9
Maßnahmen handeln, welche sich noch an der Grenze der Gesetzlichkeit halten, aber doch polltisch unklug sein können. Wag den Mangel an Schu leuten betrifft, so sagte der Minister, daß dieser Mangel nur in Berlin und Frankfurt vorhanden sei, aber er sollte sich auch die anderen großen Städte daraufhin ansehen, z. B. Stettin. Unsere Klagen richten sich nicht so sehr gegen die Schutzleute, die da sind, als gegen die, die nicht da find. Die Behandlung der Schutzleute, namentlich in Berlin, soll wesentlich dazu beitragen, daß so wenig Beamte eintreten und so viele wieder austreten. Es kommt viel auf die Haltung des Poltzeipräsidenten gegen seine Untergehenen an. Was noch vor 30 Jahren richtig war, kann heute durchaus nicht mehr am Platze sein. Der soziale Aufschwung ist so groß, daß heute die Leute eine andere Behandlung verlangen können. Auch das Selbstbewußtfein des einfachsten Arbeiters ist heute ein ganz anderes geworden. Wenn auch auf der einen Seite unter den Schutzleuten die Disziplin aufrecht erhalten werden muß, so müssen sie anderseits in der Lage sein, ihre Autorität gegenüber dem Publikum zu wahren. Die Polizeisekretäre in den Provinzen sind schlechter gestellt als diejenigen in Berlin, jene haben ein e, d. von 15600 6, diese von 1800 , aber es werden an beide dieselben Anforderungen gestellt. Der Minister hat sich zur Aufbesserung der Beamten bereit erklärt, wenn das Haus zustimmt. Die große Mehr. heit des Hauses wird bereitwilligst die Hand dazu bieten, denn Das Haus hat bereits früher eine Petition der Poltzeisekretäre der Re—⸗ gierung zur Berücksichtigung überwiesen. Die Polizeibeamten nehmen unter allen Staatsbeamten eine ganz eigenartige Stellung ein, sie stehen gewissermaßen auf dem Außenposten der Kultur gegen die Ge⸗ fahren, welche diese Kultur bedrohen. Wir verlangen von einem
olizeibeamten, daß er ohne Rücksicht auf seine eigene Gefahr seine
flicht tut. Die Polizeibeamten müßten daher eigentlich während ihres ganzen Lebens eine Kriegszulage erhalten. Hoffen wir, daß im nächsten Fahre das berechtigte Verlangen dieser Beamten in reichem Maße erfüllt wird.
Minister des Innern Dr. von Bethmann-Hollweg:
Der Herr Abg. Broemel hat die Besorgnis ausgesprochen, ich hätte das Beschwerderecht des Abgeordnetenhauses in irgend einer Weise durch meine Rede einzuschränken versucht. Ich habe in derselben Rede und auch schon sonst hier in diesem hohen Hause durch das, was ich gesagt und getan habe, gezeigt, daß ich dieses Beschwerde⸗ recht nach jeder Richtung hin anerkenne. Ich habe in verschiedenen Fällen versprochen, auch in der Rede, die ich vorhin gehalten habe: ich würde die Sache prüfen, und wo Uebelstände vorhanden seien, würde ich sie abstellen. Es fällt mir ja gar nicht ein, das Beschwerde⸗ recht des Abgeordnetenhauses irgendwie anzutasten; ich habe das auch in meiner Rede gar nicht getan. Nach dem stenographischen Bericht, den ich unkorrigiert vor mir habe, habe ich wörtlich folgendes gesagt:
Inwieweit es angemessen ist, wie es in der zuletzt gehaltenen Rede
geschehen ist,
— das war die Rede des Abgeordneten Korfanty — nun hier Einzelfälle zu erörtern — es sind eine ganze Reihe, die der Herr Abg. Korfanty vorgebracht hat, — und daran Angriffe gegen Landräte, Amtsborsteher und Regierungepräsidenten zu knüpfen, die der Herr Präsident dieses Hauses nicht für vereinbar mit den Vorschriften über die Behandlung der Gegenstände im Abgeordneten hause erklärt hat, das überlasse ich Ihrer Entscheidung. Es ist sehr billig, hier in einer solchen Weise Vorwürfe zu machen,
ssehr richtig! rechts), wenn der oberste Chef der Verwaltung überhaupt nicht in der Lage ist, die Angelegenhelt zu prüfen. Es bleibt mir nur übrig, die Be⸗ hauptung des Herrn Abg. Korfanty, daß unausgesetzt Gesetzes⸗ verletzungen vorkämen, als unrichtig zu erklären. .
Hiervon kann ich nichts zurücknehmen. (Lebhaftes Bravo rechts.)
Darauf wird ein Schlußantrag angenommen.
ersönlich bemerkt
bg. Korfgnty: Der Minister wirft mir vor, unrichtige Tatsachen angeführt zu haben. Ich bemerke, daß ich nach bestem Wissen und Gewissen Dinge mitgetellt habe, die ich zum großen Teile selbst erlebt habe. Der Minister hätte diese Tatsachen widerlegen sollen; das wäre eine parlamentarische Pflicht und eine Pflicht der Erziehung gewesen.
Abg. Dr. von Dziembowski: Ich habe nicht gesagt, daß das Oberverwaltungsgericht ein Präventipperbot nicht zulasse, sondern daß es nur ein solches nicht zulasse, das auf die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gestützt wird.
Damit schließt die allgemeine Debatte über die Polizei⸗ verwaltung in den Provinzen.
