1906 / 125 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 May 1906 18:00:01 GMT) scan diff

rmeruniform, Förster des Landw. Bezirks Bautzen, v. Wilucki * 2 Bent Borna, 2 des Landw. Bezirks Chemnitz, Stark deg Landw. Bezrkg Großenbain. Hagen des Landw. Bezirks Leipfig. Kübn des Landw. Bezirks Plauen, Just (Wilhelm), Dbersttt. der Landw. Jager 2. Rin asg, des Landw. Bentz dein ig, vuget, Lt. der Landw. Inf. 3. Aufgebots deg Landw. * 8 iptig, diesen acht behufs Ueberführung zum Landsturm 2 Auf ebots, 246 Lt. der Landw. Feldart. 2. Aufgebots des Landw. ezlrks ig, wegen überkommener Feld. und Garnisondienst⸗ unfãhigkeit. m Sanitätskorpsz. 23. Mal. Dr. Mutze⸗Wobst, Gen. Arzt z. D. . des XIX. ( 2. K. S) Armeekorps, der Rang als Gen. Major verliehen.

Die Unterärzte der Res. : Petrenz im Landw. 6 Bautzen, Dr. Töpel im Landw. Bezhk 11 Dresden, Dr. Sattler im Landw. Bezirk Leipzig, zu Assist. Aerzten befördert.

Den Stabgäͤrzten der Res.: Dr. Stü bing im Landw. Bezirk 11 Dregden, mit der Erlaubnis zum Tragen der bisherigen Uniform, Dr. Ber ger in demselben Landw. Benrk, behufs Ueberführung zum Landsturm 2. Aufgebots, Dr. Weber im Landw. Bezirk Freiberg, Dr. Dette, Dr. Piltz im Landw. Beürk Plauen, letzteren drei behufs ber e, zum Landsturm 2. Aufgebots mit der Erlaubnis um Tragen der 13 * Uniform, Dr. Hau fe, Oberarzt der

andw. 2. Aufgebots im Landw. Bezirk Bautzen, behufs Ueberführung zum Landsturm 2. Aufgebots, der Abschied bewilligt.

Beamte der Militärverwaltung.

Durch Allerhöchsten Beschluß. 23. Mai. Prof. Dr. Thierg en, Oberlehrer beim Kadettenkorzg, der Titel als Hofrat, Wertz, Militärbauinsp. und Vorstand des Militärbauamts 1 Dresden, der Charakter als Baurat, Kret schm ar,. Geheimer expedierender Sckretar im Kriegsministerkum, Köhler, Milttärbuchhalter beim Kriegs. ablamt, Leh mann, Intend. Sekretär bei der Intend. XII 1. K. S)

rmeekorps, Kreifche, Vermessungsdirigent in der Abteil. für Landesaufnahme, Elsner, Topograph in der Abteil. für Landes · aufnahme, Seidewinkel, Festungsoberbauwart bei der Fortifikation der Festung Königstein, der Charakter als Rechnungsrat, derliehen. ;

Durch Verfügung des Kriegsm inisteriumg. 17. Mai. Kuhn, Stiegler, Stabeveterinäre des 3 Feldart. Regts. Nr. 32 biw des 1. Feldart. Regts. Nr. 12, der Charakter als Oberstabs⸗ veterinär verliehen. Hohensee, Prodiantmeifter in Großenhain, nach Chemnitz, Franz, Proviantamtsrendant in Chemnitz, nach Großenhain, unterm 1. Juli d. J. versetzt.

21. Mai. Wan gemann. Stabsveterinär des Remontedepots Kalkreuth, der Charakter als Oberstabsveterlnär verliehen. Stück, Dberveterlnar bei dem Remontedepot Skaffa, unter dem J. Juni jum Remontedepot Obersobland versetzt. Wagner, Unterapotheker der Ref. im Landw Beztrk Leipzig, zum Oberapotheker des Beurlaubten⸗ standes befördert. .

22. Mai. Prof. Dr. Schmidt. Oberveterinär der Landw. 1. Aufgebots des Landw. Bezirks I. Dresden, zum Stabsveterinär des Beurlaubtenstandes befördert.

23. Mai. Franke, expedierender Sekretär bei dem Militär⸗ bevollmächtigten in Berlin, zum Geheimen expedierenden Sekretär, Hodermann, Schindler, SGödann, Kanzleisekretäre im Kriegs⸗ ministerium, zu Geheimen Kanzleisekretären, ernannt.

Die Zahlmeister: Wicke der 1. Abteil. 2. Feldart. Regts. Nr. 28, Sommer des 2. Batz. 8. Inf. Regts. Prinz Johann Georg Nr. 107, Rositzka des Karab. Regts, Friedrich des 2. Bats. 8. Inf. Regts. Nr. 133, zu Oberjahlmelstern befördert.

8 . *

Deutscher Reichstag. 115. Sitzung vom 28. Mai 1906, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Tagesordnung: each der dritten Beratung der

Gesetzentwürfe, betreffend die Feststellung des Reicht haushaltsetats und des Haushaltsetats für die Schutzgebiete auf das e, r nr 1906.

Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Abg. Bassermann en Meine politischen Freunde be⸗ dauern auf das lebhafteste die uͤberraschende Ablehnung des Reicht; kolonialamtg in der Sitzung vom vergangenen, Sonnabend. Wir waren einmütig der Meinung, daß die Vorschläge der verbündeten Regierungen, ein selbständiges Kolonialamt zu schaffen, dag getragen würde von dem Verantwortlichkeitsgefühl einer seibständi en Ver⸗ waltung, einem Verantwortlichkeitsgefühl, das geeignet wäre, sich nach allen Selten hin Geltung zu verschaffen und die schweren Miß stände det heutigen Systems zu beseitigen, insbesondere dahin ju wirken, daß die schweren, für die Steuerzahler fast unerträglichen Lasten hätlen gemindert werden können, Annahme hätten finden müssen. Nachdem die Mehrheit des Hauseg dies nicht gewünscht hat, und wir im Einverständnig mit den verbündeten Regierungen die gegenwärtige Organisation für unzureichend eikannt haben und nicht gewillt sind, für die Fortdauer die Verantwortung ju tragen, sind wir nicht in der Lage, dem Antrag Gröber zuzustimmen, werden uns vielmehr bei der Abstimmung der Stimme enthalten.

