1906 / 125 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 May 1906 18:00:01 GMT) scan diff

von Gebühren und von Steuern vom Grundbesitz in Ge— meinden), entgegen. Der Gesetzentwurf wird nach einer kurzen Empfehlung seitens des Antragstellers unverändert angenommen.

Es folgt der Kommisstonsbericht a. über den von dem Hause der hg hne unter Abänderung der Regierungs⸗ vorlage angenommenen Gesetz entwurf, betreffend die Ab⸗ änderung des Einkommensteuergesetzes und des Er⸗ ãn un gaste ng ge et, und b. über den Antrag des 2. von Mirbach-Sorquitten, enthaltend einen Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des Er⸗ gänzungssteuergesetzes vom 14. Juli 1893. .

Die Kommission des Herrenhauses beantragt gegenüber der Fassung des Abgeordnetenhauses, den S 18 dahin zu ändern, daß eine Abzugsfähigkeit für Familienangehörige bei der Ver⸗ steuerung des Einkommens zulässig sei mit der Maßgabe, daß „bei dem Vorhandensein von 3 oder 4 derartigen Fami lien⸗ mitgliedern eine Ermäßigung um eine der im 8 17 vorgeschriebenen Steuerstufen, bei dem Vorhandensein von fünf oder mehr . Familienmitgliedern aber eine m, um 2 Stufen stattfinden muß. Bei einem Einkommen von mehr als 3000 , aber nicht mehr als 65h MS finden bei dem Vorhandensein von drei oder mehr der in Abs. 1 gedachten Familienmitglieder dieselben Ermäßig ungen statt..

Im übrigen beantragt die Kommission Annahme des a,,,

r. Graf No r ck ᷣvoWn Wartenburg beantragt die Wieder⸗

herstellung der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses.

Dr. Freiherr von Ter Goltz begrüßt die Vorlage, soweit sie eine Erleichterung der Steuergeschaͤfte, insbesondere u Be , ni au

verfahrens darstellt. 5 bedauern sei aber, das Verfahren bei der Einschätzung und Veranlaqung der Steuer⸗ n an anderen Stellen verbessert und vereinfacht worden ist.

ie Hineinbeniehung des Steuersekretärs in die Tätigkeit der Ver⸗

on bis in die Berufungsinstanz hinein sei zu be—

anlagungekommis x dauern, das sei eine Folge davon, daß der Landrat nicht in der Lage ätzung und das ganze Verfahren

sei, sich intensiv um die Einschä r zu kümmern. Einzelheiten behält sich der Redner für die Spezial⸗

debatte vor. . Oehler ⸗Crefeld: Meine Freunde

Oberbürgermeister Dr. werden der Vorlage zustimmen. Trotz mancher einzelnen Bedenken

seben wir doch in der Vorlage eine wesentliche Verbesserung unseres Steuerwesens, wenn auch erhebliche Ausfälle für das Staatg⸗ sseuerwesen zu erwarten sein werden. Ich bitte aber, das Kommunal⸗ abgabengefetz einer baldigen Revision zu unterziehen.

Damit schließt die Generaldiskussion.

In der Spezialdebatte werden die 88 1 bis 8 ohne De⸗ batte angenommen.

Bei S 9 bittet

Freiherr von Du rant de Scnsgas den Finanzminister um eine Frklärung darüber, ob die Versicherungsprämien zu der Alters ⸗, Unfall- und Invalidenversicherung vom Einkommen abzugsfähig seien, generell bis zum Betrage von 660 M,. wie es im bisherigen Gesetze vorgesehen sei, oder so weit, wie der Arbeitgeber die Beträge für die Arbeiter zu tragen habe. Inwieweit seien serner Erziehungsbeihilfen

fteuerpflichtig?

Staats- und Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Ich bin in der Lage, die von Herrn Freiherrn von Duͤrant gewünschte Erklärung abzugeben. Herr Freiherr von Durant hat zunächft gefragt, ob die Begrenzung des Abzugs der Bei⸗ träge zur Kranken-, Unfall-, Alters und Invalidenversicherung und sonstigen Kassen mit 600 4M sich nur auf den Zensiten beziehungsweise seine Angehörigen bezieht oder auch Anwendung findet auf die Bei⸗ träge, die der Arbeitgeber beziehungswelse ein Gutsbesitzer für seine Arbeiter aufjuwenden hat. Diese Nr. 3 bezieht sich unzweifelhaft lediglich auf die Beiträge, die der Steuerpflichtige für sich und seine Angehörigen, für die er die Steuer mit zu entrichten hat, seinerseits zahlt; dagegen fällt die Beschränkung fort bei denjenigen Bei—⸗ trägen, die er als Arbeitgeber zu entrichten hat. Hier ist die Beschränkung auf 600 M nicht vorgesehen, vielmehr können die saͤmtlichen Beiträge, die der Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer zur Kranken⸗, Unfallversicherung und ähnlichen Kassen zu leisten hat, abgezogen werden, weil sie als Werbungskosten im Sinne des 5 9 Lanzusehen sind.

