1906 / 31 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Feb 1906 18:00:01 GMT) scan diff

*. baben. Meiner Ueberzeugung nach kann nur allein durch die deutschen Ar⸗ beiter die durch die Sol ialdemokratie für unser Vaterland drohende große Gefahr überwunden werden, und aus diesem Grunde möchte ich wünschen, daß in dieser Session noch ein Gesetz vorgelegt wird, das den Wünschen der christlichen und Hirsch- Duncterschen Vereine ent- gegenkommt. Ich glaube, solange wir keine Berufspereine haben, werden wir der Sozialdemokratie mit Erfolg nicht entgegentreten können. Wir können es nur, wenn die Arbeiter uns hilfreich unter⸗ tũtzen. pe Do ve (frs. Vag.): Wir möchten wünschen, daß auf dem Gebiete des gewerblichen Arbeiterschutzes etwas energischer und schneller vorgegangen würde. Ich lann mich bezüglich der Rechtsfähigkeit der . dem Abg. Mugdan nur anschließen. Ich weiß nicht, welche neuen Hindernisse aufgetaucht sein konnen, um die Erfüllung dieses Wunsches wieder etwas zweifelhaft erscheinen zu lassen. Was

der Staatssekretär über die beschränkte Arbeitszeit für die Frauen an. geführt hat, war doch etwas zaghaft; er hätte andere Verhaͤltnisse als . die in Belgien und

talien heranziehen sollen. Dagegen cheint mir, daß der Staatssekretär einigen anderen Wünschen wiederum ein zu weites Entgegenkommen beweist. So sollte er in der Ausdehnung des staatlichen Schutzes auf diejenigen Kreise, die ihrer Vatur nach selbständig sind, doch etwas zurückhaltender sein. Die Schmiergelderfrage betreffend, erkennen die interessierten Kreise das Vorhandensein von Mißständen, nicht aber die Notwendigkeit esetzlichen Einschreitens an, da mit Energie auf diesem Gebiete zur he mittels der Selbsthilfe gegriffen wird. Die alte Streitfrage der Gefangenenarbeit ist nicht so einfach zu lösen, wie der Abg. Patzig meinte; denn beschäftigt müssen die Gefangenen schließlich werden; auch der Ausweg der Deportation ist nicht gangbar. Manche Klagen und Anklagen, die in dieser Diskussion erhoben wurden, fallen in den Bereich der Handelekreise. Auf dem Gebiete der Lehrlingsausbildung sind die Bestrebungen für die obligatorische Fortbildung doch möglichst gefördert worden. Die Handelsinspektoren, die man von verschledenen Seiten ein⸗ zusetzen empfohlen hat, möchten doch vielleicht nicht die wirksamste In- stanz sein, von der man die Forischritte auf dem Gebiete der Be⸗ kampfung von Mißständen im Handelsgewerbe erwarten darf. Jeden falls sollie das gute Verhältnis zwischen Prinziwalen und Angestellten, wie es wesentlich auch durch das Wirken der Prinzipalsorganisationen geschaffen ist, erhalten bleiben; der Kampf ist doch nur das äußerste Zufluchtsmittel, wenn man auf andere Weise nicht mehr auskommen kann, und von einem neuen Ueberwachungsmittel nach Art der Handels. n,, kann ich mir mit dem Staatssekretär nichts Rechtes ver⸗ brechen. Um 55, Uhr wird die Fortsetzung der Beratung auf Montag 1 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 16. Sitzung vom 3. Februar 1906, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sitzung ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Das Haus setzt die zweite Beratung des Staatshaus⸗ haltsetats für das Etatsjahr 1906 im Etat der Domänenverwaltung bei den Ausgaben zum Ankauf von Domänengrundstücken fort. . .

In der sich an diesen Ausgabetitel anknüpfenden Dis⸗ kussion über die Belastung der Landwirischaft durch die Arbeiter⸗, insbesondere durch die Unfallversicherung bemerkt

Abg. Dr. Iderhoff (freikons); Alle Ausführungen der Vor⸗ redner 89 bereitK die Notwendigkeit einer Abänderung der Gesetz⸗

ebung ergeben. Auch für die Provinz Hannover kann ich dasselbe agen. Dort ist der Beharrungsjustand erst 1916 zu erwarten. In der Provinz Hannover hat sich gezeigt, daß die kleinen Renten unver- hältnismäßige Lasten mit sich bringen. In Hannover bilden die Renten bis zu 20 0 der Vollrente ein Hauptkontingent und bieten für die Verwaltung die meisten Schwierigkeiten. Würde man eine wenn auch nur geringe Gebühr für die Feststellung der Renten ein⸗ führen, dann würde mancher unnötige Antrag unteibleiben. Man hat vorgeschlagen, auch die Arbeiter an den Beiträgen zu beteiligen, aber der Arbeitgeber würde diese schließlich doch auch nur zahlen müssen. Richtiger wäre es, man ließe die kleinen Renten bis zu 20 00 über—⸗ haupt wegfallen. Wir wollen gewiß wirklich berechtigte Ansprüche zur Geltung kommen und denen, die es nötig baben, alle Fürsorge an⸗ gedeihen lassen; aber wir wollen auch die Regierung auf die enormen Lasten hinweisen, die die Versicherung mit sich bringt. ;

Abg. Hirsch⸗Essen (nl.): Bei dieser rg handelt es sich zunächst um eine Ueberlastung des Gewerbes. ieses ist schon durch Steuern usw. schwer belastet, dazu kommen nun noch die Lasten der sozialen Gesetzgebung. In guten Zeiten sind ja diese Lasten sehr gut zu tragen, aber es könnten auch Zeiten des Niederganges kommen. Ich will mich hier nicht gegen die sonigle Gesetzgebung aussprechen; im Gegenteil, wir müssen auf diesem Wege weiter schreiten; aber ich muß vor der Auferlegung unnötiger Lasten warnen. Diese Lasten werden noch immer steigen, aber sie dürfen nicht noch durch Bureau kratismus und Schematismus vermehrt werden. Es handelt sich hier um eine Last von 400 Millionen, die der gewerblichen Tätigkeit auf⸗ erlegt ist Wenn diese Lasten, die eigentlich erst der Enkel 3 n. müßte, schon die Gegenwart zu übernehmen hat, so ist das unbillig Eine B g ofen, mit den angesammelten Kapitalien wird niemals bankerott werden können, es müßte denn das ganze Deutsche Reich zu Grunde J. Allmählich zeigen sich auch die psychologischen Wirkungen der Sozialgesetzgebung; auch bei unbedeutenden Verletzungen, die früher nicht be⸗ achtet wurden, wird jetzt eine Rente verlangt. Hier und da tritt Arbeitsschen und endlich Simulation zu Tage. Graf Posadoweky hat auf einen Bericht hingewiesen, nach dem Simu⸗ lation und Betrug durch die Arbeiterversicherung begünstigt würden, der FKrankenunterstüßzung nicht für wirkliche Erkrankungen gegeben werde und Willensschwäche und Ener ielosigkeit der Kranken das Kreuz der Aerzte geworden seien. Wir müssen ernstlich bemüht sein, diesen Gefahren entgegenzutreten. Der Kampf gegen die bewußte und die unbewußte Simulation ist aber nicht leicht, da er auch den Unschuldigen treffen könnte, wir aber jede Härten bermeiden müssen. Wir nnn ffn unsere Hoff ung auf die in Aussicht gestellte Organi⸗ sation setzen, die die Sache vereinfacht, die Verwaltungskosten ver⸗ ringert und die Rentenempfänger beaufsichtigt. Bei dieser Organi— sation muß den erfahrenen Arbeitern in Landwirtschaft und Industrie rechtzeitig Glegenhelt gegeben werden, sich zu äußern. Vor allem müssen wir auch verhüten, daß die sozialpolitische Gesetzgebung zu politischen Zwecken gemißbraucht wird, wie es bei den Krankenkassen geradezu ein Skandal geworden ist. :

