Großfhaudelsyreise von Getreide an deutschen und fremden Bõrsenplãtzen für die Woche vom 12. bis 17. Februar 1908 ne bst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. Zusammengestellt im Kalserlichen Statifstischen Amt. 1000 kg in Mark. (Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.
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Berlin.
Roggen, guter, gesunder, mindestens K ö. ö. Hafer, s . 9
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Roggen, Pester Boden H, 9. J ö JJ
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Roggen, 71 bis 72 Kg das h...
Weljen, Ulla, 75 bis 76 kg das hl Riga.
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Paris.
een lieferbare Ware des laufenden Monats /
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Roggen, Pfälzer, russischer, bulgarischer, mittel ., mittel.
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London.
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13) Angaben liegen nicht vor.
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Woche 12. 17. Februar 1906
7
174,50 196,63 172,50 174,50
126, 16 162,52 137,93 153,25 127,71
y.
109,37 126,65
12,30 1355. 19
128,33 1965,47
138,16 141,00 147,51 150, 19 148,72 157,56 152, 358 149, 94
7.
144,45 141, 65
136,00 137,48 143,91
153,33 148,53 149,56 149,81 153,33 162,73 142,14 105,03
2,18 119,71
130, 15 128, 03 125,44
71,47
141,31 138,92 136,79 133,59
Sl, 48
118,49
S9, 09
Da⸗ egen 0 r⸗ woche
164,59 179,57 160,58
174,50 196,63 172,50 175, 25
125,17 162,64 137, 94 153,27 127,73
113,76 144,22 131,98
123,04
117, 08s
109,62 12765
122,30 131,97
128,33 196,53
138,01 141,43 148,99 150, 37 150, 37 158,50 154,43 150,37
132,69 140,73 147,77 165, 36 103,86 112,31
143, 89 141,09
135,61 136,27 142,50
153,33 148,63 149,58 149,56 151,92 162,73 142, 14 105,82
93.84 119,24
131,25 129, 64 127,75
73, 19
142,54 139,58 137,85 134, 47
82, 93
120, 27 89.98.
1 Imperial Quarter ist für die Welzennotiz an der Londoner Pro⸗
duktenbörse — 504 Pfund engl. an 196 Marktorten des Königrei
166 englisch — 453,5 g; 1 Last Roggen — 2100, Wein
Mais — 2000 kg
erechnet; für die aus den Umsätzen
ermittelten Durchschnittspreise für einheimisches Getreide (Gazette averages) ist 1 Imperial Quarter Welzen — 189, Hafer — 312, Gerste — 400 Pfund engl. angesetzt. Hushel 335 —= go, 1 Bushel Maig — „hz Pfund englisch;
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Bei der Umrechming der Preise in Reichswährung sind die
aus den einzelnen Tagetzangaben
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wöchentlichen Durchschnittswechselkurse an der Grunde gelegt, und jwar tj Wien und Budapest die Kurse auf Wien,
r London und Liverpoo
. St. Petersburg, für ahh, Antwerpen un auf diese Plätze. Preise in Goldprãmie.
ei erliner
i. ermittelten Börse zu
die Kurse auf London, für Chicago und eu Jork die Kurse auf Neu Jork, für e . und Riga die rt
Amsterdam die Kur Buenos Aires unter Berücksichtigung der
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der Gesellschaft und der eifrigen Verfechtung ihrer Ziele.
Dentscher Reichstag. 48. Sitzung vom 2. Februar 19066, Nachmittags 1 Uhr.
(Bericht won Wolffs Telegraphischem Bureau.
Tagesordnung: Erste und event. , Beratun in Adis⸗Abeba a
des am
eutsch⸗
Gesetzes, betreffend di Feststellung des Re ichs haus . its⸗
Nach der Erledigung des ersten Punktes der Tages⸗
ordnung, worüber in der gestrigen Nummer des Alattes be⸗ ; . die Beratung des Spezial⸗
Reproduktion der künstlerischen Ausschmückung der Kapelle, um ihre Festhaltung auch für künftige Generationen; auch in dieser Beziehung steht das Werk vollkommen auf der Höhe der Zeit; es gereicht dem BHeutschen Reiche zur Ehre. Die schwarzen Reproduktionen hat die Firma Bruckmann in München geliefert; im zweiten Teile . auch farbige Reproduktionen enthalten, die wir der Munifizenz Seiner Majestät des Kafsers verdanken. Unser Dank gilt hier vornehmlich dem Reichgamt des Innern und seiner kunstverständigen Tommisston, in dieser spezlell dem Dr. Schneider in Mainz. Der r deo XIII. hat mit großem Interesse den Fortschritten des Werkes zugesehen. Die Beamten des päpstlichen Palastez haben jedes Entgegenkommen dem Dr. Steinmann bewiesen, was sie beweisen konnten. Ein nach Rom entsandter Beamter des Reichsamts des Innern hat dem Papste Pius X. in Rom das Werk vorgelegt, und er hat es mit großer Freude und großem Interesse entgegengenommen.
Eine Reihe von Positionen des Extraordinariums werden hierauf ohne Debatte bewilligt.
Bei der Forderung von 30 000 „S6 zur Unterstützung an . ,, für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte gedenkt der
Abg. Eickboff (frs. Volksp.) des am 21. Oktober 1905 ver-. storbenen Professors Kehrbach und seiner Verdienste um die Gründung Der Redner bittet den Staatssekretär des Innern, der Gesellschaft auch weiter seine Förderung angedeihen zu lassen. . (.