* Spahn (Zentr): Halten Sie sich doch gegenwärtig, de, wenn Sie dem Antrag Gröber, wie er vorliegt, nicht zustimmen, dle Möglichkeit fehlt, den og etatsmäßigen Beamten ihr Gehalt augzujahlen. Daz aber sst die zivilrechtliche Verpflichtung des Reiches den Beamten gegenüber, und wir haben die Pflicht, dies Gehalt zu bewilligen. Schon das müßte für dag ganze Haug bestimmend sein, dem Antrage zujzustimmen. Der Abg. Bassermann hat die Ablehnung des Staattsekretärg beklagt, ich stelle anheim, ob 6 . des Reichstags richtig oder falsch war. Jedenfalls ist er in dieser Sesston und big zum Gade der Legislaturperiode unabänderlich, denn der Reichgtag wird vertagt, und es kann ein 20 auf Wieder berstellung detz Staatgsekretärg auch in der nächsten Session nach der Verfaffung nicht mehr gestellt werden. Wenn etwag den Beschluß des Hauses erleichtern konnte, so waren ( die Verhandlungen am ver—

angenen Sonnabend. Die Ausführungen des Abg. Dr. Semler und ken bersten von Deimling haben uns klar gezeigt, daß unbedingt eine direkte Verantwortlichkeit des Reichskanzlers notwendig ist. Was den Bahnbau nach Keetmanshoo trifft, so hat das Reichsschatz⸗ amt die von uns gefaßte Resolution auf die Einleitung von Vorarbeiten bekämpft, weil dieß mit den parlamentarischen Grundsätzen nicht verelnbar sei, und jede rechnerische Grundlage fehlte. In der vorigen eg haben wir konstatiert, daß die Vorarbesten nicht in der eise durchgeführt sind, daß ein Urteil möglich war. Trotzdem hat dag Reichtschatzamt es zugelassen,

egen ger ursprüngliche Auffassung, daß, die Mittel für eine olche Bahn ausgeworfen wurden. Für solche Fälle darf nicht ein Kolonialdirektor und nicht ein Staatssekretär, sondern muß der Reiche⸗ kanzler, der über dem Reichsschatzamt steht, die Verantwortung tragen. Alg der Abg. Dr. Semler unt als Lockmittel vorhielt, daß wir o60 Mann aus Südwestafrika zurückztehen könnten, wenn die Eisenbahn auch nur bss Kilometer 145 gebaut würde, war ich schon sehr überrascht. Ich hatte es mir von vornherein gedacht, daß der Oberst von Deimling eine bestimmte Zusage hierüber nicht machen würde. Er wies auf seine zl ej bon feinem obersten Kriegsherrn hin. Trotz dieser Ab- hängigkeik aber erklärte er sich bereit, nach Bewilligung der Bahn anzugeben, wieviel Truppen zurückgejogen, werden könnten. Es ergab sich, daß auch der 2 Kriegsherr darüber unter⸗ richtet seln muß. Mich hat außerordentlich erstaunt, daß der Slellvertreter des Reichskanzlers sich schweigend verhielt und damlt zugestanden hat. daß auch er hieran mitbetelligt ist. Die 5000 Mann, das cn sich gg nicht wegleugnen, könnten zurück- befördert werden. Der Abg. Gröber hat sosort darauf hingewiesen,

daß die Zurückbefördernng der Truppen nach den Erklärungen des . v. Deimling 2 zeßt möglich wäre. Welche Stellung ist ez, wenn man, um eine Höberg Kilometerzabl von einer Eisenbahn zu bekommen, die Rücksicht uf Gut und Blut unserer Landsleute zurück- treten läßt. Der Erbbrin n Dobenlobe darf von ung erwarten, daß wir ihn auch fo als Vertreter des Kolonialamtes ansehen, aber wenn er sich in einer ruhigen Stunde überlegt, was der vorgeschlagene Handel gegenüber m und Menschenblut bedeutet, so wird er sich e. da er dagselbe Maß von vornehmer Gesinnung, das wir bei ihm voraußsetzen, auch bei uns vorauszusetzen hat.

Stellvertreter des Reichskanzlers Stagtsminister, Staats⸗ sekretaͤr des Innern Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Ich muß die Annahme ablehnen, als ob etwa ein Tauschhandel gemacht werden sollte über die Annahme der Bahn nach Keetmanshoop gegen Zurücksiehung von Kolonialtruppen aus Südwestafrika. Aber ich glaube, soweit ich die Sache beurteilen kann, waren die Herren von der Kolonialverwaltung und der Herr Oberst von Deimling der Ansicht, daß, wenn die Bahn gebaut würde, wesentliche GErsparnisse an CEtappentruppen möglich sein würden (sehr richtig! rechts, an Truppen, die die Lebensmittel und Munitionszufuhr decken, und daß in diesem Falle allerdings die Truppen im Süden der Kolonie Südwestafrika erheblich vermindert werden könnten. (Sehr richtig! rechts Das sind rein sachliche Gesichtspunkte; aber von einem Handel, um mit einem der⸗ artigen Versprechen die Bahn parlamentarisch durchzusetzen, ist überhaupt nicht die Rede gewesen. (Hört, hört! rechts.) Meine Herren, wenn ein solches Ansinnen an mich gestellt worden wäre, würde ich das mit Entschiedenheit zurückgewiesen haben (Bravo! rechts), weil in einer amtlichen Verwaltung in so ernsten Fragen nur sachliche und nicht taktische Gesichtspunkte in Frage kommen können. (Bravo! rechts.)

Im übrigen, was die Vorzüge eines selbständigen Staatssekretärs des Kolonialamts gleichzeitig als Stellvertreter des Reichskanzlers und die Emanzipation des Kolonialamts vom Auswärtigen Amte betrifft, so kann ich schon jetzt versichern, daß durch die Abstimmung die Ueberzeugung des Herrn Reichskanzlers und der verbündeten Reglerungen von der unbe⸗ dingten Notwendigkeit, die Kolonialverwaltung selbständig zu machen, nicht erschüttert ist. (Bravo! rechts) Es ist eine so große, so verantwortliche, infolge der Entfernungen vom eigent- lichen Schauplatz ihrer Tätigkeit so außerordentlich schwierige Verwaltung, daß man allermindestens dieselbe so aufbauen muß, daß an ihrer Spitze ein Mann steht, der dieselbe Verantwort⸗ lichkeit, dasselbe Schwergewicht hat wie einer der anderen Herren Staats sekretäre. (Sehr richtig! rechts.)

