1906 / 31 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Feb 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Vorlesungen an der Königlich preußischen Forstakademie Hann.“ Münden im Sommerhalbjahr 1906.

AWberforstmeister Weise: Ertragsregelung einschl. Statik, forst⸗ . Sir igen Weise und Forstassessor Japi b erforstmeister Weise un orstassessor aping: Uebungen in der forstlichen Statik. . ; Forstmeister Sellheim: er e mg , Exkursionen. iich ö Dr. Jentsch: Forstschutz, Nationalökonomie, forst⸗ iche ursionen. Forstmeister Michgelis: Waldwertberechnung, preußisches . Durchführung eines Taxationsbeispiels, forstliche ixkursionen. Forstassessor Japing: 8 in die Forstwissenschaft. hrofessor Dr. Büsgen; Syskematische Botanik, botanisches 1 Botanik der tropischen und subtropischen Wälder, botanische ih , und Uebungen. rofessor Dr. Heym ons: Zoologie (wirbellose Tiere), zoologische Uebungen und Erkursionen. Professor Dr. Couneler;: Anorganische Chemie, Mineralogie, geognostische Uebungen und Exkursionen. Professor Dr. Hornberger: Bodenkunde, bodenkundliche Ex— kursionen und Uebungen. . Professor Dr. Baule: Geodäsie, Planzeichnen, Vermessungs— instruktion, geodätische Uebungen und Exkursionen. Professor Dr. von Hipp el: Strafrecht.

«Anmel dungen sind womöglich bis zum 1. April an den Unter zeichneten zu richten und zwar unter Beifügung der Zeugnisse über Schulbildung, forstliche Vorbereitung, Führung sowie eines Nach- weises über die erforderlichen Mittel und unter Angabe des Militär- verhältnisses.

Weitere Auskunft wird brieflich erteilt. Hann.Münden, den 2. Februar 1906. Der Direktor der Forstakademie.

Weise.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preuß en. Berlin, 5. Februar.

Seine Majestät der Kaiser und König konferierten

heute im hiesigen Königlichen Schlosse mit dem Reichskanzler ürsten von Bülow und hörten den Vortrag des Chefs des ivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats Dr. von Lucanus.

In dem soeben im Verlage der hiesigen Königlichen Hof⸗ buchhandlung und Hofbuchdruckerei von E. S. Mittler u. Sohn erschienenen, vom Auswärtigen Amt herausgegebenen „Ver⸗ zeichnis der Kaiserlich deutschen Konsulate für 1906“ wird auch diesmal im Interesse des Publikums darauf hin⸗ gewiesen, daß es sich empfiehlt, Schreiben, in denen die amt⸗ liche Tätigkeit einer Konfularbehörde des Reichs in Anspruch

enommen wird, an das betreffende Konsulara mt die Adresse in lateinischer Schrift: Deutsches (General- Vice) Konsulat und nicht an die Person des Stelleninhabers zu richten.

Die Nichtbeachtung dieses Hinweises kann zur Folge haben, daß Schreiben mit persönlicher Adresse, die einem aus dem Amt ausgeschiedenen oder beurlaubten Konsul nachgesandt 6 erst eine verspätete oder überhaupt keine Erledigung

nden.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Fürstlich schaumburg⸗ lippische Staatsminister Freiherr von Feilitzsch ist in Berlin angekommen.

Laut Meldung des W. T. B.“ ist S. M. S. „Tiger“ am 2. Februar in Nanking eingetroffen.

S. M. Torpedoboote „Ta ku“ und „S 90“ sind vor⸗ gestern in Schanghai eingetroffen und gehen morgen von dort nach Tschingkiang (am Yangtse) ab.

Württemberg.

Die Regierung hat, „W. T. B.“ zufolge, den Ständen eine Novelle zum Bergzgesetze vorgelegt, welche die seit 1874 bestehende Bergfreiheit aufhebt und das Schürfen nach Salz und Solquellen ausschließlich dem Staate vorbehält.

Deutsche Kolonien.

Aus Deutsch⸗Südwestafrika wird, „W. T. B.“ zu⸗ folge, amtlich gemeldet:

An Typhus sind gestorben; Reiter Karl Klump, geboren am 4 1. 1881 zu Metzingen, früher im 20. Königlich baverischen Infanterieregiment, zuletzt beim Bezirkskommando in Stockach in Baden, am 27. Januar in der Krankensammelstelle zu Koes und Ge⸗ freiter Ernst Völkner, geboren am 28. 1. 1882 zu Jeseritz, früher im Kulmer Infanterieregiment Nr. 141, am 29. Januar in Stjosondu.

Oefsterreich⸗Ungarn.

Wie die „Neue Freie Presse“ meldet, bildete die von dem Grafen Andrassy überbrachte Antwort der Koalition eines Rats

vorgestern den Gegenstand der Verhandlung der gemeinsamen Minister unter Vorfitz des Kaisers. In der Antwort war, dem „Budapesti Hirlap“ zufolge, u. a.

ur Bedingung der Uebernahme der Kabinettsbildung gemacht,

der Handelsvertrag mit dem Deutschen Reiche als ein mit

Ungarn gesondert geschlossener Vertrag ratifiziert und vom Ab⸗ Reichs la gs und des Sau es der Aber hn Eten finden

geordnetenhause genehmigt werde. Ferner war die Bedingung

gestellt, daß einerseits keine militärischen Reformen eingeführt, andererseits keine Erhöhung der militärischen Bewilligung ge⸗ fordert werden, die Entscheidung dieser Fragen vielmehr dem neuen, auf Grund des neuen Wahlgesetzes gewählten Abgeordnetenhaus

vorbehalten bleiben soll. Außerdem wurde verlangt, daß eine selbständige Notenbank errichtet werde und daß die vom Kabinett

Fejervary abgesetzten Beamten wieder in ihre Stellungen ein⸗

esetzt werden. Diese Bedingungen hat der Kaiser, der 2 ungarischen Ministerpräsidenten Baron Fejervary und den Grafen Andrassy gestern in Audienz empfing, abgelehnt.