Abg. Schrader (fr. V 1 Ich danke dem Vorredner für diese anerkennenden Worte. 9 bin vor einiger Zeit in die Gesell⸗ schaft eingetreten, habe mich bei der Revision des Statuts beteiligt und bin dann in den Vorstand gewählt worden. Der Tod des Professors Kehrbach hat in der Arbeit der Gesellschaft keine Stockung hervorgerufen; die Arbeiten werden vielmehr in der bisherigen Weise fert g ft Die Statutenreviston bewahrt den Arbeiten der Ge⸗ sellschaft durchaus ihren bisherigen Charakter; insbesondere ist der Charakter der Parität der Gesellschaft erhalten geblieben. Die Publikation der MNUonumenta Germanias PaSdagogica ist im Gange. Es wäre erwünscht, wenn im Etat eine kurze Denkschrift über die Arbeiten und Leistungen der Gesellschaft gegeben würde, so⸗ lange diese von Reichs wegen . wird.
Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Ich bin dem Herrn Vorredner sehr dankbar für die Anregung, dem Etat in Zukunft eine kurze Denkschrift beizufügen über das, was auf dem Gebiete dieser Erziehungsgeschichte geschehen ist, und was in der nächsten Zeit auszuführen geplant ist. Ich werde in Zukunft — ich halte das in der Tat für eine praktische Anregung — aber nicht nur für die Erziehungsgeschichte, sondern für alle die wissenschaftlichen Unternehmungen, für die ein Posten in den Etat eingestellt ist, stets eine kurze Denkschrift herausgeben lassen, die nachweist, was bisher aus diesem Fonds geleistet ist, und wieweit die Arbeiten noch zu fördern sind. Ich glaube, das wird sich für die Aufklärung des Reichstags in bezug auf die Verwendung der Gelder als außer— ordentlich nützlich erweisen.
Als sechste Rate des Beitrages des Reiches zu den Kosten des Ausbaues der Hoh könig sburg sind 200 M6 gefordert. Im ganzen ist ein Mehrbedarf von 850 000 S gegen den ur⸗ sprünglichen Voranschlag herausgerechnet worden, wozu auch Elsaß⸗Lothringen herangezogen werden soll.
Referent Abg. von Richtho . Diese Mehrforderung hat in der Kommission zu umfangreichen Debatten geführt. Die mhz g⸗ burg ist als ein äußeres Zeichen der Wiedervereinigung der Reichs⸗ lande mit Deutschland aufzufassen. Angeführt wurde in der Kom⸗ mission von der Regierung, daß der Ausbau der Burg den Besuch der Vogesen sehr gesteigert habe. Für die Mehrforderung ist auf die Steigerung der Löhne und der Materialienpreise bingewiesen worden; in der Hauptsache aber hat sich erst nach der Erledigung sehr um⸗ fassender Freilegungen und Aufräumungen ergeben, in welchem Maße die Restauration des Baues zu erfolgen habe. Dieser Umfang ist als die ursprünglichen Maße ganz erheblich überschreitend festgestellt worden. Die Kommission hät in ihrer Mehrheit, wenn auch ungern, ihre Zustimmung erteilt. Davon, daß die in . Mittel zur inneren Ausstattung verwendet werden sollen, ist nicht die Rede. Es handelt sich ja um einen sehr unliebsamen Vorfall, aber die 3 ng der früheren Bewilligung lassen sich nicht abweisen.
Abg. Ledebour (Soz.): Im Gegensatze zu dem Referenten bitte ich Sie, die Position abzulehnen. Der Referent hat den Staats⸗ sekretär mißverstanden. Dieser hat nicht gesagt, der Besuch der Vogesen hätte sich bis auf 36 000 gesteigert, 3 der Besuch der Se rng, Es ist ein Trugschluß des Staatssekretärs, daß die
iederherstellung der Hohkönigsburg zur Hebung des Nationalgefühls und der Zugehörigkeit von Elsaß Lothringen zu dem Deutschen Reiche beitragen würde. Das einzige Mittel, das Elsaß zu gewinnen, ist die Gewährung voller Rechte; der Zictjackkurs ist am wenigsten dazu , . Die Mehrkesten sind, wie sich jetzt heraut⸗ stellt, dadurch entstanden, daß der Felsboden, auf dem das alte Ge—⸗ bäude steht, verwittert ist und untermauert werden muß. Das zeigt, mit welcher Ungründlichkeit von vornherein an die Restauration des
Baues herangegangen worden ist. Man ging frisch und frei heran in der Hoff nung, daß der Reichstag schon die Summe bewilligen würde. Bei der neuen Forderung liegt die Sache aber nicht so einfach, wie es der Referent dargestellt hat. Der Reichstag hat auch nicht einen Pfennig bewilligt; denn im elsässischen Landesausschuß ist unbestritten ausdrücklich erklärt worden, daß weitere Kosten nicht gefordert werden würden. Sollte der Bau über die Forderung, die an den len, und den Reichstag heran⸗ getreten ist, mehr kosten, würde, so hieß es, der Bauherr die nicht erwarteten Mehrkosten tragen. Warum trägt diefer nicht die Mehr= kosten? Wie können wir nach den bisherigen Erfahrungen auf, die neue Versicherung des Staatssekretärs vertrauen, daß jetzt weitere Mehrkosten nicht entstehen würden? Wir können ung nicht auf die
persönliche Versicherung und Ehrenhaftigkeit eines Ministers verlassen.
