1906 / 126 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 30 May 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Herren, Sie widersprechen. Ich bin in der Lage, mich auf das Zeugnis des Fürsten Bismarck zu berufen, und zwar in einer sehr inter⸗ essanten Erklärung, in der die beiden Seiten der Angelegenheit, die uns bier beschäftigt, zusammengefaßt sind. Ich möchte mir erlauben, die Worte vorzutragen. Fürst Bismaick sagte am 15. Januar 1872 bier im preußischen Abgeordnetenbause: „Ich bin weit entfernt, der Theorie anzubängen, die jede Entwicklung des Bundesrats und unseres Reichsrechts untergraben würde, daß in irgendeinem Falle die Ab⸗ stimmung eines Mitgliedes des Bundesrats, um juristische Gültigkeit für die Reichsgesetznebung zu baben, der Zustimmung eines Partikular⸗ landtags bedürfen könnte. (Zurufe rechts) Ja, meine Herren, das ist ja etwas anderes als das, was Sie sagen; aber ich polemisiere gegenwärtig gegen die Auffassung des Professors Laband, die der Abg. don Herdebrand zu der seinigen machte. Herr von Heydebrand hat die Ausführungen des Professors Laband vorgelesen, wonach dieser Staatsrechtslehrer in der Reicht verfassung kein Hindernis sieht, daß die Instruktion der Bundesratsbevollmãchtigten abhãngig gemacht werden könnte von einer Mitwirkung des Landtags. Ich babe Ibnen hier als Gegenzeugnis eine Aeußerung des Fürsten Bismarck vorgetragen, und auch ich schließe mich ihr nach der Auffassung, die ich von der Reiche verfassung babe, an.

Sie werden mir nachher den Vorwurf machen, ich hätte mich Fformalistisch an den Wortlaut des Antrages angeklammert (sehr richtig! rechte); gewiß, das ist meine Absicht, weil ich ed für meine Pflicht halte. Es ist meine Pflicht, einer staatsrechtlich so wichtigen Frage auf den Grund zu geben. Den Einigungepunkten, die ich mit Ihnen, Herr von Hevdebrand, babe, werde ich nachher schen Ausdruck geben. Aber ich kann bieraus nur den Schluß fieben, daß der Antrag, so wie er gefaßt ist, einmal in bezug auf die agrundsätzliche Vermeidung von Verfassungsänderungen, zweitens in bezug darauf, daß solche Ver⸗ faffungdänderungen nur im Eindernehmen mit den Einzellandtagen vorgenommen werden können, für die Königliche Staatsregierung un⸗ annebmbar ist.

Ich komme nun ju dem dritten Punkt. Auch da muß ich mich an den Wortlaut alten um die Bedeutung klar zu stellen, meine Herren. Sie fordern die Königliche Staatsregierung auf, im Bundesrate dahin zu wirken, daß Eingriffe in die Verfassung der Einzelstaaten unterbleiben und, wenn sie vorgenommen werden, nur im Cinvernehmen mit den Einzellandtagen vorgenommen werden. Also die Königlich preußische Staatgreglerung soll im Bundesrate wirken nicht nur bezüglich der preußischen Verfassungs= ünteressen, sondern sie soll' auch darauf hinwirken, daß die gleichen Grundsätze befolgt werden gegenüber Bayern, gegenüber Sachsen usw. Meine Herren, Sie weisen damit der Königlichen Staatsregierung eine Aufgabe zu, die über ihre Kom petenz hinausgeht. Daß Sie es in dem Sinne nicht wollen, ist mir ganz klar. Aber wenn eln solcher Antrag vorliegt, so muß ich mich an seinen Wortlaut halten. Das kann nichts helfen.

Nun hat zum Schluß der Herr Abg. von Deydebrand gesagt, man könne wohl die Frage aufwerfen, wenn man den Antrag in dem Sinne nehme, wie er von ihm dargelegt worden ist, inwieweit ein solcher Antrag überhaupt not- wendig wäre. Diese Frage möchte ich allerdings auch wieder⸗ holen. Wenn Sie die Folgerung, die ich aus dem Wortlaut habe ziehen müssen, nicht wollen und Sie wollen sie nicht, ich weiß es —, dann dürfen Sie auch nicht den Antrag stellen; dann müssen Sie ihn meiner Meinung nach so fassen, daß er den Sinn dessen, was Sie tatsächlich wollen, auch richtig wiedergibt. Dann würde die ganze Diskussion über den Antrag eine sehr diel ver⸗ einfachtere sein, und Sie würden mich wirklich nicht zu meinem Vergnügen nicht gezwungen haben, gewissermaßen gegen Windmühlen zu fechten.

Tatsächlich haben Sie schon das, was Sie wollen. Fütst Bigmarck hat wiederholt in den verschiedensten „Fassungen erklärt, daß an der verfassungsmäßigen Verantwortlichkeit, welche in den einzelnen Bundesstaaten besteht, durch den Erlaß der Reichsverfassung nichts geändert ist, und daß jede Einzelregierung ihrem Landtage verantwortlich sei für die Vota, die sie im Bundesrat abgebe. Meine Herren, die Königliche Staatsregierung ist jederzeit berelt, Ibnen über die Grundlagen ihrer Haltung zur Reichs politił Rede und Antwort zu stehen. Ja, sie ist auch weiter bereit und sie tut es auch diejenige Fühlung mit Ihnen, mit dem Landtage, zu nehmen, welche Sie wünschen, und welche Sie für; erforderlich balten. Darin bin ich vollkommen mit dem Begründer des Antrages einberstanden, und ich habe nur betonen müssen, daß die Um⸗ wandlung dieser Verantwortlichkeit in die Form, wie sie der Wortlaut des Antrages will, mir nicht akieptabel erscheint.

