Sie waren gedacht als lokale Renpienten für die Spargelder, nament. lich für die Spargelder des kleinen Mannes, und zugleich als die Kreditquelle ebenfalls für den lokalen Bedarf. Von diesen beiden Grundlagen hat sich eine ganze Anzahl unserer Sparkassen sehr wesent⸗ lich entfernt, indem sie nicht nur die Spargelder aus dem engeren Bezirk, die ihnen von selber juflossen, annahmen, sondern kunstlich aus viel welter gelegenen Gebieten die Geldmittel an sich herangezogen haben. Durch Zeitungsannoncen haben sie Spargelder gesucht, die gar nicht in dem örtlichen Bereich entstanden waren, und vor allem haben sie sich immer mehr davon entfernt, bei der Ausleibung die lokalen Bedürfnisse zu befriedigen. Sie sind aus Gewinnsucht weit über den Rapon ihrer natürlichen Tätigkeit hinausgegangen und haben ihre Gelder wer weiß wie weit entfernt angelegt, lediglich, um einen etwas höheren Gewinn zu erzielen. Sehr interessant ist eine Statistik, die darüber im Jahre 1804 aufgenommen worden ist. Im Jahre 1904 haben die großen Konten, also diejenigen mit Einlagen über 3000 4K, um 9,9 oo zugenommen, und die Einlagen über 10 000 0 sogar um 11 osc, während die kleineren Konten nur um 3 bis 40, gestiegen sind. Nun frage ich: ist das die richtige Entwicklung der Sparkassen, daß sie Einlagen von mehr als 10000, also von wohlhabenden Leuten, an sich ziehen, und daß diese Einlagen um 11 ι gestiegen sind? Das halte ich nicht für eine normale Entwicklung der Sparkassen. Die Sparkasse hat in erster Linie den Spargroschen des kleinen Mannes bei sich aufnehmen sollen. Was ist die Folge gewesen? Um einen höheren Gewinn zu erzielen, haben sich die Sparkassen, wie ich schon sagte, immer mehr von dem natürlichen Kreis ihrer Tätigkeit los— gelöst und ihre Tätigkeit auf Gebiete ausgedehnt, die sie gar nicht zu übersehen vermögen.
Der Herr Abg. von Savblgny hat in seinen Ausführungen darauf hingewiesen, daß der Gesetzentwurf den ländlichen Hypothekarkredit zu schädigen geeignet sei. Meine Herren, die Sparkassen haben ihrerseits alles getan, um den ländlichen Hypothekarkredit in den Hintergrund zu schieben und den städtischen Hypothekarkredit in den Vordergrund zu rücke n und zwar lediglich aus Gewinnsucht. Auch in dieser Hinsicht gestatte ich mir, einige Daten vorzubringen. Im Jahre 1891 waren von den Sparkassen auf städtische Grundstücke 884 Millionen und auf ländliche Grundstücke 838 Millionen ausgeliehen, sodaß das Maß der Aus, leihung auf städtische und ländliche Grundstücke fast das gleiche war. Im Jahre 1903 betrugen die städtischen Hypotheken 2 Milliarden 482 Millionen, die ländlichen dagegen nur 1 Milliarde 611 Millionen. In dieser verhältnismäßig kurjen Periode sind 800 Millionen mehr auf städtische als auf ländliche Grundstücke ausgeliehen worden. Das Verhältnis der städtischen Hypotheken, das im Jahre 1891 28 0 be⸗ trug, ist im Jahre 1903 auf 35 0 gestiegen, während das Verhältnis der ländlichen Hypotheken nicht nur nicht gestiegen, sondern zurück. gegangen ist. Die ländlichen Hypotheken machten im Jahre 1891 270! der Anlagen aus und im Jahre 1903 nur noch 23 oo. Aus Gewinnrücksichten ist man dazu übergegangen, die Gelder der Sparkassen in weit entfernten Städten unterzubringen, obwohl man naturgemäß die Kreditwürdigkeit einer solchen Hypothek in einer weit entfernten Stadt schlechterdings nicht überseben kann. Ich sprach vor einiger Zeit einmal mit einem Gegner dieser Vorlage, der, wie Herr von Savigny auch, aus Westfalen war, und als wir uns darüber unterhalten hatten, fragte ich ibn: wo baben Sie Ihre Hypotbeken? Da sagte er: auf Häusern in Oberschlesten. Nun bitte ich Sie, ist das eine richtige Konstruktion für die An— legung von Sparkassenbeständen, daß eine ländliche Sparkasse in Westfalen ihre Gelder anlegt in Häusern in Oberschlesten, obgleich sie ganz außer stande ist zu beurteilen, ob ein Haus in Oberschlesten es dauernd wert ist, die Hypothek zu tragen, oder nicht? Und von einer anderen ländlichen Sparkasse in Westfalen weiß ich, daß sie ibre Agenten in Ostpreußen berumreisen läßt, um die Gelder der Sparkasse dort unterzubringen.
Ich darf noch einmal spejiell auf die Verhältnisse in Westfalen eingehen. Der Abg. von Savigny sagte, daß die Sta istik, die wir in dieser Beziehung gegeben bätten, nicht beweiskräftig sei. Ich bin ganz anderer Ansicht und werde mir erlauben, nur von einem einzigen überwiegend ländlichen westfälischen Bezirk die Daten zu geben. Dieser überwiegend ländliche Regierungebezick bat, sage und schreibe, 52 oo seiner ganjen Bestände in städtischen Hypotheken argelegt, nut 2500 in ländlichen Hwpotheken und nur 7,5090 in Inbaber— papieren. Wenn mal, was Gott verbüten wolle, über Sparkassen dieser Art eine schwere Krisis bereinbricht, ein Krieg, so
ersten Oberbürgermeister darauf hingewlesen, wie groß im Jahre 1866 die Panik in den größeren Städten gewesen sei. Er sei Bürger⸗ meister in einer Stadt in der Nähe der hannoverschen Grenje ge= wesen, und tagelang sei die Sparkasse bestürmt worden, weil der Einmarsch der hannoverschen Armee bevorstand. Erst als der schn elle Sieg bei Langensalja eintrat, hätte sich das Publikum beruhigt. Sie hätten das Publikum damit hingehalten, daß sie die ganzen Anforderungen in harten Talern auszahlten. Dadurch wäre das ganze Autzahlungsgeschäft bls zu dem Zeitpunkte hingezogen worden, wo das Vertrauen allmählich zurückkehrte. (3u ruf) — Ich bin auch für die Taler.