Eine gestern in Triest abgehaltene sozialdemokratische Versammlung nahm „W. T. B.“ zufolge eine Resolution u Gunsten des allgemeinen direkten, gleichen und geheimen Kahl nh an. Nach der Versammlung durchzogen die Teil⸗ nehmer demonstrierend die Straßen.

. Frankreich. .

Gegen die ,. die anläßlich der n . aufnahme innerhalb und außerhalb der Kirchen Kund⸗ gebungen veranstaltet haben, ist von den zuständigen Zucht⸗ polizeigerichten auf leichte Haftstrafen erkannt worden. Wie das „W. T. B.“ ferner meldet, hat der Pfarrer der Clotildenkirche in Paris an den dortigen Kardinalerzbischof ein Schreiben , in dem er . . dieser Kirche wie als eneralvikar der Pariser Diözese feine Entlassung gibt, weil trotz seines ausdrücklichen Verbots eine Anzahl seiner Pfarr⸗ angehörigen enn Widerstand gegen die Inventarauf⸗ . geleistel und so bas 3 und die Würde der Kirche unb der Geistlichkeit aufs schwerste verletzt hätte. Die hervor—= ann, katholischen Persoͤnlichkeiten der Sprengel St. Germain und St. Sulpice richteten an die betreffenden Pfarrer Schreiben, in denen sie erklären, daß sie jeden weiteren Beitrag . diese Kirchen verweigern, weil die Pfarrer sich bemüht hätten, eine gewaltsame Kundgebung zu verhindern. Vorgestern ging die Inventaraufnahme in den Pariser Kirchen St. Sevrin, St. Paul, Notre Dame de la Gare und St. Anne im Stadtteil Maison Blanche ohne Störung vor sich, dagegen fanden in der Kathedrale zu Rouen heftige Demonstrationen statt, die sich auch gegen den Erzbischof Fucet

richteten. Nuszland.

Nach einer Meldung der „St. Petersburger . agentur hat der dortige Stadthauptmann das Verbot der politischen und wirtschaftlichen Vereinigungen auf⸗ gehoben. Sie sollen in Zukunft unter den im Reglement vom 25. Oktober angeführten Bedingungen erlaubt sein.

Unter dem . des Fürsten Goölitzin ist gestern in Mos kau ein Klub der Unabhängigen gegründet worden, der alle politischen Parteien vereinigi, die fich um volks⸗ freundliche Kandidaten sammeln.

Helsingforser Blätter enthalten einen Entwurf für die neue finnische Volksvertretung. Nach diesem soll der Landtag aus einer Kammer mit wahrscheinlich 200 Mitgliedern bestehen. Die Mitglieder des Landtags sollen auf drei Jahre gewählt werden. Für die Wahlen sellen außer den im Wahl— 6 en , . noch folgende Regeln gelten:

ahlberechtigt sind alle finnlschen Bürger, sowohl Männer als

auch Frauen, die über 21 Jahre alt sind. Von der Wahl ausge⸗ schlossen sind 2 9 16 die sich nicht im Besitz der n

bürgerlichen Rechte en. Wählbar sind alle Personen mit 25 Jahren, in Ausnahmefällen mit vollendetem 24 Jahre. Ein Abgeordneter kann nur in dem Wahlkreis gewählt werden, zu dem er gehört. Strenge Maßnahmen werden gegen Wahl⸗ beeinflussung getroffen. Die Landtagsmitglieder erhalten 1400 M Diäten jährlich. Während der laufenden Periode ge— wählte Abgeordnete erhalten, wenn sie mindestens 90 Tage Abgeordnete waren, 5 MM täglich. Wie die genannte Telegraphenagentur ferner meldet, drangen vorgestern mehrere Bewaffneie in das Krankenhaus u Libagu ein, verwundeten die Wachen, schleppten einen ann fort, der am Tage vorher schwerverletzt auf der Straße gefunden worden war, und warfen ihn ins Meer, n, aus Furcht, daß er Anzeige gegen sie erstatten würde. . 6

Spanien.

In der vorgestrigen Sitzung der Marokko-Konferenz wurde der Entwurf der marokkanischen Delegierten, betreffend die Erhöhung der Zölle auf die Wareneinfuhr, im allgemeinen geprüft. Die Konferenz beschloß, nach dem vom „W. T. B.“ verbreiteten amtlichen Bericht, den Redaktions⸗ ausschuß mit der Untersuchung zu betrauen, ünter welchen Bedingungen ein leichter Zuschlag unter der Form von Zuschlagshundertsteln pi den einzelnen Zöllen eingefuuͤhrt werden könnte. Diese Zölle, deren Ertrag einer noch zu bestimmenden Kontrolle zu unterwerfen wäre, würden ausschließlich zur Ver— besserung der Hafeneinrichtungen zu dienen haben. Der Redaktionsausschuß ist außerdem beauftragt, einen Plan aus⸗ zuarbeiten, erstens betreffend die Herabsetzung der Ausfuhrzölle auf gewisse Waren, zweitens betreffend den Handel mit Tabak aller Sorten, für den Marokko das Monopol einzuführen wünscht, drittens betreffend die Ausdehnung der Zollerhebung bei der Viehausfuhr, die gegenwärtig auf eine bestimmte Stückzahl beschränkt und nur von dem Hafen von Tanger aus ge— stattet ist. Die Konferenz begann sodann die Beratung der Frage, welche Verbesserung an der Wahr— nehmung des Zolldienstes selbst eingeführt werden könnte, und namentlich an der gegenwärtig von den Zoll⸗ beamten . Art, die Höhe der zu erhebenden Zollsätze bei den verschiedenen Warengattungen zu bestimmen. Darüber soll ein Entwurf ausgearbeitet und in einer der nächsten Sitzungen der Konferenz unterbreitet werden.

Türkei.

