1906 / 22 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Jan 1906 18:00:01 GMT) scan diff

nisse auf: Jdem Lande nicht zu lange hat auf sich warten lassen. Ich darf erneut den Appell an das hohe Haus und an die einzelnen Mitglieder richten, die vorerst veröffentlichten beiden Bände wenn sie es noch nicht getan haben sollten zur Hand zu nehmen sie liegen hier auf den Tisch aus und zu untersuchen, ob die Ermittlungen wirklich für den nächstbekannten Heimatkreis eines jeden der Herren zutreffend geschildert sind, oder ob vielleicht bej der ersten Arbeit alle Faktoren nicht so zur Geltung gekommen sind, wie es wohl wünschenswert wäre.

Einer der Herren Vorredner ich glaube, es war der Herr Abg. Glatzel meinte, es sei in Aussicht genommen, die gesetzgeberische Zulassung der Eintragung einer Verschuldungsgrenze nur auf die Provinz Brandenburg zu beschränken. Das ist durchaus nicht beab⸗ sichtigt, vielmehr ist das Gesetz als allgemeines geplant. Ich habe früher nur ausgeführt, daß zunächst die Ritterschaft der Mark Branden⸗ burg sich bereit erklärt hat, eine Million Mark für den Versuch einer Entschuldung bereit zu stellen, weil die leitenden Herren der Ritter schaft der Ueberzeugung sind, daß auf diesem Wege die Durchführung der Entschuldung in der Mark möglich ist. Bei dem Gesetz, welches dem hohen Hause, wie ich hoffe, in nicht zu ferner Zeit zugehen wird, ist beabsichtigt, den Zeitpunkt des Inkrafttretens für die einzelnen Landesteile durch eine Königliche Verordnung zu bestimmen. Maßgeblich für die Einführung wird in erster Linie die Frage sein, ob ein öffentliches Kreditinstitut des fraglichen Bezirks bereit ist, sich in ähnlicher Weise an der Durchführung des Gesetzes zu beteiligen, wie es die Märkische Ritterschaft beabsichtigt.

Es ist dann die Frage des Wegebaues und des Baues von Eisenbahnen, namentlich von Kleinbahnen, berührt worden. Ich unterscheide grundsäͤtzlich normalspurige Kleinbahnen von Schmalspur⸗ bahnen, und möchte auf Grund meiner Beobachtungen sagen, daß die Schmalspurbahnen, so verlockend im ersten Moment ihre Ausführung auch sein mag, doch später große Schwierigkeiten im Gefolge haben. (Sehr richtig! rechts) Ich freue mich, daß ich hierbei die Zustimmung der Herren finde, die aus der praktischen Landwirtschaft hervorgegangen sind. Ich möchte der Land wirtschaft gegenüber betonen, womöglich immer die Spur der Vollbahnen einzuhalten und sogenannte normalspurige Bahnen zu bauen; denn sonst entstehen bei dem Umladen große Schwierigkeiten. Es ist, was so oft im Lande verkannt wird, bei Schmalspurbahnen nahezu ausgeschlossen, Fettvieh zu verladen. Wenn dies auch in den Wagen Platz hat und untergebracht werden kann, so ist es doch mit sehr großen Schwierigkeiten verbunden, das Fettvieh auf einem an— deren Bahnhof umzuladen, wo eine Vollbahn besteht. Die Leute fahren es lieber zwei Meilen und geben es gleich zur Vollbahn, als daß sie es mit einer Schmalspuhrbahn befördern und es dann umladen lassen müssen. Im ersten Moment sind zwar bei solchen normalspurigen Bahnen die Anlagekosten ja etwas größer, indessen verzinsen sich diese besser als es bei dem beschränkten Verkehr der schmalspurigen Bahnen möglich ist. Ich kann dem Herrn, der über diese Frage gesprochen hat, nur vollkommen beistimmen diese Frage ist ja übrigens auch in der Kommission besprochen und neulich von dem Herrn Abg. Dr. Friedberg mit vollem Nachdruck behandelt worden —: will unsere heimische Landwirtschaft mit Erfolg konkurrieren, so hat sie eine Verbesse⸗ rung ihrer Verkehrsbedingungen unbedingt nötig (sehr richtig! rechts); ohne diese Verbesserungen machen wir nur eine Sisyphusarbeit. Ich habe schon früher darauf hingewiesen, daß oft Landwirte, die fern vom Verkehr liegen, auf Veranlassung von Wanderlehrern Dünger⸗ mittel in größerer Menge kaufen, daß sie auch große Erfolge auf ihrem Acker erzielen, aber hiervon keinen Vorteil haben, weil sie vielleicht 15 oder 20 km von der Bahn entfernt liegen. Der ganze Segen, der ihnen zufallen könnte, geht ihnen verloren, weil er an den Achsen der Wagen, mit denen sie das Produkt zur Bahn fahren, hängen bleibt. Ich freue mich daher der Anregung und ich glaube, daß das ganze Haus mir zustimmen wird, wenn ich sage, daß wir eine Verbesserung unserer Wege und vor allem auch unserer Bahnverhältnisse erstreben und daß wir die vom Verkehr abgelegenen Bezirke durch Bau von Bahnen aufschließen müssen. Ich glaube auch hervorheben zu sollen, daß innerhalb der Zeit, in der ich die Ehre gehabt habe, an der Spitze des Landwirtschaftsministeriums zu stehen, ich es als eine erste Pflicht der Staatsverwaltung und der landwirtschaftlichen Verwaltung an⸗ gesehen habe, überall da, wo Fonds des Ministeriums für den Wege— bau bestimmt sind, sie in vollem Maße diesem Zwecke zuzuführen. Ich bemerke ausdrücklich, daß dieser Wegebau ja beschränkt ist auf die Forsten bezw. auf die Domänen und nicht für alle Zwecke in Betracht kommt; das würde ja bei dem Bautenministerium eventuell anzuregen sein. Ich habe es aber immer als eine Pflicht eines so großen Grund⸗ besitzers, wie es der Staat ist, angesehen, daß er mit dem Wegebau in erster Linie, um ein gutes Beispiel zu geben, vorangeht, damit nicht der Bauer sagen kann: wir sollen etwas tun, aber was tut der Staat? Seien Sie überzeugt, meine Herren, von meiner Seite wird diesen Anregungen und Bestrebungen jede Förderung zuteil, und wie immer unsere Verhältnisse sich im Vaterland gestalten mögen, daran müssen wir festhalten: wir müssen Wege bauen und müssen den entfernter ge⸗ legenen Gegenden zu Hilfe kommen, damit sie ihre Produkte absetzen und entsprechend verwerten können. (Bravo! rechts.)

