1906 / 111 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 May 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Unser Sinn für, Heimatkunst' ist gewachsen, das Fremde, Phantastische, an dem den Kuͤnstler nur der Beleuctungseffekt reizte, läßt uns gleichgültig. Aus dem gleichen Grunde üben Künstler wie Buchholz und Bochmann eine so starke Wirkung aus. Beide erzählen von Dingen, in denen sie groß geworden sind, die sie in all ihrer ver. borgenen Schönheit und tiefen Stimmungskraft kennen. Besonders Buchholz wird liebenswerter, je mehr wir ihn kennen lernen. Eine wahre Perse unter all den guten Bildern dieses Saales ist sein Dörschen unter Gewitterhimmel mit dem in Sonnenlicht schimmerndem Rornfeld im Vordergrund. Das Auge fühlt sich immer wieder wunderbar getroffen von der Schönheit dieses einfachen Bildes.

Saal 45 enthät einige Blldniffe von Leibl und eine Skizze von Lenbach. Eine Enttäuschung bedeutet Gu ssow der eine zeitlang zu den vielgenanntesten Namen gehörte. Seinen Bildnissen fehlt jene innere Befeelung, die über alle Zeit fortwirkt. Ein übertriebenes Mienenspiel gibt ihnen heute etwas Maskenhaftes, und auch in der Farbe fehlen die jarteren Uebergänge, aus denen eine innere Harmonie entsteht. Von großer Schönheit ist das ganz einfache ö. Gott⸗ fried Schadow von Steff eck. Es besitzt die schlichte Menschlichkeit, die immer so wohltut. Auch Plochhorst wirkt sehr sympathisch in einem Frauenbildnis. Scheurenberg ist mit einem prächtigen Bauernsungen, dessen blonder Kopf fein gegen den dunklen Hinter⸗ grund gesetzt ist, vertreten, und Souchay erinnert in se iner merk⸗ würdigen Technst an die Pointillisten, nur daß er mit dunklen, tiefen

arben arbeitet. ‚. Von Landschaften fällt Scherres auf, über den sich das gleiche

sagen läßt, wie über Doujette. Wieviel wahrer und echter wirken diese frühen Arbeiten. Auch Eckenbrecher war früher doch frischer im Ton und reicher in der Farbe. Besonderg interessant ist aber die Wandlung, die Paul Baum durchgemacht hat. Seine neoimpresfionistischen Bilder sind bekannt und sind e wich gegen wärtig in der Sejession zu seben. Welch ein Unterschied zwischen diesen Arbeiten, die etwas kühl Verstandesmäßiges besitzen, und der lieblich innigen Frische jener alten. Man begreift nicht, daß es der gleiche i sfhr ist, der sie schuf. Mun khe, Stäbli, Par⸗ mentier, auch Fischer sind hier noch zu nennen.

Unter den anderen Künstlern tritt besonders glänzend Paul Meyerheim hervor, dessen Bilder von der anschaulichsten Frische sind und von überraschender Schönheit im Vortrag. Riefst ahl schildert Gebirgsbauern, die sich zum Gottesdienst vor einer Kapelle berfammeln. Wie die Gestalten sich gegen die , Berge ringsum abheben, das ift mit feinster Beobachtung gegeben. Von Schi abiß interessiert eine Schulstube durch die treffliche Art, in der pr hne fe ungr bibandelt it le belie, Haffe Kühle im Zimmer, der Blick durch das Fenfter in grüne Sträucher, die stark be— leuchteten Gesichter, das ist alles sehr gut und fein im Ton. An diefe Bllder schließt sich noch das Begräbnis in Westfalen, von Sehm ichen an. Ein kleiner Kuhstall von Voltz und ein Merdebild von Stef feck gehören gleichfalls zu den malerisch sehr feinen Arbeiten. Endlich 2 noch ein ganz unbekannter Künstler, Michael, genannt werden. r ist mit einem koloristisch sehr interessanten Bilde, italienischem Volk, das auf den Stufen einer Kirche lagert, vertreten. Eine große Begabung für kühne und doch harmonische Farbengebung

zeichnet ihn aus.