Abg, Ro senow gr. Volksp): Die Herren wollen alle die Ar⸗ beiter nicht schädigen, aber keiner hat angegeben, wie eine Entlastung sonst eintreten soll. Es sollte auch für die Landwirtschaft die Krankenver⸗ sicherung eingeführt werden. Die dadurch zu erreichende Vorbeugung würde die Unfallrente zurückgehen lassen. Ein großer Teil der Rentenempfnger würde ausscheiden, wenn er rechtzeitig von seinem Schaden geheilt werden könnte. Sodann sollte man nicht einem einielnen Ant, son⸗ dern einer Kommission von Aerzten die Feststellung des Schadens und der Entschäbigung äberlassen. Daß die Unfallverhütungs⸗ vorschriften die Zahl der Unfälle verringert haben, wird man viel⸗ leicht nicht nachweisen können. Aber es bedarf doch keines Beweises, daß mancher Unfall infolge derselben vermieden wird. Auch in der Landwirtschaft sind sicherlich die Unfallverbütungsvorschriften angebracht. Gegen Simulation und Arbeitsscheu würde eine scharfe Kontrolle ein geeignetes Mittel sein, wenn sich auch solche Folgen der sozial⸗ politsschen Gesetzebung nicht ganz aus der Welt schaffen lassen. Als bedenklich erscheint mir der Vorschlag, die Rente der Kinder ganz auszuschalten. Es ist ja eigentümlich, daß Kinder von 4 oder

5 Jahren Renten heieben können, aber wenn die Kinder in der d n g beschaftigt werden, muß es dabei bleiben. Dagegen könnte nür helfen, daß man die Kinder überhaupt nicht, mehr

aftigt. Die ti der sogenannten Bier⸗ oder Schnape⸗ 3 6 ien hee ö wäre an sich auch bedenklich.

Wenn“ einer voll arbeitefähig ist, wird ihm ja die Rente entzogen; wenn er aber 1 voll arbeitsfähig ist, so 3. er eine Entschãdigung ir erhalten, daß er in seiner Arbeits⸗ faͤhlgkest burch den Unfall beßindert ist. Militärpensionen werden auch beibehalten, obwohl die Empfänger für eine bürgerliche Tätigkeit vollkommen arbeitsfähig sind. Vielleicht wäre es ganz gut, eine Verpflichtung zur Tragung der bel den Instanzen enistehenden Kosten n, 6 eiter an * . 9. die Unfallversicherun eilnehmen zu en, ũ

den halten. j der Teuerung der Lebensmittel könnten

die Arbeiter die Beiträge doch nicht zahlen, die Arbeitgeber müßten sie übernehmen, und dann lämg man also auch nicht weiter. Bei der Industrie nähert sich der Beharrungszustand bereits. Man sollte die Dinge nicht überstürzen, weil augenblicklich etwas große Tasten damit verbunden sind. Man sollte das vorhandene Muster der Versicherungen nicht verlassen. Das Ausland wird unseren sozial politischen Einrichtungen gleichfalls folgen. Allerdings sind auch meine Freunde dafür, daß wir die Sache vereinfachen und die Verwaltungs⸗ kosten verringern. Die Klage über die Ansammlung und Thesaurierung der hohen Reservefonds ist durchaus berechtigt. Eine Verbilligung muß eintreten, aber nicht unter Schädigung der Arbeiter. Auch meine

reunde weisen die Ausnußung der Sozialpolitik zu politischen 5 durchaus zurück. Die Versicherungsanstalten müssen bleiben, was sie sein sollten, sie dürfen nicht zu politischen Zwecken gemiß— braucht werden; darin werden Sie uns immer auf Ihrer Seite finden. Ich bitte Sie aber, keinen Schritt zurückzugehen, das würde die Arbeiter und die Arbeitgeber in gleicher Weise schädigen.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten von Podbielski:

Ich kann den verschiedenen Herren aus dem hohen Hause nur dankbar sein, daß diese wichtige Frage, wenn sie auch nur in einem gewissen losen Zusammenhange mit dem Kapitel 1 Titel 16 steht (Heiterkeit), die die vitalsten Interessen der Landwir schaft berührt, hierbei zur Sprache gekommen ist. Meine Herren, ich möchte hier vor dem hohen Hause wie vor dem gesamten Lande es festlegen, daß seit einer ganzen Reihe von Jahren berufene Vertreter der Landwirischaft, weite ländliche Kreise sowobl in der Presse, wie auch bei der Ver⸗ waltung, bei dem landwirtschaftlichen Ministerium vorstellig geworden sind, daß in einer erschreckenden Weise die Lasten der Landwirtschaft, speziell für die Unfallversicherung, so stiegen, daß wir ernste Besorg⸗ nisse haben müßten, diesen wichtigen Zweig unserer sozialpolitischen Gesetzgebung durchführen zu können. Es hat schon einer der Herren aus dem Hause, meiner Ansicht nach völlig zutreffend, darauf hin⸗ gewiesen: Wir alle wünschen doch zweifellos nicht ein Scheitern dieser wichtigen Gesetzgebungsmaterle, sondern wir wünschen eine gesunde Durchführung; wir halten nur augenblicklich ihre Gesamtentwicklung als eine nicht auf gesunder Basis stehende, und ich meine, die Zablen, die die Herren aus den Provinzialverwaltungen dem hohen Hause ein gehend unterbreitet haben, haben schon gezeigt, wie ungesund so will ich es bezeichnen sich in verschiedenen Kreisen die Verhältnisse entwickeln.