Vann sagte der Abg. Wolff: wo in aller Welt ist es begründet, daß Institute öffentlich rechtlichen Charakters angehalten werden, Konsols zu kaufen? Der Abg. von Savigny hat inebesondere be—⸗ mängelt, daß in dieser Richtung die Sparkassen eine Ver pfllchtung haͤtten. In dieser Beziehung weiche ich funda—⸗ mental von den beiden Herren Vorrednern ab. Ich bin allerdings der Ansicht, daß die öffentlichen Organisationen unseres Staatelebens wohl die Verpflichtung haben, für die oberste Organi= sation, der sie alle ihr Dasein verdanken, auch helfend einzutreten, d. h. in diesem Falle für den Staat. Meine Herren, die Anford e⸗ rungen an den Staat wachsen auf allen Gebieten jeden Tag, jeden Tag werden ihm neue Aufgaben zugeteilt, werden neue finanzielle An= forderungen an ihn gestellt; aber keine Organisation in unserem öffentlichen Leben hält sich für verpflichtet, nun diese Staatsorganisation ihrerseits zu stützen und zu fördern.
Ich halte es für durchaus irrig, wenn der Herr Abg. von Sa— vigny sagt, daß den Sparkassen gewissermaßen die staatliche Kontrolle nur zum Nachteil gereicht. Meine Herren, das Vertrauen, das die Sparkassen genießen, beruht zum großen Teil auf der staatlichen Beaufsichtigung, auf dem Bewußtsein der Bevölkerung, daß hier immer nach dem Rechten gesehen wird; außerdem genießen die Sparkassen den eminenten Vorzug der Mündel sicherheit. Ich halte es für ganz berechtigt, daß die Sparkassen auch ihrerseits für denjenigen eintreten, dem sie alles dieses verdanken, nämlich für den Staat.
Der Herr Abg. Wolff knüpfte daran die Befürchtung, es würde, wenn wir in dieser Beziehung an die Sparkassen gewisse Anforderungen stellten, nun nachher auch die Konsequenz gezogen werden, daß die Privaten ebenfalls gejwungen werden würden, einen Teil ibres Ver mögens in Staatspapieren anzulegen. Meine Herren, diese Be— fürchtung ist eine vollkommen grundlose. Das, was wir von einer Organisation des öffentlichen Rechtz mit Recht verlangen, können wir unmöglich von einem Privaten verlangen; in dieser Beziehung, glaube ich, kann der Herr Abg. Wolff vollkommen beruhigt sein.
Dann spielte in den Ausführungen des Herrn Abg. Wolff sowobl
wie des Herrn Abg. von Savigny eine große Rolle die Behauptung, daß der Einlagezinsfuß beruntergehen würde und auf diese Weise also der kleine Mann geschädigt werden würde. Meine Herren, wenn das der Fall wäre, dann hätte diese Konsequenz schon bei der großen Anzahl von Sparkassen eintreten müssen, die gegenwärtig schen den Anforderungen genügen, die wir in der Regierungs vorlage aufgestellt haben. Weite Landesteile unseres Vaterlandes, Schlesien, die Mark. Sachsen usw. genügen diesen Anforderungen vollkommen, und trotzdem sind sie nicht dazu übergegangen und haben nicht dazu übergeben müssen, den Zindfuß berabzusetzen. Wenn das in diesen Landesteilen möglich gewesen ift, warum soll es nicht in den wenigen anderen Landesteilen möglich sein, die den Anforderungen des Gesetzes noch nicht entsprechen? Nein, meine Herren, die Sparkassen behalten voll. kommen die Dieposition über die bisberigen Ueberschässe und sind in keiner Weise genötigt, eine Aenderung in ihren bisberigen Anlagen vorzunehmen; und auch von dem neuen Zuwachs stehen drei Fünftel ibnen zur vollkommen freien Verfügung und nur jwei Fünftel soll en von ibnen in der Weise angelegt werden, wie die Gesetzee vorlage es dorsiebt. Der Serr Abg. Dr. von Sadignd sagte, die Einleger, und zwar meist die kleinen Leute, würden bestenert. Das muß ich durchaus be⸗ streiten. Aber selbst wenn es der Fall sein sollte, so bebaupte ich, daß der Einleger ein diel größeres Jateresse daran bat, sein Kapital jederzeit rechtzeitig und sicher zurückjubekommen als eventuell einen etwas böberen Zinssatz zu nehmen und die Sicherbeit zu entbehren, das Kapital jederzeit zurück jubekommen, — und diese Sicherheit ent- behrt er bei der jetzigen Sage der Dinge dollkommen.
sind die Einleger um ihre Gelder gebracht, das kann ich vositid sagen. Ich wüßte nicht, wie die Sparkasse in der Lage sein sollte die An. sprüche der Einleger zu befriedigen. Die Svpotbeken kann sie nicht ablösen im Augenblick, sie sind meist auf Kündigung gegeben und selbst wenn sie von einem vorbehaltlosen Kündigungsrecht Gebrauch machen wollte, so würde sie die wirtschaftliche Krisis nur derstãcken. statt sie zu mildern. Das einzig mögliche Schutzmittel ist der Besitz don Inbaberpapieren.
Diese Illiquidität hat in der Weise zugenommen, daß, wie Sie jn der Begründung finden, eine ganze Anzahl von Sparlassen über— baupt gar keine Inbaberpaplere haben. 30 o/ unserer Sparkassen noch nicht 10 * ibrer Bestände in Inbaberpapieren angelegt haben. 30 06 noch nicht 10 0. Inbaberpapiere! Ich meine, daß sich bieraus in Ernstieiten die allerschwersten Gefahren für die Einleger, für die Sparkaffen selber und für die binter ihnen stebenden Kommunen er— geben werden, und wenn der Abg. von Savigny die Interessen des kleinen Mannes mit Recht betont bat, so, meine ich, ist es das erste Jntereffe des kleinen Mannes, daß er im Ernstfalle, wenn er an die Spyarkaffe kommt, sein Seld heraus bekommt. Dieser Gesichts punkt der absoluten Sicher beit der Einleger geht allem voran, und dieser Ge—⸗
vielfach bei den Sparkassen in den Hintergrund getreten. on angeht, daß cine Sparkasse, um sich liquide zu er- ten, etwa 30 0 ihrer Seftã nde in Jabeberparieren angelegt haben
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7 —— — 7 8 ——— — * 2.7 o ent rrechen mierer Srarkeffen dieser Anforderung
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Das halte ick ür ren aagerrr den and für einen im böchsten fabrlihen Stender nch hier fagt ja wir haben doch 1865 Red 1870 keine üblen Erfahrungen der gnrärige Sett Bet r damals sehr schnelle, sebr ben, wmad infel gedefen ist die Erschütternng des 6 altbald überreden erden. Db nit aber immer mit so glückliche Zeiten za rechen baben, Fhrnen wär zit fen, wir HKanen auch wit aegẽrstigen Zeiten ze recen Bader, Erd da mwmdte lich wiffen, d der feine Mann sein Geld berartberengnmt, wenn er an die Sarkaffe kearat nad sein Seld ferdert ; e Bei der Berataag ie Serteabanse ade den Caren, reren
nicht die Rede. Zuzugeben ist nur, daß, falls die Vorlage Gesetz ö 8 . * r —— * ö werden sollte, die Neberschüsse etwag lIaagsamer steigen werden als bisher. clne Aenderung gar nicht eiatritt, kann auch den einer Erböhung der Roramunalsteuern schlechterdings nicht die Rede sein.