Ich darf den Worten des Fürsten Bismarck, die ich vorhin zitiert habe, und in denen er es ablebnt, daß die Instruktion der Bundegratsbevollmächligten jemals in irgendeinem Fall an die Zustimmung der Cinzellandtage geknüpft werden könnte, noch das hinzusetzen, was unmittelbar darauf folgt. Die Verbindung, in der

Fürst Bismarck die beiden Grundsätze einander gegenũbergestellt hat, ist sehr interessant. Er fährt also fort: „Aber das ist außer Zweifel, daß jede Reglerung sebr wohl daran tut, sich in der Lage ju halten, daß sie ihrer eigenen Landesvertretung mit Erfolg Rechenschaft ab⸗ geben kann über die Politik, die sie am Reiche befolgt. Auch Fist Bismarck hat also diesen Unterschied in einem Satz gemacht. Er bat gesagt: die Mitwirkung der Landtage ist unmöglich, aber die einzel staatlichen Regierungen haben sich so zu halten, daß ksie vor ibren Landtagen besteben können. (Widerspruch rechts und Zuruf rechte: Das ist selbstverständlich) Ja, meine Herren, es ist selbstverständ⸗ lich. Wenn Sie nur das Selbstveiständliche wollen, warum stellen Sie denn einen Antrag, der das ausdrückt, was Sie nicht wollen? Das ist die Frage, die ich an Sie richte. Sie wollen das hat der Serr Abg. von Heydebrand gesagt, durch Ibren Antrag der Staatsreglerung dat Gewifsen schärfen so darf ich es auffafssen (br richtig! recht5 daß sie diese Fühlung, die sie nach den Worten, die ich mitgeteilt habe, mit dem Landtage nehmen soll, in schärferer Weise nimmt, als sie es bit her tut. (Sehr richtig! rechts.) Das ist der Sinn dessen, was Sie wollen. Ja, meine Herren, es werden zwischen den einzelnen Landtagen und den Cinzelreglerungen immer verschie denartige Auf⸗ fassungen darüber bestehen, was dem Reiche und den Einzelstaaten from]mmt. Diese verschiedenartigen Auffaffungen baben bereits in der Vergangenheit beftanden. Die Verhandlungen det Jahres 1869, also zu einer Zeit, wo der damalige Eraf Bismarck Reichskanzler war,

drüben im Herrenhause sind ein Zeichen für die verschiedenartigen

Auffassungen in der Vergangenheit. In der Zukunft wird das auch nicht ausbleiben. Aber ich glaube, es ist eine Verkennung, wenn Sie annehmen, daß eine einzelstaatliche Regierung sich jemals in ihrer Haltung im Bundesrat vollkommen loslösen könnte, auch wenn sie es wollte aber sie will es nicht von den Kräften, die im Staats⸗ leben wirksam sind. Ich bitte um die Erlaubnis, auch in dieser Be— ziehung einige Worte des Fürsten Bismarck mitzuteilen, weil sie so charakteristisch und scharf gefaßt sind, daß der Gedanke in keiner anderen Form wiedergegeben werden kann. Am 19. April 1871 hat der Fürst im Deutschen Reichstage folgendes gesagt er schließt an einen Vergleich der früheren bundestäglichen Einrichtung mit den Einrichtungen des Reichs an „So leicht wiegen die Stimmen im Bundeßrat nicht; da stimmt nicht der Freiherrr von Friesen, sondern das Königreich Sachsen stimmt durch ihn; nach seiner Instruktion gibt er ein Votum ab, was sorgfältig destilliert ist aus all den Kräften, die zum öffentlichen Leben in Sachsen mitwirken; in dem Votum ist die Diagonale aller der Kräfte enthalten, die in Sachsen tätig sind, um das Staate wesen zu bilden; es ist das Votum der sächsischen Krone, modifiziert durch die Einflüsse der sächsischen Landes⸗ vertretung, vor welcher das sächsische Ministerium für die Vota, welche es im Bundesrat abgeben läßt, verantwortlich ist. (Zurufe rechts) Ja, ich glaube, damit ist doch der Auffassung des Fürsten Bismarck ein klarer Ausdruck gegeben, daß er hat doch nicht speziell auf sächsische Verhältnisse exemplifizieren wollen, sondern das allgemein ge⸗ faßt die Haltung der einzelstaatlichen Regierungen im Bundesrat sich bestimmt nach der Gesamtheit der Kräfte, welche im Einzelstaate wirksam sind. So soll es sein, und so muß es sein, und ich bitte Sie, überzeugt zu sein, daß die Königliche Staatsregierung von diesen Grundsatzen, wie sie uns Fürst Bismarck vorgezeichnet hat, entschlossen ist auszugehen und welter danach zu verfahren.

Wir fühlen, wenn ich das wiederholen darf, unsere Verantwortung namentlich dann, wenn etz sich darum handelt, in unsere preußische Verfassung einzugreifen, außerordentlich scharf, aber die preußischen Staatsminister können sich in dieser Gesamthaltung nicht von ihren Beziehungen und Verbindungen zum Reiche loslösen. (Zurufe recht.) Sie können nichts anderes tun auch das sind Worte des Fürsten Bismarck —, als nicht bloß kurbrandenburgische oder Königlich preußische, sondern auch Kaiserlich deutsche Reichs politik zu treiben. (Sehr richtig) Und dabei soll es nach dem Willen der Königlichen Staattregierung auch fernerhin bleiben. (Bravo)