Ich kann dem hohen Hause mitteilen, daß der Vorstand unserer Landwirtschaftskammern vor Monaten bei mir in dieser Hin⸗ sicht vorslellig geworden ist, und daß infolgedessen eine Reihe von Fragen den Herren Oberpräsidenten vorgelegt worden ist, ein Teil der Berichte ist schon eingegangen, ein Teil steht noch aus. Ich bin gern bereit, diese Materie im nächsten Jahre in einer Denkschrift den Herren zu unterbreiten, damit die Herren sehen, wie die Verhältniss e sich tatsächlich entwickelt haben.

Das, glaube ich, an der Hand des dem hohen Hanse vorgeführten Materials konstatieren zu können, daß zweifellos durch die geringen Renten am meisten die Verwaltungskosten steigen im Verhältnis zur Rente selbst. Sie haben von den Herren gehört, ein Drittel der ganzen Bezüge liege unter 20 oder 25 0̃0 das schwankte, glaube ich, in den einzelnen Ausführungen und dabei hat ein Drittel der Gesamtkosten allein auf diese Bezüge zu entfallen oder noch mehr. Jedenfalls also eine Entwicklung, die zeigt, daß wir hier Wandel schaffen müssen. Es sind nun also ja auch solche Wünsche hier von den Herren zum Ausdruck gebracht worden, aber ich glaube, ein Moment zunächst hervorheben zu sollen, wo ich mich vielleicht auf dem selben Boden wie der Herr Abg. Rosenow bewege, ich glaube doch konstatieren zu sollen: wir dürfen die Arbeitsbedingungen für unsere ländliche Bevölkerung nicht schlechter stellen als für unsere Arbeiter in den Industrien. Ich würde eine großes Bedenken tragen, heute etwa lediglich in der Landwirtschaft die geringeren Renten unter 20 o nicht mehr zu bewilligen; das würde, glaube ich, nicht zum Vorteil unserer ländlichen Arbeiter resp. auch der Arbeitgeber aus⸗ schlagen; denn das wäre ein neuer Anrelz für die Arbeiter, in die Industrie zu gehen und nicht in die Landwirtschaft, weil sie in der Industrie auch für geringere Unfälle bereits Entschädigung erhalten. Das ist doch ein Moment, das wir nicht ganz außer Acht lassen dũrfen.

Andererseits möchte ich aber den Herrn Abg. Rosenow darauf hin⸗ weisen: Wir sind bestrebt gewesen, gleichwie in der Industrie die Unfallperhütungevorschriften nach jeder Richtung auszubauen die sind provinziell erlassen also bei den Maschinen, welche Teile gesichert sein müssen, wie die Umwehrungen sein müssen; sie sind konform mit der Industrle gemacht, und wir sind bestrebt gewesen, nach dieser Richtung diligentiam zu prästieren.

Was die Anregung betrifft, die gegeben worden ist, die Kinder unter einer gewissen Reihe von Jahren von der Versicherung auszu- nehmen, so bin ich auch gern bereit, in die Prüfung dieser Frage ein⸗ zutreten, weil sie ja in einzelnen deutschen Ländern bereits Sache der Gesetzgebung gewesen ist. Es wird also auch an die Staatsregierung eventuell die Frage herantreten, ob sie nicht auch den gleichen Weg unter gewissen Kautelen beschreiten will. Ich kann also konstatieren, daß zweifellos eine heilige Pflicht der landwirtschaftlichen Verwaltung vorliegt, mit offenen Augen an diese Sache heranzutreten. Die heutige wichtige Verhandlung wird ja sowieso schon zur Kenntnis der Reichs= regierung kommen; ich werde aber Veranlassung nehmen, diese Wünsche der preußischen Landwirtschaft, die sich, glaube ich, zum großen Tell mit den Wünschen der anderen Distrlkte der Landwirt⸗ schaft im Deutschen Reiche deden, zur Sprache zu bringen und sie so zu vertreten, daß, wie ich hoffe, eine gesunde Weiterentwicklung für diesen wichtigen Zweig unserer sozialen Wirtschaftspolitik angebahnt wird, und darin glaube ich auf die Unterstützung des gesamten hohen Hauses rechnen zu dürfen. (Beifall auf allen Seiten.)

Damit schließt diese Diskussion. Die dauernden Ausgaben werden ohne weitere Debatte bewilligt.

Unter den einmaligen Ausgaben sind 310 000 6

ur Weiterführung der Ärbeiten behufs Aufschlietzung der kalischen Moore in Oftfries land 24 ö

Iderh off Creikons. ): alandung, die Land. . , wer icli , ,, weder eff, kie Anfieklung kleiner Dörfer zicht geeignet. Aber ki Ho mog plate in Sstfriegland bieten einen recht guten Boden, Das Heweisen die großen Strecken, anf denen Fehnkolonien mit blühenden Dörfern an. gelegt sind. Das ist erreicht durch die Herstellung der ngtwendigen Kanüle! Man foll zwar die Anlandung fördern, aber die Bestedlung der Hochmoore nicht unterlassen. Da. nun, die. Weiterführung beg Aäsbaues dieser Kanäle sowohl im öffentlichen Interesse wie im sinan tellen Intereffe des Domãnenfiskus geboten ist. bat die Verwaltung für die Fortführung der Arbeiten zum Zäaeck der Verbindung des Nord. Georgs Febnkanalg mit dem Ems. Ja de⸗Fanal 260 000 6 und ferner zar Fersfellung zweier Hauptkanäle mit Nebenanlagen im Königs moor nd Refeld. Klein. Hefelsr Moor bo C0 6 eingeste llt. Nach der Gr. säuterung dez Ctatz soll die Jnangriffnakms der Arbeiten. zur Fort— fuübrung des Nord⸗Georgs. Febnkanals an die Bedingung geknüpft weren, daß die Anlteger der schon beste henden Kanglstrecke zupr die Ver. pflichtung zur dauernden Unterhaltung derselben nach Fertigstellung des ganzen Kanals übernehmen. Ich bitte die Regierung, den Auebau dieses Kanal sowie der noch weiter notwendig werdenden Kanäle nicht durch eine folche Bedingung illusorisch ju machen. Die Regierung ist nicht nur im öffentlichen Interesse sondern auch privatrechtlich zum Bau Tieses Kanals verpflichtet, da die Anlieger nur unter Voran. seßzung des weiteren Ausbaues ihr Land gekauft, haben. Der Redner be— färwortet dann nochmals die Vermehrung kleiner bäuerlicher Stellen im Hochmoorgebiet. .

