den Zeltpunkt der Cinführung des zehnstündigen Arbeitstags handeln und um die Bedingungen, unter denen die Einführung erfolgt.
Nun, wie Sie wissen, ist ja diese Frage Gegenstand der Eiörterung auf der internationalen Arbeiterschutz konferenz in Bern gewesen, und man hat sich dort darüber geeinigt, inter national eine elfstündige Nachtruhzeit vorzuschlagen. Daraus würde allerdings folgen, daß immer noch eine drelzehnstündige Arbeitszeit möglich wäre. Da man aber auch in den Ländern, die in dieser Beziehung noch wesentlich größere Anforderungen an die Arbeitskraft der Frauen stellen als wir in Deutschland, den Frauen unter allen Umständen doch auch eine anderthalbstündige Ruhepause am Tage wird gewähren müssen, so wird in diesen meines Erachtens sozialpolitisch nicht sehr fortgeschrittenen Ländern nur eine elfeinhalbstündige Arbeitszeit übrig bleiben.
Belgien, meine Herren, hat gegenwärtig: 1) noch Nachtarbeit für alle Frauen über 21 Jahre. In der Textilindustrie ist sogar, wenn auch nur ausnahmèeweise, einzelnen Betrieben die Beschäftigung von Frauen zwischen 16 und 21 Jahren gestattet worden. Die Zulässig⸗ keit der Nachtarbeit fällt beim Zustandekommen des Vertrages nach Ablauf der darin vorgesehenen Uebergangszeit völlig weg; 2) keine Beschränkung der täglichen Arbeitszeit für Frauen über 21 Jahre. Durch die Einführung der 11 stündigen Nachtruhe wird eine solche Beschränkung auf mindestens 113 Stunden herbei⸗ geführt werden. Italien hat gegenwärtig 1) noch Nachtarbelt für alle volljährigen Frauen. Das Verbot der Frauen n ach t arbeit tritt auf Grund des Gesetzes von 1902 im Jahre 190 in Kraft; 2) eine Beschränkung der Arbeitszeit für über 15 Jahre alte Frauen auf 12 Stunden täglich. Beim Zustandekommen der Berner Kon⸗ vention wird die italienische Industrie nicht mehr länger als etwa 11 Stunden arbeiten können, da nach dem Gesetze von 1902 bei mehr als 11 stündiger Beschäftigung 2 Stunden Pause gewährt werden müfsen. Aus dem Mitgeteilten folgt, daß, wenn jene Verabredung auf der Berner Schutzkonferenz die Ratifikation der zuständigen Regierungen erhalten sollte, was bisher noch nicht der Fall ist, auch in anderen Staaten, dle jetzt in weitergehendem Umfang Frauenarbeit zulassen, die Arbeitszeit nur eine 113 oder 1II stündige werden würde. Dann würde aber unsere Industrie im Verhältnis zu den Zuständen, wie sie jetzt in den anderen Staaten noch bestehen, sich noch immer besser stehen wie gegenwärtig, wenn bei uns die Arbeitszeit auf 10 Stunden er⸗ mäßigt würde. Wie Sie wissen, haben sich auch die süddeutschen Textilindustriellen für eine Ermäßigung der Arbeitszeit der Frauen auf 10 Stunden ausgesprochen.
Ich glaube also, wenn dieses Berner Abkommen ratifiziert wird, wird kein Bedenken mehr bestehen, eine Aenderung der Gewerbe⸗ ordnung, vielleicht mit einigen Uebergangsbestimmungen für einige Jahre, herbeizuführen, eine Aenderung, die als Endziel die Er⸗ mäßigung der Arbeitszeit der Frauen auf 16 Stunden vorsiebt.
Auch die Bauunfälle waren Gegenstand eingehender Er⸗ örterungen, namentlich auch seitens des Herrn Abg. Pauli. Ich muß anerkennen, daß die Berufsgenossenschaften im letzten Jahre bemüht gewesen sind, auf diesem Gebiete die Verhältnisse zu ver⸗ bessern. Es sind jetzt 76 technische Aufsichtsbeamte in den Berufs⸗ genossenschaften tätig, meines Erachtens und auch nach der Auffassung des Reichsversicherungsamtes allerdings noch keine ausreichende Zabl. Die Zahl muß noch wesentlich erhöbt werden, nicht nur im humanitären Interesse, sondern auch im finanziellen Interesse der Mitglieder der Berufsgenossenschaften. Aber den Irrtum möchte ich doch widerlegen, als ob wir jemals eine solche Anzahl von Bauaussichtẽ⸗ beamten anstellen könnten, daß dieselben alle Bauten unmittelbar beaufsichtigten. Das ist vollkommen unausfübrbar. Wie vor kurjem an einer sachverständigen Stelle ausgeführt ist, können diese Bau⸗ aufsichtsbeamten nur den Zweck haben, das Aufsichtspersonal, das auf der Baustelle den Bau leitet, anzuleiten, wie man Bau⸗ unfälle verbütet; es ist da ein sebr treffendes Beispiel hierfür angeführt: auf Bauten sind sehr bäufig die Leitern ziemlich senkrecht übereinander gestellt, auf denen die Ziegel und anderes Material beraufgereicht werden. Wenn nun bon dem obersten Stockwerk ein Materialstück berabfällt, trifft es unter Umständen alle Leute, die unterbalb arbeiten. Es ist also eine wesentliche Vorsichtsmaßregel, die Leitern so anzuftellen, daß ein herabfallendes Werkstück jedenfalls nicht Arbeiter in den übrigen Stockwerken verletzen kann. In dieser Weise also das Personal auf der Baustelle zu belebten, kann nur Aufgabe der Bauaufsichts.˖ beamten sein; aber eine unmittelbare Aussicht auf jedem einzelnen Bau zu führen, meine Herren, das würde vollkommen unaus. fübrbar sein.
Aber auch, wenn man diesem tatsächlichen Gesichtspunkt Rechnung trägt, muß man doch sagen, die Zabl der Bauaufsichts beamten ist noch nicht ausreichend, weil es ja nicht nur auf die Anzabl der Be⸗ triebe ankommt, sondern auch auf die Anjabl der einzelnen Betriebs stellen. Der einzelne Baubetrieb hat sehr häufig eine ganze Anzabl Betriebeftellen. Gin Banuunter· nebmer läßt manchmal an 10, 18, 20 Stellen arbeiten. Das Bedürfnis nach Bauaufsicht ift mitbin viel größer, als es an und für sich aus der Zabl der Betriebe sich ergibt. Ich boffe deshalb, daß die Bauberufegenossenschaften es sich angelegen sein lassen, in ibrem eigensten Interesse die Zabl der technischen Bauaufseber noch wesentlich zu vermebren.