Zu den Besoldungen der Polizeisekretäre und n, ,, , bemerkt
Abg. Eckert (freikons ):; Bereits im Nopember 1904 wurden zwei Petitionen der Polizeisekretäre und ,, um Auf⸗ besserung ihrer Verhältnisse vom Hause mit großer Majorität der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen. Denn es ist ein Unikum der preußischen Verwaltung, daß Beamte derselben Kategorie ver⸗ schieden bezahlt werden, je nachdem sie in Berlin oder in den Provinzen angestellt sind. Die Polizeisekretäre in den Provinzen stehen sich um 300 M6 Anfangsgehalt und 400 M End⸗ gehalt schlechter als die Polizeisekretäre in Berlin. Die Polizeileutnants in Berlin haben ein Anfangsgehalt von 2709 MS und erreichen nach 7 Jahren 4200 M; die ihnen gleichstehenden Polizeikommissare in den Provinzen beginnen mit 2000 66 und erreichen eist nach 18 Jahren 600 S. Ber Minister sprach von den besonders hohen An⸗ forderungen, die an die, Polizeileutnants in Berlin gestellt werden. Ich glaube, daß die Anforderungen, die an die Polizeikommissare in den grohen Industriezentren gestellt werden, vlelleicht noch viel größer sind; der Kommissar hat auch keinen achtmeister zur Seite, wie es der Polizeileutnant in Berlin hat. Ich habe großen Respekt vor den Reserveoffizieten, aber wir haben in Berlin sogar einen Polizeioberst gehabt, der nicht aus den Reserveoffizleren hervorging, und wir sollten keinen Riegel vorschieben, daß alte verdiente Militäranwärter , nicht in die Stellungen der höheren Politzeioffiziere aufrücken können. Alle Parteien werden einmütig sein, der Ungerechtigkeit, die in der ungleichen Stellung der Polizeikommissare der Provinzen lift ein Ende zu machen. Wir haben alle Veranlassung. mit der Pol 4 zu⸗ frieden zu sein. In meiner Jugend galt det Polizeibeamte als der geschworene i des Publikumtz. Jetzt zeigen unsere Beamten bei jeder Gelegenheit, welchen vorzüglichen Takt sie besitzen. Der soge⸗ nannte rote Sonntag in Berlin wäre vielleicht nicht so ruhig ver⸗ laufen, wenn sich die Polizei nicht mit so viel Takt und Vorsicht be⸗ nommen hätte. Das ist zu meiner Freude sogar von den Sozial- demokraten anerkannt worden. Daran gebührt den Politzeileutnants ein ganz erhebliches Verdienst.
Abg. Klausener (Zentr.) erklärt, sich den Ausführungen des Vorredners anschließen ju Aönnen; ebenso tritt
Abg. Dr. Schroeder ⸗ Cassel (eul.) für eine Gleichstellung der Polizeisekretäre und Polizeikommissgre der Provinzen mit den Polizei- sekretären und Poltzeileutnants in Berlin ein.
Abg. Mün sterberg (fr. Volkep,) bemerkt, daß er auf demselben Boden wie die Vorredner stehe, und hebt hervor, daß gerade an die Polizeikommissare in den Provinzen außerordentlich große An forderungen gestellt würden. .
Abg. Strofser (kons): In bezug auf die Schutzleute stehen auch meine Freunde einer Hebung des ganjen Standes und Diese Hebung wäre auch die daß sich genügend Ersatz findet.
seines Ansehens wohlwollend gegenüber. alleinige Voraussetzung dafür,
Ich hoffe, daß noch in diesem Jahre, vielleicht durch einen Rachtrageetat, Abhilfe geschaffen werden kann. Gleich den beiden Vorrednern erkenne ich die Wünsche der Polizeikommissare in den Provinzen durchaus an. Man könnte es noch verstehen, wenn Berlin allein eine Äusnahmestellung einnehmen würde, aber Rixdorf und Schöneberg sind ebenfalls besser gestellt als die Provinzen. Für Hannover, n, a. M., Breslau, Cöln gilt doch dasselbe mindestens wie für Rixdorf und Schöneberg. Wenn der Minister sagt, die Polizeileutnants in Berlin müßten Reserveoffizlere sein, so dürfte das doch auch in den Provinzen nicht anderg fein., Ebenso müßte den Poltzeikommissaren in den Provinzen derselbe Titel wie den Pollzeileutnants in Berlin zustehen. Die Beamten in den Provinzen fagen daher immer, daß sie geringer bewertet werden als die in Berlin. Nachdem das hohe Haus sich 1904 bereits mit über- wiegender Majorität für Berüchsichtigung der Petitionen dieser Beamtenkategorien ausgesprochen hat, kann ich den Minister nur nochmals bitten, diesen allgemeinen Wünschen entgegenkommen zu wollen.
Bei dem Fonds für Stellenzulagen bemängelt
Abg. Broemel (fr. Vgg.) die Verschiedenheit der Stellen zulagen für die Schutzmannschast in Berlin und in den Provinzen. 6s⸗ der Summe der Stellenzulagen für die Schutzleute enifielen auf Berlin und nur 1, auf die Provinzen; auf den Kopf betrage die Zu⸗ lage in Berlin 66 M, in den Provinzen nur 16 66 Besser als das System der Stellen zulage sei eine allgemeine Erhöhung der Gehälter.
Der Rest des Kapitels wird ohne Debatte bewilligt.
Beim Kapitel der Polizeidistriktskommissare in
der ö, Posen teilt ö. . .
erichterstatter Abg. von Pappenheim mit, daß in der Aus⸗ stattung diefer Beamten mit Dienstwohnungen, wie alljährlich, so auch in dem kommenden Jahre fortgefahren werden soll.
Abg. von Wentzel ⸗Belenein (kons. J bittet, bei der Auswahl der Distriktekommissare mit äußerster Rücksicht vorzugehen. Bisher hätten sich am besten dazu Kreissekretäre und Bürgermeister bewährt. Die Kommissare müßten von ihrem Gehalt für die Bureau⸗ kosten zulegen, er bitte deshalb, zu erwägen, ob nicht eine Trennung der Pferdegelder von den Bureaukosten stattfinden könne. Ein . Teil der Rittergüter übe heute noch eine selbständige Polizeiwerwaltuug aus, das liege aber weder im Interesse der Polijei⸗ derwaltung noch im deutschnationalen Interesse. Er bitte deshalb ferner den Minister, zu erwägen, ob die Polizeiverwaltung der Ritter⸗ güter aufzuheben sei ;
Abg. Kiündler⸗Posen (fr. Volksp.) wünscht eine Entlastung der Distriktẽkommissare von Bureauarbeiten und die Anstellung von Ver⸗
—
Publikum vergebliche Laufereien infolge der Abwesenbeit des Kommiffars habe. Die Beschaffung von Dienstwohnungen sei gewiß angemessen, aber auch nicht an allen Stellen. So sei eine Dienst⸗ wohnung beschafft in einem Dorf bei Posen, während der Kommissar dicht bei Posen wohnte. Nach jenem Dorfe hätten die Bewohner des Distrikts gar keine Verbindung.
Das Kapitel wird bewilligt.
Beim Kapitel der Lan dgendarmerie referiert
Berichterstatter Abg. von Pzaippenhei mm über die Verbesserung der Wohnungsverhältnisse der Gendarmen durch Beschaffung von Dienst⸗ wohnungen und über die Vermehrung der Stellenzulagen, welche letztere allerdings nur eine sehr geringe Verbesserung darstelle. Namentlich bedürften die Oberwachtmeister einer Aufbesserung.