Was die reine Etatsfrage betrifft, meine Herren, so bin ich der Ansicht und diese Ansicht wird von dem Herrn Vertreter des Reichsschatzamts getellt —, daß die verbündeten Regierungen un—⸗ zweifelhaft in der Lage sind, auch wenn das Haus jetzt vertagt wird, zu gelegener Zeit, eventuell im nächsten Etatsentwurf die Forderungen wiederum zu stellen, die jetzt abgelehnt worden sind. (Sehr richtig!

rechts.) ,

Abg. von Richthofen (d. kon): Ich habe nicht die Absicht, dem Abg. Spahn auf den Inhalt der Sonnabendsitzung in irgend einer ö zu folgen. Wir stehen in der , ., vor Tatsachen, und eine Tatsache ist es auch, daß wir unserseits die Verantwortung für den geschaffenen Zustand abgelehnt haben. Wir glauben, die Kon⸗ sequenz aus dieser Tatsache ziehen 8 sollen, und diese falst in der Richtung aut, die von dem Abg. Bassermann angegeben ist. Wir werden unserseit, durchdrungen von der Ueberzeugung, daß die ,, eines Reichskolonialamts wiederkehren muß, nicht das

nserige dazu beitragen, den mangelhaften Zustand zu konservieren, und enthalten uns der Abstimmung. .

Abg. Dr. Müller · Sagan cfr. e , Ich bin für ein selb⸗ ständiges Kolonialamt eingetreten mit einem selbständigen Staatssekretär. Ich gehöre also zu der gr nnn, die durch den Reichstagsbeschluß dom letzten Sonnabend getroffen worden ist. Dag bietet aber keinen An⸗ laß, zu sagen, ich spiele nicht mehr mit, sondern ich ziehe die Kon⸗ sequenzen der Reichs la sbeschlüsse und stelle mich auf den Boden der gegebenen Tatsache, 4 jetzt kein selbständiges Koloniglamt hergestellt wird. Ich werde deshalb mit meinen politischen Freunden für die Anträge des Zentrums stimmen. Auf die Diskusston vom Sonn abend zurückzugreifen, halte ich für unnötig. Diese Digkussion ist ab⸗ geschlossen nicht nur in diesem Hause, sondern auch im deutschen Valke.

Abg. von Tiedemann (Rp.): Auch ich, will auf. diese Dis kussion nicht zurückgreifen, sondern nur kurz erklären, daß meine politischen Freunde im ganzen in Uebereinstimmung mit dem Frhrn. v. Richthofen die Errichtung eines Kolonialamts für absolut notwendig erachten, wenn überhaupt aus unseren Kolonieen etwas Ordent- liches werden soll. Wir sind durchdrungen von der Ueberzeugung, daß es ganz unmöglich ist, daß der Reichskanzler und der Staats« ekretär der auswärtigen Angelegenheiten eine Verantwortung ür die Handhabung der Kolonialgeschäfte übernehmen können. Darauf hat auch der Reichskaniler in seiner bekannten Rede hin. gewiesen. Mit der ,, zu dem Antrage des Zentrums würden wir eine Verantwortlichkelt auf uns laden, die zu tragen wir nicht imstande sind. Wir werden also mit den Deutschkonservativen und Nationalliberalen uns der Abstimmung enthalten. Ich bin er⸗ staunt, * dem Abg. Spahn der Lapsug passiert ist, daß es den ver= bündeten Regierungen nicht möglich sein würde, im Verlauf dieser Session oder dieser Legislaturperiode die Anregung zu wiederbolen; das trifft im Deutschen Reiche nicht zu. Er denkt wohl an das Abgeordnetenhaus. Ich hoffe, daß im nächsten Jahre die Forderung eines Staatssekretärs wiederkehrt.

Abg. Latt mann (wirtsch. Vgg.) : Wir waren am Sonnabend zum . Tell durch unsere Teilnahme an der Beerdigung des Grafen Reventlow verhindert, hier zu sein. Wir würden für das Kolonialamt gestimmt haben und werden uns jetzt der Abstimmung enthalten. Wr schließen uns dem Wunsche nach der Neuforderung eines Kolonialamtis an. ;

Abg. Schrader (fr. Vgg): Die Vorgänge vom Sonnabend sind kein Grund, eine Cinrichtung abzulehnen, die wir im Interesse unserer Kolonieen für notwendig . Gerade um solche Ter n. zu vermeiden, muß an der Spitze des Kolonialamts eine hohe Autorität stehen. Nun stehen wir heute vor der Frage, was werden soll. Nach der Stimmung des Hauses scheint nichts anderes zu er⸗ reichen zu sein, als die Aufrechterbaltung des jetzigen Zustandes, ein Zustand, von dessen Ungenügendbeit alle überzeugt sind, auch die Derren vom Zentrum, denn sie haben in der Kommission Anträge eingebracht, die erheblich weiter gehen als der beute vorliegende. Wir müssen uns mit dem begnügen, was vorliegt, mit dem Be⸗ wußtsein, daß eine schwere Verantwortung auf ve en liegt, die diesen Zustand herbeigeführt haben. Es fragt sich, sollen wir den gemachten Vorschlägen zustimmen oder uns aus Aerger der Abstimmung 1 Wir werden zustimmen, weil wir der Mei⸗ nung sind, daß ein vollständiges Vakuum entstände. Man kann nicht wissen, ob uns nicht noch neue Ueberraschungen bevorstehen.

Abg. Dr. Sem (ler (ul.): Es ist behauptet worden, ich hätte ein Duett mit dem Oberst von Deimling gesungen. Wag habe ich denn am Sonnabend gesagt? ch hätte Grund zu der Annahme, daß, wenn die Bahn gebaut würde, wir die Sicherheit bekommen können, daß 5000 Mann zurückgezogen werden können, das würde, wenn man die Zahlen des Abg. Müller ⸗Fulda zu Grunde legte, 5009 mal 10 006 gleich 50 Millionen sein. Da nun die Sache auch anderen Herren bekannt ist, so will ich keine Gebeimnis—⸗

krämerei treiben und will das felsß n de offen aussprechen: Mit dem Recht des Abgeordneten, der sich für den Bahnbau interessiert, habe ich den Erbprinzen zu Hohenlohe gefragt, ob es denn nicht . sei, den immer wieder in der Budgetkommisston lauf gewordenen Wunsch auf Verminderung der Truppen mit bestimmten, klaren Erklärungen und mit bestimmten Zahlen zu beantworten. Der Erbprinz sagte mir darauf, dag sei außerordentlich s hier darüber entscheide nicht er, sondern Seine Majestät der Kaiser. Darauf habe ich rg, ob es denn nicht möglich sei, ob die bestimmte Erklärung auf 5600 lann nicht erfolgen konne unter Vorbehalt der Zustimmung Seiner Majestät des Kaisers. (Hört hört) Darauf hat der Erbprinz die zurückweisende und, wie ich anerkennen muß, n . Antwort gegeben, er könne das nicht tun, denn das schiehe die Verantwortung für Entschlüsse auf Seine Majestät ab. Ich habe dann geschwiegen, wohl aber gehört, daß der Erbprinz sich entschlofssen habe, in direkte Beziehung zu dem Aller höchsten Kriegsherrn zu treten. Der Erbprinz sagte mir am nächsten Morgen, Selne Majestät sei jetzt unter der Voraussetzung, ach die Bahn gebaut werde und damit eine leichtere Dislozierung im