Die einmaligen Ausgaben und damit der Rest des Etats der Domänenverwaltung werden bewilligt.

Es folgt der Etat der Preußischen Zentralgenossen⸗ schafts kasse. .

Ueber die Einnahmen referiert .

Berichterstatter Abg. Dr. Re woldt; er teilt u. a. mit, daß im Wechfelverkehr ein Verlust von 60 09) entstanden, ein solcher Verfust aber nicht zu vermeiden sei Mit dem Zurückströmen der den Genossenschaften vorgestreckten Kapitalien könne man durchaus zufrieden sein. ;

Abg. Meven schein (ons): Namens meiner Freunde habe ich z erklären, daß wir uns mit der Verwaltung der Zentralgenossenschafts. kasse und deren Grundsätzen durchaus einverstanden erklären können. Wir werden auch jederzeit gern bereit sein, alles zu tun, was zu ihrer weiteren Hebung notwendig ist. Der Staat hat auch an den auf. gebrachten Kossen nichts verloren, er hat nicht nur sein Kaxital mit 3 o verzinst erhalten, sondern es ist auch eine Reserbe von etwa 37 Millionen angesammelt worden. Es wäre nicht richtig, an dieser Stelle alle Fragen des Genossenschaftswesens zu besprechen. Die Idee des Genossenscaftswesens ist uns von Männern wie Schul ze= Delitzsch und Raiffeisen erneut worden, und sie bat sich zunächst ent— wickelt ohne Hilfe des Staats. Sie wird den Mittelstand frei und selbständig machen, wird dieses Ziel aber nur erreichen, wenn ihr möglichste Freiheit gelassen wird. Aber der Staat muß doch seine Hand darüber halten und sich einen gewissen Einfluß sichern. Das

at er durch die Gründung der Zentral genossenschaftskasse getan, womit er sich in die Reibe der Genossenschaften gestellt hat, bei denen er sich als der größte Geldgeber beteiligt. Der Umsatz betrug 1801 nicht weniger als 94 Milliarden. auptsächlich kommen Darlehen und Rückzahlungen dabei in Betracht. Man hat immer davon geredet, daß durch diese Kasse die Entstehung von Pumpgenossen. schaften gefördert würde, wie der geschmackvolle Ausdruck lautet. Daß es Pumpgenessenschaften gibt, wird niemand leugnen, daß aber die Preußenkasse daran schuld sei, wir niemand behaupten können. Im Jahre 1904 wurden 351 Millionen Darlehen gegeben, dagegen 357 Millionen zurüdgezahlt, die Rückjahlungen überstiegen also die Darlehen um 6 Millionen. Es handelt sich also nicht um eine

umpwirtschaft, sondern um einen Kredit auf gesunder Basts zur Stärkung der wirtschaftlichen Verbältnisse. Der Präsident der Kasse bat in der Kommission erklärt, die Kasse solle kein werbendes Staats. institut sein, sondern nur nach gemeinnützigen Grundsätzen das Ge— nossenschaftswesen fördern, aber keinen Geschäftsgewinn erzielen. Es würde gut sein, daß auch die Gegner nun mit dieser Kasse ihren Frieden machen, anstatt immer daran zu nöcgeln. Wir Genossenschafter dürfen dem Lande nicht das Schauspiel bieten, wie der Handwerkerstand sehr zu seinem Schaden als wüßten wir selbst nicht, was wir wollen, und wären untereinander uneinig. Unsere ganze Sache beruht auf der , von der es heißt: Die Einigkeit macht stark. Die Genossenschaftskasse hat eine erstaunliche Siegesbabn durch unser Land durchmessen, von 1890 bis 1895 haben die Genossenschaften um 2323 jugenom men, und seit dem Bestehen der Preußenkasse sind sie um 4294 vermehrt, aber den Luxug, uns gegerseitig ju bekämpfen, können wir uns auch heute noch nicht leisten. Es kommt viel auf die Persön— lichkeiten gan, persönlicher Ehrgeiz und Rechthaberei müssen im Genossenschaftswesen zurücktreten. Hat auch der Ge— nossenschaftsgedanke riesige Erfolge erzielt, so bedarf es doch noch immer eifriger Arbeit, e ist noch viel Freiland da; auch unter den Arbeitern muß der Genossenschaftsgedanke weiter heraus gearbeitet werden, denn das Genessenschaftswesen ist für alle da. Ez ist nicht richtig, daß das Genossenschaftswesen ein Aprendir der Landwirtschaft ist, nein, es gehört dem gefamten Mittesstand. Bei den Korahäusern haben wir es allerdings mit einem Verfuch i tun, der in den meisten Fällen gezeigt hat, wie man es in Zukunft zu machen hat, an einzelnen Stellen auch, wie man es nicht zu machen hat. Die deuischen Kornhausgenossenschaften sind fest an der Arbeit, die Erfahrungen der letzten Jahre herauszuarbeiten. Aus mehrer Heimat Cassel kann ich nur sagen, wir wollen die Kornhäuser nimmermehr entbehren. Wo der Veisuch nicht glückte, lag es nicht daran, daß man etwa nicht in die Mysterien des Getreidehandel- auf. seiten der Agrarier halte eindringen können, nicht am Mangel an kaufmännischen Kenntnissen, sondern. an einem Mangel an genossen⸗ nn, . Geist, der geschäͤftliche Nüchternheit und Dyferwilligkeit zu verbinden weiß. m letzten Jahre ist die Vereinigung des Raiffeisenschen Verbandes mit dem Reichsverband voll og:n. Wie manche Zeitungen diese Vereinigung gloffiert haben, darüber kann man binweggehen. Dasselbe gilt bezüglich ber Interessengemeinschaft der Neuwieder Zentralkasse mit der Preußischen Zentralgenossenschafte⸗ kasse. Die Abschreibungen, welche die Neuwieder Kasse vor- genommen hat, sind ein Zeichen ibrer Macht und nicht ein Zeichen des Veifalls; sie haben das Fundament revidiert und sich in die Lage versetzt, hre Auigaben ju lösen. Eine dieser Aufgaben ist die Traktisch. Inangriff nahme der Entschuldung deg Grund besttzes Die Sache muß einmal praktisch angefaßt werden, und wir haßen in Hessen mit einem solchen Verfuche begonnen; über den Erfolg können wir uns heute natürlich noch nicht aussprechen. Geschenke verlangen wir zu diesem Zwecke nicht, aber wir rechnen dabei auf die Mithilfe der Preußischen. Zentralgenossen Taftskaffe, mit welcher unsere dLandwirtschaftl iche Jentraldarlehenkasse ja neuerdings in eine Inter- essengemeinschaft eingetreten ist. Auch hier hat man geglaubt, allerlei Geschmacklosigkeiten angern zu müssen. Man hat gefagt, die Preu fische. Zentralgene fenschaftakaffe sei jetzt der Kurato? ber Land. wirtschaftlichen Zentraldarlehengfasse geworden, und Aehnliches. Auf diese Aeußerungen antwortet man am besten durch Still schweigen. Wir aben ju der Zentral gen offen schaftgkaffe aber bas scste Jitrauen. daß sie auch in Zufanft der Hort des Genossenschaftswesens sein wird.