Auch die Frage der Sonntags rube wurde gestreift. Seinerzeit wurde gefordert das unbedingte Verbot der Sonntagsarbeit im Handelsgewerbe, mit Ausnabme des auf drei Stunden ju be⸗ schrãnkenden Verkaufs von Nabrungs ⸗ und Genußmitteln. Ich boffe, daß es möglich sein wird, eine Vereinbarung der Bundes regierungen zunächst daruber berbeizufäbren, daß die Anwendung der beste benden einschrãnkenden Bestimmungen überall gleich mãßiger erfolge als biber.
Was die Sorntagsrube in den Glashütten betrifft, so ist auf Erund der Resolnution des Reichẽtags vom 27. Mär 1805 eine eingebende Er⸗ bebung aber die Senntagerube in solchen Betrieben angestellt. Es ist auch ein Entwurf ausgearbeitet, wonach die Ausnabmebestimmungen fir die Sonntagsarbeit in Glasbütten wesentlich ein geschränkt werden. Dieser Entwurf ist den verbündeten Regierungen vorgelegt worden Ind von ibnen bereits mit Gutachten zurückgekommen; es wird bier · nach über die Ginschrãnkung der Sonntagsarbeit in den Glas bũtten dem Bandes rat eine Vorlage in allernãch fler Zeit jugeben.
Gbense ist seinerrcit von dem Serra Abg. Naden der Dan sch ausgefrrochen worden, die Sonrtaggarbeit in Zinthutten mebr einzuschrãnken ber. eine Ginschrankung der bis jetzt zugela fenen Augnabmen von der Sonrtagernbe bereiste. Be der in An⸗
griff genommenen allgemeinen Revision der hinsichtlich der Sonntags⸗ ruhe vom Bundetrat zugelassenen Ausnahmen wird auch diese An⸗ regung eine eingehende Prüfung erfahren.
Auch die Tarifverträge sind Gegenstand der Erörterung in der letzten Sitzung gewesen. Ich stehe da auf dem Standpunkt, daß Tarisperträge — und das hat auch der Herr Abg. Pault ausdrücklich anerkannt — unter den heutigen Verhältnissen eine sehr näütz⸗ liche Form der Vereinbarung sind und durchaus verdienen, weiter ausgeblldet zu werden; aber eine Voraussetzung liegt dabei vor: daß derartige Tarifverträge auch von beiden Teilen für die verabredete Frist unbedingt gehalten werden. (Sehr richtig! rechts und in der Mitte) Ich glaube, nicht nur die Unternehmer, sondern auch die Arbeiter werden ihren Wünschen wesentlich dienen, wenn sie vertrags⸗ mäßlge Verpflichtungen unbedingt und unter allen Bedingungen inne⸗ halten. (Sehr richtig) Würde dieser Geist allgemein, dann könnten allerdings tarifmäßige Abmachungen für eine bestimmte Zeit außer⸗ ordentlich dam beitragen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichmäßig schädigenden Arbeitskämpfe einzuschrãnken.
Man hat darüber geklagt, daß in der Thronrede nichts gesagt sei über die Mittelstandsfrage. Ich möchte die Herren, die sich hierfür interessieren, doch dringend bitten, die Mittelstandsfrage mehr zu spezialisieren. Eine allgemeine Mittelstandsfrage in dem Sinne gibt es nicht, weil der Mittelstand aus viel zu hetero⸗ genen Elementen besteht: zu ihm gehört meines Erachtens der größte Teil der Privatbeamten (sehr richtig! links), zu ihm gebört der Handwerkerstand, der kleine und mittlere Kaufmannsstand. Aber die Fragen, wo diese Klassen der Schuh drückt, sind innerlich ganz ver schieden. (Sehr richtig! link Man kann von einer Handwerker⸗ frage sprechen, von einer Kaufmannsfrage, von einer Privatbeamten⸗ frage, aber nicht von einer allgemeinen Mittelstandsfrage. Dies ist, wenn Sie überhaupt weiterkommen wollen, eine viel zu allgemein gewãhlte Platt⸗ form, und deshalb konnte auch die Thronrede über eine allgemeine Mittel standsfrage nichts enthalten; das hätte nur eine vollkommen inhalts« lose Betrachtung sein können.
Von vielen Parteien des hohen Hauses ist der Wunsch ausgesprochen worden, den sogenannten kleinen Befähigungs—⸗ nachweis einzuführen. Unter dem kleinen Befãhigungsnach⸗ weis verstebe ich, daß jeder, der Lehrlinge halten will, auch eine Meisterprüfung gemacht haben muß. (Sehr richtig) Man hält diesem kleinen Befähigungs nachweis entgegen, daß es doch eigentlich innerlich abfurd wäre, daß man einem Gewerbe⸗ treibenden, weil er j. B. die Meisterprüfung als Schuhmacher ab⸗ gelegt hat, auch das Recht zugesteben wollte, wenn er nachträglich Tischler wird, nun auch als Tischler Lehrlinge halten zu können. (Zurufe) Solche Einwände kann man freilich überall bringen, um eine Sache zu persiflieren. Aber ich möchte fragen — minima non curat praetor —: wie viel Fälle kommen im Deutschen Reich überhaupt vor, wo ein Handwerker einen anderen Beruf ergreift, wo ein Schuhmacher 1. B. Tischler wird? Wenn diese Fälle vorkommen sollten, so spwielen sie gegenüber der Gesamtfrage des kleinen Befãbigung? nachweises gar keine Rolle. Man führt für diesen kleinen Be⸗ fäbigungs nachweis auch einen sachlichen Grund an neben anderen. Man sagt: der Lehrherr soll den Lehrling auch sittlich, soll ibn zum Geborsam erziehen, zu einem braven Staatsbürger beranbilden. Der jenige Handwerker, der eine Meisterprüfung bestanden bat, der selbst in dieser Beniehung erzogen ist, biete für eine solche moralische Erziehung eine größere Gewäbr als eine Persönlichkeit, die eine solche Schule nicht durchgemacht und eine solche Prüfung nicht be⸗ standen bat. (Sehr richtig) Ich kann selbst zu dieser Frage keine Stellung nebmen, es müßte denn sein, daß ich die vreußischen Stimmen und die Stimmen der verbündeten Regierungen binter mir hätte. Ich will aber bierüber, obne mich irgendwie für die künftige Entscheidung festzulegen, erneut mit dem gegenwärtigen vreußischen Sandelsminister in Verbindung treten. (Bravo)
Die obligatorische Einführung der Gesellenprufung stebt damit in gewissem inneren Zusammenhange, und ich brauche daber darauf jetzt nicht einzugeben.