Verkehrsanstalten.

Nächste Postverbindungen nach Swakopmund und Lüderitzbucht nach Abgang des englischem Dampfergs über Kap⸗ stadt (letzte Beförderung für diesen Bampfer am 11. Mai ab Cöln 61 Nachmittags, ab Ober hausen 724 Nachmittags, ab Berlin Schle sischer Bahnhof 11,24 , , I) für Pakete mit Reichspost dampfer „Prinzessin , ab Hamburg am 12. Mai d,, . in Swakcpmund am 5. Juni, in Lüderitzbucht am 8. Juni. Schluß in , am 12. Mai 11,0 Vormittags, letzte Beförderung ab Berlin

ehrter Bahnhof am 11. Mai 1143 Abends. 2 für Brief⸗

fendungen mit Nachversand für Reiche postdampfer Prinzessin⸗ (vgl. Nr. I) über Antwerpen. Letzte Beförderung am 15. Mai ab Cölin 1048 Abende, ab Berlin Polsdamer Bahnhof 12355 Mittags. Ble nächfte Post aus Swakopmund, Abgang am 17. April, ist zu erwarten am 16. Mai.

Der in Rom tagende Weltpostkongreß bielt gestern zwe Sitzungen ab. Der Text der Hauptkonvention wurde, W T. B. zufolge, in der von der ersten Kommission vorgelegten Fassung ge⸗ nehmigt. Es wurde festgesetzt, daß der ,, der Nachnahme auf Briefe in allen Vereinsländern tausend Francs betragen soll; den Absendern wird das Recht gegeben, solange die Sendung unterwegs ist, die Nachnahme, ungültig zu machen oder zu verringern. . der Haftbarkeit der Verwaltung im Falle mangelnder Erhebung der Nachnahme wurden neue Bestimmungen getroffen. Folgenden Gebieten wurde eine besondere Vertretung auf dem Kongresse zugestanden: der Gesamtheit der englischen Kolonien oder Schutzgebiete in Südafrika, der Kolonie Neuseeland, den deutschen Schutzgebieten in Afrika fowie jenen in Asien und Australien, der Ge— samthelt der itallenischen Kolonien, den portugiesischen Kolonien in Süd- afrika und der Kolonje Algerien. Ferner wurde beschlossen, daß, um dem Absender einer Sendung die Frankierung der Antwort zu ermög⸗ lichen, besondere Antwortgutscheine zum Preise von 25 Centimes ver⸗ kauft werden sollen. . Gutscheine, die das internationale Bureau in Bern drucken läßt und an die Verwaltungen versendet, können dann in den Vereingländern, die sich an dieser Einrichtung beteiligen, in Freimarken zu 25 Centimes umgetauscht werden.

Theater.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern haus. 120. Abonnementsvorstellung. Der Waffen n, Komische Oper in 3 Akten von Albert

rtzing. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister . or Hellmesberger. Regle: Herr Oberregisseur

roescher. (Georg: Herr Karl Waschmann, vom Kaiserjubiläums Stadttheater in Wien, als Gast ) Anfang 71 Uhr.

Schauspielhaus. 127. Abonnementsvorstellung Gold⸗ sische. Lustspiel in 4 Aufzügen von Franz von Schönthan und Gustav Kadelburg. Regie: Herr Regisseur Keßler. Anfang 74 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 121. Abonnementsvorstellung. Dienst und Freiplätze sind aufgehoben. Mignon. Dper in 3 Akten von Ambroise Thomas. Text mit Benutzung des ö von Goetheschen Roman Wilhelm Meisters ar n von Michel Carrs und Jules Barbier, deutsch von Ferdinand Gumbert. Anfang 74 Uhr.

auspielhau):s. 128. Abonnementsvorstellung. Dienst.· und Freiplätze sind aufgehoben. Die OQuitzows. Vaterländisches Drama in 4 Aufzügen von Ernst von Wildenbruch. Anfang 74 Uhr.

Thilo von

Dentsches Theater. Sonnabend: Der Kauf⸗ mann von Venedig. Anfang 71 Ubr.

Sonntag: Der Kaufmann von Venedig.

