1906 / 119 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 21 May 1906 18:00:01 GMT) scan diff

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S. M. S. 3 a“ ist am 18. Mai von Schimonoseki nach der Insel Kotsuschima gegangen, um dem dort auf Grund geratenen Llo ddampfer ‚„Roon/ Hilfe zu leisten. .

S. M Flußkbt. „Vaterland“ ist vorgestern von Nankin nach Tschingkiang abgegangen und geht heute von dort na Schanghai.

Potsdam, 2. Mai. Die Beisetzung Ihrer Kön ig⸗ lichen Hoheit der Prinzessin Friedrich Karl von Preußen hat gestern in der Kirche bei Nikolskoc statt⸗ gefunden. Vor dem Altar war der Sarg, an dem prächtige Kränze niedergelegt waren, aufgebahrt. Um 12 Uhr erschienen, W. T. B.“ zufolge, unter dem Geläute der Glocken Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz und sämtliche preußischen Prinzen und Prinzessinnen. In der Kirche anwesend waren bereits Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Friedrich Leopold nebst ihren Kindern, der Prinz Heinrich von Preußen, der Sar g und die Herzoghn von Connaught, der Groß⸗

erzog von Oldenburg, der Großherzog von Mecklen⸗ bur r mit Gemahlin und dem Erbgroßherzog, der er. Albrecht von Preußen, Regent von Braun— schweig, mit seinen Söhnen, der Prinz Gust av Adolf von Schweden und Seine Hoheit der Herzog von Anhalt, ferner Vertreter Ihrer Majestäten des Königs don Sachsen und des Königs von England, der Chef des . Wirkliche Geheime Rat Dr. von Lucanus, der Staatssekretãr des Innern Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner, die Minister Dr. Studt und von Wedel, die Generalität, die Geistlichkeit von Potsdam, der Generalsuperintendent D. Faber, der Bürgermeister Vorkastner von Potsdam sowie der Ober⸗ bürgermeister von Dessau. Der Oberhofprediger D. Dryander hielt die Liturgie und sprach Gebet und Segen. Die Gesãnge wurden vom Berliner Domchor ausgeführt. Nachdem sich die Kirche entleert hatte, wurde der Sarg nach der Gruft getragen, womit die Feier beendet war.

Württemberg.

In der Kammer der Abgeordneten stand vorgestern ein von der Volkspartei eingebrachter Antrag zur Beratung, der die Regierung auffordert, im Bundesrat unter allen Um⸗ ständen der Fahrkartensteuer ihre Zustimmung zu versagen.

Der Finanjminister Dr. von Zeyer erklärte, nach dem Bericht des W. * B.“, die Regierung habe gegen die Fahrkartensteuer selbst fchwerwsegende Bedenken. Sie habe auch mit diesen Bedenken im Bundesrat keineswegs zurückgehalten. Wenn sie aber jetzt ersucht werde, ibte Zustimmung zu dieser Steuer unter allen Umständen zu versagen, so sei darauf hinzäweisen, daß die Steuer noch nicht endgältig feststehe. Ce sei nicht aunge chlofsen, daß fie noch eine wesentlich andere Fassung erhalte. ie Regierung

müsse sich deshalb bis dahin ihre Stellungnaßme vorbehalten, Ferre fachlich auch desha

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wr lb, weil es sich auch darum han

Feipzi tönns uhnd werde, ob die Ablebnung der Fahrtarten-

on in i sei, ohne die ganze Reicheftaamreform zu geflhrren,

3 1 94 als 6 notwenig bez ichnet werde. Der er en ulehnen.

Im Laufe der Debatte teilte der Kultusminister De. von Weiz säcket im Namen des erkrankten Ministerg des Auzwärtigen Freiherrn von Soden mit, daß dieser sich de: Fabrkartensteuer gegenüber von jeher ablehnend verhalten habe. Im übrigen lege die Entwidk lung dieser Frage für die Eisenbahnen Württembergs den mög—⸗ lichsten Anschluß an Norddeutschlaad umsgmehr nahe, als man bedauerlicherweise in absehbarer Zeit keine einbeitliche Wazenklesse in Deutschland bekommen werde. Einfach die Fabrkartenstener zu streichen, ginge nicht an. Würde man dies tun, so würden die Matrikular⸗ beiträge in Württemberg um 2 Millionen steigen. Wie wolle man den Ausfall decken? Eine Mehrbelastung von 2 Millionen könne Wärttemberg nicht tragen. Es müsse also, wenn die Fahrkartensteuer falle, Ersatz geschaffen werden.

Nach längerer Debatte wurde darauf der Antrag der Volkspartei angencmmen. Das Zentrum enthielt sich der Ab⸗ stimmung.

Deutsche Kolonien.

Nach einem Telegramm des Gouvernements von Deutsch⸗ Ostafrika ist, wie „W. T. B.“ berichtet, die Unterwerfung der gebirgigen Landschaften Ukinga und Upangawa am nordöstlichen Gestade des Nyassasees in der zweiten Hälfte des April beendet worden, nachdem die Expedition des n, ed ne. hannes den Eingeborenen in verschiedenen Kämpfen einen

gebracht hatte. hatte weiter nach Often gewendet und seine Tätigkeit nach dem Süden von Mahenge verlegt, um im Verein mit den dortigen Truppen einen konzentrischen Angriff gegen die Land⸗

schaft Mgende zu unternehmen. Der Sultan Schabrum a

macht den Versuch, von Songea über die portugiesische Grenze zu entkommen. Hegenmaßregeln sind getroffen worden.

Aus Deutsch⸗Südwestafrika wird amtlich gemeldet:

Gefreiter Adam Mikleweit, geboren am 20. 1883 zu Lwallen, früher im Gardevionisrbatalllon, ist am 11. März im Lazarett zu Swakopmund an Nierenentjündung und Wassersucht, Reiter Georg Seibel, geboren am 11. 6. 1882 zu Traisa, früher im 2. Großberzoglich hessiscken Dragogerregiment (Leibdragoner regiment) Nr. 24, an dem elben Tage im Tazarett zu Keetmanshoop an Typhus, Reiter Paul Kroll. geboren am 20. 8. 1882 zu Selchow, früber im Grenadierregiment Nr. 4 am 12. Mat im Lazarett zu Warmbad ebenfalls am Typhus gestorben.

Desterreich⸗Nngarn.