Es ist auch meines Erachtens mit Recht wieder dringend eine gesetzliche Unterscheidung jwischen den Begriffen Handwerk und Fabrit gefordert worden, um nicht all die Kompetenz ftreitigkeiten weiter dauern zu lassen darüber, ob jemand ju den Innung verbänden oder zur Handelekammer Beiträge zu zablen bat. Diese Forderung — ich muß das bier aussprechen — einer scharfen geseß⸗ lichen Unterscheidung jwischen den Begriffen Handwerk und Fabrik deckt allerdings eine andere Frage. Es gibt Kreise, die damit boffen, den Begriff des Handwerks wesentlich zu erweitern und so der bestebenden Aufsicht der Fabrikgesetzgebung zu entgehen. Eine solche Bestrebung würde ich nicht bereit sein ju unterstützen. (Bravo) Aber soweit diese Forderung auf sinannellem Gebiete liegt, ist sie, glaube ich, um so mehr berechtigt als jetzt ber die Streit ⸗ frage, ob jemand zur Handelskammer Beiträge zu entrichten bat, das Verwaltungestreitverfabren enischeidet, und darũber, ob jemand ju den Innungen Beitrãge zu zablen bat, die böbere Verwaltungs behörde zu entscheiden bat. Irfolgedeffen geben die Entscheidungen bang auseinander. Es wird jwar ein allgemeines, für alle Fälle durchschlagendes Kriterium meines Erachtens wobl nicht ju finden sein. Aber die Frage läßt fich vielleicht dadurch lösen, daß man fũr beide Streitfälle eine einbeitliche Jastarnz schafft, das beißt sowobl für die Handelskammer⸗ wie die Jnnungebeittãge, und daß diese ein ˖ beitliche Inflan von Fall u Fall eine verstãndige Entscheidung nach Lage der Sache fällt. (Sehr richtig! in der Mitte.)
Meine Herren, die Handel ein spektoren, die von einer Anzahl von Herren des Reichetags gefordert werden, find, ie Sie wiffen, dom Bundesrat abgelehnt worden. Ich will zicht versänmen, hierfür die Grunde anzefahren. Zanächst ist der Bundesrat der Ansicht, daß es sebr bedenklich ist, für alle Erwerbe weige eine Art Aufsebertätigkeit einmfübren. (Sehr richtig! ins.) Dir bekommen so eine Maffe von Auffichtẽversenal, daß schließlich neben jedem Deutschen ein Auffeber steben wrß. (Serr richtig) Das gebt nicht, die Verbãltniffe des Handels gewerbes liegen auch nach Auffaffung des Bundesrats ganz anders wie die der JZadastrie., Jn der Jaduastrie daadelt es fich auch am techriscke Fragen (lehr richtig! linke) u Unfallverhütung, um Bean ffichtigung von Maschteen, an sebr gefäbrsiche, ja un ckut gefährliche Betriebe. Allet das liegt doch ia Sandelsstande nicht vor, nud endlich mar es doc wal einen Stand geben, der, wenn wirklich schwere Miß ⸗˖ strde bereder, sich anch selbst feiner Haut webrt und
seine Rechte selbständig wahrnimmt. (Sehr richtig! links.) Man hat, gerade so wie bei den geforderten Weininspektoren, gesagt: wenn die Aufsichtsbeamten nicht die Polizeimütze trügen, würden sie sehr willtommen sein. Ob der Handelsinspektor, der in dem Kontor, dem Bureau, dem Laden des Kaufmann nachforscht, willkommener
sein würde als der Gewerbeinspektor oder der Polizeibeamte, das ist
mir außerordentlich zweifelhaft. Bei den Gewerbeinspektoren macht man bisweilen die Erfahrung: je gewissenhafter, je selbständiger sie ihre Befugnisse wahrnehmen, desto unwillkommener sind sie. (Heiter⸗˖ keit und Sehr richtig!)
Ich habe mich mit den verbündeten Regierungen auch über die Mißstände im Ausverkaufswesen in Verbindung gesetzt. Eine Antwort ist mir noch nicht von allen Regierungen zuge⸗ kommen. Aber ich gewinne immer mehr den Eindruck, daß auf dem Gebiete des Ausverkaufswesens vielleicht doch eine Ver⸗ schärfung der Gesetzgebung notwendig ist (sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberaleny, vor allem in der Frage der Nach- schübe. Ich habe mich der Rechtsauffassung nie anschließen können, daß es notwendig ist, wenn ein Ausverkauf stattfindet, Nachschübe zujulassen, damit die übrigen Waren verkauft werden können. Wer Ausverkauf“ auf seinen Laden schreibt, erweckt im Publikum doch die Vorstellung, daß der vorhandene Bestand ausverkauft wird. (Sehr richtig ) Wenn aber fortgesetzt Nachschübe stattfinden, so ist dad nicht mehr der Ausverkauf eines Bestandes, sondern eines chroni⸗· schen Warenlagers. ;
Also ich bin gern bereit, mit den verbündeten Regierungen der Frage näher ju treten, ob hier nicht eine wesentliche Ver⸗ schärfung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen notwendig ist. Ich muß aber darauf hinweisen, daß, nachdem sich die Polizei und Gerichtsbebörden mit dieser Frage näher vertraut gemacht haben, jetzt den gröbsten Auswüchsen energischer entgegengetreten wird als bisher. Außerdem liegen ja entsprechende Anträge von den Herren Raab, Patzig, Graf Hompesch vor. Der Bundesrat wird also schon dieser⸗ halb Gelegenheit haben, sich mit der Sache näher zu beschäftigen.
Was die Beseitigung des Schmiergelderunwesens anlangt, die auch in der letzten Reichstagssitzung beraten wurde, so möchte ich bitten, bier⸗ auf vorläufig nicht zurückzukommen. (Sehr richtig! bei den National⸗ liberalen In kaufmännischen Kreisen ist man über die gesetzliche Regelung dieser Frage außerordentlich jweifelbaft und noch viel mehr darüber, ob sich diesem Unwesen überbaupt durch die Gesetzgebung beikommen läßt. Ich glaube, das beste Mittel dagegen ist die Ehren⸗ haftigkeit des Kaufmannsstandes selbst, daß man nicht versucht, durch beimliche Geschenke den Angestellten eines Kollegen, eines Konkurrenten von seiner Pflicht abwendig iu machen. (Sehr richtig!)