links), damit einverstanden, daß 5000 Mann zurückgezogen würden. Ich habe den Erbprinzen gefragt, ob ich von dieser Erklärung Gebrauch machen dürfte; er erwiderte, daß es durchaus kein Ge' heimnis wäre. Darauf habe ich mich für berufen gehalten, zu er, klären, ich hätte Grund zu der Annahme, daß, wenn die Bahn gebaut würde, in der Tat 5000 Mann Truppen zurückgezogen werden könnten. Ich habe mich dabei bemüht, den Nachweis zu führen, daß, wenn im Süden eine Bahn vorhanden wäre, dann in der Tat die Truppen vielleicht sehr reduziert werden könnten, und ausgeführt, es sei er⸗ wünscht, daß uns der Oberst von , sage, ob in der Tat nicht eine Reduzlerungsmöglichkeit gegeben sei. Darauf hat dann der Oberst von , u. a. auch hierauf geantwortet. Von einem Handel war nicht die Rebe, am wenigsten von einem Handel „um Menschenblut“. Vie Herren scheinen durch die Abstimmung vom Sonnabend ganz außer⸗ ordentlich empfindlich geworden zu sein. Der Abg. Spahn sagte, es wäre ganz unmöglich, die Vorlage im Laufe dieser Session wieder einzubringen. Ich will über die , , Möglichkeit und Zulässigkeit nicht streiten. Ich wünsche mit allen Kräften, da

diese durchaus dringende und notwendige Forderung sobald als mögli

wiederkehrt. Sollte es aber wirklich unzulässig sein, daß sie während einer Session wieder gestellt wird, so würde ich für meine a nur wünschen, daß so schnell wie möglich der Reichstag geschlossen würde. Daß wir aus Aerger, wie der Abg. Schrader sacgte, nicht mitwirken wollten, ist weit gefehlt, wir sind politisch doch zu gut ge⸗ schult (Gelächter links), daß wir aus Aerger uns zu irgend einem Ent— schlusse hinreißen ließen. Wir glauben vielmehr, aus unserem Ver—⸗ antwortungsgefühl heraus, daß eine mangelhafte Kolonialverwaltung nicht eine Stunde länger zu verantworten ist, und deshalb wollen wir en . Beschlusse tellnehmen, der den gegenwärtigen Zustand anktioniert.

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Was Herr Semler soeben dem Reichstage mit⸗ geteilt hat, kann meines Erachtens das hohe Haus gar nicht überraschen; denn es ist etwas durchaus Natürliches und Selbstverständliches. Wenn Sie die Begründung der Vorlage, betreffend den Weiterbau der Eisenbahn Lüderitzbucht -Kubub Keetmanshoop durchlesen, so werden Sie finden, daß die Grundlage der Begründung der Bahn die ist, daß unendlich große Kosten für die Transporte auf- gewendet werden und große Truppenmassen nötig sind, um diese Transporte nach dem Süden militärisch zu decken. Es ist also ganz natürlich, meine Herren, daß wir, wenn wir die Bahn erhalten hätten, die Truppenstärke ermäßigen könnten (Zurufe bei den Sozialdemokraten), weil wir dann die Bedeckungsmannschaften zum großen Teil entbehren könnten. (Erneute Zurufe bei den Sozial⸗ demokraten und links.) Gewiß, das ist der springende Punkt; zu welchem Zeitpunkt die Truppen zurückgerufen würden, das ist durchaus die entscheidende Frage, und die Entscheidung dieser Frage würde sich allerdings gerichtet haben nach dem Fortschritt des Bahnbaues. (Sehr richtig! rechts) Eine solche Bahn wird nicht auf einmal ge— baut, sie wird langsam vorgetrieben. Auf je größere Strecken man dann per Bahn den Nachschub von Truppen, Proviant und Munition bewirken kann, desto eher werden Bedeckungsmann⸗ schaften entbehrlich. Also die Verminderung der Truppenzahl im Süden steht im engsten Zusammenbang mit dem Bahnbau; die Frage, zu welchem Zeitpunkt diese Truppen zurückgezogen werden und in welcher Lage des Bahnbaues, das ist natürlich Sache der böchsten Kom mandogewalt, das ist Sache der Anordnung Seiner Majestät des Kaisers.

Endlich muß ich aber noch gegenüber der scharfen Kritik, die die Ausführungen des Herrn Obersten von Deimling in diesem Hause gefunden haben, ein Wort von dieser Stelle aus sagen. Meine Herren, zunächst, ein Soldat ist kein Politiker (3Zurufe bei den Sozialdemokraten), soll es nicht sein (erneute Zurufe bei den Sozialdemokraten) wollen Sie die Güte haben, mich sprechen zu lassen! —, und ich würde den Tag beklagen, wo die Mitglieder unseres Offizierkorps Politiker würden und Politik trieben. (Sähr richtig! rechts.)

Ein Soldat hat Befehlen zu gehorchen, hat Aufträge auszuführen; und ein Mann, der eine so schwierige Aufgabe übernommen bat, unter den jetzigen Verhältnissen nach Südwestafrika zu gehen, der in kurjer Zeit in der Wildnis vor dem Feinde steht, der muß einen gewissen Idealismus im Herzen tragen (Bravo! rechts), der muß sich mit seiner Aufgabe identifttieren. (Sehr gut! rechts.) Und wenn ein solcher Mann, fortgerissen von dem Ideal, das er in seinem Herzen trägt, diese Kolonie für Deutschland dauernd zu sichern, auch in scharfen Auedrücken spricht, in Ausdrücken, wie sie ein Militär oft gebraucht und gebrauchen muß, so soll man ihm daraus keinen Vorwurf machen. (Sehr richtig! rechts. Widerspruch links.)

Der Herr Oberst von Deimling hat als ein lovaler Mann ge⸗ sprochen, der es mit seiner Aufgabe bitterernst nimmt; und wenn er in seinem Unmut, daß sein Ziel durch Ablehnung des Bahnbaues hintangehalten wird, seiner Ueberzeugung einen scharfen Ausdruck gegeben hat, so war das, meine Herren, vielleicht ein Mangel an parlamentarischer Uebung; aber sachlich sollte man ihm daraus keinerlei Vorwurf machen. (Sehr richtig! rechts. Widerspruch links.)