Abg. Baensch⸗Schmidtlein (fr. kons.): Es ist auffallend, daß die wiederholt gtäußerten Wünsche zu Gunsten der Gendarmen noch immer nicht erfüllt sind. Ich kann nicht nur im Namen meiner Fraktion, sondern ich glaub im Namen des ganzen Hauses sprechen, wenn ich die Wünsche dieser Beamten vertrete. In den großen Industrie⸗ bezirken sind immer noch 70 Vakanzen vorhanden. Ich bitte zunächst, daß die Gendarmen nach 21 Jahren Dienstzeit bei der Verleihung der
Dienstauszeichnung in den Subalternbeamtenstand II. Klasse erhoben
werden. Ferner wünsche ich, daß die Dienstaufwandtentschädigung von 180 auf 270 ½ erhöht und pensionsfähig gemacht werde, daß die Alters zulage von 80 auf 100 6 erhöht und, bei einem Gehalt von 1200 anfangend, von 3 zu 3 Jahren gewährt werde und daß die Uniform nicht auf das Gehalt angerechnet werde. Mit veralteten Bestim⸗ mungen in bezug auf die Raagverhältnisse wird hoffentlich auf⸗ geräumt werden. Die Zahl der aus den Fußmannschaften hervor⸗ gehenden Oberwachtmeister sollte vermehrt, und den Qberwachtmeistern, bie ein Dienstfahrrad haben, denen aber dessen Benutzung infolge ihres Alters schwer wird, sollte gestattet werden, sich aus eigenen Mitteln einen Kraftwagen anzuschaffen. Tagegelder und Reise⸗ kosten sollen erfreulicherweise demnächst diesen Beamten ebenso ewährt werden, wie den anderen Beamten. Einer der lebhaftesten
ünsche betrifft die Anrechnung eines Militärdienstjahres auf das Besoldungsdienstalter. Mit Freude begrüße ich die in Aussicht ge⸗ stellte Vermehrung der Gendarmen, die uns auch ein Mittel gegen die JZigeunerplage gewähren wird. Dann wird der Gendarm jede Zigeunerbande bis zur Kreisgrenze geleiten können, wo sie von dem lelephonisch benachrichtigten Beamten des Nachbarkreises in Empfang genommen werden kann, so daß sie unter fortgesetzter Ueberwachung steht. Ich höre, h der Minister eine Vorlage gegen die Zigeuner⸗ plage vorbereitet. Ich möchte aus meiner Praxis den Minister bitten, die sämtlichen Behörden des platten Landes zu beauftragen, sobald eine Zigeunerbande anrückt, sofort die Feuerwehr zu alarmieren, die mit der Spritze vorgehen kann, denn gegen Wasser sind die Zigeuner fehr empfindlich. Ich bitte den Minister, im nächsten Etat die Mittel zu bewilligen, um alle diese Wünsche erfüllen zu können.
Abg. Schulze ⸗Pelkum (kons.) erklärt für seine Freunde, daß dieselben bei einer allgemeinen Aufbesserung der Beamtengehälter für die n . der Gendarmeriegehälter ganz besonders eintreten würden. Ferner stellt der Redner an den Minister die Anfrage, ob eine Vermehrung der Gendarmen zu erwarten sei, und hebt die vorzügliche Haltung derselben bei dem großen Bergarbeiterstreik in Rheinland⸗
Westfalen hervor.
Abg. Kölle (b. k. P) bittet, daß bei den Gendarmerieoffijieren nicht eine so häufige Versetzung stattfindet. Wenn ferner die Ge⸗ meinden gehalten werden, ihre hol n e rulen gegen Unfall zu ver⸗ sichern, so sei es nur billig, daß auch die Gendarmen bei Unfällen nicht bloß dle Bezüge ihrer ef , erhielten. Im Interesse, des Dienstes sei auch die allgemeine Einführung von Dienstfahrrädern durchaus zu empfehlen.
Abg. Werner (Reformp. tritt unter Hinweis auf einen Artikel der „Berliner Neuesten Nachrichten,. der die Verhältnisse der Gendarmen vollkommen icht g schildere, für deren Wünsche einer Besserstellung lebhaft ein. 8 * 533 daß die Abge⸗ . aller Parteien sich der Wünsche dieser Beamten angenommen
ätten. 3 Abg. Hammer (kons.): Der sozialdemokratische Parteichef Bebel hat es in Jena selbst gefagt, daß es den Genossen einen riesigen Spaß mache, die Polizei und die Gendarmen zu foppen. Tat⸗ sächlich werden die Leute auch bis aufs Blut verhöhnt; es gehört ein außerordentliches Maß von Besonnenheit und Mut dazu, unter diesen tobenden Genossen ruhiges Blut zu bewahren. Der Gendarm, wie er ung schon seit den sechziger Jahren in den Witzblättern und von den Herren der Linken geschildert wird und bis nach Amerika gekommen ist, existiert; schon damals und auch, heute noch nicht. Herr Baensch⸗Schmidtlein hat gegen die Zigeuner die Feuerspritz; empfohlen. Ich habe erfahren, daß in einem Falle die Einsperrung nicht der alten, sondern der e. Zigeuner⸗ weiber die Wirkung hatte, daß die Bande für immer wegblieb. In betreff der Besserstellung der Gendarmen müßten wir alle uns auf bestimmte ir e mern vereinigen, damit der Finanzminister einen bestimmten Anhalt hat. . J
Abg. St ul (Zentr.) weist auf die Zigeunerplage an der ober⸗ schlesisch⸗österreichischen Grenze hin. An der Grenje sind die Zigeuner
bald in Schlesien, bald in Böhmen, bald in Galizien. Namentlich in
tretern des BDistriktskommissars in den Distriktsämtern, da das
den Grenjbeztrken müßten die Gendarmen und besonders die berittenen Gendarmen vermehrt werden.
Minister des Innern Dr. von Beth man n-⸗Hollweg:
Die Anwelsung an die Polijeibehörden wegen der Zigeuner liegt im Konzept hier in meinen Händen; sie wird in den nächsten Tagen abgehen. Hoffentlich wirkt sie, wenngleich ich mich übergroßen Hoffnungen nicht ⸗hingebe, da ich lediglich eine Zusammenstellung der. jenigen Bestimmungen habe vornehmen können, welche gegenwärtig vielfach zerstreut sind.
Ich bin in der Anweisung so weit gegangen, wie ich habe gehen können. Speziell habe ich die Polizeibehörden darauf aufmerksam gemacht, in jedem Fall zu prüfen, ob nicht das Umherziehen von Zigeunerbanden den Fall der Landstreicherei darstellt, wonächst nach der erforderlichen Anzahl von Verurteilungen die Unterbringung in Korrektionshäusern möglich sein würde. Diplomatische Verwickelungen werden nicht zu befürchten sein, da ich in der Anweisung ausdrücklich ausgesprochen habe, daß alle ausländischen Zigeuner auszuweisen wären.
