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der Landw. Feldart. 2. Aufgebots rankfurt a. M.), Bal thasar, Lt. der Landw. Inf. 2. Aufgebots . g iẽck., Hauptm. der Res. des Jägerbats. 8 Yorck von Wartenburg (Ostpreuß.) Nr. 1 (( Cassels, diesem mit der Erlaubnis zum Tragen seiner bis. berigen Uniform, Rie loff, Hauptm. der Landw. Jäger 1. Augebots (Arolsen), Seitz, Oberlt. der Landw. Jäger 1. Aufgebots (Holen — letzteren beiden mit der Erlaubnis zum Tragen der Landw. Armee⸗ uniform, Bähr (I Altona), Pampe (Küstrinz, Oberlts. der Landw. Jäger Z. Aufgebot, v. Platen, Lt. der Res. des Gardejägerbats. (Verleberg, Hartung, Lt. der Res. des Rhein. Jägerbats. Nr. 8 (Braunsberg), Gallo, Hauptm. der Landw. ö 2. Aufgebots Frankfurt 4. M), diesem mit der Erlaubnis zum Tragen seiner bis. erigen Uniform, v. Grabski, Lt. der Landw. Fußart. 2. Aufgebots , . Lt. der Landw. 1. Aufgebots der Eisenbahnbrig. III Berlin). Im Sanitätskorps. Berlin, 23. Januar. Dr, Granier, Stabzarzt beim Fußart. Regt. von Hindersin (Pomm.] Nr. 2, einen einjährigen Urlaub vom 1. Februar 1906 ab unter Enthebung von der Stellung als Bats. Arzt des 1. Bats. bewilligt. Dr. Runge, Oberarzt beim Inf. Regt. Markgraf Karl (7. Brandenburg.) Nr. 50, der Abschied mit der gesetzlichen Pension aus dem aktiven Heere be⸗ nag. ö zugleich ist derselbe bei den Sanitätsoffizieren der Res. an⸗ estellt. ; Der Abschied mit der Erlaubnis zum Tragen ihrer bisherigen Uniform bewilligt: dem Oberstabgarzt der Landw. 1. Aufgebots: Dr. Ludwig (Glatz; den Stabsärzten der Res.: Dr. Levin stein (III Berlin), Dr. Hahn (I Bremen), Dr. Kuwert a Prof. Dr. Fränkel (Halle a. S.), Prof. Dr. Sie merling (Keieh; den Stabbärzten der Landw. 1. Aufgebots: Dr. Roeser III Berlin), Dr. Me yhoeffer (Kalau), Dr. Schauen (Graudeng), *. . (Hagen), Dr. Willerding (Hameln), Dr. Gelpke arlsruhe). Der Abschied bewilligt; den Stabsärzten der Res.; Dr. Tr ostorff (L Bochum), Dr. Höchst, Dr. Bewerunge (Düsseldorf). Dr. Schmidt (Karl) (Hannover), Dr. Schleußner (Höͤchst;, Stark (Saargemünd); den Stabsärzten der Landw. 1. Aufgebots: Dr. Schaper (Hannober), Dr. Proskauer (Kattowitz). Dr. Albrand Schwerin); den Siabzärzten der Landw. 2. Aufgebots; Vogel (Erbach Dr. Gendreitzig (Marienburg); den Qberärzten der Ref.: Dr. Wendt (Ernst) (UI Berlin,, Dr. Fuchs (Mülheim 9. d. Ruhr), Dr. Müller (Schlawe); den Oberärzten der Landw. 1. Aufgebots: Mosler (Halle a. S), Dr. Wil ke (Kiehl; den Ober⸗ ärjten der Landw. 2. Aufgebots: Dr. Ascher ( Hamburg), Dr. Veltm an (Recklinghausen,, Dr. Reißner (Worms).
Katholische Militärgeistliche.
21. Janugi. Weyer, bisher Feldgeistlicher der Schutztruppe für Südwestafrika, zum Div Pfarrer der 11. Div. in Breslau ernannt.
Beamte der Militärverwaltung.
Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 15. De— zember. Lüdecke, Oberveterinär bel der Feldart. Schießschule, zum 2. Gardefeldart. Regt. versetzt. Preller, Unterveterinär im Thüring. Huf. Regt. Nr. 12, unter Versetzung zum Hus. Regt. Kaiser ne, e, II. von Rußland ¶ J. 3 Nr. G6, zum Oberveterinär ernannt.
Königlich Sächsische Armee.
Offiziere, Fähnriche usn. Ernennungen, Beförde⸗ rungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 17. Ja⸗ nuar. Prinz Ludwig von Bayern, Königliche Hoheit, à la suite des 3. Inf. Regts. Nr. 12 Prinz ⸗Regent Luitpold von Bayern gestellt.
19. Januar. Piehl, Lt. im 8. Inf. Regt. Prinz Johann Georg Nr. 107, zur Unteroff. Schule versetzt.
22. Januar. Bierling, Oberst und Kommandeur des 7. Feldart. Regts. Nr. 77, als Abteil. Chef in das Kriegs ministerium versetzt. Edler v. der Planitz, Oberst und Abteil. Chef im Krieggministerium, unter gleichzeitiger Enthebung von den Geschäften des Inspekteurs der Inf. Schulen, zum Komman⸗ deur des Schützen. (Füs.) Regts. Prinz Georg Nr. 108 ernannt. Heydenreich, Oberstlt., im 7. Feldart. Regt. Nr. 77, in der Stellung als Militärlehrer an der Militärtechnischen Akademie in Berlin mit seiner bigherigen Uniform zu den Offizieren à la suite der Armee versetzt. Frhr. v. Odeleben, Oberstlt. und Abteil. Kommandeur im J. Feldart. Regt. Nr. 28, unter Versetzung in das 7. Feldart. Regt. Nr. 77 mit Führung desselben beauftragt.
Beamte der Militärverwaltung.
Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 20. Ja nuar. Beck, Kaserneninsp. in Leipzig, nach Chemnitz unterm 1. Fe⸗ bruar d. J. versetzt.
staiserliche Schutztruppen.
Berlin, 23. Januar. Mueller, Oberstlt. in der Schutz- truppe für Südwestafrika, mit der Aussicht auf Anstellung im n und der Erlaubnis zum Tragen seiner bisherigen Uniform,
errmann, Lt. im Eisenbahnbat. der Schutztruppe für Südwest⸗ afrika, unter Verleihung des Charakters als Oberlt. und mit der Erlaubnis zum Tragen seiner bisherigen Uniform, — der Abschied mit der gesetzlichen Pension bewilligt. Hösemann, Stabsarzt in der Schutztruppe für Kamerun, in die Schutztruppe für Deutsch⸗ Ostafrika versetzt. ĩ
Deutscher Reichstag. A. Sitzung vom 24. Januar 1906, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Tagesordnung: Dritte Beratung des von den Abgg. Graf von Hompesch und Genossen eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend Abänderung des Artikels 32 der Reichs⸗ verfassung; erste Beratung des von den Abgg. Graf von Hompesch und Genossen eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Freiheit der Religionsübung, sowie erste und event. zweite Beratung des von den Abgg. Albrecht und Genossen ein⸗ gebrachten ef , , betreffend die Volksvertretung n den Bundesstaaten und in Elsaß-Lothringen.