Was den zweiten Punkt betrifft, so irrt Heir Freiherr von Duͤrant, wenn er annimmt, daß eine Aenderung des gegenwärtigen Rechtszustandes eintreten soll. Die Rechtslage ist die, daß abjugsfähig sind die Aufwendungen, die ein Vater für den Unter- halt und die Erziehung der Kinder macht, sobald sie auf rechtlicher Verpflichtung beruhen. Beruhen sie nicht auf rechtlicher Verpflichtung und gibt er aus freler Entschließung eine Erziehungsbeihilfe, so werden sie nicht abgejogen. Daran kann natürlich auch dann nichts geändert werden, wenn diese Beträge, um sie abzugsfähig zu machen, in die Form eines Privatrechtstitels gekleidet werden, wenn zum Beispiel, wie es vielfach vorgekommen ist, ein Vater mit seinem Sohne einen Vertrag schließt und sagt: ich sichere dir das oder das zu. Dat kann an der Rechtslage nichts ändern. Beruht die Zahlung auf einer rechtlichen Veipflichtung, so ist sie abzugsfähig, beruht sie nicht darauf, so ist sie nicht abzugsfähig. Kann aber der Vater irgendwelche Beträge nicht abziehen, so können sie selbstver⸗ ständlich von dem Empfänger nicht nochmals versteuert werden. Ent⸗ weder versteuert sie der Gebende oder der Empfangende. Das ist naturgemäß nicht zulässig, daß der Vater die Beträge nicht abziehen darf, die er seinem Sohne jum Unterhalt gibt, und der Sohn sie zu versteuern hat. Ich glaube, daß hiermit die Anfrage des Herrn Frei= herrn von Duürant über den zweiten Punkt erledigt ist. Wie schon hervorgehoben, hat sich in der ganzen Frage nichts geändert, sondern es bleibt der gegenwärtige Rechte zustand aufrechterhalten. (Bravo.)

Auf eine Anfrage des Oberbürgermeisters Struckmann erklärt der

Staats⸗ und Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Der § 9 behandelt in der Nr. 13, von der Herr Oberbürgermelster Struckmann sprach, die Abzugsfähigkeit der realen Kommunalsteuern. Wir haben den Abzug der realen Grund, Gebãude⸗ und Gewerbesteuer bis zu 100 06 der staatlichen Veranlagung zu— gelassen, obgleich das eine gewisse Durchbrechung des Prinzips ist. Denn zuerst kommt der Staat mit der Staatszsteuer und erst in zweiter Reihe die Kommune. Um aber den Steuerpflichtigen und auch dem Landtage nach Möglichkeit entgegenzukommen, haben wir trotzdem den Abzug der realen Kommunalsteuer zugelassen bis zu 1000/9. Damit ist im wesentlichen der Zustand wiederhergestellt, wie er bis 1896

bestand, bis wohin die Realsteuer seitens des Staats er⸗ hoben wurde. Nun fürchtet Herr Oberbürgermeister Struck⸗ mann, daß aus diesem Punkte insofern eine Ver⸗

staatlich veranlagte Grundsteuer erhoben wird, sondern eine von der Gemeinde erhobene und veranlagte Grundsteuer nach dem gemeinen Werte. Er fübrte aus, daß der Zensit vielfach nicht wisse, wie hoch die Grund und Gebäudesteuer ist. Diese Befürchtung ist unbegründet, denn die staatliche Grundsteuer ist bekanntlich stabil, bleibt permanent dieselbe, und der Zensit weiß, zu welchem Betrag er veranlagt ist. Die Gebäudesteuer wird alle 15 Jahre neu veranlagt und dem Ver⸗ anlagten wird darüber Mitteilung gemacht, sodaß er auch in dieser Beziehung weiß, wie hoch sie ist. ]

Aber darin hat der Herr Oberbürgermeister recht, daß der Zensit vielleicht öfter glauben wird, er habe nicht die staatlich ver anlagte Grundsteuer abzuziehen, sondern die seitens der Kommune veranlagte nach dem gemeinen Wert. Wir werden dem Wunsch des Herrn Oberbürgermeisters Struckmann entsprechen und in den Aus⸗ führungsanweisungen darauf hinweisen, daß nicht die Grundsteuer nach dem gemeinen Wert abzugsfähig ist, sondern nur die vom Staat ver⸗ anlagte Grundsteuer, und wir werden ferner auch dem Wunsch ent⸗ sprechen, daß die Katasterbeamten angewiesen werden, allen etwaigen Anfragen aus dem Publikum ihrerseits nachjukommen.

Freiherr von Mirbach bedauert, daß die Abzugsfähigkeit der persönlichen Bedürfnisse, wozu auf dem Lande Wohnung, Nahrung, Bedienung, Pflege, Fuhrwerk und manches andere gehörten, nicht genau

geregelt sei. ; Br. Freiherr von der Goltz regt an, die Kirchenpatronats—

verpflichtungen als Werbungskosten anzusehen, die von dem Roh⸗ ertrage der Einkommen quellen in Abzug zu bringen sind. Generaldirektor der direkten Steuern Wallach widerspricht dieser Auffassung, daß Ausgaben für das Kirchenpatronat Aufwendungen jur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Ertrags des Einkommens seien. Bezüglich der persönlichen Bedürfnisse! entständen nament lich in kleinen landwirtschaftlichen Betrieben große Schwierigkeiten. Es sei schwer festzustellen, welche Einnahmen und Augtgaben auf das Konto der eigenen Person des Wirtes oder der Wirtschaft zu schreiben i . Veranlagungekommifffon müsse in jedem Falle das Nötige eststellen.

Der Paragraph wird bewilligt, ebenso die S5 19 bis 12. Dr. Freiherr von der Goltz empfiehlt bei forstwirtschaftlich ge. nutzten Grundstũcken, die nicht nach einem forstmäßigen Plane bewirtschaftet werden, an Stelle der umftändlichen Berechnung die Abzugsfähigkeit von 3 pCt. Die Kömmission wolle die Ergebnisse von Abtrieben nicht anrechnen, wenn und sowelt dieselben sich in einem Jahr auf mehr als den zehnten Teil des Wertes des vorhandenen Holzes erstreckten. Die Kommissionsfassung wird angenommen.

Die S5 14 bis 17 werden debattelos angenommen,

Jum 5 18 liegt der eingangs angeführte Kommissions⸗ antrag vor, während Dr. Graf Jorck von Wartenburg die Wiederherstellung der Fassung des Abgeordnetenhauses

beantragt.

