1906 / 106 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 05 May 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichstag. 94. Sitzung vom 4. Mai 1906, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Ordnung des Reichs⸗ haushalts und die Tilgung der Reichsschuld, und zwar „Besteuerung der Zigaretten“.

Ueber den Beginn der Verhandlungen ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Nach dem Abg. Dr. Jäger (3Zentr.) nimmt das Wort der

Staatssekretär des Reichsschatzamts Freiherr von Stengel:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat an die verbündeten Regierungen das Ersuchen gerichtet, sie möchten bei der Aus⸗ arbeitung der Ausführungsbestimmungen zu dem seinerzeitigen Gesetze es doch nicht unterlassen, auch Sachverständige aus der Zigarettenindustrie einzuvernehmen. Meine Herren, ich kann hierauf wohl sofort, und zwar die Zustimmung der verbündeten Regierungen voraussetzend, die Antwort erteilen, daß ich dieses Verlangen als ein durchaus berechtigtes anerkenne. Ich nehme an, daß die verbündeten Regierungen und schon die Reichsschatzpberwaltung der Ausgestaltung der Ausführungk⸗ bestimmungen nicht näher treten werden, ohne vorher Sachkundige aus dem betreffenden Industriezweige einvernommen zu haben. Vorausgesetzt muß dabei natürlich werden, daß die Sachverständigen, die wir um Auskunft und um Mitarbeit bitten, ihrerseits auch ge⸗ neigt sind, unserem Ersuchen Folge zu geben. Ich muß leider sagen, daß wir in der jüngsten Zeit in der Richtung schon etwas traurige Erfahrungen machen mußten und da und dort schon auf Widerstand stießen, wenn wir von Sachkundigen aus dem keteiligten Industrie⸗ zweige uns nähere Informationen verschaffen wollten. Indes soll uns das nicht abhalten, unsere Versuche nach dieser Richtung hin zu er⸗ neuern.

Weil ich nun gerade das Wort habe, möge es mir gestattet

sein, über diese Vorlage und über ihren Werdegang seit der Ein⸗

bringung einiges zu bemerken.

Meine Herren, gerade dieser Teil der Reichsfinanzreformvorlage, der Zigarettensteuergesetzentwurf, ist wohl mit einer der Steuer—⸗ vorschläge, welche in der Oeffentlichkeit und insbesondere auch in der Presse von Anfang an eine verhältnismäßig beifällige Beurteilung er⸗ fahren haben. Es ist allerdings auch dieser Teil der Reichefinanz- reformporlage in der Oeffentlichkeit nicht gerade mit Jubel begrüßt worden. Aber auch sonst ist es ja nicht üblich, daß man Steuer⸗ vorlagen von seiten der Bevölkerung freudig aufnimmt, das darf uns deshalb auch hier nicht wundernehmen. Jedenfalls hat auch bei der Mehrheit der Kommission, die sich, wie ich anerkennen muß, mit ganz besonderer Gründlichkeit und mit besonderem Eifer der Be⸗ arbeitung der Vorlage gewidmet hat, gerade dieser Gesetzenkwurf von Anfang an eine günstige Aufnahme gefunden. Selbst die be—⸗ teiligte Industrie bat von Haus aus eigentlich einen prinzipiellen Widerstand gegen diesen Teil der Reichsfinanzreformvorlage nicht zu er⸗ kennen gegeben. Es ist vielmehr auch von Vertretern der Zigaretten industrie sowohl in der Presse als auch uns und Mitgliedern der Kommission gegenüber mehrfach ausdrücklich anerkannt worden, daß an sich die Zigarette einer höheren Besteuerung recht wohl fähig sei, daß sie eine höhere Besteuerung recht wohl würde tragen können.

Danach ist also die grundsätzliche Frage, ob die Zigaretten⸗ besteuerung an sich als zulässig und zweckmäßig erachtet werden könne, in der Oeffentlichkeit in bejahendem Sinne eigentlich schon entschieden.

Der Widerstreit der Meinungen sowohl in diesem hohen Hause als auch extra muros hat sich von Anfang an eigentlich nur gedreht um die zweckmäßigste Form der Besteuerung abgesehen noch von ihrer Höhe. Nun hatten die verbündeten Regierungen bekanntlich die Besteuerung des zu den Zigaretten zu verwendenden Papiers in Vorschlag gebracht. Dagegen hat sich aber sofort aus dem beteiligten Industriezweige ein lebhafter Widerstand erhoben, der seinen Einfluß auch auf die Beratung in der Kommission und wohl auch in diesem hoben Hause selbst, jedenfalls aber auf die Beratung in der Kom- mission geltend gemacht hat, deren Mehrheit demnächst auch ver⸗ schiedene Bedenken wie ich anerkennen muß: auch recht beachtens⸗ werte Bedenken gegen diese Art der Besteuerung ins Feld führte.

Die Kommission ist nun nach mühevollen Arbeiten, nach 12 langdauernden Sitzungen, nach eingehenden Sludien und Informationen, die sie sich über die Eigentümlichkeiten dieses Industriezweiges zu verschaffen suchte, zu dem Ergebnis gelangt, dem Banderollensystem den Vorzug zu geben, einem System, welchez auch in verschledenen anderen großen Staaten mit gutem Er⸗ folg angewendet wird und dort die Probe bestanden hat. Die ver⸗ bündeten Regierungen haben zwar ihrerseits zu diesem von der Kommission vorgeschlagenen neuen System formell noch nicht Stellung genommen; aber ich habe doch Grund zu der An nahme, daß sie geneigt sein dürften, ihrerseitsz dem von der Kom mission vorgeschlagenen System, sofern auch das hohe Haus ihm zustimmen sollte, die Genehmigung zu erteilen. Die verbündeten Regierungen sind mit der Mehrheit der Kommission von Anfang an der Meinung gewesen, daß man die Steuerform unter allen Umständen möglichst den Bedürfnissen des betreffenden Industriezweiges anzu⸗ passen habe. Sie werden wohl auch die Auffassung teilen, daß gerade die Banderollensteuer geeigneter ist, sich den Bedürf⸗ nissen der Zigarettenindustrie anzupassen, als es die ursprünglich von den Regierungen selbst ins Auge gefaßte Zigarettenpapiersteuer viel⸗ leicht gewesen wäre. Ich kann nur wiederholen: auch die verbündeten Regierungen sind durchaus geneigt, jeden Vorschlag gerne zu akzep- tieren, der gerignet ist, störende Eingriffe in die Industrie möglichst zu vermeiden und fernzuhalten. Sofern etwa im Laufe der Be— ratungen in dieser Richtung noch weitere Wünsche hervortreten sollten, glaube ich schon im voraus in Aussicht stellen zu können, daß, wenn

nur in der Hauptsache der davon erwartete Steuerertrag nicht bein.

trächtigt wird, die verbündeten Regierungen solchen Erleichterungen auch ihrerstits gern näher zu treten geneigt sein werden. (Zurufe.)