Die Absicht der ungarischen Regierung, den als gemein⸗ samen Tarif vereinbarten Zolltarif dem ungarischen Reichstag als einen autonomen vorzulegen, hat, der „Neuen Freien . zufolge, einen Konflikt zwischen beiden Re⸗ gierungen hervorgerufen, da der präsident Prinz zu Hohenlohe darauf bestand, daß die Vereinbarungen nicht in einem Punkte ein⸗ seitig abgeändert werden dürfen, und einen autonomen ungarischen Tarif für unvereinbar mit dem gemeinsamen Zoll⸗ geblet erachtet. Eine Audienz des ungarischen Ministerpräsi⸗ denten Dr. Weker le beim Kaiser Franz Joseph am Sonn⸗ abend hat eine e, , des Konflikts gebracht, und im ge⸗ meinsamen Kronrat ist eine Entscheidung getroffen worden.

Der Ministerpräsident Prinz zu Hohenlohe hat am Sonnabend die Vertreter der drei zentralen industriellen Körperschaften Oesterreichs empfangen. Auf die Ausführungen des Sprechers erwiderte der Ministerpräsident, W. T. B.“

se: zufoiz⸗ begrüße mi Freude die Vertreter der Industrie, von deren Bedeutung för das gesamte sraatliche Leben er selt jeher durchdrungen

österreichische Minister⸗

fallen von den 155 bekannt gewordenen Wahlen 140 auf den Die Gruppe des Blocks

er⸗ lust von 400 Toten, 600 Gefangenen und zahlreichem Vieh bei⸗ Das Detachement Johannes hatte sodann sich

sel und deren

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Den vorgestrigen Meldungen des Standard“ üher eine bevorstehende dauernde Regelung der englisch⸗russischen Interessensphöre in Asien wird von verschiedenen Seiten widersprochen. So erklärt der „Observer“, daß unmittelbare

ordern Aufgaben der öffentlichen Verwaltungen bi Gr n a bon allen staatlichen Aemtern nicht nur die bestehenden Industrie⸗ *

sich auch angelegen 66 2 jeder Weise hilfreiche Hand ; frage stehe Boden des . von allen Teilen geacht. sodann in betreff des größten Energie die Interessen 6 , der Aufteilung eitige Abänderungen steh ; Biere 3 unter 44 24 7 ssen. Schließlich erklärte sich der Ministerpraͤstdent heren Industriellen jede gewünschte Aufflärung zu erteilen; feine Tir ebe ihnen jederzeit offen, es könne ibm nur angenehm sein, in steter Fühlung mit ihnen das Wohl der Industrie ju fördern. .

Der Kaiser Franz Joseph ist gestern abend in Budapest eingetroffen und, V. *. B.“ zufolge, von einer zahlreichen Menge begeistert begrüßt worden. .

Die Delegationen zur Beratung der gemein⸗ samen Angelegenheiten werden, nach einer Meldung des

Ungarischen Korrespondenzburenus, auf den 9. Juni nach Wien einberufen.

In einer vorgestern in Budapest abgehaltenen Kon⸗ ferenz der Unabhängigkeitspartei hat der Handels⸗ minister Kossuth eine Rede gehalten, in der er, nach dem Bericht des W. T. B., ausführte;

Die Partei habe hach sabrelangem Kampfe die Mehrheit erlangt, doch müsse sie die Rechte der Majorttãt mit Mäßigung und Vorsicht üben, umsomehr alg w in einer Toalitien gehöre, in der keine der vereinigten Parteien Grundfätze unbedingt verwirklichen könne. Die Nation babe bei den Wahlen 1am Ausdruck gebracht, daß das Steuerruder in die Richlung der Toffuthvartei gelenkt werden müsse. Der Minister erklärte weiter: da bei der ,,, des Reichstags in der Königlichen Burg gewisse Abieichen, die das National gefühl ver letzten, sehlen werden, so würden selbstverständlich nicht nur die Minister, die Mitglieder der Koffuth partei seien, erscheinen, sondern es müsse auch die athpartei als solche sich einfinden. ;

Die Kossuthpartei beschloß darauf, bei Eröffnung des Reichstags in dem königlichen Schloß zu erscheinen, während fie bisher an solchen Feierlichkeiten nicht teilgenommen hatte.

Das ungarische Abgeordnetenhaus hielt heute eine konstituierende Sitzung ab. Der Ministerpräsident Dr. Wekerle und die übrigen Minister wurden bei ihrem Ec⸗ scheinen im Saale stürmisch begrüßt. Der Alterspräsident teilte W. T B. zufolge, mit, daß der König den Reichs⸗ tag morgen mit Thronrede in der Hofburg eröffnen werde, und lud die ordneten dazu ein. Das Magnaten⸗

haus hielt ebenfalls ne Eröffnungssitzung. en und Irland.

ohnkampf⸗ fort, auf dem daß dieses

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alicferungen gelte, und ein⸗ erbältnisses zu Ungunsten

Verhandlungen weder stattgefunden hätten noch jetzt statt⸗ finden würden. ;

Frankreich. Gestern haben in 156 Wahlkreisen, die sich auf 65 De⸗ partements einschließlich Algier und Martinique verteilen, die Stichwahlen zur Deputiertenkammer stattgefunden

und sind, abgesehen von einigen unbedeutenden Straßen⸗

Berseba nach Rafah gesandt worden seien, um noch vor der Ankunft der gemischten Grenzkommission die fehlenden Grenz= pfeiler zu suchen und wiederherzustellen. Es wird berichtet, daß sie biese Pfeiler nicht auffinden konnten, und daß diese in Stücke gebrochen oder im Sande vergraben worden sein müssen. Infolgedessen sollen auf Anerdnung des Gou⸗ verneurs von Jerusalem zwei andere ähnliche Pfeiler errichtet werden. Der britische Konsularagent in Gaza hat sich am Freitag an Ort und Stelle begeben, um sich, zu überzeugen, daß die 66 an der richtigen Stelle aufgestellt werden. Die tůürkische . von Rafah ist verringert worden; 30 Mann haben Befehl erhalten, sich eine Strecke nach Norden zurũckzuziehen.

Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ aus Teheran 6 der. Zustand. des Schahs Beun⸗ ruhigung ein. Die siarke Hitze rief bei ihm anhaltende Ohn⸗ machten hervor, auch ist er akuten Gichtanfällen ausgesetzt.