Graf von der Schulenburg: Dieser sogenannte (Kinder⸗ paragraph“ ist für die untersten Bevöllerungsklassen von höchster Be⸗ deutung. Der Kommisstonsbeschluß ist also eine Verbesserung, der eine Zurückverweisung an das Abgeordnetenhaus wohl rechtfertigt.

Staats- und Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Ich würde bitten, dem Antrage des Herrn Grafen Vorck von Wartenburg zujustimmen, und zwar weil ich die Wiederherstellung der Kommissionsvorlage des Abgeordnetenhauses für eine sachliche Ver⸗ besserung halte. 5 18 regelt bekanntlich das Kinderprivileglum und gestattet einen Abzug von dem Einkommen da, wo der Zensit für Kinder oder für andere Angehörige zu sorgen hat. Dieser Abzug soll nun nicht stattfinden, wenn die Kinder und sonstigen Angehörigen für den Zensiten keine Lasten, sondern Vortelle sind. Es ist bestimmt, daß der Steuerabzug dann nicht stattfinden soll, wenn die Betreffenden im landwirtschaftlichen oder Gewerbebetriebe des Steuerpflichtigen tätig sind. In der Kommission wurde nun, wie eben vorher, durch den Herin Grafen von Schulenburg, der Fall angeführt, daß eine alte Mutter und ein alter Vater zwar nicht im landwirtschaftlichen und ge⸗ werblichen Betriebe tätig sind, wohl aber im häuslichen, und daß auch in diesem Falle der Zensit einen erheblichen Nutzen von dem alten Vater und der alten Mutter hat, also ein Steuerabzug nicht gerechtfertigt sei. Ich spreche hier contra naturam mei generis, nämlich gegen den Fiskus, wenn ich bitte, es bei dem weitergehenden Abzuge zu belassen, wie es Herr Graf von Vorck will. Einmal ist der Antrag der Kommission, also das Verbot des Abzugs, wenn die Tätigkeit im häuslichen Betriebe erfolgt, von keiner großen Trag— weite; denn ist der Betreffende im häuslichen Betriebe tätig, so wird er meist auch im landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betriebe tätig sein; der alte Vater und die alte Mutter, die im Häuslichen hilft, füttert auch die Schweine, Ziegen usw.; also eine strenge Trennung findet nicht statt, beides kann Hand in Hand gehen. Aber ich weise darauf hin, wie es der Herr Graf Jorck tat, daß die Kärzung des Abzugs für die alte Mutter, die im Hausbetrieb tätig ist, vom ethischen Standpunkt aus ihre Bedenken hat. Es ist zuzugeben, daß der alte Vater und die alte Mutter unter Umständen noch einen wirtschaft— lichen Vorteil darstellen; aber in sehr vielen Fällen ist genau das Gegenteil der Fall, namentlich in den kleinen bäuerlichen Verhälnissen ist es unter Umständen eine außerordentliche Last, einen arbeits« unfähigen Vater mit zu erhalten und den Abzug gerade für diese Angehörigen halte ich für einen großen Vorzug. Ich meine nicht, daß man diese Vergünstigung, die die Regierung wie das Ab⸗ geordnetenhaus beschlossen hat, hier in diesem hohen Haus einschränken sollte. Ich glaube vielmehr, daß unsere Fassung, die weitergeht in der Begünstigung der Angehörigen, die sozialpolitisch richtigere ist, wenngleich der Beschluß der Kommission für uns finanziell günstiger sein würde. Ich halte die ethischen Momente für überwiegend und möchte bitten, den Antrag des Herrn Grafen Vorck von Wartenburg anzunehmen.

Herr Dr. von Burgsdorff bittet, es bei den Kommissions. beschlüssen zu belassen. ine Wohltat an falscher Stelle könne oft recht schlecht wirken.

Oberbürgermeister Eh lers⸗ Danzig: Meine Freunde werden für den Ankrag. Vorck stimmen. Die Steuenpflicht sollte ebenso wie die Wehrpflicht nicht als Last, sondern als Ehre betrachtet werden.

Nach weiteren Bemerkungen des Professors Dr. Niehues Münster wird der Antrag Yorck von Wartenburg einstimmig angenommen und dem 8 18 in unveränderter Form zu⸗

estimmt, ebenso den übrigen Paragraphen der Einkommen⸗ , , . s folgt die Ergän , Zum 916 liegt ein Antrag des Grafen von Mirbach vor, der nur bei Gewerbebetrieben und nicht auch bei der Landwirtschaft den Vermögensstand am Schlusse des letzten Wirtschafisjahres bei der Berechnung der Schätzung des steuer⸗ baren Vermögens zu Grunde gelegt wissen will.

Graf von Mirbach⸗Sorguttten begründet seinen Antrag

und weift darauf bin, daß durch die Vermögenssteuer, die in dieser

angenehm berühren. Auf diesem Wege, fährt der Redner fort, wird dahin gearbeitet, daß die Ideale der Solialdemokratie immer mehr erreicht werden. Der subsidiäre Charakter der Ergänzungtsteuer darf niemals übersehen werden. Es ergibt sich daraus, daß die Ergänzungz. steuer auf einen bestimmten Betrag festgelegt wurde, daß sie niemals die Grundlage für kommunale Steuerjuschläge bilden dar. Es scheint übersehen zu sein, daß es in Preußen eine sehr niedrig rentierende und deshalb schwer um ihre Cxistenz ringende Landwirt schaft gibt, die von einer Vermögenssteuer mit einheitlichem Steuer, satz sehr viel härter getroffen werden 6 als alles übrige Ver⸗ mögen. Der Redner beantragt alsdann noch, an Stelle des gemeinen ö. den „Ertragswert“ bei landwirtschaftlichen Grundstücken zu esteuern.

