und über die Bedürftigkeit genaue Ermittelungen anzuslellen, und ich bitte das hobe Haus, überzeugt ju sein, daß, wenn es sich in der Ortschaft Mühlheim um einen Notstand handeln sollte welcher
die Existenzfäbigkeit der einzelnen Bewohner bedrobt, die Königliche Staatgregierung bereit fein wird, unter Berůcksichtigung derselben Grundsätze, die in ähnlichen Fällen angewendet worden sind, der Drt⸗
Mühlheim zu Hilfe zu kommen. (Bravo)
2 Müller Koblenz (Zentr.): Nach der Erklarung des Ministers scheint uns eine Besprechung der Interpellation zwecklos. Wir behalten uns vor, auf die Sache zurũckzukommen, nachdem die Staatsregierung ibre Zusage erfüllt bat.
Damit ist dieser Gegenstand erledigt.
Es folgt die dritte Beratung A. des Gesetzentwurfs, betreffend die Vermehrung der Mitglieder Ses Hauses der Abgeordneten und Aenderungen der Landtags⸗ wahlbezirke und Wahlorte, und B. des Gesetzentwurfs, betreffend Abänderung der Vorschriften über das Verfahren bei den Wahlen zum Hause der Ab⸗
ordneten. z 9 In der Generaldiskussion über den Gesetzentwurf A be⸗
r * * ö 2 Dr. Wie m er (frs. Vollsp.): Ich will ju den gestrigen Debatten nur noch eine kleine Nachlese halten. Nach unserer Uieberjeugung muß die Wahrnehmung eigener Interessen, die auch wir mit dem Minister als berechtigt ansehen, immer im Einklang mit der Rãcksicht auf das Staatsganze, auf das Gemeinwohl erfolgen; und was wir bedauern, ist eben die Einseitigkeit, die en, ,,, . mit der diese Interessen wahrgenommen werden. Auch der linister meinte gestern, der einzelne Abgeordnete verges⸗ oft, daß er ein Ver⸗ sreter des Ganzen sein solle; nach unserer Meinung trifft dieser Vorwurf noch viel mehr die einzelnen Parteistrõmungen. Ich brauche ja nur an die agrarische Agitation zu erinnern, die sogar Anmal einen Minister zu dem Ausspruch zwang, daß der Landwirt doch nicht allein auf der Welt sei. Nicht minder einseitig und rũck-· sichtslos ist die Agitation der Sozialdemokratie, die nur Nie Arbeiterklaffen als berechtigt ansiebt und dem Unternehmer die Be⸗ rechtigung abspricht. In dieses Kapitel gehört auch die zůnftlerische Bewegung; einzelne Sand werks meisterkreise verschließen sich in kurz · sichtiger Interessenpolitik gegen die Anforderungen des Ganzen. Wir haben unsere Stellung gegenüber dem Handwerk nicht geandert. Wir meinen aber, wahrgenommen zu haben, daß auf der rechten Seite cin Aenderung, der Stellung zu den Handwerkerf tagen (cngetreten ist. Wo ist die Begeisterung für den absoluten Be⸗ fahigungs nachweis jenes Paradestuũck der konservativ / zünfllerischen Agitation, geblieben? Als Hauptargument gegen unsere Auf⸗ faffung über die Notwendigkeit der Einführun des allgemeinen Waähltechtz hat der Minifter angeführt, daß das ein äber. foͤmmenes und überwundenes sei, daß man heute anderen Zielen nachstreben müsse. Ja, liegt denn diese Zeit schon so lange hinter uns? Das allgemeine Wahlrecht war einst eine Forderung zur Rräfligung des Reichsgedankens. Mit mebr Recht könnte ich sagen ; das Treiklafsenwablrecht ist etwas Ueberkommeneg aus einer weit hinter uns liegenden Zeit. Der Mann, der den Hauptanteil an der Gründung des Reiches hat, Fürst Bismarck, hat noch nach seinem Sturz das Prinzip des allgemeinen Wahlrechts für ein berechtigtes erklärt; diese Aeußerung sollte doch für diejenigen auch Bedeutung haben, die sonst so gern auf des Meisters Worte schwören, Der Minister vergißt, daß die Verwirklichung des allgemeinen Wahlrechts immer weitere Fort · schritte macht auch in Deutschland, daß in Baden, Bayern, Württem⸗ berg solche Reformen durchgeführt sind, in Oldenburg geplant werden. Geht man nicht in Desterreich jetzt mit der Einfiihrung desselben vor? Für uns ist die Forderung unlerer Resolution nicht ein Schlagwort, sondern der Ausdruck einer grundsätzlichen Ueber⸗ zeugung, niedergelegt in unserem Programm von 1894. In einem modernen Staaiswesen müffen alle Bürger leiches Recht haben, an der Entwicklung des Staatswesens mitzuwirken. Gewiß ist das all⸗ gemeine Wablrecht unserer polltischen Richtung heute nicht allzu
Er beruft sich auf Telegramme
änstig; aber Fragen des Rechts und der politischen Ueberzeugung eng nicht 38 wahltaktischen Rũcksichten entschieden werden. Auf alle Fälle ist es besser und schöner als das Dreiklassenwahl⸗ recht mit seinem Geldbeutelmaßstab. Auch das bescheiden te Gemüt kann die jetzige Vorlage nicht als ein neues Ideal ansehen; aus der Rede des Herrn Adickes kann wirklich nicht das mindeste ju Gunsten dieser Vorlage gefolgert werden, so interessant sie ist. Will der Minister das . Englands auf dem Gebiete der Rechts- pflege als Vorbild binstellen, so muß er es auch tun auf dem Gebiete des Wahlrechts; wir würden dann schon zufrieden sein, wenn man bei uns so vorgehen wollte wie England in seiner Parlaments reform gegen die rotten boroughs, die in vielem unseren beutigen, untauglich gewordenen Wahltreisen entsprechen. Dag Flick. und Stückwerk der Vorlage bringt keine Besserung. Herr Irmer hat uns mit einer gewissen Ueberlegenheit abgekanzelt, weil wir gerade jetzt die Wahlrechtsänderung auf die Tageßordnung gesetzt hätten; Herr Irmer wolle sich