Abg. Bl eil tr. Velfep ) Wir sind' seinerz eit gegen die Gründung der Preußischen Zentral genossenschafte kasse gewesen, aber wir erkennen gern an, daß ihre Leitung auf durchaus gesunden Irund⸗· säßzen berubt, Auch die Genoffenfchaften müsfen auf gesunder lauf. maäͤnnischer Besis aufgebaut werden. Für mich ist es nur sberbaupt fraglich, ob es gut ist, womöglich in jedem Dorfe eine solche Dar⸗ lebensfasse zu gründen. Wir halten diefe Genossenschaften nicht fũr Bohltätigkeitßanstalten oder für ein Allhesimittel. * Vie Genossen⸗ schaften müssen auf Selbstverwaltung und Selbstverantwortung

eruben. Genosfenschaftgwesen wirkt eine Dezentralisation 22 als . scharfe Zentralisation. Wir sind stets damit be caftigt, die bände zu verbessern, aber vor Bellusten sind auch wir nicht bewahrt geblieben. Diese Verluste find entstanden durch übermäßiges Vertrauen und durch das Ausbeuten dieses übermäßigen Vertrauens durch jweifelbafte Glemente; manchmal ist man auch unvorsichtig vorgegangen. Be⸗ sorders in der letzten Zeit haben sich diese Verlufte vermehrt. Graf von Posadewzkry neulich im Reichstage über das Ueberhandnehmen der materialistischen Weltanschauung geklagt. Wenn das richtig ist, e wärde das schwer auf die Genossenschaften zurüfwirken. Denn für das Genossensckaftswesen ist nicht nur ein nüchterner Verstand erforderlich, sondern auch ein sehr großer Idealismus. Unsere Ver⸗ faste sind nicht entstanden durch unsere Organisation, sondern gerade durch Zuwiderhandlungen gegen die Organisation. Als Benossenschafter müssen, wir das Recht für uns in An— sprack nehmen, auch andere Genossenschaften za kritisieren, nicht um ihnen zu schaden, sendern im Gesamtinteresse aller Genossen⸗ schaften. Wir wollen hoffen, daß die Abschreibungen, die die Reuwieder Kaffe vorgenommen hat, dazu dienen werden, daß die Neuwieder wieder in ein besseres Fahrwasser kommen. Die Kornbausgenossenschaften sind allerdings nur ein Versuch ge⸗ weren; aber es ist nicht zu leugnen, daß dieser Versuch in den meisten Fällen fehlgeschlagen ist, und daß man besser geien hätte, seinerjeit unsere Warnungen zu beherzigen. Wir sind keine Feinde der Kornhauseinrichtungen, aber die meisten Fälle haben gejcigt, wie es nicht gemacht werden darf. Wir könnten nur wünschen, daß sie auch jeigen, wie es gemacht werden soll. Die Milchlentrale ist gescheitert, oder sie wird scheitern, weil sie den Handel monopolisieren will. Das Genossenschaftswesen kann nur gedeiben, wenn es als Selbstzweck betrachte wird. Die Konsumvereine haben wir seinerzeit in Kreuznach ausgeschlossen, weil diese Vereine die moderne Wirtschaftẽordnung umstoßen und wir uns mit diesen Bestrebungen nicht identit zieren können. Eben sowenig können wir die Bildung von Genossenschaften zur Stärkang des Deutschtums ia den volnischen Landesteilen billigen, weil durch sie nur die vorhandenen Gegensätze verschärft werden. Meine Freunde sind aber durchaus keine Feinde des landwirtschaftlichen Ge⸗= rossenschaftẽ wesens. .

Abg. Kreth (kons ): Wenn die Kritik am Spstem der Zentral⸗ genoffenschaftẽkaffe so milde wie möglich ist, wird das um Jo besser sein. Wird die Kritik zu scharf, geschieht sie nicht in der Absicht zu bessern, sondern herabzuziehen, so schlägt sie in ihr Gegenteil um. Auch ich sehe keine Gefabr für die Neuwieder Raiffeisenzentralkasse, ich sehe auch keine Gefahr für die Preußenkafse. Die Jateressengemeinschaft wischen den beiden Kassen besteht im wesentlichen darin, daß diese sich mit Einlegen beteiligt. Da aber ein Kreditgeber vor allem über die Be—⸗ dũifnisse des D dne unterrichtet sein muß, so besteht die Zentrali⸗ sation. Ich möchte gegenüber den Gerüchten feststellen, daß die Ver⸗ luste der Zentralkasse lediglich daher rähren, das sie in Sefahr geratenen kleineren Genossenschaften beisprang. Ob die Zentrali. ation überhaupt angebracht ist, müssen wir der Wissenschaft., noch beer der Praxis überlassen. Ich hätte sicher keine Veranlaffung gehabt, in ein Unternehmen einzutreten, von dem ich hätte ab⸗ seben können, daß es verkrachen würde. An der Sxitze der Zeitungen, die sich gegen die Neuwieder Zentraldarlehns bank wandten, stand

as „Berliner Tageblatt“, das immer die Führung übernimmt, wenn es sich darum handelt, der Landwirtschaft und dem damit derbundenen Genossenschaftswesen eins auszu vischen. Das Berliner Tageblatt“ wandte sich gegen die Interessen der beiden Institute mit Ausdrãcken wie liederliche Wirtschafir', Matadore der Genossen⸗ schaften u. a. Damit ist bei geschäftsunkundigen Leuten die richtige Stimmung vorbereitet, um glauben zu was

Kugt hatte. Wesxennest. erte

ñ

Die Neuwieder

6 in keiner Weise verlangt, daß die Zentral⸗ genossenschaftskasse ihre Geschãftsgrundsaßze zu ihren Bunsten anibt. Es folgten dann noch drei weitere Artikel des Serliner Tageblatiz . ja, ich erzäble Ihnen das auch nicht gem, aber wir sind in einer schwierigen Lage. Was im „Berliner Tageblatt! steht, liest nur ein Teil, und was in der Deutschen Tageszeitung‘ steht, liest nur ein anderer Teil der Leser. Dir müssen allo die Sache bier befprechen. Nit den Artikeln des Berliner Tageblattes mt Haus bei Haus bei den Bauern hausiert woren, aber genützt hat eg nichts. Es war, alg ob ein Signai gegeben sei, daz ländliche Genoffenschaftswesen zu diskreditieren. Aber das ist das beste Mittel, den Antisemitismus zu fördern, und es trägt nur dazu bei, den Zwiespalt zwischen Stadt und Land zu verschärfen. is „Berliner Tageblatt wird sich ja nun wieder in einer Reihe von könen Artikein mir meiner Person befasfen, ich ann ibm nur fagen: auf einen groben Ast ein grober Keil, auf einen Schelmen anderthalb!