Abg. Dr. Re wol dt (frkons. : Der Herr Minister meinte dieser Antrag haͤtte den Sinn gehabt, der Regierung das Gewissen zu caͤrsen Im übrigen hat der Herr Minister die Tendenzen der Antragsteller nicht J erkannt, wie diese sie beabsichtigten. Im An trag ist lediglich die dem Landtag zustebende ö. enthalten, daß der tkonfeivative Charakter, der die Grenzen der Rechte des Reiches und der Cinzelstaaten bestimmt, erhalten bleibt. Die Interessen Preußens sollen gewahrt werden, die aber im Deutschen Reiche weiter gehen als die Grenzen Preußens. Der Minister bat den Sinn des Antrages darin verkannt, daß ctwa im Bundesrat Einwirkungen urch . er- folgen sollen. Die vom Minister zitierten Aeußerungen ? tomarcks treffen die Sache gar nicht, wohl aber hat Bismarck wiederholt betont, daß die Ginzellandtage darüber ju wachen haben, daß keine Bestrebungen im' Reichstage zur Geltung kommen dürfen, die in die Rechte der Einzelftaaten eingreifen wollen. Der Minister bat selbst hervorgehoben, daß die Frage eine sehr ernste ist und hier besyrechen werden muß. Wir können den Reichstag nicht zwingen, zu entscheiden, was zu seiner Kompetenz gehört eder nicht, aber wir können ent⸗ scheiden, ob ein . des Reichstags in die 1 ber Einzelstaaten eingreift. Reichsrecht geht allerdings vor Landes. recht, aber nur innerhalb des Rahmens den Reichs verfassung. Verfassungegesetze haben besonderen Charakter. Art. 1 der Reichs verfassung sagt, daß das ech aus den Bundesstaaten besteht. Der Pünister hat anerkannt, daß Zwelfel über die Grenzen der Reichs. fompetenz berechtigt sind. Man kann doch nicht von Reichz ——— sich über die Verfassung der Bundesstgaten hinwegsetzen! Preußen bestebt nur vermöge seiner Verfassung. Wobin die nicht abzuleugnenden zentralistischen Bestrebungen im Reichstage führen, sst nicht so schwer zu verkennen, dabin, von Reichs wegen das Wahlrecht der Einzelstaaten zu ändern, an Stelle des indtreften' das direkte Wahlrecht ju setzen. Wir haben es also tatsäͤchlih mit einer äußerst ernsten Frage zu tun. Es ist der erste Schritt einer einseitigen Durchbrechung der Verfassung der Elnzel= saaten. Man will die Bundesstaaten weich machen die Geseßgekung in den Einzellandtagen bestimmen, zuletzt auch den König ausschalten. Wenn aber Reichsrecht vor Landesrecht gebt. so hat doch die Reichs gesetzgebung Halt zu machen vor der Verfassung der Bundesstaaten, weil ein Bundesstaat nicht ohne selbständige Verfassung bestehen kann. Es handelt sich nicht darum, daß wir uns mit den Bundesrats. mitgliedern ins Cinvernehmen setzen; wir haben damit nichts zu tun, wir müssen im Bundetgrat abstimmen, aber wir haben es mit der preußischen Regierung zu tun. In die Prärogative der Krone greift der Antrag nicht ein; nur soll die Regierung, wenn sie meint, daß ein Eingrfff in die preußische Verfassun vorliegt, sich ins Ein. vernehmen mit dem Landtag setzen. Die Regierung hat agicht einfeitig über die Verfafsung zu entscheiden. Das ift der Sinn des letzten Teiles des Antrages. Und wenn Dann die Reichs. gesetzzedung einen Eingriff in die preußische Verfassung macht, Fann würde zunächst von der preußischen Regierung eine Aenderung der preußischen , . vorzuschlagen sein. Lehnt dann der preußische Landtag die Verfassungsänderun ab, so muß die Regierung daraus ihrerseits die Konsequenzen ziehen. Idenfalls darf die Regierung nicht eir seitig einen Eingriff in die Verfe fung zulassen, obne daß die Volksvertretung gefragt wird. Diüse Aufsassung ist allerdings in dem Antrage nicht enthalten, der Antrag spricht nur den Wunsch aus, daß die Regierung Eingriffe in die preußische Verfaffung vermeiden oder, wenn es geschiebt, sich mit dem Land⸗ tag ins Vindernehmen setzen 88

e

Rechte Diätengesetz

alb die Veranlaffung cht anerkennen. Ich meine vielmehr, daß die Ein- griffe in die Rechte der Einzelstaaten d mehr ausgehen vom Reiche⸗

abgeoꝛdnete wird in

zu dem Antra

tage selbst, von der linken Seite desselben, als von den verbündeten Regierungen. Wir baben uns immer dagegen du wehren gehabt. Aber jüngst ist auch von der rechten Seite ein Eingriff in die einzelftaatlichen Rechte gemacht worden, indem der Abg. von Olden burg wänschte, daß das Reich eine Aenderung der Ver

faffung der Ginzelflaaten verhindern solle. Wenn in dieser

Weise von rechts und links eine Eiwelterung der Reichekompeten; ö wird, könnte vielleicht ein solcher k. . sein. Ich hätte es aber für richtiger gehalten, wenn ein solche berhaupt nicht gestellt würde. Da er vorliegt, müssen wir auch Stellung dazu nehmen. Wenn er den föderalistischen Charakter des Reiches betont, ist er uns an sich sympaihisch. Es ist das Richtige, wenn wir diefen Antrag an eine Kommission verweisen, um ihm eine a, Form zu geben. Ich beantra e, den Antrag an eine Kommlffion von 21 Mitgliedern zur Vorberatung zu verweisen.

Äbg. Traeger ffr. Volkep.): Wir hätten eine Kommissions. beratung nicht für nötig gehalten. Der Antrag bat die Bedeutung einer überflüfsigen Demonstration. Der Antrag hat aber auch Un⸗ tiefen, und der li Rewoldt hat sich das Verdienst erworben, diese Un⸗ tiefen klar zu erhellen. Ich habe im Reichstage Bedenken geäußert, daß ein solcher Eingriff in die Rechte der Einzelstaaten in technischem Sinne gemacht wird, und habe diese Bedenken bis zuletzt festgehalten. Wir in Preußen können unsere Regierung nur auffordern, die preußischen Rechte wahrzunehmen. Aber es handelt sich hier um eine Rechts. und Kompetenzfrage. Es ist eine umstrittene Frage, ob, wenn auf Grund des Artitels 78 der Reichs. verfaffung diese geändert wird, damit impliclte eine , änderung eines EGinzelstaates vorgenommen wird. Herr von Heyde⸗ brand sagt, auch beim leisesten Zweifel müßte die Form der Ver⸗ fassungsänderung gewählt werden, aber er hat vergessen, wie 16 beim Anfiedlungsgesetz gewesen ist. Wenn das Reich innerhalb seiner Kom petenz eine Gesetzesänderung vornimmt, so greift es selbstverständlich damit in die einzesstaatlichen Rechte ein. Allerdings soll nicht obne Not in die Verfassung der Einzelstaaten eingegriffen werden, und wenn es geschiebt, muß es schonend geschehen. enn man den Aus—⸗ führungen des Abg. Rewoldt folgte, würde der ganze Bestand des Reiches untergraben. Nun soll Preußen Obstruktion treiben, Preußen . nicht mitrun, solange nicht die Frage in Preußen selbst entschieden st. Das hieße einen sehr gefährlichen Weg betreten. r. daif seine Uebermacht im Bundesrat nicht in drũckender eise geltend ,. Wir sind bereit, in der Kommission an dem Antrage mit . zuarbeiten, sollte aber eine Kommissionsberatung nicht beschlossen werden, so müßten wir den Antrag ablehnen.