don Sadigroꝰ bat darauf aufarerksam gemacht, daß erst im Herren-
unzutreffend. baben, Staat wapiere und sorstige börsermäß ige Jrhaberpariere, in der Lage sein, im Kriegsfall oder bei einer senstigen wirtca tsichen Krisis diese Papiere zu lomdardieren oder zu verkaufen, während ỹ̃e
Meine Herren, ebenso ist doch nun von einer Erhöhung der Komm unalfteuern, die Herr von Sadigny an die Wand malte, gar
as ist ganz richtig. Aber da in den bisherigen Anlagen
Dann bat der Hert Abg. don Savigny wie der Sert Abg. Wolff noch de Situation im Falle eines Krieges bemängelt. Der Herr Abg. bause die Bestin mung auf genoaren worden sei, wonach im Ernst. falle, in Kriegsfalle oder bei sonstigen Krisen, eine Veräußerung der Pariere erfolgen könne. Wir haben den Beschluß des Herren- bauses nicht für nötig erachtet; denn das ist der Zweck der garen Vorlage: wir wollen ja gerade die Syarkassen anbalten, Jnhaber- papiere zur Anlage zu derwenden, um in einem solchen Ernstfalle die Mittel zu daben, den Heinen Einleger zu befriedigen um fich Liquide Mittel beschaffen zu können. Das verstebt sih also gan von selber, daß, wenn eine solche wirtschaft liche Krifis eintritt, die Sparkaffen ermächtigt sein mrssen, ihre Jnhaberpapiere zu verkaufen. Das Herrenhaus hat gewanscht, diese Bestinmnng aus. drücklich aufgenommen u seben, und dagegen haben wir leine Ein. wendungen erhoben.
Aber, meine Herten, wenn der Herr bg von Sadigny sagt, die Sparkassen würden unge benre Derluste erleiden, so ist das dolllemmen Die Sxyarkafsen werden, wenn fie Inhaberpapiere
Lombardierungen vorzunehmen. Ich kann mich hier in der lichkeit nicht im Detail darüber aussprechen, . aber in . mission die nötigen Aufklätrungen darüber sehr gern geben.
In einem Punkte — es ist leider vielleicht der einzige Punkt, wo ich mit dem Herrn Abg. von Savigny übereinstimme — das ist der Punkt der Bilanzberechnung im Frieden. Auch ich halte es nicht für richtig, daß das Wirtschaftsergebnis einer Sparkasse dadurch scheinbar beeinflußt wird, daß die Papiere im Laufe des Jahres etwas herauf⸗ oder heruntergehen, während tatsaächlich die Sparkasse in einem Jahre genau so gut gewirtschaftet hat wie im andern Jahre. Aber ich glaube, es ließe sich dem Rechnung tragen, wenn man einen besonderen Reservefonds bildet, der die Schwankungen der Inhaber⸗ papiere nach oben oder nach unten ausgleicht, oder aber, daß man was auf dasselbe hinauskommt, Kursabschreibungen auf den Wert 1a In haberpapiere macht, namentlich bei etwaigen Kursfteigerungen, kurzum, daß man einen getrennten Reservefonds für die Kure⸗ schwankungen bildet, der auf den allgemeinen Reservefonds und damit auf die Verwenduug der Ueberschüsse ohne Einfluß ist.
Ich komme dann noch mit einigen Worten zu der Frage der Hebung des Kurses. Der Herr Abg. von Savigny wie der Herr Abg. Wolff sagten, der Gesetzentwurf könnte eigentlich beißen: Gesetz entwurf zur Hebung des Kurses der Staatspapiere. Ich halte diesen Einwand für irrig; ich bin der Ansicht, daß, selbst abgesehen von der Rücksicht auf die Hebung des Kurses der Staatspapiere, die An— schaffung eines genügenden Quantums an Staatspapieren im eigensten, vitalen Interesse der Sparkassen und namentlich der kleinen Einleger liegt, ganz unabbängig von der Hebung des Kurses. Aber ich erkenne es durchaus an, und babe es immer anerkannt, daß die Rũcksicht auf die Hebung des Staatskurses hinzukommt und das zweite Moment bildet, das für die Vorlage spricht. Ich kann mich nur wundern, daß wir in diesem unserm Bestreben nicht die einmütige Zustim mung aus allen Kreisen unseres Vaterlandes finden. Wir werden so bingestellt als ob wir irgendwelche Sonderinteressen für uns per folgen, während wir doch nur die Interessen der Alge⸗ meinbeit, des Publikums, und gerade des kleinen Mannes für den der Herr Abg. von Sadignv eintritt, mit Rachdrud verfolgen. Meine Herren, wer bat denn infolge des mangel. baften Zustandes unserer Staatspaviere am meisten verloren? Das ist gerade der kleine Mann, die Witwe des kleinen Mannes; der kleine Mann hat geglaubt, sein Geld absolut sicher anzulegen, wenn er es dem Reiche oder den Einzelstaaten anvertraut, und diese Leute baben es dann erleben müssen, daß im Verlaufe von 3— 4 Jabren die Staats. und Reichspapiere um 130,0 gefallen sind. (Zuruf ondersion h Ich frage Sie, meine Herren, ist das ein Zustand, den Preußen und das Reich auf die Dauer ertragen kann? Sollen wir juseben, daß der kleine Mann derartige Verluste an Staats r apieren erleidet, sollen wir zuseben, daß unsere Staats papiere, die die besten der Erde sind, dauernd erbeblich tiefer stehen, wie die englischen, die französischen, die schwedischen, wie die von allen mdglichen Staaten doo untergeordneter Bedeutung? Und, meine Herren, weil unser großes Publikum an diesen Papieren so viel verloren bat, darum wird es auch für den Staat immer schwieriger, seine Anleiben unter- zjubringen, mit immer größeren Verlasten derbunden, und daraus ergibt sich für den Staat die eminente Ge fahr, wie er seine koloffalen Anleihebedũrfnisse befriedigen kann, wenn, was Gott verbüten wolle, uns ein Krieg beschieden sein sollte. Die Anforderungen im Ernstfalle für Armee und Nariae sind so loloffal. daß es eine absolute Pflicht einer staatserbaltenden Politit᷑ ist, dafür zu sorgen, daß unser Anleibemarkt im Frieden nicht immer mehr verwahrlost, wie es gegenwärtig der Fall ist, und das können wir nur dann erreichen, wenn wit, soweit es überbaupt in unseren Kräften stebt, die Kurs schwankungen einzudämmen dersuchen. (Sehr richtig h Bie ist es nun möglich, meine Herren, diese Kursschkwan ungen — nicht zu beseitigen, denn das würde außer unserer Mackt sein — aber nach Möglichkeit einzudãmmen? Das muß einmal dadurch nach Möglichkeit erstrebt werden, daß wir das Maß der ewigen Beun⸗ rubigung des Marktes einigermaßen berunterdrücken. Diese Beim. rubigung geht namentlich vom Reiche aus, das alljabrlich mit kolossalen Anforderungen an den Markt berantritt, denen dann auch die xreußi· schen Anferderungen für Sekundẽrbahndorlagen, usgestaltung der sonstigen Eisenbabnen usw. sich anschließen. Gelingt es, die Reichs. nan referm zur Verabschiedung zu bringen, dann wird offentlich die s stetige Inanspruchnahme des öffentlichen Marktes mit Anleihen einigermaßen gemindert werder.