sagen lassen, daß im Lande tire sebr lebhafte Anteilnahme daran hesteht, die in diesem Hause eben kraft des geltenden Wablsystems ein nur höchst geringeg Scho findet. Die geringe 3 laßt das Urteil erkennen, welches die große Menge der Bevölferung über das Wahlsystem fällt. Der konservative Standpunkt ist der, daß man dem demo. kratischen Reichstage noch ein dem ekragtisches preußisches Parlament an die Seite zu setzen keine Lust und keine Ursache babe. Aber hat man denn nicht in Preußen noch das errenhaus, um über stũrjte Reformen aufzuhalten und zu mäßigen? ir sind keine Freunde des Herrenbauses, aber ein Gegengewicht im Sinne der Rechten gegen ein zu volkstũmliches Abgeordnetenhaus würde es immerhin darstellen. Die Mehrheit des Haufes ist dem allgemeinen Wahlrecht abgeneigt: auch das Zentrum hat nur zum Teil fũr unsere Resolution gestimmt, während es, wenn es das allgemeine Wahlrecht ernstlich wollte, die Initiative auf diesem Gebiete ergreifen müßte. Herr Windthorst hat sich allerdings einmal für die öffentliche Wahl aus ; gesprochen; aber er Pat auch gusgesprochen, daß unter den kerrschenden Verhältniffen es nicht möglich sei, die öffentliche Wahl einzuführen; er dachte dabei an Lie berüchtigten utt⸗˖ famerschen Wahlbeeinflussungen. Daß die öffentliche Stimma abe den Charakter stählt, die heimliche ihn schwãche, ist sehr schön gesagt, aber ift den tatsächlichen Verhältnissen gegenüber nichts als eine srhaltlose Phrase. Arch die Reueinteilung der Wahlkreise lehnt das Zentrum aß. Der Abg. Porsch will sich arauf nur einlassen, wenn zwingende Gründe — 314 sind. a, sind denn solche nicht vor⸗ banden? Hat sich nicht die ganze n,. in Preußen, auch ab- geseben von der Vermehrung, vollständig verschoben ; ö. nicht In · dustrie, Handel und Wandel eine vollständige Umwäljung hervor. gebracht? Daß die jetzige i e , Hauses ein Unrecht ist egenüber der wirklichen Stimmung des Alkes, ergibt sich aus den fein gen Wabljablen mit verblüffender Deutlichkeit. Was sollen wir angesichts dieser Tatsachen mit den paar neuen Mandaten, die die Vorlage dem 6 hinwirft?
Abg. Dr. Porsch (Zentr.): Das Haus hat keine Nelgung mehr, eine Debalte zu bören. Ich habe gestern den Antra indtborst ausführlich behandelt. Ich habe auch zitiert, was Windthorst auf die Here des Abg. Virchow gesagt hat, Es geht doch nicht, daß das Daus zwei Tage bintereinan der dasselbe sag err Wiemer meint, das Zentrum mit feinem Einfluß könnte eine Abänderung der Wahl⸗ besirke errrichen. Er sollte d wissen, daß das Zentrum r, vergeblich die Aufhebung einer Reihe von Kfrchengefetzen erstrebt Es ist dem sogenannten , . enden Einfluß des Zentrums noch nicht einmal gelungen, das Jesultengesetz zu beseitigen.
Ab . Goldschmidt . (fr. Voltsp.) meint, daß die Arbeiter, . mehr man sie vom politischen Einfluß ausschließe, um so * — Ser ialbemolraten werden würden. Man könne sozialdemokrat sche Arbeiter für die bürgerlichen Parteien , wenn man ihnen cine politische Vertretung gewähre. ch das allgemeine,
leiche, direkte Wahlrecht werde niemals in irgend einem deutschen . eine n rer d. Mehrheit möglich machen, In 9. eneralversammtung des Vereins für Arbeiterwohlfahrt in Bonn se der katholische Professor Adolf Weber ⸗Bonn für die politische Gleich berechtigung der Arbeiter eingetreten, um die moderne Arbeiter- bewegung in die bestehende gefellschafiliche Ordnung einordnen zu können. Herr Gamp habe gesagt, das Wohl des Volkes sei das hõchste Gesetz; wer aber das Wohl des Volkes wolle, der müsse auch seinen Wünschen Rechnung tragen. Herr Gamp treibe nur Spott mit diesem Satze. - . ö De. schließt die Generaldiskussion. . In der , werden ö. S5 1 und es etzentwurfs A ohne Debatte angenommen,. . 194 u 5 ö das Verzeichnis der Veränderungen in den an,, verschiedener Wahlkreise enthält, begründet Abg. G am p ffreikons einen Ant 19, für den Wahlkreis Flatow⸗ Dt Krone den bisherigen Wahlort ,. k s idemübl in der Regierung n. eng ,, des Magistrats von Jastrow, worin
ĩ i ale für die Wahlmännerversammlungen ,,, unh, eine neue gemchn e green, zu bauen, welche diese Versammlungen aufnehmen könne, und 2 ferner darauf, daß nach einer Verfügung des Evangelischen r⸗ kirchenrats die Kirchen nicht mehr zur Verfügung gestellt werden sollten.
Minister des Innern Dr. von Bethmann-⸗Hollweg:
Meine Herren! Ich muß Sie dringend bitten, den Antrag Gamp abzulehnen. Mit Bezug auf die letzte Ausführung des Serrn Abg. Gamp über das Vorgehen des Evangelischen Oberkirchenrats glaube ich, daß er nicht gan zutreffend informiert ift. Der Evangelische Oberkirchenrat bat keine Verfügung dahin erlassen, daß die Kirche in Jastrow zu Wabliwecken nicht zur Verfügung gestellt werde. Aber mit Rücksicht auf die Vorkommisse im Jahre 1903 hat der Evangelische Oberkirchenrat, und, wie ich glaube, mit zutreffendem Recht den Minister des Innern gebeten, für die Zukunft Vorkehrung zu treffen, daß in keiner Kirche mehr Wahlen stattfinden. (Sehr richtig! rechts So ist auch bezüglich Jastrows verfahren, und dem⸗ gegenüber ist die Depesche des Magistrats von Jastrow, daß er die Kirche nicht abgelehnt habe, meiner Ansicht nach bedeutungslos.