Staats- und Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Ich glaube, meine Herren, daß das hohe Haus und ich der Land- wirtschaft einen sehr schlechten Dienst erweisen würden, wenn wir den Antrag des Herrn Grafen von Mirbach annehmen. Ich werde das nachher noch eingehender darzulegen suchen. Zunächst muß ich an— knüpfen an das, was Herr Graf von Mirbach im Eingang seiner Worte sagte, indem er ausführte, daß das Ergänzungssteuergesetz ein Produkt der Aera Caprivi sei. Nun, meine Herren, der Reichskanzler Caprivi ist an dem Gesetz so unschuldig wie wir alle; ich glaube, das Gesetz ist ein Verdienst des Ministers von Miquel, aber keines wegs ein Fehlschlag des Reichskanzlers Caprivi, der mit der ganzen Materie, soweit mir bekannt ist, außerordentlich wenig zu tun gehabt hat, und ich muß deswegen gegenüber der Bemängelung des Herrn Grafen von Mirbach doch betonen, daß die Besteuerung des fundierten Vermögens eine in der Theorle und Praxis durchaus bewährte und von der Theorie von jeher geforderte ist. Meine Herren, es liegt doch auf der flachen Hand, daß das fundierte Vermögen, das auf Kinder und Kindeskinder übergeht, ein dauerndes Substrat des Einkommens darstellt, ein unendlich viel greifbareres Steuerobjekt darstellt, als das nicht fundierte Einkommen, das lediglich auf der persönlichen Tätigkeit des Einkommenträgers beruht und weg⸗ fällt, wenn der betreffende Zensit die Augen schließt. In der Theorie ist immer gefordert worden, das fundierte Einkommen höher heranzu⸗ ziehen als das nicht fundierte, und ich glaube, es ist ein Verdienst des Herrn von Miguel gewesen, daß er dieses Prinzip praktisch jur Durch führung gebracht hat. Uebrigens, wenn Herr Graf Mirbach es so dar⸗ stellt, oder wenn man aus seinen Worten entnehmen könnte, als ob überwiegend der Grundbesitz die Ergänzungssteuer aufbringe, so möchte ich darauf hinweisen, daß das mobile Kapital mit 32 Milliarden Mark zur Ergänzungssteuer herangezogen ist und der Grundbesitz nur mit 14 Milliarden, daß also etwa Z der ganzen Ergänzungssteuer vom mobilen Kapital und nicht vom Grundbesitz getragen wird, und ich weiß nicht, ob der Wunsch des Herrn Grafen von Mirbach dahin geht, auch das mobile Kapital von dieser Ergänzungssteuer frei zu lassen.

Meine Herren, ich muß dem Herrn Grafen Mirbach gegenüber wir haben uns in der Kommission sehr eingehend darüber unterhalten auch daran festhalten, daß die Ergänzungssteuer nicht einen sub— sidlären Charakter in dem Sinne gehabt hat, wie er es immer an⸗ nimmt. Herr Graf von Mirbach geht davon aus, daß die Ergänzunge⸗ steuer nur dazu da gewesen sei, um den Ausfall ju decken, der daraus entstand, daß die Realsteuern, die Grund., Gebäude und Gewerbe⸗ steuer, den Gemeinden überwiesen wurden. Das war einer der Zwecke, aber keineswegs der alleinige, sondern die Er⸗ gänzungssteuer sollte in unserem steuerlichen System die eben von mir geschilderte Bedeutung haben, eine Ergänzung zu bilden, durch eine schärfere Belastung des fundierten Vermögens gegenüber dem nicht fundierten Einkommen. Meine Herren, daß dies der Fall gewesen ist, daß die Ergänzungssteuer nicht nur ein vorübergehendes Supplement gebildet hat, sondern ein dauernder Bestandteil sein sollte, das geht zur Evidenz aus 8 48 des Ergänzungssteuergesetzes hervor, in welchem Re— gelung getroffen ist für den Fall, daß der Ertrag des Jahres 1895/96 über 35 Millionen hinausgeht, oder hinter 35 Millionen zurückbleibt. Es ist gesagt, daß, wenn hinter diesem Betrage von 38 Millionen um mehr als hoo zurückgeblieben wird, eine Erhöhung eintreten solle. Diese Erhöhung wird durch Königliche Verordnung wieder außer Kraft gesetzt, wenn das Veranlagungssoll der Ergãnzungtsteuer den Betrag von 35 Millionen zuzüglich einer Steigerung von 400 für jedes auf 1896/96 folgende Steuerjahr erreicht. Es ist also mit klaren Worten ausgesprochen, daß die Ergänzungssteuer eine dauernde Einrichtung sein soll, indem für jedes Jahr mit einer Steigerung von 40,0 gerechnet wird. Diese Steigerung von 40/0 haben wir noch nicht erreicht. Hätten wir sie erreicht, so würde die Ergänzungesteuer 0 Millionen bringen, während sie bekanntlich nur 40 Millionen erbringt. Wir sind also, glaube ich, darin verschiedener Ansicht, daß der Hert Graf von Mirbach der Ergänzungssteuer nur einen vorübergehenden Charakter beimißt, während ich der Ansicht bin, daß sie eine dauernde Stellung in unserem Steuersystem einnehmen soll. In einer Be⸗ ziehung hat Herr Graf von Mirbach Recht: es soll nur eine Er⸗ gänzungssteuer sein, sie soll das fundierte Einkommen höher treffen als das unfundierte, und weil sie als eine Ergänzungssteuer zur Ein⸗ kommensteuer trat, soll sie sich in bescheidenen Grenzen und Sätzen bewegen. Daß das aber der Fall geblieben ist, werde ich mir noch nachzuweisen erlauben.