Abg. Singer (Soz.): Es macht ja dem Herzen des Staats⸗ sekretärs alle Ehre, wenn er den Obersten von Deimling zu rechtfertigen sucht. Ob ein Offizier Politiker ist oder nicht, steht ja nicht zur Entscheidung; wenn Offiziere aber keine Politiker sein können, dann sollte die Regierung sie nicht zu polttischen Geschäften verwenden. (Stürmische Zustimmung links) Hätte der Graf Posadowsky die Art des Auftretens des Sbersten von Deimling am Sonnabend von sich ab⸗ gelehnt, dann würde über die Sache zu reden sein, nachdem aber am Sonnabend der Oberst von Deimling den Reichstag in einer Sprache behandelt hat, wie es auf dem Kasernenhof Sitte sein mag, aber nicht unter gebildeten Menschen, ohne Wirerspruch vom Regierungktisch u finden, sst dieser nachträgliche Rechtfertigungsversuch sebr deplaclert. Die Mitteilung des Kollegen Semler, daß man im

6 möglich wäre (lebhaftes Hört, hört! Andauernder großer Ine

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Salle des Baues der Bahn 5009 Mann zurückziehen könne, w 83 duich die Sonnabend verhandlung nde ker. Mit diesen . von der Zurückziehung der 5o00 Mann soll der Reichstag in eine Mausefalle gelockt werden, denn in der Kommission hat man uns erjählt, es seien über 1090 Kranke und über 1000 alte ausgediente Soldaten da, die schon ihre Zeit abgedient haben; aut diefen Leuten warde sich das zurückzuberufende Kontingent zusammensetzen. In den Streit der Parteien über die Frage, was nun werden ei, will ich nich nicht einmischen, Entsprechend unserer Auffassung von der denischen Kolonialpolitik werden, wir selbstverstäöndlich gegen den Antrag Gröber stimmen. Ich erkläre das augtdrücklich, damit aus der Abstimmung kein falscher Schluß gejogen werden kann. Wenn die nationalen Partelen die Verantwortung nicht übernehmen wollen, die durch die Nichtbewilligung der Bahn entsteht, verschieben Sie damit die Situation; beim Reichstage liegt die Verantwortung dafür, daß nicht immer wieder neue Hunderte von Millionen und Tausende von Menschenleben für diese Kolonialpolitst verschwendet werden. Abg. Haußmann D. Volksp.): Die Lage im Reichstage ist eine noch nie dagewesene. In Haufen enthalten sich die kolonialfreundlichen nr. rechts und links der Abstimmung. Das Zentrum seinerfeits at doch durch seine , erst der Kolonialpolitik zu ihrem jetzigen Umfange verholfen. Der Staatssekretär sucht den Obersten von Deimling damit zu retten, daß er erklärt, der Oberst sei kein Politiker. Hoffentlich zieht die Regierung für künftige Fälle daraus die Lehre, daß sie nicht Soldaten, sondern Leute hierherstellt, die keinen Mangel an parlamentarischem Takt und Anstand aufweisen. Das Auf⸗ treten des Obersten von Deimling ist die Ursache für die Verschärfung der Verstimmung gewesen, die sich der Mehrheit dieses Hauses bemächtigt bat. Weit eher als von dem Unmut des Obersten von Deimling könnte man bon dem Unmut der Bevölkerung über die bisherige Kolonialpolitik reden. Der Abg. Dr. Semler hat den Allerhöchsten in die Abstimmung und den Mißerfolg des letzten Sonn—⸗ abend direkt hineingezogen. Auch wir werden dem Antrage Gröber zustimmen und uns mit der einstwelligen Belassung des gegenwärtigen ., einverstanden erklären. In einem konstitutionellen Lande hätte das Zentrum nach der Abstimmung vom Sonnabend aufgefordert werden müssen, die Regierung zu übernehmen. Niemals ist die Hilflosigkeit der Regierung fo ju Tage getreten, wie in diesen Tagen. Bann könnte das Zentrum wenigstens offen zeigen, waz es als Leiter der politischen Geschäfte

vwermöchte, während es jetzt hinter den Kulissen die Leitung tatsächlich

in Händen hat.

Abg. Zimmermann (D. Rfp): Wir haben am Sonnabend für ein selbständiges Koloniglamt gestimmt und werden auch in Zu⸗ kunft gern dafür eintreten. Am Sonnabend hat das parlamentarische Ungeschick vom Regierungstische und von den Semlerschen National⸗ liberalen den Karren so verfahren. Wir lehnen die Verärgerungs⸗ er des Abg. Dr. Semler ab und werden für den Antrag Gröber

mmen.

Et e m (Sentr ): Der Abg. Dr. Semler hat heute alles bestätigt, was ich am Sonnabend mitteilte. Man hat von den 5000 Mann in der Kommission noch nicht gesprochen, dort hat man gar keine Zahl genannt, man hat sich außer stande erklärt, eine Zahl zu nennen, weil alles von den Umständen abhänge. In diesem P⸗unS:kte bringt also der Abg. Semler etwas Unrichtiges vor. Es hat sich auch immer darum gehandelt, daß die Truppen sofort zurück⸗ gezogen werden sollten; denn daß man sie überhaupt verringern wolle, das steht ja schon in den Motiven der Vorlage. Die ganze Be⸗ rechnung über den Profit von 40 50 Millionen Mark, die der 6. Semler aufmachte, basiert ja gerade auf der sofortigen Zurück— ziehung. Wenn der oberste Kriegsherr jene Zusage machen konnte, dann ist es tatsächlich nicht mehr nötig, dem deutschen Volke eine so große Last ferner aufzubürden, wie sie durch die Ablehnung der 5600 Mann entsteht. Wenn das ein Kaiserwort ist, dann darf, man an dem Kaiserwort nicht deuteln, dann müssen die 500d Mann zurückgezogen werden. Es handelt sich heute nur noch um die e und Entscheidung über unseren Antrag. Da erklären die Konservatlven und Nationalliberalen, sie würden sich der Abstimmung enthalten, weil sie die ungenügende gegenwärtige Ge⸗ staltung der Kolonialverwaltung nicht ferner mitverantworten wollen. Darum handelt es sich ja gar nicht, sondern nur um die mittleren und unteren Beamten dieser Abteilung. Nachdem auch die Sozialdemokraten dagegen zu stimmen erklärt haben, kommt vielleicht ein positiver Be⸗ schluß überbaupt nicht zu stande, und dafür würden jene, die sich ent. halten wollen, die Verantwortung tragen. Sie würden, weil ihnen bezüglich des dee fr r fe tri fer der Wille nicht getan wurde, sich an den mittleren und unteren Beamten rächen. Ist die Regierung mit solcher Haltung und solchem Ergebnis ein—⸗ derstanden? Wollen die Herren uns veranlassen, abseits zu stehen bei der Kolonialpolitik, auch gut!