Sehr richtig! rechts.)
, telegraphische Mitteilung des Magistrats von Jastrow, welche dahin geht, es seien einmal drei Lokale vorhanden, und meitens sei die Gemeinde eventuell bereit, eine Turnhalle zu bauen, scheint mir auch nicht verwertbar zu sein für die vorliegende Frage. Die drei Lokale, die angegeben worden sind, haben einen so geringen Flächenraum, daß sie für die Aufnahme von 480 bis 500 Wahl männern überhaupt nicht in Betracht kommen können. Nun soll ich darauf angewiesen werden, daß die Stadt Jastrow eventuell eine Turnhalle bauen will, welche groß genug ist, um diese Wahlmänner⸗ zahl aufzunehmen. .
Meine Herren, die Stadt Jastrow ist ein ganz kleiner, durchaus nicht mit Glücksgütern gesegneter Ort. Daß die Stadt eine Turn⸗ halle bauen soll für die Aufnahme von so zahlreichen Wahl männern, kann ich ihr nicht zumuten, eine Turnhalle von Dimensionen, die dem eigentlichen turnerischen Zweck nicht mehr angepaßt sind. Was würde das Endergebnis sein? Die Stadt wũrde sich an den Oberprãsidenten wenden, um aus dem ihm jur Verfügung stebenden Fonds elne Bei- hilfe für eine Turnhalle zu bekommen. (Heiterkeit)
Ja, meine Herren, so ist die Sachlage doch nicht angetan. Gs ist im übrigen in der Kommission ausgeführt worden, daß die gegen wärtigen Verkehrs verhältnisse Schneidemüũhl als einen absolut ge⸗ eigneten Ort erkennen lassen für die Vornahme der Wahl. Die ganze Frage ist sehr eingehend geprüft worden, eingebender als der derr Abg. Gamp nach den Mitteilungen, die mein Referent ihm vorhin gemacht hat, anzunehmen scheint. Ich bitte Sie daher, es bei Schneidemübl zu belassen. Wenn es ein Ausnahmefall ist daß der Wahlort nicht im Wahlkrelse gelegen ist, so kann das bei den außer · gewöhnlichen Verhältnissen, die hier vorliegen, nicht entscheidend in Betracht kommen.
Ich bitte wiederholt um Ablehnung des Antrages Gamp. (Bravo)
Der Antrag Gamp wird abgelehnt, §z 2 und der Rest des Gesetzes sowie das Gesetz im ganzen unverändert ange⸗ nommen. Ebenso wird der Entwurf B ohne Debatte in seinen einzelnen Teilen und bei der Gesamtabstimmung im ganzen angehen m,, on Kröcher macht darauf aufmerksam, daß über die Vorlage, weil sie Verfassungsänderungen enthalte, nach einem Zeit ⸗ raum von 21 Tagen noch einmal abgestimmt werden müsse.
Darauf folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend den Erwerb des Kalisalzbergwerks der Ge⸗ werkschaft Hercynia durch den Staat, wofür 30 g50 600 M verausgabt werden sollen.
Minister für Handel und Gewerbe Delbrück:
Meine Herren! Der in Ihren Händen befindliche Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Erwerb des Kalisalzbergwerks der Gewert· schaft Hercynia durch den Staat, ist mit einer eingehenden Begründung versehen. Ich glaube, mich in der Hauyptsache auf die Begründung benlehen zu können und in ihrer Ergänzung nur folgendes anfũhren u sollen. k Herren, lange Zeit hindurch sind die Kalisalze lediglich ein wertloses und lästiges Nebenprodukt des Steinsalzbergbaues gewesen. Nachdem man aber in der jweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts den Wert der Kalisalze für die Landwirtschaft und die Industrie er⸗ kannt hatte, hat sich schnell der Kalibergbau und die Kaliindustrie ent. wickelt, und das Kali ist allmählich ein unentbehrliches Betriebsmittel nicht nur unserer heimischen, sondern auch der auslãndischen Land⸗ wirtschaft geworden; auch die transatlantische Landwirtschaft kann seiner nicht mehr entbehren. .
Diese günstige Entwicklung hat aber früh dazu geführt, daß die Produktion die Aufnahmefähigkeit des Marktes über- stieß. Schon im Jahre 1879 ergab sich die Notwendigkeit des Abschlusses einer Kaliverkaufgkonvention, die sich in verschie.˖ denen Formen erhalten und fortentwickelt hat und heute noch als Kalisyndikat besteht. Dieses Syndikat hat unter besonders gůünstigen Verhältnissen gearbeitet; denn die Monopolstellung Deutschlands und der Bedarf des Auslandes an Kali, der aus anderen Ländern und Quellen nicht gedeckt werden konnte, hat es dem Syndilat ermöglicht, dem inländischen Verbraucher, besonderg der inlaͤndischen Landwirtschaft, verhältnismäßig günstige Preise zu erstellen und den Ausgleich hierfũr in erheblich höheren Auslandspreisen zu suchen.
Aber gerade diese gänstigen Verhältnisse haben auch dem
zur Gründung neuer Werke gefũhrt, deren Aufnahme in
das Syndikat unvermeidlich wurde und dahin führte, daß
trowz einer steigenden Aufnahmefäbigkeit des Marktes doch ; die
Produktionariffer der einzelnen Werke dauernd eine verhãltnismãßige
Einschränkung erfahren mußte, die selbsiverstãndlich ihre Rentabilität,
wenn nicht aufhob, so doch zurückstellte im Vergleich zu den Er·
gebnissen, die den Werken vergönnt gewesen sein würden, wenn sie in
der Lage gewesen wären, ihre Betriebsmittel voll auszunutzen. Der
Fiskus, der von jeher eine führende Stellung im Syndikat und der
Kaliindustrie gehabt hat, hat es stets für seine vornehmste Aufgabe
gehalten, das Syndikat zu erhalten und seinen Bestand zu sichern,
weil er der Meinung war, daß er nicht nur die Interessen seiner
eigenen Betriebe, sondern auch die allgemeinen Interessen der übrigen
Werke und vor allem die Interessen der heimischen Landwirtschaft am
wirksamsten und sichersten durch das Syndikat fördern und schũtzen konnte.