Es sind dann auch Bestimmungen gefordert worden über den Dienstvertrag der Privatbeamten und über die Regelung ibrer Rechte. verbältnisse. Es sollen also äbnliche Regelungen erfolgen, wie sie zum Teil schon in der Gewerbeordnung, im Sandelsgesetzbuch und im Bürgerlichen Gesetzbuch bestehen. Die Enqueten über die Ver⸗ bältnisse der Privatbeamten sind abgeschlossen, das Material liegt jetzt dem reicht statistischen Amt zur Verarbeitung vor, und ich boffe, daß es möglich sein wird, dem nächsten Reichstag eine eingehende Denkschrift uber diese Enqueten vorzulegen. Dann werden wir ja in der Lage lein. gemelnsam weiter n erörtern. was gesche ken kam. X Die Arbeite eit der Antaltegebilfen ist Gegenstand einer Ver bandlung jwischen mir und dem preußischen Herrn Justizminifter ge⸗ wesen. Ich babe die Stellung des vreußischen Herrn Justizministers den übrigen Bundesregierungen mitgeteilt; aber ich möchte jetzt schon darauf kinweisen, daß auch nach der Auffassung des preußischen Justizministers solche Uebelstãnde hisber nicht festgestellt sind, die ein gesetzliches Einschreiten unbedingt notwendig machen, und wenn ich meine ganz persönliche Auffassung binzufügen darf, so meine ich: sollte etwas gescheben, dann wäre der richtige Platz dafũt die An waltgt ordnung.
Der Hert Abg. Trimborn bat auch befürwortet, daß die Beihilfe, die dem internationalen Arbeitsamt in Basel gewäbrt wird, ven 00d auf 10 000 Æ erbäbt wird. Das ist nicht nötig; denn mebr als 8oo0 6 Beitrag ist weder gefordert, noch ist ein böberer Beitrag nötig. Die Kosten, die das Arbeitsamt verursacht, sind vollkommen gedeckt.
Ich möchte noch bejüglich der Handwerkerenquete bemerken: die Fragebogen sind jetzt eingegangen, aber das Material über die Organisation des Handwerks ist ein so unge heueres daß wahr · scheinlich ein, vielleicht zwei Jabre für das Statistische Amt notwendig sein werden, um dieses Material zu bearbeiten. Sie dürfen also eine Derkschrift über das Material vor jwei Jahren unter keinen Um⸗ stãnden erwarten.
Der Herr Abg. Fischer bat erklärt, es gäbe nicht einen Sonial⸗ demekraten, der nicht jeden sonlalen Fortschritt mit Freuden begrũße. Ich babe mich über diefe Aeußerung gefreut; aber ich beffe, die Herten werden daraus eine Lehre ziehen: daß man erstens auch auf sozialem Gebiete nicht alles, was man wünsckt, was vielleickt auch nützlich ist, auf einmal erreichen kann, sondern daß der Gesetzgeber weise daran tut, Schritt vor Schritt vorzugehen, und daß man auch kleine Fortschritte unterstũtzen muß, am überbaurt fortjuschreiten. (Sehr richtig rechts und in der Mitte.)
Gs ist auch darauf bingewiesen worden, daß freisprechende Erkenntrisse in Fragen des Arbeiterschutzts ergangen wären det⸗ balb, weil Lebrlinge und Gesellen freiwillig über die geset⸗ Lich zugelassene Arbeite eit gearbeitet hätten. Meine Herren, diese Rechtsauffaff ung balte ich far vollkommen irrig. Die Aibeiterschutz⸗ bestimmungen sind öffentliches Recht, die durch einen vrivaten! Pakt richt geändert werden dürfen. Ben alle eine bestimmte Rabejeit vorgeschrieben ist, so därfen die Arbeiter während dieser Zeit nicht beschäftigt werden, auch wenn sie es freiwillig tun wollen. Wern wir uns darauf einlafsen wollten, solche freiwilligen Vereinbarungen als von der Strafe befreiend zum lafsen, dann wärde allerdinge die ganze Arheiterschutzeesetzcsebung wm großen Teil luasorisch werden. (Sehr richtig! rechts und in der Mitte)
¶ Schluß in der Zweiten Beilage)
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichsanzeiget und Königlich Preußischen Staatsanzeiger,
M 31.
(Schluß aus der Erften Beilage)
Es sind bier auch eine Reibe von Beschwerden vorgebracht worden über die Arbeiterverbältnisse in den Reichswerkstätten, der Reiche druckerei, den Eisenbabnwerkstãtten, in den Werkstätten der Marine und auch im Kanalamt. Was die Beschwerden über die Gisenbabnwerkftãtten, über die Marine werkflãtten und über die Reichs ˖ druderei betrifft, so muß ich dringend bitten, diese Beschwerden bei den betreffenden Etats vositionen vorjutragen. Ich glaube, meine Herren, daß das Reñsort des Reichsamts des Innern schon weit genug ist (sebr richtig) als da ich den Ehrgeiz baben könnte, mich noch in fremde Ver⸗ waltungen einzumischen. Aber eine Frage betrifft meine Verwaltung.
Der Herr Abg. Fischer bat gesagt, die Lohne bei der Kanalverwal · tung würden nur alle vier Wochen bezahlt, obgleich, wenn ich ibn ricktig verstanden babe, die Arbeiter um acht oder um vierjehntãgige Löbnung gebeten bätten. Ich babe sofort telegraphisch das Ver hältnis feststellen lassen. Hiernach ist die Behauptung eine irrige, daz die Akkordarbeiter um eine kũrzere Lobnfrist gebeten bãtten. Richtig aber ist, daß die Akkordlöhne nur alle vier Wochen festgestellt und ausgejablt werden. Ich würde aber sehr gern bereit sein, die Hand dajun zu bieten, wenn die Arbeiter bei der Kanal⸗ derraltung den Wunsch baben, ibre Löbne öfter gejahlt zu erbalten.
