1906 / 125 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 May 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Die Kommission beantragt unveränderte Annahme der Vorlage.

33 Dr. Wachler: Ich beabsichtige nicht, der Vorlage zu widersprechen, trotzdem ich doch manche Bedenken habe. Der Wert, der bei einem Bergwerk äußerst schwer zu bestimmen ist, ist in dem Kaufpreis von mehr als 30 Millionen doch exorbitant ho festgelegt. Trotzdem halte ich das Geschäft für kein schlechtes. Eine andere Frage ist cs, ob der Ankauf gerade in der Zeit, in der er erfolgt, zweckmäßig ist. Der Einfluß des . auf das Syndikat soll ge⸗ stärkt werden, tatsächlich ist aber die Konkurrenz infolge des Ankaufs außerordentlich lebendig geworden. Der Minister ist in einem großen Irrtum, wenn er annimmt, daß durch den Ankauf der Hereynia die Cxistenzfähigkeit des Syndikats gestärkt werde, der Kampf unter den Gewerkschaften wird nach wie vor weitergehen. Der Redner fragt zum Schluß an, ob über die Ergiebigkeit der Hereynia eine besondere Bilanz aufgestellt werden könne, wie eine solche über die staatlichen Kohlenfelder erstattet werde.

Minister für Handel und Gewerbe Delbrück: ;

Was die Frage des Herrn Vorredners betrifft, so sind wir selbst⸗ verständlich bereit, die erforderlichen Auskünfte jederzeit zu erteilen. Ob es notwendig sein wird, eine besondere Bilanz aufjustellen, oder ob es nicht genügt, wenn die entsprechenden Nachrichten ausgiebig in den Rechnungsergebnissen für die Bergverwaltung niedergelegt werden, diese Frage möchte ich jur Zeit offen lassen. Jedenfalls werden wir dafür sorgen, daß das hohe Haus über die Betriebsverhältnisse des neu erworbenen Bergwerks hinreichend unterrichtet wird.

Darauf swird die Vorlage ohne weitere Debatte ange⸗ nommen.

Es folgt der Bericht der Kommission für kommunale An⸗ elegenheiten über den Gesetzentwurf gegen die Verun— ö der Straßen und Plätze in geschlossenen

rtschaften. ; ;

Das Gesetz sieht entgegen dem jetzigen Zustande einen Einfluß der Behörden auf die ästhetische Ausgestaltung von Neubauten vor. Dadurch soll , ,. werden, daß das Ge⸗ samtbild einer Ortschaft oder in landschaftlich hervorragenden Gegenden das Landschaftsbild verunstaltet wird. Das Gesetz will nach den Kommissionsbeschlüssen den Erlaß eines Ortsstatuts ermöglichen, durch das bei Neu⸗ oder Umbauten die Beein⸗ trächtigung der Eigenart des Ortsbildes vermieden wird. Von einheitlichen, gleichartigen Einzelvorschriften für die ganze Monarchie wird Abstand genommen.

Oberbürgermeister Struckmann-⸗Hildesheim berichtet über die Kommissiongverhandlungen und weist darauf hin, daß die Vor—⸗ schriften des Gesetzes durch die Kommission entgegen der ursprünglichen Vorlage wesentlich verschärft worden selen.

Dr. Graf von Witz leben-Altdöbern: Ich bin über den Entwurf hocherfreut. Insbesondere mögen die Staatsbebzrden von ihrem Prinzip „einfach, aber geschmacklos, häßlich, aber billig“ bei den Staatsbauten abgehen. Dies wird auch erheblichen , Ein⸗ fluß auf die ,, ausüben. Auch mit bescheidenen Mitteln kann etwas Geschmackvolles erzielt werden.

Graf Finck von Finckenstein⸗Schönberg bittet die Eisenbahnverwaltung, bei den Bahnhofsbauten auf dem 66 etwas mehr Geschmack walten ju lassen. Die schönsten Täler würden dadurch verdorben.

Oberbürgermeister Tettenb orn. Altona: Auch ich begrüße die Vorlage mit großer Freude. Die Stadtverwaltungen sind nicht in ausgiebiger Weise in der Lage, in dieser Richtung zu sorgen. Die Stadt Altona hat für schöne gene, und Hausanstriche Prämien aug et jedoch reichen die Mittel keineswegs aus.

raf von Korff genannt Schmising befürchtet, daß durch dieses Gesetz ein zu großer Einfluß auf das Privateigentum ausgeübt werden könne.

Ein Regierungsvertreter weist darauf hin, . die Entscheldung, ob eine , . als hervorragende landschaftliche Schönheit anzusehen sei, bei dem Oberverwaltungsgericht und nicht bei der Ortspolizeibehörde liege.

Graf Bleh o zu Eulenburg macht auf das 1902 erlassene Gesetz 6. Schutze landschaftlich schöner Gegenden aufmerksam. Durch dieses Gesetz werde die Befugnis gegeben, die Aufstellung von Reklame⸗ schildern in solchen Gegenden zu verbieten, ebenso die 9 eines Karikaturbaues. Besorgnisse, daß ein zu großer Cinfluß auf daz Pripgteigentum geltend gemacht werden könne, sind nicht zu be— irh en. .

Oberbürgermeister Spiritus Bonn begrüßt die Vorlage ins⸗ besondere wegen der dadurch beförderten Heimats, und Vaterlandtz= liebe des Volkes. .

Damit schließt die Generaldebatte.

In der Spezialdebatte berichtet Oberbürgermeister Struck⸗ mann des längeren über jeden einzelnen Paragraphen. Das Gesetz wird ohne weitere Debatte angenommen. ö

Es folgt der mündliche Bericht über die Denkschrift über die Ausführung des Gesetzes vom 26. April 1886 k die Beförderung deutscher Ansiedlungen in den

Provinzen Westpreußen und Posen, für das Jahr 1905.

Das Haus nimmt von der Denkschrift Kenntnis.

Es folgt der Bericht der Agrarkommission über den Gesetz⸗ entwurf, betreffend Aenderung und Ergänzung des hannoverschen Gesetzes über die Zusammenlegung der Grundstücke vom 30. Juni 1842.

Die Kommission beantragt die Annahme des Entwurfs unter Streichung des Artikels 2, der Bestimmungen über die künftige haushälterlsche Benutzung der aus der Heranziehung von Moorgrundstücken zu einer Verkoppelung gewährten Ab— , en voraussetzt und alle sonstigen Vorkehrungen bestimmt

ie erforderlich sind, um jeden etwaigen künftigen Mißbrau möglichst zu verhüten. Der Artikel J will das Wort „Torf⸗ moore“ im 5 11 des hannoverschen Gesetzes über die Zu⸗ sammenlegung der Grundstücke streichen.

Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski:

Der Schwerpunkt des Gesetzes liegt im Artikel 1, dessen An⸗ nahme auch der Herr Berichterstatter dem hohen Hause vorge— schlagen hat.

Was den Artikel 2 anlangt, so wäre es nach meiner persönlichen Auffassung für die Moore besser, sie würden einheitlich bewirtschaftet, damit nicht der eine ein tiefes Loch gräbt, während der andere oben noch seinen Torf stehen hat. Ich glaube, daß daraus in der Folge eine Reihe von Schwierigkeiten entstehen könnten. Aber entscheidendes Gewicht lege ich, das erkläre ich offen, auf diesen Artikel 2 nicht, der ja von manchen als ein Eingriff in die Dispositionsbefugnis des Eigentümers angesehen wird. Ich glaube zwar, es wäre besser, man griffe hier etwas in das Eigentum ein, aber will das hohe Haus dem Bedenken gegen eine Einschränkung des Eigentums stattgeben, so

würde ich schon dankbar sein, wenn der Artikel 1, welcher die Mög⸗

lichkeit der Verkoppelung gibt, angenommen wird. Das Gesetz wird ohne weitere Debatte nach dem An⸗ trage der Kommission unter Streichung des Artikels 2 an⸗

enommen. ö Eine Petition des Deutschen Fleischerverbandes um teilweise Auf⸗ hebung des § 11 des Kommunalabgabengesetzes behufs Herab⸗

etzung der Schlachthauggebühren wird debattelos der egierung als Material überwiesen.

Es folgt eine Petition des Nassauischen Städtetags um Auf⸗ hebung der das preußische Schlachthofgesetz beriglich des tierärztlich untersuchten Fleisches 1. Kraft setzenden Bestimmungen des . . betreffend die 66 des Schlachtvleh⸗ und

eischbeschaugesetzes.

Die Kommission beantragt Uebergang zur Tagesordnung.

Minister für Landwirtschaft z. von Podbiels ki:

Ich glaube, es wird nicht allein das hohe Haus, sondern darüber hinaus weite Kreise unseres Vaterlandes interessieren, welche Ent- wicklung die Frage, die auch in der vorliegenden Petition berührt ist, die Frage der Fleischversorgung genommen hat, und wie, ich darf es wohl sagen, die Verhältnisse auf diesem Gebiete sich etwa in der von mir vermuteten und auch auf Grund meiner Berichte von dem Herrn Reichskanzler für das ganze Deutsche Reich vorhergesehenen Weise ausgestaltet haben. ö

Meine Herren, wer acht bis neun Monate zurückdenkt, der weiß, wie von vielen Seiten die Behauptung aufgestellt wurde, daß die preußische und die deutsche Landwirtschaft nicht imstande ses, den für die Ernährung unserer gesamten Bevölkerung erforderlichen Fleisch⸗ bedarf zu decken, und wie gesagt wurde, es handle sich bei der damaligen Fleischteuerung nicht etwa um einen vorübergehenden Zu⸗ stand, sondern um eine endgültige Bankerotterklärung der deutschen Landwirtschaft, die sich unfähig erwiesen habe, den Ansprüchen der Bevölkerung an die Fleischproduktion zu genügen.

Es wurde infolgedessen die Oeffnung der Grenzen für die Einfuhr von Schlachtvieh verlangt. In zahllosen Vorschlägen kehrte dieser Gedanke wieder, und die Herren werden sich noch erinnern, wie nicht nur die Presse sich zur Trägerin dieses Verlangens machte, sondern auch die Vertreter unserer größeren Städte im Interesse der städtischen Bevölkerung, deren wachsende Bedürfnisse die heimische Landwirtschaft nicht zu befriedigen imstande sei, die Abbröckelung unseres veterinären Schutzes gegen das Ausland forderten. Meine Herren, wie sehr hat sich das Blättchen gewandt. (Sehr richtig) Welches Bild entrollt sich nun dem röückschauenden Betrachter? Hätte ich damals dem Drängen nachgegeben, was wäre die Folge gewesen? Aus den mir vorliegenden Berichten der letzten Wochen, die so recht drastisch die Lage darstellen, ergibt sich, daß in den meisten unserer Nachbarländer die Schlachtoiehpreife eine Höhe erlangt haben, die eine Versorgung Deutschlands mit Fleisch vom Auslande her sehr schwierig machen würde. Am drastischsten erweisen dies die Berichte aus Oberschlesien. Wie Sie wissen, meine Herren, war um die Versorgung des oberschlesischen Industriegebiets mit russischen Schlachtschweinen der Streit am frühesten und heftigsten entbrannt. Von allen Selten, namentlich von den Bürgermeistern der oberschlesischen Industriestädte wurde ich bestürmt, das damals 1360 Schweine wöchentlich betragende russische Einfuhrkontingent zu erhöhen, weil die stark gewachsene bergmunnische Bevölkerung vom Inland her mit Fleisch nicht mehr genügend ver— sorgt werden könne. Meine Herren, ich bin damals standhaft ge⸗ blieben, und das handelsbertragsmäßig zugestandene höhere Kontingent von 2500 Schweinen ist voll erst vom 1. März d. J. ab zugelassen worden. Man hätte nun doch erwarten sollen, daß Oberschlesien von der sehnlichst erwünschten Vergünstigung begierig Gebrauch machte. Daz ist aber keineswegs der Fall gewesen. Das Wochenkontingent ist niemals voll eingeführt worden. Insgesamt haben an dem Kontingent bis jetzt etwa 6000 Schweine, d. i. nahezu 200 /0, gefehlt, und wenn man nur die letzten 6 Wochen berücksichtigt, beträgt die Mindereinfuhr sogar 26 0so. Und worin liegt die Ursache dieser Mindereinfuhr? Nach den mir vorltegenden Berichten besteht kein Zweifel daran, daß gegenwärtig die Schweinepreise in Rußland, ing besondere auf dem für Oberschlesien in Betracht kommenden Markt in Sosnowiee, bei Berücksichtigung des Zolles höher sind als bei uns. Denn es kosten die russischen Schwelne loko oberschlesische Schlacht häuser 8 bis 12 6 mehr als die inländischen, die aus den Schweine exportierenden Bezirken auf den oberschlesischen Markt gebracht werden. Nun fragze ich die Herren, die damals die Landwirtschaft so laut und heftig angriffen und ihre Fähigkeit zur Deckung der heimischen Be— dürfnisse bestritten, was wäre gewo den, wenn ich ihrer Auffassung gefolgt wäre und die Grenzen geöffnet hätte? In der gesamten Landwirtschaft wäre über die Preisgabe des notwendigen veterinären Grenzschutzes ein tiefes Mißbehagen entstanden (sehr richtig) und unser deutscher und preußischer Züchter und Mäsler hätte sich dafür bedankt, sein Geld an eine so undankbare und unsichere Sache wie die Schweinezucht und Mast zu wenden. (Sehr richtig) Er hätte sich einfach gesagt: „wenn infolge einer naturgemäß vorübergehenden Futterkalamität einmal der Preis des Viehs steigt, dann soll ich nicht das Recht haben, einen den höheren Produktionskosten entsprechenden Viehprels zu verlangen? Sondern, um diesen Preis zu drücken, fällt man mir in die Arme und dazu noch mit Mitteln, die die Gesundheit des inländischen Viehs gefährden?! ((Sehr richtig) Meine Herren, die gesamte Viehzucht in unserem Vaterlande das spreche ich offen aus wäre ruiniert worden. (Sehr richtig!) Wir wäten auf diese Weise in eine unhellvolle Abhängigkeit vom Auslande gekommen l(sehr richtig); ich habe es an Rußland gezeigt, ich könnte das auch an Oesterreich Ungarn zeigen, also an den beiden Ländern, die für unsere Versorgung mit Schlachtvieh hauptsächlich in Betracht kommen, daß dort das Vieh uns jetzt teurer kommt als das inländische. Wir hätten demnach im Inlande naturgemäß einen viel höheren Preis für das Schlachtvieh und das Fleisch zahlen müssen, als es jetzt der Fall ist, aber nicht zu Gunsten unserer, sondern zu Gunsten der ausländischen Produktion. Meine Herren, gewiß ist es nicht erfreulich, wenn Zeiten einer Teuerung, die ich selbst immer als Kalamität bezeichnet habe, über unser Vaterland hereinbrechen, aber aus den Geschebnissen der letzten Monate, meine Herren, sollten wir doch die Lehre ziehen, daß wir unsere heimische Produktion nicht als die Stütze unserer Fleischversorgung aufgeben dürfen (sehr richtig! und Bravo), daß wir fest und stetig das Ziel verfolgen, im Inlande das zu erzeugen, was notwendig ist, und uns nicht vom Auslande abhängig machen. Denn die Landwittschaft hat das von der Staatsregierung, unbeirrt durch die Angriffe, in sie gesetzte Vertrauen durchaus gerecht fertigt. Sie bat die Schlachtviehproduktion in verhältnismäßig kurzer Zeit so erheblich gesteigert, daß sie nicht nur den inländischen Bedarf gegenwärtig reichlich deckt, sondern daß ein Ueberfluß, namentlich an Schweinen, vorhanden ist, der uns vielleicht demnächst erlauben wird, nach dem Auslande zu exportieren. Das, meine Herren, ist die Folge unseres Festhaltens an stetigen Verhältnissen, die der Landwirtschaft

