1906 / 57 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 Mar 1906 18:00:01 GMT) scan diff

und noch dazu ganz irrtümlicherweise ausführt: „Es erscheint als mit dem enn, , des Gesetzes in Widerspruch stehend, daß es einen Teil der Aktiengesellschaften, deren Aktienbesitz in festen Händen bleibt, einer Abgabe entzieht, welche die in der Anhäufung des Kapitals liegende Steigerung seiner Nutzkraft zu treffen bestimmt ist und daber Gesellschaften der bezeichneten Art ebenso fassen sollte, wie a. Gesellschaften, die, weil sie das Kapital auf den Märkten auf uchen müssen, zur e, . Aktienurkunden genötigt sind.“ Daß für die n n, kein Gesetz sich hat ermitteln lassen, ist bei der heutigen Höhe des Effektenstempels nur natürlich. Wenn der Abg. Gamp auch heute meint, daß das Börsengesetz seinen Zweck erfüllt babe, indem es gewisse Geschäfte verbindert habe, so irrt er gründ⸗ lich; diese Geschäfte sind nicht verhindert worden und werden nicht verhindert werden. Leider sind aber ohne jeden Zweck und Nutzen die Arbitragegeschäfte vernichtet worden. Auch wir wollen, daß die Ginnahme aus dem Stempelgesetz nicht vermindert wird; aber man 1 an eine gründliche Reform gehen, es wäre das beste für beide eile.

Abg. Paasche (ul.): Wenn der Abg. Mommsen selbst für Plenar⸗ beratung plädiert, soll er doch nicht weitergehende Reformvorschläge machen. Wenn er sich als den einzigen Sachverständigen ansieht, . übersieht er wohl, daß unter meinen Freunden der Bankdirektor Ortel noch aktiv und der Abg. Büsing lange Jahrzebnte aktiv gewesen ist. Das Gesetz bätte sich auch im Plenum erledigen lassen, aber nachdem Kommissionsberatung gewünscht ist, sind wir dem nicht ent gegen, zumal wir glauben, daß es auch in der Kommission keine großen Schwierigkeiten machen wird.

Abg. Bachem: Würde die Vorlage nur von den Sachver⸗ ständigen zu beschließen sein, die auf der Höhe der Sachkenntnis des Kollegen Mommsen steben, so brauchte man das Plenum überhaupt nicht. Die Beratung wird im Hause nach Erstattung eines Sach. verständigengutachtens auch in der Kommission viel leichter vor sich geben, als obne solches. Ich vertraue. daß der Abg. Mommsen auch in der Kommission sich ein großes Maß von Selbstbeschränkung in

Abg. Ortel. Verabschiedung

Damit schließt die erste Lesung. Die Vorlage geht an die Steuerkommission. s as Haus die Beratung des Etats der Post⸗ iverwaltung bei dem ersten Ausgabe⸗ lt des Staatssekretärs) fort. en dazu vor: 1 die Resolutisen der Abgg. Kern en. (d. kon f): Den Reichskanzler zu erfuchen, dafür Sorge zu tragen, daß ächstjährigen Cat durch Vermehrung der Endstellen für die Reichs beamten und durch Erhöhung der Gebaltsstufen n, die sich seit Einführung des Dienftaltersstufen do April 1895 bezw. der Dersonalreform . Beamttenkategorien ergeben haben. 2) Die Resolution der Abgg. Patzig und Gen (nl): „Den Reichskanzler zu ersuchen, eine Reform des Besoldungk.« wesens herbeizuführen, damit L. die Militärdienstzeit in der Weise angerechnet wird, daß Milttär⸗ und Ziwilanwärter in gleicher Gejamtdienftzeit auch gleiche Besoldung haben; II. das Wohnung geld der unteren und mittleren Beamten der vollen Vergütung der Miete möglicht nahe kommt; II. den Oberpostpraktikanten die auskömmlicheren Bezüge, die fie vor Einführung des Dienstalters= stüsenfystems hatten, und den Postinspektoren und Telegraphen imfvektoren ein wesentlich böheres Anfangsgehalt wieder gewährt wird; LT. die Oberpoftinspektoren und Poftdircktoren n einer einheitlichen Sesoldungeklasse, steigend bis zu einem Höchfstgebalt von 6000 A, vereinigt werden, unter Einrichtung von angemeffenen Zulagen für die leitende Stelle in wichtigeren Verkehrsämtern. In der Jwischenzeit jedoch durch besondere Zulagen, insbesondere zu Gunsten der nach dem 1. April 1895 angestellten Militranwärter und der Dberpoftyraktikanten die Härten der gegenwärtigen Be— joldungsweise tunlichft gemildert werden. 6 Die Budgetkommission, der Teile des Postetats, so die Einnahmen und das Extraordinarium, überwiesen waren, hat zu den Einnahmen an Porto- und Telegraphengebühren drei Resolutionen vorgeschlagen 1) die verbündeten Regierungen zu erfuchen, Paket⸗ en? gen bis zu 5 Kilogramm an und von Personen des Soldaten stan des, welche ihrer geseßlichen Dienftpflicht ge i soweit solche Sendungen dem eigenen Bedarf dieser Personen von Portogebuühr frei zu lIafsen; 2) den Reichskanzler zu im Interesse der Iandlichen Bevölkerung eine wert- Grleichterung der Teleyboneinrichtungen und Telegraphen⸗ in den kleinen Drtschaften, eventuell unter gerechterer 2. den und Postanweisungsverkehrs die Abschaffung des Bestellgeldes vorzu⸗ bereiten und dem Reichstage fir die nächfte Seffion eine Nebersicht über die voraussichtlichen finanziellen Wirkungen dieser Maßregel zu unterbrerten . den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, eine Untersuchung berbeiznfuübren, ob und in welchem Umfange die auf Verträgen be⸗ rubende Port ofreibeit Fürstlicher Personen ein- geschrankt werden kann, und dem Reichstag von dem Grgebnis dieser Unter suchung in der nachften Session Kenntnis zu geben.