Eines, meine Herren, möckte ich aber doch hervorzuheben nicht unferlassen. Eine ganz eigentümlich: Wandlung hat sich im Laufe der Monate innerhalb der Kreise der Zigarettenindustrie selbst allmählich vollzegen. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Während anfänglich eine Reihe von Vertretern aus der Iigerettenindustrie selbst grundsätzlich geneigt schien, der Banderollen⸗ steuer einen gewissen Vorzug einzuräumen vor der Zigaretten

eingeführt So dirigiert der Trust seine Leute allmählich auf ein engeres Ziel; schließlich wird die Schlinge nue een, die Leute

papiersteuer, wie sie von selten der Regierung in Aussicht ] höchstens 19 3 Herstellungskosten heraus. Dem bisherigen Arbeitslohn von 6is3 Mill. Mark stehen dann nur is4 Million an Unkosten gegen. genommen , n, n ö. . Arbeitern werden also abr lich 6 Millionen Arbeitslohn

dem Augenblick, als die Kommission sich ihrerseits für das Banderollen⸗ system entschieden hatte. Von dem Augenblick wurde aus der Industrie selbst und ich glaube, nicht zu irren teilweise auch von denselben Vertretern, die die Banderollensteuer empfohlen hatten, gerade dieses System auf das heftigste angegriffen und nun plötzlich wiederum die von den verbündeten Regierungen vorgeschlagene Paptersteuer zur Annahme empfohlen. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen; Zuruse links) Jetzt werden auch sonst wieder vielfach Slimmen laut, welche gerade der Papier- steuer unter allen Umständen gegenüber der Banderollen⸗ steuer den Vorzug einzuräumen geneigt sind, weil sie sich gerade von dieser Steuerform eine ganz besondere Rücksichtnahme auf die Interessen der Zigarettenindustrie versprechen. Und anderseits ist dagegen in der jüngsten Zeit noch ein weiterer Gedanke, ein neuer Vorschlag zu Tage getreten, nämlich der: einen Zuschlag zum Rohtabakzell einzuführen. Die Kommission hat geglaubt, diesen Vorschlag ablehnen zu sollen, weil sie meinte, daß bei einem solchen Systeme die gebotene Rücksichtnahme auf die Steuerkraft der

von 6 bis 7000 Handarbeitern. Auch die Hilfsindustrien, die Kartonnagen⸗ und Blechwarenindustrie sowie, zahlreiche Personen werden an ihrem bisherigen Erwerbe geschädigt werden. In der Kommission wurde einfach bestritten, daß Leute brotlos gemacht werden, und man hat die Entschädigung der Brotloswerdenden abgelehnt. Diese Leugner haben die Pflicht, unsere Behauptung rechnerisch zurückzu— weisen, den Beweis zu führen, daß es möglich ist, die Handarbeiter weiter zu beschäftigen. Dann hieß eg, wenn wirklich einige brotlos werden, so fänden sie ja leicht ein Unterkommen als Dienstmädchen und Mägde auf dem Lande, was ihrer Gesundheit 6 zutrãglich . würde. Diese Allgemeinheiten stehen nicht auf besonderer geistiger Höhe. Die Agrarler werden ihren Mägden pro Woche 15 16 4 zu zahlen sich schoͤn bedanken. Sobald diese Mädchen aus der Industrie herausgerissen sind, nützen sie der Familie nichts mehr. Es wird . nichts anderes übrig bleiben, als in der Stadt zu

genommen. Die Annahme der . bedeutet die Brotlosmachung

bleiben, well sie zur Landarbeit nicht tauglich sind, und bei der Ueber⸗ füllung der übrigen Branchen wird ein großer Teil von ihnen in die Aime der Prostitution getrieben werden. Diejenigen, die das Gesetz annehmen, übernehmen damit eine sehr schwerwiegende moralische Ver⸗ antwortung. Die Steuer ist ein direkter Aufreiz e Lohnherabsetzung, darum hat man in Amerika die Banderollensteuer schon binnen

Konsumenten nicht genügend zu ihrem Rechte komme. Auch ich ee , n n . r. , 3 j er Entruͤstung gegen diese . an eine

. en 3 . * Staffel, z. B. eine 10prozentige Steuer, so würde die Einpfennig.⸗«

as ja auch be üzlich der Zigarettenpaplersteuer zu. zigarätte ganz auz dem Handel vert winden. Die Zweipfenni

geben muß, geeignet sein wird, die gleiche sozialpolitische zigarette würde 11,55 3 Besteuerung kosten. Da sie mit 12 6 vro

Mille verkauft werden soll, so bleibt dem Unternehmer nur ein Ge— winn von 45 3 pro Mille. Damit kann er nicht auskommen. Er muß mindestens 125 16 verdienen, und die Folge wird sein, daß er die Differenz am Lohn abzieht. Die Herstellung wird vellständig in die Heimarbeit gedrängt werden. Wie man aber hier die Kon⸗ trolle durchführen will, ist eine andere Frage. Durch einen Streik könnte man in diesem Falle die Löhne nicht aufrecht erhalten, weil die ,,, durchweg nicht organisiert sind. Es wird dasselbe eintreten wie 1879. Tie Fabrikanten werden ihre Fabriken auf das flache Land verlegen, weil sie dort billigere Arbeiter finden. Warum bleibt man nicht lieber bei dem alten Gewichtssystem? Die Regierung hat erklärt, es komme ihr auf das System nicht an, sondern nur darauf, möglichst viel Geld herauszuschlagen. Für die Industrie ist die Eihöhung des Gewichtesystems immer noch dag ge⸗ ringere Uebel. Das Banderollenspstem erheischt einen sehr kostspieligen ungeheuren Kontrollapparat für die zahlreichen Betriebe. Die Händler baben heute noch gar keine Ahnung, was ihnen bevorsteht. Wüßten sie, welche Kontrolle ihnen droht, so würden sie sich wie ein Mann gegen diese Vorlage erheben. Der kleine Händler bestimmte bisher den Verkaufspreis seiner Ware selbst, entsprechend den Spesen, die er hatte. Für die Folge hört das auf; der Bestimmende wird der Fabrikant sein und sein müssen. Jeder Kunde weiß auch, wie hoch die Preise sind. Die Trusts und einige Großfabrikanten werden die

Rücksicht auf die Steuerträger zu üben, wie die Banderollen—⸗ steuer vermöge ihrer Staffelungsfähigkeit. Wir hegen außerdem gegen den Gedanken eines Zollzuschlags hier auch noch das weitere Bedenken, daß die Kontrolle sich sehr schwierig gestalten würde, nament⸗ lich um deswillen, weil das ist wenigstens die Auffassung der Kommission gewesen die Kontrolle in diesem Falle doch jedenfalls be—⸗ schränkt bleiben müßte auf das engere Gebiet des zu der Zigarette zu verwendenden Tabaks.