ebenso not tun, wie der Industrie. Nur dadurch, daß der Her.

Reichskanzler für eine solche Stetigkeit fest eingetreten ist und sich nicht von dem als richtig erkannten Wege hat abdrängen lassen, hat die Landwirtschaft den Mut gewonnen, ihre Schuldigkelt voll und ganz ju tun. (Sehr richtig!) Ich habe nun die Hoffnung und den Wunsch, daß künftige ähnliche Kalamitäten, wenn sie wiederkehren sollten, nicht abermals zu einer Entfremdung zwischen Stadt und Land führen (Bravo h, sondern daß alle, ebenso wie ich, zu der heimischen Lande wirtschaft das Zutrauen behalten, daß sie sich mit Erfolg bemũhen wird, für die Verpflegung der gesamten Bevölkerung des Landes aus= reichend zu sorgen. Diese Bemühungen zu unterstützen, wird stets meine Aufgabe sein, und, wie ich hoffe, wird dies die Billigung aller derjenigen finden, denen eine gedeihliche Entwicklung unseres Vater⸗ lands am Herzen liegt. (Lebhaftes Bravoh

Graf Finck von Finckenstein⸗S . Ich danke dem Minister für sein mannhaftes Auftreten bei der F eischteuerung, durch das er allen Anstuͤrmen auf Oeffnung der Grenzen entgegen getreten ist. Die ganze Bewegung ist zum Segen der Produzenten und Konsumenten ausgeschlagen. Es ist aber zu bedauern, daß eine Staattzaktion aus der ganzen Sache gemacht worden ist. Die Schlachtungen haben zugenommen, und die sanitären Verhältnfffe haben sich gebesser. Wir werden uns nach wie bor bemühen, fo viel wie nl Hic zu produzieren, und würden uns freuen, wenn die Einig⸗

, , Stadt und Land vollständig wieder hergestellt werden würde.

Qberbürgermeister Körte⸗Königsberg: Die wünschenswerte Einigkeit . Stadt und Land ist auch von uns bei jeder Ge⸗ legenheit betont worden. Als Referent des Städtetages kann ich er⸗ klären, daß irgend eine Animositaͤt gegen die Landwirtschaft nicht vor handen gewesen ist. Wir haben niemals bezweifelt, daß ein glück⸗ licher Ausgang auch ohne Grenzöffnung möglich sei., aus den ' fünf Wochen, die der Minister bis zur Besserung der Verhältnisse vor⸗ augsagte, sind aber neun Monate geworden, in denen wir exorbitant hohe Heisl gehabt haben.

Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Podbielski:

Meine Herren! Ich möchte noch einmal das Wort ergreifen, um auf eine auch heute nicht recht zum Ausdruck gekommene Unter⸗ scheidung hinzuweisen, die meiner Ansicht nach von Anfang an ver— wischt worden ist; ich meine die Unterscheidung von Fleisch not und Fleischteuerung. Die Statistik ich habe hier eine vor mir liegen, die sich auf 442 preußische Schlachthäuser und auf die darin vorgenommenen Schlachtungen aus den Jahren vor und nach dem 1. Oktober 1904 bezieht erweist, daß in der Teuerungszeit die Schlachtungen für Rinder, die Schlachtungen für Kälber, die Schlachtungen für Schafe, die ersteren um 8 bis 9, die zweiten um 7 bis 8 und die letzten um 5 bis 60 zugenommen haben und daß nur bei Schweinen eine Abnahme in den Schlachtungen um 24 ooo zu verzeichnen gewesen ist. Dies beweist, daß der Ausdruck Fleischnot verfehlt gewesen ist, und daß es sich eigentlich nur um eine allerdings sehr bedauerliche Fleischteuerung gehandelt hat die wir alle der Herr Reicht kanzler hat das verschiedentlich ausgesprochen als große Kalamität betrachten mußten, die aber keineswegs allein oder überwiegend dem Produzenten zu gute gekommen und jedenfalls nicht ausschließlich durch einen Mangel an Schlachtoieh erklärlich ist. Die Teuerung wurde naturgemäß am stärksten in den Städten empfunden, und dort bin ich, namentlich bei den Hausfrauen der Städte Wochen und Monate hindurch der bestgehaßte Mann in preußischen Landen gewesen. Man hat unausgesetzt auf mich gescholten, eben weil man die Ursachen der Preisbildung nicht richtig erkannte. Wie unrecht man der Landwirtschaft und mir damals gethan hat, ergibt sich sehr deutlich gerade aus dem jetzigen Verhältnisse von Vieh- und Fleischpreisen. Die Fleischer sträuben sich hartnäckig gegen eine dem Rückgange der Viehpreise entsprechende Herabminderung der Fleisch⸗ prelse. Entweder sagen sie, der Preisfall sei vorübergehend, und es lohne sich die Herabsetzung der Fleischpreise nicht, oder sie hätten noch teuer eingekauft und das Publikum könne nicht von ihnen verlangen, daß sie die teuer eingekaufte Ware jetzt schon billig abgeben. Nun frage ich alle die Herren, die mit der Landwirtschaft Fühlung haben, was wäre mit uns geschehen, wenn wir ähnliche Ansprüche erhoben hätten? Wir wüiden gesteinigt worden und unsere Forderungen würden als unerhört bezeichnet worden sein. Uns gegenüber spielen eben politische Momente mit. (3u—⸗ stimmung.) Man will beweisen, daß die ganze Auffassung der Re⸗ gierung und insbesondere des Landwirtschaftsministers über die Gestaltung der Zölle falsch sei und daß, wenn so weiter gewirtschaftet würde, unsere Bevölkerung und namentlich unsere Arbeiterbevölkerung ruiniert würde. Unser aller Wunsch ist es, daß die Lebenshaltung auch des letzten und untersten Arbeiters besser werde als bisber. Aber wenn verlangt wird, daß zwar die Arbeiterlöhne steigen, daß aber die Landwirtschaft zu Preisen produziert, die gegenüber der Steigerung der von den Löhnen beherrschten Produktionskosten unzureichend sind, dann ist das ungerecht. Man muß sich in den Städten darüber klar werden, daß mit der Zeit auch die ländlichen Produkte im Preise anziehen müssen, weil eben die Produktionskosten steigende sind. (Zustimmung.) Das volle Verständnis hierfür fehlt aber noch, ebenso wie es damals fehlte, als die Futternot infolge der Dürre des Jahres 1904 groß war, als die Produktions kosten für Vieh infolgedessen stiegen und als die Preise für Vieh teurer wurden. (Sehr richtig! Gegen die Fleischer aber ist man milder. Meine Herren, die Schweinepreise sind gefallen in Berlin von rund 78 ½ν pro Zentner auf 61 M beim letzten Markt, der wieder etwas angezogen hatte, nachdem der vorige 59 M gebracht hatte. Das ist doch ein Preisfall, der rund 30 ungefähr auemacht, und ich frage, ob jetzt ich habe mich verschiedentlich darÜber zu informieren gesucht, welche Preise gefordert werden im Westen der Stadt überhaupt ein Preisabschlag für Schweinefleisch eingetreten ist? Und doch scheint man die Fleischer lange nicht so anfassen zu wollen, wie seinerzeit die Landwirte oder gar meine Person, der ein besonders reichliches Maß von Freundlichkeit zu Teil geworden ist. Auf einen Vorwurf, den man mir in den Zeiten des Kampfes bis zum Ueberdruß gemacht hat, ist auch heute der Herr Oberbürgermelster von Königsberg zurück⸗ gekommen, auf den Vorwurf, daß ich im August v. J. gesagt hätte, die Teuerung würde in 6 Wochen überwunden sein. Ja, meine Herren, wenn wir nicht Optimisten wären, wie wollten wir Kalamltäten überwinden! (Heiterkeit) Ich hatte die Ueberzeugung, daß wir die Schlacht gewinnen würden. Sollte ich damals nun sagen, die Sache steht schlecht? dann hätte ich den Erfolg gefährdet. In der Sache selbst habe ich doch Recht behalten, und wenn ich mich nun heute, wie auch der Herr Oberbürger⸗ meister anerkannt hat, in der angenehmen Situation befinde, mich auf niedrige Viehpreise berufen zu können, so verschlägt es nichts, daß diese Preisentwickelung, von deren Unaucbleib⸗ lichkeit selbst ich stets überjeugt gewesen bin, später eingetreten

als ich es seinerzeit angenommen und gesagt habe. Der um meiner Gegner ist jedenfalls der größere gewesen und ö böse Landwirtschaft steht heute glänzend gerechtfertigt da; sie den Standpunkt des Städtetages widerlegt, auf dem ein unn, der für die heimische Produktion eintrat, etwas hart mit— ummen wurde; nach den Zeitungsberichten wenigstens hat man ihn zergeschrien und ihm entgegengehalten, er berstünde von der Sache kt. Aber, meine Herren, ich will zugeben, daß es weniger die zischen Vertretungen, als vielmehr ein großer Teil der Presse ge⸗ sen ist, der den Streit unverantwortlich geschürt hat und immer der darauf hinausgekommen ist, daß die deutsche Landwirtschaft sihig sei, die Fleischnahrung ju beschaffen, die die heimische Be⸗ Lrung mit Recht beanspruchen dürfe. Darauf aber hinjuweifen, nir es können, war der Zweck meiner heutigen Ausführungen, und fentlich wird die Landwirtschaft sich stets dieser ihr auch gegenüber Zunahme der Bevölkerung obliegenden Aufgabe gewachsen zeigen. rbürgermeister Fu ß-⸗Kiel: Wenn wir

,. der für . gig des . ee e herfeschrien haben, so geschah dies, weil er ung vorwarf, kein ustundnis für die nationalen Fragen zu haben. Wir waren ver—⸗ het, bei der starken Anspannung der Fleischpreife den Grund sz ibelstandes zu suchen; das kann uns nicht verdacht werden. ir glaubten, diesen Grund in der Landwirtschaft suchen zu müssen, 5 gien ich der Minister möge es mir nicht übel nehmen ch heute noch. Nach einer weiteren Bemerkung des Grafen Finck von . ist die Diskussion he , Das . 36 über Petition zur Tagesordnung über. -

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Schluß 4 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 12 Uhr. (An⸗ g auf Aenderung der Artikel 113 und 26 der . strag Schiffer, Kommunalabgabengesetznovelle, Kleinbahn⸗ klage und Petitionen.)