Ueber die Annahme des Gesetzentwurfs, betreffend die Ab⸗ änderung des Artikels 32 der ö , , und den Beginn der Rede des Abg. Bachem zum 2. Punkt der Tagesordnung ist bereits n,. berichtet worden.
Abg. Dr. Bachem Gentr.) fortfahrend: Das alte System herrscht also noch, auch aus anderen. Bundesstaaten ließe sich ähnliches berichten. Es bleibt dabei: in den Klein! und Mittelstaaten mit überwiegend protestantischer Bevölkerung ent- scheidet die Staatsregierung über die Bedürfnisse der katholischen Bevölkerung. Diese Zustände müssen geändert werden. Wenn noch ein Hitalic Bedenken hat, die Besserung auf dem Gebiete der Reichs gesetzgebung eintreten zu lassen, so verweise ich es auf die lange Liste der Freundschafts⸗, Handels. und Schiffahrtsverträge des Deutschen Reiches, welche die vollste Gewisseng⸗ und Religions⸗ freibeit garantieren, so mit Salvador, Tongo, Nicaragug, Hawaii, mit der Vominikanischen Republik, mit dem Congostaat, mit Japan u Wenn katholische Angehörige dieser Länder in Braunschweig usw. sich niederlassen, können sie Kirchen bauen und Gottesdienste abhalten, soviel sie wollen, das Reichsrecht schützt sie darin; aber katholische Preußen oder Badenser dürfen in diesen Staaten dasselbe Recht nicht ausüben. Ja, auch baptistische Bekenner würden ungehindert sein in ihrer Religionsübung in Braunschweig, aber katholische Braunschweiger sind es nicht. Wie kann man den Deutschen etwas verweigern, was den Angehörigen aller jener fremden Staaten gesetzlich zugestanden ist! Man soll doch nicht nur dafür sorgen, daß die religiösen Bedürfnisse der Deutschen im Auslande be⸗
friedigt werden, was doch der Zweck aller dieser Verträge ist. Innerhalb des Deutschen Reichs muß dasselbe gewährt werden, was dem Auslande gewährt ist. Man hat nun merkwürdigerweise oft gemeint, wir hätten mit unserem Antrag den Begriff der Toleranz gefaͤlscht, einen Wechselbalg geschaffen. Wir wollen hier lediglich auf bürgerlich rechtlichem Geblete die Rechtssphäre der Katholiken und Protestanten in modernem Sinne abgrenzen. Von der dogmgtischen Toleranz ist hier nicht die Rede. Hier können verschiedene Meinungen zwischen den beiden Konfessionen herrschen, aber sie dürfen nicht auf das staatsbürgerliche Recht zurückwirken. Die Konfessionen können sehr ut nebeneinander bestehen trotz ihrer Verschiedenheit der dogmatischen nschauungen. Auf protestantischer Seite wird der Begriff der Toleranz auf das dogmatische Gebiet, das xeligiöͤse Leben ange⸗ wendet, das gibt aber kein Recht, zu sagen, daß wir den Begriff der Toleranz 6 t haben. Wir haben nie einen Zweifel darüber elassen, daß wir nur die staatsbürgerliche Toleranz im Auge haben. an hat durch den Hinweis auf die Inquisition, namentlich die spanische, dem Publikum ein Gruseln beibringen wollen, indem man so tat, als wollten wir dieselben Zustände herbeiführen, wie zur Zeit der Inquisition. Daß der Antrag den Katholiken nützen würde, ist richtig, ebenso aber auch den Protestanten, denn wir wollen gleiches Recht für alle. Wenn wir ties tun, so zeigen wir damit nur unsere Weitherzigkeit. Niemand denkt von uns Katholiken daran, daß es jemals zu Ketzerverbrennungen kommen könnte; diese waren überhaupt nicht eine Einrichtung der Kirche, sondern des Staates. Diese staatliche Gesetzgebung ist verschwunden, und die Kirche, die sie nicht eingeführt hat, wird die letzte sein, die sie zurückruft. Wir würden die letzten sein, die sie wieder ins Leben rufen würden. Die Anschauungen Über die Aufgaben des Staates zu jener Zeit sind nicht mehr die Anschauungen der Gegenwart. Damals spitzte sich die Auffassung sogar zu dem Satz zu; cujus regio, ejus religio. Da— von ist beute nicht mehr die Rede. Es ist ein Fortschritt ö der religlösen Zivilisation, daß der Staat grundsätzlich darau verzichtet hat, mit seinen staatlichen Mitteln einzugreifen in den geistigen Kampf. Der Kampf um die Wahrheit wird einzig aus⸗ efochten mit geistigen Waffen. Man spricht so viel von den chrecken der spanischen Inquisition; wir beschönigen sie nicht. Aber man per n, daß zu derfelben fe zahlreiche Opfer auf protestantischer Seite gefordert worden sind. Von Lutheranern und Reformierten wurden zahlreiche Ketzer verbrannt unter Zustimmung der sogenannten Reformatoren. Auch in Brandenburg bestand lange Zeit ein Gesetz, das die Möglichkeit gab, gegen Ketzer vor— zugehen. Das Messehören war in einz⸗lnen Staaten unter barbarischen Gesetzen verboten, die Blutgesetze in England haben bis ins 19. Jahr⸗ hundert gedauert. Gegen diesen Blutkoder verschwinden selbst die Schrecken der spanischen Inquisition. Das Hexenverbrennen wurde in Deutschland in einem Maße geübt, das ganz erschreckend war. 1781 hat die spanische Ingussition das letzte Todesurteil gegen Ketzer gefällt, aber noch 1782 wurde von einem protestantischen Gericht in dem schweizerischen Kanton Glarus eine * verbrannt. Unser Antrag steht zur spanischen Inquisition in direktem Gegensatz. Wir wollen der Zivilisation damit dienen, und wir hoffen, daß die Liberalen durch Annahme dieses Antrages ihren Grundsätzen gerecht werden. Eine Kommissionsberatung halten wir in diesem Stadium nicht mehr für nötig. Sie könnte kein anderes Resultat herbeiführen, als das durch die vorjährige Kommission herbeigeführt worden ist. Im vorigen Jahre haben sich einige Kommissionsmitglieder dem zwellen Teile unseres Antrages entziehen zu sollen geglaubt. Wenn dies jetzt wieder geschäbe, so würde ich das als ein Zeichen von Mut⸗ sosigkeit anseh⸗n. Wir kämpfen auf geistigem Gebiet mit geistigen Waffen, die Waffen auf beiden Seiten sind gleich. Wie der Antrag in der Kommission eine Mehrheit gefunden hat, so hoffen wir, daß er auch im Plenum eine Mehrheit finden wird. Die Diskussion wird zweifellos dazu beitragen, die Aengstlichkeit und den Argwohn vor unserem Antrage zu beseitigen. Wir werden jedenfalls mit unserem Antrage über kurz oder lang zu einem guten Resultate kommen und wir sind uns bewußt, daß wir dabei zur wahren Ehre und zum Wohle des deutschen Volkes und des deutschen Vaterlandes arbelten.