Nach einer Melbung des „Reuterschen Bureaus“ teilten in einer vorgestern abgehaltenen Zusammenkunft des diplo— matischen Korps in . die Vertreter sämtlicher Regierungen mit, daß sie den Einspruch Englands gegen jede Veränderung in der Zollverwaltung unterstützen. Der britische Geschäftsträger Carnegie hat an die chinesische Regierung eins neue Note über den Gegen⸗ stand gerichtet, da die Antwort auf die erste Note nicht be— n . Bis zum Eingang der Antwort der chinesischen

egierung sollen keine weiteren Schritte geschehen. Afrika.

Wie dem „Reuterschen Bureau aus Es kome gemeldet wird, hatten am 18. Mat die von Nkhandla und Fort Jolland vorgehenden Kolonnen ihre Verbindung hergestellt und hatten dann ein ernstes Arrieregardengefecht gegen die Leute Bambaatas, die von dem Mkala⸗Berge herabstiegen. Zwölf Rebellen sind gefallen, auf englischer Seite wurden ein Offizier und ein Soldat verwundet.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Zweiten und Dritten Beilage.

Die heutige 108.) 9 des Reichstags, welcher der Staatsminister, Staatssekretaͤr des Innern Dr. Graf von Posadowsky-Wehner sowie der Staats⸗ und Kriegs⸗ minister von Einem beiwohnten, warde vom Präsidenken Grafen von Ballestrem um 1 Uhr 20 Minuten eröffnet.

Eingegangen sind zwei Ergänzungen zum Reichs haushalts⸗ etat und zum Ctat für die Schutzgebiete für 1906.

1 Tagesordnung stand zunächst die Beratung des am 8. Mai 1905 zu Stockholm unterzeichneten Handels⸗ und Schiffahrtsvertrages zwischen dem Deutschen Reich und Schweden.

Freiherr Heyl zu Herrns beim (n.). (Auf der Jour⸗ nalistenbühne sehr schwer verständlich Mit dem schwediscken . ist die Negelung unserer Handele bezlehungen mit

uropa abgeschlossen. Die Wirkungen der abgeschlessenen Handelg⸗ verträge lassen sich natürlich in diesem Augenblick n nicht ũbersehen, das Eine aber stebt fest, daß unter den jetzigen Handelsverträgen die Abwicklung der Geschäfte der In- dustrie keinerlei Schwierigkeiten gefunden hat. Das deuische Geschäft ist durch die russischöa Wirren und die französischen und italienischen

demonstrationen, ruhig verlaufen. Nach offiziösen Angaben ent⸗

Block und 15 auf die Opposition. t o gewann 41 Mandate und verlor 6. Mit den im ersten Wahlgange gewonnenen 22 Mandaten beträgt die Gesamt⸗ summe der Gewinne der Blockparteien 57 Mandate. Die neue Kammer wird, W. T. B.“ zufolge, nach einer Zusammen⸗ stellung des Ministeriums des Innern 79 Reaktionäre, 30 Nanionalisten und 66 Progressisten (gemäßigte Republikaner) zählen, ferner 118 Radikale, 127 sozialistische Radikale, 56 geeinigte und unabhängige Sozialisten.

Nuß land.

Der „Nowoje Wremja“ zufolge beschloß die Agrar⸗ kommission der Kadetten, einen von 30 Abgeordneten unterzeichneten Antrag über unverzügliche Beratung der Agrarfrage durch die Duma einzubringen. Die Frage soll einer 35 gliedrigen Kommission übergeben werden. Ferner wurde beschlossen, im Reichsrate eine Fraktion der Kadetten zu bilden.

Italien. .

Der König hatte, wie W. T. B.“ meldet, gestern zwecks Lösung der Kabinettskrise Unterredungen mit Finali, Giolitti und Gallo. . .

Der Papst hat gestern eine ruhige Nacht verbracht. Der Schmerz und die Anschwellung am Knie haben sich ver⸗ mindert. Dle Bewegungen des Fußes vollziehen sich leichter und schmerzlos, doch wird der Papst das Bett noch einige Tage hüten müssen.

Portugal.

Das neue Kabinett ist nunmehr gebildet und hat nach einer Depesche des ‚W. T. B.“ folgende nr ranco Vorsitz nnd Inneres, Joss Novaes Justiz, Schröter Finanzen, Vasconcellos Porto Krieg, Ornellas Marine, Luis Magalhaes Aeußeres, Reym ao Oeffentliche Arbeiten. Die Fortschrittler haben kein Minister⸗ portefeuille oder andere politischen Stellungen erhalten, werden aber das Kabinett unterstützen.

Niederlande.

Die Regierung hat vorgestern in der Kamm er einen w,, eingebracht, der, W. T. B.“ zufolge, die Zu⸗ stimmung der Kammer zu einem Protokoll fordert, welches bie rufsische Reglerung in der Absicht, den auf der ersten Frieden skonferenz nicht vertretenen Mächten die Teil⸗ nahme an der zweiten Konferenz zu erleichtern, sofort nach Eröffnung der zweiten Konferenz von den Bevollmäch⸗ tigten der Signatarmächte der Konvention von 1899 unter- eichnen lassen will. Das Protokoll soll festsetzen, daß die auf he. ersten Konferenz nicht vertretenen, aber zur zweiten ein⸗ geladenen Mächte als der Konvention zur friedlichen Schlich⸗ tung internationaler Streitigkeiten beigetreten gelten sollen von dem Augenblick an, wo sie diesen Beitritt der niederländischen Regierung mitteilen. A ssien.

Zu dem türkisch⸗englischen Grenzkonflikt meldet das „Reutersche Bureau“, daß bie Kaimakams von Geza und