Montag: Kabale und Liebe.

Grobiane.

Ce Sonnabend, Abends 8 Uhr:

Der Biberpelz.

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause wird morgen, Sonnabend, „Der Wassenschmied“, komische Oper in drei Akten von A. Lortzing, wiederholt. Als Georg gastiert Herr C. Waschmann vom Kaiser⸗ n,, in Wien. Die Besetzung der übrigen Hauptrollen

annt. ; .

Im 6e Schauspielhause geht morgen, Sonn⸗ abend, dag Lustspiek ‚Goldfische von Franz von Schönthan und Gustapb Kadelburg in folgender Besetzung in Szene: Oberst von Felfen: Herr Molenar; Ersch, sein Sohn; Herr Staegemann; Winter: Herr Oberländer; Emmy, seine Tochter: Fräulein Eschborn; n. don Pöchlaar: Fräulein von Mayburg; Wolf von Pöchlaar-Benzberg: Herr Vollmer; Mathilde von Koßwitz: Frau Butze; Hans Roland: Herr Hertzer; Stettendorf: Herr Krauhneq.

Birektor Brahm bereitet für das Lessingtheater einen Ibsen⸗ Zyklus vor, der die gesamten modernen Dichtungen Ibsens, vom „Bund der Jugend“ bis zu .Wenn wir Toten erwachen um⸗ fassen soll. Diese Werke, dreizehn an der Zahl, von denen fünf schon auf dem Spielplan des Lessingthegters sich be⸗ finden, follen im Laufe der nächsten zwei Jahre in neuen Einstudierungen vorgeführt werden, und zwar zunächst in freier, nicht historischer An 6. ö. . von feen als ole nach der Folge ihrer Ent-

ehungszeit zusammengefaßt zu werden. ;

H. Erstau 3. von Offenbachs Operette Orpheus in der Unterwelt“ im Neuen Theater ist von morgen auf Sonntag verschoben worden. Pie für morgen, Sonnabend, gelösten illette haben infolgedessen keine Gultigkeit und werden, fowest noch Billette für die Sonntagsvorstellung zur Verfügung stehen, an der Kasse des Neuen Thegters um etauscht, ö. Wunsch wird auch der gezahlte Betrag zurückerstattet. Die Auf⸗

ührung beginnt am Sonntag um 7 Uhr. Die beiden weiteren Auf⸗ ührungen finden am Montag und Dienstag statt.

Im Trianontheater findet morgen, Sonnabend, die 109. Auf. führung des Schwanks ‚Loulou' von Soulis und Gorsse, in der deutschen Bearbeitung Benno Jacobsons statt. Else von Ruttersheim und Hans Junkermann haben in sämtlichen Wiederholungen des

Stücks ihre Rollen erfolgreich durchgeführt. (Der Konzertbericht befindet sich in der Ersten Beilage.)

Mannigfaltiges. Berlin, den 11. Mai 1906.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten fand zu⸗ nächst die cin! e Einfuhrung der zu Stadtverordneten gewählten Herren Iimmerer, Fischer und Lindau statt. Der Vorsteher ver⸗ pflichtete sie in der üblichen Weise. Auf der ö stand in Antrag Antrick und Gen. (Soz.); „Die Versammlung wolle beschließen, den Magistrat zu ersuchen, die von den Antrag⸗ tellern ausgearbeiteten Bestimmungen über die Arbeits, und ohnverhältniffe der städtlschen Arbeiter Berlins in den städtischen Betrieben einzufühten. Der Entwurf umfaßt 26 Paragraphen und setzt u. a. eine achtstündige Arbeitszeit, Lohnzahlung an gesetzlichen ö en, die in die Woche fallen, Ausschlag von 100 06½ für jede Arbeitsftunde, die an einem solchen Feiertage geleistet werden muß, ufw. usw. fest. Hierzu lagen zwei Anträge auf Ueberweisung des Antrags an eine Beputation von 18 Mitgliedern bor. Der Stadtwy. Reimann begründete folgenden von ihm und den Stadtvv. Dinse und Buchow unterzeichneten Antrag: ‚In Erwägung, daß der Antrag Antrick und Genossen in einem großen Teil seiner Para⸗ graphen Forderungen enthält, die berests auf unseren erken eingeführt sind, andererseitz aber Forderungen, die voll ständig unausführbar erscheinen, beantragen die Unter zeichneten, die Versammlung wolle beschließen, zur Tagesordnung überzugehen. Nach kurzer Debatte beschloß die Versammlung mit 735 gegen 31 Stimmen den Uebergang zur motivierten Tages ordnung. Eine Vorlage, betreffend den Erlaß eimer Grundsteuerordnung nach dem emeinen. Wert und einer revidierten Umsatzsteuerordnung unker Einführung einer Wert⸗ zuwachssteuer, wurde vertagt. —Mit der Annahme des zu Gunsten der ftädtischen Blindenanstalt bestimmten, etwa. 3 000 betra genden Eugen Adersschen Nachlasses erklärte sich die Versammlung einver- standen. Auf die öffentliche folgte eine geheime Sitzung.