Abg. Dr. Friedberg (l): Ich kann dem nicht bei. stimmen, daß die rg an und für sich keine allzu große Be—⸗ deutung hat. Der Abg. Herold bat sich nach der Richtung seine Nufe che etwas leicht gemacht, wenn er lediglich von der Zweckmaͤßigkeitsfrage spricht, ob der Abgeordnete die Diäten im Reichstage oder im Landtage bekommt. Eine technische Frage ist die Frage allerdings auch; aber es liegt doch eine formelle Ver⸗ änderung unserer Verfassung vor, und da muß gefragt werden. ob es an sich berechtigt war, und, wenn es berechtigt war, ob es in der rücksichtsvollen Form geschehen ist, die man der preußlschen Volksvertretung gegenüber schuldig ist. Wir steben dem Antrag insoweit e nd gegenüber, als er wũnscht, daß in unferen staatsrechtlichen Fragen möglichste Vorsicht, walte; aber in formeller Beslehung muß ich doch manchen Ausführungen des Ministers beitreten. Die absolute Aufforderung, die der Antrag enibält, läßt sich, wie der Minister zutreffend ausfübrte, in dieser Form gar nicht stellen. In den modernen Verfassungen finden Sie immer zwei Punkte: einmal Bestimmungen über die Staatsgewalt und dann solche, welche 8 einigermaßen einschränken und ihr Grenzen ziehen, nämlich die subjektiven Rechte der Untertanen. Speziell in der preußischen Verfassung baben wir einen Abschnitt über die Rechte der Preußen. Wenn wir nun im Reich Gesetze machen, 3. B. Justiz. gesetze, so greift das in die Rechte der Preußen ein, das ist gar nicht zu vermeiden, und wenn Sie es verhindern wollten, würden Sie dem Reich eine unlösbare Aufgabe stellen. Anders ist es mit den Rechten der Staatsgewalt, und damit baben wi es ju tun. Ein Organ der Staatsgewalt ist die Volksdertretung. In deeser Richtung muß man dem Anirag den Vorwurf machen, daß er nicht genügend unterschie den hat und zu allgemein gehalten ist. Was das Gindernehmen mit dem Landtag betrifft, so kann ich dem Minister nicht beitreten, sondern glaube, 24 er etwas über das Ziel hingusgeschessen hat. Ob aber gerade in Preußen nach der ganzen Konstruktion staatsrechtlich so verfahren werden könnte, ist eine besendere Frage. Der Minister meinte, durch die vorgängige Verfländigung mit den Einzel staaten würde der Bundesrat von der ' der Landes regierungen abhängig gemacht werden. Gegen diese uffassung muß ich mich wenden. 3 weiß nicht, wie der Minister zu der Ueber⸗ zeugung kommt. daß Dadurch ein Reichsorgan seiner Kompeten; beraubt würde. Der Bundesrat ist ein Organ der Reichsgesetzgeburg und Reichs verwaltung, das ist nicht zu bestreiten; aber daß wir ihn don außerbalb stehenden Instanzen abhängig machten, ist eine Verkennung der staate rechtlichen Konstruktion, denn der Bundesrat ist erstens Organ der 8 und Reichs derwaltung und jweitens dat Organ, in dem die Rechte der Einzelstaaten gegenüber dem Reiche um Ausdruck kommen. Der Minister bat selbst den Ausspruch det inen Bismarck zitiert, wonach die Abftimmungen die Diagonale aller Kräfte der Ginzelstaaten darstellten. Od ein Einvernehmen vorher oder nachher durch eine Abstimmung in den Landtagen statt. findet, ist Sache der einzelnen Landeeregierungen selbst. C66 sst nach Laband nicht ausgeschloffen, daß schon vorher die Landesregierung sich mit der Landesvertretung ins Einvernehmen fetzt; aber aus anderen Gründen möchte ich dem weiten Set des Antrages nicht justimmen, und das ist die praktische Unmöglichkeit. Es würde unmöglich sein, immer den ganzen Apparat der einzelstaatlichen Zustimmung in Bewegung zu setzen. Darin kann ich dem Minister zustimmen, wenn er sich dagegen derwahrt, daß man der Regierung zumute, auch gegenüber anderen Bundes. staaten fo ju verfahren. Ich weiß nicht einmal, ob der Bundesrgt das kompetente Organ dafür wäre. Auch hier sollte man jedenfall der Regierung nicht eine Aufgabe zumuten, die jwar nicht ihre Kom