Finanzminister Freiherr von Rhe inbaben:

Meine Herren! Ich möchte mich in die Polemik des Herrn Vor= lednerz mit dem Berliner Tageblatt / nicht einmischen. (Sehr richtig) Ich würde überhaupt keine Veranlassung gebabt haben, das Wort zu nehmen, nachdem alle Herren Vorredner im allgemeinen eine sym⸗ datbische Haltung zu der ganzen bieherigen Auffaffung der deutschen Zentral genossen schafta asse ihrerseits eingenommen haben, wenn ich es nicht meinerseits als eine Pflicht der Dankbarkeit betrachten mũßte, ute, wo wir gewifsermaßen das jehnjäbrige Jubilãum der Preußen. lasse feiern, der Männer zu gedenken, denen die Kasse ihr Entsteben und ihre Entwicklung verdankt. Das Gesetz ist am 31. Juli 1895 mmaniert, und am 1. Oktober 1895 ist die Preußische Zentral genossen⸗ Haftskasse in Wirksamteit getreten; sie hat Also jetzt etwa eine zehn säbrige Gxisten; hinter sich.

Meine Herren, daß mein verstorbener Amtsvorgänger in der Für⸗ bree ftr die Mittelitände unseres Vaterlandes und in der Fürsorge ur die Stärkung der festen und dauernden Clemente unseres Volkes sich mit der Schaffung der Preußenkasse ein dauerndes Verdienst er⸗

worben hat, glaube ich, das werden alle in diesem boben Hause an= erkennen (sebt richtig); und daz, was er geschaffen, hat ein ebenfalls hochverdientes Mitglied dieses hohen Hauses, der leider zu früh uns entrissene Freiherr von Huene, in die Praxis umgesetzt. Er war der erste Präsident der Preußenkasse, und er bat auf Grund seiner genauesten Kenntnisse der ländlichen, der landwirtschaftlichen, der genessenschaftlichen Verhältnisse die ersften großen Schwierigkeiten überwunden und in allererster Linie dazu beigetragen, daß die Preußen kasse den Entwicllungsgang genommen hat, den sie tatsächlich auf⸗ zuweisen bat. Ich erachte es aber als eine Pflicht der Dankbarkeit, auch dem gegenwärtigen Leiter der Preußenkasse, dem Herrn Präsidenten Heiligenstadt, und seinen Herren dafür zu danken, daß sie weiter genau in den Babnen geblieben sind, die Exzellenz von Miquel ibnen vor- gejeichnet hat und in denen Freiherr von Huene selbst gewandelt ist. (Brarxo )

Meine Herren, die Entwidlung, die das Genossenschaftswesen und in specie das oberste Institut, die Preußenkasse, die dem Ge⸗ nossenschaftwesen zu dienen bat, in den letzten Jahrjehnten genommen haben, ist ja eine überaus erfreuliche. Ich glaube, der erste Herr Redner streifte schon diesen Punkt. Aber ich darf nur die eine Tat⸗ sache anführen, daß wir im Jahre 1890 2912 Genossenschaften in Preußen hatten, daß ihre Zahl im Jahre 1805 auf 13 331 gestiegen ist; also in einer etwa 15 jährigen Periode hat sich die Zahl der Ge⸗ nossenschaften mehr als vervierfacht: ich glaube, ein deutlicher Beweis der lebendigen Kraft, die in dem ganzen Genossenschaftswesen steckt. Das ist in erster Linie, wie ich eben schon andeutete, Verdienst der Genossenschaften selber, Verdienst des Gemein sinnes, des idealen Sinnes, von dem einer der Herten Vor- redner sprach, der für das ganze Genossenschaftswesen ausschlag= gebend ist. Aber dieser Geist, und diese ganzen Bestrebungen baben eine wesentliche Unterstũtzung gefunden durch die Preußenkasse; und ich glaube, das wird auch von allen Seiten im Genossenschafts⸗ wesen anerkannt. Meine Herren, in der Periode von 1895 bis 1900, also in dem ersten Jahrfünft nach Schaffung der Preußenkasse, hat sich die Zabl der Kreditgenossenschaften um nicht weniger wie 3083 1109 90 vermebrt, also in einer fünfjährigen Periode nach Er richtung der Preußenkasse bat sich die Zahl der Kreditgenossenschaften mehr als verdoppelt. Die Zahl der Rohstoffgenossenschaften hat sich um 420 vermehrt, die Zahl der Produktiogenossenschaften um 63 00. Ich glaube, diese Daten sind auch ein Beweis dafür, daß in der Tat die Schaffung der Preußenkasse einen redlichen Anteil an der Ent— wicklung des ganzen Genossenschaftswesens gehabt hat.

Meine Herren, die Preußenkasse selber hat ja einen in jedem Jahre steigenden GSeschäftgumfang gehabt, und ich darf in dieser Beiiehung anführen, daß, während nach der Gründung der Preußen-⸗ kasse im Jahre 1885 am 1. Oktober 1895 ist sie in Wirksamkeit getreten sie in dem ersten halben Jahre, vom 1. Oktober 1895 bis 1. April 1836, 141 Millionen Umsatz hatte, dieser Umsatz im Jahre 1804 auf fast 10 Milliarden Mark gestiegen ist; und im Jahre 1905 wird die Preußenkasse voraussichtlich einen Umsatz von fast 12 Milliarden Mark haben. (Hört, hört) Also, meine Herren, von 141 Millionen im Jahre 1895 ist der Umsatz im Jahre 1805 nach 10 jährigem Bestehen auf nahezu 12 Milliarden gestiegen. Ich glaube, kein anderes Institut bat eine derartige rapide Entwicklung aufjuwelsen gehabt; und was speziell den Verkehr mit den Senossenschaften angeht und darauf kommt doch alles an so hat der Verkehr in laufender Rechnung das ist also der regel⸗ mäßige Verkehr im Jahre 1895 16 Millionen Mark und im Jahre 1801 841 Millionen Mark betragen. Also, meine Herren, ich wiederhole: eine Steigerung von 16 Millionen auf 841 Millionen im laufenden Verkehr mit dem ganzen Genossenschaftswesen!