Nach einer Meldung des „Wiener Telegr⸗Korrespondenz— bureaus“ hat die Pforte an die eig , Regierung eine Note gerichtet, die eine Verständigung über das Fallenlassen der bulgarisch⸗serbischen Zollunion und über die eigenen gegenseitigen Zollschwierig⸗ keiten herbeizuführen sucht. . Die türkisch-persische Handelskon vention ist nach einer Depesche des Wiener Telegr⸗Korrespondenzbureaus“ vorgestern unterzeichnet worden. Wegen einer Postkonvention wird unterhandelt.

Parlamentarische Nachrichten. Die Schlußberichte über die vorgestrigen Sitzungen des

sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

W Die heutige (365 Sitzung des Reichstags, welcher der Staatsminister, Staatssekretär des Innern Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner beiwohnte, wurde vom Prä⸗ sidenten Grafen von Ballestrem um 1 Uhr 20 Minuten eröffnet.

Eingegangen war eine Interpellation der Sozial⸗ demokraten, betreffend den am 10. Juli 1965 auf der

eche Borussia“ bei Dortmund stattgehabten chachthrand, durch den 39 Bergleute ums Leben ge— kommen sind.

Ein schleuniger Antrag Schrader und Gen. wegen Ein⸗ stellung des beim Landgericht zu Cassel gegen den Abg. Potthof wegen Beleidigung schwebenden Strafverfahrens für die Dauer der gegenwärtigen Session wurde ohne Debatte genehmigt.

Das Haus setzte darauf die Beratung des Spezial— etats für das Reichsamt des Innern fort und na die an den ersten Ausgabetitel Gehalt des Staatssekretarz ho O00 M geknüpfte allgemeine Besprechung wieder auf.

Abg. von Kardorff (Rp.): Ich hatte nicht die Absicht, über, haupt das Wort zu ergreifen, nur die Ausführungen des Abg. . veranlassen mich dazu, um nicht in den Verdacht zu kommen: Qui tacet (onsentirs videtur. Einverstanden bin ich mit ihm in seiner Philippika gegen die Sozialdemokratie und das geradezu blödsinnige Schreien der sozialdemokratischen Preffe nach Revolution auch mit seinen Ausführungen über den Terrorismus der Soꝛial. demokratie in den Krankenkassen. Mit seinen posittren Vor⸗ schlägen dagegen kann ich mich zu meinem Bedauern nicht einverstanden erklären. Beiüglich der Ausdehnung der sozialen Fürsorge bin ich doch der Meinung det Grafen bon Posadowgly, der es bedenklich fand, wenn unfer ganzes Volk hierdurch eine Einbuße seiner Energie erleiden würde. Wir sollten weniger daran denken, die soziale Gesetzgebung weiter auszudehnen, als uns mit ihrer Revision zu beschäftigen So, hat z. B. die Zuerkennung der Invalidenrente bei einer Be. schränkung der Erwerdsfähigleit um nur 0 oso ihre sehr großen Bedenken. Es müßten genaue Ermittelungen darüber stattfinden, wie diefe Be—= stimmung gewirkt hat. Der Abg. Wagner hat im Abgeordnetenhause auf

die finanziellen Ergebnisse dieser Bestimmung bereits aufmerksam ge⸗

macht. Ein weiterer Vorschlag, der von verschiedenen Seiten gemacht worden ist, bezieht sich auf die Erteilung der . an die Beruf vereine. Ich bedaure, diesem Vorschlage mich nicht anschließen zu. können. Ein großer Teil der Berufgvereine ist in soꝛial demokratische Hände. übergegangen, und der Gegensatz und sozialdemokratischen Berufsvereinen wird immer schwächer. Neulich wurde von elner Vereinigung von Gewerkschaftsbeamten ein Verein fel de zum Zwecke der gegenseitigen Unterftützung, und der erste Beschluß war, daß nur Sozialdemokraten beitreten können. Wenn wir nun diesem Verein Rechtsfaͤhigkeit erteilen, so würde die Bewegung, wie sie sich jetzt volliieht, noch bedeutend verstärkt werden. Was wir bis jetzt von den christlichen Gewerkschaften erlebt haben, be den Wahlen und den Streiks, hat den Beweis geliefert, daß sie immer mit der Sozialdemokratie gegangen find. Im Ruhrrevier waren die christlichen Gewerkschaften viel schlimmer wie die sozial. demokratischen, und Geheimrat Kirdorff hat offen ausgesprochen, er wolle lieber mit den sosialdemokratischen zu tun haben als mit den christlichen. Gewerkschaften. Es hat also seine großen Be— denken, hier etwas zu ändern. Ich fürchte, die Sonal—⸗ demokratie würde die Erteilung der Rechtsfähigkeit genau ebenso ausschlachten für ihre Zwecke, wie sie es mit anderen Infit= tutionen, z. B. mit der Erleichterung des Wahlverfahren getan hat. In England ist man auch so unvorsichtig vorgegangen, daß eine große Anzahl englischer Industrien den Wettbewerb mit Len gleichen In. dustrien der übrigen Mächte nicht mehr aushalten konnten und ge— zwungen waren, ihre Betriebe zu schließen. England hat aber in allen folchen Fragen den Porteil, daß es Kolonien besitzt, die ein für die weiße Rasse erträgliches Klima haben. Die notwendige Abwanderung englischer Industrlearbeiter und die Redultion der englischen Land= wirtschaft findet vollständig Ersatz in der immer weiteren Ausdehnung des englischen Seehandels. Einen solchen Prozeß, wie er bei ung in Deuischland auch bis zu einem gewissen Umfange besteht, noch zu beschleunigen, halte ich für , bedenklich. Vor Allem ist es falsch, mit dem Begriff des Klaffenstaats zu operieren. Ich kenne einen Klassenstaat nicht. (Zuruf des Abg. Sin ger) Gewiß, aber sie sind zum großen Teile aus dem Arbeiterstande hervorgegangen. Auch mit dem Eintritt in höhere soziale Klassen ist es so. Wie viele sind zu den höchsten Staatsstellungen gekommen, die ganz niederen sozialen Schichten entstammen! Ich wünsche auch nicht, daß ein Klassenstaat konstraiert wird zum Nußen und Frommen der Sozialdemokratie. Ich glaube also, daß die ver. bündeten Regierungen es sich drei und viermal überlegen müffen, ebe ie die Vorschläge dem Reichstage in Gesetzesform bringen, die der bg. Mugdan gemacht hat.