Im Monat April d. J. wurden die Hilfsstellen des Ver⸗ bandes für erste 8 zu dem der größte Teil der Berliner Sanitätswachen, die Berliner Unfallstationen vom Roten Kreuz und die Berliner Rettungsgesellschaft zusammengetreten sind, in 6456

ällen ia Anspruch genommen. Darunter befanden sich 5666 in ich gl 754 . Eikrankungen und 34 geburtshilfliche Fälle. Innerhalb der einzelnen Hilfsstellen wurde 6063, außerhalb

I91 Personen erste Hilfe geleistet.

Der unter dem Protektorat Ihrer Majessät der Kaiserin und Königin stehende Berliner Krippen verein hielt gestern, Donners⸗ tag, im Pestalozii⸗Fröbel haus ,, 627) seine dies jährige Generalversfammlung ab, der u. a. auch Frau Staatsminister Studt beiwohnte. Der Vorsitzende, Geheime Oberregierungsrat Br. Krohne entwarf zunächst ein Bild über die nunmehr 28 jährige segensreiche Tätigkeit des Vereins. Er führte dabei aus, daß nun ein langgehegter Wunsch, die Gründung eines eigenen Heims, durch hoch⸗ herzige Spenden der Verwirklichung nahegerückt sei. In diesem Heim

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die versunkene Glocke. Abends 8 Uhr: Kater Lampe. Montag, Abends 8 Uhr: Und Pippa tanzt.

Schillertheater. O. (Wallnertheater) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Der Militärstaat. Lustspiel in ö. r von Gustav von Moser und

rotha.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die Macht der Finsternis. Abends 8 Uhr: Weh dem, der

lügt! HMontag, Abends 8 Uhr: Weh dem, der lügt!

XN. (Friedrich Wilhelm städti sches Theater.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Das Glück im Winkel. 8 in 3 Akten von Hermann Sudermann.

onntag, Nachmittags 3 Uhr: n,, Abends 8 Uhr: Das Glück im Montag, Abends 8 Uhr: Das Glück im Winkel.

Theater des Westens. (Station Zoologischer Garten. Kantstraße 12.) 6 stellung als Freitagsabonnement): Beil volkstümlichen Preisen: Die Fledermaus.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Undine. Abends 8 Uhr: Preisen: Schützenliesel. (Joseph König, als Gast.)

Montag: Bei volkstümlichen Preisen: Die vier Anfang 8 Uhr. .

Komische Oper. Sonnabend: Soffmauns Er zãhlungen.

Neues Theater. Sonntag: Zum ersten Male: Orpheus in der Unterwelt. Anfang 7 Uhr.

sattel.

Thaliatheater.