Aber der Einfluß des Fiskus ist unter dem Eindruck der oben
geschilderten Verhäͤltnisse zurückgegangen. Während er in die Kali⸗
verkaufekonvention von 1879 mit einer Beieiligungẽziff er von über
270, eingetreten ist, ist seine Beteiligungstffer im Syndikat z. Zt.
auf 6 60/0 herabgegangen.
Man hat sich von seiten der Königlichen Staats regierung den
Bedenken nicht verschlossen, die sich aus diesem starlen Rücgang der Beteiligungsziffer des Staats mit Rücksicht auf die von ihm zu ver⸗
tretenden öffentlichen Interessen ergaben. Man hat aber, nachdem das Kalispndikat vor etwa Jahresfrist glücklich wieder zu stande gekommen war, nachdem die Vorbereitungen für die Abteufung neuer Schãchte getroffen, ein neues Werk in Betrieb genommen war, nachdem endlich die Frage der Verstaatlichung des Kalibergbaueß aufs neue in Frage gekommen, erst geglaubt, zunächst der Entwicklung der Dinge mit einiger Ruhe entgegensehen ju können. Als ich aber vor etwa sechs Monaten mein jetziges Amt übernahm, traten neue Ereignisse ein, die den Bestand des Syndikats erheblich bedrohten, und ich mußte mir die Frage vorlegen, ob der Staat gerüstet wäre, den Stürmen entgegenzutreten, die zu erwarten waren, und diese Frage mußte ich nach Lage der Verhãltnisse verneinen. Will der Fiskus das Syndikat zusammenhalten, will er eine gesunde Entwicklung des Syndikats auch für die Zukunft ge⸗ währleisten, so muß er über ein gewisses Maß von Macht verfügen, und diese Macht kann er nur behalten und gewinnen durch eine ange⸗ messene Beteiligung an der Produktion, und diese Beteiligung war zweifellos im vorigen Herbst nicht mehr vorhanden. Rechnet der Fiskus mit der Möglichkeit, die abjuwenden ich bis heute unablãssig bestrebst gewesen bin, daß das Syndikat auseinander fällt, dann muß er ebenso bestrebt sein, über einen Einfluß zu gebieten, der ihm die Möglichkeit gibt, ju einem neuen Syndikat unter Bedingungen zu kommen, die den von ihm zu vertretenden öffentlichen Interessen ent⸗ sprechen. Beides drängte also dam, die Produktionsziffer des Siekus zu erhöhen, sei es zur Stärkung seiner Position im Syndikat für dessen Erhaltung, sei es zur Stärkung seiner Position für die Bil⸗ dung eines neuen Syndikats für den Fall von dessen Zusammenbruch, und endlich mußte er darauf Bedacht nehmen, unter allen Umständen schon jetzt ju beginnen, den Besitz seiner Kalifelder und seine Kaltproduktion so zu erhöhen, daß die heimische Landwirtschaft zur Not von der privaten Kaliproduktion unabhängig gemacht werden kann.
Nun waren für die Verstäckung der Produktions;iffer des Fiskus jwei Wege gangbar. Er konnte auf den ihm verliehenen Kalifeldern neue Schächte abteufen, oder er konnte ein bereits im Betrieb befind · liches Werk erwerben. Gegen den ersteren Weg sprachen zwei durch⸗
agende Gründe:
, 1. hatte der Staat das Interesse, so rasch wie irgend möglich im Syndikat seinen Einfluß zu stärken. Das war nicht möglich, wenn er jetzt daran ging, neue Schächte abzuteufen, deren Produktion erst in geraumer Zeit auf den Markt kommen und seinen Einfluß stärken konnte. Gegen das Abteufen neuer Schãchte sprach aber auch der Umstand, daß der Fiskus auf diese Weise die an sich schon lästige Ueberproduktion an Kali vermehrt, daß er die Zahl der Dutsider, die den Bestand des Syndikats gefährden, vermehrt haben würde. Das war, sowie die Dinge zur Zeit lagen, unter allen Um⸗ ständen zu vermeiden. —⸗
Wollte man aber zur Zeit auf das Abteufen neuer Schächte ver⸗ zichten, so blieb nur der zweite Weg des Erwerbes eines geelgneten Werkes übrig. Bei der Auswahl dieses Werkes war in erster Linie darauf Bedacht zu nehmen, daß es ein im Syndikat stebendes Werk war; denn nur ein solches konnte den oben von mir erörterten Zweck voll erfüllen. Es war jweltens darauf Bedacht zu nehmen, daß es ein geeignetes, in seinen Produkten und in seiner Produktionsfähigkeit für die Zwecke des Fiskus passendes Werk war.
Diese Erwägungen haben dazu geführt, im vorigen derbst Ver. handlungen anzubahnen, die zu den Ihnen bekannten Verträgen mit der Gewerkschaft Hercynia geführt haben.
Nun, meine Herren, ist eine weitere Frage, die mir im Laufe der letzten Monate wiederholt vorgelegt ist: hätte der Fiskus seinen Zweck nicht billiger erreichen können? hätte er nicht auch den Besitz dieser Gewerkschaft zu einem billigeren Preise erwerben können, wenn er zu einem anderen Zeitpunkt gekauft hätte?