Gegen den Ruinenausbau spricht auch, daß diese neuromantis. een überall verheerend auf den Kunftsinn der Her fr. gewirkt hat. Wer geneigt ist, dafür Gelder zu bewilligen, den muß man in den Tiergarten ire um die dortige Halptragen. ltchitettn⸗ zu bewundern. Es ist dort eine Menge von Geschmaclosigkeit auf— espeichert, wie sie in solchem Umfange nirgend in Deutschland zu ä. ist. Personen, die einen solchen Ungeschmack fördern, verdienen nicht unser Vertrauen, sie verdienen nicht, daß wir ihnen Gelder für solche Denkmäler in die Hand geben. Das Beispiel der Restauration des Heidelberger Schlosses schreckt ab. Es wäre geradezu ein Ver⸗ brechen, diefe Ruine zu einem modernen Schloß auszubauen. Jeder Kunftfreund und Vaterlandsfreund muß sich dagegen verwahren. Das sind Kunstbarbareien. Mag der Bauherr in seine eigene Tasche greifen und sein Wort einlösen.
Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Ich möchte zunächst die Ausführungen, die ich bereits in der Kommission gemacht habe, wenigstens tellweise wiederholen. Ich will mit dem Herrn Abg. Ledebour nicht darüber streiten, ob der Besuch der Hohkönigsburg, der sich von 1500 auf 36 009 Personen im Jahre gesteigert hat, post hoc oder propter hoc erfolgt ist; aber wenn die Hohkönigsburg an und für sich in ihrem früheren ruinenhaften Zustand, baumüberwachsen und efeu— bedeckt, eine solch außerordentliche Anziehung gehabt hätte, so ist es mir überraschend, daß erst, seitdem die Restauration begonnen hat, dieser Besuch ein vierundzwanzigfach stärkerer geworden ist. Ich meine also doch, daß nicht die Vogesen der Anziehungspunkt ge— wesen sind, die doch schon seit Erschaffung der Welt dastehen (Heiterkeit), sondern daß die Hohkönigsburg den Anziehungspunkt bildet, und die größere Besucherzahl angezogen hat.
Bedenken Sie, bitte, auch, wie die Verhältnisse in Elsaß ⸗Lothringen liegen. Die Vogesen wurden früher überwiegend von Franzosen be⸗ sucht. Auch Engländer reisten dort. Es ist deshalb doch von größerer nationaler Bedeutung als der Herr Vorredner zugestehen will, wenn jetzt statt dessen Touristen aus Altdeutschland, insbesondere aus Bayern, aus Baden, aus Württemberg, aus Hessen kommen, um die Hohkönigsburg zu sehen. Dadurch entsteht für die ganze Fremdenindustrie des Elsaß immer mehr der Wunsch, altdeutsche Elemente heranzuziehen. Die Bevölkerung kommt so mit Altdeutschen viel mehr als früher in Berührung. Darin sehe ich ein werbendes Element im nationalen Sinne. Wie hoch übrigens die Hohkönigsburg bereits früher unter der französischen Regierung eingeschätzt wurde, geht auch daraus hervor, daß diese schon Restaurations⸗ und Unterhaltungs⸗ arbeiten ausgeführt hat.
Meine Herren, was nun den Untergrund betrifft, so liegt die Sache denn doch nicht ganz so. Die Felsen waren zum Teil mit Schutt bedeckt, und da — machen Sie mich nicht für den Architekten verantwortlich, aber nach meiner Ansicht ist es persönlich entschulddar — hat man allerdings nicht ermitteln können unter den ungeheueren Schuttmassen der Jahrhunderte — man konnte nicht den ganzen Kegel abräumen —, daß das Felsgestein an einzelnen Stellen nicht mehr die nötige Tragfähigkeit besaß. Es wurde auch nicht der ganze Felsen untermauert, der eine sehr große Area hat, sondern es sind nur einzelne Stellen, da wo die Außenmauern stehen, mit Stein und Zement untermauert; es sind Pfeiler ein⸗ gesetzt, um an diesen einzelnen Stellen die nötige Tragfähigkeit unter allen Umständen zu sichern. Der Architekt hat diese Verhältnisse bei seinem ersten Anschlag, welcher Ihrer Bewilligung zu Grunde lag, nicht berücksichtigt, und auf diesen ersten Anschlag waren meine Er⸗ klärungen in gutem Glauben abgegeben. Das Bauprogramm hat keinerlei Erweiterung erfahren, im Gegenteil Einschrän⸗ kungen, nur die Kosten für die Ausführung desselben sind ge— stiegen.
Schließlich kann man ja zweifelhaft sein — das ist eine künstlerisch⸗ästhetische Frage —, ob man restaurieren soll oder nicht. Aber ich kann Ihnen z. B. versichern: im Jahre 1901 hat in Freiburg in Baden ein Kongreß des Vereins für Er⸗ haltung von historischen Denkmälern getagt. Die Mitglieder haben auch die Hohkönigsburg besucht, es waren zum Teil ausgesprochene Gegner von Restaurierungen darunter. Es ist mir aber von glaubwürdigsten Personen versichert worden, daß nach Be⸗ sichtigung der Burg sich diese Herren vollkommen bekehrt und zuge⸗ standen haben: es sei doch ein außerordentliches und sehr gelungenes Unternehmen. Ich habe hier auch eine Erklärung von dem Baron von Geymüller, einem unserer bekanntesten Kunstkenner und Kunst⸗ historiker; der Herr ist Ehrenmitglied der Kunstakademien von Paris, Mailand, Florenz und Rom; das, glaube ich, ist schon geeignet, seine Autorität zu unterstützen. Er schließt einen Artikel über die Hohkönigsburg mit den Worten:
Zum Schlusse glaube ich jetzt schon der Ueberzeugung Ausdruck geben zu können, daß nach Vollendung der Arbeiten, namentlich wenn es Herr Ebhardt versteht, innen die heute vielfach beliebte harte, rohe Behandlung der Polychromie zu vermelden, die Hoh⸗ königsburg nicht nur eine der interessantesten und großartigsten Sehenswürdigkeiten des Elsaß, sondern Europas überhaupt sein wird.