S Uhr: Hochparterre links. in 3 ane von J. Kren und

in kel. Paul

Fünfe ! Sonnabend (26. Vor⸗

Anfang 8 Ubr. reisen:

Bel volkztuͤmlichen

baron. it Oskar

Die Puppe.

riedr

ustspiel in 3

treffliche neu? Dampferverbindung aus.

soll eine Tag und Nachtkrippe errichtet werden, während die bereits ke stehenden sechg Krippen nur für Tagespflege eingerichtet sind. Mit de neuen Krippe soll auch die Ausbildung * r fn verbunden werden. Hierauf erstattete der Bankier Gräbenitz den Kassenberl wongch die Einnahmen von 45 341 4K auf 37 045 M zurückgegangen Nie Ausgahen dagegen von d0 06 4 auf 40 233 M gestiegen fin In den sechs Krippen wurden 786 Kinder verpflegt, die Zahl de Verpflegungstage betrug ho 656. Zum Schluß wurden die Wahln für den Vorstand vorgenommen.

Ueber die Untersuchung des getßobenen Vorder schifft des Torpedoboots „S 1257 (vgl. Nr. 106 d. Bl.) wird bea Rh. ⸗-Westf. Ztg. aus Kiel folgendes berichtet: Der vom Ramm, sporn des Kreuzers Undine glatt abgeschnittene Schiffgztell lag m abgeblendeten Bullaugen (Fenstern) auf der Mole der Kaiserlichen Werst. Man mußte erst die Bullaugen aufhauen, um in dag hach noch mit Wasser gefüllte Innere sehen zu können. Der Rumpf wum an verschiedenen Stellen angebohrt, damit das Wasser abfllezn konnte. Dann. drang man in das Innere. vor. In wüsten Durcheinander lagen Hängematten, Kleiderllsten im andere Inventarien herum. Hler mußte erst gründlich aufg räumt werden, damit man weiter dringen konnte. So kam man m die mittels elnes Hebels verschlossene Schottür zum vorderen Bal, bordmannschaftsraum. Auch sie war so festgeklemmt, daß g kräftiger Hammerschläge bedurfte, um sie zu öffnen. Gleich hint ihr fand man die erste, und wie sich später herausstellte, die elnj Leiche im geborgenen Schiffsteil, den Torpedomatrosen Fran Dil; aus Schadstedt bei Bernburg. Anscheinend hat za Ertrunkene beim Eintritt der Katastrophe nicht mehr so hi

eit gefunden, daß er die Tür erreichte. Zu öffnen wn

e damals jedenfalls. Der Tote wurde gleich eingesarn

olle 25 Stunden wurde die Untersuchung geführt, aber alt Suchen war vergebens, die Hoffnung, die, man nach de Angaben von Geretteten hegen durfte, daß 7 Leichen im Wrachtef lägen, ging nicht in Erfüllung. Der Oberwerftdirektor, Konteradmin von Usedom, wohnte der Untersuchung bei. Am jenseitigen Ufer, n der Stadt Kiel, stand eine nach Hunderten zählende Menschenmeng und besichtigte aus der Ferne das Wrackstück. Letzteres hat im Wassn wenig gelitien, und es dürfte, wenn das Achterschiff von 8 126 9 hoben wird, mit ihm wieder vereint werden können. Hoffentlich geht die Bergung gut von statten. Im Achterschiff, speztell im Heijraun werden wohl noch manche Leichen liegen. Vermißt werden jetzt noch X

Cöln, 106. Mal. (W. T. B.) Während eines heftigen Gewitters, das heute nachmittag über die Stadt niederging, wum der südliche Stadtteil von einem Wirbelsturm heimgesucht ein Neubau wurde um geworfen. Auf dem Rhein wurde ch

Schleppkahn umgeschlagen.

Langfuhr, 10. Mai. (W. T. B.) Prinz Heinrich don reußen traf heute hier ein und besichtigte die Kaiserliche Werst owie die Anlagen in Weichse lmünde. Am Abend nahm Pin einrich an einem ihm zu Ehren gegebenen Fest mahle im Offizier asino des Leibhufarenregiments Nr. 1 teil und reiste danat

von hier wieder ab.

Paris, 106. Mai. (W. T. B) Die Polizei hat d Spuren des russischen Anarchisten Stryga ermittelt, der n einem hiesigen Hotel abgestiegen und darauß am Tage da Explofion im Bois de Vincennes (vgl. Nr. 107 d. Bl.) schwunden war. Er hatte sich dort unter dem Namen Haatz, 21 Jahr alt, Student, aus Minsk gebürtig, eingetragen. Man fand in seinen

den Stryga in der Tasche trug. Stryga in dem Leichenschauhaus wiedererkannt.