Meine Herren, was die Preisfrage anbetrifft, so müssen wir uns eins gegenwärtig halten: der Fiskus kauft nicht als Kaufmann, der bei der Sache viel verdienen will, sondern er kauft aus Gründen des offentlichen Wohls und des öffentlichen Interesses. Er kann sich also den Zeitpunkt für seinen Kauf nicht lediglich nach dem Gesichtspunkte des Preises aussuchen, sondern er muß ihn aussuchen mit Rück⸗ sicht auf die sonstige Lage der Dinge. Selbst wenn ich aber erwogen hätte, daß ich unter Umständen für den Fall eines Niedergangs der Kaliindustrie, für den Fall des Augeinanderfallens des Syndikats, vielleicht in der Lage gewesen wäre, billiger zu kaufen, so muß ich mir sagen, daß, wenn ich dieses Ziel konsequent verfolgen wollte, ich damit beginnen mußte, das Syndikat zu Bruche gehen zu lassen. Nur dann würde ich in der Lage gewesen sein, in absehbarer Zeit das Ziel eines billigen Kaufes vielleicht ju erreichen. Dieser Weg verbot sich aber; denn es kann meines Erachtens nicht die Sache des Staats sein, jur Erreichung seiner Zwede eine Einrichtung wie das Syndikat zu Bruche ju treiben und damit eine gane Reihe schwächerer, füngerer, wenig leistungsfähiger Werke an den Rand des Abgrunds zu bringen und auf diese Weise daju mitzuhelfen, daß ein Teil des in dlesen Werken investierten Vermögeng verloren geht. Das kann ein einjelner Geschäflsmann versuchen. Der Fiskus soll von einem solchen Unternehmen die Hände fortlassen.
Syndikate dauernd Gefahren und mancherlei Erschũtterungen gebracht. Die günstigen Grgebnisse des Syndikats haben dauernd
(Schluß in der Zweiten Bellage)
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
November und Dezember, ergaben, wenn überhaupt rechtzeltig un
; über nicht ohne Gefährdung des Syndikats der Fiskus seinen Zweck erreichen Wie baben dit Köber er nung! daß biese Nerhältutsse niht gunffäß
wollte.
Run haben Sie ja aus der Begründung bereits entnommen, daß nach der Berechnung der mir zur Seite stehenden Sachverständigen
die Hercynia ein für die Zwecke des Fiskus hervorragend geeignete
Bergwerk ist, daß mit aller Bestimmtheit, auch ungünstige Chancen
angenommen, damit gerechnet werden kann, daß es dem Fiskus di
zum Ankauf erforderliche Summe verzinst und rechtzeitig amortisiert. Es würde also von diesem Gesichtspunkte aus gegen den Preis nichts Wenn Sie gleichwohl aber den Preis höher finden follten, alg er nach Lage des Kuxenmarktes jetzt und vor einigen sollte Monaten vielleicht gerechtfertigt werden könnte, so müffen Sie noch eine ein Moment ur Rechtfertigung der anzulegenden Summe berück⸗
einzuwenden sein.
sichtigen.
Ich hatte zwei Wege, die zum Ankauf des Werks führen konnten: Ich konnte einmal unter der Hand die Kuxe aufkaufen lassen, eine Majorität in gewinnen suchen und auf diese Weise mich in den Besitz des Bergwerks setzen. Dieser Weg war nach meiner Ansicht in diesem Falle und wie die Dinge hier lagen, unter allen Umständen zu vermeiden. Denn ich mußte alles vermeiden, was irgendwie den an sich schon un—⸗ ruhigen Kalimarlt noch mehr beunruhigen und die Kaliwerte noch weiter in die Höhe treiben konnte, als es schon die Situation ergab. Das wäre aber jweifellos der Fall gewesen, wenn plötzlich Aufkäufer des Fiskus auf den Markt gekommen und Kalikuxe angefordert hätten. Wenn ich aber auch den vorhin beschriebenen Weg beschritten hätte, so würde ich dadurch jweifellos die Preise ungleich höher getrieben haben, als sie sich jetzt gestaltet haben, wo ich schließlich durch eine Einigung mit der Gewerkschaft im ganzen zu einem Abschluß gekommen bin,
den ich selbftverstãndlich auch nur erreichen konnte, wenn ich der Mehr⸗
heit der Kuxenbesitzer den Verkauf als ein begehrenswertes Geschäft
wachte.
Das, meine Herren, sind die Gründe, die, wie ich hoffe, den Ankauf der Hercynia Ihnen gegenüber rechtfertigen, die Ibnen die Höhe des anzulegenden Preises begründet erscheinen lassen werden. Etwaige Einzelfragen nach dieser Richtung hin werden ja in der Kommission, der Sie ja vermutlich den Gesetz entwurf überwelsen werden, zu erörtern sein.
Ich möchte nur noch einmal zur Vermeidung von Mißverständ⸗ nissen betonen: Ich halte es für die vornehmste Aufgabe des Fiskus, das Syndikat zu erhalten resp, falls es nicht zu erhalten sein sollte, für die Möglichkeit einer zweckmäßigen und baldigen Erneuerung des⸗ selben zu sorgen, da nur auf diesem Wege eine Entwicklung der Dinge sichergeftellt werden kann, die sowohl den Interessen der beimischen Produzenten wie auch der heimischen Konsumenten gerecht wird. Hierdurch will ich zu der Möglichkeit gelangen, die deutsche Land⸗ wirtschaft unabhängig von der privaten Produktion zu versorgen. Das sind die Gründe, meine Herren, aus denen ich Ihnen die Annahme des Gesetzentwurf warm empfehle.
Abg. Stackmann (kons.): Der Minister hat mit Recht darauf hingewiesen, daß weder der Bestand des preußischen Nationalvermögens an Kalisalmzen an das Ausland verschleudert werden darf, noch im Inlande ju Ungunsten der Landwirtschaft die Produzenten eine zu e. Machtstellung ausüben dürfen. Der Minister glaubt, diesen
ufgaben gerecht werden zu können, indem er den Einfluß der Re⸗ gierung innerhalb des Syndikats durch den Ankauf der Percynia von C66 o auf etwa 10,9 oo steigert. Wir werden den Minister in einem Vorgehen unterstützen, aber wir fragen uns doch, ob durch diese
orlage die ausgesprochene Absicht erreicht werden kann. 10,9 0 an Einfluß im Syndikat können nicht ausschlaggebend sein; in der letzten * sind auch deutliche Fingerreige dafür gegeben worden, daß die Gefahr einer vollständigen Auflösung des Syndikats vorliegt. Die Unterlage für das ganze Unternebmen ist anscheinend eine gesunde; denn wir sehen aus dem der Vorlage beigegebenen Quer- profil, daß die vorhandenen Lager von Kalisalzen noch ungeheuer abbaufähig find. In den Verträgen, die die Hercynia hat abschließen wmüssen zur Führung ihres Betriebes, finden wir aber Sonder⸗ bestimmungen, deren Zeitraum sehr eng begrenzt ist. Es soll ein Förderjins von 1 resp. 2 8 pro Zentner Kalisalz an den All⸗ gemeinen Klosterfonds in Hannever bejahlt werden, außerdem 8 9/o vom reinen Gewinn. Diese Ziffern können nicht obne weiteres akieptiert werden. Wir balten eine eingehende Kommissionsberatung für notwendig und beantragen, die Vorlage an die Budgeikommission zu verweisen.