Von den letzten beiden Herren Rednern find gestern wie derum so viele Wimsche kund gegeben worden, daß es mir nüßlich erscheint, ar einzelne derselben hier gleich in Anfang einzu⸗ geben. Inkbesendere ift die Anfrage an die Verwaltung gerichtet worden, ob sie den Gejahren, denen die Telepbongehilfinnen bei der Ausübung des Fernsprechdienstes ausge setzzt seien, nachgehe. Ich möchte den Herren darauf erwidern, daß es je selbfiverständlich ist, daß die Verwaltung sorgsam verfolgt, welche Ginflüffe Teleyhonbetrieb und durch starke elektrische Ströme auf die Be⸗ amtinnen ausgeübt werden. Diese Ginwirkungen sind zweierlei Art es lommen in Betracht erstens schädliche Kurbeltiröme, d. h. solche, bei denen die Verwaltung nicht eingreifen, nicht schützen ann. Sie gehen vom Publikum aus und entstehen dadurch, daß die Kurbel zu siark gedreht wird, und zweitens Blizgefahren, die also auf Natur⸗ ereignifse zuräckzufübren sind. Bei beiden Gefahren das möchte ich l spielt ee leine Rolle, ob Ginzel⸗ oder Doppel- leitungen vorhanben sind; das ist dabei gleichgültig. Uebrigens um den Fernverkehr handelt, sämtliche Leitungen ale TDoppelleitur gen bergesellt Im Oris berfehr sind wir auch schon in pen meiflnen Orten weit vorgeschritten mit der Ginführung der Doppelleitunge systemt. Vieses Spstem hat lediglich de⸗

gule Verständigung zu sichen, und ist nicht geeignet, vor der Gin⸗ wiclungen fiarker elettrischer Strome zu schüßen. Das sicherste Mitiel, die schäclich Wirkung ber Kuchelströme zu beseitigen, ist natürlich die Beseiti gung bes ganzen Cturbelapparntè?. Die hierauf gerichteien Befltebungen sind ün Gange, und wir hoffen, nach unt nach Systeme einzufähren, bei denen nur durch Abheben des Här=

Meine Herter

na⸗ ar el bier verbot Leber

sind, soweit es sich

Zweck, eine

Kurbel herbeigeführt werden, nicht

durch den

apparats den Beamtinnen ein Rufzeichen gegeben wird. Dann werden die Beschädigungen, die durch zu starkes Drehen der mehr vorkommen. Im übrigen sind wir bestrebt, und es finden Erwägungen, Er mittelungen und Versuche statt, durch Einschaltungen von Relais und von Frittern die Gefahren, die für die Beamtinnen durch den Blitz entstehen können, zu vermindern.

Im weiteren ist betreffs der Telephongehilfinnen angeführt worden, daß der Sonntagsdienst sich verschlechtert habe. Das ist richtig, insoweit als die Beamtinnen häufiger Sonntagsdienst haben, und zwar deshalb, weil es sich als nicht zuträglich herausgestellt hat, daß die Telephongehilfinnen lange Dienstschichten hintereinander ver richten. Nach ärztlichem Gutachten haben wir uns daher entschließen müssen, nicht zu lange Dienstschichten für die Telephongehilfinnen an⸗ zusetzen, und das ist auch auf den Sonntagsdienst übertragen worden. Die Klagen, die nun aber degwegen an uns herangetreten sind, haben dahin geführt, nochmals zu prüfen, ob an Sonntagen, wo der Dienst weniger anstrengend ist, längere Schichten nicht wieder eingeführt werden können. Das Ergebnis der Prüfung ist günstig ausgefallen, und es sind demgemäß an den Sonntagen wieder längere Dienst⸗« schichten eingeführt worden. Die Klagen sind damit gegenstandslos geworden.

Dann ist weiter darüber geklagt worden, daß bei den Posthilfe—⸗ stellen ein verschiedenes Verfahren obwalte in betreff der Kündigung, daß die Verwaltung sich jederzelt die Entlassung des Hilfsstellen inbabers gesichert hat, während dieser an eine bestimmte Kündigungs⸗ frist gebunden ist. Das ist im Interesse der Algemeinheit geschehen, weil, wenn ein solcher Mann nicht mehr geeignet zur Verwaltung der Stelle ist, es der Verwaltung ebenso wie der Allgemeinheit daran liegen muß, daß er möglichst schnell entfernt werden kann.

Es ist weiter hervorgehoben worden, daß die Landbriefträger noch sehr große Wege zurückzulegen haben; es wurde gesagt, in Mecklen⸗ burg bis zu 35 km den Tag. Bereits im vorigen Jahre sind derartige Klagen aus dem Reichstag zur Sprache gekommen. Die Sache ist untersucht worden, und es hat sich berausgestellt, daß diese Klagen nicht begründet sind. Die längzsten Touren betragen 27 bis 28 km.

Im weiteren ist darüber Beschwerde geführt worden, daß die Bahnpostschaffner nicht zum gebobenen Dienst berangezogen würden. Diese Beschwerde ist vollständig haltlos. Sie sind im Gegentell be⸗ sonders bevorzugt, indem 52 0,0 der Bahnpostschaff ner sich in gehobenen Stellen befinden, während bezüglich der übrigen Schaffner dies nur bei etwa 25 960 der Fall ist.