Haus der Abgeordneten.

I4. Sitzung vom 28. Mai 1906, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau)

Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestri mmer d. Bl. berichtet r , 6 gestrigen

Es folgt die dritte Beratung des 6 . die Unterhaltung der öffentlichen Volks— ulen.

In, der Zusammenstellung der Beschlüsse der zweiten ung haben die einzelnen Paragraphen eine andere Rume—⸗ z . der 5 40 über die Lehrerberufung trägt jetzt

Von Hertretern aller Parteien ist zu 8 40 (früher 2, die Bestimmungen über die jüdischen Schulen ent— t, der Abänderungs antrag Marx gestellt worden, „bei einer Minderheit von mindestens 12 jüdischen dern in christlich⸗konfessionellen Volksschulen, wenn Schulverband von seiner Befugnis, für besonderen schen Religionsunterricht zu sorgen, keinen Ge— uch macht und dieser Unterricht durch von der Synagogen⸗ einde bestellte Lehrkräfte erteilt wird, der 8 67 Rr. 3 des hes vom 23. Juli 1847 sinngemäß Anwendung findet. 1dem bei der zweiten Lesung gefaßten Beschlusse fehlt die beussetzung, daß der Schulverband von der erwähnten Be⸗ ss keinen Gebrauch macht.) Don Mitgliedern der beiden freisinnigen Parteien ist mit setstützung von Nationalliberalen, Freikonservativen und 1 des Zentrums der Antrag Aronsohn zu 8 44 er 28) eingebracht, nach dem an Stelle des Ortsrabbiners hein anderer vom Vorstand der jüdischen Gemeinde be⸗ hneter Rabbiner in die Schuldeputation elntreten kann. In der Generaldiskussion bemerkt bg. Dr. Vo n be ge segn und der Lasa (kons): Wir len uns vor, über die einzelnen Anträge in der pezialdebatte techen. Nur auf einen Antrag, der z. Z. noch nicht in Ihren den ist, der zu dem früheren 5 40 gestellt werden wird, mache ich herkaam. Er enthält die Verständigung, die bon meinen Partei- fen mit den Freikonservativen und den Nationalliberalen über die Abzrufung erztelt ist. Ich hoffe, daß auf dieser Basis die abschieung des Gesetzes mit großer Majorität gesichert ist. iber sind meine Freunde nicht im Zweifel, daß eine vollständige iedigung über dieses Gesetz nicht laß greifen kann. Seit Jahr⸗ ten, sogar seit einem Jahrhundert ist diese ganze 5. streitig hen, und es wird niemand eine einseitige Lösung der Meinungen setzen können. Deshalb muß eine Verständigung gesucht n die zwar nicht alle befriedigt, aber 6 dadurch, daß sie Verständigung ist, großen Wert besitzt. Dieses Gesetz nicht mit gewöhnlichem Maßstabe gemessen werden, weil es Fortschritt in der Entwicklung unserer Schule bedeutet. weifle nicht, daß auch die Regierung mit dem ein⸗ nden sein wird, was wir geschaffen haben. Zwar wenn den Entwurf ansieht, wie er borgelegt war Und wie er st. kann ingn von der Regierung nicht verlangen, daß sie gutheißen soll; denn es wird die Allmacht der obersten Staats⸗ 6 auf verschiedenen Gebieten beschränkt. Diese Allmacht war Engs nicht eine normale und beruhte darauf, daß es ganz un ih beinahe geworden war, durch das Wirrnig von Verord⸗ n und Gesetzen auf diesem Gebiete, auf denen jahrhunderte⸗ s Staub liegt, durchjukommen. Selbst der Minister wird wohl ganz unzufrieden sein, daß damit aufgeräumt wird, er wird Weniger ist mir lleber, wenn es nur klar ,, ist. Im werden wir ja nicht allseitig großen Dank mit dem Gese , Von meinen Freunden ift sest Jahrzehnten immer der Wuns geworden, man möge endlich mit den k aufräumen, o viel Anlaß zu Ungerechtigkeiten gegeben haben. Aber ich glaube daß man fare r, mit diesem Gesetz einperstanden wird, wenn man auch nicht mit allem zufrieden sein kann. Haben einen verständigen Maßstab gefunden, nach dem die Lasten

werden können. Ich bin nicht in der Lage, und es auch nicht leicht sein, einen Vorschlag zu machen, der besser als was wir in der Kommifsion geschaffen haben. das mit erheblichen Laften verinüpft ist, die getragen werden , kann man nicht ändern. Wenn man das Prinzip will, müssen gebracht werden. Die Gemeinden werden damit einveistanden wir es fo gemacht haben, wie es einigermaßen zu ertragen Meine Freunde begrüßen es besonders, daß das Kommunal- h die Selbständi 19 der Gemeinden doch in sehr hohem Maße uf sehr vielen gi el jur Wirklichkeit gebracht ist, ja die ß der Gemeinden dag kann ein fachberständiger Püann nicht n= haben in diesem Gesetz eine , , erfahren, die sie nicht hatten. Auf die konfessionellen Bestimmungen versage n näher einzugehen. Wir erkennen an, daß der Entwurf zestlegung er konfefstonellen Schule in gewisser . ö nnn hat er Wert, aber es sind doch auch Be⸗ ungen darin, die nicht unbedenklich sind; doch sind wir ein Iden mit den konfessionellen , in dieser Be⸗ ng, um dem Gesetz im ganzen zustimmen zu können. lich werden bie Herren im Lande nicht übersehen dürfen, daß

der Staat erhebliche , übernommen hat. Eg sind jetzt dauernde Leistungen anstatt der bisherigen jährlichen Zuschüsse. Wir werden auch in Zukunft dabei mitwirken, daß eine sächgemäße Ver- teilung der Mittel stattfindet. Vem Standpunkt meiner Freunde sst das . zwar kein vorzügliches, aber ein erträgliches. Wir werden unseren Standpunkt niemals gufgeben, aber wir müssen Jetzt den Blick vorwärts richten. Das Gefetz macht einen Fortschritt, der der Entwicklung der Verhältnisse eine Grundlage hietet. Wir fassen als Konservative die Sache so auf, daß man die Dinge, die sich weiter entwickeln wollen, auch unterstützt. Noch ein kurzes Wort, um hervorzuheben, daß es der eminenten Sachkenntnis des Ministerlaldirektors Schwartzkopff zu danken ist, daß das Werk u, kommt. Wir würden diese un— glaublich schwicrige Materie nicht fe n t hahen, wenn dieser Mann nicht mit dieser Treue und Sachkenntnis mitgearbeitet hätte. Ich hoffe, daß von der Regterung auf der Grundlage diefe Gesetzes weitergearbeitet wird, und daß es 6 zum Segen gestaltet.