Ich möchte nun noch etwas, was ich gestern übersehen habe, er wähnen; es hängt freilich nicht ganz mit diesem Punkt zusammen. Meine Herren! Es wurde in der Budgetkommission geklagt über die Heranziehung der ländlichen Bevölkerung zu Fuhren für militärische Zwecke. Es wurde geklagt, daß einerseits die Entschädigung zu gering sei, vor allem aber, daß die Fuhren nicht bloß für einen, sondern oft für mehrere Tage dem betreffenden Besitzer entzogen würden und daß bei den heutigen Verhältnissen jede Kontrolle der Leute, die zu den militãrischen Uebungen mit Wagen und Pferden abgesandt würden, außerordentlich schwer sei. Ich erkenne an, daß der Be⸗ völkerung hierdurch erhebliche Wirtschaftserschwernisse entstehen, und kann vor dem hohen Hause erklären, daß ich bereit bin, im Bundesrat die Sache zur Sprache zu bringen und die vorgebrachten Wünsche zu befürworten.

Ich komme nun noch zu den Anregungen des Herrn Abg. Brütt. Ich muß dem Herrn Abgeordneten darin beistimmen, daß völlige Zerr⸗ bilder eines Jagdbezirks entstehen, wenn die Jagdbezirke so schmal sind, wie er dies geschildert hat; wenn z. B. ein eigener Jagdbezirk aus den Schutzstreifen irgend einer Bahn, z. B. von Berlin nach Frank⸗ furt a. M. gebildet würde. Ein solcher schmaler Streifen kann un⸗ möglich als eigener Jagdbezirk zugelassen werden. (Sehr richtig! rechts) Es haben deshalb zur Beseitigung dieses Mißstandes Er— wägungen stattgefunden; ich habe mich mit den Herren Ministern des

Innern und der Justiz in Verfolg der von dem Herrn Abg. Brütt die geheimen Schulden der Bauern entdecken. Also ist die Statistit

angezogenen Entscheidung deg Oberverwaltungsgerichts in Ver⸗ bindung gesetzt und ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß ich, falls Abhilfe nicht anders möglich ist, an das hohe Haus mit einem besonderen Gesetz herantreten werde.

Nun komme ich auf die beiden Fragen, die der Herr Abgeordnete Freiherr von Eynatten berührt hat. Ich möchte zunächst folgendes hervorheben: Ein wesentlicher Teil der Jagdpflege besteht in der Pflege mit der Büchse, das heißt darin, daß man die schwachen, nicht zur Zucht geeigneten Tiere beseitigt; wenn man in einem Jagdbezirk nur die starken Böcke abschießt, wird sehr bald eine Degeneration des gesamten Rehbestandes stattfinden. (Sehr richtig) Aus der in dem neuen Wildschutzgesetz eingeräumten Befugnis zum Ab— schuß der Rehkälber haben sich verschiedene Schwierigkeiten ergeben. Wir haben bei Einbringung des Gesetzes geglaubt das hohe Haus hat dem ja zugestimmt —, die Entscheidung über den Abschuß der Rehkälber den Bezirksausschüssen anheim geben zu sollen. Nach der ersten Einführung des Gesetzes, also im Winter vorigen Jahres, erschien auf den Märkten eine Masse von Rehkälbern, und sehr zahl⸗ reiche Besitzer, die für den Bestand ihres Wildes besorgt waren, Jagd⸗ pächter und andere Interessenten waren entsetzt über diesen kolossalen Abschuß von Rehkälbern. Die meisten Bezirksausschüsse haben momentan, entgegen der Absicht des Gesetzes, den Abschuß der Reh⸗ kälber ganz verboten. Es wird aber meiner Ansicht nach mit der Zeit sich die Sache klären. Wir werden Erfahrungen auf diesem Gebiet sammeln. Sollte sich herausstellen, daß es nicht richtig, war, den Ab⸗ schuß der Rehkälber freizugeben, so wird dem hohen Hause nach dieser Richtung hin ein Vorschlag auf Abänderung dieses Gesetzes zugehen.

Was aber den zweiten Punkt anlangt, daß Ausländer in unserem Vaterlande Jagden pachten, so möchte ich Herrn Abg. Freiherrn von Evnatten daran erinnern, daß ja nach dem neuen Gesetz, betreffend die Verwaltung gemeinschaftlicher Jagdbezirke, die Zulassung von Ausländern von der Genehmigung abhängig ist. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten werde ich den bezüglichen Passus des Gesetzes anführen:

Die Verpachtung der Jagd an Personen, welche nicht Angehörige

des Deutschen Reiches sind, bedarf der Genehmigung der Jagd⸗

aufsichts be horde. Herr Freiherr von Eynatten führte ja auch an, einige Landräte seien in der Zulassung strenger, andere konniventer. Die Jagd⸗ aufsichtsbehörde, meine Herren, ist der Landrat; der hat zunächst zu prüfen, ob der Betreffende geeignet ist oder nicht. Ich bin gern bereit, dem Wunsche des Herrn Freiherrn von Eynatten zu entsprechen und eine Zusammenstellung über die Pachtung von Jagden durch Ausländer anfertigen zu lassen und sie ihm zugänglich zu machen; vielleicht hat er dann Veranlassung, dem hohen Hause nochmals die Sache zu unterbreiten. Ich glaube, diese Frage ist nur für den Westen von Bedeutung.