Im übrigen muß ich bemerken, daß die im festen Monatslohn stebenden Arbeiter, das sogenannte Kanalarbeiterkorps, ihren Lobn monatlich vostnumerando bekemmen, daß aber die in Tagelobn stebenden Arbeiter wöchentlich ihren Lobn ausgezahlt erhalten. Es würde sich also nur um die Akkordarbeiter bandeln, und da bin ich, wie gesagt, gern bereit, dabin entgegen jukommen, daß eine 14 tãgige Lobnjablung eingefübrt wird.
Ich glaube, damit alle Fragen berührt zu baben, die bisher von den Herren Vorrednern angeschnitten worden sind. Im übrigen werden Sie daraus erseben, daß die soꝛialxolitische Arbeit nicht rubt, sendern daß wir im Reichsamt des Innern eifrig bemüht sind, die Forderungen, die bier von der Mehrbeit des Hauses gestellt werden, in den möglichen Grenzen zu erfüllen. Aber ich muß das bobe Haus bitten, bei der ungeheuren Arbeitelast, die mir jetzt gerade mit der Verein beitlichung der großen Versicherungegesetzgebung obliegt, einige Geduld zu baben. (Bravo!)
Abg. Dr. Mugdan (fr. Vellep): Im allgemeinen kann man mit der Wirksamkeit unserer Invaliden versicherung zufrieden sein, zu tedeln ist aber, daß zablreiche Landes versicherungtanstalten im letzten Jabie febr stark in der Richtung der Wiederentiehung der Renten tig gewesen find. In der Unfallversicherung sollte die Zusammen⸗ stellung der Jahresergebnisse zeitiger kewikt werden. Ueber den S 8 des Gewerbe. Unfallversicherungẽge setzes, durch den tatsãchlich gegen der Bille des Geletzgcbers viele Krantenkassen geschädigt werden, follte der Staalesekretãr eine autbentische Erklärung abgeben. Sd es mögsich ist, die Mißftãnde, die sich ergeben haben, durch eine authentische Interpretation der verbündeten Regierungen aus der Welt ju schaffen, weiß ich nicht. jedenfalls kann nicht geleugnet werden, daß — nicht nach dem Willen des Gesetzgebers — die Krankenkassen auf Grund dieses Paragraphen oft . werden. Die Unfälle baben entschieden jzugenemmen. Man kann nicht aus⸗ schließlich die Arbeitgeber dafür verantwortlich machen. Ich glaube, ein zufes Mittel, die Arbeitnehmer sowohl wie die Arbeit- geber zu noch größerer Vorsicht und zur Vermeidung von Unfällen zu trneben, ist die Ausstellung in Charlottenburg. Die verbũndeten Regierungen könnten sich ein großes Verdienst erwerben, wenn sie öfter solche Auestellungen vperanstalteten, denn die praktische Anschauung ist das Fefe Mittel. Die Söbne und, die Beitrã ze der Arbeitgeber für die Versicherungen der ÄAckeiter sind ebenfalls sebr boch gestiegen. Die Löbne baben bon 15805 bis 1802 von 850 bis 1180 * zu. Teromrnen. Die Verficherungsbeiträge der Arbeitgeber in derselben Zeit ron 38 44 auf 50 40 M Man kann also nicht bebaupten, das für die Arbeiter nichts gescheben wäre, und die Arbeitgeber nichts für sie täten. Der Abg. Stadthagen bat mich neulich in einer Rede angegriffen, die ich nicht gebört habe; als ich sie am anderen Tage im Vorwärts las, babe ich sie nicht verstanden. Er hat auf Aeußerungen des Bergreisters Engel über die Münchener Ortg⸗ krarkenkasse zurückgegriffen, hinsichtlich deren sich der Bergmeister Engel auf den Reichskanzler gestũtzt babe, der sich seinerseits wieder auf meine Person bezogen hätte. Er hat dann in der Humenreichen Sprache, die wir an ihm kennen, gesagt: Alles, was Engel angegeben habe, sei eine erstunkene Lũge. Zunächst bat der Reich kanzler mit kchnem. Worte, meine erson erwähnt und an keiner Steile von der Münchener Ortskrankenkasse gesprochen. Das war auch gar nicht möglich, denn ich habe kein Wert Iber diefe Kaffe gefagt. Sie wurde vielmehr von einem Parteigenossen des Abg. Stadtbagen, dem Abg. Frãßdorf. erwãbnt, dessen n wiederum von einem Parteigenossen zurückgewiesen wurden, dem Abg. Arineti, der es auf Wunsch des Abg. von Vollmar tat. Also der Ahg. Stadthagen lãßt sich doch recht viele Irrtümer zuschulden kommen. Es tt doch geradeju ein krankbafter Zustand des Geistes, wenn ein Mensch sid beraugnimmt, gegen die politischen Gegner das Schlimmste ju sagen, was nur möglich ist, und dann verlangt, daß, wenn nur dag geringste gegen seine on gesagt wird, dies gewisser⸗ maßen schon eine Majestäts beleidigung sein soll. Von dem, was ich über die Jozialdemokratische Verwaltung der Krankenkassen vorgetragen bake, kann ich kein Wort zurücknebmen. Wir wollen die Frage i aueschlie fen, ob diefe Verwaltung Mißstände erzeugt, ob . Klächter der beffer ist als andere Verwaltüngen. In erster Linie kom mt eg darauf an, daß die Sozialdemekraten dort, wo sie können, sich der Verwaliung der Krankenkassen bemächtigen, daß die Folge davon ist., daß die Vorstãnde der Ortekrankenkassen, der Innungs ., der Betriebslassen usw. fast alle der Sozialdemokratie angehören. Durch die Bestimmungen der gegenwärtigen * e ist es der Sozial⸗ demokratie möglich bis Soo Siellen dieser Art zu besetzen. Weiter führt dieg dahin, daß die KRafsen sich natürlich hüten, eine antisozial⸗= demokratfsche Stimmung zur Schau zu tragen, daß die sozialdemo⸗ lratischen Druckereien und Hirne einen e,. Gewinn erzielen usw. Auf diefen Einfluß ift ein großer Teil der ozialpolitischen Erfolge zurück führen bei öffentlichen Wablen und dergleichen mehr. Fine Reform der Krankentbersicherurg, ist aber auch, aus anderen Grãnden notwendig. Eine BVeremheitlichung der Arbeiterversicherung it in abfsebbarer Zeit nicht durchzuführen, sie verlangt eben den PVersichi auf zrworhene Rechte. Die Klagen über die Irvastren! und Kranken berficherung können auch auf dem Wege der eres, n. beseitigt werden. Notwendig ist dann die Aus- debnun Krankenversi ug auf die Dienstboten und landwirt⸗ scaftiichen Atbeiter, wogegen auch die Kenservativen nach den , . rtsarungen des Abg. Brockhausen nichts eintnwenden nn hahen scheinen. Gbenso notwendig wie die Gleichmachung der Kranfen = versicherungerflicht mit der a , ist die Gin⸗
Berlin, Montag, den 5. Februar
führung einer fünften Lobnklasse Gs ist ein Mangel, daß das Krarkengeld verschieden in den Gegenden bemessen ist. Jede Lohnklasse muß in Deutschland dazselbe Krankengeld erbeben. Frauen und Kinder müßten in die Krankenversicherung
.