Nun hat Herr Graf von Mirbach aus dem Regierungsbenitl Marlenwerder ein Schulbeispiel sowohl in der Kommission als auch heute hier wieder angeführt. Ich habe mir schon in der Kommission erlaubt, darauf hinzuweisen, daß dieses Schulbeispiel wenig glücklich gewählt ist. Es handelt sich um ein Gut im Regierungsbenltk Marienwerder mit einem Durchschnittsreinertrag von etwa 17 000 4, mit dem es zur Einkommensteuer veranlagt wurde, welches trotzdem mit 2 000 000 zur Ergänzungssteuer herangezogen worden war— Das erklärt sich aber vollständig daraus, daß der betreffende Eigen⸗ tümer aus dem Gute nur wenig herausgewirtschaftet hat, und daß das Gut, als es in andere Hände überging und verpachtet wurde, 77 000 Reinertrag brachte. Rechnen Sie dazu, da der Pächter auch leben will, noch 3000 , so erglebt sich ein Reinertrag von 80 000 M statt eines solchen von 17 000 16 Die Veranlagung zur Ergänzungssteuer mit zwei Millionen Mark war also vollkommen berechtigt. Sie sehen, daß man mit solchen einzelnen Schulbeispielen wenig anfangen kann. Es ist vollkommen zuzugeben, daß im einzelnen Falle die Ergänzungssteuer gegenüber der Einkommensteuer hoch sein kann. Dag kann im einjelnen Falle ein Fehlgriff sein, auf den ich leider keine Einwirkung habe; aber oft wird auch eintreten, daß die Einkommensteuer sehr gering ist, wenn das Vermögen entweder wenig einbringt oder der Betreffende wenig herauswirtschaftet.

wechslung sich ergeben könne, als gegenwärtig vielfach nicht die

Vorlage liege, die Landwirtschaft besonders hart getroffen werde; dies könne 2. Yindr auf die beschlossene Reichserbschaftssteuer nicht gerade

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

3weite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

M 125.

Berlin, Dienstag, den 29. Mai

19005.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Ich kann Ihnen, wenn Sie es wünschen, ein paar Dutzend Fälle vor⸗ legen, wo Millionäre Kapital nach Millionen haben und doch keine Einkommensteuer bezahlen, weil Unglücksfälle, Mißernten u. dgl. m. sie betroffen haben, weil Spekulanten mit großen Terrains Verluste gehabt haben, weil die Fabriken in schlechten Jahren zurückgegangen sind usw. Alles das sind Fälle, wo jemand nicht oder doch nur sehr niedrig zur Einkommensleuer veranlagt ist und wo dann, prozentual berechnet, die Ergänzungssteuer gegenüber der Einkommensteuer sehr hoch ist. Solche Fälle kommen vor, und sie liegen im System begründet, denn es war eben die Absicht des Gesetzgebers, die großen Vermögens- substrate heranzuziehen, auch wenn diese in einzelnen Jahren kein Ein⸗ kommen ergeben. Denn Sie wollen doch nicht den Gedanken der sozialen Gerechtigkeit verkennen. Wer im Lande würde es verstehen, daß der kleine Beamte oder Gewerbetreibende mit 1500 M Ein⸗ kommen eine Einkommensteuer bezahlt, und daß der Nachbar, der ein nach Millionen sich bezifferndes Vermögen hat, keine Steuer bezahlte, weder Einkommensteuer noch Ergänzungssteuer? Und nun kommt es in der Tat doch wohl darauf an: hat die Ausführung des Gesetzes diesem subsidiären Charakter entsprochen, das heißt, hat sich die Veran⸗ lagung zur Ergänzungssteuer in maßvollen Grenzen gehalten oder nicht? Ich habe mir schon erlaubt, einen Nachweis darüber in der Kommission vorzulegen, und da Herr Graf Mirbach heute wieder ausführlich auf diese Frage eingegangen ist, muß ich mir erlauben, auch meinerselts kurz darauf zurückzukommen. In der Begründung zum Ergänzungt⸗ steuergesetz ist ausdrücklich gesagt, daß die Ergänzungssteuer, wie der Name besagt, eine ergänzende sein solle, und daß man im allgemeinen

davon ausgehe, daß sie nicht mehr als 14 0ͤé beziehungsweise 10/0 des

Einkommens in Anspruch nehmen solle. Nun ergibt die Ermittlung, die auf unserer amtlichen Veranlagung beruht, daß dieser Satz von 140i beziehungsweise 10/90 des Einkommens bei der Veranlagung des länd⸗ lichen Grundbesitzes zur Ergänzungsstͤuer in der Monarchie noch nicht erreicht ist, daß wir in nicht weniger als 22 Regierungs⸗ bezirken 1 0/0 des Einkommens noch nicht erreicht haben, und nur in vier Regierungsbezirken, in Wiesbaden und in einigen Regierungsbezirken mit besonders gutem Boden, wie Stralsund und Hildesheim, der Satz von 140½ um ein geringes überschritten ist. Also die Ergänzungssteuer hat in der Tat im allgemeinen Durch⸗ schnitt ihren Charakter bewahrt, ergänzend zu sein, und nur einen verhältnismäßig geringen Teil des Einkommens in Anspruch ju nehmen. Diese Tabelle ist auch sonst in außerordentlichem Maße interessant. Sie ergibt, daß der Wert des ländlichen Grundbesitzes in Preußen auf 21 Milliarden veranlagt ist, während der Grund steuerrelnertrag sich auf 276 Millionen beläuft, sodaß sich der gemeine Wert, wie er in der Ergänzungssteuer veranlagt ist, auf das 77 fache des Grundsteuerreinertrages stellt. Ich glaube, für den Durchschnitt der Monarchie ist das keineswegs zu hoch; denn die Kaufpreise stehen im allge⸗ meinen über dem 77fachen des Grundsteuerreinertrages, zum Teil gehen sie sogar weit darüber hinaus. Im einzelnen kann wohl einmal die Schätzung zu hoch sein, aber im allgemeinen glaube ich, daß die Heranziehung mit dem 77fachen des Grundsteuerreinertrags keineswegs als zu hoch angesehen werden kann.