Daß nicht alle Restaurationen fehlerhaft sind, geht aus der Geschichte der Wiederherstellung der Marienburg hervor. Die Wiederherstellung der Marienburg hat uns im Osten das schönste weltliche Bauwerk der Gotik erhalten, das in Deutschland, vielleicht in der Welt existiert. (Sehr richtig) Mit der Restauration der Marienburg ist eigentlich alle Welt einverstanden gewesen. Es liegt doch auch ein nationaler Zug darin, wenn das neuerstandene Reich in Elsaß⸗Lothringen, dort, wo noch französischer Einfluß vor⸗ handen ist, ein solch altes, mit der Landesgeschichte verflochtenes Bau⸗ werk wiederherstellt und dadurch zur Erscheinung bringt, daß ganz Deutschland ein Herz für Elsaß ⸗Lothringen hat, für seine ge⸗ schichtlichen Erinnerungen, und daß es gewillt ist, dieses Land als ewig untrennbar von Deutschland anzusehen und bis zum letzten Soldaten, den es ins Feld stellen kann, zu behaupten. (Bravo!)
Es ist auch von den Herren Vorrednern ausgeführt worden, früher hätte man künstliche Ruinen hergestellt, jetzt restauriere man natürliche Ruinen. Ja, das war ein Zug der Zeit. Ich könnte Ihnen ein halbes Dutzend solcher künstlichen Ruinen nennen, das war ein Zug der Zeit, der durch das ganze 18. Jahrhundert hindurchging. Gehen Sie nach Schwetzingen bei Heidelberg, dort finden Sie solche künstlichen Ruinen; ebenso in Wilhelmshöhe bei Cassel. Das war eine Passion, die man damals hatte, in seinen Parks derartige künstliche Ruinen herzustellen, wie man Sandsteinstatuen von
Göttern, von römischen Kaisern und Philosophen und ähnliche
Schmuckstücke aufstellte. Ich meine also, die Herstellung künstlicher Rulnen, für die ich auch nicht schwärme, und die Wiederherstellung
einer geschichtlichen Ruine sind zwei ganz verschiedene Dinge. Wenn der
herr Abg. Ledebour auf der Hohkönigsburg gewesen ist, so wird er nicht bestreiten, daß von dieser Burg noch so viel erhalten ist — der ganze Grundriß, der größte Teil des Palastes, ein großer Teil der Be= festigungswerke = daß von einer Phantasieburg gar nicht die Rede sein kann. Das Schloß in Frankreich, auf das ich schon in der Kom— misston Bezug genommen habe, hat dieselbe Bauart wie die Hohkönigs ⸗ hurg bis in die kleinsten Einzelheiten, sodaß kaum ein Zweifel darüber sein kann, daß derselbe Baumeister die Hohkönigsburg und das Schloß in Burgund gebaut hat. Das ist auch sehr natürlich; denn die Thier⸗ steiner standen in enger Beziehung mit Burgund, und Burgund war damals das Land des verfeinerten Luxus. Infolgedessen bildete sich dort eine besondere Bauschule aus, und diese Baumeister wurden in Frankceich und im Auslande gesucht. Ich will nicht weiter auf Ginelheiten eingehen; aber die Uebereinstimmung dieser Burg in Burgund mit der Hohkönigsburg ist so auffällig, daß hier eine Identität des Ursprungs kaum zweifelhaft sein kann. Die Burg in Burgund ist aber besser erhalten als die Hohkönigsburg und bietet daher auch den allersichersten Anhalt für die Einzelheiten der Wiederherstellung der Hohkönigsburg. Wer diese Burg be— sichtigt — und ich möchte wünschen, die Herren täten das alle —, wird sehen, daß die alten Baureste so umfangreich sind, daß nur vielleich ein Zweifel darüber sein kann, wie man ein Turmdach oder einen Erker ausbaut; aber das Gesamtbild wird durch die Wieder herstellung unter keinen Umständen ungeschichtlich verändert werden.
Meine Herten, ich kann Ihnen versichern, daß der allerbestimmteste Entscheid an der allermaßgebendsten Stelle getroffen ist, daß die Summe, die jetzt nach der Denkschrift gefordert wird, unter keinen Umständen überschritten werden darf, und daß der Architekt sich unter allen Umständen mit dieser Summe einzurichten hat. Ich glaube, damit ist auch die nötige Sicherheit gegeben, daß Nachforderungen darüber hinaus nicht mehr kommen werden. Ich kann nur dringend bitten, das Bauwerk jetzt nicht halb vollendet stehen zu lassen und die Mittel, die angefordert sind, zu bewilligen, um so mehr, da es sich um Raten handelt, und eine erhebliche finanzielle Leistung damit nicht verbunden ist.