Streiks weit mehr beeinflußt worden als durch die Handelsverträge. Man kann wohl sagen, daß die Geschäfte der deutschen Industrie fich im Aufblühen befint en. Die Arbeits löhne haben sich nicht vermindert, die Sebengmittelpreise sind im wesentlichen dieselben geblieben. Der Preis des Brotes ist, abgesehen von einer vorübergehenden kleinen Steigerung von 1501 bis zum April 1905, unverändert geblieben, ebenfso der des Reis, und der Preis des Fleisches hat sich in diesem Jahre ermäßigt. Es ist erstaunlich, daß eine gewisse Presse immer geneigt tit. wenn die Preise der Lebensmittel oder anderer Produkte sieigen, dafür die Zölle veraniwortlich zu machen. Das Eigentümliche ist nun, daß gerade die Robprodukte, die jollfrei eingeben, am aller⸗ stärksten im Preise in die Höhe gegangen sind. Bei der Landwirtschaft, die ja für die Industrie und nicht nur für die Großindustrie, sondern auch für die Detaillisten von großer Bedeutung ist, hat sich ge⸗ jeigt, daß die Zahl der kleinen selbständigen Landwirte auch bei uns sih Lesteigert bat. Es bat sich in der Landwirtschaft die ent- e ee Hst⸗ Entwicklung gejeigt wie in der Industrie. Was nun den chwezis—chen Handelsvertrag belrifft, so ist das schledanerichtliche Ver= fahren bei Zollsteeitigkeiten dankbar zu akzeptieren. Wir haben eine Ausfuhr nach Schweden von 156 Millienen, und ee wäre voraus zus tzen gewesen, daß wir von Schweden mehr erreicht hätten. So ist 1 B in der allerdings schwierigen Frage der Behandlung der Handlungsreisen⸗ den recht wenig erreicht worden. Nach dem Vertrage haben deutsche , ne,, in Schweden eine Abgabe von 195 Kronen für einen tonat zu dejahlen. Die Bemühungen der deutschen Unterbändler haben nur das Zugeständnis erreicht, daß im Anschluß an das erste Patent zu 100 Kronen Ergänzungt patente ju 50 Kronen für je 15 Tage erteilt werden sollen. Der Redner, der im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen immer weniger verständlich wurde, sprach sodann sein Be⸗ dauern darüber aus, daß man offenbar Schweden gegenüber einen Zellkrieg beürchtet babe, wie man sich auch von Amerika durch dieselbe Drohung habe einschüchtern lassen. ei um so unverständlicher, als Deutschland ja ein sehr guter Käufer sel, namentlich in schwedischen Grzen und anderen Artikeln. Der Redner erörterte das handels politische Verhältnis Deutschlands zu Spanien und Italien bezüglich der Weinfrage. Es wäre angezeigt, daß die verbündeten Regierungen sich Spanien und Amerika gegenüber auf den Standpunkt der vollen Reziprozität stellten. Dann kam er auf die gegenwärtigen großen Interessenkämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitern zu sprechen. Die deutschen Arbeiter hätten bisber keine Ausschreitungen dabei begangen, was in vollem Maße anzuerkennen und ju würdigen sei, da in Frankreich und Italien das Gegenteil eingetrelen sei. (Präsident Graf von Ballestrem: Die lehten Ausfübrungen steben doch nur in sehr lockerem Zusammenhange mit der Sache; ich bitte, auf diese zurückjukommen.) Der Redner hielt diese Aus fübrungen auch jur Beurteilung des schwedisch:n Handel vertrags für notwendig. (Der Präͤsident blieb dabei, daß diese Ausführungen, wenn auch nicht in gar keinem, so doch in einem sehr lockeren Zu⸗ sammenbange mit dem Handelshertrage stehen, und ersuchte wiederbolt um Räcksichtnahme auf die Geschäftslage) Der Redner schloß darauf seine w, (Schluß des Blattes)

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Vereinigung der Berliner Metallwarenfabri-⸗ kanten teilt mit, daß e in ihrer y, , n. Generalversamm lung am Sonnabend einstimmig beschlofsen hat, im in, an den bekannten Beschluß des Gesamiverbandes Deutscher Metall ndustrieller am 2. Juni 60 o ihrer organisterten Arbelter auszusperren (vgl. Nr. 118 d. BI.). Der Generalrat des Gewerkpereins der deutschen Maschinenbau⸗ und Metallarbeiter sieht sich, wie

mitteilt, durch die in einer Versammlung des Ortsvereins . am Freitag, den 18. Mai, gefaßte und in der Presse ver⸗ Fer let. Resolut lan, die zu der geplanten großen Aussperrung in der Netalltndustrie Stellung nimmt ng, die Erklärung ar zugeben, daß der Generalrat des Gewerlbereinz er deutschen Masch nenbeu⸗ nd Metallarbeiter nach wie vor jede Solidarität mit dem deutschen ernie rden, r alle aus der jetzigen Formerbewegung ent⸗ olgen ablehnt. sebenn serer Berling (gl. Nr. 36 d. Bl) waren am Freitagabend zahlreich versammelt, um zu einer Antwert der ältgeber Stellung zu nehmen. Die Forderungen: neunständig= Arbeit zeit, Mindestwochenlohn 32,50 Æ oder Mindeststundenlohn ron 65 A usm. sind der Innung Eade April unterbreitet worden. Die Innung als solche hat, der Vof. Ztg. zu⸗ solge, allgemeine Vereinbarungen abgelehnt und die Arbeiter darauf per iesen, daß jeder einzelne Arbeitgeber dire mlt seinen Arbeitern in Verhandlung ju treten wünsche. Das aber lehnten die Verfammelten ab und erklärten, in dem Verhalten der Arbeitgeber pur eine Verschleppung sehen zu können, die einer Ablebnung gleich= komme. Es wurde beschlossen, am 21. Mai (heute) überall die Arbeit einjuftellen und nicht früber wieder aufzunehmen, bis alle Forderungen bewilligt sind und ein Tarifvertrag justande gekommen sei.

Aus Breslau wird der Köln. Ztg. telegraphiert, daß eine Versamralung der organisierten Gootsleute, Steuermänner, Schiffs beijer und Ma chin isten beschloß, die Arbeit überall da in zsustellen, wo die geforderten Arbeits und Lohnbedingungen nicht jugeftanden werden. . ;

Die Aussperrung der Dresdener Metallarbeiter ist,

wie Tie ‚Frkf Ztgn erfährt, been det. Eine Versammlung der Former und Gießer nahm am Sonnabend die Unternehmervor⸗ schlãge an. . ů. Heidelberger Straßen und Bergbabner haben, nach demselhen Blatte, beschloffen, von dem Eintritt in den Autstand porläufig abzuschen. Es sollen mit dem Aufsichtsrat weitere Unter- sandluagen gepflogen werden (og. Nr. 113 d. Bl.) .

In Gotha ö wie der „Frkf. Ztg.“ gemeldet wird, sämtliche Baubandwerker Sonnabend in den Ausstand getreten.

In Saint-Etienne haben, wie W. T. B.“ meldet, die

Hüttenarbeiter durch Abstimmung mit 109 Stimmen Mehrheit bescklossen, den Neunstundentag ju fordern und heute in den Ausstand zu treten. Der Ausstand auf der Bahnlinie Malm ö Yftad ist, W. T. B. zufolge (o9ogl. Nr. 116 d. Bl.), durch Uebereinkunft bei⸗ gelegt worden. Der Verkehr sellte heute wieder aufgenommen werden.