Ich hoffe, ich habe jetzt alles erwähnt, was die Herren Vorredner seit Beginn der heutigen Verhandlung vorgebracht haben. Sollte ich etwas übersehen haben, so bitte ich, mich geneigtest daran erinnern zu wollen. Es liegt mir wirklich daran, klarzustellen, ob die vorgetragenen Wünsche erfüllt werden können oder nicht, denn die landwirischaftliche Verwaltung hat direkt mit dem Parteiwesen nichts zu tun, und ich als preußischer Minister babe die Pflicht, die Interessen der Land⸗ wirtschaft nach jeder Richtung zu fördern und dankbar zu sein für die Anregungen, die mir aus dem hohen Hause entgegengebracht werden. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Engelmann (nl): Im vorigen Jahre hat das Haus auf meinen Antrag einen Beschluß gefaßt, worin die Regierung auf⸗ gefordert wurde, für die Kontrolle des Verkehrs mit Nahrungs- und Genußmitteln, besonders mit Wein, Beamte im Hauptamte anzustellen. Der Minister hat in der Kommission gesagt, daß darüber Verhandlungen schweben. Diese Antwort genügt mir nicht. In Süddeutschland, in Bayern, wird die Kontrolle durch Beamte im Hauptamt geführt. Der Minister hat in der Kommission esagt, die Sache gehöre eigentlich nicht zu seinem Ressort, 8 zum Kultusministerium. Aber bei einem so wichtigen land⸗ wirtschaftlichen Gebiete wie dem Weinbau muß sich auch der Landwirtschaftsminister darum kümmern, daß die Kellerkontrolle im Hauptamt ausgeführt werden könnte. Der Prozeß Sartorius hat tiefe Verstimmung in der Bevölkerung erregt, die Weinbauern werden darunter leiden, wenn der Konsum so stark eingeschtänkt wird. Des- halb muß an eine Revision des Weingesetzes herangegangen werden. Am 17. Januar hat in der Pfal; eine Versammlung von Mitgliedern aller Parteien eine Resolution in dieser Hinsicht gefaßt. Es muß auf jeden Fall jetzt Klarheit geschaffen werden. Man spiicht von der Zulaͤssigkeit einer erheblichen Vermehrung“ des Weins. Es steht gar nicht fest; was darunter zu verstehen ist. In manchen Jahren und in manchen Gegenden ist eine Vermehrung bis zu 30 0/9 unumgänglich. Deshalb müssen wir zu der „räumlichen Trennung“ kommen, damit der Richter in jedem Falle genau Bescheid weiß. Eine neue Weinsteuer würde unsere Weinbauern geradezu rabiat machen, denn die Produkte werden jetzt häufig unter dem Selbstkosten⸗ preis verkauft. Wenn der Weinbau wieder rentabel geworden sein wird, wird er auch eine Steuer gern tragen.

Abg. Dasbach ett igt dar, Sartorius habe jährlich 100 000 Mark Einkommen gehabt. araus gehe hervor, welche unheilvolle Konkurrenz er den ehrlichen Winzern gemacht habe. Der von Sartorius hergestellte Kunstwein koste etwa 29 3 pro Liter, während der ehrliche Winzer doch bei geringen Sorten mindestens 50 4 für das Liter einnehmen miüsse. Der Prozeß, fährt der Redner dann fort, ergibt die Notwendigkeit einer strengen Kellerkontrolle. Früher! bat ein Teil des Wein handels dieselbe bekämpft, jetzt sieht er deren Notwendigkeit ein. Sie würde nicht entwürdigend für den Händler sein. Der Bierbrauer muß eine schärfere Kontrolle sich gefallen lassen. Sie darf nicht allein durch Polizeiorgane, sondern müßte nur durch Fachleute, durch Beamte im Hauptamie ausgeübt werden. Auch muß angeordnet werden, daß der Winzer und Händler ein Kellerlagerbuch führt über Ein, und Ausgang der Weine. Die Furcht, das Geschäftsgeheimnis würde verletzt, ist unbegründet. Auch stehen den Beamten für Fesisetzung der Einkommensteuer die Geschäftsbücher offen. Verletzungen des Geheimnisses sind mir nicht bekannt geworden. Die Kosten der verbesserten Kontrolle darf man nicht scheuen. Wir geben nach dem Gewerbeetat für Gewerbe⸗ inspektoren 2c. jährlich 866 009 M aus. Wird die Kontrolle scharf geführt, so bringen die verhängten Strafen schon einen Teil der Kosten auf. Der Staat hat ein großes Interesse daran, daß seine Winzer steuerkräftig bleiben. Das können sie nur, wenn die unredliche Fabrikation von Wein gehemmt wird. Als ich als Redner bei, der Beratung des Weingesetzes ein Verbot der Weinpanscherei verlangte, wurde von einem Vertreter des Bundes rats geantwortet; Wir wollen der Wissenschaft nicht die Hände binden.“ Sartorius hat gezeigt, welche Wissenschaft durch die sonder⸗ bare Haltung des Bundesrats gefördert worden ist. Der Minister hat behauptet, die Angaben, die ich über Verschuldung des länd- lichen Grundbesitzes im Regierungsbezirk Trier gemacht habe, seien durch die statistischen Erhebungen als unrichtig en, , worden. Mit Unrecht; denn die Anfertiger der Statistik konnten nicht

ohne hohen Wert, und man datf nicht auf dieselbe Maßregeln stützen,

die Gunsten des Ostens und zum Nachteil des Westens ausfallen würden.

Abg. Leppelmann (Sentr.): Der Minister hat das Bedürfniz der Prüfung der Statistik selbst zugegeben. Der Minister hat sicher— lich den besten Willen, die Verkehrswege auf dem Lande zu verbessern aber es kommt auch der Finanzminister in Frage. Der Redner bitte ferner um Befürwortung der Anlegung neuer Ladestellen auf den kleineren . Ferner sei die Landesmelioration äußerst wichtig; der Staat solle namentlich den e ef ben, Beihilfen gewaͤhren. Der Verkehr mit Milch müsse durch werden. .

Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Podbielski:

Meine Herren! Die letzten Herren Redner haben sich der Haupt⸗ sache nach mit zwei Fragen beschäftigt; die erste Frage bezog sich auf die Kontrolle des Weins, die zweite Frage bezog sich auf die Kontrolle der Milch. Meine Herren, ich möchte mir hier im Anschluß an meine vorjährigen Ausführungen erlauben, darauf hinzuweisen, daß beide Materien in erster Linie dem Herrn Kultusminister unterstehen. Es handelt sich um die Frage der Kontrolle von Nahrungsmitteln. Also ich bin in beiden Fragen nur teilweise zuständig, bin aber gerne bereit, und erkläre das hier vor dem hohen Hause, vielleicht die Be⸗ handlung dieser Frage beim Kultugsetat dadurch abkürzen zu können, daß ich den Herrn Kultusminister eingehend von den Auffassungen, die die einzelnen Herren Redner hier im Hause und, wie ich annehme, unter Zustimmung der Majorität des Hauses dargelegt haben, be— nachrichtigt. So sehr ich den Wunsch des Herrn Abg. Engelsmann verstehe, der da meinte, die ganze Materie müsse dem Landwirtschaftz⸗ minister unterstellt werden, so etwidere ich darauf: ich kann unmöglich in die Ressortverhältnisse, die sich naturgemäß entwickelt haben, eingreifen.

Meine Herren, ich erkenne namentlich dankbar an, daß der Herr Abg. Dasbach sich der kleineren Winzer angenommen hat, die ohne Zweifel unter diesen Verhäͤltnissen am schwersten leiden; denn auf denjenigen, der sich weniger wehren kann, drücken die Ver—⸗ hältnisse viel intensiver als auf denjenigen, der doch schließlich Mittel und Wege findet, sich zu helfen.

Meine Herren, es unterliegt keinem Zweisel, daß der Prozeß Sartorius und im weiteren auch die ganze Temperenzlerbewegung über ihre Berechtigung will ich mich hier nicht auslassen (Heiterkeit) auf die kleineren Weine preisdrückend wirkt. Ich bin wirklich davon überzeugt, daß der Absatz viel mehr stodcktt, als wir glauben.

Meine Herren, bezüglich der Frage der Kellerkontrolle kann ich nur sagen, ich würde mich sehr freuen, wenn man eine schärfere Keller⸗ kontrolle einführte, weil es namentlich auch für das Ausland von Bedeutung ist, wenn die großen Weinbesitzer und überhaupt der ganze Weinbau sagen können: seht, bei uns in Preußen ist eine so sorg⸗ fältige Kellerüberwachung, daß nichts passieren kann. Das ist zweifellos für unser Absatzgebiet von großer Bedeutung, aber es ist doch immer eine sehr schwierige Angelegenheit, und ebenso wenig wie ich als Landwirtschaftsminister dafür verantwortlich gemacht werden kann, wenn Wasser in die Milch gegossen werden wird, ebenso wenig

olizeiverordnung geregelt

kann ich es verhindern, daß jemand Wasser als Wein deklariert und

in seinen Keller bringt. Das kann bei der besten Buchrevision nicht verhindert werden. Ich bin aber gern berit, im Interesse des Wein⸗ baues die Bestrebungen zu unterstützen, welche die Herren Das bach und Engelsmann hier erwähnt baben, d. h. auf eine strengere Keller⸗

kontrolle und Anstellung von besoldeten Beamten hinzuwirken, damit

eine objektive und durchsichtige Prüfung nach jeder Richtung hin vor⸗ genommen werden kann.

In bezug auf die Milchfrage, die gestern schon erörtert und beute wieder berührt worden ist, möchte ich auf meine gestrigen Aus führungen hinweisen, die ja in Summa schon in allen polttischen Zeitungen, soweit ich gesehen habe, wiedergegeben worden sind. Meine Herren, es handelt sich jetzt darum, die Grundvrinzipien für die Kon—⸗ trolle des Milchhandels festzustellen, und dann kommt die Ausgestaltung der örtlichen Polizeiverordnung, bei deren Erlaß die zuständigen Organe naturgemäß gehört werden müssen. Bei der Aufstellung der Grund⸗ prinzipien sind, wie ich gestern schon sagte, zunächst die Oberpräsidenten gehört worden; es werden aber auch die Landwirtschafte kammern darüber befragt werden, ob sie noch irgendwelche Vorschläge für die erwähnten Grundlagen zu machen haben; denn der Kultusminister und auch der Landwirtschaftsminister haben den dringenden Wunsch, Ordnung in diese schwierigen Materien zu bringen.

Zum Schluß noch ein kurzes Wort! Der Herr Abg. Dasbach er— wähnte die hier vorliegenden, eben herausgekommenen beiden Bände für unsere Verschuldungsstatistik. Meine Herren, ist habe in der Kom⸗ mission schon gesagt, daß sich meine Bemerkungen auf landwirt— schaftliche Betriebe im Haupterwerb, die den Betreffenden und seine Familie ernähren, beziehen, und zweitens, daß die Statistik nur die Betriebe mit einem Katastralreinertrag von 20 Talern, also von 60 41, behandelt. Die kleinen Betriebe, die unstreitig in der Eifel in den kleinen Orten vorhanden und deren Verhältnisse traurige sind, sind bei dieser Statistik ausgeschieden. Meine Herren, das trägt doch dazu bei, das Bild etwas zu verändern. Ich verdenke es dem Herrn Abg. Dasbach gar nicht, wenn er sagt, er kenne die Eifel ganz genau, und es seien dort viele verschuldete kleine Leute, die in dieser Statistil nicht mit enthalten seien. Weiter, meine Herren, möchte ich aber darauf hinweisen und ich glaube, viele von Ihnen werden es mir bestätigen —, daß niemand mit der Preisgabe seiner Geldverhältnisse vorsichtiger ist als unser Bauer; solange er es nur verschweigen kann, verschweigt er es absolut und läßt niemand in selne Hypotheken⸗ verhältnisse hineinsehen. Es ist oft schon die Frage aufgetaucht, ob die Landschaften nicht den kleinen Grundbesitzern billigere Hypotheken geben könnten. Der Bauer läßt sich hierauf aber nur ungern ein, weil ein Dritter auf seinen Hof kommt, und er dann denkt, daß damit sein Ansehen und sein Kredit erschüttert wird. (Sehr richtig) So liegt es, und infolgedessen werden wir bei der Statistik über diese Besitzungen auf Irrtümer stoßen, weil der Mann nicht richtig deklariert, sondern oft lieber höhere Zinsen zahlt, als daß er zugibt: ich habe Schulden. (Sehr richtig) Das sind doch auch Momente, die ich hier anführen möchte.