Abg. Dr. Müller Sagan (fr. Volksp.): Natürlich kann dem Staatzsekretär kein Vorwurf daraus erwachsen, daß die Fundamente sich bei näherer Untersuchung als teilweise nicht genügend tragfähig erwiesen haben; aber wohl hätte diese Untersuchung vorgenommen werden müssen, bevor man mit der Aufstellung des Kostenanschlages begann. Gegen die jetzige Forderung muß ich mich ablehnend ver— halten, weil das vorige Mal erklärt worden ist, es sei nunmehr die allerletzte Forderung gestellt worden. Die Sym⸗ vathie der reichsländischen Bevölkerung soll man nicht durch Burgen⸗ testauration, sondern durch möglichst befriedigende Einrichtungen im Lande zu gewinnen suchen. Der Staatssekretär wünscht, daß wir alle die Hohkönigsburg besichtigen; aber dann soll er erst die Freifahrtkarten auch für diese Reise gültig erklären.
Abg. von Stau dy (d. kons): Der Abg. Ledebour wird für seine en. nicht viele Freunde gewinnen. Ein Teil seiner Kritik hätte daher auch nicht die Form erhalten sollen, die von einem sehr großen Teil des Hauses mißbilligt und als verletzend empfunden wird. Recht bedauerlich ist, daß die erste Summe, die wir bewilligt haben, nicht ausgereicht hat trotz der bündigsten Versicherungen, die man uns ge— eben hat; aber wir kommen doch zu einem anderen Resultat als der Vorredner. Der Reichstag hat mit Rücksicht auf historische, künstlerische und nationale Interessen den Ausbau der Hoh— königeburg beschlossen, und er hat richtig damit gehandelt, das beweist die kolossale Zunahme, des Besuches der Burg. Was ist nun geschehen, um den Widerstand der Vorredner zu mott« vieren? Der Anschlag hat sich nicht einhalten lassen. So etwas kommt alle Tage vor, bei allen größeren Bauten. Fällt es jemandem deshalb ein, etwas schon Begonnenes und halb Vollendetes liegen zu lassen? Keineswegs. Hier aber soll das geschehen. Es ist doch eine alte Erfahrung, daß gerade bei alten Bauwerken die wirklichen Kosten nachher ganz anders ausfallen, als man zuvor angenommen hatte. Daju kommt die Steigerung der Ausgaben für Löhne und Materialien. Ist es denkbar, den Bau in diesem Stadium liegen zu lassen? Das wäre eine Bloßstellung für das Deutsche Reich, wie sie schlimmer nicht gedacht werden kann. Jedenfalls dürfen wir von Reichs wegen den Reichslanden nicht mit schlechtem Beispiel vorangehen. So reit eine Sicherung gegeben werden kann, ist sie uns ja auch heute von dem Staats ekretãr gegeben worden; es wäre unrecht, daran zu zweifeln, wit haben zu solchem Mißtrauen keine Veranlassung.
Abg. von Kardorff (Rp): Der Abg. Ledebour hat gemeint, die Bohkönigeburg würde wohl nur der Vorläufer sein der Restauration des Heidelberger Schlosses. Eine solche Restauration durch moderne Architekten wäre ein Att der Barbarei und geeignet, ganz Deutschland in Mißkredit zu bringen.
Abg. Le deb our (Soz.): Ich freue mich, einmal mit dem Abg. don Kardorff von ganzem Herjen einverstanden zu sein; er kann übrigens bon Glück sagen, daß er nicht vor dem Abg. von Staudy gesprochen hat, in ge Verdammungsurteil er sonst eingeschlossen worden wäre. Die
arienburg ist ein Bauwerk von , f. geschichtlicher und architek⸗ tonischer Bedeutung, deren Wiederaufbau in sich gerechtfertigt ist. Aber das gilt nicht im entferntesten von der Hohkönigsburg, die nichts weiter ist als eine der Hunderte von Burgen, die irgendwo für ein Dynastengeschlecht auf einem Berge oder Höhenzug her⸗ . worden sind. Wir haben ja einen redenden oder vielmehr
weigenden Beweis dafür in der Erscheinung, daß keiner von den elsaß · lothringischen Abgeordneten hier in einer den Reichstag so zuftegenden Debatte das Wort nimmt. Durch Ihr Schweigen
mmen Sie mir zu; Sie brauchen sich ja nicht erst zum Vort zu melden. Wenn Sie aug eigner Tasch— auch den Antell des Reiches übernehmen und das hier erklären wollten, dann würden Sie den Bewels für die Bedeutung der Hohkönigsburg bringen, aber davon schweigt man eben. Die Leute, die mit solchen Burgenbauten die elsässische Bevölkerung zu gewinnen glauben, sind dieselben, die mit dieser seltfamen Halskragenarchitektur die Berliner Jatriotisch zu machen 16 indem sie ihnen ihren banausischen Heschmack aufnötigen. Wir sind allerdings in Preußen gewöhnt, daß Versprechungen der Könige nicht eingelöst werden. (Der Präsident ruft den Redner wegen dieser Aeußerung zur Ordnungh Histo⸗ rische Erinnerungen find doch auch im Reichstage zuläfsig; ein Ver⸗ sprechen Friedrich Wilhelms III. ist bis an sein Lebensende nicht ein- gelöst worden. ! räsident: Ich bitte nicht auf das zurück jukommen, was vorhin gerügt hae Auf die Erfüllung von
ersprechungen zu drängen, verstößt nicht gegen die Ordnung dieses dauseg; man soll die Versprechungen erfüllen, von welcher Seite sie auch kommen mögen.