Die Feuersprltze würde ich sehr gern in die Anwelsung auf⸗ nehmen (Heiterkeit) und werde dem Abg. Baensch ⸗Schmidtlein dankbar sein, wenn er einen Gesetzentwurf einbringt, der ihre Anwendung für zulässig erklärt.
Die Reden, welche zu diesem Ctatstitel zu Gunsten der Gendarmen gehalten worden sind, haben mich in eine gewisse Verlegenheit gesetzt. Nicht daß es mir schwer wird, meine Sympathie mit allen Be— strebungen zu bekunden, welche darauf gerichtet sind, die Verhältnisse der Gendarmen nach den verschiedenen Richtungen zu verbessern. Aber es ist undankbar, mehr mit der Bezeugung des guten Willens als mit Taten antworten zu können. Immerhin haben Sie anerkannt, daß einige und, wie ich glaube, nicht zu unterschätzende Besserungen bereits im Etat enthalten sind.
Wegen anderer heute geäußerter Wünsche schweben berests Ver⸗ handlungen und führen hoffentlich zum Ziel. Auf die Details einzu⸗ gehen, halte ich nicht für möglich und hoffe, die einzelnen Herren er— warten dies auch nicht.
Zum Schluß kann ich nur die Hoffnung aussprechen, daß auch die heutigen Verhandlungen und die Sympathiebezeugungen, die von allen Seiten des hohen Hauses den Gendarmen entgegengebracht worden sind, dazu beltragen werden, diese Beamtenklasse in der treuen und selbstlosen Erfüllung ihres schweren und verantwortungsvollen Dienstes weiter zu stärken.
Darauf wird die Debatte geschlossen.
Abgg. Dr. Schroeder⸗Cassel (ul) und Rosenow fr. Volksp. erklären zur Geschäftgordnung, daß sie durch den Schluß ver ⸗ hindert feien, für ihre Partei gleichfalls für die Besserstellung der Gen⸗ darmen einzutreten. .
Das Kapitel wird bewilligt.
Bei den allgemeinen Ausgaben im Interesse der Po lizei tritt
Abg. GSyßling ffr. Volkep.) für die Förderung des Seuchen⸗ schutzes ein. Gerade im Osten reichten die dazu berufenen Polijei⸗ organe noch nicht aus. Der Redner empsiehlt ferner eine bessere Ueberwachung der Haltekinder. ;
Ein Regiterungskommissar erwidert, daß mit dieser Ueberwachung allerdings meist die untergeordneten Poltzeiorgane be⸗ auftragt werden müßten; man habe 3 jetzt bemüht, auch weibliche Hilfskräfte heranzuziehen und namentlich in Berlin einen Anfang mit der Anstellung von sechs Damen und in Cöln von drei Damen ge macht, was sich durchaus bewährt habe. Es sei beabsichtigt, in allen Stäbten mit Königlicher Polizeiverwaltung in derselben Weise Damen fest anzustellen und die Mithilfe der Frauenvereine in Anspruch zu nehmen. In Breslau sollten sechs Damen, in Stettin zwei Damen, in Danzig, Pofen, Frankfurt a. N. je 1 Dame und in Cöln weitere drei Damen angestellt werden; die Zahl in Berlin soll auf 25 Damen erhöht werden.
Der Zuschuß an die Kommunalverbände zur Aus— führung des Gesetzes über die Fürsorgeerziehung Min der⸗ jähriger soll nach dem Etat von 31170 000 M6 auf 4400 0004 erhöht werden.
Berichterstatter Abg. von Pappen he im referiert über die Aus führung dieses Gesetzes. Der Zuschuß werde wohl auch in den nãͤchsten Jahren noch erhöht werden müssen. ;
Abg. Peltasohn (fr. Vag) .. Ich will die Großstädte nicht als sittlich verwahrlost und als. Sündenbabel hinste len, aber die Stabifstik über den größeren Anteil der Großstädte an der Zahl der Fürsorgezöglinge gibt doch zu denken. Die Fürsorgeerziehung soll als ultima ratio eintreten, aber das ist noch nicht überall der Fall. Es hängt davon ab, ob der Vormundschaftsrichter die Verwahrlosung annimmt oder nicht. Wenn weder die Eltern noch die Schule in der Lage find, erziehlich auf die Kinder einzuwirken, aber die Unter⸗ bringung in einer Anstalt erst recht die Gefahr bringen würde, daß sie verdorben werden, follte die Armenverwaltung in dieser Beziehung wirken. Die Polizei sollte die Anordnungen des Vormundschaftè⸗ richters schützen. e .
Abg. Schmedding Gentr.) bleibt unverständlich.
Abg. Hoheisel (Zentr) empfiehlt die Cinführung des Religiont. unterrichts beim Fortbildungsschulunterricht, um die Jugend gegen die sittlichen Gefahren zu stärken. . -
Abg. Eaffel (fr. Vollsp.): Wenn die Anzahl der Fürsorge⸗ zöglinge in Berlin ,. groß ist, so liegt das keineswegs an den sittlichen Zuständen Berlins, sondern an anderen Umständen, auf die heute einzugehen zu weit fuhren würde.
Beim Kapitel der StrafanstaltsLverwaltun
Berichterstatter Abg. von Pappenheim über die Anstellung akade⸗ misch gebilbeter Sirafanstaltsdirektoren und über die Besserstellung der Strafanstaltslehrer. Die Konkurrenz der Gefängnisarbeit werde nach Möglichkeit beschränkt; es würden dabei drel Grundsätze befolgt; es werde bon den Gefangenen gearbeitet J. für den Bedarf der einzelnen Strafanstalten und die . Gefängnisverwaltung, 2. für die Hirstellung von Gebrauchsgegenständen für Reicht. und taats⸗ behörden und 3. für Landeskulturarbeiten. Die Kommission habe diese Grundsätze durchaus gebilligt, namentlich die Beschäftigung mit k die bon nicht zu unterschäßender stttlicher Be ⸗ eutung sei. ᷣ
Abg. Wol ga st (fr. Volksp.): Die Besserstellung der Lehrer ent⸗ spricht dem vom ganzen Hause früher geäußerten Wunsche. Es ist aber bedauerlich, daß die den Lehrern gewährte Zulage von 250 60 nicht pensionsfähig ist. In bezug I. die Penslonierung nehmen die Strafanstaltslehrer eine Ausnahmestellung ein, da ihre Dienstzeit erst vom 31. Lebensjahr ab rechnet. Bei der großen Anstrengung dieses BDienstes find nur ausgefuchte Kräfte aus den Volksschuilehrer geeignet. Die Strafanstaltslehrer können auch nicht apaneieren. .