Abg. Erzberger (Zentr.): Der Staatssekretär hat eine Reihe don Zusagen gemacht, die meine politischen Freunde befriedigen könnten. Dazu gehört in erster Linie die Zusage, daß wir noch in dieser Seffion die Vorlage wegen der Rechtsfähigkeit der Berufsvereine bekommen sollen. ir steben da auf einem dem Abg. von Kardorff ganz entgegengesetzten Standpunkt; wir versteben nicht, warum man den Arbeitern vorenthält, was allen anderen Ständen längst gewährleistet ist. Die Befürchtung des Abg. von Kardorff können wir wirklich nicht teilen, auch das englische Beispiel, das er anführt, besitzt für uns keine Zugkraft; wir meinen im Gegenteil, daß beim beutigen Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt nur die Nation den Sieg davon. ö kann, die eine erstklassige Arbeiterschaft besitzt. Sehr bedauern müssen wir auch den Autspruch des Vorredners, daß die christlichen Gewerkschaften nech schlimmer seien als die sozialdemokratischen. Die Gründung der christlichen Gewerkschaften hat gerade eine große Reibe von Industriellen der Ausrede beraubt, daß die Forderungen der Gewerkschaften durchweg und unterschi⸗dslos sozialdemokratisch seien. Die christlichen Gewerkschaften beweisen durch ihre bloße Existenz, daß die von ibnen erhobenen Forderungen nicht sozsal—= demokratisch, sondern Forderungen der Arbeiterschaft als solcher, Forderungen des Arbeiterstandes sind; und daß es auf diesem Gebiete eine große Reihe von Forderungen gibt, die ihrer Erfüllung noch harren, wird vielleicht auch der Abg. von Kardorff zugeben.

(Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (17) Sitzung, welcher der Minister des Innern Dr. von Bethmann-Hollweg beiwohnte, die zwelte Beratung des Staatshaushaltsetats für das Etatsjahr 19056 bei dem Etat des Ministeriums des Innern fort.

Die Einnahmen, über die Abg. von Pappenheim (kons.) berichtet, werden ohne Debatte genehmigt.

Auf Antrag des Abg. Freiherrn von Zedlitz und Neukirch reikons) wird darauf vor der bei dem Titel der Ausgaben , . des Ministers“ üblichen allgemeinen Dis⸗ kussion der im April v. J. geflellte sogenannte Wohlfahrts⸗ antrag des Abg. Grafen Douglas (reikons) besprochen.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch: Die Verhand— lungen des vorigen Jahres haben uns zu mehrfachen ernsten Bedenken Veranlassung gegeben, und deshalb bringen wir die Sache auch in diesem Jahre bei diesem Etat zur Sprache. Um den Bedenken Rechnung zu tragen, habe ich den Antrag eingebracht, die Staatsregierung zu ersuchen, die Bescklußfassung uber den Beschluß des Haufes der Abgeordneten vöm 6 Avril 1905. betreffend Schaffung eines Volkswohlfahrtsamts, durch Beratung in einer Fommission von Sachverständigen, in die insbesondere auch in der Wohlfahrtspflege ef s bewährte Männer ju berufen sein würden, vorbereiten ju assen.

Abg. Schiffer (nl): Meine . stimmen dem Antrag von Zedliß zu. Auch wir sind der Meinung, daß etwas Praktisches und Duichgreiendes geschehen muß, um der bestebenden Zersplitterung der Wohlfahrtspflege wirksam entaegenzutreten. Wir wollten aber nicht gebunden sein an die Form, in welcher der Antrag Douglas der Staatsiegierung vorgeschlagen war. In der Kommisston selbst waren verschiedene Richtur gen vorhanden, und einer meiner Freunde bat dort seine Wänsche nur zurückgestellt, damit ein einmütig zustande kommender Beschluß einen um so stärkeren Eindruck auf die Deffentlichkeit mache. Wir sind nun der Meinung, daß die Sache jetzt noch sehr viel gründlicher und kontra⸗ diktorischer behandelt werden muß als früher. Dazu ist das Plenum nicht der geeignete Ort, und deshalb unterftützen wir den Antrag von 'n, die Sache in einer Kommission gründlich ju prüfen. Jezenfalls darf keine buregukratische Zentralinstan; geschaffen werden. Die sonalpolitischen Bestrebungen müssen frei von Ein⸗

zwischen christlichen

itigkeit und unter Zusammenfassung der freien Kräfte im Vollsleben 466 Dienst der Wohlfahrtspflege gestellt werden,

Abg. Henning (kons.): Ich bin dafür, den Antrag der Budget lommisston zu überwelsen, die die von dem Abg. von Zedlitz geäußerten Bedenken zerstreuen und die Sache aufklären kann. Die Schwierig. seiten sind um so größer, als wir uns in einer politisch und fosial aufgeregten Zeit befinden. So sympathisch uns auch der Antrag . sst, so können wir doch nicht glauben, daß bei der Ungewißheit und Unsicherheit der Verhältnisse und gegenüber den verschiendentlichen Bestrebungen auf diesem Gebiete für bie Wohlfahrtspflege etwas Ersprießliches daraus entstehen könnte. Bei den berschiedenartigen Bestrebungen z. B. auf dem Gebiete der Frauenbewegung der bürgerlichen und der sozialdemokratischen, sehen wir ung einem Chaos geistiger Bestrebungen 34 das hin und her wogt. Jedenfallg ist die Sache noch nicht so reif, daß wir schon jezt darüber einen Beschluß fassen können. Ich bin deshalb für

ĩ sberatung. . Kömpssecgäefengwertu m (tons) erklärt fich für Uebemweisung

bg. Peltasohn (fr. Vgg.): Auch wir stimmen dem Antrag zu und hoffen, daß durch diese Vorberatung der Weg leichter gefunden werden wird, um etwas wirklich Praktisches und Ersprießliches zu schaffen. Der Antrag Douglas bezweckte ja gerade, dem Stagts⸗ ministerkum eine Unterlage für seine Beschlüͤfse zu geben; dieser An⸗ trag brauchte also nicht nochmals einer Kommission überwiesen zu werden. .