Es sind dann noch verschiedene Einzelklagen gestern angeführt worden. Sie werden erst untersucht werden müssen. Sowelt es sich aber um die Angaben des Herrn Abg. Singer über die Zustände in Schöneberg handelt, so ist sofort festgestellt worden, daß diese Klagen durchaus unbegründet sind. Es ist gesagt worden, daß beim Postamt Schöneberg in der Neujahrezeit keine Aushilfen eingestellt worden seien. Nach dem Bericht des Oberpostdirektors sind aber während dieser Zeit 30 Personen eingestellt worden. Es ist ferner gesagt worden, der Postdirektor hätte seine Angehörigen im Dienst beschäftigt. Auch das ist eine Anschuldigung, die der Herr Abgeordnete sicherlich nicht aufrechterhalten wird. Nach der bestimmten Versicherung des PVostdirektors bat dieser niemals seine Familienglieder zur Aushilfe berangejogen. Et hat einen erwachsenen Sohn, einen Architekten, und eine 16jährige Tochter; beide Kinder sind für solche Zwecke gar nicht geeignet. Auch der PVostinspektor bat Angehörige nicht zu Dienstleistungen beran⸗ gezogen. Wahrscheinlich dürfte der unbekannte Zuträger dieser Nach- richten erzählt haben, zur Aushilfe wurden auch Familienmitglieder des Personals verwendet. Es ist aller dings richtig, daß der Post⸗ direktor Familienmitglieder von Unterbeamten zu Hilfsdiensten inso⸗ weit heranzieht, als diese dazu geeignet sind. Das ist nur anzuerkennen. Da sind wir sichet, daß wir zuwerlässige Personen für den Aushilfs⸗ dienst bekommen. Ich möchte den Herrn Abgeordneten doch bitten, nicht solche Anschuldigungen, die nicht begründet find, gegen einen ehrenwerten Seamten hier vorzuführen.

Sodann hat der Herr Mbgeordnete vorgebracht, daß die Unter⸗ beamten beim Postamt Schöneberg im Paketdienst etwas lange be⸗ schäftigt gewesen find. Das ist richtig für eine kurze Zeit, nachdem Friedenau zum Beftellbezirk zugeteilt war. Die Sache ist aber durch den Revisor, der den Dienst zu prüfen hatte, wieder in Ordnung ge⸗ bracht worden.

Ferner hat der Herr Abg. Kopsch wie im vorigen Jahre einige Klagen hier vorgetragen über die Sehandlung, die dem Personal seitens ibrer Vorgesetzten in einzelnen Bezirken zuteil geworden ist. Die Fälle find unterfucht worden. Ich muß zu meinem Bedauern hier anerkennen daß Mißgriffe von Amtevorstehern vorgekommen sind. Diese haben das auch zugestehen müssen, daß sie im Gifer zu weit gegangen find, und es ist da Remedur eingetreten.

Gs sind dann des längeren die Beamtenbesoldungen besprochen und meine geflrigen Ausführungen dahin ausgelegt worden, als wenn ich mit den vorhandenen Zuständen ganz zufrieden sei. Die Herren befinden sich da in einem großen Irrtum. Ich habe gestern ganz klar ausgesprochen, daß auch ich wünsche, daß nach mancher Richtung hin eine Verbesserung eintreten möge, und daß ich dafür warm eintrcte,. Ich habe aber auch ausgeführt, daß in dem gegenwärtigen Moment, wo ben Unterbeamten 5 Millionen Mark durch Grhöhung des Wohnungtsgeldzuschusses zuteil werden, wo das Meich sich in einer finanziellen Kalamität befindet, es wohl erklärlich ist, daß nicht so weit gegangen werden kann, wie die Herren wänschen. Ich möchte das besonders hervorheben. Im übrigen wird dem Wunsche, der auch bei uns besteht, daß die Tagegel der der Postboten erhöht werben, vom 1. April ab Rechnung getragen werben. Damit hängt auch zusammen, daß für die Postillone eine Grhböhung eintreten wirt, weil das in Berlin für die Unterbegmten und bie PVostillone pari passu geschieht.

Die Bemerkungen, die darauf abzielen, alt ob die Interessen ber Postillone in Berlin nicht gehörig wahrgenommen würben, muß ich zurückweisen. Dle Postillone in Berlin haben nicht, wie gestern hier ausgeführt worben ist, 80 bis vo Stunden Die nst in ber Woche, Hei ihnen wir nicht abweichend von ben allgemeinen Borschriften der Nachtdienst nur einfach gerechnet, bei ihnen wicz weber bie Zeit, welche sie auf Bahnhösen wartend zubringen, noch bie fie für Anspannen und Reinigen ber Pferbe verwenden mürssen, etwa nicht angerechnet, sondern alle biese Zeilen werben gerechnet. Wenn also ein Postillon auf dem Bahnhof y bie 4 Stunden warten muß, so ist das selbstverstänbdlich

Dienst. Wenn sein Dienst in die Nacht fällt, wird selbstverständlich diese Dienstzeit 14 fach gerechnet.

Was dann die Fahrtgebühren der Beamten anbetrifft, so ist im vorigen Jahre bereits hervorgehoben, daß zum Teil die Vergütungen, die den Beamten gewährt werden, füt die Fahrten nicht unter allen Umständen ausreichen. Damals hat sich keine Gelegenheit geboten, gleich zu erwidern Ich möchte jetzt aber erwidern, daß diese Frage seit Jahren die Ver. waltung beschäftigt, und daß der Sache auch bereits dahin näher, getreten ist, daß, wo es notwendig ist, außer den allgemeinen Ver, gütungen noch besondere Zuschüsse gewährt werden. So sind inner, halb eines Jahres auf solche Zuschüsse allein 150 000 Æ verwendet worden.