J
einbezogen werden. Deutschland leidet an einer Zersplitterung des
Frankenkassenwesens, die ju einer ung der Verwaltungsaus⸗ gaben führt. Die Zweigkassen Rassen. ü einzige Ortektankerkasse gebildet und alle übrigen aufgeboben werden. Die Arbeitgeber mußten zu höheren . herangezogen werden. Sie jablen jetzt nur 6 und haben infolgedessen in den Vorständen faft nichts iu sagen Arbeitgeberkreisen selbst st Ter Wunsch laut geworden, die Hälfte der Beiträge zu jablen. Daraus würkte natürlich folgen, daß im Vorstande ebenso viele Arbeitgeber wie Ärbeitnebmer sizen. Der Voꝛsitzendenposten müßte eingenommen werden von einer amtlichen . der Kom⸗ mune oder Städte, die diesen Vorsitz als eine Le siebt. Das Schlagwort der Sor ĩ Srganifation die Selbstverwaltung leiden würde, entbehrt jeder Berech tigung. Die Verwaltung wie fie jeßt in den Ortękrankenkassen geübt wird, ijt eigentlich Keine Selbsidemwaltung, ndern eine schlechte Verwaltung Von einer Gefãhrdung der wie es der Abg. Frãßdorf in nem Fragebogen behauptet bat, kann bei die fem Vorschlage nicht die Rede fein. Der Abg. Fraßdorf hat gefragt, ob sozialdemokratische Vorstands mitglieder Kassenmittel John che gen dienstbar gemacht haben. Diese Frage würde ich natürlich auch mit Nein beantworten, oder mit einer anderen Frage umgeben. Sie wollen nur Sand in die Augen streuen. Ein weileres Gesbenst bat man h chworen, indem man be⸗ Fauptet, die Krankenkassen sollten die Bureaukrgtie gestellt werden. Vergleicht man die Literatur, . man, daß gerade die Burcaukraten die Kenntnis der sozialen ebung vermittelt haben. Die bureaukralisch geleiteten La ngsanstalten haben die Bekämpfung der Tuberkulose in die Hand genommen und wesentlich gefördert. Die Beamten der Selbstverwaltung sind rer imständen weit schlimmere Bureaukratzn als die staat. lichen und kommunalen Bureaukraten. Auch die sozial⸗ demokratsschen Vorstandsleiter führen ibre Geschäfte rein bureaukratisch. Den Landes versicherungeanstalten die Krankendersicherung zu übergeben, halte 1 für fassch. Dazegen würde vielleicht den großen zentralen Krankenkassen fräter Die Invalidendersicherung übergeben werden können. Auf dem Gebiete des Handwerks habe ich einen leicht zu er⸗ füllenden Wunsch: die Herausgabe eines Handwerkerblattes nach nalogie des Reichsarbeiteblattes. Aus den Berichten der HSand⸗ werkekammern gebt hervor, daß die inkarnierte Zünftelei, wie sie der Abg. Raab vertritt, nur von einem sehr geringen Teile der Handwerker vertreten wird. Das Handwerk und Kleingewerbe leidet zweifellos unter dem rg . Und in demselben Moment legen uns die verbündeten egierungen eine Quittungssteuer vor! Diefe Quittungssteuer würde das Borgsystem noch steigern. Die Gefahr einer Fahrkartensteuer scheint nicht anz beseitigt; jeden. falls würde sie den Mittelstand, dritte Klasse fährt, unbedingt belasten. Die Fahrkartensteuer stebt in dieser Mittelstandsfeindlichkeit binter der Suittungssteuer nicht zurück. Der Abg. Trimborn hat sich in feiner Rede öfter an uns Freisinnige gewendet. Wir können darauf stolz sein, daß wir das Handwerk auf den We der Selbsthilfe, der Gründung von Genossenschaften, zuerst hingewiesen baben. Besonders wichtig ist die Einführung des kleinen Motors im Kleingewerbe. Es muß Aufgabe der Kommunen sein. durch lillige Zahlungsbedingungen dem fleinen Gewerbetreibenden die Beschaffung der elektrischen Kraft zu er⸗ leichtern. Von den Kommunen ist in dieser Beziehungs ehr wenig bisher getan worten; der frühere preußisch: Handelgminister ist, da eifriger gewesen, deen er eine Auzstellung solcher Maschinen in die Wege Leitete und sehr dankenswerte Anordnungen 6 um die beteiligten Hand⸗ werkerkreise aufzuklären. Ebenso freudig kann man die Forderung der Meifterkurse begrüßen, desgleichen die Bestrebungen auf dem Gebiete
Der Lehrlingzausbil dung, wie sie die . sich angelegen
sein lassen. Ein Examen ist doch nur ein Beweis dafür, daß jemand in einem gewissen Momente ein gewisses Maß von Bildung bat; er soll doch nicht nur kurze Zeit nach der Ablegung dieses Examens Lehrlinge anlernen, sondern dauernd dieses Recht und diese Befugnis haben; ich erwarte, daß in nicht zu langer eit die Handwerker auch von der Forderung dieses kleinen Be⸗ fäbigungsnachweises sich abwenden werden, wie sie dem großen Befäbigungsnachweis den Abschied gegeben haben. Kleinliche Maß⸗ regeln wie die Warenhaussteuer haben dem Handwerkerstand gar nichts genützt; es bleibt ihm eben nur der Weg der Selbsthilfe übrig, und da ist es besonders erfreulich, daß auch das Zentrum sich zu bekehren beginnt, wie es wenigsteng, aus einigen seiner Organe und aus einem Flugblatt des Volke vereins für das katholische Deutschland mit Beziehung auf die Kaufleute ersichtlich ist. Der Staats sekretär hat ja heute auch erfreulicherweise autgesyrochen, daß der Mittelstand sich keineswegs bloß aus selbständigen Existenzen zufammensetzt, sondern daß das große Heer der Privatbegmten dazu gezählt werden muß. Die segendreiche Institution der Kauf mannsz⸗ gerichte ist leider dadurch beeinträchtigt, daß die Bildung von Aus⸗ schüffen dieser Gerichte dem Kommunalstatut überlassen ist, und daß nur sehr wenige Kommunen daben Gebrauch gemacht haben. Die Forderung des reichegesetzlichen Ginschreitens gegen das Schmier⸗ gelderunwesen ist übertrieben. Einmal ist das ,. eines solchen Unwesens noch lange nicht bewiesen; anderseits aber reichen die Be⸗ stimmungen des Bürgerlichen Gefetzbuchs zur Bekãmpfung vollständig