Hierauf nimmt der Minister des Innern Dr. von Beth—

mann⸗Hollweg das Wort. (Schluß des Blattes.)

die Prufung des Antrags von Zedlitz in der Budgetkommission, 36

Statiftik und Volkswirtschaft.

Die Hypothekenbewegung in Preußen 1803.

Seit dem Jahre 1886 ist die buchmäßige Bewegung der Real- schulden in Preußen Gegenstand alljährlicher Ermittlung. Vom 1. April 1886 bis zum 31. März 1804, also in einem Zeit⸗ raume von 18 Jahren, sind in den Städten sowie in den Land⸗ emeinden und Gutsbezirken mit städtischem Wesen, insbesondere abrikorten und Vorortsgemeinden der Großstädte, nach der Stat. Korr.“, insgesamt 30 665,95 Millionen Mark an vpotheken und Grundschulden eingetragen, dagegen 16 042,68 Millionen ark oder 49,61 v. H. der Eintragungen gelöscht worden, sodaß sich eine Zunahme der Buchverschuldung um 156 633,27 Millionen Mark ergibt. In den Gemeinden mit ländlichem Charakter beliefen sich die Eintragungen auf zusammen 13 741,46 Millionen Mark und die Löschungen auf 8951,74 Millionen Mark, d. i. 65,1 v. H. der Ein- tragungen, mithin die Mehrverschuldung auf 4789,72 Millionen Mark.

Im einzelnen betrugen . im die Ein die Löschungen der n, Rechnungs- trugungen zhberhaupt v. H. der Eintragungen

jahre Millionen M Millionen Æ Eintragungen Millionen S a. in den städtischen Bezirken: 190] 2 467,B 1222,09 49, 72 1235,88 1903 ... 2861, 1 1385,18 48,41 1475,93 im Jahres.

durchschnitt 1886 - 19035 . 1 703,66 835.70 49, 0h b. in den ländlichen Bezirken: wee 626, 52 61,41 10e o. 644,88 59, 18 im Jahres—⸗ durchschnitt 18866— 1906. 7563,41 497,32 bö, 14 266,09.

Sowohl in den städtischen wie in den ländlichen Bezirken ist biernach von 1902 auf 1903 der jährliche Ueberschuß der Ein— tragungen über die Löschungen beträchtlich gestiegen, und zwar in ersteren um 194, in letzteren um 3,0 v. H. Insbesondere war im Berichtejahre die Mehrbelastung in den Städten um sieben Zehntel, auf dem platten Lande um etwas über zwei Drittel höher als im Jahresdurchschnitt 1386— 1903. In jedem Jahre seit dem Bestehen der Statistik tritt ein viel größerer Umfang der Syyo⸗ thekenbewegung, namentlich ein weit erbeblicherer Ueberschuß der Ein⸗ tragungen hei den städtischen als bei den ländlichen Bezirken hervor. . Die Ziffern der letzteren gestalten sich naturgemäß schon deshalb viel niedriger, weil auf dem platten Lande nicht in dem 11 wie in den Städten durch Bebauung, Anlage von industriellen Unter⸗ nehmungen usw. neue beleihungsfähige Werte entstehen und in vielen Landesteilen infolge sinkender Rentabilität des Landwirtschaftsbetriebes häufiger ein Rückgang als eine Steigerung der ländlichen Boden⸗ werte in Betracht kommt, während besonders in , . und Industriestädten die Baugründe und Gebäude fast allenthalben an Verkehrswert stark zunehmen. Deshalb erscheint die wachsende Ver⸗ schuldung des Landes auch viel bedenklicher als die der Städte.

Was die einzelnen Landesteile betrifft, so betrug der Ueberschuß der Eintragungen über die Löschungen in den städtischen in den lãndlichen Bezirken

Beirken 6. 6 urch. 199 urch⸗ 18903 schnittfich 152 1903 schitt iich jãhrlich jahrlich 20,42 25,09 31,41 17,20 15425 2605 15,87 1002 165619 161,96 27,27 28,38 22, 13 25, 88 1715 17,19 10 20 17,03 9,8 9,73 6, 90 60,40 39,99 54 64 3542 49,82 28.24 35,41 25,75 30, 50 30,8s1᷑ 36,77? 18,29 48,49 45,42 42.54 27,96 63 07 54.26 63,11 33,67 en- Nassau. 10033 60,37 1407 1807 8,63 Rbemnland . . 291,45 158 37 77,83 91,70 50, 0 dohen zollen. 6135 6023 004 —,21 907 008 im Staate 1235.85 1475,93 867,965 393,75 444. 34 266 10.

Der städtische wie ländliche Ueberschuß der Eintragungen verteilt sich hiernach sehr ungleichmäßig auf, die verschiedenen Landesteile. Die böhste Piehrverschuldung findet sich 1963 wie 1903 und im Jahresdurchschnitt 1856 = 1903 in. Stadigebiete der Provinz Branden burg, wo es sich vorzugsweise um die hypothekarische Belastung von Neubauten, Fabriken und zu Spekulationszwecken angekauften Bau- grundstücken in den Berliner Vororten handelt; eg folgt das Rhein= land und hierauf erst Berlin. Auf dem Lande ist die huchmaßige Mehrbelastung im allgemeinen da am größten, wo auch die Gemeinden Bon noch überwiegend ländlichem Charakter schon stark mit industriellen

nlagen besetzt sind, so vor allem in der Rheinprovinz und Westfalen, neuerdings aber auch in Schlesten. ;

In Stadt wie Land tritt die Mehrverschuldung im Jahresdurch⸗ schnifte 1586 = 18903 fast durchweg hinter dicsenige des Berichtjahres

867, 96;