Abg. Strosser (kons): Nach dem Etat sollen vier neue Stellen für Strafanstaltsdirektoren mit einem höheren Gehalt, bis u 6600 g geschaffen werden, in welche Direktoren mit voller akademischer Bildung eingestellt werden sollen. Diese ga. nahme soll auf vorlzufig vier Strafanstalten beschränt blelben, und ich lege Jachdruck auf das Wort „vorläufig. Ich freue mich, daß für die Strafanstaltsdirektoren, die einen schweren Dienst haben, etwas geschehen soll; ich hoffe aber auch, daß die vielen alten, gedienten Strafanstaltsdirektören lm göäch= sten Jahre ebenfalls eine Gehaltsaufbesserung bekommen. Einer Besserstellung bedürfen auch die Strafanstaltsgeistlichen, die ihren
referiert
immer innerhalb der geschlossenen Anstalt versehen müssen und . Sonntags und Wochentags, da sein müssen. Sie haben kenn brich nicht lie Aufgäße, zd bre Lage it so bart, zaß dringend der Abhilfe bedarf. Die Dienstzest in anderen Ge. meinden wind ihnen nicht angerechnet, man verlangt aber, daß sie lingere Zeit vorher im Gemeindedienst gewesen sein müssen, weil nan Junge Geistliche für die Anstalten nicht gebrauchen kann, sondern mur altere, denen bereits Erfahrungen zur Selte stehen, Es ist aber en Strafanstalts geistlichen direkt verboten, bei ihrer Uebernahme in en Staatgdienst die Anrechnung der früheren Dienstzeit ju be⸗ antragen; erst bei der Pensionierung dürfen sie darum bitten. Diese arte könnte leicht beseltigt werden durch gesetzliche Anrechnung jener enstjeit. Auch daß das Gehalt nicht auökömmlich ist, ist nicht zu eiten. ; ö
tete e, Witzmann (nl): Die Beschäftigung der Gefangenen mit Außenarbeit liegt im Interesse der Gefangenen selbst, der Landwirt⸗ sbast und auch des Handwerkers. er. wird die Konkurrenz ver⸗ ndert, die die Gefaͤngnisarbeit dem freien Handwerk macht. Aber mir scheint, daß es no nicht genug ist, wenn nur 2000 Gefangene mit Landeskulturarbeiten beschäftigt werden. Allerdings mien die Gefangenen . werden, aber die freien Handwerker müssen erst
t Arbeit haben. ach Abg. Dr. Wagner (frkons.): Wenn Strafanstaltsdirektoren mit poller akademischer Bildung angestellt werden, die sich aus Liebe diefer Karriere zuwenden, so müssen sie auch beffer besoldet werden, damit ist aber nicht gesagt, daß die vorhandenen Direktoren, die aus den mittleren Beamten hervorgegangen sind, in ihren Leistungen herabgesetzt werden. Aber es ist doch richtig, für geh ere Anstalten auch höhere Beamte anzustellen, obwohl man zugestehen muß, daß gerade alt ediente Soldaten am besten mit diesem Menschenmaterial n den AÄnstalten umzugehen wissen. Wenn aber etwa durch die An⸗ stelung höherer Beamten dem Assessorismus Vorschub geleistet werden sollte, so würde ich mich dagegen entschieden sträuben. Die Jweiteilung., daß die Gefängnisse teils dem Ministerium des Innern, sellz dem Justizministerium unterstehen, ist nur aug der historischen Entwicklung verständlich, aber nicht mehr wünschenswert. Wenn es jum einheitlichen Strafvollzug kommt, müssen die Gefängnisse sämtlich allmählich auf das Ressort des Innern übergeführt werden, und nur die Untersuchungsgefangenen können beim Justizministerium bleiben. e. die Konkurrenz der Gefängnisarbeit gehe ich bei anderer Gelegen⸗ eit ein.
ö Geheimer Oberregierungsrat Dr. Krohnez; Es ist nicht richti, daß das pensionsfähige Dienstalter der Lehrer erst mit dem 31. Jahr beginne, es wird vielmehr beim Uebertritt eines Lehrers zur Sirafanstal ts verwaltung festgestellt, wie hoch seine Pension ist, die er im Gemeindeschuldienst erdient hat; dann wird berechnet, wie viel Jahre er bei uns hätte dienen müssen, um diese Pension zu erdienen, und danach wird dann gerechnet. Das Gehalt der Strafanstaltsgeistlichen ist nur bis 4800 „ bemessen, weil angenommen wird, daß sie nicht bis an ihr Lebensende im Gefängnisdienst bleiben, sondern zur allgemeinen Külchenderwaltung übergehen. Mit der Gefängnisarbeit hütet sich die Verwaltung ängstlich, dem Handwerk ungerechtfertigte Konkurrenz ju machen. Handwerksarbeiten werden nur, und jzwar mit aus⸗ drücklicher Zustimmung dieses Hauses, für Staatsbehörden gemacht. Im übrigen sind bedeutende Arbeiten von Gefangenen bei der Bearbeitung von Mooren, Oedland und Festlegung von Land an der Käste geleistet worden. Der Strafvollzug hat zuerst den Zweck, den Gefangenen unter die Autorität des Stgates zu beugen, dann darf er aber nicht sogleich in der Freiheit beschäftigt werden. Außerdem sind wir durch die Grundsätze des Bundesratz gebunden, wonach alle Strafen bis zu drei Monaten in geschlossenen Anstalten vollstreckt werden sollen. Damit scheiden alle Gefangenen mit kurzen Freiheitẽstrafen aus, und wenn wir 2000 bereits draußen be⸗ schäftigen, so ist das ein Fortschritt, den wir verantworten können. Wenn akademisch gebildete Direktoren angestellt werden, so ist von Assessorismus keine Rede; denn es sollen nicht bloß Juristen angestellt werden. Der Strafvollzug soll vor allem so sein, daß die Gefangenen nicht wiederkommen. Menschen zu behandeln, ist schwer. Es sollen dechalb gerade für die Behandlung der jungen Verbrecher besonders ausgewählte Direktoren angestellt werden. Wir wollen einen Versuch machen und hoffen, Persönlichkeiten zu finden, die geeignet sind, dafür uu sorgen, daß unser Strafvollzug immer besser seinen Zweck erreicht, Verbrechen zu verhüten und sozlale Menschen zu schaffen.