etenz überschreitet, aber von ihrem eigenen Ermessen abbängen muß. Ich möchte glauben, daß der Antrag in eine Form gegossen ist. der wir nicht ustimmen können. Deshalb sind auch meine Freunde geneigt, dem Antrage Herold beizutreten und den Antrag in einer Rommission von 21 Mitgliedern ju beraten. Der Antrag hat aber auch eine polinische Scite. Der Minister hat voll und gan auf den Boden derjenigen Erklärung sich gestellt, die seinerzeit Fürst Bismarck gegeben hat, daß in den Abstimmungen im Bundes. rat die aller einzelstaatlichen Kräfte zum Ausdruck zomme. Der Minister sagt auch, daß die Regierung immer so ge= handelt habe; das ist aber nicht immer der Fall gewesen, vor allen Dingen auch nicht in der Frage der Diäten. Da hat man es der- mieden, mit uns ins Einvernehmen zu treten. Deshalb ist auch der Antrag berechtigt und ein Kompelle für die Regierung. Aber der An⸗ trag greift auch über diese Frage hingus. Er wendet sich gegen ge⸗ wiffe zentralistische Bestrebungen, die sich bemerkbar machen und Pon seiten des Bundesrat nicht die nötige Abwehr gefunden haben. Im Reichstage macht sich die Tendenz geltend, alle die Materien an sich zu sieben, in denen man einen günstigeren Boden im Reichttage unter ich füblt. Diese Tendenz hat größeren 1 mehr und mehr im trum angenommen. Das Zentrum hat früher einmal durchaus auf föderaliftischem Standpunkt gestanden; aber heute ist es anders ge⸗ worden, wie zum Beispiel seine Stell zum Bergrecht beweist. Herr von Heydebrand deutete den Antrag so, daß solchen Tendenzen entgegengetreten werden muß, und da? ist uns sympathisch Ich hoffe, daß ia der Kommiffton eine brauchbare Form für den Antrag ge funden werden wird. Jedenfalls halte ich den Antrag an sich für gerechtfertigt, wenn auch seine Form noch Bedenken hat.

r Antrag

(Schluß in der Zweiten Beilage)

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

.

(Schluß aus der Ersten Beilage)

Abg. Malkew (kons ): Ich babe den Eindruck, als könnten meine volitischen Freunde mit der Aufnahme, die der Antrag im Dause gefunden hat, zufrieden sein. Wenn von verschiedenen Seiten Kritik geübt ist, so handelte es sich mehr um die Form als um den Sinn des Antrages. Selbst vom Zentrum, das den Antrag am weitesten von sich wies, ist Kommissionsberatung empfohlen worden. Ich darf daraus schließen, daß auch das Zen unserer Anregung eintreten will. Wat die Aeußerungen des Abg. von Aldenburg im Reichstage betrifft, so kann ich nameng der konservativen Reichstagẽfraktion aus rechen: wir baben den Grundsatz, daß die Aeuße⸗ rungen eines ein zelnen Mitgliedes uber verfassungsrechtliche oder sonstige 896 für die Fraktion im ganzen nicht als verbindlich gelten können.

der Diätenfrage z. B. bat sich die konservative Reichstagsfraktion genau der Tendenz des von uns vorgelegten Antrages entsprechend verbalten. Damit dürften die Aeußerungen, die gegen den Abg. von Oldenburg gerichtet waren, hinfällig sein. Ich folge nicht einem Brange meines Herzens, sondern spreche im Namen aller meiner 3 Freunde, wenn ich sage, daß unsere persönliche Wertschätzung des Abg. von Oldenburg in keiner Weise beeinflußt ist. Eine Kommissionsberatung wärden wir, so sebr sie von verschiedenen Seiten gewünscht wird, nicht für notwendig erachten, vielmehr dankbar sein, wenn Sie beute eine entschiedene Stellung einnahmen, schon weil der Landtag dielleicht geschlessen würde, ebe ein Beschluß zustande gekommen wäre.

Abg. Dr. Wagner ffreikons.): Nach den Ausführungen des Abg. Rewoldt wird es klar geworden sein, daß auch eine erfassungs⸗ änderung in Preußen notwendig ist, die parallel mit derjenigen im Reiche hätte gehen können. Da das Gesetz, nach welchem wir unsere Diäten empfangen, seit 30 Jahren bestebt, und die Verhältnisse eine wesentliche Aenderung erfahren haben, so bin ich der Meinung, daß 568 binsichtlich unserer Diäten eine zeitgemäße Neuregelung am

atze wäre.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (Schlußbwort): Ich bitte Sie, nicht erst eine Kommissionsberatung stattfinden zu lassen, e den Antrag gleich heute anzunehmen. Nicht die Tendenz des

trages ist bemängelt worden, sondern es sind nur Einzelausstellungen Emacht worden. Wenn der §8 5 des e , , ,. einen

tz der vpreußischen Verfassung ändert, ohne daß ein jwingender Grund vorhanden gewesen ist, und wenn man dabei rũcksichts los derfährt, so wird man sich doch h müssen, daß darin eine Mißachtung der Verfassung auf seiten der Regierung liegt. Der Bundesrat hat vor den Verfassungen der Einzelstaaten Halt zu machen. 33 nicht verheblen, daß die preußische Regierung nicht dag Maß von Takt an den Tag gelegt hat, das wir von ihr erwarten mußten. Wir haben den Antrag eingebracht, um der r ,. Regierung das Gewissen zu schärfen, damit 3 r die Folge besser aufpaßt. Der iweite Teil unseres ntrages läuft nicht darauf hinaus, daß die preußischen Mitglieder des Bundesrats ibre Stimme nur abgeben sollen na Einvernehmen mit der Landesvertretung. Er verlangt nur, daß, wenn die Reichs. gesetzgebung wichtige ein zelstaatliche Rechte, besonders das Grundgesetz, derührt, die Regierung ihrer Verantwortung gegenüber der Landes. , gerecht wird, daß sie nachträglich diese verstndigt. Der S5 des Reichsdiätengesetzes ist der erste Schritt, um auf eine schiefe bene zu gelangen. Darunter leidet auch das Zentrum, da dasselbe seine frübere Haltung vollständig geändert bat. Wir müssen dem Bundesrat eine starke Stütze gewähren gegenüber den zentralistischen Tendenzen; wir müssen der preußischen Regierung den Rücken stärken, daß sie mit aller Energie gegen alle Eingriffe Widerstand leistet, damit die festen Fundamente des Staats nicht erschüttert werden. Damit schließt die Debatte.

Minister des Innern Dr. von Bethmann⸗Hollweg:

Meine Herren! Dle Ausführungen des Herrn Abg. Freiberrn von Zedlitz zwingen mich zu meinem Bedauern, nachdem die Be—⸗ sprechung eigentlich schon geschlossen war, noch um das Wort zu bitten.