(Schluß in der Dritten Beilage.)

M 22.

(Schluß aus der Zweiten Beilage.)

Meine Herren! Es ist ja auch, soweit mir bekannt, der erste Teil der Arbeiten des Statistischen Landekamts nech gar nicht in den Händen der Herren; ich glaube, dem Herkn Präsidenten sind die Sachen schon zugegangen, aber sie sind wohl noch nicht verteilt. Jedenfalls werden die Herren die Bände bekommen und vielleicht wird während der Zeit, wo die Sitzungen ausgesetzt werden, sich mancher der Herren daransetzen diese Aibeiten durchzusehen. Es ist der Wunsch des Hauses gewesen, daß Licht in die Sache hineinkommt. Jetzt ist ein wenn auch nicht erschöpfendes Material geschaffen, welches die erste Grundlage zu einer gründlichen Beurteilung unserer ländlichen Verhältnisse abgeben kann. Mit diesem Wunsch, den ich schon in der Kommission mir auszusprechen erlaubte und den ich hier wiederhele, übergebe ich dem hohen Hause die Statistik, damit wir auch den Herren, die den ländlichen Verhältnissen ferner stehen, ein Material an die Hand geben, auf Grund dessen sie ruhig und objektiv ihr Urteil über die Verschuldung des Grundbesitzes fällen können.

Nun sagte der Abg. Dasbach: Hier sollen Gesetze aufgebaut werden. Meine Herren, nichts liegt mir zur Zeit ferner als das. Ich habe mich wegen der Zulassung einer Verschuldungsgrenze bereits geäußert und durch die Statistik zuerst die Materie vor weiteren Er—⸗ wägungen klären wollen, wie das die Herren im Hause gewünscht haben. Diese Klärung zu erreichen, war die Aufgabe der Arbeit, die wir mit dem Statistischen Landesamt geleistet und Ihnen vorgelegt haben. (Bravo! rechts.)

Abg. Freiberr von Wolff⸗Metternich Gentr.) macht darauf aufmerksam, daß einer Weinsteuer verfassungsmäßige Be⸗ denken entgegenständen, und spricht die Hoffnung aus, daß der Minister seinen Einfluß im Bundesrat gegen eine Weinsteuer geltend

machen werde.

Abg. Dr. Dah lem (Zentr.): Von der vom Abg. Dasbach vertretenen Buchkontrolle verspreche ich mir gar nichts, denn diese wird einfach dadurch hinfällig gemacht, daß die Fälscher sich Wasser in Fässern kommen lassen und als Weine deklarieren. Dagegen muß die RKeller⸗ kontrolle eingeführt werden. In Preußen steht sie bisher nur auf dem Papier. Der Absatz des natürlichen Produkts wird durch eine strenge Kontrolle gerade erleichtert werden. Am besten räumten wir mit dem Weingesttz ganz auf. Da das aber nicht möglich ist, müssen wir eine Revision vornehmen, damit nicht wieder Prozesse wie der gegen Sartorius notwendig sind, in welchem es sich um einen Wasser⸗ zusatz bis zu Zis osg handelte. Ferner möchte ich den Minister darauf aufmerksam machen, daß bei den künftigen Strombauten im Rhein auf die Fischzucht Rücksicht genommen werden muß. Die Rhein⸗Strombauverwaltung hat bei den Korrektionen bisher keinerlei Rücksicht darauf genommen. . .

Damit schließt die Debatte. Der Titel des Ministergehalts wird hewilligt. . . Bei den Ausgaben für die General kom missionen

r, ;

Berichterstatter Abg. von Arnim, daß der Minister in der Kom⸗ mission einen Gesetzentwurf über eine neue kommissionen für die nächste Session in Aussicht gestellt habe.

Abg. Reck (kons) bringt zur Sprache, daß der Domänenzins in der Provinz Ostpreußen noch nicht abgelöst ist, und bittet die König⸗ liche Staatsregierung, ein Gesetz vorbereiten zu lassen, nach dem es den unbemittelten bäuerlichen Besitzern ermöglicht wird, diesen Zins durch eine Amortisationsrente abzulösen.

Abg. Wallenborn (Zentr.) empfiehlt eine Besserstellung der Spezial kommissare. ö

Abg. Stack mann (kons.) tritt für eine Besserstellung der General kommisstonssekretäre ein und trägt eine Beschwerde der landwirt⸗ schaftlich ausgebil deten Spezialkommissare vor, die in der Besetzung der Stellen sich gegen die Juristen zurückgesetzt fühlen.

Abg. Mar x (Zentr.) schließt sich den Wünschen einer Besserstellung der Spezialkommissare an und wünscht eine größere Berücksichtigung der Wünsce der Bevölkerung bei der Zusammenlegung von Grund stücken auf dem Hunsrück. In seiner richterlichen Tätigkeit habe er viele Klagen darüber vernommen, daß die Art der Zusammenlegungen den Unwillen der Bevölkerung errege.