Was dann die Bemerkung betrifft, daß die Verwaltung bei Be⸗ leidigungen der Beamten nicht mit dem nötigen Nachdruck einzutreten scheine, so muß ich den darin liegenden Vorwurf zurückweisen. Meint Herren, das ist eine zmiemlich schwierige Angelegenheit. Be solchen Beleidigungen liegt häufig die Veranlassung nicht bloß auf der einen Seite; der eine Teil ist starh beschäftigt, der andere ist meist in großer Eile, und wenn nun dieser seine Wünsche etwas lebhafter geltend macht, der andere diese Lebhaftigkeit nicht vertragen kann, so entstehen kleine Konflikte; und wenn wir alle, meine Herren, die Hand aufs Herz legen, so werden wir sagen müssen, wir sind manchmal auch schon böse gewesen in äbnlichen Fällen. Aber, meine Herren, well die Verhaältnisse so liegen, muß eine verständige Verwaltung immer sehen, die Konflikte nach Möglichkeit friedlich zu schlichten. Wenn Be— leidigungen vorkommen, die nicht gerade verletzend sind, und Ab. bitte geschieht, auch vielleicht ein kleiner Betrag für eine wohl, tätige Stiftung gegeben wird, so sieht man so etwas als erledigt an. Es kann weder dem Publikum noch der Verwaltung daran liegen, jede kleine Ausschreitung vor den Strafrichter zu bringen. Wenn die Oberpostdirektion obisektiv zur Ansicht kommt: dieser Fal kann ohne solches Einschreiten abgetan werden, und der Beamte, dem dieser Vorschlag gemacht wird, damit nicht einperstanden ist, obwohl er sich auch vergangen hat, so sagen wir prinzipiell: bringe du daß selbst vor den Strafrichter! So war es in Rirdorf und in Stettin. Dem Beamten in Stettin, der auch eine kleine Unterlassunge— sünde begangen hatte, wurde gesagt: gehe selbst vor, weil do auch etwas Schuld hast, die Verwaltung geht hier nicht vor.

Was nun die Ausführungen des Herrn Vorredners über meine Darlegungen in der Steuerkommission betrifft, so möchte ich bier nicht des näberen darauf eingehen, weil bei der Resolution noch dam Gelegenheit sein wird. Der Herr Vorredner hat aber unrichtige An— gaben gemacht dahin, als ob ich für eine Erhöhung des Briesportet eingetreten wäre. Davon ist gar keine Rede. Auch war absolut keine Rede von einer Erhöhung der Zeitungsgebühr. Es handelte sich lediglich um die außerordentlichen Beilagen zu Zeitungen. Das sind nicht Preßerzeugnisse von dem Wert, wie der Herr Abgeordnete gestern meinte, sondern es sind Anzeigen, die eigentlich unter Kreuzband versandt werden müßten und nur aus Bequemlichkeit den Zeitungen beigelegt werden. Da liegt also ein wesentliches Interesse nicht vor, daß das zu billig ge— schebe. (Sehr richtig) Und was die Postkarten im Ortsverkehr be— trifft, so babe ich ausgeführt, daß für gewisse Gegenstände unter ein Minimum nicht heruntergegangen werden sollte, und besonders, daß die Herstellung einer Postkarte ungefähr J bis „io 3 kostet, und daß ich solche Zugabe wobl bei der 5⸗Pfennigkarte machen kann, daß es aber unwirtschaftlich ist, auch bei der 2. Pfennigkarte denselben Verlust zu tragen.

Weiter kam gestern zur Sprache, daß Vertreter des Assistenten derbandes auf das Reichspostamt zu Herrn Direktor Frank geladen worden sind, wo ihnen Eröffnungen gemacht wurden. Die Darstellung darüber in den Zeitungen ist, soweit das bei solchen Eröffnungen, wo nicht notiert wird, möglich ist, im großen und ganzen richtig. Aus dieser Eröffnung ist der Schluß gezogen worden, daß ich nervöß geworden wäre. Keine Spur davon! Der Assistentenverband kann wohl nicht behaupten, daß er, solange ich die Ehre habe, an der Spitze der Ver⸗ waltang ju steben, irgendwie behelligt oder behindert worden ist. Wenn Sie die Zeiturg des Verbandes lesen, werden Sie alle bei rudiger Beurteilung zur Ueberjeugung kommen, daß die Verwaltung nicht nervös ist und dem Verbande nicht unsympathisch gegenüberstebt. Was ich aber für notwendig halte, ist: die Beamten dürfen nie d ergessen, daß sie Beamte sind und daß sie gewisse Rücksicht i nebmen haben in Wort und Schrift. Da kann ich es nicht gutheißen und werde es nicht gutheißen, daß solch ein Verein Agitationsreisen machen läßt zur Anwerbung von Mitgliedern, um dann durch deren Zabl einen Druck auf die Verwaltung üben ju können. Wenn Sie die Sache rubig ansehen, dann werden Sie alle, denen das Wobl der Beamten am Herzen liegt, mit mir der Meinung sein, daß ich meint Pflicht versäumen würde, wenn ich nicht beizelten, sobald ich solche Vahrnehmung mache, den Herren eröffnen lasse, daß sie sich auf einer schiefen Bahn befinden, die sich mit ihrer Stellung als Beamte nicht verträgt. (Sehr richtig! rechts) Sonst könnten solche Zustände kemmen, wie wir sie früher gehabt haben, die ich aber nicht liebe; ich halte es für richtig, daß den Beamten beizeiten gesagt wiörd

das ist zulässig, das andere ist nicht zulässig. Das ist gescheben;

mein Kollege, Direktor Franke, hat im vollen Einverständnis mu mir und in meinem Auftrage diese Eröffnung gemacht.

Der Grund zu dieser Eröffnung ist in erster Linie der gewesen daß der Ton der Zeitung und der Verhandlungen allmählich enn anberer wie früher geworden ist, daß ferner Elemente wieder hervor treten und Ginbruc ju machen versuchen, die sich bisher zurückgehalten haben.

Ich möchte Sie hier nicht lange mit vielen Einzelheiten auf · halten, ich will nur noch anführen, daß wir alle hier m sammengewirkt und untz gefreut hahen, den Assistenten durch die Peamtenreform im Jahre 1900 große Augsichten ju eröffnen. Ich spreche bat offen her aus: etz ist wohl selten für eine Beamten klasse in Betreff ihrer Zukunft so viel geschehen wie für die Assistenten. Während bie Assistenten früher nur ein Gehalt bls 6000 s erreichen konnten, sind ihnen durch bie Beamtenteform Stellen eröffnet worden hi zum Gehaltesatze von 6000 M Vas harf nicht vergessen werden.