Abg. Hilbck (nl): Meine politischen Freunde schließen fich dem Antrag auf Ueberweisung an die Budgetkommission an. Wir halten den Preis von 30 Millionen für einen verhältnis. mäßig sebr hohen; die Vorlage muß eingebend gepsüft werden. Die Regierung hat einen faux pas wr. daß sie seit 1879 nichts getan hat, um ihren Emfluß auf das Kalisyndikat zu stärken, der dadurch um * heruntergegangen ist. Zu er— warten ist wohl, daß die Klosterkammer in eine Verlängerung des Betriebes des Bergwerk über die Zeit des jetzigen Vertrages hinaus einwilligt, was die Heicynia selbst wahrscheinlich nicht ju gestanden bekommen hätte. Dann wird auch die Amortisation er⸗ keblich länger ausgedehnt werden können, als die Vorlage vorsieht. Die Rente, welche die Klosterkammer aus dem Bergweik bezieht, kommt der Wissenschaft zugute, denn sie wird größtenteils zur Er⸗ baltung der Univeisität Göttingen benutzt. Es ist sehr fraglich, ob die Rente aus dem Bergwerk noch berausgewirtschaftet werden kann, wenn der Staat es nicht übernimmt. Ob die Sache glückt, hängt allerdingsZs ron vielen Einielheiten, namentlich auch von den leitenden Peisonen ah. Qt bängt es von dem Wirken eines einzigen Mannes ab, ob das Syndikat zusammen bleibt, denn es ist nicht leicht, viele Köpfe unter einen Hut zu bringen, da alle bei der Verteilung zu kurz zu kommen fürchten. Im Syndikat kann der Staat einen ie Einfluß ausüben. Man kann erwarten, daß das Syndikat seine Ziele erreichen kann. Der Absatz im Ausland ist enorm gestiegen, und es sind im Aueland gute Preise erzielt worden. Allen dings wird die Vorlage in der Kommission noch sehr genau zu piüfen sein, aber wenn wir das Syndikat siärken wollen, so wird die Vorlage dazu dienen können.
Abg. Dr. von Woyna (reikons.): Ich kann die Verbältnisse der
Berlin, Mittwoch, den 4. April
wicht gelegt werden, daß gerade Die Klosterkammer ju kontroll Provinziallandtages, und dieser d daß die Klosterkammer weicher ist
wird scharf darüber in diesem Falle dem Staate als der Privatindustrie
liegen, und es vielleicht richtiger gewes zu denken. doch ein anderes Gesicht. Auch
meine Freunde
ung entscheidend sein muß bei der
e Golo auf etwa 11 0,9 der Zahl nach
zu erhalten. Wir haben diesen Gesich und dann ein mächtiger beberrschende Stellung einnehmen kann. punkt halten wir fast noch für wichtig
Staat auf dem Diesen Gesichts⸗
Frage der Syndikate überhaupt einer sorgfältigen Prüfung in der FKommission bedürfen, und daß wir nach dem Ergebnis der Prüfung uns die Entscheidung vorbehalten müssen.
Minister für Handel und Gewerbe Delbrück:
Meine Herren! Ich bitte, auf die Ausführungen der letzten Herren Redner mit wenigen Worten zurückgreifen zu dürfen. Von seiten des Herrn Abg. Hilbck wie auch der übrigen Herren Redner ist die Frage aufgeworfen worden, ob denn tatsächlich der Ankauf eines Werkes zur Zeit das geeignete Mittel sei, um die von uns ver— folgten Ziele zu erreichen, und ob man nicht mindestens der König⸗ lichen Staate regierung den Vorwurf machen mäßte, daß sie nicht rechtzeitig mit geeigneteren Mitteln darauf Bedacht genommen habe, ihren Einfluß auf dem Gebiete der Kaliproduktion zu stärken. Dem gegenüber möchte ich eins bemerken. Wenn der Fiskus wirklich und mit Erfolg die Entwicklung der Kaliproduktion und die Entwicklung des Kaliabsatzes in die Hand nehmen wollte, dann mußte er den Weg beschreiten, der zum Monopol führt. Diesen Versuch hat der Staat gemacht; die entsprechende Vorlage ist im Jahre 1894 abgelehnt worden, und es ist natürlich mit jedem Jahre schwerer geworden, mit einer derartigen Vorlage wiederzukommen. Nachdem man aber auf den Weg der Monopolisierung des Kalibergbaues hatte verzichten müssen, war man in einer schwierigen Lage. Denn der Fiskus mußte sich immer sagen, daß jedes neue Werk, das er anlegte, ja die Haupt- schwierigkeit, mit der wir zu kämpfen haben, nämlich die Ueber- produktion, noch steigerte. Der Fiskus mußte sich immer sagen, daß es gerade für ihn schwierig war, die Rolle ju spielen, die denj⸗nigen zufällt, die mit einem Werke im Syndikat und mit einem Werke außerhalb des Syndikats stehen und nun in die schwierige Lage kommen, ihre Pflichten als Syndikatsmitglied zu vereinigen mit ihren Interessen als Dutsider. Meine Herren, das ist die Situation, die meines Erachtens die Staatsregierung mit Recht zu vermeiden gesucht hat und die es wohl erklärlich erscheinen läßt, wenn sie mit dem Abteufen neuer Schächte auf den ihr gehörigen Werken immerhin mit einiger Vorsicht und langsam vorgegangen ist. Dann möchte ich folgendes anführen: Es ist ja durch die lex Gamp erneut die Frage angeregt, ob und inwieweit unser Fiskus eventuell zu einer Monopolisierung des Kali- bergbaues auch heute noch überzugehen haben würde. Diese Frage ist aber nach Lage der Verhältnisse unter allen Umständen vor Ablauf von 1 bis 11 Jahren nicht zur Entscheidung zu bringen, und selbst wenn ich im vorigen Herbst mir über meine Stellung zu dieser Frage völlig klar gewesen wäre, konnte ich immerhin nicht übersehen, wie die Häuser des Landtags sich zu der eventuell von mir zu machenden Vorlage stellen würden, und ich mußte daher unter allen Umständen, in einem Moment, wo mir die Existenz des Kalisyndikats in hohem Maße gefährdet schien, darauf bedacht sein, mir den nötigen Einfluß, und zwar rasch, zu sichern, den ich brauchte, um eventuell das Syndikat zusammenzuhalten oder nach einem Zusammenbruch wieder zusammen⸗ führen zu können, und diese Erwägung hat zu den Ankaufsverhandlungen mit der Hercynia geführt.