Aus Rio de Janeiro wird dem W. T. B.“ telegraphiert, daß ein Ausstand der Angestellten der Eisenbahn von Sao Paulo sich ausbreitet; auch die Angestellten anderer xinien schließen

sich an. Kun st und Wissenschaft.

A. EF. Die unter Vorfitz von Professor Dr. Lissauer tagende jüngste Versammlung der Füge m g err akt für Anthro⸗ vologie beschloß, den am 21. Juni seinen 80. Geburtstag begehenden Geheimen Admiralitätsrat Dr. Neumayer zum Ehrenmitglied zu er⸗ nennen. Von Professor Dr. Klaatsch sind Nachrichten aus Java ein⸗ etroffen, das er von O. nach W. durchkreuzt hat, ohne doch eine be—⸗ e, Ausbeute ju erreichen. Australien důnkt dem Forscher prä⸗ bistorisch ungleich interessanter als Java. Er denkt, dabin zurückiukehren, jumal er in Java an Malaria erkrankt ist. Der übcige Abend ge . hörte ausschließlich Ostasien. Es brachte zuerst Dr. Nach od die historische Reminiszenz, daß im 16. Jahrhundert kis ju Beginn des 17. in Japan eine Bewegung jur Anknüpfung von Beziehungen mit Europa nachweisbar ist. In den Jahren 16585 und 1615 wurden aus Japan Gesandtsckasten nach Spanien und Rom entsandt und von dort auch erwidert Bald nachher (1635) trat indessen in Japan ein Umschwung in den Meinungen ein, jeder Austausch mit Europa wurde verboten, Zuwiderhandlung mit Todegstrafe bedroht. Unter diesen Umständen darf es alz ein Unikum gelten, daß in den Verzeichnissen der Universitaät Leiden ein japanischer Student der Mathematik vorkommt, Harzingius Juponicus genannt, dessen von 1669 datierende hollän- dische Matrikel noch erhalten ist, ja der von Cartesius in einem seiner lateinisch geschriebenen Bücher erwähnt wird.

. Den Vortrag des Abends hielt der Professor Dr. E. Baelj, Leibarzt des Mikado und seit 30 Jahren in Japan ansässig, unter Vorlage und Erläuterung einer sehr reichen Sammlung, über O st⸗ asiatische Prähistorte“: Japan ist wie kaum ein anderes Land don feindilchen Invasionen verschont geblieben. Seit 2000 Jahren fand hier keine Eroberung statt, auch früher * feindliche Ginfaͤlle unwahrscheinlich. Im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung sind in friedlicher Weise Ghinesen ins Land gekommen, seitdem aber, somit in 60 bis 190 Generationen, hat sich das Volk frei von jedem Mitbewerb durch Fremde entwickeln können; in China und Korea war das ganz anderg. Es lassen sich deshalb in Japan, deutlich und jiemlich charakteristisch von⸗ einander differenziert, drei Völkargruppen unterscheiden: Der nord⸗ monzgolische Typus swozu u. a. auf dem Festlande die Tungusen ge⸗ hören), der südmongolische oder malaiische Typus und die Ainos, welche man geneigt ist, als die Ureinwohner des Landes anjzuseben. Gruppe 1 und 2 sind nicht so scharf voneinander zu trennen, wie Gruppe 3 don den andern beiden. Gruppe? ist wenig verschieden von Koreanern und Cbhinesen, dennoch ist, in der Farbe vornehmlich, ein Unterschied wahrnehmbar. Dr. Baeli möchte sie der malatisch mongolischen Nischrasfe zuzãhlen, die er wegen ihres Verbreitungsgebiets australische Rasse zu nennen vorschlagt. Gruppe Nr. 2 ist ausgezeichnet nung großen Kopf und vorstehende Jochbeine, mesocephale Kopfbildung ist start verbreitet, manchmal auch brachycepbale. Gruppe 2 ist von grazileren Formen, weniger schlefen und flachstehenden Augen. In Japan bestchen beide Gruppen ziemlich rein und undermischt neben« einander; dennoch haben sich viele Fremde zäuschen laffen. Curzon bält den Typus von Korea für den reineren und spezifischen der Sruppe 2, der Vortragende findet dagegen keinen Rassenunterschied zrischen Korcanern und Japanern, dessen zum Beweise er das Zeugnis beider anruft, die fich nicht auscinanderkennen. Zwischen Chinesen und Japanern aber ist kein größerer Unterschied als etwa jwischen Engländern und Deutschen. Nach einer sapanischen Ueberlieferung war die Pforte der aus Korea erfolgten Einwanderung die japanische Previn Riu Tschtu und zwar die Südwest⸗ und Nordwestküste der Insel. Eine andere Ueberlieferung macht die e. Itzamo zum Eingangstor und läßt den Sonnengott dabei als erobernd auftreten, was auf eine Einwanderung von Often schließen und mit FKoreg als Lusgange punkt nicht stimmen würde. Eine drirte Ueberlie ferung läßt die zinwanderung von Süden kommen. Vielleicht haben alle drei Versionen ine gewiffe Berechtigung, die letztere besonderg wegen der Verwandt⸗ haft der Gruppe 2 mit dem malaiischen Tpus. Man wird dabei aber nicht auf Cinwanderung von Borneo oder den Philippinen her schließen dürfen, sondern von Südchlna her, weil Schiffe von dort Fährend eines großen Teils des Jahreg duich den Südwestmonsun TLrett nach den japanischen Inseln getrieben werden; auch bekunden

unde in präbistorischen Gräbern Uebereinflimmung mit Prähistori- hem in Sädching und Torea. Die Japaner datieren ihre Heschichte ziemlich beweislos vom 7. Jahrhundert vor Christo ab. Wir mäüssen

nach Analogien die prähistorischen Funde in Ostasien auf 1600 2600

dor unserrr Zeitrechnung ansetzen, die Zwischenzeit bie zum nachweig.«

lichen Beginn einer japanischen Geschich ke nennt der Vortragende oo

historisch. Die gegenwärtigen Kulturkräger in Japan, alfo die vereinten

Gꝛuppen 1 und 2, hält der Vortragende für entfernt rassenverwandt

mit Türken, Magharen und Finnen. Von den Tücken ist ö bekannt

Maß sie im 8. und J. Jahrhundert noch in Nordchina herrschten, daß

e Einfälle nach Korea gemacht haben Und deß di⸗ zu ihnen gebörigen

Uiguren in Sstturk-stan ein großes Reich kesaßen; auch zeugen die beiderseitigen die lange