Abg. Dr. Semler verwahrt sich nochmals egen ht Aeußerungen der Abgag. Singer und Gröber dagegen, als ob er irgend welche separate Politik habe machen wollen.

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Ich kann den Irrtum im hohen Hause nicht fort⸗ bestehen lassen, daß von irgend einer Seite eine Erklärung abgegeben sein sollte, dahin gehend, daß, wenn die Bahn bewilligt würde, sofort 5000 Mann zurückgezogen werden würden. Die sofortige Zurückniehung von 5000 Mann aus Südwestafrika ist schon deshalb vollkommen un⸗ durchführbar, weil die Truppen über einen ungeheuren Flächenraum verteilt sind, auf dem sie gesammelt werden müssen und eine Menge maroder und kranker Leute darunter sind, und daß, selbst wenn man an eine Zurückziehung von Truppen gedacht hat, diese Zurückziehung einen sehr erheblichen Zeitraum beanspruchen würde. Also eine derartige Erklärung ist von keiner Selte abgegeben.

Dann ist mir entgegnet worden, man hätte den Herrn Obersten von Deimling nicht in einer politischen Mission in den Reichstag schicken sollen. Meine Herren, Herr Oberst von Deimling ist zum Kommissar bestellt, weil er als Sachverständiger, als ein Mann, der die Veirhältnisse an Ort und Stelle kennt, Aus- kunft geben sollte über die militärischen Bedürfnisse der Verwaltung in Südwestafrika und über die Notwendigkeit der Bahn nach Keet . mans hoop. Wir haben bisher geglaubt, daß diese Fragen keine politischen sind, sondern lediglich sachliche, militärische und technische Fragen, die mit Politik gar nichts zu tun haben. (Sehr richtig! rechts.)

Schließlich, meine Herren, müssen der Reichskaniler und die verbündeten Regierungen selen Sie doch davon überzeugt! wünschen, mit dem hohen Hause gemeinschaftlich die Ge⸗ schäfte des Landes in Frieden offen, leyal und nach den strengsten Grundsätzen der Verfassung ju verhandeln. (Bravo) Aber hier stehen wir doch jetzt an einem sehr gefährlichen Wende— punkt. Wie die Abstimmung eventuell sachlich ausfallen wird, darüber kann nach den Verhandlungen gar kein Zweifel sein, und ich verzichte deshalb auf jede Bemühung, diese Stellung des Hauses jetzt noch zu ändern. Aber das darf meines Grachteng nicht passieren, daß schließ⸗ lich kein Beschluß justande kommt (sehr richtig! in der Mitte und links), daß die ganze Kolonialverwaltung in der Luft schwebt, und daß daz einzige, was übrig bleibt, der Rechtéanspruch der Beamten ist, im Zivilrechtswege ihre Gehälter gegen das Reich einklagen zu können. Meine Herren, das darf nicht passieren der Regierung wegen, des Reichttags wegen und unsereg Ansehens in der Welt wegen. (Bravo! links und in der Mitte.)

Auf Antrag . und Genossen wird über den Antrag Giöber, wie bisher an die Spitze der Abteilung des Auswärtigen Amtes für die Kolonialverwaltung einen Di— rektor mit 20 009 M zu stellen und die übrigen persönlichen und sachlichen Ausgaben nsch dem bisherigen Ctat zu be⸗ willigen, namentlich abgestimmt.

Das Ergebnis ist die Annahme des Antrages Gröber mit 117 gegen 64 Stimmen, 91 Abgeordnete haben sich der Abstimmung enthalten. Die übrigen Ausgabe⸗ und Ein⸗ nahmetitel fur die Kolonialabteilung werden ohne Debatte nach dem Antrage Gröber in den Etat eingesetzt.

Der Abg. Arendt erhält das Wort, reagiert aber nicht sofort darauf, da es im Hause r unruhig ist. Der ehm i n. ibm: Wenn Sie sich zum Wort gemeldet haben, haben Sie auch die Güte, aufzupassen, wenn Sie angerufen werden. Der Abg. Arendt erwidert: Herr Präsident, eg war ein solcher Lärm im Haufe... Präsident: Den mache ich nicht, den machen die Herren!

Abg. Arendt (Rp.) kommt unter großem Lärm auf der äußersten Linken und großer nur allmählich si vermindernder Unruhe im ganzen Hause auf seine Ausführungen in zweiter Lesung zum Falle Yeters zurück. Er führt aus, daß Major von Wissmann einer Doppel⸗ züngigkeit nicht fähig war, daß Eugen Wolff nicht richtig unter richtet war, wenn er an Bebel einen Brief gerichtet habe, der seine (Redners) Ausführungen in Zweifel gezogen habe.

Nach dieser Bemerkung wird der Etat für das ost⸗ afrikanische Schutzgebiet bewilligt.

Beim Etat für Kamerun bemerkt, der württem⸗ bergische Bundesratsbevollmächtigte, Ministerialdirektor von Schneider, daß die Dekorierung des Gouverneurs von Putt⸗ kamer schon erfolgt war, bevor die letzten Kolonialdebatten

g, seien.

blatt vom 1. . 1906 entnommen, wo die Erlaubnis zur Anlegung des Ordens veröffentlicht war. Ich kümmere mich um Ordensangelegen⸗ beiten so wenig, daß ich gar nicht weiß, daß zwischen Verleihung und Anlegung ein so ö, Zeitraum verfließt. Ich konstatiere, daß also der „Schwabenstreich“ nicht begangen worden ist. Bei der Ge⸗ legenheit aber frage ich, ob es wahr ist, daß der Gouverneur von Puttkamer mit Pension entlassen werden soll.

Ministerialdirektor von Schneider: Die Angelegenheit ist jeden falls etwas voreilig von dem Herrn Abgeordneten behandelt worden.

Abg. Erzberger: Mich kann höͤchstens der Vorwurf treffen, daß ich in Ordensangelegenheiten nicht bewandert bin. Im übrigen freue ich mich, daß die württembergische Regierung so großen Wert

Debatten erfolgt ist. ; .