Punkte der Handelsinspettoren sieht der Staatssekretär zu schwarz. Schon heute werden ja die Kaufleute, wenn man will, polizeilich beaufsichtigt; die Ucberwachung der Geschäftgräume und die schärfere Beobachtung der Vorschtiften, welche, die Lehrlingszüchterei verhindern sollen, können durch solche Spezialinspektoren, die die Vertrauengmänner beider Parteien, der Arbeiigeber und der Arbeit⸗ nehmer, sein sollen, nur gefordert werden. Die Gewerbe⸗ aufsicht ben noch immer, einer umfangreichen Zuführung weiblicher Aufsichtsbeamten, die schon wegen deös dem Weibe innewohnenden Schamgefühlesz in den Betrieben, die allein werke lporwiegend mit Arbeiterinnen zu, tun haben, eine Not wendigkeit sind. Das Kinder ce bs rf ist , m. . man bie Uebergangebestimmungen nicht bis gos in Geltung lassen, Jondern lunlichst verkürzen sollte. Die Heimarbeiterfrage kann am besten da⸗ durch ihrer Lösung näher ebracht werden, daß das Publikum, wie in Amerika, darauf achtet, ch bei Bestellung der Ware, die es einkauft, ein gemisser Mindestlohn Jgejahlt worden ist. Die Unterdrückung der Heimarbest ist unmöglich. l man den Schutz der Heimarbester verstärken, so muß bejüglich der Aeltesten dieser Arbeiser, die h anderen Grwerbssweigen nichl mehr juwenden können, besondere Rück. sicht genommen werden. Im sibrigen stellt sich das Bild, das bie Gewerberäte von den Zuständen in den! Fabriken geben, nicht so grau in grau, dar, wie eg der bg. Fischer⸗Berlin unt paqtell Die , , tungen 2 der rbelgcher ö. in mannigfaltiger Welse vermehrt warden, Auch der Lelter er Buchhandlung „Vorwärts“, der bg. Fischer, wird doch utcht das Mehr an Gehalt, watz er 2 enüber dem letzten Hausdlener dieser Buchhandlung erhält, zu ki e , hergeben; das wäre auch ganz verkehrt. Aber von dem Arbeitgeber verlangen dag bie Herren Soslaldemokrgten! Der Aba. Fischer und . er der Abg. Hebel berufen sich dabel auf Kalserliche Worte, auch au ls marc.
vermindern auch die Leistungen der Für jeren Startkreis und für jeden Landkreis muß eine
bensaufgabe an ⸗· saldemokratie, daß durch eine solche
aber natürlich nur dann, wenn sie ihnen in den Kram passen. So .
1906.
fruktifijieren sie das Wort:; Schwerste Strafe. dem der einen anderen
an der Ärbeil bindern will. Die Aussperrung für ein unerlaubtes Mittel der Arbeitgeber zu erklären, ist ganz falsch; es ist ein Mittel dessen Anwendung ich tief bedauere, aber gegen seine Anwendbarkeit ist nichts zu sagen. Tatsache ist, daß auch die Streiks sich vermehrt haben, Die Verkältnisse swischen Arbeitern und Arbeitgebern haben sich eben sehr geändert. Früber versetzte der freie Arbeitsvertrag den Arbeitnebmer gegenüber dem Arbeitgeber in Nach⸗ Heil und antwortete ibn dessen Gnade oder Ungnade aus. Dann kam die sozialpolitische Gesetztebung und die Organisierung der Arbeiter schaft; jetzt organisieren sich die Arbeitgeber in außerordentlich starken Verbänden. Dann darf man sich auch nicht darüber wundern, daß die Arbeitgeber sich derselben Mittel wie die Arbeiter bedienen. Sie werden zu den Aussperrungen direkt gezwungen, die Unternehmer müssen zu diesem betrübenden Mittel greifen, ihren ganzen Betrieb stillstehen zu lassen. In den nächsten Jahren werden deshalb weit weniger große Streiks als große Aussperrungen entstehen. Die Arbeitgeber müssen sich auf diese Weise der jetzigen Methode des Guerillakrieges, mit dem die Arbeiterschaft sie klein kriegen möchte; erwehren. Man siellt es fo dar, als ob bei dem Berliner Elektrizitãts⸗ streik den Arbeitern das giößte Unrecht geschehen ist. Die Metall. arbeiterzeitung hat aber diesen Streik direkt verworfen, weil er auf einer Ueberschätzung der eigenen Kraft beruhte. Die Gewerkschaften werden allerdings von der Parteileitung und ihren offiziellen Organen sehr schlecht behandelt. Die Gewerkschaften haben sich löblich unterworfen, ihre Leiter sind eben Sojialdemokraten und von der Parteileitung abhängig. Sie bleiben in ihren Aemtern, well sie fürchten, daß, wenn ihre Stellen durch waschechte Soztaldemokraten ersetzs werden, die Gewerkschaften in kurzer Jeit ruiniert sein würden. Man verlangt ja jetzt schon von Den Gewerkschaften. daß sie sich, der sozlaldemokratischen Partei anschließen. Die Berliner Maifeiern. unterscheiden sich heute in nichts von den kleinen bürgerlichen Festlichkeiten, die die klein bürgerlichen Kreise seit jeher begehen. Sie werden durch Turn vorstellungen, Spezialitäten usw. schmackhaft gemacht. Die Gewerk⸗ schaftssekretäre haben diese Feiern drastisch einen faulen . genannt. Das Spielen der Sozialdemokratie mit dem Massen⸗ streik und der russischen Revolution ist dag Arbeiterfeindlichste, was jemals in einer Partei und in einem Lande gemacht worden ist. Diefelbe Meinung haben ja auch Mit lieder der soꝛialdemskratischen Partei selbst. Welcher Unsinn ist über den Massenstreik in der sozialdemokratischen Presse geschrieben worden! Die Schreiber führen eine Sprache, die niemand versteht, und sie glauben daher, daß die Leser das, was sie schreiben, für Weisheit halten. Die Abgg. Elm, Tesche und