393,75 444, 84

in der

Provinz 1902

OAstpreußen .. 28, 38 Westpreußen .. 21.42 Hern r gr Brandenburg.. 2388 65

30 56 25.40 215.99 332,90 45,80 3780 10001 49.28 49,26 48,69 147,25

, ö nnober. Westfalen

X

und zwar zumeist recht erheblich zurück. Eine geringfügige Aus nahme macht nur Sachsen, wo, wie übrigens auch in der Provinz Hannover, der städtische Ueberschuß der Eintragungen über die Löschungen 1905 gegen 1902 wesentlich abgenommen hat. Letzteres ist außerdem noch auf dem Lande in Westpreußen, in ge⸗ ringerem Maße auch in Posen und Hannover der Fall. In den Provinzen Westpreußen und Posen sind infolge staatlichen Ankaufs von Grundbesitz bedeutende Hypothekenbeträge zur Löschung gelangt. Verhältnismaßig stark ist neuerdings die ländliche Mehrbelaftung in Hessen⸗Nassau in die Höhe gegangen, nachdem dort die mit umfang reichen Löschungen alter, tatsächlich schon früher abgetragener Hypp— theken verbundene Grundbuchregulierung abgeschlossen worden ist. Aehnlich liegt das Verhältnis in den Landbezirken Hohenzollerns, wo wir für 1903, nicht wieder, wie für das Vorjahr und den Durchschnitt der Jahre 1886 bis 1903, einen Ueberschuß der Löschungen finden.

Zur Arbeiterbewegung.

Der Lohnkampf im Berliner Droschkenfuhrgewerbe (vgl. Nr. 19 d. Bl) ist, wie das B. T. meldet, nunmehr zur Tat sache geworden. Nachdem der Vorsitzende des Vereins Berliner Droschken⸗ führer dem Vorsttzenden des Berliner Gewerbegerichts von Schulz erklärt bat, daß die Vertreter der Kutscher nicht zu der für den morgigen Dienstag einberufenen Sitzung des . erscheinen werden, haben auch die Dros re ,, auf die Teilnahme an der Sitzung verzichtet. Die Kutscher wollen ihre Forderungen nun durch Ver⸗ handlungen auf den einzelnen Fuhrhöfen durchsetzen, die Droschken⸗ besitzer haben sich aber verpflichtet, nur die Löhne des vorjährigen Tarifs zu zahlen. Jeder Teilausstand soll durch die Aussperrung sämtlicher Kutscher beantwortet werden. .

Aus Triest wird dem W. T. B.“ gemeldet, daß sämtliche Heizer der dort ankernden Dampfer des Oesterreichischen Lloyd (ogl. Nr. 30 d. Bl.) sowie der von ihm gecharterten Dampfer am Sonnabend von Boid gegangen sind, sodaß die einzelnen Dampfer nicht abgehen konnten. Auch die Matrosen traten an die Direktion mit der Forderung einer Lohnerhöhung um 25 , und verschiedener dienstlicher Erleichterungen heran. Der Generaldirektor antwortete den , . daß die Ge⸗ sellschaft über die den Heizern versprochene Aufbesserung, die auch für die Matrosen beabsichtigt sei, nicht hinausgehen und sie nur dann die Zusicherung aufrechterhalten könne, wenn alle Angestellten sofort die Arbeit wieder aufnähmen; andernfalls müßte sich die e wee. als nicht mehr gebunden erachten. Aus Wien wird ferner gemeldet, daß die Heijer, Matrosen und Steuer— leute der vereinigten österreichischen Dampfschiffahrts⸗ gesellschaft sowie der Triester Reederfirmen beschlossen haben, dieselben Lohnforderungen wie die Angestellten des Lloyd aufzustellen und für den Fall, daß diese abgelehnt werden sollten, in den Ausstand einzutreten. ; .

Ein Ausstand der Seidenweber in Voiron nimmt, einem Telegramm des ‚W. T. B.“ aus Grenoble zufolge, einen bedrohlichen Umfang an.

Kunst und Wissenschaft.