Abg Kirsch (Zentr.) bittet um Vermehrung der Spezialkommissare und der Hilssarbeiter für das Rheinland.

Abg. von Pappenheim (kons) erkennt den berechtigten Kern dieser Klagen an. Nachdem aber von der Regierung bereits im vorigen Jahre eine durchgreifende Neuregelung dieser Behörden zu⸗ gesagt sei, bitte er, die Wünsche hier vor dem Lande nicht so zuzuspitzen, sondern möglichst durch direkte Anregungen im Ministerium zur Besserung beitragen zu helfen.

Der Titel wirb angenommen.

Bei den Ausgaben für die landwirtschaft— lichen Lehranstalten befindet sich im Etat bei den Mitteln zu wissenschaftlichen und Lehrzwecken (725 000 (, d. h. 65 G00 e mehr als im Vorjahre) der Vermerk, bei der Verwendung dieser Mittel werde grundsätzlich daran festgehalten, daß zur Unterhaltung und Unterstützung des niederen landwirtschaftlichen Schulwesens die Provinzialverbände gesetzlich verpflichtet seien, der eingestellte Betrag solle ferner grundsätzlich nur zur Unterstützung neu zu errichtender An⸗ stalten unter entsprechender Beteiligung der Provinzen Ver⸗ wendung finden, während an den bisherigen Leistungen der Provinzen für die bestehenden Schulen nichts geändert werde.

Die Budgetkommisston, Berichterstatter Abg. von Arnim (kons), beantragt hierzu, daß bei Verwendung dieser Mittel von den dabei w einschränkenden Grundsätzen abgesehen werden möchte.

Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbiels kki:

Meine Herren! Der Herr Referent hat besonders eingehend über einen Punkt, nämlich über die Position 16 dieses Kapitels gesprochen. Ich habe berelts im vorigen Jahre die Ehre gehabt, dem hohen Dause gegenüber meine Stellung klarzulegen, für wie notwendig ich es im Interesse des mittleren Standes unserer Landwirtschaft, des Bauernstandes, halte, für ihn nach dieser Richtung hin mehr zu tun als bizher, damit die Leute besser vorgebildet ihr Gewerbe betreiben können. (Sehr richtig) Ich habe dabei ausgeführt, wie ich gerade Wert darauf lege, daß Winterschulen eingerichtet werden, damit des Bauern Sohn, nachdem er die praktischen Handgriffe in der väter—⸗ lichen Wirtschaft gelernt hat, auf diesen Winterschulen eine gewisse theoretische Vorbildung erhält. Ich glaube, unsere höheren landwirt⸗ schaftlichen Schulen können diefer Aufgabe lange nicht in

Dritte Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 25. Januar

rganisation der General⸗

dem nötigen Maße gerecht werden, weil die Söhne auf zwei Jahre von der väterlichen Scholle entfernt unterrichtet werden sollen. Infolgedessen kann der Besuch dieser Anstalten, auch der mittleren Schulen, wenn ich sie so nennen darf, nicht in dem genügenden Maße unserer bäuerlichen Bevölkerung zugute kommen. Denn der Vater ist im großen und ganzen nicht in der Lage, den Sohn so lange zu missen; er ist nicht in der Lage, auf Jahre hinaus die notwendigen Aufwendungen für ihn zu machen; dagegen kann er den Sohn wohl ein oder zwei Winter auf eine solche Winterschule schicken. Ich bin daher der Meinung, diese Winterschulen müßten bei uns eine Aus dehnung erfahren, daß sie gewissermaßen Zentren in den einzelnen Bezirken sind, wohin im Winter die Bauernsöhne per Rad kommen und wo möglich am Abend wieder auf den heimatlichen Hof zurück⸗ kehren können, so daß sie dadurch den Anschluß an die Familie be—⸗ halten und auf der anderen Seite doch in der Lage sind, sich wissen⸗ schaftlich fortzubilden.

Diese Winterschulen sollen des weiteren dazu dienen, daß der be⸗ treffende Leiter oder nennen wir ihn Direktor —, der die Söhne ausbildet, auch in Beziehungen zu den jetzigen Besitzern, die vielleicht diesen Unterricht nicht haben genießen können, kommt. Der Lehrer wird, wenn er ein vernünftiger, tüchtiger Landwirt ist, auf diese Weise sehr bald der gute Berater dieses Bauern werden. (Sehr richtig! rechts) Ich freue mich, auch nach dieser Richtung bei Ihnen Zustimmung zu finden. Ich glaube, wer ruhig unsere landwirtschaftlichen Verhältnisse verfolgt, muß zugeben, daß das der Hebel ist, den wir ansetzen müssen, damit wir neben der praktischen Erfahrung auch eine gewisse Summe von Wissenschaft in die Betriebe hineinbringen.

Ich möchte aber ausdrücklich hervorheben es ist im Lande sehr oft noch die Meinung verbreitet, daß unsere ländlichen Fort⸗ bildungsschulen landwirtschaftliche Schulen seien sollen —, meine Herren, das sollen sie nie und nimmermehr sein. Die ländlichen Fortbildungsschulen haben nur den Zweck, den Wissenskreis der jungen Leute etwas zu vermehren, gewissermaßen ihren Gesichtskreis ein wenig zu erweitern und damit die Möglichkeit zu schaffen, daß einerseits das Material, welches später einmal die Winterschulen besucht, in gewisser Weise vorbereitet wird, und andererseits diejenigen Elemente, die

doch nicht fähig sind, solchem Unterrichte nachher mit Erfolg zu

folgen, frühzeitig dies erkennen und nicht erst die Winterschulen besuchen. Denn die Herren werden mir zugeben müssen, daß ein mangelhaft vorbereiteter Schüler in einer solchen Winterschule auf den Unterricht hemmend wirkt. Deshalb möchte ich hervorheben, daß auf diese Winterschulen immer nur solche Elemente kommen sollten, die durch die Fortbildungsschule ihres Heimatsortes genügend vor⸗ gebildet sind. (Sehr richtig Dieses Programm, welches ich im vorigen Jahre hier im hohen Hause erörtert und heute wiederholt habe, hat, wie ich gesehen habe, im Hohen Hause und auch in der Budgetkommission allseitige Zustimmung gefunden, und ich glaube, es muß nach dieser Richtung hin die Richtschnur für unser Vor— gehen sein.