. i Etat für das südwestafrikanische Schutzgebiet liegt eine Resolution der Sozialdemokraten vor, den Herrn Reichs⸗ kanzler zu ersuchen, er wolle dafür sorgen, daß in der Kolonie Südwestafrika den Eingeborenen ein zu ihrem Lebensunterhalt in selbständigen Wirtschaftsbetrieben ausreichender Landbesitz zugesichert werde, um . dieser Grundlage die Rückkehr fried⸗ ligen Zustände in der Kolonie und die schleunige Zurückziehung der dort bisher zu kriegerischen Operationen erforderlichen Truppen e ermöglichen.

Zu den eingegangenen Ausgaben liegt eine fernere Resolution des Abg. Dr. Müller⸗Fulda vor:

„Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstag alsbald einen Nachweis über die Verwendung der bereits bewilligten An— siedlerunterstützungen von 5 Mill. Mark, sowie einen Nachweis der gesamsen geltend gemachten und festgestellten Entschädigungg⸗ ansprüche in der Weise zu geben, daß aus denselben ersichtlich 16 1I) Namen und Beruf der Entschädigten, 2) deren früheres oder jetziges Domizil, 3) die bereits gezahlten, noch beanspruchten bezw. zugebilligten Entschädigungs⸗ bezw. Unterstützungsbeiträge für jeden einzelnen Empfänger.“

Abg. Ledebour een begründet die Resolution. Es war einer der größten Febler, daß die aufständischen Schwarzen mit der Vermögenskonfiskation bedroht wurden. Die Folge davon war, daß die Unruhen noch beute fortdauern. Die Leute fürchten, daß sie der wirtschaftlichen Unabhängigkeit beraubt werden, daß sie halbe Sklaven bleiben. Der Bahnbau war ein ungenügendes Mittel, dem Kriege⸗ zustande ein Ende zu machen. Elin viel besseres Mittel wäre eine Proklamation im Sinne unserer Resolution, die den Eingeborenen eine gerechte Behandlung an Ort und Stelle gewährleistet. Die n,, von Reservaten verbürgt noch nicht die wirtschaftliche

elbständigkeit. Wie die Regierung mit der Proklamation vor⸗ zugehen hat, überlassen wir ihr, glauben aber, daß sie dadurch die Zufriedenheit der Eingeborenen in verhältnismäßig kurzer Zeit er— werben wird. Die Mehrheit des Hauses ist der Meinung, daß dem jetzigen Zustande ein schleuniges Ende gemacht werden muß. 3 werden auch die Truppen sehr bald zurückgezogen werden önnen.

Abg. Dr. Müller⸗Sagan ssreis. Volksp.): Die Resolution verfolgt einen durchaus wünschengwerten Zweck. Mit Rücksicht auf die Geschäftslage des Hauses beschränke ich mich auf die Erklärung, daß ich für die Resolution stimmen werde.

Der Antrag der Sozialdemokraten wird mit großer , angenommen. ;

eim Extraordinarium erklärt der Unterstaatssekretär im

Reichsschatzamt Twele, daß die verbündeten Regierungen die in zweiter Lesung vom Reichstag beschlossene Resolution auf Einstellung von 200 000 M zu Vorarbeiten für die Strecke Kubub Keetmanshoop durch den Gang der Verhandlungen für n, erachten.

Abg. Erzberger (Zentr) begründet die Resolution Müller= Fulda, die bereits von der Kommission elnstimmig angenommen worden sist.

um Etat für Neu⸗Guineg liegt der Antrag Storz (D.

Volksp.) vor, die in . Lesung gestrichenen 10 009 6 zur Unierstützung von beutschen Ansiedlern in den Etat wieder einzustellen.

Abg. Erzberger spricht sich dagegen aus, weil sich inzwischen die Situation nicht geändert habe, und die Ablehnung in zweiter Lesung mit großer Mehrheit f gj sei.

Der Antrag Storz wird abgelehnt.

Das Etatsgesetz fuͤr die Schutzgebiete wird in dritter Lesung im ganzen definitiv genehmigt. k

Der Etat für das Reichseisenbahnamt, die d . den Rechnungshof, den allgemeinen Pensionsfonds und den Neichsinvalidenfonds passieren die dritte Lesung ohne Debatte. Die aus dem Militärgesetz sich ergebenden Konsequenzen werden dem Etat für den allgemeinen Pensions⸗ und den Reichs⸗ invalidenfond,s gemäß dem Antrage Bassermann und Gen. eingefügt.

Bei dem Etat der Reichspost! und Telegraphenver⸗ waltung tritt der

Abg. von Gerlach (fr. Vgg.) für den Postassistenten Mertens ein, dem nach seiner Meinung von der Verwaltung schweres Unrecht geschehen sei. Es wurde ihm , ,n. er hätte einen Geldbrief erbrochen, 2500 M entnommen und dafür Papierschnitzel bineingesteckt. Er wurde zwar frelgesprechen, aher die Verwaltung behielt Papiere in Höhe von 3) „die sie von seinem Erbteil beschlag= nahmt hatte, und veräußerte sie. Außerdem ö er noch eine ganze Menge Kosten bejahlen, auch für die falschen Gutachten der Schreibsachverständigen! Das Sonderbare ist nun, daß gegen den Mann nicht einmal eine Disziplinaruntersuchung eingeleitet worden ist, sondern daß er nach wie vor Dienst tut. Gs muß hier

Remedur geschaffen werden.

bg. Erzberger Gentr.): Ich habe diese Nachricht dem Kolonial⸗

auf die Konstatierung legt, daß die Ordeneverleihung vor den letzten

Staatssekretär im Reichspostamt Kraetke: Ich kann dem Abg. von Gerlach versichern, daß bei jedem einzelnen Vorgesetzten und dem Chef der Verwaltung das Mitgefühl ebenso groß wie bei ihm. Wir müssen uns aber an die Gesetze halten. Gesetzlich ist der Beamte für alles verantwortlich, was ihm anvertraut ist. Uebrigens kann ich über die Sache noch keine end= gültige Antwort geben, weil das Wiederaufuahmeverfahren noch nicht zu Ende ist. Das Abzugsberfahren wegen der Kosten ist korrekt; e ,, n Punkte wäre von Verwaltungs wegen eine Mil-

r möglich.

Abg. Werner (D. n wiederholt seine Klagen über das k und empfiehlt statt dessen eine Erhöhung der Be⸗ n für die unteren Postbeamten.

Abg. Dr Müller ⸗Sagan weist auf die nachteiligen Kon«

sequenzen hin, die die Erhöhung des Portos im Nahverkehr mit sich bringen würde.

Abg, von Gerlach: Es mag korrekt verfahren sein, aber äußerst rigoros, und dag ist sehr zu bedauern.