A. F. In der Gesellschaft für Erdkunde sprach am Sonnabend Dr. Hermann Burchardt über eine von August 1904 bis März 1905 ausgeführte Reise von Basra am unteren Euphrat bis Maskat. In großen Zügen nahm die Reise folgenden Verlauf: Den Schatt el Arab im Segelschiff abwärts fahrend, gelangte Dr. Burchardt zunächst nach dem volkreichen Hafenplatz Kueit;, von wo er nach längerem Aufenthalt wochenlang längs der Westküste des Persischen Meerbusens füdwärts segelte und mehrere kleinere Häfen aufsuchte. Von El KRetif aus ging der Reisende mit einer Karawane südwestwärtz in das Innere, dann aber scharf nach Osten, um zunächst in Andsheir wieder ans Meer ju gelangen, dann aber, die gleiche Richtung weiter . die große Halbinsel Katar zu durchqueren, die sich in einer Breite von etwa 70 km nordnordöstlich bis auf 160 km in den Persischen Meerbusen hinein erstreckt. An einem kleinen Hafen der 35 dieser Halbinsel angelangt, hestieg Dr. Burchardt nach kurzer Rast am Lande wiederum ein Segelschiff, in der Absicht, diesmal die frühere Küstenschiffahrt mit einer Fahrt guer über den Meerbusen hinweg zu vertauschen und erst an der gegenüberliegenden, südlich der Katar⸗ Halbinsel nach Nordost umbiegenden Küste in Abu Thubi wieder an Land zu gehen. An diesem Ort wurde ein langer Aufenthalt gemacht und dann die Reise, wiederum zu Schfff, entlang der Piratenküste, nach Shardsheh fortgesetzt. Einem kurzen Verweilen in diesem Hafen folgte die letzte, sehr langwierige Seereise, entlang der hier besonders felsigen und hohen Steilküste, zuerst in nordöstlicher, dann nach Passieren des Engpasses der Straße nach Ormus, somit bereits in den Gewässern des Golfes von Oman, in südlicher und südöstlicher Richtung bis nach dem zwischen schwarzen Felsen eingebetteten Hafen von Maskat, dem heißesten Ort auf der Erde. Auf dieser ausgedehnten Reise hat Herr Dr. Burchardt seinen photo- graphischen Apparat in Tätigkeit erhalten und sich damit in den Stand gesetzt, seinen Zuhörern Anschauungen von Land und Leuten zu verschaffen, die im Verein mit einer lebhaften Schilderung . faltiger und interessanter Reiseerlebnisse die Aufmerksamkeit des Audi⸗ toriums 16 Stunde lang gefesselt hielten. Mit den bisherigen An—= schauungen über diesen Tell Ostarabiens muß nach diesen Zeugnissen in Bild und Ytede gebrochen werden. Aug allen besuchten Häfen und Ortschaften gewann man den Eindruck lebhafter Tätigkeit giner zahlreichen Volks- menge, sei es in der schwunghaft betriebenen Perlmutterfischerei, der Sortierung und Verpackung des kostbaren Materials, sei es im Fisch⸗ fang und Fischhandel oder in der Gewinnung, Sicherung und der Ausfuhr der für diese Gegend unschätzbaren, außerhalb als beste ,. unter allen anderen Provenienzen anerkannten Datteln. Auch andschaftlich zeigte das Innere Ostarabiens unerwartete Reize und stellenweise eine Fruchtbarkeit des Bodens, die über rascht. Die subtropische Vegetation erreicht, namentlich auf einer herilichen Oase, die nach langem, beschwerlichem und durstigem Ritt durch eine Steinwüste gekreuzt wurde, sowie auf der oben näher bezeichneten ,, die man zu Kameel durchquerte, eine kaum zu übertreffende Ueppi felt, und eine Sandstein⸗ region zeigte Felsformallonen von unvergleichlich groteskem Ausseben. Von besonderem Reiz war jene oben r gt . um die gebirgige Halbinsel, die den Persischen Meer 66 von dem Golf von Oman trennt. Hler zeigen sich die Kalkfel sen beispiellos verwittert und benagt, zwischen ihnen aber off nete . von Zelt zu Zeit eine stille, malerische Bucht. Dieser Teil der Käste ist sehr reich mit Ortschaften besetzt, die fast aus, nahmslos eine schöne Lage am I des nahen Gehirget hahen. Auch von den Bewohnern dieser Teile Ostarabiens konnte Dr. Burchardt viele Gruppen · und Einzelphotographien nehmen. Merkwürdig verschleden war die Beurteilung, die das Photozraphieren bei den Eingeborenen fand. Von dem Verdacht, damit Spionage zu Gunsten der „Inglis- zu trelben, wurde der Reisende namentlich da verfolgt, wo er Städte⸗ bilder, Stadtmauern und Hafenbefestigungen aufnahm. Aeußerst ver⸗ schieden war auch die Behandlung durch die Schechg der einzelnen Ortschaften. Eine hervorragend liebenswürdige Aufnahme fand Dr. B. bei dem Schech von Abu Thubi, die fun gits e g te durch den Machthaber im nahen Shardsheh. Die türkischen Offiziere in den verschiedenen Garnisonen erschienen als Gentlemen, obgleich die Kenntnis curopäischer Sprachen nur höchst selten bei ihnen, zumeist nur bei Milltärärzten, angetroffen wird. Wunderlich berührt selbst bei den höchsten Beamten des Landes ihre geographlsche Unkenntnig. Ob Germany oder Germanistan eine Provinz des türkischen Reichs sei, diese Frage wieverholte sich ebenso wie die Verwunderung darüber, daß der Reisende nicht vorziehe, zu Hause zu bleiben, statt sich den Strayajen und Gefahren der Reise auszusetzen. Im südlichen Küstenteile des Persischen Meerbusens und am Golf von Oman ist die arablsche Bevölkerung stark mit Indern und Versern enn ht. beide Natlonalitäsen meistens handeltrelbend. Die Sklaverei wird von der tärkischen Regierung mit äußerster Strenge

bekämpft und sofort geahndet, sobald Weiße Gegenstand von Kauf und Verkauf sind. Dessenungeachtet werden noch immer Schwarze von Abessinien her heimlich als Sklaven eingeführt und im Innern des, Landes verkauft. Diese Menschen finden sich an⸗ scheinend ziemlich gelassen in ihr Schicksal und haben nur den Ehrgeiz, zu einem möglichst hohen Preise verkauft zu werden. In Maskat, wo die Reise ihr Ziel fand, sind die Reglerungen Groß britanniens, Frankreichs und Amerikas durch Residenten vertreten, eine amerikanische Handelsniederlassung besteht außerdem in Kueit, wo auch ein bedeutendes deutsches Haus sein Domizil hat. Eine Station des euroxpäischindischen Telegraphen ist bisher nur in Maekat. Der Handel längs der Küste des Persischen Meerbusens ist sicher noch der Ausdehnung fähig, sowohl die Ausfuhr der mancherlei Produkte des

interlandes, als die Einfuhr, womit die Ausfuhr zu bezahlen wäre.