Athen, 16. Mal. (W. T. B.) Der Dampfer ‚Therapia des Norddeutschen Lloyd ist auf der Exöf fnungsfghrt der neue deutschen Mittelmeer⸗-Levante Linie heute früh im Piräu eingetroffen. Die Fahrgäste besichtigten Vormittags beim schöͤnste Wetter Athen und die Akropolis. Am Nachmittag fand an Bord e Festm ahl statt, an dem Vertreter der hlesigen deutschen Koler teilnahmen, an shrer Spitze der deutsche Geschäftgträger, Legationsn von Below. Saleske, ferner der Generalkonsul Lüders, der Kon Roth, der Vorsitzende des deutschen Klubs Beckmann und. Vertreh der griechischen Regierung und der Handel swelt. Der Direktor d Norddeutschen Lloyd von Helmolet brachte einen Trinkspruch a die Gäste aus, in dem er die Zuversicht äußerte, die neue Linie wan Griechenland, besonders Athen, zahlreiche Tourlsten zuführen. R deutfche Gefchäftzträger brachte ein Voch auf den Kahr Wilhelm und den König Georg aus, der Deputien Papam ichalopul os teastete in deuischer Sprache auf den Lloy direktor und feine Gemahlin und sprach seine Freude über die he Der Generalkonsul d Irm er widmete sein Glas den Bamen Athens. Zwei Vertreter Ainheimischen Presse feierten die deutsche Nation und ihr Voranschtein auf dem Gebiete des Smyrna weiter; an Bord ist alles wohl. ,

(Fortsetzung des Amtlichen und Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Lustspielhaus. (Friedrichstraße 236) Sonn. abend, Abends 8 Uhr: Die von Hochsattel. Sonntag und folgende Tage: Die von Hoch⸗

Residenztheater. (Direktion: Richard Alexander. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Liebeskunst. Komödie

in 3 Akten von Leon Tanrof und Michel Sonntag und folgende Tage: Liebeskunst.

(Dresdener Straße 7273)

Direktion: Kren und Schönfeld. Sonnabend, Abends 5 Schwank mit Gesang

, von Alfred Schönfeld. Musik von

Sonntag und folgende Tage: Hochparterre links. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bis früh um

Bentraltheater. Sonnabend, Abende 8 Uhr: Die Glocken von Corneville. 3 Akten. (Mit Mia Werber und Oskar Braun.)

Sonnt , ,. 3 Uhr:

1 raun.) (Mit Mia Werber und Karl Schul.) Montag: Bruder Straubinger.

Trianontheater. ( Seorgenstraße, nahe Bahnhof fee Sonnabend, Abends 8 Uhr: Lonlon. kten von Maurice Soulis und Henri de Gorsse. Deutsch von Benno Jacobsohn. Sonntag und folgende Tage: Loulou.

Familiennachrichten.

Karl Bartling (Kohlo bei Jeßnitz). Verehelicht: Hr. . DVermann Frl. Irmgard don Versen (Kolonie Grunemah e . Amtsrichter Fabriclus mit h ertrud Nethe 6 * ĩ Geboren: Ein Grafen von Pfest und Klein. Ellguth (Berglon

Hrn. Leufnant Rahn (Marienwerder, 19

Carr.

München),. Hrn. Oberleutnant Frist 6 Türckheim zu Altdorf pere

Arthur Lippschitz,

Tochter: feldt (Dre Wangenheim (G

Gestorben: Hr. von Stern (Wiesbaden). Hr. Maginot ti r. Johannes Baltzer (Eberswalde). reifr. Löw von und zu Steinfurth, geb. Wiesbaden). Elise Baronesse von (Illien, Kurl.).

Operette in

Der Zigenner⸗ Abends 8 Uhr:

er Redakteur:

Verantwortl harlottenburg.

Dr. Tyrol in Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Ven Anstalt Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. &

Neun Beilagen (einschlleßlich Börsen⸗ Beilage).