Nun darf ich spejiell auf die ostpreußischen Verhältnisse eingehen. Herr Graf von Mirbach hat ausgesprochen, daß die Heranziehung zur Ergänzungssteuer in Ostpreußen 3, 4, 5 0 des Einkommen betrage. (Zuruf des Grafen von Mirbach: Das habe ich schon

im Plenum zurückgenommen) Ich wollte nur erklären, daß die Heranziehung zur Ergänzungssteuer nach unserer Grmittelung wesentlich niedriget ist. Im allgemeinen ver—⸗

hält sich das Einkommen aus dem Grundbesitz zu dem gemeinen Wert folgendermaßen: Der gemeine Wert ist, wie eben er⸗ wähnt, auf 21 Milliarden ermittelt und das Einkommen aus diesem Grundbesitz auf 989 Millionen. Der gemeine Wert nach der Ver⸗ anlagung zur Ergänzungssteuer stellt also das 21,6 fache des Ein⸗ kommens aus dem Griundbesitz dar. Ich glaube, dies alles beweist, daß wir keineswegs mit der Veranlagung zur Ergänzungssteuer zu hoch gegangen sind. Herr Graf von Mirbach schlägt vor, das 25 fache des Ertrags zu erkbeben. Wir würden dabei im Durchschnitt der Monarchie sinanzlell günstiger stehen wie jetzt, aber wir würden alsdann alles über einen Kamm scheren und namentlich den mittleren und kleinen Besitz zu hoch treffen, denn in dem Einkommen steckt natürlich bei dem mittleren und kleinen Besitzer, der mit seiner Familie selber tätig ist, ein viel größerer Teil Arbeiteverdienst als Bodenrente, verglichen mit dem Großbesitz. Wenn man einfach das 25 fache des Einkommens als Wert der Ergänzungssteuer ansetzte, würde man gerade den kleinen und mittleren Besitzer unserer Ansicht nach wesentlich überlasten.

Ich darf noch mit einem Wort auf das Ergebnis von Verkäufen hinweisen, die seitens der Hypothekenbanken bewirkt worden sind. Nach Ermittelungen, die uns vorgelegt worden sind, wurden im Jahre 1903 165 der von den Hypothekenbanken beliehenen, landwirt⸗ schaftlichen Besitzungen zur Veräußerung gebracht und in 148 von diesen 165 Verkaufsstellen waren die tatsächlich bezahlten Verkauftz= preise höher als die der Ergänzungssteuer zu Grunde gelegten gemeinen Werte der verkauften Besitzungen (hört, hört h, und zwar in über 60 0/0 der Fälle ging der Verkaufspreis um mehr als 50 0 o über den Ergänzungssteuerwert hinauz. Hierin liegt ein beredter Bewels dafür, daß wir im allgemeinen mit der Veranlagung jur Er⸗ gänzungesteuer nicht zu hoch gegangen sind. :

Meine Herren, wenn ich mir erlaubt habe, einen kurzen Rückblick zu geben, der beweisen sollte, daß wir unserer pflichtmäßigen Ueber ; zeugung nach bei der Veranlagung zur Ergänzunggsteuer in den Grenzen geblieben sind, die das Gesetz sich von vornherein gesetzt hat, so darf ich noch kurz übergehen zu dem Antrag Mirbach und sagen, daß meiner Ansicht nach dieser Antrag gerade von dem Standpunkt der Landwirtschaft selbst die allergrößten Bedenken hervorrufen muß. Es soll als Wert der Ergãnzungssteuerberanlagung das 265 fache des Reinertrages angenommen werden, den die Grund⸗ stücke bleher erbracht haben. Also, meine Herren, der schlechte Wirt,