Nun ist von den Herren die Frage aufgeworfen worden, ob wir denn nicht ein geeigneteres Werk hätten bekommen können. Ja, meine Herren, ich bitte, die Schwierigkeiten, die sich einem derartigen Ankauf durch den Fiskus überbaupt entgegensetzen, nicht zu unterschätzen. Wenn wir mit einem Weik verhandelten, dessen Kuxe zu einem nicht unerheblichen Teil im Besitze von Syndilatswerken waren, die ebenso wie der Fiskus an einer Steigerung ihrer Produktionsziffer interessiert waren, konnten wir sicher sein, daß wir einen Korb be⸗ kamen. Dasselbe galt von den Kuxen solcher Werke, die unmittelbar an einer Schwächung des Fiskus interessiert waren. Wir mußten also nach Lage der Verhältnisse versuchen, ein Werk zu finden, bei dem von vornherein zu erhoffen stand, daß man mit einiger Aussicht auf Erfolg in Ankaufsverhandlungen eintrat; denn, meine Herren, auch darüber dürfen Sie sich nicht tãuschen: ein mißglückter, bekannt gewordener Versuch des Fiskus zum Ankauf eines großen Werks würde auf dem ganzen Kalimarkt sehr unerfteuliche Wirkungen äußern. Das alles hat uns natürlich gewisse Fesseln auferlegt, bestimmte Bahnen vorgeschꝛieben, die schließlich ju
dem Vertrage mit der Hercynia geführt haben, zu einem Preise, der wie es scheint, der Mehrzahl von Ihnen ju boch erscheint. (Zu-
stimmung)
Meine Herren, die Sache ist eingehend von seiten der mir bei
gegebenen Herren Techniker geprüft worden, und ich hoffe, daß wir
heute noch und später in der Kommission durch die dort zu gebenden
Aufschlüsse Ihre Berenken beseitigen werden.
Betonen möchte ich nur noch eins. Selbsiverständlich wird der
Fiskus daran gehen müssen, im geeigneten Momente neue Schächte
Hercvnin nicht so besonders günstig beurteilen. Die Frage der Dauer des Vorkommen von Gꝛeelsaljen und des Abbaues ist noch keines wegs
abjzuteufen und seine eigene Kaltproduktion auf diesem Wege zu ver⸗
geklärt. In der Kommisston wird von meinen Freunden darauf Ge⸗ über diese Frage uns von
rer G n t. . ; J anderer Seite als von der 2 Gutachten vorgelegt werden
; ren, ist Sache des hannov dingungen, wie sie die Verhältnisse des vorigen Herbstes, der Monate 2
wachen, gegen· gegenüber.
en wäre, an ein anderes Werk Aber von der staatspolitischen Seite gewinnt die Sache j de sind überzeugt, daß die Stärkung des Staates im Kalisyndikat in der Hauptsache für
. Beurteilung dieses Vorgehens. Allerdings wird durch die Erhöhung der Quote des Staates von . r der Einfluß des Staates nicht besonders gestärkt, aber schon in dem Wollen zeigt sich, daß die Entwicklung dahin geht, den Staat möglichst mächtig im Syndikat tspunkt vor allem für den Moment im Auge, wo das Syndikat einmal zusammenbrechen Kalimarkt
als die Frage, welche Stellung der Staat gegenwärtig im Syndikat haben soll. Wir sind überzeugt, daß der bohe Preis, die ungeklärten Verhältnisse der Hercynia, die schwierigen allgemein⸗wirtschaftlichen 2 und die
erreichen zu mũssen, überhaupt nicht der gangbare.
4 Abg. Cassel (fr. Volkep.): An der Erörterung der Frage, ob der Staat mit einem andern Vorgeben besser getan hätte, will ich mich nicht beteiligen. Meine Freunde sind gegen eine Monopolisterung, weil wir aus allgemeinen staatlichen und wirtschaftlichen Gesichte punkten die Bergwerke nicht in eine Hand geben wollen. Wir wollen Industrie und Landwirtschaft mit ibren Bedürfnissen nicht vom Staate allein abhängig machen. Aber diese Anschauungen erfordern es nicht, daß wir uns 2 Anka uf durch den Staat widersetzen. So haben wir für die Erwerbung neuer Kohlenfelder durch den Staat gestimmt. Wenn wir bei dem Ankaufe der Hiberniag Widerstand leisteten, so geschah es, weil der Ankauf in Widerspruch mit den Erklärungen der Reglerung von 1902, daß sie keine weiteren Bergwerke ankaufen wolle, stand. Wir stehen aber dem Verlangen der Regierung, einen Einfluß auf das Kali- syndikat zu gewinnen, durchaus nicht unsympathisch gegenüber; denn dieses Syndikat liefert seine Produkte ganz im Gegensatz zu anderen Syndikaten nach dem Jalande, der Landwirtschaft, billiger als nach dem Auslande. Wenn es auch erfreulich ist, daß der Handelsminister durch dieses Gesetz die Interessen der Landwirtschaft wahrnehmen will, so sähen wir es aber auch gern, daß die Interessen des Handels wahrgenommen werden, und wir glauben, gerade bei dem Handelsminister damit an die richtig: Adresse zu kommen. Wir bitten, dahin zu wirken, daß der Rabatt auf Kali, den die landwirtschaftlichen Einkaufsgenossenschaften erhalten. wenigstens auch den Handelsgesellschaften eingeräumt wird. Dieser Unterschied ist nicht zu rechtfertigen. Was das Kaufobjekt selbst angeht, so soll ja die Qualität der Salje eine gute sein, aber es ist fraglich, ob die guten Salze nicht schon frühzeitig vor den geringeren gefördert worden sind. Ebenso scheint auch mir der Preis ein sebr hoher zu sein. Alle diese Bedenken müssen in der Kommission geprüft werden; von dem Ergebnis dieser Prüfung machen meine Freunde ihre endgültige Stellungnahme zu diesem Gesetz abhängig.