Ich habe mich sehr gefreut, daß auch in der Budgetkommission bei der Beratung über Tit. 16 die Frage von verschiedenen Herren an— geregt worden ist, ob diejenigen Provinzen, die auf diesem Gebiete schon viel geleistet haben, noch weiter durch Unterstützungen aus diesem Fonds gefördert werden sollten. Ich kann nur sagen, ich bin für diese Anregungen dankbar und gebe heute dazu gern folgende Erklärung:

Die Bemerkung in den Erläuterungen zu den Mehrforderungen bei der Verstärkung des sogenannten wissenschaftlichen Fonds um 65 000 M, wonach diese Verstärkung nur zur Unterstützung neu zu errichtender Anstalten in denjenigen Teilen der Monarchie dienen soll, in welchen die Entwicklung des niederen landwirtschaftlichen Unterrichtswesens wegen geringer Leistungszfähigkeit der kommunalen Verbände zurückgeblieben ist, hindert die landwirtschaftliche Ver⸗ waltung durchaus nicht, aus den übrigen Mitteln des Gesamtfonds

die Herren wissen ja, es sind 660 000 M bis jetzt gewesen auch die Neuerrichtungen von Anstalten in den übrigen Provinzen wie bisher da zu unterstützen, wo das Bedürfnis hierfür nach gewiesen ist.

(Bravo!)

Die landwirtschaftliche Verwaltung wird demgemäß auch verfahren. Ich glaube, damit sind alle Zweifel und Sorgen, die vielleicht bei einzelnen Herren Abgeordneten entstanden sind, beseitigt. (Bravo!)

Abg. Jo hanssen lfreikons.) bemerkt, daß die Wahl des Ortes für das Institut für Binnenfischerei am Mäggelsee bei Friedrichshagen nur mit der Nähe der landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin be—⸗ gründet werden könne. Der Müggelsee an sich sei dafür ungeeignet. Es empfehle sich vielmehr die Errichtung eines solchen Instituts in Plön, wo viele Landseen seien, und die Nähe der Universität Kiel in Betracht komme, die Dozenten von europäischem Ruf habe. Hoffent⸗ lich enthalte der nächste Etat auch ein solches Institut in Plön.

Abg. Kindler (fr. Vollsp] spricht sich en,. für die Er⸗ richtung mehrerer solcher Institute aus. Die Fischerei müͤsse reichlich mit Staatsmitteln unterstützt werden; an den landwirtschaftlichen , müsse auch Unterricht über Fischereiangelegenheiten erteilt werden.

Abg. Hirt ckons.): Das landwirtschaftliche Schulwesen ist in steter Entwicklung begriffen, namentlich haben sich die Winterschulen be währt. Wir wünschen allen Bauernsöhnen die nötige technische Aus—⸗ bildung. Ich begrüße es mit Freuden, daß der Minister die staat⸗ liche Förderung aller Zweige des landwirtschaftlichen Unterrichts— wesens in . tellt. Wir dürfen die Jugend, die aus der Volks⸗ schule kommt, nicht völlig sich selbst überlassen, sondern müssen sie in die Fortbildungsschule schicken. Allerdings sollen die Fortbildungs⸗ schulen auf dem Lande nicht landwirtschaftliche Schulen sein. Das Ideal wäre daß wir in jedem Kreise eine Winterschule hätten, damit die Söhne sämtlicher Landwirte die Schule erreichen können, aber von der Erreichung dieses Zieles sind wir noch sehr weit entfernt. n meiner Heimatprobinz sind wir dabei, immer mehr Winterschulen zu pachten, aber wir haben es erst auf acht Schulen bringen können. Vor allem müssen wir dafür sorgen, daß die jungen Landwirte sich die nötige fachliche Ausbildung aneignen können. Neben den Fort⸗ bifdu ee hl müssen fachliche Fortbildungskurse stattfinden, die des

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Abends durch Wanderlehrer gegeben werden können. Die landwirt⸗ schaftlichen Kammern können dies in die Wege leiten, wenn Wander⸗ lehrer zur Verfügung gestellt werden. Die landwirtschaftlichen Vereine müssen nach einem festen Plan arbeiten, die Jugend muß nach der Volksschule weiter fortgebildet werden und dann eine fach⸗ liche Ausbildung erhalten. Dazu gehören ferner auch die Haus⸗

haltungsschulen. . . Abg. Dr. Lotichius (ul.): Nach dem neuen Gesetz können in

der Provinz Pess cg fan die . obli e ü gemacht werden. Es ift davon aber noch nicht genügend Gebrau gemacht worden. Eine Anzabl von Gemeinden steht auch nicht günstig genug da. Es sollte zunächst mit der obligatorischen Schule in HessenNassau ein Versuch gemacht werden. Wo die Schulen bestehen, haben sie segensreiche Erfolge aufzuweisen. Im Etat für Handel und Gewerbe sind für gewerbliche Fortbildungs⸗ schulen 2 Mill. Mark ausgeworfen; demgemäß sollten auch in den nächsten landwirtschaftlichen Etat größere Mittel für die ländlichen Fortbildungsschulen eingestellt werden. ;

Abg. Dr. Dahlem wünscht gleichfalls speziell für Hessen⸗Nassau eine Erhöhung der Fonds für ländliche Fortbildungsschulen und bittet ferner den Minister, den dortigen Obstzüchtern, die unter schlechter . zu leiden hätten, im inn Frühjahr zinslose Darlehen zu ewähren.