Der Herr Abg. Freiberr von Zedlitz hat im Eingang seiner Be—⸗ merkungen gesagt, die Königliche Staatsregierung babe der preußischen Verfaffung nicht die genügende Achtung erwiesen. Das ist ein Vor- wurf von so schwerem Inhalt und von so schwerer Form, daß ich dagegen Verwahrung einlegen muß. Er ist mit nichts begrũndet worden. Ich erinnere daran, meine Herren, daß selbst der Herr Abg. von Herdebtand bei seinen Eingangsworten gesagt bat, es sei überaus jweifelbaft, man könne darüber diskutieren, ob das Diätengesetz einen Eingriff in die preußische Verfassung dar— stelle; er wolle sich aber auf die Frage nicht näber ein lassen. Abg. Freiberrn von Zedlitz ju diesem scharfen Vorwurf gegen die Staatsregierung Veranlassung gibt, den er nicht begründet bat, und den ich jurückweisen muß. Da ich das Wort habe, darf ich noch auf einige Ausfübrungen des Herrn Abg. Rewoldt jurückkommen. Herr Rewoldt bat gesagt, das Reich habe Halt zu machen in seiner Gesetz ; gebung vor der Verfassung der Einzelstaaten. Ich balte mich für verpflichtet, dieser Behauptung vom staatzrechtlichen Gesichte vunkt aus zu widersprecken. (Abg. Syßling: Sehr richtig) Schon Herr Traeger bat ausgefübrt, daß dann das Reich aufgelöst sein würde. Der föde⸗ rative Charakter unserer Reichsverfassung, den ich persönlich wünsche, und den ich für notwendig halte, hat seine Fassung gefunden in der Verfaffungsurkunde des Deutschen Reichs, und innerbalb der Kom⸗ petenz, welche die Verfassungsurkunde des Deutschen Reichs dem Reiche für die Gesetzgebung zuweist, ist das Reich berechtigt, die Gesetzgebung auszuũben, auch wenn sie in die Verfassung der Einzelstaaten eingreifen sollte. Ich halte es für notwendig, dies gegenüber den Ausführungen des Herrn Abg. Rewoldt ausdrũcklich zu konstatieren.

Herr Abg. Friedberg hat an meinen Ausführungen bemängelt, daß er gesagt hat, er begriffe nicht, wie ich es habe bestreiten können, daß es mit der Reichsverfassung vereinbar sei, wenn der Bundesrat in seinen Funktionen an die Zustimmung der Einzellandtage geknüpft wärde. Er hat nicht das Wort Zustimmung“ gebraucht, sondern ge⸗ sagt, er könnte nicht begreifen, wie es der Reichsverfassung wider⸗ sprechen sollte, daß der Bundesrat mit den Eirzellandtagen Fühlung nebme. Ich habe nicht behauptet, daß das der Reichs verfassung wider- spräche. Was ich behauptet habe, ist das: es widerspricht der Reicht⸗ verfaffung, wenn der Bundetrat in seinen selbständigen Funktionen als gesetzßtebendes Organ rechtlich gebunden wird an die Zustimmung der Gin zellandtage. Eg widerspricht das der Reicheverfassung um des⸗ willen, weil die Rechte der Volke vertretung nach der Reichs verfassung von dem Reichstage wahrjunehmen sind und die Rechte der Gretutive, die Rechte der Staatsverwaltung, die bei den deutschen Fürsten

trum in eine gründliche Erörterung

Nur dieses Diätengesetz kann der einzige Grund sein, der dem

und freien Städten ruhen, vom Bundegrat wahrzunehmen sind, und es würde der Konstrultion des Reichsgedankens widersprechen, wenn innerhalb des Bundesrats die Rechte der Volkevertretung zur Geltung kämen, wobei es gleichgültig ift, daß die Volksvertretung, die dann im Bundesrat zur Geltung käme, ein anderes Substrat zur Grundlage bat, als die Volksvertretung des Reichstags; prinzipiell ist das gleich. Das ist dag, was ich behauptet babe.

Zum Schluß möchte ich nochmals hervorheben, daß ich doch wohl nicht Unrecht gehabt habe, mich an den Wortlaut des Antrags zu halten. Der Verlauf der Diekussion hat ergeben, was alles unter ihm verstanden werden kann. Insonderheit die Ausführungen des Herrn Rewoldt haben dies gezeigt.

Wenn Sie den Antrag annehmen wollen, so wird die Staats. regierung in ihrer Antwort auf den Beschluß des Hauses sagen müssen, daß sie den Inhalt des Antrages, wie ihn seine Form dar⸗ stellt, nicht für akzeptabel erklärt. Inwieweit die Königliche Staats⸗ regierung mit der Begründung einverstanden ist, die der Herr Abg. von Heydebrand dem Antrag gegeben hat, habe ich mir bereits erlaubt, in meiner ersten Rede auszuführen.

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Ich weiß nicht, wie der Beschluß des hohen Hauses ausfallen wird, ob eine Kommissionsberatung beschlossen werden soll oder ob heute eine Abstimmung über den Antrag selbst erfolgen wird, und nur mit Rücksicht darauf erlaube ich mir, den Ausführungen des Herrn Ministers des Innern einige Worte in rechtlicher Hinsicht hinzuzufügen.

Ich glaube, die Staatsregierung kann nicht anders handeln, als daß sie den Wortlaut des Antrages nimmt, wie er vorliegt, und daß die Stellungnahme dazu sich danach ergeben muß, und nicht nach dem, was heute von den einzelnen Herren Rednern zu seiner Erläuterung ausgeführt worden ist; denn die Meinungen und Ansichten der Herren waren doch immerhin einigermaßen geteilt. Ich glaube hauptsächlich auf das eingehen zu müssen, was der Herr Abg. Dr. Rewoldt gesagt bat wegen der Zuständigkeit des Reichstags und des Bundegrats hin⸗ sichtlich der Gesetz gebung.