Aber, meine Herren, die Hauptsache ist die, daß es ung an einem konstanten, regelmãßigen Abnehmer für unsere Anleiben fehlt, wie sie in den übrigen großen Kulturstaaten vorbanden sind. Ich empfeble dem Herrn Abg. Dr. von Savigny und anderen Derren des Hauses, die sich dafür intereffteren, die Broschüre des Herrn Bankiers Ludwig Delbrãck ju lesen, der ãnßerst sachverständig ist nud sich über die große Verschiedenbeit auf diesem Gebiete binsichtlich der großen Kulturstaaten und unseres Vaterlandes eingehend verbreitet. Er weist gerade auf den Punkt hin, daß der bessere Kursstand in den übrigen Staaten im wesentlichen ein Ergebnis der fländigen Ab- nahme, namentlich durch die Sparkassen, ist. Sie baben in England und in Frankreich die Einrichtung, daß alle Sparkassenüberschüsse in englischen und französischen Titres angelegt werden, und Sie bꝛber in Amerika die Einrichtung, daß die große Anzahl der Natienalbarken Pariere überhaupt nur ausgeben können, wenn sie einen entfyvrechenden Teil von amerikanischen Schatz bonde, also amerikanischen Deligationen, deronierer. Auf diese Teise wird also ein stãndiger, sehr bedeutender Fãnfer am Markt erhalten und so der Kurs der Staats. und Reichs- papiere einigermaßen gehoben.
Derr Abg. Dr. ven Sarigny sagt, die Verhältnisse in Frank- reich wären gan andere, bier garantiere der Staat für die Spar⸗ kassen. Meine Herren, das ist nach meiner Kenntnis der Dinge gan irrig. Der Staat garantiert durchens nicht für die Syarkassen, sondern er hat nur in der Caisse centrale die Inflitution gewonnen,
jeßt überbaupt gar kein Mittel haben, fich die ati en Sarrittel zu derschaffen und einfach die Tẽr zesckliezen affen, wern die Gtnleger kemenen. Haben sie aber Jrbaberrartere, so stnd sie in der Sage, sie in Iembardieren oder ju derkanfen, rad es werden selbstverstärd- lich in Srrstfalle Ginricktangen getroffen werden, nn in den
derschiedenen Landesteilen die Mögligkeit 0 schaffen. selche
um die Ueberschüffe der Sparkaffen in Staatetitres anzulegen. Aber eine Garantie bat er dafar in keiner Weise übernommen; und noch
weniger sind die franzöfischen Sparkasen staatliche Unternehmungen. Herr Abg. Dr. von Sarigny führte Hern Leroy⸗Beaulien an, der das franjõsische System verurteile. Nan, meine Herren, ich habe die Schrift nicht gelesen; aber was beweist denn das? Wenn Herr Dr. von Savigny bebaurtet, deß die Franzosen ihr System aufgeben wollen, so ist das nach meiner Kenntnis der Dinge vollkommen irrig.
Die Franzosen, die überhaupt sehr verständige und in Finanzen sehr
weilblidkende Leute sind, werden sich schwer hüten, ein System auf ⸗ jugeben, das in so hohem Maße zur Konsolidierung ihrer Finanzen gefübrt hat. .
Dat gebe ich Herrn Abg. Dr. von Savigny zu, daß meiner Ansicht nach die Franzosen und die Engländer in diesem Punkt ju weit gegangen sind, indem sie die ganzen Sparkassenüber⸗ schůsse in englischen und französischen Titres anlegen und infolgedessen zas Risiko des Staates im Falle einer Krisis oder eines Krieges außerordentlich erhöht haben. Wir denken auch gar nicht daran, diesen Weg zu betreten, sondern wir wollen nur einen ganz bescheidenen Teil der Ueberschüsse der Sparkassen in Staatsrenten anlegen, laufen also durchaus nicht das Risiko, wie England und Frankreich.