Abg. Dr. David (Soz.): Unsere im allgemeinen zustimmende Haltung nehmen wir dem Antrage gegenüber auch in diesem Jahre ein. Die vorjährige Kommissionsberatung hat eine wesentliche Besserung der ursprünglichen Fassung gebracht, was wohl daran lag, daß die Herren von der Rechten kh nicht beteiligt haben. Wir können aber auf eine Kommissionsberatung nicht verzichten. Der § 4schloß in seiner früheren den nicht aus, daß man den Dissidenten hinsichtlich des eligionsunterrichts chwierigkeiten bereitet. Die Kommission hat ein Bedenken durch eine neue Fassung zerstreut, die das Recht der Eltern festlegte, ihre Kinder einem Religions- unterricht zu überweisen oder nicht. Nun hat das Zentrum in seinem jetzigen Antrage diese Fassung der Kommission nicht aufrecht erhalten. Es ist zwar nicht auf die ursprüngliche Fassung zurückgegangen, aber man kann den Wortlaut doch so auslegen, daß den Eltern ein Religionsunterricht für ihre Kinder aufgezwungen werden kann. Die Dissidenten werden zwar geschützt, nicht aber diejenigen Eltern, die aus äußeren Gründen noch einer Kirche angehören. Dem können wir unter keinen Umständen zustimmen, denn man kann das formelle Band zur Kirche noch nicht durchschaitten und doch die schwersten Bedenken haben, seine Kinder dem Religionsunterricht zu überliefern, wie er heute in den Schulen erteilt wird. Dieser Unterricht ist vom pädagogischen Standpunkt betrachtet ein Widersinn, eine Quälerei des kindlichen Geistes, der dem Kinde nicht die nötige geistige Frische und Spannkraft übrig läßt, um die viel i be Wissensgegenstände in sich d, . Das Kind gewöhnt sich daran, Widersprüche in sich aufzunehmen, sodaß sein Charakter später verderbt wird. Es könnte eingewandt werden, es steht ja jedem frei, das formelle Band zur Kirche zu lösen. Das steht nicht jedem frei. Es gibt heute eine Menge Eltern, die das nicht wagen dürfen, ohne sich die schwersten wirtschaftlichen Schädigungen zuzufügen. Deshalb müssen wir darauf beharren, daß die frühere einwand⸗ freie Daf ug des Kommissionsbeschlusses wieder eingeführt wird. Warum haben die Antragsteller denn den Kommissionsbeschluß nicht wieder aufgenommen? Sie (jum Zentrum) dürfen es uns nicht übel⸗ nehmen, wenn wir gerade in dieser Beziehung gegen Sie etwas vor⸗ sichtig sind. Im Zusammenhang damit stehen auch unsere Bedenken gegen den 5 12 des Antrages, worin ag ist, daß die religiösen Ge⸗ meinschaften keinerlei Genehmigung des Staats oder politischer Ge⸗ meinden zu ihrer Niederlassung bedürfen. Auch wir verurteilen jede Einschränkung der Bewegungsfreiheit, soweit sie nicht gegen das Straf⸗ gesetzbuch verstößt, aber wir müssen fragen: beabsichtigen die An—⸗ tragsteller, mit diesem Paragrophen etwa gewissen religiösen Ge⸗ meinschaften das Recht der Etablierung von Privatschulen zuzusprechen, deren Besuch den der öffentlichen Schulen aufhebt? Diese Möglich⸗ keit liegt nach der Fassung des Paragraphen vor. Wir haben die Ansicht, daß Sie daran denken, und Sie werden es uns nicht übelnehmen können, wenn wir auf Ihren Leim nicht kriechen. Wir stehen auf dem Standpunkt der vollkommenen Trennung von Kirche und Staat, nicht dem Ibrigen, dem der Ueberlieferung der Schule an die Kirche. Wie berechtigt unsere Bedenken gerade in diesem Punkt gegenüber Ihren Fassungen sind, ergibt sich aus den Vorgängen im preußischen Abgeordnetenhaus. Dort suchen Sie ja jetzt in Gemeinschaft mit den konservativen Parteien und auch den Nationalliberalen die Konfessionsschule als die allein berechtigte zu etablieren und die Simultanschule auf den Aussterbeetat zu 5 und Sie werden dies ja wohl auch erreichen. Wir müssen darauf dringen, h hier fest⸗ gelegt wird, es darf niemand gezwungen werden, seine Kinder dem . der Schule zu überantworten; das würde immerhin ein bedeutsames Gegenmoment bilden gegenüber der Politik, die jetzt die realtionären Parteien im Abgeordnetenhause durchzusetzen suchen. Der Abg. Bachem hat ja wiederholt betont, daß das Zentrum Vertrauen '. aber dieses Verlangen der Konfessionsschule steht in schroffem Widerspruch zu dem Toleranzantrag; die Konfessionsschule ist eine Pflanzschule der Intoleranz; das können Sie bestreiten, soviel Sie wollen, wahr bleibt es doch. Wenn man schon daz kleine Kind mit fir. Glaubensgenossen allein zusammenbringt und alle Unterrichtsgegenstände in diese konfessionelle Erleuchtung taucht, so wird dem Kinde
die Folgerung daraus gezogen.