. Abg. Hum ann (Zentr.) tritt für die Förderung der ländlichen Fortbildungsschulen ein, die jeder Landwirtssohn besuchen könne, a n en die Zeit zum Besuch einer landwirtschaftlichen Lehr anstalt fehle.

Abg. Dr. Glatt felter (Zentr.) wünscht nähere Mitteilungen keen, Zahl der Winterschulen und Vermehrung der Zuschüsse für ieselben.

Abg. Reck (kons.) bittet insbesondere für die Provinz Ostpreußen, der dortigen Landwirtschaftskammer und den landwirtschaftlichen Vereinen Mittel zur Verfügung zu stellen, mit denen das landwirt⸗ schaftliche Schulwesen einer gedeihlichen Entwicklung entgegengeführt werden könnte. .

Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski:

Sowelt ich es zu übersehen vermag, meine Herren, haben alle die Herren, die sich zu diesem Etat zum Worte gemeldet haben, jetzt ge⸗ sprochen, und ich glaube das Ergebnis der Besprechung dahin zu⸗ sammenfassen zu dürfen, daß die Ausführungen sich wesentlich um zwei Fragen gedreht haben; das eine war die Frage Plön contra Müggelsee wenn ich sie so nennen darf (Heiterkeit) und die zweite Frage, die immer wieder noch anklang, war die Frage unseres ländlichen, oder richtiger gesagt landwirtschaftlichen, Unterrichtswesen.

Was nun die erste Frage anlangt, so tritt eine Erscheinung, die wir bereits in der Budgetkommission erlebt haben, auch hier im hohen Hause zutage: in dem Momente, wo es der Regierung notwendig erscheint, an einer Hochschule eine Professur und mit ihr in Zusammenhang eine Anstalt für Fischerei und Fischzucht zu errichten, glaubt jeder im Lande ver⸗ pflichtet zu sein, für seinen Landesteil auch eine solche Professur und eine solche Anstalt erstreben zu müssen. (Heiterkeit) Meine Herren, ich glaube, daß es völlig genügt, wenn wir zunächst einmal eine An- stalt an einer Stelle errichten, und zwar an einer Stelle, die, nach meiner Ansicht einerseits hervorragend günstig liegend und den Be⸗ suchern der Hochschulen sowohl wie den Fischereiinteressenten ermög⸗ licht, in nächster Nähe die Sache zu sehen und zu studieren, und die andererseits aber auch den Professor in die Lage setzt, mir und meinem Ministerium als direkter Berater zu dienen und mir im direkten Ver kehr die Erfahrungen darzulegen, die da gewonnen werden. Ich meine, das ist für den, der die Verhältnisse beobachtet, so durchschlagend, daß man doch unmöglich daran denken kann, an einer anderen Stelle, zu nächst wenigstens, die gleiche Einrichtung zu treffen.

Meine Herren, ich erkenne mit dem Herrn Abg. Kindler voll ständig die hohe Bedeutung der Fischerei und Fischzucht für die Ernährung der Bevölkerung an. Wir haben schon in einer Reihe von Provinzen Fischereiinstitute, die die landwirtschaftliche Verwaltung unterstützt, und ich erkläre mich gern bereit, nach den mir gewordenen Anregungen ich glaube, Herr Dr. Dahlem ist es gewesen, der für Nassau die Sache anregte diese Anstalten weiter zu unterstäützen, welche lokal wirken sollen und da natürlich ganz anders ausgestaltet werden müssen als eine Professur mit den Einrichtungen, wie sie hier in Aussicht genommen sind, die für die Praxis wirken, in erster Linie aber alle in Betracht kommenden wissenschaftlichen Fragen zu klaͤren hat. Jene Anstalten mit mehr provinziellem Interesse verdienen auch unterstützt zu werden; ich muß dabei aber die Bedingung stellen ich kann das Einzelne hier nicht so übersehen daß Träger der Anstalten die Landwirtschaftskammern sein müssen, wie dies z. B. in Schlesien der Fall ist, wo jetzt von der Landwirtschaftskammer die Anstalt in Trachenberg übernommen ist, wobei staatlicher⸗ seits eine fortlaufende Unterstützung zugesagt ist. Aehnlich würde es z. B. auch in Nassau zu machen sein, denn, meine Herren, Sie können unmöglich verlangen, daß die land⸗ wirtschaftliche Zentralverwaltung von hier aus jedes dieser Institute leitet, das würde eine Aufgabe sein, der, glaube ich, niemand gewachsen ist. Wenn die Landwirtschaftskammern nach Maßgabe des bestehenden Bedürfnisses die Sache in die Hand nehmen, so dürfen sie überzeugt sein, daß meinerseits bereitwillige Unterstützung erfolgen wird. Ich glaube damit eine gewisse Klärung der Verhältnisse herbeigeführt zu haben.

Meine Herren, weiter möchte ich in betreff des Schulwesens dem einen Herrn Abgeordneten gegenüber, der sagte: „Wir haben keine Denkschrift bekommen!“ hervorheben: im vorigen Jahre wurde die Denkschrift für 1904 vorgelegt, gegen Ende Februar wird sie all—⸗ jährlich fertig, und ich hoffe, bis Mitte Februar wird die Denkschrift über unser landwirtschaftliches Schulwesen jedem der Herren Ab- geordneten zugehen, damit die Herren eine Uebersicht bekommen, wie die Verhältnisse liegen. Ich kann mich, da ich das Material noch nicht zur Verfügung habe, nur auf das Material von 1804 und auf die Erfahrungen stützen, die man mit dem Gesetz über das Fort- bildungsschulwesen in Hessen ⸗Nassau, welches speziell der Herr Abg. Lotichius berührt hat, gemacht hat. Da zeigt es sich, meine Herren, daß im Regierungsbenirk Cassel von 67 Schulen 57 obligatorisch ge⸗ worden sind, dagegen in Wiesbaden von 131 nur 78. Also das ist der Beweis, daß die Sache dort doch noch nicht den Fortgang ge funden hat, den man vielleicht erwartete; denn gerade von dort aus