Abg. Schlumberger (Elsässer, nl): Ich habe schon vor der Rede des 21 Ledebour mich zum Worte gemeldet, um eventuell solche Angriffe zu beantworten. Im Jahre 1901 hat die Vertretung Elsaß⸗ dothringeng beinabe einstimmig sich für diese Bewilligung ausgesprochen.
it dem guten Beispiel ist also das Land vorangegangen und nachher erst ist der Reichstag gekommen und hat sich mit einer gewissen Mühe ür die erste Ausgabe ausgesprochen. Jetzt ist es eine 36 des Reichs tags, auch wieder mit gutem Beispiele doranzugehen. Der Abg. Müller⸗ Sagan sollte einmal die jetzlge Hobhkönigeburg besichtigen, dann würde 7 seine Meinung wobl etwas andern. Es fer fest, daß es ein An⸗ jiehungt punkt ist für viele Leute, und keiner, der sie angesehen hat,
bereut es, daß sie restauriert wird. 200 000 0. Die Forderung wird gegen die Stimmen der Linken und einiger Zentrumsmitglieder bewilligt.
Die Position von 65 000 S (15 900 M0 mehr als bisher) für das Deutsche Mu seum Son Meisterwerken der Natur— wissenschaften und Technih in München empfiehlt die Kom⸗ mission zur Genehmigung. Es ist ein Neubau des Museums geplant; an den Baukosten wird auch das Reich sich beteiligen.
Der Titel wird nicht angefochten.
Als Beitrag zu den Kosten der erstmaligen Errichtung und zu den laufenden Betriebskosten einer Drachenstation am Bodensee für die Erforschung der oberen Luftschichten mit 6 registrierenden Instrumenten sind 53 850 S6 ge⸗ ordert.
Die Position wird bewilligt, nachdem der Abg. Hug (Zentr. lebhaft auf die hohe Bedeutung der Drachen . nin gewiesen hat.
195 000 M sind gefordert zur Beteiligung des Reichs an der im Jahres 1906 in Mailand zur Feier der Eröffnung des Simplontunnels stattfindenden internationalen Ausstellung.
Hierzu liegt die Resolution Kaempf, Dr. Müller—
Also stimmen Sie für die
Sagan, Schm idt⸗Elberfeld und Genossen vor, den Reichs-
kanzler zu ersuchen, die 1 — einer Internationalen Verkehrsausstellung in Berlin spätestens für das Jahr 1913 in Erwägung zu ziehen.
Abg. Dr. Müller- Sagan (frs. Volksp): Der Abg. Kaempf ist als Präsident des Deutschen Handelẽtags verhindert, an der heutigen Sitzung teilzunehmen. Ich ziehe deshalb für die zweite Lesung unsere Resolution zurück.
Der Titel wird bewilligt.
Für Forschungen auf dem Gebiete der Reblausbekämpfung st eine erste Rate von 20 000 S6 ausgeworfen.
Es soll durch die Biologische Anstalt in Dahlem an Ort und Stelle das Studium der Reblaus durch Pachtung eines Geländes und Einrichtung eines kleinen Laboratoriums durch eine jüngere wissenschafiliche Kraft vorgenommen werden.
Abg. Preiß (Els): Die den Einzelstaaten gesetzlich auferlegte Vernichkungspflicht der Reblaus ist von sehr zweifelhaftem Wert. Bei uns im Elsaß werden alljährlich für die Bekaͤmpfung der Reblaus 250 9009 M ausgegeben. Trotzdem zeigen sich in den anscheinend reb⸗ lausfreien Gegenden immer von neuem Reblausinfektionsherde. Andere Bezirke, wie am Rhein, in Hessen, in Bayern, in Württemberg sind aber nicht besser daran, und es ist deshalb nicht abzusehen, wes— halb durch Bundesratsberordnung vom 7. Juli 1905 Elfaß-⸗Lothringen in einen Ausnahmezustand versetzt werden soll. Es soll nämlich eine sogenannte Schutzzone, ein Sicherheitsgürtel an der französischen Grenze errichtet werden. Diese Maßregel würde Elsaß- Lothringen eine Ausgabe von mindesteng einer halben Million kosten, ohne daß ein irgendwig nennenswerter Erfolg bon dieser Maßregel zu erwarten wäre. Es wäre tatsächlich ein Schlag ins Waffer, würde aber die weinbauenden Gemarkungen aufs schwerste schädigen. Diese zwangs— weise Anlage würde auf nichts anderes hinauslaufen, als nutzlos das Geld zum Fenster hinauszuwerfen. Wir Elsässer sind überzeugt, daß das rranzösisch schweiterische Veredlunggverfahren auf amerikanischer Unter⸗ lage eine bessere Garantie für die Zukunft bietet als der Sicherheits gürtel. Es sollte eine Untersuchungskommission zum Studium der Frage ins Ausland gesandt werden. Die elsässische Landesvertretung wird freiwillig die Mittel zur Errichtung einer ungerechtfertigten Aus—⸗ nahmemaßregel nicht bewilligen.
Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Alle die technischen Fragen, die der Herr Vorredner hier angeregt hat, sind im Bundesrat und zwischen den verschiedenen Bundesregierungen, die an dem deutschen Weinbau beteiligt sind, auf das eingehendste erörtert worden.