Meine Herren, ich babe die Gründe kurz auseinandergesetzt, die meiner Ansicht nach für die Vorlage sprechen, und möchte nur noch eins binzufügen. Wenn wir einseitig bloß die Interessen des Staats- kredits verfolgten, dann hätten wir beantragt, das ganje Maß an Inbaberpapieren, was verständiger Weise don den Sparkassen ge⸗ halten werden muß, in Staatepapieren anzulegen. Das haben wir nicht getan, sondern, wie gesagt, wir begnügen uns mit der Hälfte von den jwei Fünfteln, also mit einem Fünftel, sodaß den Sparkassen die Möglichkeit gegeben ist, dieses jweite Fünftel in heimischen Kommunalpapieren, in Pavxieren der beimischen Landschaft und in anderen sicheren Papieren anzulegen — ein Moment, das Herr Abg. Dr. von Savignv bei der Frage, wie der Gesetzentwurf auf die Gemeinden einwirke, vollkommen außer acht gelafsen hat. Ich halte dies Moment aber für außer⸗ ordentlich wichtig; denn ich glaube, darin wird mir der Herr Abg. Dr. von Savigny Recht geben, daß namentlich den kleinen Gemeinden die Unterbringung ibrer Anleihen auf das äußerste erschwert ist. Die großen Gemeinden finden immer Käufer für ihre Anleihen, aber die fleinen Gemeinden werden sie meist nur sebr schwer und zu einem ungünstigen Kurse los; und es wird den Kursstand dieser Papiere der Gemeinden wesentlich heben, wenn sie einen breiteren Kreis von Käufern bekommen. Genau so wird es mit dem Kursstand der Papiere der Landschaft geben; und wenn der Herr Abg. Dr. von Savigny für die Landwirtschaft eingetreten ist, so hätte er mit uns dafür ein ⸗ treten müssen, den Kurs der landschaftlichen Papiere zu heben; denn das kommt in eminentem Maße gerade der Landwirtschaft zu⸗ gute. (Sebr richtig! rechts.)
Abgesehen davon, unterliegt es keinem Zweifel, daß, wenn der Kurs der Staatepapiere steigt, damit auch ohne weiteres der Kurs— stand der Gemeindepapiere und der landschaftlichen Papiere anzieht. Der Kurs der Staatspapiere ist der Standardkurs und danach richten sich mehr oder weniger die Kurse der Papiere der Gemeinden und der Landschasten.
Ich halte also die Befürchtung, die der Herr Abg. von Savigny und auch der Abg. Wolff geäußert haben, für unbegründet, und bin im Gegenteil der Ansicht, daß die Vorlage notwendig ist, um schwere Gefabren von den Sparkassen fernzubalten. Ueber allen Gesichtg⸗ punkten des Gewinns und selbst der Befriedigung des Hppothekar kredits muß steben die Rücksicht der absoluten Sicherheit der Ein- lagen. Diese Rücksicht ist bisher vielfach vernachlässigt worden. Ich behaupte, daß eine Sparkasse mit 7 oso. Inhaber- papieren einfach nicht in der Lage ist, die Anforderungen der Einleger zu befriedigen, wenn einmal ein Run auf die Sparkasse ein⸗ tritt. Diesen Gesichtspunkt der Liquidität müssen die einzelnen Spar- kassen mebr als bisher in den Vordergrund stellen, womit sie in hervor⸗ ragendem Maße den Interessen der Einleger dienen, den Interessen der Sparkassen selber. Ich möchte Herrn von Savigny bitten, sich ju überlegen, in welchem Maße es einen Rückschlag für die Spar- lassen geben würde, wenn im Ernftfalle eine Anzabl von Sparkassen ibren Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Wenn er die Interessen der Sparkassen fördern will, wie ich mit ihm es durchaus will, so muß er suchen, diesen Fall, den schlimmsten, unter allen Umständen zu verhüten. Dieser Fall ist jetzt nicht verhütet nach dem geringen Maß von Inbaberpapieren, das die Sparkassen haben.
Ich bin also der Ansicht, daß durch die Vorlage nicht allein die öffentlichen Interessen nicht verletzt werden, sondern daß eminente öffentliche Interessen dafür sprechen: die Interessen des kleinen Ein⸗ legers, der Sparkassen selber, die Interessen des Staats und die Interessen der Gemeinden und Landschaften.
Deshalb möchte ich nochmals dringend darum bitten, daß die Vorlage in der Kommission Annahme findet. Wir werden gern dabei mitwirken, etwaige Zweifel aufzuklären und Abänderungsvorschläge, die uns entgegengebracht werden, wohlwollend zu prüfen. (Bravol
recht?.)
Abg. Dr. Schroeder⸗Cassel (al.: Ein großer Teil meiner politischen Freunde hat so schwere Bedenken gegen die Vorlage; daß fie befürchten müssen, diese werden sich auch in der Kemmission nicht jerstreuen lassen; ein anderer Teil meiner politischen Freunde erkennt aber den Grundgedanken des Gesetzes als berechtigt an. Ich gebe dem Minifter in seiner Erwartung recht, daß der Kurs der Staats- papiere sich durch dieles Gesetz beben wird; aber es ist doch sebr fraglich, ab es Sache der Sparer ist, dafär zu wirken; der Staat kätte ja noch andere Mittel, um den Zweck der Kurshebung jn erreichen. Wenn die Konvertierung unserer Staatspapiere nicht erfolgte, s⸗ würde ihr Kurs jetzt einen anderen Stand zeigen.