Abg. Graf von Carm er (kons): Die Aufbesserung der Lebrer⸗ gehlter wird am besten bis zur Revision der Lehrergehälter im allgemeinen vertagt bleiben können; die hier gegebene Zulage von 230 ist nur eine Remuneration, die nicht pensionsfähig ist. Es würde der Gerechtigkeit entsprechen, sie pensionsfähig zu machen. Von den Strafanstaltslehrern wird verlangt, daß sie vorher zehn Jahre im Vollsschuldienst gearbeitet haben. Diese Zeit wird ihnen aber nur prozentual angerechnet, wie sie als Strafanstaltslehrer gearbeitet haben müßten, um denselben , , zu erreichen, den sie als Volks schullehrer erdient haben. Da aber das Gehalt der Strafanstalts⸗ lehrer höher ist als das der Volksschullehrer, so erfahren die zehn Fahre eine Reduktion, und das ist eine große Härte. So kann ein Straf⸗ mnstaltslehrer nach 40 Dienstjahren die Höchstpension nicht erhalten. h bitte deshalb den Minister, diese Härte durch volle Anrechnung der zehn Jahre zu beseitigen. ö
Darauf wird die Debatte geschlossen.
Der Rest des Ordinariums und das Extraordinarium werden ohne weitere Debatte bewilligt.
Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag, 11 Uhr. Kleinere Etats; Etat der direkten Steuern; Interpellation Brust wegen des „Borussia“ Unglücks; Bergetat.
a,
Parlamentarische Nachrichten.
Aus der dem Reichstage zugestellten Fortsetzung der Denk⸗ * über den Verlauf des Aufstandes in Deutsch— ü dwestafrika . folgendes mitgeteilt: be Nach der Abreise des Generalleutnantßs von Trotha in die ) mat am 19. Nobember v. J. übernahm der Gouverneur von ndeqguist die Gouvernementsgeschäfte und der nächstälteste Offizier n Schutzgebiet, Oberst Dame, das Kommando über die Schutz. ppe. Durch den Aufruf des ersteren vom 1. Dezember v. J. ver⸗ ht. legten 1135 Hererog bis zum 11. Januar d. J. die Waffen Eder sodaß sich nunmehr, einschlleßlich der Kriegsgefangenen, 10 62) Feteros, dabon 2374 Männer, unter der Aufsicht der Behörden befinden. me in treiben sich noch hler und da viehraubende Hererobanden 1 ande herum und scheuen sich nicht, in der nächsten Umgebung an bie Farmen zu plündern. Es ist daber die Anwesenheit einer lie, Truppenmacht im Hererolande noch auf längere Zeit er⸗ erlich Alles, waz an Truppen sonst entbehrlich war, ist nach dem ö ae des Schutzgebiets gejogen worden. Dort haben sich die Ver 63 sse insofern günstiger geftaltet, alz nach dem am 25. Oktober * erfolgten To de Hendrik Witbois dessen Anhang sich FGtreut hat., Bereltß Gnde Rowvember stellte sich in Berseba amuel Isaak, der tätigste Unterführer des alten Hendrik. In ' 1. Gefolgschaft befanden sich Hans Hendrik, der Kapitän der 1 and agen von Koes, 74 Männer und 44 Weiber. Sie lieferten e nur 34 Gewehre ab. 8 en die Leute Manasses, des ae nb der roten Nation von H . und Simon Coppers, näbttaͤn der FranzmannHoltentotten, dle einst um Gochas angesessen ⸗ * hatte der Major v. d. Heyde am Nossob bei 3 85 und Awadaob sowie bei Gububms siegreiche Gefechte. ' Gubuoms fiel am 1. Dejember v. J. Manafse en und ein en ie ff, auch nh! on C . en Ii. 2 noch un ernachricht, an einer mehrere Wochen zuvor waltznen Verwunbung hestorben fein. Bas. Gesecht Bei Konsis
andere Weise zubereitet.. 35 75 54 Makkaroni, Nudeln und andere ita⸗ lienische Teigaren ... 8 25 57 Iltronen und Apfelsinen. ... 1,B50 5 121 Dlivenöl in Fässern.. .. 160 15 173 Pflanzliche Gerbstoffauszüge: Sumach, wilde Kastanien, Quebracho .... 3 5 190 Schwefel.. 1,50 2,50
*
Verlust eines bewährten Schutztruppenoffizers. des Hauptmanns Kliefoth. Allmählich ließ auch hier die Gefechtskraft des Gegners nach, zahlreiche Leute stellten sich in Aminuis, der Rest war im Sand⸗ felde verschwunden, und eine am 3. Janugr von dem Major v. d. Heyde bis zur englischen Grenze ausgedehnte Erkundung ergab östlich des leinen Noffob nur berlassene Werften. Alleg, was sich bisher im Süden freiwillig gestellt hat, ist wohl auf Rechnung dieser Stämme zu setzen. Es waren am 11. Januar 1906 1530 Köpfe, darunter 567 Männer. Ist ö. infolge des Verlustes der Führer die Widerstandskraft der Witbois und der ihnen herwandten Stämme erlahmt, so kann doch von ihrer völligen Niederwerfung noch nicht gesprochen werden. Es ist noch immer nicht ausgeschlossen, daß der Aufstand hier und da wieder aufflackert, wenn sich ein unternehmender Führer findet.
Geringere Fortschritte haben die Qperationen gegen Cornelius und Morenga gemacht. Cornelius, der in aus- gedehnten Kreuz. und Querzügen von den deutschen Truppen verfolgt und mehrfach gestellt wurde, gelang stets zu entkommen. Am 19. Ja⸗ nuar gelang es endlich, ihn in den Tirasbergen in der Gegend der Aribamsaspforte zum Kampf zu jwingen. Er verfügte über 100 Gewehre und war von jahlreschen Leichtbewaffneten begleitet. Nach dreistündigem Gefecht wurde Cornelius in die Flucht geschlagen und ließ 12 tote Hottentotten und Hereros, darunter einen Herero kapitän, auf dem Platze. Die Verfolgung wurde bis Korais fort gesezt. Die, den deutschen Truppen zugemuteten Anstrengungen waren in diesen Kämpfen sehr bedeutende. Dem beweglichen und landeskundigen Gegner war auf müden und halbverhungerten Pferden schwer beizukommen.