der wenig herausgewirtschaft hat, wird auch nur mit dem 2b fachen herangejogen, und der tüchtige ebenfalls mit dem 26 fachen, sodaß geradezu eine Prämie auf minder gute Wirtschaftsführung gesetzt wäre. Und nun weiter. Als Ertragswert soll gelten das 25 fache des Reinertrages, den die Grundstücke bisher erbracht haben und nach ihrer wirtschaft⸗ lichen Bestimmung bei ordnungämäßiger Bewirtschaftung nachhaltig gewähren können. Nun bitte ich Sie nur, meine Herren, zu bedenken, welche Aufgaben in dieser Beziehung den Steuerbehörden zufallen würden. Die Steuerbehörden sollen also ermitteln, was die Grund⸗ stücke bisher erbracht haben und nach ihrer wirtschaftlichen Be⸗ stimmung bei ordnungsmäßiger Wirtschaft nachhaltig gewähren würden. Das heißt doch nichts anderes, als Sie setzen den Katasterbeamten zum Kontrolleur des ordentlichen Bewirtschaftens in der ganzen Landwirtschaft ein. Die Steuerbehörden würden nicht nur be— rechtigt, sondern sogar verpflichtet sein, in jedem Falle zu prüfen, ob eine ordnungsmäßige Wirtschaft vorliege, und ich möchte nun ein- mal das Erstaunen der Herren sehen, wenn der Beamte sagt: meiner Ansicht nach liegt hier eine ordnungsmäßige Bewirtschaftung nicht vor; Du könntest aus dem Gute noch viel mehr herausholen. Das sind Wirkungen des Antrags, die Sie wahrscheinlich nicht voraug⸗ gesehen haben, vor denen Sie aber in der Praxis das allergrößte Grauen haben würden. Und wer kann denn beurteilen, was das Gut nachhaltig gewähren kann? Und wer soll das alles beurteilen? Damit kommen Sie auf das absolut unsichere Gebiet der subjektiven Schätzung durch den einzelnen Katasterbeamten oder den land— wirtschaftlichen Sachverständigen, denn objektive Merkmale sind so gut wie nicht vorhanden. Was heißt „ordnungsmäßige Be⸗ wirtschaftung“, was nachhaltig gewähren??? Das alles würde abhängig sein von der Ansicht des Gutachters. Und Sie wissen, meine Herren, wie schwer es ist, objektive Merkmale für den Ertrag einer landwirtschaftlichen Besitzung zu finden. Der eine schätzt ihn so und so hoch, der andere um dag Doppelte höher, der dritte um die Hälfte oder das Doppelte niedriger. Wir würden also einfach dahin kommen, daß wir abhängig sein würden von dem subjektiven Ermessen des einzelnen Schätzenden in jedem Bezirk, wir würden zu vollkommen verschiedenen Resultaten kommen. Ich erinnere daran, ju welchen Beschwerden die Veranlagung unserer Grundsteuer Anlaß gegeben hat. Obgleich wir 60 Millionen aufgewandt haben, um die erforderlichen Fest . stellungen zu machen, sind die Beschwerden über ungerechte Veranlagung niemals still geworden. Wir würden zu ähnlichen Ungleichheiten kommen und das würde zur Verbitterung in der Bevölkerung führen. Denn Steuerzahlen macht schon an sich kein Vergnügen, aber täglich das Empfinden zu haben, daß der Nachbar zu Unrecht weniger zahlt, das erzeugt Bitterkeit und das Gefühl der Ungerechtigkeit. Dieser schwankende Boden, daß wir nämlich abhängig würden von dem sub⸗ jektiven Ermessen des einzelnen Schätzenden und infolgedessen zu einer vollkommenen Ungleichmäßlgkeit in der ganzen Monarchie kommen würden, macht für mich den Antrag des Herrn Grafen von Mirbach absolut unannehmbar. Unser ganzes Bestreben ist seit dem Jahre 1891 mit heißem Bemühen dahin gegangen, überhaupt, soweit möglich, dem Ziele der steuerlichen Gerechtigkeit näher zu kommen, und dieses Bestreben würde einfach rückgängig gemacht werden, wenn wir uns wieder auf einen so schwankenden Boden begeben würden, wie die Schätzung nach dem individuellen Ermessen des einjelnen Gutachters es ist. Das würde keinen Fortschritt, sondern einen schweren Rückschritt bedeuten, den namentlich die Landwirtschaft selber auf das allerbitterste empfinden würde, denn er würde zugleich verbunden sein mit dem Eindringen in die internen Verhältnisse des einzelnen Besitzers, was geradezu als unerträglich empfunden werden müßte.

Nun bedarf es dieses Eindringens nicht, denn wie ich dargelegt habe, ist die Veranlagung zur Ergänzungsteuer im allgemeinen in mäßigen Grenzen geblieben, und der Beschluß des Abgeordneten hauses ist geeignet, etwaigen Mißständen jedenfalls entgegen—⸗ zutreten. Er setzt neben den Verkaufgwert den Pacht preis, um zu verhüten, daß etwaige aus besonderen Umstãnden resultierende Kaufpreise als Norm angelegt werden und danach die Veranlagung zur Ergänzungssteuer erfolgt. Die Pachtpreise stellen in der Tat im allgemeinen den Betrag dar, den man bei ordnungs⸗ mäßiger Bewirtschaftung aus einem Gute erzielen kann, und sie sind also eine geeignete Kontrolle von etwa zu hohen Kaufpreisen, die aus irgend einem Umstande gejahlt worden sind. Die Verbindung von Kauf⸗ und Pachtpreis wird dahin wirken, daß wir den allgemeinen Wert nicht überschätzen, sondern uns innerhalb der Grenzen halten. Die Kauf und Pachtpreise können wir und wollen wir wohl er. mitteln, ohne Eindringen in die subjektiv wirtschaftlichen Ver— hältnisse des einzelnen Besitzerß. Wir befinden uns da auf einem sicheren und festen Boden, und ich darf hinjufügen, was ich schen in der Kommission gesagt habe, daß wir uns bemühen werden, wie in der Vergangenheit, so auch in der Zukunft etwaigen zu hohen Veranlagungen zur Ergänzungssteuer aufs äußerste entgegenzutreten.

Ich habe in dieser Beziehung auch schon in der Kommission an⸗ geführt, daß vor einiger Zeit ein hierher gehöriger Fall uns praktisch entgegengetreten ist in den gemischt sprachlichen Provinzen Posen und Westpreußen. Es wurde der Befürchtung Ausdruck gegeben aus den Kreisen der deutschen Grundbesitzer, daß es nahe liege, daß die hohen Kaufpreise, die die Anstedlungskommission zahlt, Anlaß geben könnten, nun ganz allgemein die Güter in Westpreußen und Posen dem⸗ entsprechend jur Ergänzungssteuer heranzuziehen. Ich habe sofort die Steuerbehörden verständigt, daß dies nicht der Absicht der Gesetzgebung und meinen eigenen Intentionen entspricht, und ich glaube den Nachweig erbringen zu können, daß demgemäß auch verfahren worden ist.

Ich habe in der Kommission schon angeführt, und ich will hier kurz wiederholen, daß im Regierungebenrk Marienwerder die Ver- anlagung zur Ergänzungssteuer mit dem 80fachen des Grundsteuer⸗

reinertrags abschließt, während die von der Ansiedlungskommission

[

gejahlten Preise das 109fache des Grundsteuerreinertrages ergeben. Im Regierungsbezirk Posen beträgt die Veranlagung zur Ergänzungssteuer das 84fache, während die gezahlten Kauspreise auf das 144fache des Grundsteuerreinertrags steigen. Sie sehen also, wie weit die Ver⸗ anlagung zur Ergänzungssteuer hinter den gezahlten Kaufpreisen zurückbleibt. Im Regierungsbezirk Bromberg beläuft sich die Veranlagung zur Ergänzungssteuer auf das 77fache. Die ge⸗ zahlten Kaufpreise haben das 116 fache erreicht. Das sind diese drei Bezirke. Wo also aus besonderer Konkurrenz gegenüber den polnischen Banken eine sehr bedeutende Steigerung der Güterpreise erfolgt ist, hat die steuerliche Veranlagung sich nicht an diese außerordentlichen Güterpreise angeschlossen, sondern sie hat den gemeinen Wert nicht überschritten.