Abg. Dr. von Wovyna lfr. kons): Meine politischen Freunde hegen die fefte Hoffnung, daß die ses Gesetz dazu beitragen soll, einen 3 Mißstand in unferem öffentlichen Leben, nämlich die schlechte Lage unserer Staatspapiere auf dem Markte, zu beseitigen. In diesem Punkt ist etwas krank, das wird kein Patriot bestreiten. Ich will hoffen, daß dieser Schritt der erste wirksame ist, um hier Wandel zu schaffen, ich will weiter hoffen, daß das Reich und der Reichstag nicht Gott einen guten Mann sein lassen, sondern auch alles tun werden, um den Kurs unserer Staatsanleihen zu pflegen. Es versöhnt uns weiter mit dem Gesetz, daß das Ziel desselben nach 2 in schonendster Form angestrebt werden soll. Wir haben die Ueberzeugung, daß durch das Geseßz noch viel mehr erreicht werden kann; es muß erzieblich wirken auf den Betrieb unserer Sparkassen. Das Gesetz hat vielleicht jur Folge, daß man in eine Reform des Spaꝛrkassenwesens überhaupt. eintritt, daß man das Reglement von 1833 aufgibt, wenn—⸗ gleich ich einen großen Respekt bor der gesetzgeberischen Tätig- leit des alten preußischen Staatsrats habe. Die allgemeinen Sründe, die Herr von Savigny so beredt und gründlich gegen das Gesetz vorgebracht hat, will ich jetzt nicht erörtern; ich glaube auch, daß wir ung selbst in der Kommisfion damit nicht so eingebend be= sassen können, auch bier zeigt sich in der Beschränkung erst der Meister. Meine politiscken Freunde stimmen der Beratung des Gesetzes in einer einundjwar ziggliedrigen Kommission zu. . ;
Abg. Be. Ger fchel (fr. Volksp):; Bei jeder Vermögensanlage müßsen die Verhäͤltnisse berüicksichtigt werden, die sich überhaupt nicht derändern können; es ist also ratsam, einen Teil des Vermögens in
blen dafür festzulegen. Bestimmungen über mündelsichere Papiere ar ursprünglich' nur denen eine Anleitung geben, die nicht eschäfts kundig genug über Seldverhältnisse sind; für die, die aufmännisch ein Geschäft leiken, sind diese Bestimmungen nicht notwendig. Die Anlage in mündelsicheren Papieren kann vor- teilhaft sein, wir meinen aber, daß man sie nicht vorschreiben darf. Im Jahre 1843 ist ein einziges Mal ein Mißzverhältnis zwischen den Tinnahmen der Sparkassen zu den Zinsaugzablungen eingetreten, aber ein solches Jabr wird sicher in unserer Geschichte nicht wiederkebren. Wenn in Berlin ein boher Pore ch der Bestände der Sparkassen in Inhaber papieren angelegt ist, so liegt das daran, daß besondere Verhãltnisse der Spar kaffe wenig Passende otheken zur Verfügung sfellen. Cs muß in der Kommtisston untersucht werden, welche be⸗ sonderen Verhältniffe in den verschledenen Sparkassen eine verschiedene Anlage der Bestände mit sich gebracht haben. Man verweist auf die Tombardierung durch die Reichebank, aber über ieder Lombardierung schwebt die Gefahr, daß der Kurs der niedergelegten Papiere unter den Kurs sinkt, zu dem sie lombardiert wurden, so daß eine Ergãnzung resp. eine Veräußerung der Papiere stattfinden muß. Wir wenden uns besonders gegen den Schematismus der Vorlage; man schreibt eine Anlage don 30 oo in ue er g vor, ohne auf die einzelnen Verhältniff: der Sparkassen Rücksicht zu nehmen. Wenn die Sparkaffen ibre Bessaͤnde lieber in Hypotheken anlegen, so liegt dasz daran, daß sie die Schwankungen der Inbaberpapiere nicht mehr ertragen wollen. Man kann unsere Staatspapiere nicht mit denen vergleichen, die in England und Frankreich eine alte Kultur binter sich baben; unsere Industrie schreitek so fort, daß sich in jedem Jahr ein erbebliches Geldbedũrfnis herausstellt, daß also ier der Zinsfuß ein höherer sein muß als in solchen alten Ländern. Würde man den hohen Umsatzstempel abschaffen, so würden dadurch auch vorübergehend größere Summen in Staatspapieren angelegt werden können und dadurch eine Hebung des Kurses unserer Staatepapiere stattfinden. Wir müssen uns prinzipiell gegen das Gesetz aussprechen, weil es für die Sxarkassen und kleinen Einleger nicht notwendig ist und in die Entwicklung der Sparkassen störend einwirkt, sie jwingt, ihren Zinsfuß berabzusetzen, und dadurch den Sparsinn beeinträchtigt. Wir sind aber für Kommissionsberatung und werden darin mitwirken um die Technik des Gesetzes zu verbessern zu suchen. Es mu nicht nur die Veräußerung, sondern auch der Umtausch der Inhaber- papiere gegen andere, renlablere Papiere zugelassen werden.
Abg. Schulze ⸗Pelkum (ons.) :; Die Stellung meiner Freunde zur Vorlage ist nicht einheitlich. Ich habe die Bedenken derjenigen meiner Freunde darzulegen, die gegen die Vorlage sind. Ich brauche dabei nicht zu wiederholen, was die übrigen Redner bereits ausführlich erörtert baben. Wir balten es nicht für angebracht, die Hebung der Staatspapiere und die Regelung der Anlegung der Sparkassenbestände miteinander zu derquicken. Was die Vorlage will, kann schon im Aufsichtswege veranlaßt werden, und wir sehen in dem Verwaltungs⸗ wege einen großen Vorteil gegenüber der gesetzlichen Regelung; denn von der Verwaltung kann auf die besonderen Interessen der einzelnen Sparkassen Rücksicht genommen werden. Eine Herabsetzung des Zins⸗ fußes des Staates würde auch die Sparkassen zu einer Herabsetzung des Zinsfußes jwingen, und dann würden die Sparer veranlaßt werden, ibre Gelder in weniger sicheren Werten anzulegen. Gewisse Ueberschüsse müssen die Sparkassen herauswirtschaften, um für un⸗ vorbergesehene Fälle gerüstet zu sein. Bezüglich der Versicherung der Be⸗ stände der Sparkassen können wir auch nicht Vorschriften für alle Sparkassen einheitlich erlassen; was für die einen Sparkassen richtig ist, paßt nicht für die anderen. Mit einer Kommissionsberatung sind wir einderstanden. Mein Freund Winckler hat bei der Etatsberatung die Regierung gebeten, sich bei einer Reform des , , ,. lediglich von den Interessen der Sparkassen leiten zu lassen. Auf diesem Wege könnten meine Freunde, die jetzt dieser Vorlage nicht zustimmen können, ein gutes Stück mit der e m zusammengehen.