eine Gemütsverfassung gegeben, die auf Mißtrauen ge sen Andersgläubige bastert ist. Wozu schon die Kinder so ein
auch in der. Arbeiterwelt; die. gewerkschaftliche Organisatjon der Arbeiter hat mit dem Wirken dieses Systems fortgesetzt zu kämpfen. Sie sagen, die tf Mehrheit des Volkes steht hinter der Mnsl ff schö ke ber dieser Behauptung fehlt jede Grundlage und sie steht mit den Tatsachen in vollkommenem Widerspruch; kommt doch im preußischen Abgeordnetenhause daz eigentliche Volk, für das 17090 000 Stimmen bei der Reichz. tagswahl abgegeben werden, überhaupt nicht zum Wort, und ebenso— wenig weite andere Kreise, die diese Anschauung nicht teilen. Wenn schließlich immer wieder namentlich von hh die Behauptung wiederholt wird, daß der Religionsunterricht nötig sei, um dem Volke die Moral zu erhalten, so lehrt ein Blick auf die Kriminal⸗ statistik. wie wenig auch diese Anschauung einen Halt in den Tat. sachen hat. Fromm sein und gut sein, ist himmelweit verschieden; man kann sehr fromm und doch von brutalem Egeismus erfüllt sein. Vie Moral, die Sie hier meinen, ist die Unternehmermoral, die die Gegensätze in der menschlichen Gesellschaft, arm und r ich, edel und unfrei ufw., als Grundlagen einer göttlichen Weltordnung hinstellt Diese Moral, die den Herrschern von Gottes Gnaden die Beherrschten und zum Gehorsam von Gottes Ungnaden Verpflichteten gegenüberstellt, werden Sie nicht stabilleren können in einer Kirche, die sich nicht in den Dienst des Staats stellt. Diese Moral ist eine Dienern des Staats und der herrschenden Schichten, sie dient dynastisch kapitalistischen Interessen. Daran wollen Sie (rechts) . rütteln lassen, und auch die Staatsregierung will sich die Kirche, die ihr so gute Dienste leistet, nicht aus der Hand nehmen 33 Daher auch die Haltung des Bundesrats dem Antrage gegenüber. Das Zentrum stellt sich, wie wir anerkennen, nicht auf diesen Stand⸗ punkt, sondern läßt im § 9 den bisherigen Begriff der anerkannten Religionsgemeinschaften, an dem wir ganz besonderen Anstoß nehmen mußten, fallen; es soll jetzt heißen: Religionsgemeinschaften, deren Lehren und Satzungen dem Reichsstrafgesetzbuche nicht zuwiderlaufen, ist die freie und öffentliche Ausübung der Religion gestattet. Damit würde tatsächlich die Anerkennung seitens des Staats fallen und jede Gemeinschaft, die der genannten Voraussetzung entspricht, freie Betätigung haben. Diese Verbesserung dürfte der Grund sein, daß die letzten Sympathien für den Antrag auf der Rechten geschwunden find.
reinlichen Trennung von Staat und Kirche, das sei das Ziel auch der Wünsche der Wirtschaftlichen Vereinigung. Leider hat er aber nicht Er kann doch unmöglich leugnen, daß die jetzige Fassung des 5 9 eine sehr weitgehende Trennung von Staat und Kirche bedeutet. Ein gemeinsames Arbeiten von Staat und Kirche an der Krippe des Staats und im Dienste der Staatsgewalt muß die Kirche korrumpizren. Bestände dieses Verhältnis von Staat und Kirche zum Beispiel in Preußen nicht, so wären Widersprüche, wie sie am letzten, am stillen Sonntag in die Erscheinung traten, nicht möglich. Während das Innere der Kirche widerhallte von dem Evangelium des Friedens, der Gotteskindschaft aller Menschen usw., da erklang draußen die Janitscharenmusik, da wurde das Militär in Bewegung gesetzt und ausgerüstet, um auf das Volk, eventuell au Vater und Mutter zu schießen. Die Kirche gründet ihre Mach nur noch auf die Zwangsmitgliedschaft ihrer Angehörigen in der Staatskirche. Das ist ein Zeichen der Schwäche. denn es beweist, daß die Kirche ihren Bestand ohne diesen Staatsschutz nicht mehr glaubt aufrechterhalten zu können. Diese Schwache dokumentiert sich auch in der Furcht der evangelischen Kirche vor dem Toleranzantrag, der der katholischen Kirche das Uebergewicht geben würde, und diese Klage kommt von denselben Leuten, die da singen: ‚„Und wenn die Welt voll Teufel wär' und wollte uns ver. schlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen.“ Der katholischen Kirche muß man dagegen doch das Kompliment machen, daß sie mehr Vertrauen zu ihrer eigenen Kraft hat. Gan verläßt sich das Zentrum allerdings auch nicht auf diese Kraft, denn sonst hinge es nicht so sehr an der Staatskrippe. Das erste, was Sie tun müßten, wäre, das eheliche Band mit der Siaatskrippe zu lösen. Ste können die Unabhängigkeit der Kirche nur erreichen, wenn Sie das Tischtuch zwischen Staat und Kirche zerschneiden. Aus den Ausführungen des Abg. Bachem habe ich nicht klar erkennen können, wo die dogmatische Toleranz aufhört und die staatsrechtliche anfängt. Ich finde, daß die Scheidung keine reinliche ist. Es besteht doch ein 5. 166 des Strafgesetzbuchesg, der unter Strafe stellt, wer kirchliche Einrichtungen beschimpft, das Dasein Gottes angreift usw. Der Abg. Bachem sagte, er wolle nicht Ketzer ver brennen. Das könnte uns beruhigen, das ist aber nicht ein Verdienst der Kirche, sondern der Wissenschaft, der ketzerischen Forschung. Zentrum hat bei der Zuchthausvorlage beantragt, den, der das Dasein Gottes leugnet, mit Gefängnis bis zu 2 Jahren zu be—= strafen. Das ist keine Verbrennung, aber was bedeutet es sonst? Eine körperliche Schädigung und Zertrümmerung der Existenz. Wenn das nun eine staatsrechtliche Toleranz sein soll, so danke ich für diese Toleranz. Das war der Antrag Ihrer Fraktion. Wir wollen dem kirchlichen Kultus keine Schranken setzen, wir fürchten weder den geistigen Kampf, noch den Kampf mit den Fesuiten und den wirtschaftlichen Kampf. Die Zentrumspresse dagegen kämpft gegen uns nicht mit ehrlichen Mitteln. In meiner Partei ist es jedermanns Sache, sich zum Atheismus zu bekennen oder nicht, und der Abg. Bebel hat seinerzeit in dieser Beziehung nur seine private Meinung ausgesprochen. Das Erfurter , ,,. und zuletzt der Münchener Parteitag haben aber keinen Zweifel darüber gelassen, daß die Partel auf das religisöse Leben ihrer Mitglieder keinen Einfluß ausüben will. Jeder kann bei uns glauben, was er will. Wir wollen den religiösen Anschauungen des einzelnen nicht zu nahe treten, sondern Neutralität üben. Glauben Sie uns; wir verlassen uns auf den geistigen Kampf und guf . die höhere Zweckmäßigkeit und Gerechtigkeit unserer wirtschaftlichen Forderungen. Das Zentrum hätte es ja in seiner Hand, seinen An⸗ trag durchzusetzen, indem es von seinen parlamentarischen Macht⸗ mitteln Gebrauch machte, das Budget, die Ministergehälter verweigerte, aber es ist ihm damit nicht Ernst. Sie wollen eben mit der Regierung nicht brechen, und darum ist wenig Hoffnung, daß Sie Ihren Antrag durchsetzen. Die Schuld liegt nicht bei der Regierung, sondern belm Zentrum selbst.
Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Der Herr Abg. Bachem hat an die verbündeten Re⸗ gierungen die Anfrage gerichtet, warum in der letzten Nachweisung über die Entschließungen des Bundesrats zu den Anträgen des hohen Hauses nicht auch eine Erklärung der verbündeten Regierungen darüber sich befände, was aus dem Antrage vom 5. Juni 1902, dem so⸗ genannten Toleranzantrage, des hohen Hauses geworden ist. Ich muß gegenüber dieser Anfrage und gegenüber den Er örterungen in der Oeffentlichkeit, die sich an die Tatsache knüpfen, daß eine Antwort des Bundesrats auf den Toleranzantrag vom 6. Juni 1902 in der letzten Nachweisung über die Bundesratsbeschlusse nicht enthalten ist, eine Erklärung zur Sache abgeben.
Bekanntlich wurde der erste Toleranzantrag von dem verschiedenen Abg. Dr. Lieber (Montabaur) und Genossen unter dem 23. November 1900 eingebracht. Dieser Antrag enthielt zwei Abschnitte: Abschnitt 1. betreffend Religionsfreihelt der Reichs angehörigen, Abschnitt 2, betreffend die Religionsfreiheit der Religionsgemeinschaften. Dieser Antrag des Abg. Dr. Lieber wurde nach der ersten Beratung in diesem Hause einer Kommission von 28 Mitgliedern überwiesen. Da indessen der
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
erziehen? Man sieht ja die verderblichen Folgen dieses Systemz
Der Abg. Stöcker erklärte in. das letzte Mal auch für das Prinzip der.
)
zum Deutschen Neichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
M 22.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
weite Abschnitt — der Abschnitt, der in den S8 8 bis 10 jenes An— trages bestand — innerhalb der Kommission lebhaften Widerspruch fand, wurden diese S8 5 bis 10 zurückgejogen, dagegen der erste Ab— schnitt, der in der Kommission auf acht Paragraphen erweitert war, hon der Kommission angenommen; er fand bei der Abstimmung im Plenum mit 163 gegenüber 60 Stimmen auch die Zustimmung des hohen Hauses. .
In der Nachweisung über die Entschließungen des Bundes rats, die dem hohen Hause unter dem 21. Januar 1904 vor⸗ gelegt ist, fand sich die Erklärung, daß der Bundesrat auf diesen Antrag sich noch nicht schlüssig gemacht habe. In⸗ jwischen wurde im Jahre 1903 der neue Reichstag gewählt, und der damalige Antrag Lieber in seinem ersten Abschnitt, der in den S8 1 bis 8 vom Hause angenommen war, wieder eingebracht, aber erweitert um die 58 9 bis 14, den zweiten Abschnitt, den damals der Abg. Lieber zurückgezogen hatte. Dieser Antrag wurde wiederum am 11. Mai 1905 einer Kom mission überwiesen, dort in seinen S5 1 bis 8 angenommen, in seinen 85 9 bis 14 aber wesentlich verändert, ge⸗ langte aber nach Beratung in der Kommission in der lötzten Session wegen Schlusses des Reichstags nicht mehr zur Beratung im Plenum. Injwischen ist derselbe Antrag jetzt vom Herrn Grafen Hompesch in der laufenden Session identisch mit dem Antrage der Kommission in der vorig en Tagung, nur mit einer Aenderung des §z 4, dem hohen Hause wieder vorgelegt.
Meine Herren, aus dieser Geschichte des Toleranzantrages geht doch eins unzweifelhaft hervor: daß die Auffassung, die die Kommission und die Antragsteller bei Beratung des ersten Antrages Lieber hatten, sich geändert hat; denn jener damals zurückgejogene zweite Teil ist in dem am 11. Mai 1905 dem Hause vorgelegten Antrage der Kommission und in dem neuen Antrag Graf Homvesch wieder eingesetzt; es ist also eine wesentliche Ver⸗ schiebung oder Erweiterung des inneren Inhalts des am 5. Juni 190 vom Plenum angenommenen Antrages der Kommission von 1901/2. Nachdem sich aber der Bundesrat über den ersten An— trag, der am 5. Juni 1902 vom Hause angenommen war, bisher nicht schlüssig gemacht und am 21. Januar 1904 dem hohen Hause diese Sachlage mitgeteilt hat, lag nach der bisherigen Praxis zur Zeit für den Bundes rat keine Veranlassung mehr vor, eine neue Erklärung abzugeben. Der Bundesrat gibt in der Uebersicht seiner Eatschließungen nur dann neue Er— klärungen ab, wenn sich inzwischen in der in der letzten Nachweisung mitgeteilten Sachlage irgend etwas geändert hat. Außerdem ist aber auch materiell der Bundesrat jetzt in der ziemlich schwierigen Lage, über einen Antrag, den ein früherer Reichstag gefaßt hat, einen Beschluß zu fassen, nachdem die Antragsteller einen so wesentlich veränderten Antrag gestellt haben, und die Kommission eines neu gewählten Reichstags einen wesentlich anderen materiellen Standpunkt zu der Frage eingenommen hat wie der Reichstag, der den Lieberschen Antrag am 5. Juni 1902 angenommen hatte. Es lag also fär den Bundesrat in der Tat zur Zeit keinerlei Veranlassung vor, in der neuesten Nachweisung seiner Entschließungen eine wiederholte Erklärung zu dem Antrage vom 5. Juni 1902 abzugeben.
Meine Herren, wenn aber nach der Praxis des Bundes— ratz auch in der letzten Nachweisung seiner Entschließungen eine Erklärung nicht abgegeben ist, weil sich seit der Nach⸗ weisung vom 21. Januar 1906 in der Sachlage nichts verändert hatte, so folgt daraus keineswegs, daß der Bundekrat die Sache aus dem Auge gelassen hat, daß nicht der Bundesrat noch nach⸗ träglich eine Entschließung zur Sache faßt. Ich habe mich für ver— pflichtet gehalten, diese Sachlage vollkommen objektiv darzustellen, um dem hohen Hause die Ueberzeugung zu verschaffen, daß hier nicht ein Versehen des Bundesrats vorliegt, auch nicht eine unfreundliche Hand⸗ habung der Geschäfte seitens des Bundesrats gegenüber dem Reicht⸗ tage, sondern daß der Bundesrat lediglich nach den bisherigen Grund⸗ sätzen seiner Geschäftsführung verfahren ist.