Geschichtlich möchte ich bemerken, daß die Verseuchung von Lothringen mit der Reblaus allerdings so intensiv ist wie die keines anderen deutschen weinbautreibenden Landes. Zunächst war auf Grund der Sachverständigenbereisung die Absicht, die Weinberge bei Metz vollkommen auszurotten, um die Verbreitung der Reblaus weiter nach Deutschland hin zu verhindern. Aber man überzeugte sich im Laufe der Verhandlungen, daß diese Maßregel bei der Ausdehnung der Ver⸗ seuchung so bedeutende Summen kosten, und daß es auch sozialpolitisch so bedenklich sein würde, den betreffenden Gemeinden den Erwerbs⸗ zweig, von dem sie dort hauptsächlich leben, zu nehmen, daß man von diesem Plane schließlich absah. Infolgedessen bedeutet es gegenüber
der großen Gefahr jetzt eine Erleichterung für Elsaß⸗Lothringen, daß
man die Weinberge bei Metz ihrem Schicksal überlassen will und nur einen Sicherheitsgürtel von 10 km zwischen dem Reblausherd bei Metz und den übrigen deutschen Weinbergen herstellen will. Inner— halb dieses Gürtels von 10 km Breite befinden sich — ich glaube 30 ha oder 120 preußische Morgen Weinberge. Diese Weinberge aufzukaufen, bezw. die Besitzer zu entschädigen, kann meines Erachteng nicht annähernd die Summe kosten, die der verehrte Herr Vorredner genannt hat. Auch stellen die Weinberge, die vernichtet werden sollen keine edlen Sorten dar, sondern einen kleineren Wein. Die 30 ha sind auch über den ganzen Zehnkilometergürtel verteilt, und die Ge— meinden dort leben nicht nur von den Weinbergen; mithin würden die sozrialpolitischen Schäden, die man von der Vernichtung der Wein berge bei Metz befürchtete, nicht eintreten. Der Herr Vorredner hat eingewendet, wir hätten ja im Rücken dieses Sicherheitsgürtels; er hat von Weinbergen genannt, wo die Reblaus Aber das sind doch Verseuchungen, werden können mit dem
schon den Feind auch eine Reihe bereits festgestellt sei. die nicht annähernd verglichen großen Seuchenherd bei Metz, und deren wir sicher glauben Herr zu werden. Die verbündeten Regierungen, und ins besondere die Regierungen, die an dem Weinbau interessiert sind, haben deshalb einstimmig beschlossen, auf Grund des Gesetzes jene Sicherungsmaßregel zu ergreifen. Auf Grund des Widerspruchs, der sich aus Elsaß Lothringen geltend machte, habe ich indes nochmals die beteiligten Regierungen zur Sache gehört. Preußen hat aufs aller entschiedenste den Standpunkt innegehalten: es müsse zur Sicherung unserer wertvollen Lagen am Rhein, an der Mosel unter allen Um⸗ ständen diesen Sicherheitsgürtel in Ausführung des Bundesrats beschlusses verlangen. Auf dem gleichen Standpunkt steht Baden, steht Bayern, steht Württemberg. Die elsaß - lothringische Vertretung würde auch gar nicht in der Lage sein, die Etatisierung dieser Summe abzulehnen, denn nach dem Gesetz kann über die Sicherungsmaßregeln der Bundesrat beschließen, und die hierdurch entstehenden Kosten haben ebenfalls nach dem Gesetz die beteiligten Staaten zu tragen. Es handelt sich also um Ausführung eines durchaus gesetzmäßig begründeten und gefaßten Bundesratsbeschlusses.
Der Herr Vorredner hat darauf hingewiesen, daß ein besseres Verfahren als das Ausrottungssystem in der Ver⸗
jüngung eines Weinberges auf der Unterlage amerikanischer Reben liege. Nach der Schweiz war bereits eine Kommission zur Untersuchung jenes Verfahrens entsandt, und ich sehe in allernächster Zeit dem Berichte dieser Kommission entgegen. Ich halte es meiner⸗ seits ebenfalls für sehr wünschenswert, eine solche Kommission auch nach Frankreich zu entsenden. Ich habe dieserhalb vor kurzem mit
einem hervorragenden Sachverständigen gesprochen; derselbe hat mir in Aussicht gestellt, eventuell einen Gelehrten zu empfehlen, der geeignet sei, dort eingehende Untersuchungen
darüber anzustellen, welche Erfahrungen man in Frankreich mit Amerikaner Reben gemacht hat. Meine Herren, die Wirkung kann sehr verschieden sein; sie hängt davon ab, auf welchem Boden sie vor sich geht, unter welchen klimatischen Verhältnissen, mit welchen Sorten. Es ist sehr zweifelhaft, ob das, was in Frankreich gelingt, auch in Deutschland gelingen wird; denn in Deutschland kommen
hochedle Sorten in Frage mit ganz besonderen Eigen schaften, mit einer ganz besonderen Blume, und es gibt Sachverständige, die behaupten, daß bei der Verjüngung
von infizierten Weinbergen auf Grundlage amerikanischer Reben diese edlen Eigenschaften des Weines zunächst verloren gehen und wahrscheinlich erst im Verlaufe von sehr langer Zeit unter dem Einfluß von Boden und Klima sich wieder einfinden. Also diesen Weg zu gehen, ist namentlich für die deutschen Bundesstaaten, die Edelweine ziehen mit ganz eigentümlichen Eigenschaften, wie sie kein anderer Wein besitzt, eine sehr ernste Ent⸗ scheidung ebenso wie für den ganzen Winzerstand.
In Preußen macht man in der Richtung, ob es möglich ist, die infizierten Weinberge auf der Grundlage amerikanischer Reben mit Er- folg zu verjüngen und zu heilen, schon seit 20 Jahren Versuche, und im Reichsamt des Innern wird dieser Frage ebenfalls die allergrößte Sorgfalt zugewendet. Aber ich gestehe zu: die Frage ist an sich noch nicht genügend klar — es gibt freilich Berichte aus Frankceich, die behaupten, man hätte dort sehr günstige Erfolge mit diesen Ver— jüngungen erzielt — und namentlich ist die Frage noch nicht gelöst in der Richtung, ob das, was auf französischem Boden, unter französischem Klima, namentlich unter südfranzösischem Klima, sich bewährt haben soll, sich für die deutschen Qualitäts- weine, für die feinen Weine an der Mosel, in der Pfalz, am Rhein, auch in Baden bewähren würde.