(Schluß in der Zweiten eslage,)

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Deshalb dürfen die Beamten auch solche Reformen nicht durch hämische Bemerlungen heiabsetzen; das ist nicht angemessen. Wenn auch die älteren der Vortelle nicht mehr teilhaftig werden können, so ist doch zu berücksichtigen, daß es in der Regel im Leben so geht. Aber bei dem Interesse für ihre Stellung müssen sich doch auch die älteren darüber freuen, daß sich die Verhältnisse bessern und ihre Nachfolger nun mehr erreichen werden. Bei der Besprechung deß Ihnen vorliegenden Etatzg, bei dem, soviel es unter den gegenwärtigen Verhältnissen möglich ist, wir doch ver—⸗ schledenes haben erreichen können, endigt eine Ausführung in der „Deutschen Postzeitung' vom 16. Dezember damit und das war der letzte Anlaß, den Assistenten und Vertretern des Assistenten verbandes klar zu machen, daß das nicht geht folgendermaßen: Noch ist es unumstößliche Ueberzeugung der erdrückenden Mehrheit der Postbeamtenschar, daß an ihrer traurigen wirtschaft lichen Lage nicht die eigene Verwaltung schuld trägt. Man weiß, daß hier volles Verständniz für die Ungunst der Verhältnisse herrscht und der gute Wille zur Tat vorhanden ist. Aber von dem „Hosianna der Massen bis zum kreuziget ihn!“ liegt nur ein Schritt. Das lehrt vornehmlich wieder der Stimmungswechsel im Lager der höheren Beamten. Soll die Unzufriedenheit nicht noch weiter greifen, und soll das unzweifelhaft vorhandene, große und berechtigte Vertrauen in die gegenwärtige Reichspost⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung ihr auch fernerhin ungeschmälert erhalten bleiben, so muß für die Gesamtheit des Personalg, dessen unbedingte Zuverlässig keit und Pflichttreue so oft begeisterte Anerkennung findet, bald etwas VDurchgreifendeg geschehen. Große Massen rechnen nicht mit Hinder⸗ nissen und Schwierigkeiten, sondern legen den Maßstab ihres Urteils allein dem Erfolge an. ;

Ja, meine Herren, solche Ausführungen, dle sich lediglich darauf stützen, daß mit den Massen gerechnet werden, daß ohne Rücksicht auf die allgemeinen Verhältnisse den Massen der Wille geschehen müsse das sind Drohungen, das ist nicht die Sprache von Beamten.

Meinerseits ist dem Assistentenverbande in wohl meinender Absicht der Rat gegeben worden, bei ihren Veröffentlichungen vorsichtiger und ihrer Beamtenstellung mehr eingedenk zu sein. Sie haben das wieder veröffentlicht, und das gibt mir die Gelegenheit, hier auszusprechen, daß ich für derartige Druckmittel nicht zu haben bin, sondern ver, lange, daß sich die Beamten immer gewärtig halten: sie sind Beamte und dürfen solche Sprache der vorgesetzten Behörde gegenüber nicht führen. (Sehr richtig! rechts und bei den Rationalliberalen.)