Einige wenige Bemerkungen darf ich noch machen zu den Aug fübrungen des Herrn Abg. Blell. Zunächst hat er gefragt, wie es sich mit den Kornhäusern verhielte. Meine Herren, es wird dem hohen Hause darüber eine Denkschrift zugehen, und die wird ja dann, glaube ich, den geeigneten Anlaß bieten, um über die Frage der Entwicklung von Kornhäusern zu sprechen.

Er hat dann gesagt, er und seine Freunde hätten der Errichtung der Preußenkasse widerstrebt, weil sie die Abhängigkeit des Genossen⸗ schaftswesens von der Preußenkasse befürchteten. Meine Herren, ich glaube sagen zu dürfen, daß in der 10 jährigen Periode, die jetzt hinter uns liegt, diese Befürchtungen sich als grundlos erwiesen haben. (Sehr richtig! rechts) Damals ist von den verschiedensten Seiten, namentlich von der linken Seite, der Befürchtung Ausdruck gegeben worden, daß die Preußenkasse sich in das ganze innere Getriebe der Genossenschaften einmischen würde, ja daß sie sich die Genossenschaften zu politischen Zwecken dienstbar machen würde. Ich glaube, meine Herren, weder das eine noch das andere ist eingetreten. Die Preußen⸗ kasse bat sich peinlich gehütet, ihrerseits die Genossenschaften von sich abhängig zu machen lsehr richtig! rechts), sich weiter in den inneren Geschãftsbetrieb einzumischen, als es notwendig ist zur Beurteilung der Kre dit fähigkeit und der Ansprũche, die an die Preußenkasse gestellt wurden. Noch weniger ist irgendwie unsererseits versucht worden, die Genossen⸗ schaften zu politischen Zwecken dienstbar ju machen. Die Preußenkasse muß über allen politischen und konfessionellen Rücksichten stehen.

Wenn der Herr Abg. Blell sagte, er und seine Freunde legten Gewicht auf die Selbstverwaltung und Selbsterziehung der Genossen⸗ schaften, so kann ich ihm darin vollständig beistimmen. Denn das ist ja der Zweck der ganzen Preußenkasse gewesen, nicht etwa die Ge⸗ nossenschaften zu bevormunden, sondern dazu beizutragen, daß auf fester Grundlage, auf der Grundlage des genossenschaftlichen Geistes die Genossenschaften sich weiter verbreiten. Und, meine Herren, daß in der Tat diese Selbständigkeit der Genossenschaften auch in den letzten Jahren, in dem letztverflossenen Jahrzehnt weiter gesttegen ist, das beweist das Verhältnis der Einjahlungen und Rückzahlungen bei der Preußenkasse. Man hat früher immer gesagt, die Preußenkasse würde lediglich Pumprgenossenschaften groß ziehen, während wir den Sta ndpunkt vertreten haben, daß die Preußenkasse dazu da sein soll, ausgleichend zwischen Entnahmen und Rückjahlungen, zwlschen den

Zeiten zu wirken, wo das landwirtschaftliche Gewerbe Geldmanko und Geldüberfluß aufweist. Daß dieses Ziel erreicht worden ist, dafür bitte ich noch wenige Daten anführen zu dürfen.

Im Jahre 1903 haben die Genossenschaften von der Preußenkasse 337 Millionen Mark Darlehne bekommen, das ist gestiegen im Jahre 1804 auf 406 Millionen. Es sind also etwa 70 Millionen Mehr⸗ darlehne im Jahre 1964 von der Preußenkasse entnommen worden als im Jahre 1903. Aber wie haben sich nun die Rück, und Ein zahlungen gestellt. Sie haben im Jahre 1903 342 Millionen be—

tragen, sie sind im Jahre 1804 auf 420 Millionen gestie zen. Wäh⸗ rend also die Ziffer der Darlehne um 70 Millionen gestiegen ist, ift die Ziffer der Ein. und Rückjahlungen um 80 Milllonen gestiegen, sodaß sich also das Saldo um 10 Millionen zu Gunsten der Genossen⸗ schaften verbessert hat. (Hört, hört! rechts) Während im Jahre 1903 die Genossenschaften noch mit 7 Millionen im Debet standen bei der Zentralgenossenschaftskaffe, hat sich das Debet der Genossen⸗ ee, im Jahre 1801 auf 1500 000 M reduziert. (Hört, hört! rechts.)

Also in den letzten Jahren haben wir in steigendem Maße konstatieren können, daß die Genossenschaften sich mehr und mehr gewöhnt haben, so wie sie in der Lage waren, wieder Rückzahlungen zu machen, sodaß ihr Debet bei der Preußenkasse nicht nur nicht ge⸗ wachsen, sondern ganz konstant von Jahr zu Jahr gefallen ist und sich jetzt im Jahre 1904 auf den Betrag von 15 Millionen Mark belaufen hat. Ich glaube, das ist der beste Beweis für den erzteberischen Einfluß der Preußenkasse auch nach dieser Richtung und für das steigende Bewußtsein der Genossenschaften selber, auch ihre eigenen Herren zu sein, sich möglichst auf eigene Füße zu stellen. Ich glaube, in diesem vertrauensvollen Verhältnis, in diesem Zusammen⸗ arbeiten der Genossenschaften und Preußenkasse liegt die Gewähr für eine weitere gedeihliche Entwicklung, und wir werden unsererseits nach Kräften dazu beitragen, daß diese Entwicklung fortschreitet ohne jede Bevormundung unsererseits, aber unter tatkräftiger Hilfe, da wo sie notwendig ist im Interesse der freien Entæicklung der Genossen⸗ schaften. (Bravo! rechts.)