Im aͤͤußersten Süden stebt Morenga noch mit einem Anhang von mindestens 400 gut bewaffneten Leuten in ungebrochener Kraft in der Gegend von Hartebeestmund. Das dort am 24. Oktober gelieferte Gefecht hat ibm keinerlei Abbruch getan. Im Gegenteil ist seine Unternehmungklust eher gewachsen, was er durch , . Ueberfãlle und Beutezüge, besonders an der Etappenstraße Ramans drift Warm⸗ bad, zur Genüge bewiesen hat. Unzufriedene Elemente von diesseits und jenseits der Grenze haben sich ihm angeschlossen und seine Streit- kraft erhöht. Landeskundig, bedürfniglog, und unabhängig von rück wättigen Verbindungen, wegn er sich immer wieder Munition und Proviant zu verschaffen. eine Niederwerfung wird daher aller Wahrscheinlichkeit nach Anspruch nehmen. Gegen ihn zieht der Major von Estorff alle verfügbaren Kräfte, im inn g Kompagnien, 11 Geschütze, 6Maschinengewehre, zusammen.
och ist zu bedenken, daß diese Truppenteile durch den langen auf⸗ reibenden Feldzug stark mitgenommen und geschwächt sind. Sie müssen also vorerst das Eintreffen der am 18. Januar ab- gereisten Ergänzungen abwarten. Auch an Pferden und Maultieren ist Mangel, weil sie bei der geringen Weide im äußersten Süden des Hafernachschubs bedürfen. Dieser aber bleibt aus, und in großer Zahl verfallen die Tiere dem Hungertode. Unsere gegen Morenga fechtenden Truppen sind für ihren Nachschub zur Zeit allein auf Lüderitzbucht angewiesen. Rinderpest und Milzbrand aber haben den Betrieb mit den landesüblichen Ochsengespannen stark eingeschränkt, und wenn auch die Sperre kürzlich aufgehoben ist, so ist doch zu bedenken, daß ein 1 Teil des Viehes der Seuche wegen getötet worden ist. Noldürftig wird der Betrieb mit Maultieren aufrecht erhalten und jetzt sollen Dromedare für den Nachschub eingestellt werden. Ein Wandel zum Besseren wird zwar eintreten, sobald die Bahn Lüderitzbucht- Kubub in Betrieb sein wird. Aber ihre baldige Fort= führung bis Keetmanshoop ist für die Beendigung des Aufstandes ein unbedingtes Erfordernis. Nur dann kann man die Truppe unab⸗ hängiger von der Zufuhr und damit beweglicher machen. Dann erst wird sie in der Lage sein, das zu erreichen, was sie in entbehrungs⸗ reichen Kreuz⸗ und Querzügen bisher erstrebt hat, die bleibende Nieder⸗ werfung des Gegners. ö
längere Zeit in
Sandel und Gewerbe.
(Ius den im Reichsamt des Innern zusammengestellten Nachrichten für Handel und inn me f
Bulgarien und Italien.
Handelsvertrag zwischen beiden Ländern. Durch einen Runderlaß des hulgarischen Finanzministeriums vom 3. 16. Januar d. J. sind die bulgarischen Zollämter benachrichtigt, daß zwischen Bulgarien und Italien ein Handelsvertrag abgeschlossen und an diesem Tage in Kraft . ist. Die zu Gunsten italienischer Erzeugnisse vereinbarten Er— mäßigungen des neuen bulgarischen Zolltarifs, die, soweit Deutschland kein eigenes vertragsmäßiges Recht hat, vermöge der Meistbegünstigung auch den deutschen Erzeugnissen zugute kommen, sind hauptsächlich
folgende:
Nummer des Zollsatz bes Zollsatz des bulgarischen bulgarisch⸗ 3 allgemeinen italienischen allgemeinen
Zolltarifs Vertragstarifs. Zolltarifs. v. 17. / 80. De⸗ für 100 kg für 100 Kg zember 1801 ; Franken Franken 25 Parmesan⸗, Gorgonzola⸗, Pecorino⸗, Caciocavallo, Fontina⸗, Provoloni⸗ und Straechinokäse. 30 75
33 Fische aller Art, getrocknet und ge⸗ 2 25 75 Dergl., mariniert, konserviert und auf
233 Fnöpfe saus Schilbpatt, Horn, Knochen; 75 8
0
235a Marmor, roh... frei 2 Desgl., behauen 1,50 2
aus 235 Desgl., poliert 1A 50 5
235 Marmor und Alabasterwaren, poliert, auch in Verbindung mit anderen Stoffen außer Eedelmetallen, Elfen. bein, Perlmutter usw., das Stück im Gewicht von 5 kg bis 75 kg. 7, 50 160 235 4 Andere Gegenstände aus Marmor und Alabaster, poliert oder geformt, auch in Verbindung mit anderen Stoffen außer Edelmetallen, Elfenbein, Perl mutter usw., das Stück in geringerem
Gewichte als 5 kg.. 25 30 270 Glasperlen, Armbänder, Kronleuchter ⸗ behänge und Prismen aus Glas.. 30 75 3566 Baumwollenwatte, nicht gummiert. 20 45 359 a Baumwollengarn, gezwirnt, nicht ge⸗ bleicht. ö gefärbt, bis Nr. 14 , K 28 30 Bindfaden, Schnüre und Stricke aller Art aus Baumwolle. 60 70 366 Baumwollenchiffon und andere Futter⸗ stoffe dieser Art 35 90
374 Wirkwaren aus Baumwolle, einfach zu⸗˖
sammengewirkt, jedoch nicht genäht. 225 300 385 Bindfaden und Schnur aus Hanf... 45 75 386 Seile aus Hanf... 40 56.
—
m 17. Dezember v. J. kostete auch den deutschen Truppen den
Belgien.
Vorbemerkungen zum Zolltarif. Von den im Januar— heft des Deutschen Handels Archos“ mitgeteilten Vorbemerkungen zum belgischen Zolltarif, enthaltend die gesetzlichen und Ver⸗ waltungsborschriften für die Zollabfertigung, hat die Königliche Hof⸗ buchhandlung von E. S. Mittler u. Sohn, Berlin, Kochstraße 68/71, einen Sonderabdruck zum Preise von 90 veranstaltet.
Rumänien.
Zollbehandlung von Waren beim Inkxafttreten des neuen , . Die rumänische Regierung hat angeordnet, daß ju den Sätzen des zur Zeit noch geltenden Zolltarifs nur dtejenigen tatsächlich nach Rumänien eingefübrten Waren zugelgssen werden sollen, für die bis spätestens 28 Februar (n. St.) d. J, Abends 6 Uhr, die Zollanmeldung abgegeben ist.
Außenhandel der Vereinigten Staaten von Amerika im Kalenderjahr 1905.