Abg. Patzig (ul.): Ich möchte eine Anfrage mit politischem Belgeschmack an den Staatssekretär richten. Nach einem Bericht war in Leipzig ein Vortrag des Postassistenten Löffler über „Protestantismußs und Katholtzismus und die Beziehungen zur Gegenwart! a dg Dem Löffler soll nun die Agitation für den Evangelischen Bund auf Anregung der Zentrumspartei, deren Vorstand bei dem Reichspostamt sich beschwert hatte, untersagt worden sein. Ich kann mir nicht denken, daß dieser Bericht korrekt ist. Ich unter⸗— schätze den Einfluß der Zentrumspartei gewiß nicht. Aber ich kann mir nicht vorstellen, und ich möchte der Lestung einer Reichsbehörde nicht zutrauen, daß sie auf eine Beschwerde der Zentrumepartei mit einem Verbot durch 8 Oberpostdirektion eingegriffen hat. Ich hoffe, wir werden eine Fefriedigende Erklärung erhalten. Für die Beamten der unpolkltischen Betriebeverwaltungen möchte ich ein rößeres Maß politischer Bewegungsfreiheit in Anspruch nehmen, als ; nach diesen Meldungen zugestanden worden ist. Die richterlichen Beamten sehen wir in voller Schärfe die politischen und wirtschaft lichen und konfessionellen Gegensätze auskämpfen. Dem Betriebs« beamten kann man doch diese Freiheit noch in weiterem Maße zuge⸗ stehen; denn er ist lediglich ein Vollzugsorgan einer ganz unpersoͤn⸗ lichen Verkehrßanstalt. Gerade weil ich glaube, daß der Chef unserer Reichspostverwaltung wirklich nicht nervös ist, kann ich mir nicht vorstellen, daß auf elne Beschwerde elner katholischen Gemeinde oder einer sonstigen örtlichen Stelle einem evangelischen Postassistenten diese Untersagung wider fahren sein solll. Im Verhältnig des Vuost ssisten len. verbandes liegen übrigens schwierige Zustände vor. Es ist eine Organisation, die die Interessen ihrer Mitglieder nach allen Selten n . will; da müssen die gezogenen Grenzen, namentlich nach der Seite des Verhältnisses zu den Vorgesetzten, sehr zart und subtil eingehalten werden. Der Staatssekretär haf mit seinem Amtsantritt einen modus viveondi geschaffen, mit dem er bisher recht gut aus kam. Der eine Vorfall, um den es sich hier handelt, scheint mir keine Kurveränderung der Verwaltung zu bedeuten, wie es u. a. die rf der äußersten Linken annimmt. Die Verwaltung würde ihre flicht versäumen, wenn sie die Vertreter des Verbandes nicht auch ĩ laden und ihnen Eröffnungen machen würde, daß sie die Grenze überschrltten hätten und besser respektieren müßten, wenn solche Rüge sich nicht wiederholen solle. Dleseg Recht kann sich keine Verwaltung nehmen ker auch von dem allergrößten Verbande nicht. Anderselts aber dürfen nicht etwa die Beziehungen zwischen diesen Organisationen und den Reichetags⸗ mitgliedern zum Vorwand genommen werden, die Stellung der Ver⸗ wallung den ersteren gegenüber zu modifizieren. Dag sozialdemokra— tische Ideal solcher Organisatlonen, wie es in Frankreich zu der Grün⸗ dung einer Postbeamtengewerkschast geführt hat, die dann unterdrückt werden mußte, ist natürlich nicht das unserige; eben sowenig der Stand⸗ punkt des Abg. Singer. Die Agitation unferer Postbeamten loderte bekanntlich auf gerade im Osten im vorigen Heibst, als die Wogen der Unruhen jenseits der Grenze besonders hoch gingen. Dieser Umstand rechtfertigte wohl das Einschreiten der Verwaltung, es sollte aber nunmehr aus der Sache auch nicht eine Haupt, und, Staatsaktien gemacht werden. Zum Postetat selbst habe auch ich einige Wünsche persönlicher und sachlicher Natur vorzutragen. In einem Falle scheint mir die Verwaltung hinsichtlich der Erzwingung deutlscher Unter schristen von Empfängern von Postsendungen zu weit gegangen zu sein; man hat dem Empfänger, der schon 30 Jahre lang mit der Post in Verkehr steht, die Postfendungen gesperrt, und der darüber entstandene Projeß schwebt noch; in den ersten Instanzen hat natürlich die Verwaltung recht bekommen. Sie verlangt, die Unterschrift solle einigermaßen leserlich sein; was heißt . maßen leserlich“? Ce macht man bloß der Geschäftt⸗« welt unnötige Schwierigkeiten. Es scheint ferner in der Verwaltung ein sehr großer Wert darauf gelegt zu werden, nur unverheiratete Beamte nach den Kolonien gehen; auch die Wohnungseinrichlungen sind darauf zugeschnitten. Ich glaube, ein solches System wird nicht lange aufrecht erhalten werden können. Gerade in den Gegenden mit gemischtfarbiger Be⸗ völkerung wlid eg, wenn sonst der Aufenthalt für Europäer er

einmal zu

Berlin, Mittwoch, den 7. März

auch jweckmäßig sein, verheiratete Beamte hinaus- Interesse einer gewissen Stetigkeit des Betriebes. Die Dienstarbeitsverbältniffe der Postbeamten sind gestern Gegenstand eingehender Erörterung gewesen. Auch wir müssen der uns gegebenen Statistik volle Anerkennung widerfahren lassen. Was die Sonntags⸗ ruhe betrifft, so ist mir ein Amt bekannt, wo die Briefträger nur alle 3 Monate einen freien fen haben. Auch sonst bestehen kleine Unzuträglichkeiten auf diesem Gebiete, die leicht beseitigt werden könnten. 7 es notwendig, den Aussichlsdienst am Sonntag durch einen Obersekretär den ganzen Tag in der jetzigen Weise wahrnehmen ju lassen? Auch bezüglich der Unter— beamten wäre eine Revision angezeigt, insbesondere daß das Revidieren selbst verbessert und revidsert wird. Das Reichspostamt selbst sollte die Reviston vornehmen lassen dag wäre für die Fortbildung des Verkehrs und für die qualitative Verbesserung des Beamten personals sehr wertvoll. Die Wünsche und Beschwerden der Post⸗ hilfgstelleninhaber sind wohl an sich berechtigt; ihre Einnahmen sind außerordentlich bescheiden, ihre Verpflichtungen recht umfangreich. Gelingt es uns, den Besoldungtsetat der Postbeamten aufjubessern, so sollte auch den Inhabern der Posthilfgstellen eine etwas bessere , n. gemacht werden. e ostagenten haben den

unsch, srgendwie für ihre alten Tage versorgt zu werden. Gegenwärtig ist dieser Wunsch nahezu unerfüllbar; es sollte aber vielleicht versucht werden, durch Benehmen mit dem Staatssekretär des Innern bei Erörterung der Ginführung einer Pensiongversicherung für die Privatbeamten guch diesen Wunsch mit zu erwägen. Die Agenten sind r bereit, einen Beitrag zu zahlen. Ich möchte Ihnen dann die Annahme unserer Resolution empfehlen. Vor allem müssen die Ungleichheiten beseitigt werden, die in der An— rechnung der Militärdienstzeit vorhanden sind. Ferner ist eine Reform des Wohnungsgeldzuschusses notwendig. Hler bestehen Ungleichheiten zwischen dem ö und den Einzelstaaten. Den Unterbeamten ist ja inzwischen ein Zuschlag von ho og gewährt worden. Ungleichheiten bestehen auch bezüglich der oberen Bra nmten Dlese wollen wir durch unsere Resolution beseitigen.