Minister für Handel und Gewerbe Delbrück:
Meine Herren! Ich habe vorhin die Vorlage von 1894 erwähnt, die den Zweck hatte, dem Fiskus das Recht des Kalibergbaues zu reservieren, und dabei das Wort Monopol gebraucht. Diese Bemerkung hat dem Abg. Cassel zu einer längeren Betrachtung über die Be⸗ rechtigung des Staatsmonopols auf dem Gebiete des Bergbaues Ver- anlafsung gegeben, und ich möchte jur Vermeidung von Mißverständ⸗ nissen im Anschluß an diese Aus ührungen nur feststellen, daß es sich weder beim Kali noch bei anderm Mineral so, wie die Dinge heute liegen, darum handeln kann, den gesamten Bergbau in dem Sinne ju monopolisieren, daß der Staat etwa die vorhandenen Privatwerke aufkauft. Es kann sich nach Lage der Verhältnisse nur um die Frage handeln, ob und in welchem Umfange sich der Fiskus noch nicht ver⸗ liehene Felder für den Abbau reservieren will, um einmal eine Möglichkeit in der Beschränkung der Produktion zu baben und sich andererseits dasjenige Maß von Einfluß auf die Preisbildung und die Art des Betriebes zu sichern, die auch Herr Abg. Cassel eben alt berechtigt und wünschenswert anerkannt hat. Das wollte ich hier nur zur Vermeidung von Mißverständnissen feststellen. Die von Ihnen erwartete Vorlage, die die lex Gamp ersetzen soll, wird über die von mir selber gezogenen Grenzen unter keinen Umständen hinausgehen.
Oberberghauptmann von Velsen: Von verschiedenen Seiten ist behauptet worden, daß die Hercynia die . Salze mehr abgebaut habe als die geringeren. Das ist richtig, aber das macht jedes Werk so. Welche Veranlassung sollte man auch haben, es umgekehrt zu tun? Es kann sich nur darum handeln, ob die Hercynia unwirtschaftlich verfahren ist, und diese Frage kann bestimmt verneint werden. Von den hochprozentigen Salzen dieses Werkes sind bisher 233 Mill. Kubikmeter aufgeschlossen, das Material reicht aber noch aus, um 159 Jahre lang in derselben Weise gesördert zu weiden; im Mindest⸗ falle bleiben noch 120 Jahre. — Im Gegensatz zum Steinkohlen⸗ kö die steile Lage der Felder beim Kalibergbau kein ndernis. Abg. Dr. Por sch (Zentr ): Meine politischen Freunde sind mit Verweisung der Vorlage an die Budgetkommission einverstanden. Dort möge man das Für und Wider prüfen; wir werden unsere Beschlußfassung von dem Ergebnis der Prüfung abhängig machen. Für heute bemerke ich nur, daß wir der Vorlage mit Wohlwollen gegenũberstehen. Damit schließt die Diskussion. Die Vorlage wird an die Budgetkommission überwiesen.
Präsident von Kröcher bemerkt, daß er die nächste Sitzung für den 24. April vorgeschlagen hätte, daß aber der Schwerpunkt der Geschäfte des Hauses jetzt in den Kommissionen, namentlich in der Schulkommission liege, die einige Tage 2 den Osterferien für sich en,, babe. In der Erwartung, daß die Fommissionen diese age für ihre Beratungen benutzen würden, schlage er die nächste Sitzung für Mittwoch, den 2. Mai, Nachmittags 2 Uhr, vor mit der Tagesordnung: Petitionen und Anträge. Das Haus ist damit einverstanden. Der Präsident teilt ferner mit, daß er am 3. Mai die nochmalige Abstimmung über die Wahlrechtsvorlagen auf die Tagesordnung setzen werde.
Schluß 21 Uhr.
Sandel und Gewerbe.
( Jus den im Reichsamt des Innern zu sammengestelnten Nachrichten für Handel und Fb n,
Rußland.
Verjollung von Teilen von Maschinen und Appa— raten. Nach einer vom Minister für Handel und Industrie im Einverständnis mit dem Finanzminister auf Grund der An merkung 1 ju Artikel 167 des Zolltarifs vom 15. Januar 1903 er- fen Verfügung sind als Ersatzteile (Reserveteile) von
aschinen und Apparaten, die jusammen mit diesen eingeführt werden, solche Teile anzusehen, die, ohne jum Bestand der Maschinen und Apparate zu gehören, lediglich zum Ersatz von vorhandenen gleichartigen Maschinenteilen dienen. Die jusammen mit den in A tikel 167, Punkt 1, Lit, a, H und e, genannten Maschinen und Apparaten eingeführten Ersatzteile aus Gußeisen, Eisen und Stahl werden nur bis zum Betrage von 10 vom Hundert (einschließlich) des Gewichts der zugehörigen Maschine bejw des Apparates nach den entsprechenden Säßen des Ariikels 167, Punkt 9, , über diesen Betrag hinaus sind sie nach Artikel 167, Punkt 7 Lit b, jn verzollen. (Russische Handels und Industtie Zeitung Nr. 92 vom 21. Februat / 6. Har; dos)
mehren; aber dieser Weg, meine Herren, war in den hinter unt
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liegenden Jahren, wie ich vorhin schon ausgeführt habe, bedenklich und er war zu den Ziele, das ich glaubte im vorigen Herbst rasch
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