Abg. Dr. Faß bender (Zentr.): Die Vorlage bedeutet eigentlich einen Vorwurf gegen die Verwaltung der Sparkassen und gegen die Aufsichtsbehörde; man könnte zu dem Urteil kommen, als hätten beide ihre Pflicht nicht getan. Bei der Frage eines günstigen oder un⸗ günstigen Krieges ist auch das psychologische Moment in Betracht zu ziehen, und das ist niemals im voraus zu bestimmen. Die Aeuße⸗ rungen des Reichs banlpräsidenten im Herrenhause schienen few Bedenken in sich zu schließen, er hat sich sehr unbestimmt über die Teilnabme der Reichsbank an der Aktion ausgesprochen. Die Lombardierung würde auch mit großem Schaden für die Sparkassen vor sich gehen, oder wenigstens würden sie nur einen sehr geringen Prozentsaz bei der Lombardierung erhalten. Im Landes sökonomiekollegium ist unwidersprochen darauf hingewiesen worden, einen wie großen Anteil die Hypotheken an den Sparkassenbestãnden haben. Es ist zu tadeln, wenn die Sparkassen übermäßige Anlagen in städtischen Hypotheken haben, aber der Vorwurf ist nicht gegen die Sparkassen zu richten, sondern das hängt mit der ganzen wirtschaft⸗ lichen Entwicklung zusammen, daß die Städte sich anders entwickelt haben als die ländlichen Verhältnisse. Es sollte allgemein bei den Sparkassen mehr als bisher der Kontokorrentverkehr eingeführt werden; das Publikum müßte Stagatspapiere und Pfandbriefe bei den Sparkassen hinterlegen können. Damit würde auch den Sparkassen gedient sein. Die Vorlage wird die bestehenden Mängel kaum be⸗ seitigen. Die Sparkassen haben nun einmal so hohe Summen in Hvpotheken angelegt, die Gemeinden haben ihren Etat auf die Spar— kasseneinnahmen basiert; eine Störung darin könnte große Bedenken haben. Das n . sieht nicht allein auf die Sicherheit der Anlagen, sondern auch auf die Höhe der Prozente, In 6 ift übrigens die Sache nicht so, daß die Spar—
assen zur Anlegung in Staatspapieren 2 sind, sondern die Einnahmen der Sparkassen werden an den Staat abgeführt, der darüber quittiert, sich also zum Bankier der Sparkasse bestellt hat. Es handelt sich also dort nicht um Kräftigung des Staatekredits, sondern um Sicherung der Einnahmen. Zu einer wirklichen Abhilfe müßte das Sparkassengesetz von 1838 durch ein neues ersetzt werden. Ueber die Lombardierung müssen bestimmte Verschriften getroffen werden, damit die Sparkassen dabei nicht vom Geldmarkt abhängen. Wenn der Minister meint, ein allgemeines Sparkassengesetz würde auf Bedenken stoßen, so hängt das davon ab, welchen Charakter das Gesetz haben würde. Wenn man Gesetze nicht machen will, weil Bedenken entgegentreten könnten, so müßte die Regierung häufig von Gefetzen Abstand nehmen. Der Minister selbst sagt, daß die Spar- kassen sich entwickelt haben; dann kann man nicht verlangen, daß in ihre Entwicklung eingegriffen wird. Hoffentlich kommt aus den Kommissionsberatungen etwas Brauchbares im Interesse der Spar⸗ kassen heraus. . ; —
Abg. Dr. Iderh off (freikons.): Die verschiedenen Auffassungen in dieser Bebatte erklären sich leicht daraus, daß in den einzelnen Landes⸗ teilen die Verhältnisse verschieden sind, und daß das, was für eine Sparkasse gut ist, für andere eine große Härte sein kann. Die Aus führungen des Abg. Woyna könnten so aufgefaßt werden, als ob in unferer Partei keine Bedenken gegen die Vorlage beständen; das ist aber nicht der Fall. Der Zweck der Sparkassen ist, das Kredit- bedürfnis zum Vorteil der heimischen Wirtschaft zu befriedigen. Die gesetzgzeberischen Maßnahmen sind hierzu aber nicht in jeder Richtung
eeignet. Bei den kleinen Sparkassen sind die Kreditverhältnisse der Eee e gen jedermann gegenwärtig, da ist keine Panik zu befürchten, und deshalb brauchen auch die liegenden Gelder nicht so groß zu sein. Diese leinen Sparkassen könnten aber auch nicht 30 50 ihres Geldes in Inhaberpapieren anlegen, ohne entweder den Zinsfuß herab⸗ gi. oder aber * die Darlehen an die ländlichen Besitzer höhere Jinsen zu erheben. Nun sieht die Vorlage ja eine . etzung auf 20 oο vor, aber auch dieses dürfte noch zu hoch seln. Jedenfalls wird es unsere Aufgabe fein, in der Kommission diese Frage eingehend zu prüfen. . ;
Abg. von Eynern (ul.): Ich 6 zu denjenigen meiner poli⸗ tischen Freunde, welche diefes Gesetz kes der Regierung angeregt haben und deßhalb mit Sympathie an dle Vorlage herantreten. Ich habe selber die Wirkung erlebt, welche seinerzeit die Kriegserklärung gegen
Wir müssen immer darauf dringen, zur Sicherheit des Sparers die größte Sicherbeit der Gelder der Sparkassen zu verlangen. Es gibt natürlich auch heute schon Sparkassen, die allen Anforderungen an die Sicherheit , Eine solche Sicherheit bietet z. B. die Eg n s geleitete Berliner Kasse. Es ist seinerzeit vor Jahren noch unter dem damaligen Finanzminister von Miquel schon die Ausarbeitung eines Sparkassengesetzes in Angriff ge⸗ nommen, doch wurde damals nichts daraus,. Es besteht heutzutage leider ein Mißtrauen gegen die Staatspapiere. Als wir Anfang der 90er Jahre 3 prozentige Konsols emittierten, fiel der Kurs in sechs Menaten von 86 auf 83. Solche Schwankungen im töiefsten Frieden schädigen das Ansehen des Staatskredites after n g ch wir stehen heute noch vor dieser Erscheinung. Das ist auch die Veranlassung ewesen, daß die Sparkassen, soweit sie Konsols in ihrem Besitze atten, weitere Anlagen hierin nicht machten, sondern ihr Geld anderweitig unterbrachten. Ebenso handelten auch die Privaten. Heutzutage gebört die Begebung der preußischen Staats apiere zu den schwierigsten Operationen an der Börse überhaupt. Durch die Ab neigung der Sparkassen, ihr Geld fernerhin in Konsols anzulegen, wurde dem Staat ein Absatzgebiet verschlossen, welches alle anderen Staaten besitzen. Durch diesen Gesetzentwurf ermöglichen wir einer- seits, daß die Sparkassen eine größere Sicherheit in ihren Anlagen für die spätere Liquidität ihrer Mittel gewinnen, und dann schaffen wir auch dem Staat ein außerordenkliches Absatzgebiet für die Unterbringung seiner Anleihen, ohne die heute kein Staat bestehen lann. Der Redner verliest sodann die statistischen Angaben aus England, Frankreich