Meine Herren, sobald ich geeignete Kräfte an der Hand habe, die wirklich in der Lage sind, diese Frage in Frankreich sach— verständig zu studieren, werde ich alsbald diese Sachverständigen nach dorthin schicken. Aber das müssen Männer sein, die sehr viel praktischen Blick haben, die sehr feine Untersuchungen anstellen können, die auch landwirtschaftliche Kenntnisse besitzen, die tüchtige Biologen sind und vor allen Dingen sehr gründlich und objektiv unter⸗ suchen. Bei der Rolle, die im Westen und Süden der Weinbau spielt, ist eine der größten und folgenschwersten Entschließungen, die man fassen kann, ob man zu einem andern System der Bekämpfung der Reblaus ganz oder teilweise übergeht. Denn davon hängt die Ertragsfähigkeit und die Zukunft des deutschen Weinbaues ab. Ich schließe damit: auf der Durchführung jenes Beschlusses bestehen die verbündeten Regierungen mit dem größten Ernste, weil sie, bis ein besseres Mittel zur Bekämpfung der Reblaus gefunden ist, die Her⸗ stellung dieses Sicherheitsgürtels um die großen Seuchenherde bei Metz für den einzigen Schutz des deutschen Weinbaus halten.
Die Position wird bewilligt.
Das Haus nimmt hierauf die vorbehaltene Abstimmung über die zum Reichsgesundheitsamt gestellte Resolution Dr.
Jäger und Genossen und Dr. Burckhardt, Dr. Dahlem und Genossen vor.
Die erste Resolution, die verbündeten Regierungen zu er—
suchen, dem Reichstage noch in dieser Session in Abänderung
des Weingesetzes von 1901 einen Gesetzentwurf vorzulegen, wonach bestimmt wird:
Bis zur reichsgesetzlichen, ein heitlichen Regelung des Verkehrs mit Nahrungsmitteln und Genußmitteln sind einstweilen zur Aus— führung des Weingesetzes und zur Ueberwachung des Weinbaues und Weinhandels in jedem Bundesstaate besondere Beamte im Hauptamt für kleinere Bezirke anzustellen. Jede Weinhandlung ist der zuständigen Verwaltungsbehörde anzumelden“,
wird gegen die Stimmen der Rechten angenommen. Die zweite Resolution, wonach die verbündeten Regierungen ersucht werden sollen, schleunigst anzuordnen, daß die Herstellung und der Vertrieb von Bierkrugdeckeln aus einer Legierung von Zinn mit mehr als 10 Proz. Bleigehalt nicht als unter das Blei⸗ gesetz fallend betrachtet werde, wenn die Deckelkrüge nachweislich zur Ausführung nach außerdeutschen Ländern bestimmt sind, wird gegen eine kleine Minderheit abgelehnt.
Im außerordentlichen Etat des Extraordinariums sind 5 Millionen zur Förderung der Herstellung geeigneter kleiner Wohnungen * Arbeiter und gering besoldete Beamte in den Reichsbetrieben und Verwaltungen durch Gewährung von Zulagen an Private und gemeinnützige Baugenossenschaften ausgeworfen.
Hierzu sind zahlreiche Petitionen eingegangen, u. a. vom Zentral verbande der stäbtischen Haus- und Grundbesitzerpereine Deutschlands und von zahlreichen Hausbesitzervereinen, die um Ablehnung weiterer Mittel zur Unterstützung von Baugenossenschaften usw. für die Erbauung von Beamten, und Arbeiterwohnungen ersuchen und dieses Gesuch, wie der Referent Abg. Singer ausführt, damit be—
ründen, daß man dadurch direkt in den sozialdemokratischen Zukunfts= taat hinüberleite. Die Budgetkommission empfiehlt Uebergang zur Tagetordnung.
Abg. Günther (nl): Ich beabsichtige nicht, gegen die Etats forderungen Widerspruch zu erheben, möchte aber die e , der Verwaltung darauf hinlenken, daß durchaus nicht überall die Beamten⸗ wohnungsvereine bei ihren Bestrebungen das Richtige treffen. Das ist 1. B. in Osterode der Fall gewesen. Die Beamten. wohnungen sind teilweise nicht billiger, sondern teurer als im freien Verkehr. Andererseits hat die Konkurrenz der Bauvereine insofern er= schwerend gewirkt, als das Geld für die privaten Bauunternehmer teurer geworden ist. Die Verwaltung sollte vor der Vergebung von Darlehen erst die Verhältnisse genau prüfen.
Gin Regierungskommissar: Nach diesem Wunsch wird schon jetzt verfahren. So ist auch in Osterode 1902 verfahren worden. In. zwischen sollen sich die Verhältnisse verschoben haben. Die Bedürfnisfrage wird für den Fall neuer Forderungen aufs neue ge- prüft werden.
Abg. Dr. Jaeger (Zentr.: sehr schwer verständlich) weist an der Hand der letzten Denkschrift über die Wohnungsverhältnisse darauf hin, daß die meisten Arbeiterwohnungen, namentlich in den Groß städten, den Anforderungen an Raum, Luft und Licht nicht entsprächen. In dieser Beziehung und auch in der Reduktion der Wohnungspreise habe das Genossenschaftewesen eine dankenswerte Abhilfe gebracht; es verdiene also unterstützt und gefördert zu werden.