Abg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim (nl): Der Abg. David ist mit i. gi n, des Erfurter Programms, soweit dieses das Verhältnis der Sozialdemokratie zu kirchlichen Fragen regelt, durch. aus nicht glücklich gewesen. Er hat in seiner Einleitung nicht nur gegen den staatskirchlichen Religionsunterricht gesprochen, sondern
egen den christlichen Religionsunterricht. Er hat betont, daß der Ern Religtonsunterricht dadurch, daß die neutestamen tliche mit der alttestamentlichen Lehre verbunden würde, im Wiverspruch stünde mit der naturwissenschaftlichen Forschung, daß infolgedessen die Kindesseele in ihrem Janern zerrissen würde ung daß der Mensch später nicht in der Lage wäre, seine Stellung im Leben, vollkommen auszufüllen. Wenn er als Fraklionsredner diese Auffassung bor⸗ getragen hat, fo muß ich annehmen, daß die Sonaldemokratie und der Zukunftsstaat, der gute Menschen erziehen will, weder die katholische noch die evangelische Kirche mit ihrem Religions unterricht ertragen kann. Wenn alfo der sozialdemokratische Staat die Aufgabe hat, die Menschen zu werbessern, so muß zweifel los das Erfurter Programm in der Richtung abgeändert werden, daß Religion nicht mehr Privatsache sein kann, sondern aß der solialdemokratische Staat die christliche Kirche, die katholische wie die evangelische, aus dem Staate J, muß. Die Unterstützung,ů welche die Sozialdemokratie dem Antrage Ter ver- ehrten Herren vom Zentrum zuteil weiden lassen will, muß alfo als cine fehr wertlose betrachtet werden, Bei früheren, Anlässen haben Vertreter meiner Fraktion in diesem Hause sich dahin ausgesprochen, daß die nationalliberale Partei durchaus genesgt wäre, beftehende Mißstände in den einzelnen Bundesstaaten, saweit ihre Ein. wirkung in den einzelnen Landtagen gusreiche, zu beseitigen. Diesen seiben Standpunkt nimmt meine Fraktion auch heute ein. Zu unserer reude haben wir beute von dem Abg. Bachem erfahren, taß in der wischenzeit zahlreiche Mäßstände abgestellt worden sind, und daß die= enigen Mißstände, von denen der Abg. Bachem heute noch gesprechen hat, ebzr unwefentlicher Art feien. Wir hoffen nun, daß es nicht e, allen wirb, auch diefe Mißstände noch zu beseitigen. Da ich im Namen meiger gesamten Fraktion sprecbe, so werde ich mich wohl einer
große tät i . arstellungen befleißigen müssen, 5 . . aher Erklärungen des Reichskanzlers
Zweite Beilage
Berlin, Donnerstag, den 25. Januar
absolut keine Aussicht besteht, daß ein Reichsreligionsgesetz von den verbündeten Regierungen angenommen werden wird. Daran wird auch die Erklärung des Jia? fete s kaum etwas ändern, weil in der Zwlschen zeit bekannt geworden ist, wie sich die große Mehrzahl der Angebörigen der evangelischen Kirche zu diesem Antrag gestellt hat. Der Reichskanzler hat 1901 erklärt, daß sich die verbündeten Re⸗ gerungen, außerstande sähen, diesem Antrage zuzustimmen, weil er die veifassungsmäßige Selbständigkeit der Bundesstaaten in Dingen beschraͤnken will, die der Zuständigkeit ibrer Landesgesetzgebung vor⸗ behalten find. Mein Freünd Hieber hat seine Auffassung, die der des Reicht kanzlers analog ist, feinerzeit sehr deutlich ausgesprochen. Es wird auch“ in weiten Kreisen der evangelischen Kirche die Mei. nung geteilt, daß durch diesen Antrag die Staatskirchenhoheit und die Whud chen des Staates und auch die familienrechtlichen Verhältniffe in starker Weise berührt und in schätlicher Weise beein- flußt werden. Wenn der Abg. Bachem erklärt hat, daß der Antrag bezwecke, das Rechtsverhältnis zwischen Katholiken und Hrotestanten richtig abzugrenzen, so muß ich sagen, daß die Protestanten in keiner Weife mit dieser Abgrenzung einverstanden sind. Es sind inzwsschen Proteste aller Art gus den Kirchengemeinschaften der evangelischen Kirche gegen diesen Antrag laut geworden, und zwar nicht hervorgegangen aus der Furcht vor der kat holischen Kirche, welches Armutsjeugnis der Dr. David jener ausstellte. In Preußen sind 21 S00 0660 evangelische, 12 0090090 katbolische Ein. wohner, in Sachsen 3 72 000 und 197 000 in Württemberg 1 440 0900 und 650 G00, in Hessen 746 000 und 3460 009. Inggesamt stehen in Deutschland 35 Millionen Gvangelische 20 Millionen Katholiken gegenüber; die anderen Bekenntnisse, mit Ausnahme der Isrgeliten, splelen eine ganz untergeordnete Ftolle. Die evangelischen Landes⸗ kirchen füblen' ein flarkez Bedürfnis eines engeren Zusammenschlusses untereinander, aber nur auf der Grundlage der Kirchenhoheit der Einjelstaaten. Demgemäß hat sich ein deutsch-evangelischer Kirchen⸗ ausschuß gebildet; ein erster Synodalen⸗Gemeindevertretertag hat in Worms schon stattgefunden, ein zweiter steht bevor. Beide Institutionen haben gegen die Art der Abgrenzung, wie sie der Antrag des Zentrums will, protestiert. Der bei weltem größte Teil der christlichen Bevölkerung steht alfo auf diesem Boden nicht, und auch meine Partei kann sich für den Antrag nicht erklären. Es muß die Zerrüttung der Landeskijche von diefem Antrage befürchtet werden. Jeder Angehörige einer Landes⸗ kirche könnte als Mitglied in eine andere Landeskirche eintreten und damit wäre das landesherrliche Kirchenregiment einfach beseitigt. Die Denkschrift des deutsch-evangelischen Kirchenausschusses, die auch den Reichstagt mitgliedern zugegangen ist, legt dar, daß das Prinzip der staatlichen Kirchenhohest durch den Tolerqnzantrag beseitigt wird; der verlangten Grenzregulierung widersetzen sich also diese Vertreter der evangelischen Kirchengemeinschaften mit einer Bestimmtheit, daß von einer reiche gesetzlichen Lösung der Frage abgesehen werden muß. Wenn auf die Schweiz ö wird. so sell man doch nicht ver⸗ gessen, daß aus religiöfen Motiven der Sonderbundkrieg entstand, und daß die neue Schweizer Bundes verfassung die Kirchenoberhoheit der Kantone viel schärfer ftatusert, als das in den deutschen Einzelstagten der Fall ist. Wenn die Schweiz damit auskommen kann, weshalb foll es dann nicht auch in den deutschen Einzelstaaten der Fall sein? Wir werten den Antrag ablehnen und auch einer Kommissions⸗ beratung widersprechen; wir geben uns aber nach wie vor der Hoffnung hin, daß noch eiwa vorhandene Mißstände in den Einzelstaaten be= seitigt werden. ö .