Meine Herren, wir werden uns bemühen, nach dieser Richtung auch in Zukunft zu wirken und dafür einzutreten, soweit es in der Hand des Finanzministers liegt, daß die Heranziehung und Ver⸗ anlagung zur Ergänzungssteuer sich in den richtigen Grenzen hält; daß sie maßvoll ist, daß sie den Charakter der Ergänzungssteuer nicht verliert und nicht außerordentlichen Umständen ungebührlich Rechnung trägt, aber ich bitte dringend, den Antrag Mirbach nicht anzunehmen; er ist aus den dargelegten Gründen für das Staatsministerium nicht annehmbar, er würde einen schweren steuerlichen Rückschritt bedeuten und für die Landwirtschaft selber von den aller nachteiligsten Folgen begleitet sein. (Bravo)

Nach einer Entgegnung des Grafen von Mirbach zieht dieser seinen Antrag zurück.

Auf eine Bemerkung des Herrn von Buch-Carmzow erwidert der

Staats⸗ und Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Was zunächst das Oberverwaltungsgericht betrifft, so habe ich vorhin schon angedeutet, und Herr von Buch hat es jetzt bestätigt, daß das Oberverwaltungsgericht über dem Finanzminister steht; aber an das Oberverwaltungä gericht kommen bekanntlich nur die Fragen über Mängel des Verfahrens und unrichtige Gesetzesanwendungen (Zuruf: Das ist ja hier der Fall, während rein tatsächliche Er⸗ mittlungen nicht an das Oberverwaltungsgericht kommen. Wenn also der Finanjminister von vorn herein die Veranlagungsbehörden in be—⸗ stimmter Weise anweist, daß sie bestimmte Kaufpreise nicht in Rück⸗ sicht ziehen, so ist dies durch das Oberverwaltungsgericht kaum anfecht⸗ bar. Ich kann im übrigen mit allem mich einverstanden erklären, was Herr von Buch ausgesprochen hat. Wir haben allerdings den § 11 nicht so aufgefaßt, wie er sagt. Es heißt dort:

„Der Wert ist nach dem Verkaufswerte und den Pachtpreisen zu be messen, welche sich für Grundstücke gleicher Art nach dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre ermitteln lassen.

Herr von Buch fürchtet nun, daß alle Verkaufswerte und Pacht preise zu Grunde gelegt werden sollen. Das ist durchaus nicht der Fall; denn es heißt nicht: „nach den Verkaufspreisen, welche für alle Grundstücke zu ermitteln sind', sondern es muß naturgemäß dem verständigen Ermessen der Veranlagungsbehörden überlassen werden, welche Verkaufswerte beziehungeweise welche Pachtpreise zu Grunde gelegt werden sollen; und daher erkläre ich nochmals ausdrücklich, daß Verkaufspreise, die auf Grund besonderer Ursachen erzielt sind, nicht zu berücksichätigen sind. Das ist auch schon in Artikel V der jetzigen Anweisung ausgesprochen. Da heißt es:

Bei Bemessung des gemeinen Wertes sind zum Anhalt zu nehmen die im gewöhnlichen Verkehr gezahlten Kaufpreise. Ich erkläre mich ausdrücklich bereit, in der Ausführungsanweisung, die wir jetzt ergehen lassen werden, den 5 11 in dem Sinne zu inter- pretieren, wie Herr von Buch es gewünscht hat.

Hierauf wird der Gesetzentwurf unverändert angenommen.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Schluß 6 Uhr. Nächste Sitzung Montag 12 Uhr. (Hercynia⸗Vorlage, Verbesserung der Arbeiterwohnungen und kleine Vorlagen)

17. Sitzung vom 28. Mai 1906, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Die Denkschrift über die Ausführung der bisherigen Ge⸗ setze, betreffend die e n n von Staatsmitteln zur Ver⸗ besserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staat⸗ lichen Betrieben beschäftigt sind, und von gerinß besoldeten Staats⸗ beamten, wird durch Kenntnisnahme für erledigt erklärt. In Verbindung hiermit wird der mündliche Bericht der Budget⸗ und Finanzkommission über den Gesetzentwurf, ve, Oe. die Bewilligung weiterer Staatsmittel zur Ver⸗ besserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlichen Betrieben beschäftigt sind, und , besoldeten Staatsbeamten, erstattet.

ie Kommission beantragt unveränderte Annahme des , , .

berbürgermeister Struckm ann - Hildesheim fragt an, ob nicht auch erwogen werden könne, den gemeinnützigen Aktiengesell schaften, die auf der Grundlage der Baugenossenschaften aufgebaut find, Darlehen ju gewähren. Ver Eisenbahnverwaltung müsse 6. berständlich Einfluß auf die Verwendung der Gelder für die Beamten erhalten bleiben.

Unterftaatssekretär im Finanzministerium Dom bois: Es ist nicht ausgeschlossen, daß derartige Darlehen auch an e en, Aktiengesellschaften gegeben werden. Dabei muß allerdings die Garantie der Gemeinnützigkeit gegeben werden, daß jede Spekulation ausge⸗ schlossen ist, und daß die Gelder den unmittelbaren Staats beamten zu gute kommen.

Der Gesetzentwurf angenommen. * Es folgt der mündliche Bericht der Kommission für das Budget und für Finanzangelegenheiten über den Ges 23 entwurf, betreffend den Erwerb des Kalisalzbergwerks

wird darauf ohne Spezialdiskussion

der Gewerkschaft Hereynia durch den Staat.