und Oesterreich, aus denen hervorgeht, in wie außerordent⸗ lich hohem Grade gerade diese Länder, insbesondere Frankreich, ihre Staatspapiere in den Sparkassen unterjubringen gewußt haben. Die Sparkassenbestände seien als die großen Reserven des National⸗ vermögens anzusehen. Von 7 Milliarden an unseren Sparbeständen seien erst 500 Millionen in Staatspapieren angelegt. Der vorliegende, weit ausschauende Gesetzentwurf werde in keiner Weise die Interessen der Sparkassen schädigen. Abg. Winckler (kons.): Der Abg. Schulze⸗Pelkum hat ganz richtig gesagt, ich hätte mich vor zwei Jahren in dem Sinne geäußert, daß man sich bei dieser Materie vor allem von Rücksichten auf die Sparkassen leiten lassen müsse. Ich muß jedoch bekennen, daß mir diese Vorlage nicht weit ausschauend genug ist. Stellen wir uns auf den Standpunkt, daß der Staat die Angelegenheiten der Sparkassen regeln soll, so muß man umschauen, welche gesetzlichen Maßnahmen dafür überhaupt vorhanden sind. Es ist ein ewiger Krieg der Spar⸗ kassen mit den wechselnden Bestimmungen der Zentralinstanz; heute wird eine Maßnahme verweigert, die ein paar Jahre früher zu— gelassen war. Das sind Willkuͤrlichkeiten. Besondere Klagen betreffen die Verwendung der Ueberschüsse. Die Garantieverbände der Spar⸗ kassen, die Kommunalverbände, tragen das Risiko, deshalb muß man deren Wünschen für die Verwendung der — 1 Rechnung tragen. Es müssen feste Grundsätze darüber aufgestellt werden. Ein Beschluß, Sparkassenüberschüsse für einen Chausseebau ju verwenden, wurde nicht bestätigt, weil Chausseebauten nicht zu außerordentlichen Kommunaljwecken“ gehörten, wofür die Ver- wendung der Ueberschüsse im Statut vorgesehen war. Das be⸗ rührte die betreffende Gemeinde darum sehr schwer, weil in der Nachbargemeinde im Sparkassenstatut die Verwendung der Ueberschüsse zu „‚außerordentlichen kommunalen Zwecken, insbesondere zu Wegebauten“ vorgesehen war. — Wir bekommen jetzt nur diese einzelne Vorlage. Wenn ich anerkenne, daß eine ganje Reihe von Punkten bei den Sparkassen gesetzlich zu regeln ist, so vermindere ich die Aussicht dafür, wenn ich diese einzelne Vorlage annehme. Es müssen in einem neuen Gesetz namentlich Rechte der Garantie⸗ verbände festgelegt werden. Ich lehne die Vorlage ab, weil sie mir nicht weit autschauend genug ist.
Darauf wird die Debatte geschlossen.
Abg. Dr. Görck (ul.) bedauert, durch den Schluß verhindert zu sein, die r mit Rücksicht auf die schleswig⸗holsteinischen Ver⸗ hältnisse zu besprechen.
Die Vorlage wird einer Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen. ᷣ
Schluß 4½ Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 11 Uhr (Antrag Hammer, betreffend Feuergefährlichkeit der Waren⸗ häuser; Antrag Kreitling, betreffend Feuerbestattung; Antrag von Zedlitz wegen Abänderung des Kommunalabgabengesetzes; Petitionen.)
Handel und Gewerbe.
(Aus den im Reichsamt des Innern zu sammengestellten Nachrichten für Handel und Industrie“ ) Großbritannien und Cuba.
Handels, und Schiffahrtsvertrag zwischen beiden Ländern. In Havana ist am 4. Mai v. J. jwischen Großbritannien und Cuba ein Handels. und Schiffahrtsvertrag abgeschlossen, wonach ich beide Staaken in bezug auf Handel, Schiffahrt und Gewerbe — edoch nicht hinsichtlich der Einfuhrjölle — die Behandlung auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation zusichern. Der Vertrag soll vom Austausch der Ratifikationsurkunden ab 10 Jahre und demnächst mit einjähriger Kündigungsfrist, wirk⸗ fam fein. Den brinischen Kolonien und Besitzungen ist der Beitritt binnen Jahresfrist nach dem Austausche der Ratißikations. urkunden vorbehalten, ebenso kann die britische Regierung in dieser Frist den Beitritt britischer Schutzgebiete oder Einflußsphären sowie der Insel Cypern erklären. Der Vertrag ist im Januar d. J. dem britischen Parlament zur Beschlußfassung vorgelegt.
Griechenland.
Gemeindeverbrauchssteuern. Nach einer Mitteilung des „Phe Board of Trade Journal- ist durch ein 83 vom 1. Sep- lember v. J. die Höchstgrenze, bis zu welcher die Gemeinden Ver⸗ brauchtzzabgaben von eingeführten Waren zu erheben berechtigt sind, auf J v. H. (statt früher 3 v. H.) festgelegt. Die Erhebung dieses Höchstsatzes soll nur dann in Frage kommen, wenn die Einkünfte einer Gemeinde zur Bestreitung der Kosten der Verwaltung und des
Schulwesens nicht ausreichen.
Absatzgelegenbeit für leinene Kleiderstoffe in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Ein bedeutender Welßwarenimporteur New Yorks hat sich kürzlich über die Absatzgelegenhelt von leinenen Kleiderstoffen in den Vereinigten Staaten in folgendem Sinne geäußert:
Der Bedarf für Leinen, und Halbleinendamenkleiderstoffe ist in diesem Jahr in den Vereinigten Staaten größer als je, was sich sowohl aus der günstigen Re, n, als auch daraus erklärt, 30 die Tragfähigkeit dieser Stoffe sich sehr gebessert und die größere Ge h lch in dem Farben den Modebedarf angeregt hat. Der Hauptbegehr besteht für glatte, weiße Leinenkleiderstoffe, und auch für die mit hübschen Stickereien versehenen balbfertigen Blusen und Kleiderröcke. Ein großer Teil dieser Ware wird in Bel fast produjtert, und die Stickereien werden dort mittels Hand⸗ arbelt oft ganz prachtvoll ausgeführt, und jwar zu sebr hohen Preisen. Tausende von Arbeltern und Arbeiterinnen, die früher in Irland mit dem Sticken von r, ihren Lebengunterhalt erwarben, haben sich dem neuen Artitel zugewandt, nachdem die Maschinensticke rel von Taschentüchern die Handarbeit fast ganz verdrängt hat. .
Gz wird immer noch ein kleiner Teil der ganz feinen irischen Taschentücher mit der Hand gestickt, der Prozentsatz ist jedoch ver⸗
for gltelen einen anderen Teil in Inhaberpapieren anzulegen. Es st aber durchaus unangebracht, ganz bestimmte prozentuale Verhältnis ⸗
rankreich augübte. Gs wäre eine schwere Krisis eingetreten, wenn * die Siege der Armee die Beunruhigung lan beseitigt hätten.
chwindend. Auch in St. Gallen und Graubuͤnden werden noch die 4. Stickereien fur Taschentüchen mittels Handarbeit gefertigt,
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