Anders läge die Sache, wenn die Ueberwachung sich aus— zudehnen hätte auf alle übrigen Teile der Tabakindustrie. Das würde aber doch unter allen Umsländen zu weit gehen, würde zu ganz ungerechtfertigten Belästigungen der Tabakindustrie über⸗ haupt führen; das wurde auch bei den Beratungen in der Kom—⸗ mission, wie ich glaube, von allen Seiten auf das lebhafteste perhorresziert. Hätte übrigens die Kommission jenen Gedanken sich angeeignet und in ihren Gesetzentwurf das System des Zuschlags zum Rohtabakzoll aufgenommen, so würde jedenfalls sofort auch dieses System in der Presse und sonst in der Oeffentlichkeit von den

Vertretern der beteiligten Industriekreise wiederum auf das Preise bestimmen und die Kleinhändler sich dienstbar machen. Der lebhafteste bekämpft worden sein. (Sehr richtig! Zurufe von ö. . unter e., ö j a

z e Folge wird eine Defraudation in großem Maße sein. e den Senialdemokraten te glauben, daß nach den unreellen Händler werden die Schachteln öffnen und nachfüllen, und

die reellen Dändler werden mitmachen oder die Konkurrenz überhaupt aufgeben. Schließlich wird die Regierung genötigt sein, den Einjel⸗ verkauf aufzuheben und damit den Händler und das Pablikum schwer schädigen. Das Gesetz wird sehr schwer durchführbar sein und sein Ertrag von 12 Millionen ist mir mehr alg fraglich. Ich bitte Sie deshalb, die Vorlage abzulebnen.

Abg. Held (nl): Wenn die Befürchtungen des Vorredner begründet wären, würden wir uns hüten, die Vorlage anzunehmen. Es ist ganz unrichtig, daß wir die Vorlage aus dem Handgelenk gemacht haben. Wir haben sie sehr gründlich beraten und Sach. verständige gebört. Es Mitarbeit des

eingehenden Vorarbeiten, die Ihre Kommission hier geleistet hat, es dem hohen Hause nicht schwer werden wird, der sehr gründlich durch⸗ gearbeiteten und sehr sorgfältig vorbereiteten Vorlage nunmehr seine Zu⸗ stimmung zu erteilen, und meinerseits nur den Wunsch aussprechen, daß das auch recht bald geschehen möge, namentlich um deswillen, da⸗ mit der erregte Kampf der Meinungen innerhalb der betelligten In⸗ dustrie endlich einmal zur Ruhe kommt, ein Kampf, der sich seit Monaten schon forispielt. Aber auch noch um deswillen möchte ich das wünschen, damit der Zigarettenindustrie möglichst bald auch die nötige Zeit gewährt werde, sich auf die nꝛuen Verhältnisse ihrerseits entsprechend einzurichten. Ich darf nun zum Schluß noch hervorheben: wenn auch der Vorschlag der Kommission mehrfach abweicht von dem ur⸗ sprünglichen Vorschlag der verbündeten Regierungen, so muß ich für meine Person gleichwohl unumwunden anerkennen, daß vom steuer— lichen und vom sozialpolitischen Standpunkt aus betrachtet das Banderollensystem vor dem ursprünglichen Vorschlag der verbündeten Regierungen ohne Zweifel nech den Vorzug verdient.

Abg. v. Elm (Soz.): Die Kommission hat den Regierunge⸗ vorschlag abgelehnt und aus sich heraus ein völlig neues System, das der Banderollensteuer, vorgeschlagen. Dieser Vorschlag ist recht auf⸗ fallend und bedenklich; es fehlt an jeder Unterlage für dieses neue System, s fehlt jede Ertragsberechnung, alles ist unklar, und man merkt dem Entwurf der Kommission diese Unklarbeit heute noch an. gern und praktisch ist die Vorlage undurchführbar. Manche Einzel⸗

eit hat man mangels der Möglichkeit einer positiven Lösung einfach der Steuerbehörde zur Ausführung überlassen. Der Staats sekretär spricht davon, daß sich das Banderollenspstem schon anderswo bewährt habe. Ich möchte wissen, wo das der Fall gewejen sein soll. In Amerika wurde diese Steuer 1866 eingeführt und schon im nächsten Jahre als undurchführbar wieder aufgehoben. Die Mehrheit der Kommission ist aker geradezu in diese progresside Staffelung ver— liebt gewesen; man hat durchaus der Vorlage ein sozialpolitisches Mäntelchen umhängen wollen. Gerade diese Staffelung aber ist

der Fluch der Vorlage. Jede progressive Staffelung muß dazu führen, daß bei den höheren Preislagen die Qualität herabgemindert

ist schade, das wir die das würde uns die Arbeit in der Kommission zum Til erleichter haben. Ich glaube, daß die neue Form der Steuer sich bewähren wird. Gegen die Papiersteuer hat sich die Industrie sehr lebhaft ausgesprochen; sie war außerdem schwer durchführbar. Wir haben unt eine Fabrik in Berlin angesehen, und da war in der Tat eine so große Verwüstung in Papier, daß wir uns sagten, nein, die Sache geht nicht. Anderseits ist die Zigarette ein Genußmitttel im wahren Sinne des Wortes und kann eine solche Steuer sehr wohl tragen. Wir haben aber differe⸗ ziert und die Einpfennigzigarette so viel wie möglich geschont und die übrigen kostspieligen Zigaretten stärker herangezogen. Wir haben uns gesagt, der der eine Cinpfennig⸗ zigarette raucht, kann unter Umständen ein driggendes Bedürfnis be= friedigen; anders liezt es bei den teureren Zigaretten. Dazu kam, daß die rr, mit der Zeit der Zigarre eine sehr schwere Konkurrenz macht. Es ist Gesahr, daß die Jigarette für die Zigarre einmal das wird, was die Zigarre seinerzeit für den Tabak geworden ist. Kein Arbeiter beschwert sich darüber, daß die Zigarette höher besteuert wird. Es fragt sich, wird durch die neue Sieuer die Be— schäftigung der Arbelter beschränkt? Wir glauben nein. Die Zunahme der Maschinenarbeit wird mit oder ohne Banderollensteuer fortschreiten. Das System der Banderolle ist nicht meine Erfindung, wie man be⸗ hauptet hat, es ist zunächst durch einen Herrn aus der Zigaretten industrie selbst in die Erörterung geworfen worden. Wir haben eine Besprechung veranstoltet; von 10 Teilnehmern an dieser Besprechung sprachen sich nur zwei für die Banderolle aus, und trotzdem war diese der tertius gaudens. Sie gestattet uns, eine progressive Steuer ein⸗ zuführen und die billigsten Zigaretten ganz frei ju lassen. Es ist