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat zunächst erwähnt, daß einem Postassistenten Löffler das Halten von Vorträgen untersagt worden sei, und er hat angeführt, daß das nach Zeitungsnachrichten auf Veranlassung der Zentrumspartei geschehen sei. Ich muß hier erklären, daß die Zentrumspartei in keiner Weise an der Sache be— teiligt ist. (Hört! hört! in der Mitte.) Der Fall hat sich nach den Akten in der Weise abgespielt, daß ein katholischer Pastor in Lützen sich an die Oberpostdirektion in Leipzig gewendet und darüber Klage geführt hat, daß der jetzt in Leipzig angestellte Postassistent Löffler in Wort und Schrift die Einwohnerschaft in Lützen verhetze, und daß es im Interesse des allgemeinen Friedens notwendig sei, ihm diese Verhetzung zu untersagen. Die Ob erpostdireltion hat die Sache ge—⸗ prüft. Inzwischen hat sich aber der Pastor, weil er zu lange auf Antwort warten mußte, an das Reichspostamt gewandt, die Ver— hältnisse in derselben Weise dargelegt und dabel erwähnt, daß er von der Oberpostdirektion noch keine Antwort erhalten habe. Das Reichspostamt hat infolgedessen Bericht eingefordert; nach diesem Be⸗ richt der Oberpostdirektlon lag die Sache so, daß der Beamte Löffler, ein Assistent im Alter von 2.z oder 27 Jahren, durch Verteilung von Flugschriften viel Aufsehen gemacht, sich auch nicht darauf beschränkt hat, diese Schriften, die nach Form und Polemik viel Anstößiges und Provozlerendes enthielten, den Evangelischen zugänglich zu machen; sie sind vielmehr auch katholischen Familien zugesandt worden. Es ist seitens des Pastors auch hervorgehoben worden, daß gerade in dleser Zusendung eine Herausforderung für die Katholiken liege.

Das Reichspostamt hat die Sache geprüft und der Oberpost—⸗ direktion erklärt, daß es mit dem Antrage der Oberpostdirektion, dem Postassistenten Löffler wegen dieser seiner agitatorischen Tätigkeit ernste Mißbilligung auszusprechen und die Fortsetzung solcher Tätigkeit zu untersagen, einverstanden set.

Inzwischen hat sich ein Arzt, Dr. Offszanka in Lützen, von neuem an das Reichspostamt gewendet und ausgeführt, daß der Assistent Löffler, obgleich ihm diese agitatorische Tätigkeit untersagt worden sei, sie doch weiter ausübe und auch Vorträge halte. Das Reichspostamt hat diese Eingabe an die Oberpostdirektion in Leipzig zum Bericht gegeben, und der Bericht ist demnächst hier eingegangen. Schon vorher hatte aber dag dem Löffler vorgesetzte Postamt ihm auf Veranlassung der Obempostdirektion das Halten von Vorträgen untersagt und war dabei eigenmächtig so welt gegangen, den Beamten auf das Amt zu bestellen und ihm auf diese Weise die Abreise unmöglich ju machen. Sobald die Oberpostdirektion von der letzteren Maßnahme Kenntnis erhielt, hat sie sie aufgehoben, wie das nur natürlich war. Die Sache ist dann vom Reichspostamt dahin entschieden worden, daß die oberste Behörde mit dem Vorgehen der Oberpostdirektion, dem Löffler die agitatorische Tätigkeit, wie er sie ausgeübt hat, zu unter sagen, einverstanden sei, daß aber das weitere Vorgehen, ihm das Halten von Vorträgen zu verbieten, nicht gerechtfertigt sei, weil man annehmen müsse, daß er sich den Forderungen seiner Behörde unter— werfen und zu weiteren Klagen keinen Anlaß geben würde.

Ich möchte nun zunächst betonen, daß wir in dieser Beziehung, abweichend von dem Standpunkt, den der Herr Vorredner eingenommen hat, der Meinung sind, daß die Beamten keiner anderen Verwaltung in so enge Beziehung mit der Bevölkerung kommen wie die Post. und Telegraphenbeamten, daß sie vermöge ihres Amtes sehr tief in die persönlichen Verhãltnisse eindringen, und daß daher der größte Wert darauf gelegt werden muß, daß die Post⸗ und Telegraphenbeamten das größte Vertrauen aller Kreise der Bevölkerung besitzen, daß mithin eine agitatorische Tätig keit, die geeignet ist, die Bevölkerungeklassen gegeneinander aufzjureizen, von den Post. und Telegraphenbeamten nicht ausgeübt werden darf. In hee. Beziehung ist in der Verfügung des Reichspostamts an die Oberpostdirektion in Leipzig ausgeführt:

„Dem Postassistenten Löffler in Leipzig war mit diesseitiger Zustimmung die Mißbilligung der Oberpostdirektion ausgesprochen worden, weil er sich in seiner auch an katholische Familien ver tellten Flugschrlft jur Förderung des Evangelischen Bundes von sachlichen Erörterungen entfernt und auch in der Form der Polemik die zulässigen Grenzen überschritten hatte. In der Besorgnis, Löffler werde sich in seinem für den 18. Februar angekündigten

träglich ist, zuschicken schon im

Vortrage ähnlicher Verfehlungen schuldig machen, hat die Kaiser⸗ liche Oberpostdirektion ihm das Abhalten des Vortrages untersagt. Daß eine solche Besorgnis nahe lag, soll nicht verkannt werden. Immerhin fehlte es, nachdem Löffler die geeigneten Vorhaltungen gemacht worden waren und er erkiärt hatte, daß er sich jeder unzu⸗ lässigen Agitation enthalten wolle, an hinreichendem Anlaß, ihm Vorträge für die Zwecke des Evangelischen Bundes zu untersagen. Darin tritt das Reichspostamt der Kaiserlichen Oberpost⸗ direktion bei, daß die Beamten der Post. und Telegraphen⸗ verwaltung, auf welchem politischen oder konfessionellen Standpunkt sie auch stehen mögen, in ihrem gesamten dienstlichen und außer⸗ dienstlichen Auftreten bestrebt sein sollen, sich das Vertrauen aller Volkzkreise, auch der anders denkenden, zu erwerben und zu erhalten!“ Das, meine Herren, ist der Standpunkt, der von dem Reichs—⸗ postamt in diesem Falle eingenommen worden ist, und ich glaube, daß er korrekt ist.