Abg. Henning (. kons.): Gegenüber den Ausführungen des Abg. David muß ich richtig stellen, daß wir von allem Anfang an ent⸗ schlossen waren, den jweiten Teil des e n. abzulehnen; die Wenigen, die vielleicht aus iheoretischen Gründen für diese oder jene Bestimmung des zweiten Tells sich erklärt haben, haben in zwischen die Ueberzeugung gewonnen, daß dieser Weg nicht gangbar ist. Der Abg. David hat ein Zerrbild von unserer Volksschule ent- worfen, wie es . nicht zu denken ist. Wir werden um unsere Volkeschule beneidet, und von allen Seiten hat man sich stets bemüht, unsere Volksschule auf die höchste Stufe zu heben. Ist doch seinerzeit das Wort gebraucht worden: Der preußische Volksschullehrer hat die preußischen Schlachten geschlagen. Bie Antragsteller können und wollen die Staatshobheit in kirchlichen Dingen nicht entbehren; sie wollen diese nur in einigen Punkten be⸗ seitigen. Ich stimme mit dem Vorredner in der Ablehnung dieser Forderung durchaus überein. Die kirchliche Staate hoheit ist historisch erwachsen und verwachsen mit der weltlichen. Verläßt man den historischen Boden, so würden die staatlichen Rechte beeinträchtigt werden, und dazu können wir die Hand nicht bieten. Die Erklärung des Reichskanzlers hat denselben Standpunkt zum Ausdruck gebracht im jetzigen Stadium. Ich glaube, daß es so leicht überhaupt kein Stadium geben wird, in dem dieser Antrag zur Durchführung gebracht werden könnte; denn es würde sich immer um eine teilweise Zer— trümmerung bestehender staatlicher Ordnungen handeln. Gerade in der heutigen Zeit aber haben wir alle Ursache, an der bestehenden staat- lichen Ordnung in jedem Punkte festzuhalten. Die Ausführungen des Dr. David werden ja wohl auch dem Zentrum selbst igt haben, zu welchen Konsequenzen diese Bundesgenossenschaft führen muß; man hat ja schon an anderer Stelle davon gesprochen, daß mit dem alten „Schutt! aufgeräumt, werden soll. Der heutige Toleranzantrag geht über das ursprüngliche Maß weit hingus; wir können es nicht mitmachen, daß auf diesem Wege durch Reichsgesetz bundesstaamliche Rechte einfach aufgehoben werden. Jedenfalls würde dieser Toleranzantrag tiefe Schädigungen zur Folge haben, die wir im Interesse des Reichs und der Cinzelstaaten durchaus zu vermeiden wünschen. Auch bejüglich der Schule gehen die Anforderungen des An⸗ trages viel zu weit. Den Unzuträglichkeiten, die hier vielleicht wirk⸗ lich best hen mögen, muß durch die einjelstaatliche Gesetz= gebung abgeholfen werden, insbesondere was den Zwang der Kinder zur Teilnahme an einem bestimmten Religionsunterricht betrifft. Hoffentlich werden die Antragsteller diese Erwägungen, und namentlich die Wirkungen, die ihr Antrag auf die Sozialdemokraten anszeübt Htg ir en mn 64 bei ihrem ferneren Vorgehen auf dieser Bahn nicht unbeachtet lossen. . ;
Abg. Dr. Müller-⸗Meiningen (fr. Volkép): Ich habe zunächst namens melner Parteifreunde eine kurze Erklärung abzugeben. Meine Parteifreunde stehen dem ersten Teil des Toleranzantrages im allgemeinen fympathisch gegenüber, behalten sich aber ihre Stellung⸗ nahme im einzelnen vor. Der scharfe Ton, den der Abg. Bachem
egen die liberale Gesinnung geführt hat, und daß er seine bürgerliche Erna nn so stark unterstrich. . mich, die kritische Sonde an seine Ausführungen anzulegen. Der Abg. Gröber, ebenso wie die Abgg. Bachem und Spahn, haben bei der letzten Verhandlung dieser Materie eine Reihe lächerlicher und kleinlicher Nadelstiche gegen die Katholiken in den Cinzelstaaten angeführt. Kein verständiger Mensch wird eine der artige kleinliche Nadelstichpolitik billigen. Je schneller damit auf. ehört wird, desto besfer ist dies für alle Teile. Ich fürchte das 6. nie mihr, als wenn es im Dulderton spricht. Wenn es diese dadelstiche so in das Licht setzt, daß es auf ängstliche Gemüter, auch auf der Linken, Eindruck damit macht, dann ist es in hahem Grade efährlich. Der Abg. Bachem hat uns mit seinen letzten Ausführungen den n. , Wenn ich auch die größte persönliche chtung vor jeder religlösen Ueberzeugung habe, so trete ich stets doch dem Mißbrauch der Religion zu politischen Zwecken auf das schätfste entgegen, einmal aus Rücksicht auf die Religion selbst, und dann
zum Schutze der allgemeinen Gewissens⸗ und Religionsfreiheit.
1906.
Wie schön das klingt, wenn die Herren vom Zentrum immer von Freihelt frechen, von ihrer Duldung, ihrer liberalen Gesinnung, ihren Leiden; aber draußen hört man etwas anderes als hier im Reiche tag. Diefe Freiheit, die Sie meinen, kann und darf absolut keine einseinige sein, wie Sie das so gern möchten, und sie darf nicht schließlich zur Quelle ärgster Intoleranz werden, wie es leider nach meiner Uuffassung sein wird. wenn dieser Tolergnzantrag Gesetz würde. Das A und O aller Ihrer Ausführungen ist ja:; wir sind tolerant. Tausende von Beweisen sind dafür da. daß Sie intolerant sind. Das steht fest, jede Religion im Sinne der Orthodoxie ist ihrem innersten Wesen nach intolerant. Je starrer die Dogmen sind, desto größer muß die Intoleranz sein. Die traurigen Fälle evangelischer Verblendung, wie sie vor allem in den Fällen . und Römer ch gezeigt habt, beweisen, daß auf jeder Seite gesündigt wird. Ich in der Letzte, der irgendwie Intoleranz in Schutz nimmt, ich glaube vielmehr, daß derjenige am meisten gegen das evangelische Prinzip verstößt, am allermeisten gegen das Wesen des Protestantismus sündigt, der den Herren diese Dinge nachmacht. Ee ist auch voll⸗ kommen unrichtig, daß das Zentrum staatsbürgerlich tolerant ist, im Gegenteil, die Erfahrung zeigt, daß staats bürgerliche von religioser Toleranj nicht zu trennen ist. Solange die Schule, die Ehe, das Begräbnitwesen und andere Dinge, die der moderne Staat als rein weltliche ansteht, Gegenstand der geistlichen Tätigkeit sind, so lange kann überhaupt von einer derartigen Scheidung von religiöser und staatsbürgerlicher Intoleranz nicht die Rede sein, so lange muß die religiöse Intoleranz auch politisch wirken. Ich vermeide es grundsätzlich, auf religiöse Fragen einzugehen, aber die damit verbundene politische Unduldsamteit muß von allen nicht · klerikalen Parteien aufs allerschärfste bekämpft