Inzwischen ist der von den j Dr. von Heydebrand und der Lasa Dr. Friedberg und Freiherr von Zedlitz und NReurtrch unterzeichnete? Abänderungs an frag zu § 58 (10), betreffend die Leh reranstellung, eingegangen. Der Antrag beläßt es bezüglich der Lehrerberüfung bei den Bestimmungen des Kommisstongbeschlusses. Für die Rektoren⸗ berufung bestimmt er wörtlich dasselbe wie der Antrag der Rational— liberalen in zweiter Lesung, dessen wesentlichste Bestimmun ist, daß die Rektorenernennung durch die Schulaufsichtsbehörde nach nhörung der Gemeindeschulorgane erfolgt, es jedo bei den bisherigen weiter gehenden Rechten der Gemeinden, die Trägerinnen der Schullast siad, auf Mitwirkung bei der , belassen wird; jedoch nimmt der neue Antrag den Zusatz auf, daß bei der Beurteilung der zu Rektoren— stellen . PVersoöͤnlichkeiten eine n. Berücksichtigung auch der im Schuldienst außerhalb des Schulverbandes angestessten und bewährten Lehrpersonen, insbesondere von Hauptlehrern und Präparandenlehrern, erfolgt . Sodann bestimmt der neue Antrag, daß der ganze 5 58 nur bis zum Erlaß eines allgemeinen Gesetzes über die Lehreranstellung Anwendung finden soll.

Abg. Dr. Frledberg (nl): Ich möchte in diesen Moment wo wir vor der Verabschledung des Gesetzes stehen, noch einmal auf die Opfer hinweisen, die wir unseren Idealen bringen, wenn wir der Vorlage zustimmen. Gewiß kann man mit einer gewissen Genug⸗ tuung auf die vollendete Bahn zurückblicken, und ich bin mit dem Vorredner darin einperstanden, daß das Gesetz einen wesentlichen Fort- schritt für die Entwicklung unseres Schulwesens bedeutet. Ein Vorzug liegt zunächst darin, daß die Verteilung der Schullasten endlich ein? Regelung gefunden hat, und daß es in Uebereinstimmung mlt der Staatsregierung und inzbesondere auch mit dem Fingnzm'nister ge⸗ lungen ist, zu erreichen, daß den weniger leistungsfahigen Schulverbänden reichere Staatszuschüsse zuteil e,, Der . den Herr von Heydebrand und der Lasa hervorgehoben hat, daß es mit der Allmacht des Staats ö. dem Schulgebiete nun zu Ende ist, wird auch von uns gewürdigt. iesem Gesichtspunkte ist durch die Bestimmungen über das Verwaltungsstreitverfahren Rechnung getragen. Ein wesentlicher , , gegen den jetzigen Zustand ist, daß die Gemeinderechte eine

rweiterung erfahren. Es ist den Gemeinden allgemein das Lehrer⸗ , . gegeben. Diese Erweiterung der Rechte der Ge⸗ meinden ist in Uebereinstimmung mlt der Staatsregierung vollzogen worden ohne jede FKompensationen, wie sie ursprünglich bon der Staatsregierung gefordert waren. Gerade diefe Kompensationen machten es uns bis zum letzten Moment . schwer, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Wenn diese Kompensationen auch vom ressortmäßigen Standpunkt der Staatsregierung aus begreiflich waren, so war es doch von unserem Standpunkte aus ganz unmöglich, in eine Minderung der Rechte der Gemeinden zu willigen, i. sie schon be⸗ saßen. Was nun den von uns eingebrachten Antrag betrifft, so verweise ich auf die Rede, die ich bereits am an Sonnabend gehalten habe. Ich habe ausgeführt, daß selbstverständlich bei dieser ganzen Gesetz⸗ gebung § 40 nur als ein propisorischer betrachtet werden könne. Wir . deshalb in unserem Antrage ausdrücklich bemerkt, daß bis zum Erlaß eines allgemeinen Gesetzes über die Lehreranstellung die folgenden. Vorschriften Anwendung finden sollen: 5 585 usw. Meinen politischen Freunden ist es niemals zweifelhaft , daß die Staatsregierung heute bereits das Recht besitzt, über die Qualifikationen der Rektoren, Hauptlehrer usw. auf dem Ver—⸗ ordnungswege Bestimmungen zu treffen. Wenn nun noch ein be— sonderer Hinweis im Gefetz gegeben werden soll, daß auch die Landlehrer usw. berücksichtigt werden sollen, so halten wir diesen Hula eigentlich für Überflüssig, da er in der generellen Regelung reits berücksichtigt ist; da er aber von kon— seivativer Seite für notwendig erachtet wocden ist, so haben wir nichts dagegen einzuwenden. ch möchte schließlich zum Lobe des Gesetzes sagen, daß man tatsächlich von vornherein bemüht gewesen ist, es auf eine etwas breitere Basis zu stellen und es nicht lediglich zu einem Parteigesetz zu machen. Das wird denn auch seine Früchte tragen, und ich glaube, daß dies in weiten Kreisen der Bebölkerung mit großer Befriedigung aufgenommen werden kann. Der Vorredner hat der Staatsreglerung seinen Dank ausgesprochen für das Entgegenkommen, das sie gegenüber den Wünschen des Hauses gezeigt hat. Er hat snebesondere des Ministerial⸗ direktors Schwartzkopff gedacht, und ich stimme darin bei, daß ohne die treue Hingabe dieses Herrn das Gesetzgebungswerk kaum zustande gekommen wäre. Ich möchte aber den Bank erweltern und ausdehnen auf das gesamte Ministerium, auf den Ef lin uss nt sfr und nicht in letzter Linie auf diejenige leitende Persönlichkeit, die mit von vorn— herein das Prinzip vertreten hat, daß eine solche Gesetzgebung nur unter Dach und Fach gebracht werden kann, wenn sie sich stützt auf eine möglichst breite Basis. Dafür gebührt dieser leitenden Persön⸗ 16 unser Dank und, wie ich hinzufügen darf, auch der Dank des andes.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons.): Ich darf meine Genugtuung aussprechen, daß jwischen der zweiten und dritten Lesung dleses Kompromiß zu stande gekommen ist. Wenn wir der Staatsregierung unseren Dank aussprechen für ihre er—⸗ folgreiche Mitwirkung an dem Zustandekommen dieses Gesetzes, P darf, glaube ich, auch nicht vergessen werden die patriotische