wird. In Zukunft werden die Leute, welche 4 3 für eine Zigarette gesagt, diese Steuer wäre ein gefundenes Fressen für die Trustherren, zoblen, keine bessere bekommen als diejenigen, die 2 zahlen. ich habe mit solchen nicht verhandelt, sondern nut mit Deutschen. Patriotisch mag es ja sein, auf diele Art dem Reiche eine Steuer zu Die Trusts, die der Abg. von Elm als so schlimm hingestellt bat,

scheinen mir gar nicht so gefährlich zu sein. Ob wir eine Banderolle haben oder nicht, spielt für sie gar keine Rolle. Ich weiß nicht, x warum sie nicht schon jetzt in der Lage sein sollten, alles e ju sehr die Verminderung der Zollerträge befürchten muß. aufzubieten, um das Geschäst an sich zu reißen. Der Trust wirkt ja Man spricht ferner von dem Bedürfnis der Industrie; es müsse ein schon jetzt in geradezu unlauteter Weise auf die Händler durch Steuersystem geschaffen werden, das deren Bedürfnis angepaßt 6 und Geschenke. Schlimmer, als es ist, kann es nicht werden. sei. Der Kommissionsvorschlag vollzieht diese Anpassung in der Weise, man allmählich dazu übergehen wird, die 650½ Ginpfennig⸗ daß die Kleinindustrie vollständig vernichtet wird, daß nur die Groß. xigaretten mit der Maschine herzustellen, davon bin ich überzeugt. industrie Vorteile hat. Dec Vorgang in Amerika liefert dafür den Aber die 3650/0 besseren Zigaretten werden auch später durch bündigsten Beweis. Die Stundung der Steuer hat für den . hergestellt werden. Ein Mangel an Arbeitern für die kleinen Fabrikanten nicht die mindeste Bedeutung. Ferner be⸗ andarbeit in der , , . ist heute tatsächlich vorhanden. seitigt die Voclage die Handarbeit in der Zigarettenindustrie voll- Die billige Zigarette? wird wenig erhöht, die . kann doch ständig und will die Maschinenarbeit durchweg an ihre Stelle setzen. selbstverständlich eine höhere teuer tragen. Niemand, der eute aber bildet die Handarbeit noch den größeren Teil der Zigarettenraucher ist, wird seinen Zigarettenverbrauch wegen einer abrikation. Die amerikanische Vertrustung ist in Deutschland auch so geringen Preiserhöhung einschtänken. Und wenn eine Stagnation bereits stark fortgeschritten, schon bestehen zwei solcher Fabriken einträte, so wäre das gar nicht so unerwünscht. Ich bin über in Berlin und Dresden mit etwa 1900 Arbeitern. Das Banderollen⸗! zeugt, daß die Zigarrenindustrie davon den Vorteil hätte. system wird diese Vertrustung außerordentlich begünstigen. Beim Wir haben uns bemühl, alle Härten aus dem Getz herauszubringen. Banderollensystem ist die Selbstkontrolle des Rauchers nicht mehr Ich wünschte, der Bundegrat gäbe eine authentische Erklärung darüber dieselbe wie früher; der Raucher muß den geschlossenen Kasten kaufen ab, was unter einer ig ttt zu verstehen ist. Der Begriff Zigarette und sehen, wo er bleibt. Der amerikanische Trust arbeitet mit einem gibt in manchen Kreisen zu Zweifeln Veranlassung. In Amerika hat ungeheueren Kapital, mit dem die deutschen Zigarettenfabrikanten auch in ihrer Gesamtheit micht rechnen können; was liegt diesen Amert. kanern daran, zunächst vielleicht auch einige Millionen zu verlieren?

bezahlen, aber praktisch ist es nicht, denn die besseren Qualitäten werden verschwinden. Nun hat man auch nach höherem Schutz- oll geschrien; die Regierung ist aber nicht sehr dafür, weil

nach unserer Ansicht nicht unter die Bestimmungen dieses Gesetzes fallen. Wir haben die ,, der Konsument wird die Steuer

Zunächst wird kolossale Reklame gemacht, den Abnehmern tragen, und Industrie und Handel werden sich ganz wohl dabei fühlen. werden. Geschenke gemacht, so goldene Uhren; es gibt in Gewisse Schwierigkeiten werden sich, wie stets bei neuen Gefetzen, Berlin eine ganze Anzahl Leute, die Uhren vom Zigareitentrust i r. aber es wird sich doch zeigen, daß die hier vorgebrachten in der Tasche tragen. Es wird auch eine sogenannte Gewinnbeteiligung Klagen keine Berechtigung haben.

Abg. Dr. Wie m er (fr. Volksp.) : Ich kann die gesetzgeberische Leistung, an der der Abg. Held als Berichterstatter wesentlich mit⸗ gewirkt hat, nicht als ein „Heldenstück- anschen Bezeichnend ist, daß der Abg. Held den Bundesrat auffordert, einmal festzustellen, was denn eigentlich eine Zigarette ist. Es fehlt ihm also an einer

klaren Vorstellung dessen, was besteuert werden soll. Far uns ist der . der Kommission nicht annehmbar. Wir seben n hohem Grade, als nachteilig für Konsumtion

sind gefangen und müssen sich den Anforderungen des Trusts fügen. Die Mehrbelastung durch dieses System zwingt die Fabrikanten, zu kapitulieren und zur Maschinenarbeit überzugehen. Die Maschine liefert 70 Mille Zigaretten pro Tag, wenn auch viel Ausschuß dabei ist. Ein Maschinenführer konn 4 Maschinen bedienen; dain kommen eine Auflegerin und eine Abnehmerin. Per Mille kommen danach ihn als bedenklsch

kenntnisreichen Vorredners in der Kommission nicht gehabt haben z ö

man eine genaue Definition dafür. Die sogenannten Zigarillos sollten

produltion an. Man könnte die Frage aufwerfen, ob denn über⸗ pi eine i,, ,. der hn, gerechtfertigt ist. Der Vor⸗ nner orten seine Ausfübrungen sind or nicht stichhaltig. In der Tatsache, daß ein Artikel sich , .