prachen für Verwandtschaft. Dagegen lehnt Di. Baelz Zeit geglaubte, dann vergessene, aber immer wieder neu- belebte Ansicht entschieden ab, daß die Japaner die Nachkommen der

sogenannten 10 verlorenen Stämme selen. Diese Theori⸗ wurde zuerst vor 200 Jahren von dem Deutschen Engelhard Kaempfer auf— gestellt, neuerdings von dem Schotten Mag Cleod wieder bervor⸗ gesucht (merkwürdigerweise jur angeblichen Förderung des englisch⸗ japanischen Bündniffes) und ganz zuletzt durch ein französisches Journal verfochten, das auf Grund seines Titels Je sais tout‘ es ja wiffen muß Daß die dritte , . Bevölkerungsgrupye, die Ainos, welche, nur noch 15 000 Köpfe stark, Jesso, die noͤrdlichste Insel, und Sachalin bewohnen, die Urbewohner der japanischen Infeln find, und sie früber in ihrer ganzen Ausdehnung bewohnt haben, wird von den Japanern entschieden hestritten. Zweifellos sind sie von den beiden anderen Gruppen außerordentlich verschieden und gleichen den Guropäern mehr als den Astaen, auch hat ihre Sprache keine Aehn. lichkeit mit asiatischen Idiomen. Die Japaner wollen nur zugeben, daß die Ainos auf Sachalin autochthon sind, und daß sie vermutlich zu einer Zeit, wo das Klima dieser er mit dem Festlande der⸗ bundenen Insel kälter wurde, sich füdlich nach Jesso ausbreiteten. Anscheinend gehen die Aings, die ein körperlich gan; tüchtiges Volk sind und c im letzten Feldzuge auch als gute Soldaten bewährt haben, ihrem Untergang als Volk entgegen, nicht sowohl duich Aussterben, denn ihre Ehen sind ziemlich fruchtbar, als durch Vermischung mit den anderen japanischen Volks— typen, Lie in früherer Zeit ausgeschlofssen war. Es ist näm—⸗ lich ebensosehr ein unberechtigtes Vorurteil, daß Chen jwischen Ainos und Japanern unfruchtbar seien, als es irrig ist, das Gleiche von Chen jwischen Europäern und Japanern zu behaupten. Die Etzen der ersteren Art übertreffen die der jweiten an Frucht bar⸗ leit, und man wird einen Schluß auf die von den Mischeben jwischen Japanern und Ainos ju erwartende Volksoermebrung ziehen können, wenn die Tatsache gewürdigt wird, daß von 20 in den letzten beiden Jahrzehnten geschlossenen Ghen jwischen Europäern und Japanern mit je 6 und 4 mit je 4 Kindern von 12 Jahren gesegnet waren. Welche . haben nun aber die Japaner von den Ur⸗ bewohnern ihres dandes? Darauf ist zu antworten, daß diese Vorstellungen höchst unbestimmter Natur und völlig wertlos sind, wenn sie von Zubai Tokin, d. i. Erdspinnen, Zwergen, Höhlen⸗ bewohnern o. dergleichen eriählen. In diesen nicht einmal als Ueberlieferungen anzusprechenden Erzählungen sieht Br. Baeln nicht die Spur eines Beweises gegen die Ainos als Urbevölkerung, deren dLangschädligkeit auch auf eine gewisse Verwandtschaft mit den Eekimos binweist. Dagegen spricht ein anderer Umstand gegen die Ainos als identisch mit den Menschen der prähistorischen Zeit des größeren Teiles von Japan: die in solchen Gräbern aufgefundenen Ton figuren sind bartloös und bei den Ainos sind beide Geschlechter durch enormen Haar⸗ und auch Bartwuchs ausgezeichnet. Der Vortragende bat den Spuren der Prähistorie Japans große Aufmerksamkeit gewidmet. In den zablreichen Höhlen in der Nähe bon Tolio war absolut nichts zu finden, außer einzelnen eisernen Waffen und Geräten, die nur beweisen, daß die Höhlen in jüngerer Zeit Schlupfwinkel der Räuber gewesen. Ergiebiger an Funden waren die Muschelhaufen, deren es in der Um⸗ egend von Tokio und Nokohama allein gegen 3000 gibt. Es fanden ? darin Steinwaffen, steinerne Beile, Hämmer, geschliffene Pfeil. pitzen, Obsidianmesser, und zwar desto mehr davon, je weiter nach Norden. Bis wenig ii von Tokio und hier gänzlich aufhörend, finden sich dagegen Spuren einer Bronze⸗ und Eisenkultur und nur selten noch Steinwerkjeuge, dagegen auch Tongerate und Tonfiguren, beide mit Schmuck⸗ werk überladen, aber auch Knochen von Hirschen, Wölfen und Menschen, letzter! mit Spuren, daß die Anleger dleser Muschelhaufen Menschen⸗ frefser waren. Merkwürdig ist, daß hier Metallieit Bronze und Gisen und Steinzeit vollständig unvermittelt nebeneinander stehen, doch nicht in dem Sinne, daß man an derselben Stelle Bronze und Eisen jusammen findet, während nördlich von der beieichneten Linie Metalle überhaupt fehlen. Nimmt man diese Linie als die Grenze, bis wohin sich die Wohnsißze der Ainos erstreckten, so folgt bieraus, daß als Träger dieser Kulturepoche südlich der Linie ein anderer Menschentypus anjusprechen ist. Hierfür legen auch verschiedene Dinge . ab, die sich im Norden nicht finden, wie chinesische Spiegel, Glasperlen 2c. neben Bronzeschwertern und einem un. definierbaren plattenartigen Gegenstande aus Bronze. Diese Dinge finden sich wesentlich in den nicht eben seltenen Megaltth . Steingräbern, deren jedes eine oder jwel Kammern enthält, und die zuweilen in Gruppen zusammenliegen. Der offene Eingang zu diesen Gräbern ist stets an der Süd. oder Südostseite, Bilder oder Inschriiten finden sich aber nirgends, obgleich die sonstigen Funde an Bronjen, Tonvasen, Schmug⸗ sachen, kunstreichen bronzenen Pferdegehängen 2c. auf elne gewisse Lulturhöbe des betreffenden Volkes schließen lassen. Eine merkwürdige Erscheinung, die (e. maachen dieser Steingräber wohl bis in die historische Zeit hineinragt, sind die sogenannten Kaisergräber, das sind Gräber von ornehmen, um im Kreise berum menschliche Figuren aus Ton eingegraben sind, die mit dem oberen Körperteile über das Erdreich ragen. Sie sollen daran erinnein, daß es in der Vorjeit beim Tode und der Beisetzung eines Großen Sitte war, auch eine Anzabl seiner Untergebenen auf diese grausame Weise den Tod erleiden ju lassen. Die Sitte soll nach der japanischen Geschichte im Jahre 507 auch für den Todet fall des Milado ab⸗ eschafft worden sein, in Korea und China bat sie sich viel länger er⸗ alten. Dolmen wie in den einst von Kelten bewohnten Ländern finden sich in ganz Asien, vom Kaspischen Meere bis nach Japan, nicht. Nur in Korra begegnet man einer dolmenähnlichen Auszeich- nung der Kaisergräber.

