸗ verständnisse in bezug auf den Handel. Erklärlich aber wird dadurch auch der unverhältnismäßig groß scheinende Nutzen, den man uns ungerechtfertigter Weise vorwirft, ganz abgesehen von unseren Geschäftsspesen, die in feineren Geschäften sich heute ungefähr auf 250 stellen (Rufe: mehr! infolge des großen Personals, das wir nötig haben, um unsere Ware an den Mann zu bringen denn wir verkaufen sie nicht auf das Pfund, sondern der kunstgewerbliche Wert der Sachen muß geltend gemacht werden, die Stoffe müssen assortiert werden durch Extraanfertigung usw., auch Borten müssen eigens dazu gestimmt werden : dieser scheinbar hohe Nutzen wird unverhältnismäßig durch die schweren Verluste der Qualitätsentwertung wieder aufgehoben. Außerdem haben wir es mit einem fehr raschen Modewechsel zu tun. Ich er⸗ innere daran, es ist noch gar nicht lange her, daß allgemein üblich die schwarzen Tapeten waren. Plötzlich kam England mit seiner Mode, und es wurde alles hell verlangt. Jetzt heißt es wieder: wir brauchen keine englischen, wir wollen deutsche Tapeten haben, leuchtende satte Farben. Dann nach zwei Jahren bereits: Gott bewahre! nur noch Unistoffewirkung, wie vor 30 Jahren zur Zeit der Wiener Ausstellung das Losungswort lautete. Wenn ich heute noch Tapeten von vor 30 Jahren hätte vor einiger Zeit hatte ich sie noch und habe 10 3 für die Rolle bekommen, die 4 bis 5 M wert waren so könnte ich sie doch nicht brauchen, denn die Farben von damals sind nicht mehr beliebt. Heute ist die Farbentechnik in einer Weise vorgeschritten leuchtend muß es sein, Sie sehen diese Naturelltapeten in Rot von einer ver⸗ blüffenden Wirkung und zu horrend billigen Preisen! Was damals gut gewesen ist, will heute kein Mensch mehr.

Das sind Verkuste, mit denen man unbedingt rechnen muß, wenn man die Preisaufschläge der Händlerschaft richtig beurteilen will.

Tapetenhãndler Dintelmann-Kottbus: Meine Herren, es ist hier in dem Buch auf Seite 57 eine Preisstaffel II an⸗ gegeben, wonach die Händler verkaufen sollen. Im Agenten⸗ geschäft ist im Anfang ein Preisaufschlag von 50 /, der sich bis auf die Höhe von 125,0 erhebt. Dieser Satz von 1250,90 ist damals von gegnerischer Seite in die Presse lanziert worden, und er ist es gewesen, der tiefen Unwillen in der Bevölkerung wachgerufen hat. Man hat gesagt, das ist ein extremer Preisaufschlag, die Leute verlangen 1259, auf den Einkaufspreis, das ist unberechtigt, das ist eine Be⸗ reicherung einer Erwerbsklasse auf Kosten der Allgemeinheit. Wenn ich selber Laie wäre, ich könnte es den Leuten nicht verdenken, die das so beurteilt haben. Ich glaube, es ist jetzs an der Zeit, der Regierung einmal darüber Vortrag zu halten, worauf sich die scheinbar außerordentlich hohe Kalkulation gründet, ob sie eine berechtigte, notwendige ist oder einen ungerechtfertigten Vorteil des Händlers darstellt.

Wenn ich von meiner Firma sprechen kann: wir haben ein Provinzgeschäft, was in der Hauptsache Versandgeschäft ist. Gerade für diesen Zweig des Tapetengeschäfts sind wir in unserem Landesteil im Ssten, ich darf wohl sagen, maß⸗ gebend geworden. Ich könnte Ihnen an Hand der Ausweise Kaus unserer Buchführung genaue Zahlen nennen; aber ich muß es mir versagen, da ich Geschäftsgeheimnisse nicht preis- geben will. Es ist Ihnen vielleicht damit gedient, wenn ich Ihnen angebe, wie sich unsere Unkosten zusammensetzen. Es wird mir vielleicht entgegengehalten werden: Sie haben nicht nur ein Tapetengeschäft, sondern auch ein Linoleumgeschäft.

Der Artikel Linoleum ist bei uns, wie bei allen Ge⸗ schäften unserer Branche, zunächst ein untergeordneter Neben⸗ artikel gewesen, der Umsaß in dem Artikel ist aber ein stetig steigender gewesen und bildet heute fast die Hälfte des Gesamt⸗ Umfatzes. Ich bin in der Lage, das prozentische Verhältnis zwischen dem Umsatz in Tapeten und dem Umsatz in Linoleum für unser Geschäft festzustellen. Wir haben eine getrennte Buchführung über das Linoleumgeschäft, sodaß die Kosten, die auf das Tapetengeschäft entfallen, sehr wohl festzusetzen sind.

Ich bin bereit, das Material, welches ich hier habe, der k 5