26 sich der Konsum in den . Jahren erheblich vermehrt. ebhaften Aufschwung genommen

elbstverständlich schädlich sein, das trifft ker ebenso gut auf den Genuß von Zigarren und andere Genuß— pttel zu. Wenn Sie aber die Zigarette für gesundheitsgefährlich Alen, dann müßten Sie doch versuchen, ihren Verbrauch einzudaͤmmen md nicht, sie zu einer erglebigen Steuerquelle zu machen. lein mit dem Gedanken, wir müssen Geld schaffen, kommt man t durch; eine Steuer, die sich von diesem Grundfatz leiten läßt, in immer irre gehen. Es kommt darauf an, ob die ein zuführende teuer wirtschaftlich gerechtfertigt und technisch durchführbar ist, und sie Produktion und Konsumtion nicht ungebührlich belastet. feiere Bedenken gegen das Gesetz werden noch erbeblich verstärkt

uch daz gewählte System. Der Reicheschatzfekretär hat heute

sbt. zugestehen müssen, die Papiersteuer auf erhebliche Hwierigkeiten gestoßen wäre. Dabei hat es monatelanger beiten der Regierung bedurft, statistischer Erhebungen Über die zckung der Steuer usm. Nichts von alledem in der Kommission, e hat die Idee der Banderollensteuer 966 aufgegriffen. Sie ät als solche Sachherständige nicht gebört. Daß die Vertretung 6organisierten Zigarettenindustrie sich so geäußert hätte, se cs der Abgeordnete Held darstellt, ist mir nicht bekannt. er Stastssckrelar sagt, er würde vor . der Ausführungs⸗ immungen Sachverständige zu Rate ziehen. Das bätte nur . scehen sollen, dann brauchte man nicht die Hauptschärfe in die ueführungebestimmungen zu legen. Die Einführung der Banderolle deutet nichts mehr und nichts weniger als eine durchgreifende hnäljzung auf dem Gebiete der Produktion und des Handels mit utchen Zigaretten. Es wird sich ein Entwicklungsprozeß voll- ben, der nicht als ein Segen angesehen werden kann. Die hleten und kleineren Betriebe werden vollständig ausgeschastet hren. Wir stehen diesem nicht gleichgültig gegenüber, wir ben das ernste Bestreben, Maßnahmen zu vereiteln, die geeignet „. den Mättelstand in seiner Entwicklung zu stören und seinen Erwerbsbedingungen schlechter zu stellen. Die deutsche kustrie wird benachteiligt werden. Sie muß die Steuer m größten Teile aufbringen. Der amerikanische Zigaretten Et dagegen arbeitet mit Riesenkapitalien. Er wird die Steuer blen und trotzdem seine Fabrikate billiger vertreiben können. ift zweiellos, daß hier der deutschen Industrie eine überaus schwere iar droht, wenn wirllich der Reichstag diese Banderollen teuer scließen sollte. Eine Besteuerung mit solcher Wirkung ist doch das e Gegenteil einer nationalen Wirtschaftepolitik. Tausende von kstindigen Existenzen werden ausgeschaltet werden. Es tritt hinzu Veapackungs-wang mit allen seinen Scherercien für die Fabrikanten, bändler und das kaufende Publikum. Letzteres wird ge⸗ ungen werden, die Katze im Sack ju kaufen, während heute gerade billigsten Sorten auch lose verkauft werden. Weiter ver= srft werden unsere Bedenken durch die schikanöse Kontrolle. In r Beziehung liegt es bei uns nicht so einfach wie sin hland, wo eg sich nur um wenige Fabriken handelt; der ganze parat steht in augenscheinlichem Mißverhältnis zu den relativ gen Einnghmen, die aus dieser Steuer der Reichskasse zufließen r. Die Wirkung der Steuersäße wird sich ja erst in der nis erproben lassen. Danthen wird der Zoll wesentlich erhöht, eine Verringerung der Einfuhr zur Folge haben wird. Beldes et muß dahin wirken, das Verhältnis der ausländischen zur in- diichen Zigarette zu Ungunsten Deutschlands zu verschieben. Dle afelung ist für das gesamte Gewerbe nicht nützlich, sondern wdejn nachteilig; sie wird eine Verschlechterung der deutschen brikate zur Folge haben. Leider ist der , für die nette eine Robtabakzuschlagssteuer einzuführen, in der Unter— nission fallen gelassen worden; wir sind zwar Gegner jeder Tabak. teerhöhung, aber eventuell verdient unzwesfelhaft diese Zu— sagesteuer vor der Banderollensteuer den Vorzug. Wir wünschen, M dieser Gedanke noch nicht definitiv abgetan sein möchte. der Banderollensteuer steckt unzweifelhaft auch der Keim zu einem h tabakmogopol, Wenn es dem Staatssekretär um die Ruhe er Tabakindustrie zu tun wäre, hätte er solcher Steuer ihaupt nicht zustimmen dürfen. Die Ruhe wird nicht eintreien, Jampf wird weitergehen, die Banderolle wird man auszudehnen schen auf die Zigarre, und die Folge wird eine noch vick weiter ende Beunruhigung sein.

Staatssekretär des Reichsschatzamts Freiherr von Sten gel: Meine Herren! Auf eine Anregung des Herin Abg. Held bezüglich der ttillos möchte ich mir gestatten, das Folgende zu bemerken: Zigarillos, it sie diesen Namen mit Recht führen, würden nach unserer Auf⸗ ng der Zigarettensteuer nicht unterworfen sein. Zigarillos sind ncht Zigaretten, und ihre Befretung von der Zigaret tensteuer ergibt danach von selbst. zestellt werden sollte, bezüglich deren Zugehörigkeit zu der einen

anderen Gaftung, zu der Gattung der Zigarillos oder der

retten, Zweifel auftauchen sollten, werden wir unter Zuziehung

= Sachverständigen, die bereits vorhin von mir in Aussicht gestellt Fron Sachverständigen, die wir uns wählen werden aus den Higten Industriezweigen, über die Steuerpflichtigkeit Entscheidung fn.