In der am 15. d. M. ju Berlin abgehaltenen Sitzung des Ge—⸗ samtvorstandes der Comenius - Gesellschaft erstattete der Vor- sißende Gebeimrat Dr. Keller. Berlin, junächst den Bericht über das letze Gesellschaftsjahr und stellte fest, daß sowohl die Mitgliederzabl wle die Einnahmen in erfreulicher Zunahme begriffen sind. Von den im Jahre 1905 begonnenen neuen Unternehmungen verdienen die Berichte über die neuere Fachliteratur zur Volkzerziehung, die der Begründung einer Wissenschaft der Volkserziehung und der Schaffung von Lehbrstüblen für Erziebungslehre dienen sollen, be⸗ gndere e . Ferner bat die Gesellschaft die Bemühungen zur Begründung einer Zentralstelle für Volkswoblfabrt“ durch verschledene ö in der Voraussetzung 2 daß diese Zentral⸗ 16 auch die Förderung volkserꝛieheris ũ

uf die Errichtung eines solchen h schon im Jahre 19093 durch die Herausgabe der Denkschrift Ein Reichsamt für Volkgerzlehung und Bildungswesen“ hingewirkt. Ferner beschloß der Vorstand, eine Reihe verwandter vol lserzieherischer Unternehmungen zu unterstützen, dagegen wurde der Beitritt jum Komitee für Massenverbreitung guter Volksliteratur abgelebnt. In den Vorstand wurden gewählt die Herren Graf Douglas. Berlin, Direkter Dr. Bischeff Leipzig und Professor Dr. Worke⸗Wien. Ein ausführlicher Bericht über die Tätigkeit der Ge- selllchaft ist vor einiger Zeit im 21. Bande des „Archiv für Sozial wissenschaft und Sozialpolitik“ erschienen.

r Aufgaben nehmen wird. mtes bat die Gesellschaft

v. A. Der Salon Schulte hat in seinem neuen Heim die zweite Ausstellung eröffnet. Er bringt diesmal eine Anzahl größerer Sammlungen von zum Teil wenig bekannten Künstlern. In dem ersten Oberlichtsaal sind Werke von Johannes Becker⸗Gundahl und von dem verstorbenen Otto Dörr ausgestellt. Otto Dörr ist in der Hauptsache mit Bildnissen und Interiearg vertreten. Seine Bilder gehören einer vergangenen Zeit an sowohl in der ganzen Auf- sassung wie in der sorgfältig glatten Ausfübrung. Was ihnen ihren Reiß 4ibt, ist die siille, innige Beseelung der Bildnisse, dieser verklärende Zauber, der fie umgibt und der uns neben den Dar⸗ gestellten rig die liebenswürdig klate Seele des Künstlers zeigt. Becker, Gundahl erweckt eiwas ö Gefũble. Er gibt Genrebilder in großem r gt. von ere nn harakteristik und fünstlerischer Aua f en. Aber in der Größe dieser Bilder hat er sich vergriffen. Arbelten wie Der Blinder, „Die Strickerin“, auch noch wie Die Botenfrau“ besitzen in dem typischen Charakter, den

der Känstier ihnen zu geben gewußt hat, etwas Feierl und Ein

dringliches, ju dem das anspruchsvolle Format paßt, ja, das es no erhöht, andere aher, wie etwa Die 3 erin in ibrer rein * zäblenden Art, wirken im letzten Grunde durch diese Größe leer und verlieren an Tiefe der Stimmung und straft der Schilderung.

Im zweiten Oberlichtsaal nimmt der Norweger Ed ward Munch einen beherrschenden Platz ein. Gegenüber der völligen Ab- lehnung des Publikums, sah die Kritik sich seinerzeit veranlaßt. auf das Können, das trotz allem in den Arbeiten dieses wunderlichen Fünstlers stegt, binzuweifen. Munch ist Impresstonist im wahrsten Sinne des Worteg. Sein ganzes Bestreben ist darauf gerichtet, einen starken seeliscken Eindruck, den er irgendwie empfangen hat, voll, aus iudrücken. Auf das wahre Gesicht der Dinge kommt es ihm in keiner Weise an. Nur von diesem Standpunkt aus kann man überhaupt ein Verständnis für feine Arbeiten ge— winnen. Das seelenlose Hasten und Drängen der Menschen siellt r in seinem Bild „Straße“ dar; den Zauber des Abends muß das dumpfe Träumen einer unindivldualisterten, nur in allgemeinen Um. riffen gegebenen Menschengestalt verkörpern. Mitunter gibt der Künstlet in überraschender Weise das, was er beabsichtigt, 3. B. in dem Bild Melancholie. In der Mehrzahl der Fälle wird jwischen ihm und uns die Brück des Verstãndaiffes fehlen. Seine Bilder wirken als Karikaturen, nur daß sie nichts Syöttisches, sondern gleichsam etwas Tragisches besitzen. Neben Munch hat der Engländer Jacob Smits ausgestellt. Er verfügt über eine merkwürdig vastose Technik, seine tiefen, dunklen Farben sind schwer und massig aufgetragen. Sehr gern wirkt er durch starke Silhouetten: Judas und Christus“ heben sich dunkel gegen den leuchtenden Abendbimmel ah, ebenso gibt er den Bauer mit dem charaktervollen Gesicht im schärfiten Profil. Schön ist auch die Landschaft mit dem Himmel voll fübern durchleuchteter Wolken. Schließlich ist hier noch Jens Birkholm zu nennen, der haupt— sächlich soꝛiale Probleme behandelt: Armenhäueler, die zur Mittags⸗ suppe kommen, Armenhäusler, denen von Soldaten der Heilgarmee gepredigt wird, eine Volksversamml ung, Hunger“ u. a. m. Er wirkt nirgends tendenziös, seine künstlerischen Mittel sind unaufdringlich, aber fein und überall mit Klarheit ist das Wesentliche betont und zur Anschauung gebracht.