Ich möchte vorweg bemerken, daß Laband mit der Ansicht, wonach die Einzelstaaten ihre Bundesratsbevollmächtigten unter Hinzuziehung der Einzellandtage instruieren könnten, ziemlich vereinzelt unter den Rechtslehrern dasteht. Uebrigens bemerkt er selbst, dieser Stand⸗ punkt sei nur ein thbeoretischer; praktisch durchführbar würde er schwerlich sein. In der Tat könnte der Fall eintreten, daß, wenn die Gesetzgebung der Einzelstaaten in dieser Weise gestaltet würde, die Stimmen der Bevollmächtigten im Bundesrat nicht zu zählen wären, weil eine genügende Instruktion nicht zu beschaffen gewesen wäre. Ich kann auch dem nicht zustimmen, was der Herr Abgeordnete gesagt hat, daß die Reichsgesetzgebung vor den Verfassungen der Einzelstaaten Halt machen müßte. Das entspricht nicht der Tradition; denn wie bereits erwähnt, ist z. B. schon im Jahre 1869 durch ein damals im Norddeutschen Bunde gegebenes Gesetz die preußische Ver⸗ fassung geändert worden. Damals wurde das Bundesoberhandels⸗ gericht errichtet und dadurch die Bestimmung der preußischen Ver⸗ fassung berührt, daß in Preußen nur ein Gerichtshof sein soll, und daß die Urteile im Namen des Königs ergehen müssen.

Also es ist nicht ohne Vorgang, selbst wenn man annehmen wollte, daß in dem Falle, der jetzt zur Sprache gebracht ist, in der Tat eine Aenderung der preußischen Verfassung liegt.

Wenn ich nun den Wortlaut nehme, wie er ist, so möchte ich glauben, daß Bedenken sich schon aus diesen Erwägungen ergeben müßten, indem eine Einwirkung auf die Verfassung der Einzelstaaten durch die Reichsgesetzgebung nicht von vornherein ausgeschlossen ist.

Und noch größere Schwierigkeiten würde, wenn der Antrag, wie

er vorliegt, angenommen wird, sein zweiter Absatz bereiten, denn ich vermag nicht einzusehen, in welcher Weise das Einvernehmen der Einjellandtage, wie es nach dem Wortlaut gedacht ist, stattfinden könnte. Wie es der Abg. Dr. Rewoldt vorgeschlagen hat, glaube ich, würde es nicht möglich sein. Eist eine Verfassunggänderung im preußischen Landtage zu beschließen und auf diese Weise einer bevor⸗ stehenden Reichsgesetzgebung die Wege zu ebnen, das, glaube ich— würde praktisch ganz unausführbar sein. Ueberhaupt würde die Her⸗ stellung eines Einvernehmens mit dem Landtage vor der Stellung nahme im Bundesrate häufig gar nicht möglich sein, und ich sehe nicht, welche Form gewählt werden könnte, um diesem ausgesprochenen Gedanken in jedem Falle gerecht ju werden. Daß Anregungen aus den Landtagen der Einzelstaaten mit Hinblick auf die Gesetzgebung des Reichs erfolgen, ist allbekannt, ich erinnere nur an die Erörterungen darüber, wie die Gesetzgebung für die Rechts⸗ pflege sich gestalten solle. Das ist doch auch eine Gesetzgebung, die im wesentlichen vom Reiche ausgeht. Solche Anregungen werden von der Regierung stets bereitwilligst entgegengenommen, auf das sorgfältigste erwogen und, soweit es möglich ist, berücksichtigt. Also, meine Herren, hiernach wird in vielfacher Hinsicht schon so verfahren, wie es das hohe Haus bei Annahme des vorliegenden An⸗ trages als seinen Wünschen etwa entsprechend feststellen will. Bei der jetzt gewählten Fassung dieses Antrages aber, glaube ich, würde Un⸗ klarheit darüber bleiben, was mit ihm erreicht werden soll. Ich möchte deshalb, immer vorausgesetzt, daß die Angelegenheit nicht zu kommissarischer Beratung führt, zur Erwägung geben, ob dieser An trag nicht abzulehnen sein dürfte.

Die Debatte ist hierauf zum zweiten Male geschlossen.

lg bemerkt Abg. . von Zedlitz und Neu⸗ kirch Der Minister hat mich mißverstanden, wenn er gemeint hat, ich hätte melne Behauptung über die bekundete nic rf, der Verfassung nicht begründet. Ich habe die Gründe ausführli dargelegt.

Minister des Innern Dr. von Bethmann-Hollweg: Meine Herren! Ich möchte den Worten des Herrn Abgeordneten Freiherrn von Zedlitz erwidern, daß die Königlich preußische Staats regierung, wie aus den Erklärungen degz Herrn Staatgsekretärs deg

19006.

Eingriff in die preußische Verfassung darstellt eine Ansicht, die von einer ganzen Anzahl von Politikern auch auf der rechten Seite dieses hohen Hauses geteilt wird.

räsident von Kröcher: Die nochmals eröffnete Debatte ist geschlossen.

In der Abstimmung wird der Antrag mit den Stimmen der beiden konservativen Parteien mit geringer Mehrheit an⸗ enommen. Das Zentrum und die Linke sind verhältnismäßig chwach besetzt.

Schluß A/ Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 10 Uhr. (Rechnungssachen, kleinere Vorlagen und Petitionen.)

Nr. 21 der ‚Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 253. Mai hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Gesetzgebung usw. (Deutsches Reich.) Leichenbeförderung. Viehseuchen. (Preußen.) Augländisches w Aerztliche Meldekarten. Uebertragbare Krankheiten.