Staatssekretär im Reichspostamt Kraetke: Es mußte die Untersuchung eingeleitet werden, um festzustellen, ob dem Beamten die Unterschlagung zugetraut werden konnte. Die Gutachten der Schreibsachverständigen waren allein nicht entscheidend. Was die Gratifikationen betrifft, so können wir sie bei einem so großen Personal zu Unterstützungen nicht entbehren.

Die Einnahmen aus neuen Steuern im Etat für 1906 werden entsprechend einem Antrage Speck mit 61 666 9090 M0 etatisiert, . die Einnahmen aus der Reichspost⸗ und Tele⸗ graphenverwaltung um 7isz Millionen erhöht.

Bei den Einnahmen aus dem Bankwesen kommt der Abg. von St audy (dkons.) auf die von der Kommission abgelehnte Resolution zurück, den Lombardzinsfuß nur 163 Proz. statt 1 Pie über dem Bankdiskont zu halten.

n der Debatte darüber beteiligen sich wiederholt die Abgg. Arendt (Rp.) und Büsing (ul.).

Der Rest des Etats ergibt keine Debatte mehr. Das Etatsgesetz wird in der . zweiter Lesung im einzelnen und darauf im ganzen gegen die Stimmen der Sozialdemo⸗ kraten angenommen.

Ueber die zum Etat der Reichsjustizverwaltung beantragten Resolutionen hat noch die Abstimmung zu erfolgen. Der Ankrag Ablaß wegen Ausdehnung der Zuständigkeit der Schwurgerichte in Preßsachen auf das ganze Reich wird angenommen; ebenso der Antrag Graf Hompesch wegen ö des Wechsel⸗ protest verfahrens, desgleichen der Antrag Hompesch wegen , , von Tagegeldern an Geschworene und Schöffen, und eine Resolution gleichen Inhalts der Abgg. Haußmann und Müller⸗Meiningen. Endlich gelangt auch die Resolution wegen Einbringung eines Nachtragsetats für Kriegsteilnehmer⸗ beihilfen zur Annahme.

Damit ist die dritte Lesung des Etats beendet.

Präsident Graf von Balle strem: Ich glaube, begründete Ur⸗ sache ju der Annahme zu haben, daß wir unmittelbar vor der Ver⸗ tagung stehen. ch würde es nicht für nützlich halten, heute einen Tag und eine Tagesordnung für die nächste Sitzung vorzuschlagen. Ich erbitte mir daher die Ermächtigung, die Tagesordnung für die nächste Sitzung selbständig festsetzen zu dürfen, und werde, wenn mir die Er⸗ mächtigung erteilt wird, Ihnen rechtzeitig davon Kenntnis geben.

Abg. von Kardor ff (Rp.): Ich darf wohl von dem Vorrechte des Alters Gebrauch machen und Sie bitten, einem Gedanken Aus- druck geben zu dürfen, von dem ich von vornherein weiß, daß die gef Mehrheit des Hauses ihm beipflichten wird. Ich meine, wir wollen nicht auseinandergehen, ohne unserem verehrten Herrn Prä⸗ sidenten 6 Dank af nr, zu haben für die gerechte und taktvolle Leitung der Geschäͤfte. Hoffen wir, daß wir ihn im den in gleicher humorvoller Frische wieder auf seinem Posten sehen. J bitte Sie, sich yon den Plätzen zu erheben, um dem Ausdruck zu geben.

Prafident Graf von Ballestrem: Ich danke dem verehrten Herrn Vorredner, der den Vorzug hat, noch einige Jährchen älter zu sein wie ich, für den liebenswürdigen Dank, den er mir ausge⸗ sprochen hat. Am meisten aber danke ich Ihnen allen, daß Sie dem so freundlich zugestimmt haben. Es war während des ganzen Sessions⸗ abschnittes mein ehrliches Bestreben, die . des Reichstags zu fördern, und wir können wohl mit einer gewissen Befriedigung zurück⸗ sehen, denn wir haben große Gesetze zum . gebracht. Dies war nur möglich, wenn ich von allen Seiten des Hauses unterstützt wurde, und ich kann wohl sagen, daß dies der Fall gewesen ist. Ich bin von allen Seiten in meiner Tätigkeit als Präsident unterstützt worden, und ich spreche Ihnen meinen herzlichsten Dank dafür aus. So Gott will, wird es mich freuen, Sie alle und besonders den verehrten Herrn Vorredner im Herbst wieder in alter Frische und Gesundheit und in erneuter Arbeitsfreudigkeit hier zu begrüßen.

Nunmehr erteile ich das Wort zur Mitteilung einer Allerhöchsten Botschaft dem Herrn Stellvertreter des Reichskanzlers.

Der Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner verliest die Allerhöchste Botschaft, wodurch der Reichstag bis zum 13. November vertagt wird, und überreicht die Urkunde dem Präsidenten.

Präsident Graf von Balle st rem: Wir aber gehen auseinander mit den Gefühlen, die uns stets beseelt haben, mit den Gefühlen der Liebe und Treue und Ergebenheit 7 unser erhabenes Reichsober⸗ haupt, indem wir rufen: Seine Majestät der Deutsche Kaiser, Wilhelm II. lebe bech! . ö

Die Anwesenden stimmen begeistert in den dreimaligen Hochruf ein.

Schluß 5 Uhr.

Preunszischer Landtag.

Herrenhaus. 16. Sitzung vom 26. Mai 1906, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Erster Gegenstand der = ist der mündliche Bericht der Kommission für kommunale Angelegenheiten über eine Petition des Grundbesitzervereins Friedrichsberg⸗Bor⸗ hagen um Eingemeindung von Teilen der Gemeinde⸗ bezirke Lichtenberg und Rummelsburg in Berlin. Die Kommission beantragt, über die Petition zur Tages- ordnung ber ugehn, und das Haus entspricht diesem Antrage. Ebenso wird eine Petition des Verbandes der Distrikts⸗ amtssekretäre der Provinz Posen um etatsmäßige An— stellung der Distriktsamtsgehilfen als Staats⸗ oder Kreisbeamte durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. Darauf folgt der mündliche Bericht der Justizkommisston über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Aende⸗ rung der Amtsgerichsbezirke Kosten und Schmiegel in der Provinz Posen. Die Kommission beantra t die unveränderte Annahme der Vorlage, und das Haus beschließt diese ohne Debatte. . Alsdann nimmt das Haus den mündlichen Bericht der Kommission für kommunale Angelegenheiten über einen An= trag des Grafen Jorck von Wartenburg, enthaltend den Entwurf eines Gesetzes zur Deklarierung des Kom⸗

munalabgabengesetzes vom 14 Juli 1893 (Erhedung