Die retrospektive Abteilung im vierten Oberlichtsaal greift diezmal auf eine weniger weit abliegende Zeit jurück. Das Hauptweck ist hier ein köstlicher Leibl, ein Mädchen, ganz in Schwarz gekleidet, gegen dunklen Hintergrund. Daran schließen fich Gebhardt mit einer Skizze zu Christus und Nicodemus, Schreyer, Vautier, Achenbach, Calame, Bürkel mit zwei schönen Landschaften mit Kühen, Bochmann, Burger, Seiler, Diek und Lenbach.

Auch das Künstlerhaus bat eine neue Ausstellung eröffnet, in der es Werke schottischer und englischer Künstler bringt. Es sind vorzugsweise Landschaften, in gedämpften Tönen gebalten, zum Teil ganz flächenhaft behandelt, fern von der unmittelbaren Natur⸗ anschauung, die Deutschland und Frankreich haben. Was an englischer Kunst zu ung herüberkommt, trägt alles den gleichen Charakter. Ein fein ausgebildeter Geschmack, der mit bestimmten farbigen Werten arbeltet, feine technische Durchbildung, aber selten ein eigenes Schauen, eine eigene Auffassung. Auch die gleichen Namen kehren immer bei uns wieder: Austen Brown, Grosvenor, n ., Paterson u. a. m. Im Nebensaal hat der Königs=

rger Carl Albrecht Bildnisse, Landschaften und Stilleben aus—= gestellt, die sein außrordentlich tüchtiges und vielseitiges Können zeigen.

Verkehrsanstalten.

In Bonaberi in Kamerun ist am 15. Mai eine Tele⸗ graphenanstalt für den internationalen Verkehr eröffnet worden. Bonaberi liegt auf dem nördlichen Ufer des Kamerunflusses 6 86 oberhalb von Duala. Die Taxen sind dieselben wie ür Duala.

Postfrachtstücke nach einzelnen Gebieten von Afrika, Asien und Südamerika sowie nach Australien können vom 1. Juni ab auf dem Wege über Brig (Simplon) Genua befördert werden. Nähere Ter erteilen die Postanstalten.

Der Weltpostkongreß hat, nach einer Meldung des W. T. B.“, in seiner geftrigen Sitzung die Uebereinkünfte und Be⸗ stimmungen, betreffend Postanweisungen, Behandlung von Poststücken mit Wertangabe und von Nachnahmesendungen, gutgeheißen, deg⸗ gleichen die Annahme von Abonnements auf Zeitungen und Zeüschriften.

ie Höchstsumme für Postanweisungen wurde auf 1090 Fr. festgesetzt und die Portogebühr für Postanweisungen ermäßigt.

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause gebt morgen als 5. Vorstellung im Sonderabonnement des Wagner⸗ Zyklus „‚Tristan und Isolde“ in Szene, in den Hauptrollen durch die Damen Plaichinger, Goctze, die Herren Kraus, Hoffmann und Mödlinger beseßt. Anfang? Uhr.

Im Königlichen Schauspielbause setzt morgen Fräulein Elisabeth Schnelder vom Hoftheater in Weimar als Jodanna in der Jungfrau von Orleans“ ihr Gastspiel fort. ;

Im Residenztheater begeht die Komödie Liebeskunst“ in dieser Woche das Jubiläum ihrer 25. Aufführung und bleibt nicht nur bis zu dem am 31. Mai erfolgenden Schluß der diesjährigen Spielzeit auf dem Spielplan, sondern wird auch die nächste Winter⸗ spielzeit eröffnen ö

Im Thaliatheater wird am 24. Nachmittags (Himmel fahrte taz) Nathan der Weise aufgeführt. Allabendlich wird Hoch⸗ partere links wiederholt.

Im Zentraltbeater finden folgende Vorstellungen stait: Dienstag: „Der Bettelstudent“, Mittwoch: „Der Zigeunerbaron“ (u ermaͤßigten rf len Donnerstag: Boccaccio, Freitag: Die Puppen, Sonnabend: Der Bettelstudent Y.

Im Kleinen Theater wird an allen Abenden dieser Woche Oecar Wildes Idealer Gatten, mit Harry Walden und Helene Fehdmer in den Hauptrollen, aufgeführt.

Mannigfaltiges. Berlin, den 21. Mai 1906.

Ueber die Witterung im Monat April 1906 berichtet das Königliche Meteorologische Institut auf Grund der angestellten Beob⸗ achtungen ier, Im Gegensatz zu seiner sprichwörtlichen Un— beständigkeit brachte der April diesmal in seiner ersten Hälfte sehr beständiges, schönes Wetter mit großer Trockenheit und ungewöhnlich boher Temperatur. Die Tagesmittel lagen in der Karwoche bis zu 190 über der normalen, in Berlin übertrafen sie sogar am 11. bis 14. die höchsten seit 1848 für diese Tage bekannten Werte. Zu Beginn und im letzten Drittel des Monats war es dagegen meist zu kalt und trübe. Das Gesamtmitiel der Temperatur überstieg mit Ausnahme der etwas zu kühlen westlichen Rheinprovinz überall den Normalwert, und jwar meist um 1—*, im Nordosten sogar his zu 362. Bei dem vorwiegend schönen Wetter dlieb der Niedeischlag weit hinter den Erwartungen zurück, am beträchtlichsten im Osten, wo kaum ein Drittel der vleljährigen Durchschnittsmenge gefallen ist. Nur kleinere Bezirke im Nordwesten und Südwesten hatten einen mäßigen Ueberschuß zu verjeichen. Schnee fiel nur noch ganz ver⸗ einzelt, und selbst die höheren Berge wurden im Laufe des Monats schneefrei; nur die Schneekoppe, die anfangs eine 170 em hohe Schnee⸗ decke hatte, wies zuletzt noch eine solche von 5 em auf. Die Be⸗ wölkung war namentlich im Osten gering und die Zahl zer heiteren Tage außerorden lich groß. Dementsprechend überstieg die Sonnen. scheindauer die normale, im Osten sogar ganz erheblich (stellenweise um mehr als 50 o/o), während der Sühwesten etwas zu wenig hatte. Das Hochdruckgebiei, das Ende März im Nordwesten gelegen hatte, wanderte in den ersten Tagen des April langsam über Deutschland nach

Südosten und bewirkte mit Aufklaren und Sonnenschein rasche Er⸗

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