esinfektion von Flößen. Gewerbeordnung. Logisräume der Schiffsmannschaft. Tierische , d, , . (Reg. Bez. Königt⸗ berg.) Druse der Pferde. (Reg. Bez. Allenstein. Desgl. (Reg. Bez. . Leichenbeförderung. (Reg. Bez. Oppeln.) Schulkinder. (Sachsen.) Seifen. Schweineeinfuhr. Viehseuchen. Schlacht⸗ tiere. Fleisch. (Hessen) Geflügel. Schlachtvieh. Mecklenburg. Schwerin.) Tierische Ansteckungsstoffe. Schweine⸗ eisch. (Großherjogtum Sachsen.) . Necklenburg⸗ Strelitz.) e n 2c. (Anhalt.) Schlachtvieh. (Schwarzburg⸗ Sondergshausen.) Apotheker. (Reuß j. L) ih sen ce n m , Schwelnefleisch ( Hamburg.) Kreujottern. Süßstoff tãfelchen. Dester⸗ reich) Landwirtschaftliche Lehranstalt in Spalato. Tierseuchen im Deutschen Reiche, 15. Mal. Küstenfieber in Britisch⸗Südafrika. eto n Maßregeln gegen Tierseuchen. (Preuß. Reg. Ben. Allen⸗ lein, Bayer. Reg. Bezirke Oberbayern, Mittelfranken; Mecklenburg⸗ Schwerin.) Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften. n, . Staats haus haltsetat, 1906. gl et n Wein⸗ ontrolle ꝛc.— Vermlschtes. (Deutsches Reich.) Eheschließungen, Geburten und Sterbefälle, 1904. Stand der Bevölkerung, 1905. (Preußen.) Genickstarre, März. (Frankreich. Altoholdena⸗ turierung ꝛc. (Persien.) Impfstoffgewinnungsanstalt. Pest. (Uruguay.) Bevölkerungs bewegung, 1904. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Aus⸗ landes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Versicherung gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit.

Im Verfolg eines vom Reichstag am 31. Januar 1902 gefaßten Beschlusses ist auf Veranlassung des Bundesrats das Kaiserliche Statistische Amt beauftragt worden, festzustellen, welche Einrichtungen bezüglich der Versicherung gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit bisher getroffen und welche Ergebnisse dadurch erzielt worden sind. Eine demgemäß auggearbeitete Denkschrift liegt nun⸗— mehr vor. Sie gliedert sich in jwei Abschnitte. Den ersten Teil bildet die Darstellung der bestehenden Einrichtungen und Pläne zur Arbeitslosenversicherung im In⸗ und Auslande sowie die kritische Würdigung ihrer Ergebnisse, den zweiten Teil die Vorführung der gegenwärtigen Lage der organisierten Arbeitsvermittlung im Deuischen Reich. Dem ersten Teil ist ein Anlagenband beigegeben, in den das reiche Material an Zahlen, Statuten, Gesetzen, Verordnungen ver⸗ wiesen ist, das in die laufende Darstellung nicht aufgenommen werden konnte. Ein alphabetisches Sachregister erleichtert den Ueberblick.

Für die Darstellung der Versicherungseinrichtungen ist eine Gliederung des Materials nach Ländern gewählt worden. Auf diese Weise ist es ermöglicht, sich über den gegenwärtigen Stand der Frage in jedem einzelnen Lande rasch und zusammenhängend zu unterrichten. Die Darstellung umfaßt die vorhandenen Einrichtungen und bringt zur Ergänzung diejenigen Tatsachen und Gesichtspunkte bei, welche für eine Beurteilung dieser Einrichtungen in Betracht kommen. Da weitere Einrichtungen nur geplant, aber nicht ins Leben een sind, anderseits aber die Kenntnis der ausgearbeiteten Vor⸗ chläge zur Gewinnung eines vollständigen Bildes von dem gegen⸗ wärtigen Stande der Arbeitslosenversicherung erforderlich erschien, wurde die Darstellung auch auf die schwebenden Pläne und auf die in der Literatur gemachten Vorschläge erstreckt.

Nach einer einleitenden Darlegung der Ziele und Grundbegriffe der Arbeltslosenversicherung sind in der Denkschrift die Einrichtungen des Auslandes (England, Schweiz, Belgien, Frankreich, Niederlande, Italien, Oesterreich⸗Ungarn, Dänemark, Schweden, Norwegen, Ver⸗ einigte Staaten von Amerika) eingehend geschildert; die Vorführung der deutschen Ginrichtungen und Vorschläge nimmt die zweite Hälfte des ersten Teiles ein. Die wesentlichsten Ergebnisse der Untersuchung sind am Schlusse des ersten Teils kurz dahin zusammengefaßt, daß die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit selbst nicht im Wege der Versicherung zu erfolgen hat, sondern teils durch vorbeugende Maßnahmen allgemeinen Charakters 8a der Produktion, allgemeine Wirtschaftspolitik, Hebung der Volksbildung, Regelung des Lehrlingswesens usw.), teils durch Vermittelung vorhandener Arbeit und durch Arbeitsbeschaffung (Notstandgarbelten), während die Veisicherung nur eine Sicherstellung egen die aus der Arbeitslosigkeit sich ergebenden wirtschaftlichen irn zu bieten hat.

Die Darstellung ergibt, daß es sich bei der vorübergehenden Arbeitslosigkeit begrenzter n,, in der Volktwirtschaft um eine el isCes h Erscheinung handelt, der eine gemisse Regelmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit zukommt, die sowohl nach dem Zeltpunkt wie nach der Dauer und dem Umfang auf Grund längerer Beobachtung als abschäßbar zu betrachten ist und unter diesem Gesichtspunkt an sich für eine Versicherung unter rein versicherungstechnischen Gesichte punkten unüberwindliche Schwierig⸗ kelten wohl nicht bieten würde. Ferner zeigt sich, daß die Ge⸗ fahr der Arbeitelosigkeit in den einzelnen Berufen sehr ver⸗ schieden ist, e ., 4 das Bedürfnis einer Sicherstellung . die Folgen der Arbeitslosigkeit nicht gleichmäßig in allen Berufen esteht. Die Schwierigkeiten einer Versicherung ergeben sich vor allem bel der Feststellung und Be e des Begriffs der zur Unterstützung berechtigenden Arbeitslosigkelt und bei der Kontrolle der Durchführung dieser ö in der Praxis sowie bei Regelung der Frage einer Verpflichtung zur Annahme von Arbeit.

ob und in welcher Weise öffent⸗

as die Frage betrifft liche Mittel für die Zwecke der Arbeitslosenversicherung bereit- estellt werden sollten, so würden bel allgemeiner obligatorischer

weitem an Berufekreise belastet

rbeitslosenversicherung in werden, für welche die Gefahr der Aribeitslosigkeit überhaupt

Innern hervorgeht, nicht der Ansicht ist, daß das Diätengesetz einen

nicht besteht oder sehr gering ist, während andererseits eine dem Risiko entsprechende k der Beiträge sehr schwierig ist.