Frohme haben durch ihre Erklärungen gegen die Jenaer Haltung über den Maffenstreik den Zorn des Vor— warts erregt. Die russische Revolution hat eben den Sozialdemo— kraten die Köpfe verdreht. Der Vorwärts. schrieb, die Erlösung des russischen Volkes, unsere Selbslerlssung hat begonnen, Die rote Fahne führt siegreich den ersten Sturmlauf. Die Leipziger Volkszeitung? ging noch weiter. Sie schrieb zu Weih— nachten: Revolution auf Erden und den Unterdrückten ein Wohlgefallen. Eine internationale Kundgebung, niedergeschrieben von den Abgg. Bebel und Singer, verlangte, daß am 27. Januar das gesamte Proletariat zu Gunsten der russischen Revolution demonstriere. Der Tag war also in erster Linie gewidmet der russischen Ftevolution, nicht dem Wahlrecht. In der Neuen Zeit bat Kautsky den Zusammenhang zwischen der russischen und deutschen Sozialdemokratie gar nicht geleugnet. Die deutsche Soꝛialdemokratie konnte zwar sprechen ven der Hinrichtung! irgend eines Groß⸗ fürsten, aber nicht einer großen Menge anständiger Leute, die einfach gemordet worden sind. Die Sozialdemokraten unterschieden freil ich zwischen zielbewußten Sozialdemokraten und der schwarzen Bande, dem Mob, dem Lumpenproletariat. Das begreife ich nicht. Die Sozial⸗ Demokraten fagen doch sonst, alle Menschen sind gleich. Sie dürfen auch einen solchen Unterschied nicht machen, denn der Mob wählt meist sozlaldemokratisch. Die großen. Massen lassen sich von Ihnen nicht kommandieren. Aus einer kleinen Keilerei entwickelt sich eine große Kellerei. Es ist nicht das Verdienst der Sozial demolratie, daß im 21. Januar nichts passiert ist. In der Gleichheit hat sich der Abg. Bebel für Straßenkämpfe auf das allerhöchste begeistert Er be⸗ zeichnet die Straßenkämpfe als eine r h Erscheinung der Zukunft. Die Beteiligung der Frau an den Straßenkämpfen ist, ein Faktor von weltgeschichtlicher Bedeutung. Er lobt die russischen Frauen, daß sie auf den Barrikaden und in den Straßen gekämpft haben, und glaubt, daß diese typische Erscheinung in der Zukunft wiederkebren wird. Mehring brachte über den 21. Januar einen Artikel in seiner Leipziger n, , den ich mich fast schäme, vorzulesen. Er sagt z. B.:. Diese Zeitungsbestlen können gar nicht aufhören, sich vor lauter Wollust die Lippen zu lecken bei der P antasie, daß Arbeiterblut in Strömen hätte durch die Straßen fließen sollen.“ Die Sozialdemokratie spielt mit ihrer Taktst, die sie bei dem Massenstreik und der russischen Revolution ver- folgt, indem sie fortwährend nicht nur die russische Revolution ver- herrlicht, sondern darauf hinweist, daß ein Lichtstrahl dieser Revolution auch ech dem Westen weitergehen würde, direkt mit dem Feuer. Dat doch der Artikelschrelber des „Vorwärts“ sogar einen Leitartikel mit den Worlen geschlossen: Es ist eine Luftf zu leben, weil wir in dem Zeit. aster der Revolution leben. Wird doch fort und fort gesagt, ) es ar nicht ausbleiben könnte, daß die revolutionäre Welle von 2 and auch nach dem Westen flute. Dadurch wird zweifellos die bürgerliche Freiheit auf das allerschärfste bedroht. Die Verren don der Rechten müßten eigentlich dafür sorgen. daß Soꝛialdemokraten ewählt werden, denn besser könnten die Wünsche, die Sie (rechts) n bejug auf das Wahlrecht usw. haben, nicht gefördert werden. Tatsaͤchlich werden durch die Agitation dieser Verren alle die srei⸗ sinnigen Bestrebungen, die wir haben, gestört. Aus diesem Grunde laube ich, ist es Pflicht des Liberalismus, so bald als möglich der
efahr, die durch dat unsinnige Verhalten der offiziellen Sozial demokratie herbeigeführt wird, zu begegnen. Den inen Vorteil aber 9. dieg Verhalten der Sozialdemokratie daß nämlich die christlichen Gewerkschaften, die Hirsch. Dunckerschen Vereine, die leider labrelang hinter ihr herliefen, sich allmählich von ibr abwenden aber sie werden basür auch beschlimpst in der allerschlimmsten Welle Sie werden irbelterberräler genannt, die Vertreter der di lc e Vereine ehr geschmackvoll . brünstige Hirschen, sie, die doch edensd Arbeilter ud, und nur dag große Perbrechen begeben,. in vpolitischen Binden anders zu denken. Aber well Tie bristlichen Gewerk · 1 ten in so Haren Gegensatze zu den soᷣialdemokratischen schen, degwegen bedaure ich die beutige Eiklärung des Staatssekretãrs über die Berussberelne. Das Verhältuis der Arbeitgeber zu, den Arbeltern hat sich dabin geändert, daß die Organlsationen der ersteren ez nicht mehr ablehnen, mit den Organlsattonen der Arbeiter zu ver= handeln. Es ist von den Tarssvertragen. gesprochen worden, die Tarlfgemelaschaften aber haben zun Verbedlunung die Berusdve reine. Vlese Tarlsgemeinschasten, die dem Arbdelier jadrelang sein Ginkommen an und' den ÜUrbeitgeber dawer bewadren, Lon einer Schund onkurrenz gedrückt zu werden, dalte ich in der Tat für etwas. was uicht schnell genug. Jesörder werden kann. Ich babe die licberen gung dass man der Sonlaldemokratlg nicht mit Uußnabmeneseben zu Teide 24 kann. Vas elnzige Mütel das 1lberbaupt lmstände Ut, De draldemokratlsche Gesabl Uu bheschworen 6 dal Rr Slant diz Be. irebun den bersenl gen Arbelter unterstictzt, dle sich mill Mäh und Not amd bon den Sozialdemokraten unterdrückt, diesen vollständlg serngedalten
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