Abg. Hammer (kons):; Als Angehöriger des kleingewerblichen Mittelstandts und als Genossenschafter muß ich einige Bemerkungen machen, die hoffentlich Ihren Beifall finden werden. Bie Bestrebungen der Milchzentrale haben das hervorgebracht, daß die Milch in Berlin besser geworden ist, als sie vorher war. Das kann selbst Herr Flatau nicht mehr bestreiten, daß der Preis kon- stanter geworden ist, und daß der Milchhandel aus den Händen des Großkapitals herausgekommen ist. Das sind drei wichtige Verdienste der Zentrale. Die Milchzentrale wird auch ruhig weiter esteben, hinter ihr steht der märkische Bauer, der eine der zähesten Rassen ist, und an dem noch manches andere zerschellen wird, als Herr Flatau und seine Anhänger. Wenn der großkapitalistische Handel seine Saug— rüssel in jeden Ort steckt, sind wir gezwungen, uns genossenschaft⸗ lich zu organisieren. Gewiß sind Febler gemacht worden; wir wollen uns die Kritik des Herrn Blell gern gefallen lassen, aber nicht die Sauce, mit der uns immer Herr Crüger übergießt. Wir haben Revisoren gehabt, die wobl von kaufmännischer Buch= führung etwas verstanden, aber keine Ahnung vom Genossenschafts— wesen hatten. Darin ist eine Aenderung eingetreten, unsere Re⸗ vissren stehen jetzt anerkanntermaßen auf der Höhe. Die Gründung des Hauptverbandes der kleingewerblichen Genossenschaften haben wir der Zentralgenossenschaftskasse zu verdanken. Die Entschuldung des platten Landes muß den Genossenschaften ,. werden. Das ist nur möglich unter Führung der Preußenkasse. Aber der Dualismus, daß die Preußenkasse unter dem Ressort des Finanz⸗ und des Handels- ministeriums steht, . mir als Vorsitzendem des Hauptverbandes nicht. Die Kasse sollte wie die Seehandlung nur unter dem Finanz— ministerium stehen. Ich hoffe, daß Sie nunmehr meinen Aus— führungen Beifall zollen können. .

Abg. Dr. Arendt fr. kons.): In dieser Jubiläumsdebatte bildet das Jubiläumegeschenk die Anerkennung des. Abg. Blell; aus der früberen Gegnerschaft ist Anerkennung geworden. Die Kasse wurde früher eine eneralpumpstation genannt, der Abg. Richter, den wir leider nicht mehr hier sehen, sprach von Pumpgenossenschaften und meinte, die Kasse sei kein Geschäftsinstitut, sondern eine Wohltätigkeits⸗ anstalt. Und heute handelt es sich um einen Geschäftsumsatz von 12 Milliarden! Das Abgeordnetenhaus hat die erste Anregung zu diesem Institut gegeben, auf Antrag des Abg. Knebel beriet seinerzeit darüber eine Kommission des Hauses, in der ich auch saß. Eine fernere Anregung gab dann der Abg. von Mendel⸗Steinfels. Der Minister hat mit Recht die Verdienste des Ministers von Miquel hervorgehoben, der den Antrag des Hauses bereitwilligst aufnahm, er hat aber des ver= dienftvollen Mitarbeiters vergessen, den Herr von Miquel damals hatte, des jetzigen Ministers von Rheinbaben, dem wir heute unseren Dant und Anerkennung aussprechen können. Wir schließen uns auch der Anerkennung an, die der Minister dem gegenwärtigen Leiter des Instituts,. Herrn Dr. Heiligenstadt, gezollt bat. Seit fünf Jahren hat der Staat von diesem Institut Kosten überhaupt nicht mehr gehabt, das sich als so segensreich für Stadt und Land erwiesen hat. 8 können wir sagen, daß die Kasse dem Staat überhaupt nichts gekostet hat. An ihrer segensreichen Wirkung kann heute niemand mehr zweifeln, und sie besteht ohne Inanspruch nahme der Steuerzahler in einer Weise, daß die Unkenrufe, die bei ihrer Be—⸗ gründung ertönten, zum Stillschweigen gebracht sind. Die Kasse hat weite Kreise vor einer weiteren Geldverteuerung bewahrt, die heute vielleicht 8o / zahlen müßten. Die Gerüchte, daß die . an der e, . des Getreides mitgewirkt habe, indem sie den Landwirten

redit gab, sind in der Kommission gründlich widerlegt worden. Den Wünschen einer Gleichstellung der Zentralgenossenschaftskasse mit der Seehandlung kann ich mich nur anschließen. Ebenso wäünsche ich zwar keine besonderen Lehrstüble für Genossenschaftswesen, wohl aber die Weiterausbreitung der Genossenschaftslehte. Es müssen mehr Doꝛenten angestellt werden, um eine Ueberlastung zu vermeiden. Möge man, wenn das zwanzigste oder fünfzigste Jubiläum der Kasse ge— feiert wird, mit der Vergangenheit ebenso zufrieden sein, wie wir jetzt.

Abg, von Brod hausen (kons): Der damalige Geheime Rat don Rheinbaben hat sich nicht nur bei der Ausarbeitung des betreffenden , sondern auch bei den Kämpfen, die mit den alten Denossenschaften zu führen waren, hervorragende Verdienste erworben. Dem Finanzminister ist es auch zuzuschrelben, daß die Differenzen zwischen der Kasse und den landwirtschaftlichen Genossenschaften er- ledigt sind, und ich spreche ihm hiermit meinen Dank dafür aus. Ich nehme auch gern davon Kenntnis, daß die Zentralgenossenschaftskasse dem Genossenschaftswesen die Freiheit wahren will. Die Entwicklung der Kasse ist dem überraschen Aufschwunge des Genossenschaftswesens in ganz Deutschland in den letzten zehn Jahren zuzuschreiben. Die Zeit des Pumpens ist vorüber, und bei der großen genossenschaft⸗ lichen Zentralkasse ist ein Ueberschuß vorhanden. Die Kornhaäͤuserfrage werden wir am besten mit der Denkschrift darüber besprechen. Der Wunsch nach Lehrstüblen für das Genossenschaftswesen an den Universitäten ist von vielen Seiten ausgesprochen, aber unbedingt wäre sowohl für daz landwirtschaftliche wie für das gewerbliche , , g, n, die Ausbildung derjenigen Leute von Vorteil, die im Dienst des Genossenschaftslebens stehen, nicht auf der Universität, sondern auf sogenannten Genossenschaftsschulen. Dann werden sich tüchtige Beamte finden, die mit den Eigentümlichkeiten bes Genossenschaftswesens vertraut sind. Diese Einrichtung müßte mit Staatsmitteln gefördert werden. . ist die Gleichstellung der Zentralgenossenschaftskafse mit der Seehandlung zu erwägen. Mögen sich die bisherigen Differenzen über die Zentralgenosfenschaftskasse mehr und mehr beseitigen lassen und möge sich der maßvolle Ton des freisinnigen Redners auch weiter zeigen. Es ist ja für die altbewährten Schulze⸗Delitzschschen Kassen nicht angenebm, neue Erscheinungen fortschreiten zu sehen, aber damit muß man sich abfinden, und wenn mehr nach dem Rezept des Herrn Blell verfahren wird als nach dem des früheren Vertreters des be, , d, in der freisinnigen e, . so werden sich die Differenzen im Interesse der Allgemeinheit eseitigen lassen, denn hier ist kein politisches oder lonsg le mn gn Gebiet, sondern ein Gebiet, auf dem alle Parteien zusammengehen

können. Abg. Herold Gentr.): Ich kann mich der ausgesprochenen An-

erkennung für die Zenfralgenossenschaftskasse nur anschließen, muß aber