werden. Man hat in diesen Fragen immer noch einen schweren Stand, weil leider noch eine gewisse Unwissenheit in solchen Fragen Ibnen. Gum Zentrum) sehr zu statten kommt. Wie vieles, z. B. die bis zum Pathologischen gesteigerte Knüttelei in den Schriften, wie sie nament- sich bel uns in Süddeutschland im Gange ist, ist gerade das Gegenteil von Toleranz! (Abg. Osel (Sentr.) ruft: Das macht der Protestantismus doch auch! Hören Sie doch, was ich sage. An dem Wackerschen Wahlukas werden Sie wohl noch zu schlucken haben. Man sollte doch Las geistliche Amt als solches vollständig aus der politischen Agitation herauskassen. Der Krieg gegen die ganze nichtklerikale Presse wird unter dem konfessionellen und religiösen Gesichtspunkt in einer geradezu schamlosen Weise geführt. Dies muß im Interesse der Preß⸗ freiheit hier einmal festgelegt werden. Die Freiheit der Blätter, die auf einem andern politischen Standpunkt stehen als Sie, müßte dech etwas mehr geachtet werden von Ihrer Seite, wenn Sie von Ihrer Toleranz sprechen wollen. Ist es eine. Sünde, eine andere als eine abgestempelt klerikale Zeitung zu lesen? (Zurufe im Zentrum.) Sie spotten Ihrer selbst und wissen gar nicht wie. Also es sft keine Sünde, daß man ein derartiges Blatt liest. Ist eg aber eine Sünde, ein derartiges Blatt auszutragen? Sie wissen ganz genau, auf welche Fälle ich 14 eingehen werde. Junächst eine suͤddeutsche Itylle. Es handelt sich um eine Ver⸗ Fandlung der Strafkammer des Landgerichts Hechingen vom J. Februar v. J. Die Sachlage ist kurz die, daß der Herausgeber der Hohenzollernschen Blätter wit einem Polizeidiener Kallbacher einen Vertrag gemacht hatte, wonach dieser die Hohenzollernschen Blätter, das Amtsblatt für das Oberamt Hechingen, also ein gemäßigtes Blatt, auszutragen hatte. Das gab nun dem Pfarrer Oskar Witz in dem Orte Gelegenheit, um in schärfster Weise gegen diese Hohenzollernschen Blätter zu agitieren. Es kam schließlich zu Beschimpfungen und zur Gerichteverhandlung. In der Verhandlung schilderte der Polizeidiener den Hergang. Er habe dem Pfarrer, als er ihm Vorhaltungen machte, gesagt: es ist das doch kein , . Blatt, ich lese es schon 19 Jabre und habe nie etwas gegen die Religion darin gefunden; es ist dec auch das Amtsblatt. Da antwortete der Pfarrer; Wenn es au
nicht gegen die Religion ist, so ist es doch auch nicht für die Religion. Ich muß Sie noch einmal ernstlich warnen, das Blatt gus— zutragen, wir können hier nur katholische Blätter gebrauchen. Es ist eine Sünde, wenn Sie das Blatt weiter austragen. Das Gericht hielt es für unglaublich, daß ein katholischer Geistlicher das Austragen eines solchen objektiven Blattes für eine Sünde erklären könnte. Darauf erklärte der Pfarrer, er habe damit, daß er die Sache eine Sünde genannt, habe, nur seine Amtspflicht erfüllt, über die Reinheit des katholischen Glaubens zu wachen. Der Redakteur war selbst ein strenggläubiger. Katholik, er hatte nur den einen Febler, daß sein Blatt nicht ultramontan war. Deshalb wurde er in dieser Weise in seinem Erwerbe ge—⸗ hindert. Noch ein kleines Kulturbild aus Elsaß , Lothringen: Im vorigen Oktober kam in Ensisheim eine Beleidigungsklage zur Verhandlung. Der Pfarrer hatte den Umzug gelegentlich eines Musikfestes als einen Schweine zug bezeichnet. Der Pfarrer hatte sich verpflichtet, die Beleidigung von der Kanzel. herab mit dem Ausdruck des Bedauerns zurückunehmen, er kam diesem Versprechen nach, hielt aber bei dieser Gelegenheit seinen Gegnern vor: wer einen Geistlichen vor ein weltliches Gericht zieht, begeht eine Tod—= fünde. Er verdient den Kirchenbann! Auch die Sühnegottesdienste, wie wir sie in Süddeutschland haben, sind ein bedenkliches Zeichen spstematischer Verquickuung von Religion und Politik. Bin anderer Fall ist noch bedenklicher, er hat das peinlichste Auf⸗ sehen erregt und betrifft die Verweigerung der Kommunion wegen Austragen eines liberalen Blattes. Vie ganze Presse hat die Sache in die Hand genommen und die geistliche Gewalt auch. Es gibt sehr boshafte Menschen, die sagen, es sei gegen den Geistlichen vor— gegangen worden, weil er sich dabei so furchtbar dumm und plump angestellt habe. Wenn man bedenkt, daß eine ganze Reihe anderer Fälle nicht ans Tageslicht kommen, so muß man sagen, daß die Vergquickungen der böchsten und heiligsten Heilsmittel mit der Polilik leider sehr häufig sind. Der Fall hat sich in der Gegend des Abg. von Hevl zugetragen. Es handelt sich um den Pfarrer Wieland in Wundheim. Der Bruder eines gewissen Leidemer ist Aus⸗ träger der Wormser Zeitung. Es ist nun Sitte in Hessen, daß, wenn jemand stirbt, seine nächsten Verwandten kommunizieren gehen. Es ist infolgedessen auch der Austräger Leidemer zur Beichte gegangen. Run erklärt er selbst öffentlich, obwohl er weiß, daß er höchst⸗ wahrscheinlich der höchsten Kirchenstrafe unterliegen wird, daß, nachdem er im Beichtftuhl seine Sünden bekannt habe, der Pfarrer ihm eat habe, er wüde ihn von seinen Sünden nicht absolvieren, weil er die Wormfer Zeitung austrage. Leidemer habe darauf erwidert, er müsse sein Brot verdienen und habe nicht ein böse? Wort gegen die katholische Kirche in dem Blatt gefunden. Trotzdem bestand der Pfarrer darauf, daß Leidemer die Zeitung nicht mehr austrage, sonst würde er ihn nicht . Leidemer versprach es darauf, als er aber die Kirche ver⸗ ließ, besann er sich eines anderen und ging am anderen Morgen nicht zur Kommunion, und auch heute no soll er die Zeitun
austragen. Sie (zum Zentrum) können doch nicht leugnen, da
dieses katholische Sakrament, das für jeden Katholiken etwas Un⸗ antastbaregz und Heiliges ist, von einem katholischen Geistlichen zu einem politischen Zwangsmittel entwürdigt worden ist. Dieser Geistliche hat die Sünden vergebung, die selbst Verbrechern zugebilligt wird, einem Manne nicht gespendet, der ein nicht- klerikales Blatt, um feine Familie zu ernähren, ausgetragen hat. Ich erwarte von Ihnen, daß Sie obne weiteres sagen, das ist schlimm gehandelt, intolerant im allerhöchsten Grade. Ich führe bies an, um daran die Bitte zu knüpfen: sorgen Sie doch dafür,
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