flichttreue der konservativen und der ngtionalliberalen Partei, die beide ihren einseitigen Parteistandpunkt zurückgestellt haben und sich zu gemeinsamem Wirken zusammengefunden haben. Dieser große Gesichtspunkt der Einigung im Dienste des Vaterlandes wird nicht nur für diese Vorlage, sondern auch allgemein für die rer eine Früchte tragen. Auf Einzelheiten einzugehen, verzichte ich, und ch spreche nur noch die Hoffnung aus, . diese Regelung des Schul⸗ wesens die Zustimmung der großen Mehrheit des Hauses finden und dem gesamten Vaterlande zum Segen gereichen möge. bg. Dr. Porsch (Zentr.): Nach den Erfahrungen, welche wir bei der zweiten Lesung gemacht haben, verzichten wir e, ei der dritten Lesung irgend welche Anträge zu stellen. Wir wollen die Arbeiten des Hauses nicht aufhalten. Meine Partei hat mich beauftragt, die nachstehende Erklärung, über welche wir uns geeinigt haben, zu ver⸗ lesen: Unsere Stellung zu den einzelnen Bestimmungen det vor⸗ liegenden Entwurfes haben wir sowohl in den Verhandlungen der Kommission wie auch bei der zwelten Lesung im Plenum deutlich genug kundgegeben, wir haben eine Reihe von Anträgen ein an ü, um die Vorlage unseren Auffassungen gün⸗ i

tiger zu gestalten. Einige dieser Anträge sind angenommen, die

meisten und gerade die für uns wertvollsten abgelehnt worden. Wir mußten deshalb gegen mehrere Paragraphen oder Teile derselben stimmen. Unsere Bedenken richten ssch zunächst gegen die Ausschließung mehrerer Provinzen von diesem Gefetz. Es ist nicht einzusehen, warum die Simultanschule in fn, weil sie i dort historisch entwickelt hat, in ihrer privilegierten Stellung erhalten bleiben soll, während die Konfessionsschule in Hannover, wo sie eben⸗ falls auf Gesetz und Geschichte beruht, aus Ihrer . tellung verdrängt werden soll. Es ist uns unerfindlich, wie die Simultan⸗ schule in Westpreußen und Posen jum Schütz des Deutschtums notwendig sein soll und deshalb gefördert werden muß. nsere

schwersten Bedenken richten sich gegen 8 20 (jetzt 8 363. Wir legen den Art. 24 der Verfassung dahin aus, daß die Konfessionsschule die Regel, die Simultanschule nur eine durch zwingende Gründe geforderte Ausnahme sein soll. Ob nun dieses Verhältnis von Regel und Aus⸗ nahme in dem Entwurf überall ausreichend zum Ausdruck gebracht ist, das erscheint uns mindestens zweifelhaft. Wir haben gegen die Hunz des 5 290 in verschiedenen Absätzen die schwersten Bedenken.

ie Interessen der konfessionellen Minderheiten erscheinen uns nicht genügend berücksichtigt, indem in den 5 20 bis 23 (jetzt 36 bis 35 eine zu große Zabl von Kindern von den Antragstellern ker Errichtun von besonderen Schulen für die konfessionellen He er her geforder wird. Wir können nur lebhaft bedauern, daß die bisherigen konfefflonellen Schulsgzietäten vor ihrer Auflösung nicht die Einrichtung einer Schul= kommission beanspruchen dürfen, wie die Regierungsborlage vorfah. Wenn wir diese uns nicht befriedigenden Punkte hervorheben, so wollen wir dadurch keinesfalls die Vorzüge der Vorlage gegenüber der bis- herigen Rechtslage verkennen und herabsetzen. Insbesondere legen wir großen Wert darauf, daß die Konfessionsschule ee n. als Regel gesetzlich festgelegt wird, und daß die so fehr schwierige Frage der Schulunterhastunglast gesetzlich in befriedigender Weise geregelt wird. Wir haben diese und andere Vorzüge des . dadurch anerkannt, daß wir für die meisten der Paragraphen stimmen konnten, aber trotzzem und zwar wegen der hervorgehobenen, in unseren Augen 8 en Mängel glauben wir an der endgültigen Verabschiedung der

orlage nicht positiv mitwirken zu dürfen. Wir werden uns der Schlu , . indem wir gleichzeitig die Hoffnung aus⸗ sprechen, daß die Verhandlungen des Herrenhauses die Vorlage nn den von uns bemängelten Punkten annehmbar gestalten werden.

Abg. Cas 53 (fr. Volksp.): Wir haben bei der Einbringung des Gesetzes bereits festgestellt, daß es für uns unannehmbar sei. Wir haben eg aber keineßwegs bei der bloßen Negation bewenden lassen; wir haben vielmehr redlich mitarbeiten wollen und diese unsere Absicht durch zahlreiche Anträge zum Ausdruck gebracht. . Wähler haben Anspruch darauf, . unserer Ueberzeugung hier in diesem Hause Ausdruck geben. ir können uns mit dem Gesetze nicht so kurz abfinden, wie diejenigen, die ihm jetzt mit einer ge⸗ wissen Freudigkeit zustimmen; unsere Wähler werden daraus er—⸗ kennen, daß wir big zum letzten Augenblick unsere Schuldig⸗ keit getan haben. Auch wir wollen nicht unnütz unsere Anträge wiederholen, sie nicht unnütz zum Gegenstand wiederholter Ab- lehnung machen. Aber wir können uns nicht versagen, den Gesamt⸗ ausdruck unserer gesetzgeberlschen Aktion hier nochmals zusammen⸗= zufassen. Wir waren mit allen Parteien übereinstimmend der Meinung, daß die Regelung der Schullast im Gesetze fordert, daß die leistungsschwächeren. Schulverbände von Staats wegen genügend ö werden. Wir haben auch genügend Gemeinsinn, um auch die Erhöhung der Lasten, welche auf die Städte fallen, zu tragen. Allerdings hätten wir auch hier gegen Einzelheiten erhebliche Be⸗ denken; wir hätten vor allem gewünscht, daß in allen diefen Fragen den Gemeinden der 3 des Verwaltungsstreitverfahrens. geöffnet werden würde. Hinsichtlich derjenigen Staatszuschüsse, die ohne Inbetrachtnahme der Leistun uh r, erfolgen, halten wir den Maßstab der Schulstellenzahl für so schablonenhaft, daß wir diese. Regelung unserseits nicht akieptieren können. Daß bei der Bildung von Gesamtschulverbaͤnden auch die Zahl der Kinder mit zum . der Lastenverteilung gemacht werden soll, scheint uns das Hauptiiel des Volksschulwesens, daß jeder mann im Lande der Volksschulbildung teilhaftig werden soll, zu gefährden, indem hier ohne jeden sachlichen Grund eine solche Bestimmung getroffen wird, die geeignet ist, persönliche Interessen mit zur Entscheidung aufzurufen. Das Schlimmste an der Vorlage ist für uns die Regelung der konfessionellen Verhältnisse. Die Vorlage degradiert die Simultanschule zu einer Ausnahme⸗ einrichtung. Dazu können wir unsere iti gm nnn nun und