ie Münwerhältnisse sind die sonderbarsten von der Welt. Von großen Münzen hat der Maria⸗Theresientaler die meiste Geltung, an kleineren Wertzeichen kursieren zum Teil uralte, kaum als Hein ner anzu⸗ sprechende, z. B. gebogene Kupferdrähte, denen ein Alter von 960 Jahren nachgesagt wird. Die Sicherheit im Lande ist leidlich; doch wird sie im e zum Teil durch Tribut erkauft, den man sich einzelnen Araberstämmen zu leisten entschlossen hat.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Am 14. d. M. blickt die Königliche Landwirtschaftliche Hochschule in Berlin auf ein 25 jähriges Bestehen zurück. Aus diesem Anlaß hat das Lehrerkollegium der Anstalt unter der Redaktion des Geheimen Regierungsrats, Professors Dr. L. Wittmack eine reich illustrierte Festschrift herausgegeben (Berlin, Verlag von Paul Parey. 5 6), der die folgenden Angaben entnommen sind. Durch König⸗ liche Kabinettsorder vom 14. Februar 1381 wurde dem vereinigten Landwirtschaftlichen Lehrinstitut und Museum in Berlin der Name Königliche Landwirtschaftliche Hochschule' beigelegt. Der land⸗ wirtschaftliche Hochschulunterricht in der Mark Brandenburg ist indessen weit älteren Datums. Er ist abgesehen von der Errichtung eines Lehrstuhls für Kameralwissenschaft an der früheren Universität zu Frankfurt a. O. i. J. 1727 an die Errichtung des Landwirtschaft⸗ lichen Unterrichtsinstituts in Möglin i. J. 1806 durch den Staatsrat Albrecht Thaer zu knüpfen. Als i. F. 1810 die Universität in Berlin begründet wurde, stand der Plan für die Schaffung einer um⸗ fassenden alma mater auch mit Lehrstühlen für Landwirtschaft, Forst⸗ wirtschaft, Kameralwissenschaften und Tierarzneikunde im Vorder- grunde. Thaer wurde im selben Jahre zum Professor an der neuen Universität ernannt. Der beabsichtigte Zusammen— hang von Berlin und Möglin hatte aber, vornehmlich wegen der örtlichen Entfernung der Orte, nicht den erwarteten Erfolg, und Thaer leg nach 9 Jahren seine Berliner Professur nieder. Das Institut in öglin erhielt das Prädikat „Königliche Akademische Lehranstalt des Landbaues“. Daneben wurde aber die Vertretung der Landwirtschaft durch eine besondere n n an der Berliner Universität nicht aufgegeben; auch wurde die Verbindung mit Möglin aufrecht erhalten und bestimmt, daß die Studierenden der Staats- wissenschasten an der Universität Gelegenheit haben sollten, in den Herbst ferien in Möglin einen landwirtschaftlichen Lehrkursus durchzumachen. Das blieb, bis auf Anregung des landwirtschaftlichen Zentralvereins für den Regierungsbezirk Fenn, und des Landesökonomiekollegiums zu Anfang der 60er Jahre das Institut in Möglin aufgehoben und der Schwerpunkt des landwirtschaftlichen Unterrichts nach Berlin verlegt wurde. Der Enkel Thagers, Dr. Albrecht Thaer, eröffnete im Winterhalbjahr 1862 / 63 an der Universität die landwirtschaftlichen Fach⸗ vorlesungen, neben ihm wirkten die Professoren Eichhorn und Koch.

Unter besonderer Mitwirkung von L. Wittnack wurde i. J. 1867 das Landwirtschaftliche Museum begründet; es nahm nach Auflösung der Akademien in Eldena und Proskau auch Teile der dortigen Sammlungen auf. Im Jahre 1881 wurde es mit dem landwirtschaftlichen Lehrinstitut unter dem Namen Königliche Land⸗ wirtschaftliche Hochschule vereinigt. ü .

Vie Festschrift bezieht sich wesentlich auf die 25 jährige Ent- wicklung dieser Hochschule, auf ihre Geschichte und Erfolge. Sie bringt anschließend das Wesentlichste aus dem Programm und der all⸗ gemeinen Organisation; sie erhält aber besonderen Wert durch die Aus- führungen der einzelnen Institutionsvorsteher und Dozenten über die verschiedenen Spezialgebiete, die an der Hochschule mit ihren drei Ab⸗ teilungen Landwirtschaft, Geodäsie und Kulturtechnik sowie land⸗ wirtschaftlichtechnische Gewerbe vertreten sind.

Saatenstand und Getreidehandel in Rußland.

Der Kaiserliche Generalkonsul in Odessa berichtet unterm 25. v. M.: Der erste Monat des neuen Jahres zeichnete sich im Süden Rußlands im großen und ganzen durch milde Witterung aus. Auf einen starken Schneefall folgten bald zahlreiche Niederschläge, welche die Schneedecke größtenteils forttauten. Erst in den letzten Tagen ist dann wieder größere, wenn auch nicht erhebliche Kälte ein- getreten. Die Wintersaaten haben sich bei diesem Wetter ausgezeichnet entwickelt. Namentlich in der Krim gibt man sich bezuglich der kommenden Ernte großen Hoffnungen hin. Auch in Bessarabien i man im allgemeinen zufrieden, wenngleich die Saaten dort strichweise infolge nicht rechtzeitiger Beftellun gelitten haben. Im Gouverne⸗ ment Cherson ist der Saatenstand im Durchschnitt gut.

Der Getreidemarkt zeigteẽ im Monat Dezember wenig Leben. Das Geschäft ist still. Einige Ablader im Südwestgebier haben liquidiert und Rußland verlassen. Die zurückgeblieben6n geben nur kleine Unternehmungen ein und beschränken sich auf den Verkauf prompter oder schwimmender Ware. In Weizen zeigte sich sehr leb⸗ hafte Kauflust zu steigenden Preisen. Deutschland war der Haupt- abnehmer, während sich das Geschäft mit England in engen Grenzen bewegte. Auch Roggen war von deutscher Seite sehr begehrt. Der Aufkauf von Gerste hat wieder stark zugenommen, da die alten Be⸗ stände erschöpft sind. Mais fand nur zu wesentlich billigeren Preisen Abnehmer, Leinsaat konnte aber erheblich anziehen.

An Preisen notiert man: Olma, . W 100 Kop.) . . ö Roggen . —92 i ö . J . bordfrei.

i Rapt und Rübsen. ... 173 ö Für Fin een wurde gezahlt bei geringem Angebot und wacher Nachfrage:

s che n . 1,08 Rbl. 1 Kokoskuchen (in Säcken)... 0,88. er en en ; nicht gehandelt Ravisonbauernkuchen . .. 063 Rbl.

Die Vorräte beliefen sich hier am 14. Januar d. J.. in Weizen i ,, mann ' 678 088 48 und jwar Olla. 991 2

6 e Girka ... 8190 Sandomirkan. 3276 Arnautka .... 16 380 verschiedene Arten. 44 182

in Roggen aufn. Mais = Gerste 8 Rr . aps und Rübsen auf. Lelnsamen auf....

das Pud bordfrei.