Neine Herren, ähnliche Zweifel, wie sie hier auftauchen mögen, ben auch bekanntlich auf anderen Gebieten der Gesetzgebung, kloß auf dem Gebiete der Steuergesetzgebung auf. Zur Zeit (laube ich, wird es zweckmäßig sein, erst einmal abzuwarten, zpeifel der bon dem Herrn Abg. Held angedeuteten Art sich über⸗ zi ergeben werden.

g Zimmermann (. Resormp. :: Die Ausführungen b. eld haben mich richt davon überzeugen können, daß orschlag der Kommission der empfehlengwerteste und gang— für uns ist; im i, , bringt dieser viele soziale und le Bedenken mit sich. Ez, wird hier ein tief ein. Fender Eingriff in unsere Induftrie⸗ Handels, und Arbeiter- hnisse geylant. Die Kresse der Händler, namentlich der den und kleinen, werden durch die Banderollensteuer in die ut Empörung versetzt werden. Die Maschinenarbeist wird an telle der Handarbeit treten und zahlreiche Entlassungen Urbeitern und Arb'jterinnen die Folge fein. Also charak. n sich Lieses Sysltem als durchaus mittelstands feindlich. äe Großindustrie wird durch das neue System bedroht insofern, er amerifaniiche Trust in Deutschland die Oberhand gewinnen zwie es in England und Japan bereits sei längerer Zeit der , Die Miittel des Trusted und die Art, wie er arbeiten, zeigen ‚'. Gefahr, die von ihm auageht; ich erinnere nur an die 5 i. der Jasmatzi⸗Fabrik in Dresden. Wer so fkrupellos wird auch von der Banderollenfteuer die Konsequenzen ziehen; it Trust rechnet ja gerade damit, die mittleren und kleinen de zunächst in seine Hand zu bekom nen, die seiner Kapitalgewalt

Socweit indessen jetzt oder später eine Ware

sich bald werden fügen müssen. Die ausländischen Zigaretten werden obendrein nach der neuen Vorlage gewissermahen beverzugt. Wir wollen nicht auf Kosten unserer . den amerikanischen Trust bei ung großziehen helfen. Das Banderollensystem eröffnet auch der Defraudatken ein weites Tor. In Rußland und Oesterreich kann man diesen Defraudationen trotz schärfster Kontrolle nicht wirksam be= geagnen. . Bismarck hat sich s. Z. auch gegen solche Systeme ausgesprochen, weil unsere Beamten schließlich jeden zweiten deutschen Untertan zu revidieren hätten und unsere Beamtenschaft dazu nicht augreichen würde. Furcht vor der lästigen Kontrolle besteht jetzt schon in den Händlerkreisen wie bei den Fabrikanten; schon jetzt sind Arbeiter. entlassungen vorgenommen worden. Art und Höhe der Steuer deranlaßt uns somit gleichmäßig, eine ablehnende Haltung einzunehmen. Nach der De rr des Verbandes und des Vereins deutscher Zigarettenfabrifanten, die 90 o/ der gefamten. Industrie repräfen- tieren, besteht in der Industrie selbst die schärfste Gegnerschaft gegen diese Banderollensteuer. Selbst Roosevelt warnt doch sein Volk bor der Uebermacht des Großkapitals!

Abg. Graf Mielzynski . Von dem ganzen uns dar ebotenen Steuerbukett wird die Zigarettensteuer die schlimmste irkung haben. Wegen der paar sumpigen Millionen trägt man

keine Bedenken, gegen den Willen der ganzen Industrie, denn? 9h c haben sich dagegen erklärt, elne Abgabe vorzuschla gen, die J der gesamten Produktton beträgt. Der Kleinbetrieb wird durch die Bande— rollensteuer ruiniert, Tausende von Arbeitern werden brotlos gemacht und dem Trustsystem Tür und Tor geöffnet. Gerade dle . die sich für die Banderollensteuer erklärt haben, teben unter dem Verdacht, im Bunde mit den Trusts zu stehen. Man hat wirklich das Gefühl, als ob das Kontroll fystem davon ausginge, nicht ehrliche Leute, n Verbrecher hinter sich zu haben. Die Handarbelt wird durch die Maschinenarbeit ver- drängt werden, und da die kleinen Leute dazu nicht übergehen können, so werden sie den Betrieb aufgeben müssen. Die Banderolle wird von den Trusts als Reklame benutzt werden. Der Abg. Held empfahl dem kleinen Mann, schlechtere Sorten zu rauchen. Ich glaube, auch der kleine Mann hat ein Recht, bessere Sorten zu rauchen. Uebrigens war das Gesetz längst beschlossene Sache, es wurde nur darlber diskutiert, welche Form man wählen sollte. Daß die Herren im Innern doch nicht ganz sicher sind, beweist, daß Proteste gegen die Steuer von oben unmöglich gemacht werden. Der Polizeipäßident von Posen hat einen Händler in Strafe genommen, weil er in seinem Schaufenster einen Protest gegen die Zigarettensteuer ausgelegt hatte. Wir werden bei den einzelnen Parägraphen unseren ablehnenden Standpunkt noch zu vertreten haben. Einstweilen bitte ich Sie, meinen Antrag zu 3 anzunehmen, wonach die Form, Art und An? bringungsweise der Steuerzeichen die weitere Verwendung möglichkeit der bisberigen 1 erhalten muß, andernfalls für die nicht mehr derwendbaren Vorräte don Packungen, Etiketten usw. entsprechende Entschädigung zu gewähren. Ich kann mir nicht der ken, daß der Reichstag eine solche Steuer annehmen kann.

Abg. Potthoff (r. Vgg): Das große,. Schweigen im entrum und auf der Rechten zeigt mir, daß diese Herren diefe teuer recht bald einbeimsen möchten, und insoweit trifft der Opti—

mismus des Vorredneis, daß es möglich sei, daß der Reichstag diefe Steuer nicht annehmen kann, nicht zu. Die Tabaksteuer ist allerdings glatt abgelehnt worden, so glatt, daß nur unter unseren Regiecunge⸗ derhältnissen diese Ablehnung ohne Rückwirkung auf die Regierung bleihen konnte. Nichts ist fehlerhafter, als von der zinehmenden Enns wicklung des Zigarettenkonfums einge ernsthafte Gefahr für die Zigarren zu erblicken. Seitdem die Tabaksteuer gefallen in, liegt nicht der geringste Grund mehr vor, die Ziggrettenindustrie durch eine Sondersteuer auf Zigaretten besonders zu schüßen. Alles, was damals gegen die Tabaksteuer vorgebracht worden sst, gilt, wenn auch in etwas ahgeschwächtem Maße, für eine Ableknung der Zigaretten, steuer. Diese wird zur Verschlechterung der Qualität der Jig reiten und zu Arbeiterentlassungen führen, namentlich unter der Wirkung