Die Summen warte des Außenhandels der Vereinigten Stagten von Amerika für den Dezember und das Kalenderjahr 1905 im Ver⸗ gleich mit 1994 waren nach den vorläufigen Zusammenstellungen des Statistischen Bureaus zu Washington die folgenden:
Dezember Januar bis Dezember 1905 1904 1905 1904 Warenverkehr: In 1000 Dollars Einfuhr: zollfreie Waren.. 47794 48 526 539757 489617 zollpflichtige Waren 53 361 48 0941 648 607 545 292 Summe 101 1595 86557 1179359 103535969 Ausfuhr: inländische Waren . 197 373 143 441 1599 397 1425711 ausländische Waren 2336 1812 27 565 25 608 ö Summe 199 709 145 253 1626 952 1491319 Ausfuhrüberschuß . 98554 48686 447 6065 415 410 Edelmetallverkehr: Einfubr: Gold. 3982 3 336 50 246 S4 803 Silber. 4647 2253 35 892 26087 Summe 3 b298 5589 85 1338 110 880 Ausfuhr: Gold 2668 13503 46794 121212 Silber. . 8196 1 115 57 513 50 135 Summe 10864 17618 104507 171347 Ausfuhrüberschuß . 2235 12029 18169 60 457.
Hand in Hand mit einem sehr umfangreichen Inlandgeschäft ging hiernach in den Vereinigten Staaten während des Jahres 1905 eine ungewöhnliche Ausdehnung des Handelsverkehrs mit dem Auslande. Die Einfuhr wie die Ausfuhr von Waren nahm einen bisher in keinem Jahre erreichten Umfang an. Die Skteigerung der Einfuhr säßt erkennen, wie die Kaufkraft des Landes mit der Gunst der Ver⸗ hältnisse zugenommen hat, und wie die inländische Industrie zur Aus— führung der vorliegenden Bestellungen ausländische Materialien, die sie überhaupt nicht oder nicht in genügender Menge erzeugen konnte, in gesteigertem Umfange verwenden mußte.
Für den Umfang der Ausfuhr ist naturgemäß der Ausfall der Ernten in bohem Maße von Bedeutung; denn im Export Amerikas spielen noch die Bodenerzeugnisse die Hauptrolle. Die Ernten des Jahres 1905 waren nun äußerst günstig, aber da diese erst in den letzten Monaten des Kalenderjahres eingebracht wurden, wird im Ausfuhrgeschäft ihr Reichtum erst für das Fiskaljahr 1905106 voll zur Geltung kommen. Die 1905 zur Versendung ge⸗ langten Bodenerzeugnisse stammen zum größten Teil aus der Ernte 1904, die, abgesehen von der Baumwolle, keineswegs so reichlich wie im letzten Jahre gusgefallen und für Weizen sogar ziemlich gering war. Der . dieser mäßigen Weizenernte machte sich auch im Januar und Februar 1905 sehr deutlich im Außenhandel bemerkbar, der in diesen Monaten einen entschiedenen Rückgang erfubr. Seit dem März indessen waren gegenüber den entsprechenden Vorjahrs- monaten Steigerungen der Warenausfuhr zu verjeichnen, die nur im Oktober infolge einer Stockung im Baumwollenerport eine Unter⸗ brechung erfuhren. Im Dezember erreichte der Ausfuhrwert mit fast 200 Millionen Dollars den Höhepunkt.
Die Zunahme der Warenagusfuhr im Jahre 1905 betrug gegenüber der im Vorjahre 1753 Millionen Doll. und gegenüber 1905, dem besten bisherigen Exportjahre, 1421 Millionen Doll. In den letzten zehn Jahren hat sich die Warenausfuhr der Vereinigten Staaten dem Werte nach beinahe verdoppelt und der Wert des ge samten Warenhandels mit dem Auslande eine Steigerung von 1626 6 n, n n, Doll. erfahren, wie aus nachstehender Uebersicht ervorgeht:
Warenverkehr der Vereinigten Staaten mit dem
Auslande: ann in
usfuhr⸗ esamt⸗
Jahr Ausfuhr Einfuhr uberschuß derkehr
Werte in 1000 Dollars
, S824 860 S8o0ol 669 23 191 1626529 ö 1005837 681 579 324 258 1687 416 ,, 1099709 742 595 357 114 1842 304 . 1255 546 634 954 b20 h8z 1890510 1 1275468 798 967 476 501 2074435 . 1477946 S29 150 648 796 2 307 096 j 1465376 880 420 584 956 2 345796 j 1360686 969317 391 369 2330 003 K ,/ 1484753 995 494 489259 2480 247 ö 1451319 1035909 415 410 2 487 228 ö, 1626962 1179359 447 603 2 806 321.
. der ungünstigen Weizenernte im Jahre 1904 trugen die Brotstoffe zu der Steigerung des Ausfubrwerteg im Jahre 1808 mit rund 55 Millionen Doll. den größten Teil bei. Die Weizen und Weizenmehlausfuhr hob sich mit Hilfe der guten Ernte von 1905 nur auf 71 761 509 Bushels gegenüber 64 957 158 für 1904, während sie 1901 266 286 902 Busphels erreicht hatte Dagegen wurden 111 301 796 Busbels Mais gegenüber nur 46 498 607 im Vorjahre und 28 820 404 Bushels Hafer gegen 1220134 i. J. 1904 zur Ausfuhr gebracht. Der Export von Baumwolle war infolge der großen Ernte vom Jahre 19604 natürlich recht erheblich gestiegen; er belief sich auf 8 007249 Ballen gegen 6561 643 Ballen im Vorjahre, während der Wert dieser Ausfuhr sich an des gesunkenen 342 der Ware bei weitem nicht in gleichem Maße vergrößerte. In der letzten Fi des Jahres 1965 stieg die Ausfuhr von Viktualien nicht unerheblich, sodaß sich für diese ebenfalls eine Exportsteigerung gegen 1994 ergab, in dessen der Absatz von lebendem Vieh hinter dem vorjährigen etwas zurückblieb. Eine Abnahme des Ausfuhrwertes war auch etro⸗ leum trotz der Steigerung der verschifften Menge um 180 Millionen Gallonen zu bemerken. Für die genannten Hauptgruppen der Waren- ausfuhr ergab sich insgesamt eine Wertsteigerung gegenüber dem Jahre 1904 von rund 100 Millionen Dollars. In den letzten vier Fahren verteilte sich die Gesamtausfuhr auf diese Hauptgruppen und die übrigen Waren in folgender Weise:
⸗ 1905 1901 1903 1902 Warengruppen AuJsfuhrwerte in 1000 Dollars
Baumwolle 392 479 368 839 378 636 290 496 Brotstoffe. 163 704 98 307 200 012 195712 Viktuallen . 189 050 166 165 181477 182 629 Lebendes Vieh 42726 43 646 38 933 25 842 Mineralöle 79 422 80 624 72 628 68 597 Hauptgruppen. do 381 7d. 58] d. 1 b86 S5 z76 Andere Waren. 769 581 693738 613 0657 597 499 Summe Ibs ds 145I5I9 1484 7053 1560 689.
K
ö
8