Der Herr Vorredner hat dann Wünsche ausgesprochen und Klagen mitgeteilt, in letzterer Beziehung insbesondere die Klage aus einer rheinischen Stadt über die Schreibung des Namens des Empfängers unter einer Postquittung. Es ist ja selbstverständlich, daß die Post⸗ und Telegraphenverwaltung nicht als Lehrmeisterin für Schönschrift und dergleichen auftritt, und daß jeder Beamte zufrieden ist, wenn er die Sendungen, die ihm anvertraut sind und über deren Ablieferung er Quittung haben muß, los ist, denn damit hört seine Verantwortlichkeit auf. Aber mit seiner Verantwortlichkett hängt auch eng zusammen, daß er die Unterschriften wenigstens ungefähr entziffern kann. Nun denke man sich einmal die Verhältnisse eines großen Postamts wie in Essen, bei dem Hunderte und Tausende von Sendungen aus⸗ und ein⸗ gehen, bei dem die Zahl der Beamten so groß ist, daß ein Wechsel in den Beamtenstellen usw. nicht zu vermeiden ist. Wenn nun neue Beamte in die Stellen eintreten, ist natürlich nicht zu verlangen, daß sie imstande sind, solche Unterschriften, wie sie im vorliegenden Falle geliefert sind, zu entziffern und es kann ihnen nicht verübelt werden, wenn sie sagen: ja, das kann kein Mensch für einen Namen ansehen. Der Beschwerdeführer sagt, der Name wäre so ins Handels⸗ register eingetragen worden. Ja, da steht allerdings sein Name und auch sein Namenszug, aber der Namenszug kann undeutlich und undeutlicher und am undeutlichsten geschrieben sein (Heiterkeit); in diesem Falle habe ich mir ein Exemplar verschrieben und werde es den Herren vorlegen. Der von mir gebrauchte Superlativ wird kaum ausreichen, denn Sie werden nichts sehen als eine Schlangenlinie, aus der Sie alles mögliche herauslesen können. Wir tragen zwar der verbreiteten Gewohnheit undeutlicher Namensschreibung Rechnung, müssen aber für den Beamten eintreten, wenn seine Forderungen in dieser Hinsicht wirklich berechtigt sind.

Der Herr Vorredner hat dann gemeint, es würde von den Ober⸗ postdirektionen ein gewisser Druck auf die Beamten ausgeübt, wenn sie Verbesserungsvorschläge usw. machten. Ich muß ihm darin entgegen⸗ treten. Ez entspricht den Wünschen der Verwaltung, und das wird von Mitgliedern des Reichspostamts bei ihren Dienstreisen oft betont, daß aug den Kreisen der Beamten solche Vorschläge gemacht werden. Ich komme auf kein Amt, wo ich nicht bei vorhandenem Anlaß sage: machen Sie mir Ihre Vorschläge. Es stehen uns ja auch Mittel zur Verfügung, gute Vorschläge zu honorieren, und wir haben wiederholt Belohnungen für solche Vorschläge bewilligt. Alle Borschläge werden sorgfältig geprüft und auch bei unbrauch⸗ baren wird fast immer eine Anerkennung für das von dem Beamten bekundete Interesse ausgesprochen.

Den Vorschlag des Herrn Vorredners, die Revisionen großer Aemter durch Mitglieder des Reichspostamts vornebmen zu lassen, halte ich nicht für annehmbar. Vor allem würde eine ganz bedeutende Vermehrung der Mitglieder des Reichspostamts not- wendig sein, denn die Zahl der Postämter ist sehr bedeutend. Ich glaube auch nicht, daß die Herren Postdirektoren dann die Sache wesentlich anders betrachten würden. Denn jeder Revisions⸗ beamte ist ein unangenebmer Gast, gleichviel ob er Oberpostinspektor, Geheimer Rat oder Staatssekretär heißt. Jedenfalls besteht die jetzige Einrichtung schon sehr lange, sie hat sich völlig eingelebt und recht gut bewährt. Man darf auch nicht vergessen, daß ein großer Teil der Oberpostinspektoren nach einigen Jahren selbst in Direktor⸗ stellen einrückt.

Ferner hat der Heir Vorredner wieder die Frage der Postagenten angeschnitten. Es ist ja bekannt, daß wir den Postagenten Wohlwollen entgegenbringen, aber es darf doch nicht vergessen werden, daß es sich bier nicht um durchgebildete Fachbeamte, sondern um eine Nebenbeschäftigung handelt. Diejenigen Herren Abgeordneten, die auf dem Lande wohnen, wissen genau, daß die Postagentenstellen sehr gern genommen werden, und daß auf dem Lande eine Vergütung bis 1000 ihren großen Wert hat. Wenn einem Agenten einmal seine Stelle genommen werden soll, versucht er alles, um sich zu halten. Nun haben wir ja im Etat einen Fond ausgebracht, aus dem denjenigen Agenten, die schon das Maximum der Vergütung baben, deren Tätigkeit aber eine immer großere geworden ist, noch Extravergütungen gewäbrt werden, und zwar bit zu 200

Richtig ist allerdings, daß die Postagenten keine Pension be⸗ kommen, weil sie eben nur nebenamtlich beschäftigt sind. Dabei ist zu berücksichtigen, daß wit ja ju Postagenten auch Personen annebmen,. die vielleicht o und 60 Jabre alt sind, die kränklich sind, die zum Teil den Dienst überbaupt nicht seldst machen, sondern ibn durch An⸗ gehörige verrichten laffen. Es ist eben eine reine Nebenbeschãftigung, eine Gelegenheit, nebenbei noch etwas Geld zu verdienen. Den Gedanken, den der Herr Vorredner aussprach, mit dem Reichs amt des Innern in Verbindung ju treten und bei Gründung von Pensionekassen für Privatbeamte auch auf die Versorgung der Agenten Bedacht zu nehmen, haben wir