heschäftigt, die sonst keine andere Beschäftigung finden können. Viele Mãädchen würden gar nicht als Dienstmäͤdchen angenommen werden. Die Steuer wird entweder vom Fabrikanten oder Händler getragen, dann ist sie eine ungerechtfertigte Gewerbesteuer, oder vom Arbeiter, dann ist sie erst recht falsch, oder vom Publikum, dann ist sie eine Konsumsteuer. Ich leugne absolut, daß die Zigarette ein größerer Loxus ist als die Zigarre, sie ist nur eine Art des Nauchens. Für viele ist die Zigarre ein zu schwerer, zu massiber Genuß. Meine politischen Freunde halten an dem Pro— gramme des S5 des Flottengesetzes fest, daß keine neuen Steuern auf den Massenverbrauch gelegt werden follten. Warum setzt man gerade bei einer Industrie, oder vielmehr bei einem Tell einer Industrie, mit dieser gestaffelten Weitsteuer ein? Die Belastung wöird ganz un— gleichmäßig wirken, und iwar oben niedriger als unten, sowohl bei den Zigareiten selbst wie beim direkien Tabak. Man sollte die Zigaretten bis zu einem Pfennig ganz steuerfrei lassen. Wenn etwa die Umhüllung mitzubezahlen ist, so ist vorauszufehen, daß die Einfuhr fremder Zigaretsen in geschlossenen Kästen überhaupt unter- bleibt. a n werden nur noch die großen Firmen den Markt beherrschen. Die kleineren Existenzen werden vernichtet werden. Des ist eine senderbare Mittelstandspolitik! Ob ein amerifanischer Trust., oder ein deutscher Trust oder ein Kartell oder ein amerikanischer und ein deutscher Trust die Sache machen, kommt auf dasselbe herauz. Die Kosten haben auf jeden Fall die kleinen Händler zu tragen. Zu der Verschiebung in der . wird dann noch ein Rückgang des Konsums hinzutreten. Das große Publikum wird sich das Papler kaufen und sich seine Zigaretten selber wickeln. Heute steht ja garnicht fest, was eine Zigarette ist. Es fehlt an einer festen Grenze zwischen Zigarette und Zigarre. Der Staats sekretär hat zwar vorher eg die Zigarillos seien keine Zigaretten und fallen nicht unter dies Gesetz, er hat uns aber nicht verraten, warum. Ich würde ihm dankbar sein, wenn er ung genau sagte, was „Tabakerzeugnisse von der Art und Form der Zigarette“ sind. In den Kreisen der Zigarrensabrikanten und „Händler berrscht in dieser Beziehung große Besorgnis. Am liebsten würde ich die ganze Vorlage an die Kommission zurückverweisen. Wenn die Fabrikanten zu 99 pCt. gegen die Banderollensteuer sind, so sollten wir das nicht unbeachtet lassen. Vielleicht überlegen Sie sich noch, ob nicht in der Kommission die ungleichmäßige Art der Staffelung, die Uagleichheit zwischen Zoll und Steuer usw. beseitigt werden . Meine Freunde werden sich bemühen, die Steuer so zu ge— talten, daß sie für die Industrie leichter ertragbar ist.

Direktor im Reicheschatzamt Kühn: Ber Antrag des Grafen Mielzynski bewegt sich durchaus auf dem Boden der Intentionen der Verwaltung, und es wird ihm nicht schwer zu entsprechen sein.

Abg. Molkenbuhr (Sozz: Die Parteien haben sich nicht ee . ob ihren ein so antisoziales Gesctz nicht bei den nächsten Wahlkämpfen schaden könnte. Eine ähnliche Erscheinung baben wir in der deutschen Gesetzgebung noch nicht gehabt, nämlich, daß ein Gesetz beraten wird, das im Plenum keine erste Lesung passiert hat. Eine eigentliche Begründung ist für diesen Vorschlag auch nicht gegeben worden, denn es war unmöglich, sie zu geben. Man hat sich auf unendlich viele Sitzungen bezogen, die man mit Sachverständigen abgehalten habe; warum wird das Resultat dieser vielen Sitzungen nicht mit- geteilt? Wir waren an diesen Sitzungen nicht beieiligt, sollen nun aber auf den Boden dieser Vorschläge treten. Die Kommifssion hat dem Berichterstatter seinen Bericht zurückgegeben, wei von Motiven für diese Vorschläge nichts darin zu finden war; wir haben einen längeren Bericht bekommen, aber von den Motiven fand sich auch jetzt nichts vor. Es muß Geld geschafft werden, denn

eer und ö, sind zu bejahlen, das ist die ganze Argumentation ür di⸗se Vorlage. Und warum ist die Vorlage gerade so und nicht anders gestaltet worden? Geheimnievoll, am bellen, lichten Tage läßt sich Natur des Schleiers nicht berauben, und was sie dir nicht offenbaren mag, das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln und mit

Schrauben.“ Auch der Abg. Held hat heute nichts zur Aufklärung diefer Dunkelheit beigetrogen. id .

ie Banderolle ist ein Strick nicht nur für

des neuen Zolltarlfs. In der Heimindustrie werden vielfach Leute

die Ziggr ttenfabrikanten, sondern für die anze Tabalindustrte Staats sekretãr sagt zwar, die Zigarillos ö,. wir . aber was wird in der ukunft gesch hen? In setzterer Linie ent“ scheiden auch nicht die Sachverständigen, sondern das Reichsgericht. Die Bestimmung, daß die Tabakerzeugniffe von der Art und Form der Zigarette, bei denen daz Papierdeckblait feilt Cder urch? “mn andere Decke ersetzt ist, der gleichen Steuer unterworfen werden sollen, ist die Tür, durch welche die Steuer auch in die Zigarrenindustrie bineinkommt. Das Gesetz ist schlimmer als irgend eine Vorlage die jemals gemacht ist. Das Bismarcksche , , von 1853 hätte nicht so unheilvoll wirken können, wie dieses aus dem Hand⸗ gelenk geschüttelte Gesetz, das ein Zigarettensteuergesetz fein soll, aber, wie ich behaupte, ein Lr feln e g. auch für die Tabak und Zigarrenindustrie ist. Der Trust hat in Amerika und England das Mittel angewendet, dem Händler die Pfenaig⸗ zigarette ohne Entrichtung der darauf entfallenden Steuer zu liefern, ihm jedoch die Verpflichtung aufzuerlegen, cine bestimmte Menge teurerer gr aten zu nehmen. Das Geseßz ist eine Prämie auf Lohnabzüge. Statt der Landwirtschaft Arbeiter zuzuführe, wie Sie e werden Sie es erleben, daß sich solche noch von der Landwirtschaft abwenden. Die Bigsrette arbeiterinnen haben meist schon als Kinder in Ziggrettenfa riken gearbeitet, sie haben weiter nichts gelernt. In dem Augenblick, wo man ihnen darch die Steger ibre Beschästigung nimmt, raubt man ihnen jede Existenz, und die Not ist der beste Kuppler; und der Verachtetste ist der, der dem Kuppler Handlangerdienste leistet. Den Zigarrenmachern wird erade die lästige Konkurrenz aus der Zigaretkenindustrie auf den als geschickt. Auch die chiistlichen Arbeiter werden ein solches