nimmermehr geben. Bis in die 70er Jahre hinein war unsere— Auffafsung in diesem Hause die herrschende, und bis in die— 80er Jahre hinein war sie auch die Auffassung der gesamten national⸗— 1876 hat der nationalliberale Bericht⸗ itten die Auffassung seiner Partei dahin festgestellt, daß das allgemeine Landrecht nur die Simultanschule kenne, und daß

liberalen Partei. Noch erstatter

die konfessionelle Schule nur als Ausnahme zu gelten habe. Diese Rechtsauffassung hat erfreulicherweise die Kölnische Zeitung bis. zum heutigen Tage in aller Schärfe vertreten. Der Unterrichts. minister ist nun der Auffassung wiederholt entgegengetreten, daß auch das Oberverwaltungsgericht dieselbe Ansicht vertreten hat. Ich bleibe dabei, daß die betreffende Oberverwaltungsgerichts⸗ entscheidung ifi in Preußen ist sowohl die Simultan. schule als auch die konfessionelle Schule gesetzlich statthaft. Nur als tatsächliche Ausnahme hat die Entscheidung die Simultanschule, nur als tatsächliche Regel die Konfessionsschule an=

esehen. as ist aber ein großer Unterschied. Als rechtliche

usnahme wird die Simultanschule erst durch dieses Gesetz hinge⸗ stellt, erst dieses Gesetz drückt darauf das Siegel. Die Kinder eines Volkes werden in der gemeinsamen Liebe zum Vaterlande,

zu gegenseitiger Duldung und Toleranz in einer gemeinsamen

Schule von Jugend auf am besten erzogen. Bieses Ziel wird durch dieses Gesetz erschwert. Und das wollen wir nöcht, das Geseß läßt der Simultanschule kaum Raum zu einer auch= nur mäßigen Ausbreitung. Eine Partei, der Gneist und so viele andere ausgezeichnete Vorkämpfer der Simultanschule angehört haben, eine Partei wie die nationalliberale trägt jetzt dazu bei, dieser Simultanschule durch dieses Gesetz eine solche untergeordnete, eine solche Ausnahmestellung anzuweisen! Herr Schiffer hat ja versucht, diesen Vorwurf zu entkräften; aber seine Ausführungen kann ich nur als grundirrtümlich bezeichnen. Der Kultusminister von Puttkamer hat 1879 im Abgeordnetenhause tatsächlich erklärt, er habe in die Rechts= sphäre der Simultanschule einzugreifen nicht das Recht. Wenn nun gar Herr Schiffer meinte, der Simultanschule sei gar keine Aus nahmestellung in diesem Gesetz angewiesen, so ist das ganz haltlos; rednerische Ge—⸗ schicklichkeit kann doch den Wortlaut des Gesetzes nicht hinwegdeuten. Zum Ueberfluß beweisen ja, daß meine Ausführungen das Richtige treffen, die eben gehörten Darlegungen der Herren von Heydebrand und der Lasa und Dr. Porsch. Neue Simultanschulen können hinfort nur noch aus be—⸗ sonderen Gründen errichtet werden; diese besenderen Gründe sind im y nicht spezifiziert. Es sind zwar Rechtsmittel gegeben gegen die Verweigerung der Genehmigung, aber der Schutz durch das Oberverwaltungsgericht ist auch kein besonders wirksamer, weil dieses nur sehr a Spielraum behält. Unbegreiflich ist mir, warum die. Nationalllberalen nicht wenigstens in diesem Punkte sür unsere Anträge i. aben, wonach diese Grundsaͤtze für die Zulassung der Simultanschulen in das Gesetz hineingeschrieben werden nn Falk war der Meinung, daß das Interesse des Staats und der Gemeinde gebot, in größerem Umfange Simultan schulen zu errichten; darum sind unter seiner Ministerschaft 477 solcher Schulen errichtet worden. Wenn neulich Herr Kollege Friedberg fragte, warum nicht Herr Studt den Falkschen Gesetzentwurf veröffent⸗ licht habe, so wird Herr Studt diese Bitte wohl nicht erfüllen, denn wäre richtig, was er voraussetzte, daß der Falksche Entwurf sich von dem heutigen nicht so weit un erschiede, o hätte man ihn längst ver⸗ öͤffentlicht, um uns ad absurdum zu führen. Daher bedauern wir, daß die nationalliberale Partei diese Haltung eingenommen hat; es ist beklagenswert, daß eine große liberale Partei in einer f en Kulturfrage sich von liberalen Ideen so loslösen konnte. uch ohne Regelung der konfessionellen Verhältnisse hätte sich das Gesetz zustande bringen lassen, und ohne die Nationalliberalen wäre es auch in dleser . gerade wie 1892 nicht . gekommen. Wenn fertlich diese Partei jetzt solche Stellung einnimmt, so haben wirklich andere Parteien, die sich gar nicht zu den Liberalen rechnen, keine , n sich mehr 6. für die Simultanschule ins Zeug j legen, und darum ist die Verantwortung, welche gerade die ationalliberalen für diese Wendung trifft, eine um o schwerwiegendere. Auch wenn Sie noch so viele Konzessionen machten, durften Sie gegenüber den liberalen Traditionen es nicht zulassen, daß die Cle wech gie ; als ein Ausnahmeinstitut behandelt werde. Von wirklichen Verbesserungen der Vorlage in diesem Punkte ist auch