ö gutheißen wollen. Die Banderolle werden wir bald für alle Zigarrensorten erleben; dann wird auch keine Aussicht mehr auf irgend welche Lohnerhöhung sein, seltst wenn die Zigarrenarbeiter fi auf den Kopf stellen. Ein so arbeiterfeindliches, fo anti- oziales Gesetz hat kaum je den Reichstag beschäftigt; da begreift man auch das Wunderbare, daß. Zentrum und Rechie schweigen. Sie hahen die Panzerschiffe bewilligt; aber um die Kosten“ sürdein halbes Panzerschiff aufzubringen, werden Zehntausende von Arbeitern in Not und Elend versetzt! Weil das System durch und durch kultu feindlich ist, verwerfen wir die Vorlage

Abg. Schmalfeldt (Soz) sucht in eingehender Ausführung darzulegen, wie durch das Banderollenspstem und speziell durch die Vorschrift des Verkaufs in verschlossenen Kästchen die Händler wie die Käufer bejw. Konsumenten durch minderwertige Qualitat geschãdigt werden müssen, ohne irgendwie zu einer Schadloshaltung gelangen zu können. Ebenso würden ungeheure Lobnreduktionen eintreten, genau wie nach der Tabaksteuererhöhung von 1879; damals hatten die Tabak arbeiter haufenweise auswandern müssen; ein großer Teil sei nach Amerika und Australien gegangen. Ein schlechtes Vaterland, daz nicht einmal Raum für seine igenen Kinder habe. Wie damals, wer de . ht der größte deutsche Tabakplatz, Bremen, sehr hart betroffen

n. Damit schließt die Diskussion über die 88 2 und 3.

Persönlich verwahrt sich

der Abg. He /d dagegen, daß ihm von mehreren Seiten die Aeufterung unterstellt sei, es fei ihm ganz egal, ob der Mittelstand 6 Grunde gehe; er habe nur gesprochen von dem unaufhaltsamen

ortschritt.

Nachdem der Referent Abg. Held im Schlußwort noch darauf hingewiesen, daß der sogenannte schwarze Krause“ von der Zigarettensteuer er fen bleiben soll, teilt der Präsident Graf von Ballest rem mit, daß die namentliche Abstimmung über 5 2 erst am Dienstag zu Beginn der Sitzung stattfinden wird. .

Nach Gia Uhr wird die Fortsetzung der Beratung auf Sonnabend 1 Uhr vertagt. Danach zweite Lesung der Novelle zum Reichsstempelgesetz.

Preunßzischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 59. Sitzung vom 4. Mai 1906, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erweiterung, Vervoll— ständigung und bessere Ausrüstung des Staats— eisenbahnnetzes und die Beteiligung des Staats an dem Bau von Kleinbahnen.

Ueber den Beginn der Verhandlungen ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Abg. Macco (nl.): Ich schließe mich den Worten der Trauer um den Minister an; er hat die Eisenbahn in erster Linie als ein

Mittel betrachtet, den Verkehr zu beben und zu wecken. Kleinliche

bureaukratische Bedenken lagen ihm fern, und ich glaube, er hat einen neuen Geist der Pflicht in die Verwaltung hineingebracht; ich hoffe, daß dieser Geist erhalten bleibt, ihm zu Ehren und zum Andenken, der Verwaltung zum Nutzen. Die Nebenbahnvorlage beansprucht ein sehr großes, allgemeines Interesse, sie ist uns in diesem Jahre in weit größerem Umfange als bisher vorgelegt worden. Die Eisenbahnverwaltung bat damit anerkannt, daß die Bautätigkeit energischer als bisber vor sich gehen solle. Besonders begrüße ich mit lebhafter Freude, daß für Bet iebsmittel hundert Millionen eingestellt sind von den 271 Millionen, die insgesamt ausgeworfen sind. Für neue Bahnen von 632 äm sind 83 Millionen eingestellt. Meine Freunde erklären sich mit den Gründen einverstanden, die zu einer staͤrkeren Berücksichtigung des Eisenbahnbaucs im Osten geführt haben; wir möchten doch aber bitten, daß neben diesen maßgebenden sozialen und politischen Gründen auch die wirtschaftlichen Gründe

nicht zurückgestellt werden, die der Westen mehr für sich geltend machen kann. In die Vorlage sind ö. Posten em- gestellt für den Aushau zweigleisiger Nebenbahnen. Schon

1904 besaßen wir an solchen zweigleisigen Nebenbahnen 262 Em. Der jweigleisige Ausbau mußte vorgencmmen werden, weil auf diesen Linien 44 bis 63 Züge täglich verkehren. 1879 hat man kei der Einrichtung der sogenannten Nebenbahnen diese als reine Lokal⸗ bahnen schaffen wollen; der Ausbau zweiter Gleise bemeist aber, daß die Nebenbahnen diesen Charakter zum Teil ver— loren haben und Vollbahnen . nd, ohne daß sie den damit erwachsenden Aufgaben als Vollbahnen immer entsprechen können. Es muß ferner eine größere Zuggeschwindigkeit auf den Nebenbahnen erreicht werden, was auch die Gisenbahnverwaltung bereits anerkannt hat. Die Güteitarifierung ist eines der wichtigften Momente für die Entwicklung der Nebenbahren. Darin soll. jetzt eine Aenderung von der Verwaltung beabsichtigt sein dahin, daß nicht mehr nach dem kürzesten Wege gerechnet werden soll; dieser Punkt muß jedenfalls in der Kommission klargestellt werden. Die Nebenbahnen sind ein wichtiges Glied innerhalb der Hauptbahn= linien, für die sie die Zubringer sind. Es ist daher ein Unrecht, wenn man für die Nebenbahnen zu hohe Opfer von den Interessenten in bezug auf den Grunderwerb verlangt. Der Bau der Nebenbahnen

U beruht im wesentlichen auf dem Drängen der Intäressenten, insolge

dessen dann erst die Prolekte von der Eisenbabn, und der Finanz- verwaltung e, werden. Diese Ait der Entstehung unserer neuen Eisenbahnen bedingt, daß zu sehr die lokalen Interessen hineinspielen und daß kein e gig Verkehreprojekt entsteht. Die Eisenbahndirektionen beschäftlgen sich daher zu fehr mit den lokalen Interessen. Die Eisenbahnverwaltung müßte selbst auf Grund der Statistik die Guͤterbewegung beobachten und fesistellen, wo eine Verkehrsbewegung zurückbleibt und wo eine Abhilfe durch neue 2 notwendig ist. Ich will den Herren im Ministerium keinen

orwurf machen, aber die jetzige Organisation ist fehlerhaft. Es