Zimmer Cyankali, Knallquecksilber und den Ladestock des Revolver Ein Kellner aus dem Hotel ha

andels. Am Abend fährt die ‚Therapia“ mi

Verlobt: Frl. Käthe Sattler mit Hrn. Amtman Priebe nm

ohn: Hrn. Kren Gtr

Wohlau). Hrn. Alfred Frhrn. von Kapbe

Verlag der Crpedition (3à. V. Heidrich in Zeil

M 111.

Er st e B ei lage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Freitag, den 11. Mai

Amtliches.

Deutsches Reich.

Nachweisung der Einnghme an Wechselste mpelsteuer im Deutschen Reiche für die Zeit vom 1. April 1906 bis zum Schlusse des Monats April 1906.

2. 3. 4.

Im Rechnungs.

inn . jahre 1906

in demselben Zeitraum des * mehr Vorjahres weniger.

6 3 16. 3

Einnahme im Monat April 1906

Oberpostdirektions⸗ bezirke.

J. Im Reichspost⸗ gebiete:

I) Königsberg.

2) Gumbinnen.

3) Danzig

4 Bee, .

5) Potsdam..

6) Frankfurt a. O.

7) Stettin. ;

8) Köslin

9) Posen ..

10 Bromberg

1I) Breslau.

12) Liegnitz

13) Oppeln.

14 Magdebur

15) Halle a. S. ..

16 Erfurt.

17) Kiel

13) Hannover

19) Münster .

20 Minden.

21) Dortmund

33 Gaffel...

23) Frankfurt a. M.

24 Cöln. .

265) Aachen

26) Koblenz.

27) Düsseldorf

28) Trier.

29) Dresden.

30) Leipzig

31 Chemnitz.

32) Karlsruhe

33) Konstanz..

34) Darmstadt

36) Schwerin i. M.

36) Oldenburg..

37 Braunschweig.

38) Bremen...

39) Hamburg..

40) Straßburg i. E.

,

Summe .

II. Bayern

14 ö 720120 14731 183 338 60 647330 9 646 60 15 262 90 3747 69 1221490 7238 27 083 80 12 68010 15 19630 20 17469 1152540 18 75630 1927390 1615030 7127960 1297620 30 333 30 14848 90 38 496 60 30 469 30 12 01520 13 301 90 92 77 3 98230 23 216 20 40 173 90 26 19370 36 490 40 1134630 191161 3 701 40 109177 11 5642 26 243 10 138 440 90 253 938 30 160470

10935817 ö 1045720

248820 S8 1 60 131170 31 390 40 127020 344 50 317470 13660 112930 621 40 208830 2 888 80 273 80 117690 1 966 50 680 60 1886 60 2 66 30 3 650 50 942

6 55210 207580 4495 80 1230609 378240 261310

80 90 60 40 80 90 60 50 doe e

70

60 30

Dos =

1 103 107 30 97 01670 III. Württemberg. 29 055 90 2966320

Ueber haupt ND dss NN Vd pi Berlin, im Mai 1906.

Hauptbuchhalterei des Reichsschatzamts. Biester.

* tritt tttttttttt! nttttttttlhi4Ki4

Deutscher Reichstag. 99. Sitzung vom 10. Mai 1906, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Or dnung des Reichs⸗ haushalts und die Tilgung der Reichsschuld, und zwar: „Besteuerung der Erbschaften“ und „Mantelgesetz“.

Staatssekretär des Reichsschatzamts Freiherr von Stengel:

Meine Herren! Ich glaube, es wird zur wünschenswerten Abkürzung der Beratungen zweiter Lesung über die Erbschaftssteuervorlage und speziell über diesen 5 12 nur dienen können, wenn ich schon jetzt Ihnen namens der verbündeten Regierungen erkläre, daß sie sich zu dem vorliegenden Abänderungsantrage Albrecht und Genossen durchaus ablehnend verhalten. Das haben sie schon seiner Zeit bei der ersten Lesung zu eikennen gegeben und wiederholt bei der Kommissionsberatung. Es sind auch bei der ersten Beratung und dann in der Kom⸗ missionsberatung ganz ausführlich und zu wiederholten Malen insbesondere die Gründe dargelegt worden, weshalb die verbündeten Regierungen eine Reichserbschaftssteuer auf De⸗ sjendenten und Ehegatten nicht für geeignet erachten und ihrerseits auf einen solchen Steuervorschlag nicht eingehen zu können glauben. Ich verzichte darauf, die Gründe, welche die verbündeten Regierungen sowohl bei der ersten Lesung als bei der Kommissions—⸗ beratung in dieser Beziehung dargelegt haben, nun erneut auszuführen; man kann nicht immer fort und fort das wiederholen, was man bei früheren Gelegenheiten bereits erörtert hat. Ich weise nur noch hin auf die Ausführungen, die Sie gedruckt vorfinden in dem dem Plenum des Reichstags vorliegenden Kommissionsbericht. Ich habe danach meinerseits namens der verbündeten Regierungen nur zu bitten, daß Sie beschließen möchten, den Antrag Albrecht und Genossen ab⸗ zulehnen und die Kommissionganträge zu 5 12 anzunehmen. 3

Abg. von n entr.): reche nicht im Namen mein pelitftten 6 , re ge, n ,, Eins aber nr. ch auch im Sinne meiner sämtlichen politischen Freunde sagen zu können, daß sie sich darin in Uebereinstimmung mit den Ausführungen des Staatssekrefärg befinden, daß von einer i,, er

Deszendenten und Ehegatten nicht weiter die Rede sein kann. Ich habe große Bedenken gegen die im 3 12 vorgeschlagenen Steuersäͤtze.

Meine politischen Freunde hatten überhaupt wesentliche prin⸗ zipielle Bedenken dagegen, an eine Reichserbschaftssteuer heranzutreten, und eine Anzahl ist über diese Bedenken noch nicht hinweg— ekommen. Ein Teil von ihnen, hält jedenfalls die Steuersätze für zu weitgehend. Dies gilt besonders von der Be messung des Steuersatzes für die Geschwister. Ueberhaupt dürfen die Steuersätze nicht den Charakter annehmen, der sich mit dem Be⸗ griff der Vermögenseinziehung und Konfiekation deckt. Ein Teil der Steuersätze erreicht schon eine solche Vermögenseinziehung, indem er einen Steuersatz von 25 pCt. des hinterlassenen Erbtells vorsieht. Das bedeutet einen erheblichen Teil des Vermögeng. Es wird dem Erben bei aller Sparsamkeit und Betriebsamkeit nicht möglich sein, diesen Verlust auf die Dauer auszugleichen, während dies bei der Bemessung des en,, innerhalb des Begriffes „Abgabe“ wohl denkbar ist. Vielleicht läßt sich jwischen der zweiten und dritten Lesung eine Cinigung über die Ermäßigung dieses Satzes herbeiführen. Meine politischen Freunde halken prinzi⸗ piell dafür, daß das Vermögen der Familie als etwas Ein heitliches anzusehen ist. Der Rückfall des Erbteils der Kinder an, die Eltern muß steuerfrei bleiben. Dem trägt § 12 nicht bdolle Rechnung, indem er einen Steuersatz von 4 pCt. vorschlägt. Bei den Geschwistern sollte der Beginn der Steuer nicht mit 4, sondern mit 2 pCt. einsetzen. Der zweite Punkt, der mir zu Be—⸗ denken Anlaß gibt, ist, daß im Gegensatz zu der Vorlage der ver— bündeten Regierungen die Steigerung der Steuer nach dem Kom. missions vorschlage n bei 20 900 S beginnen soll und nicht erst bei 50 099 In der Kommission wollte man das Prinzip der deistungsfähigkeit zu Grunde legen. Dann ist aber zu bedenken, daß ein Vermögen von 20 000 4M heutzutage, wenn man seine Rentabilität berücksichtigt, nur als ein sehr unbedeutendes Vermögen betrachtet werden kann. Sollten diese meine Bedenken Widerhall finden, so könnte man vielleicht noch im Laufe der zweiten Lesung einen ent— sprechenden Antrag stellen. Was die Besteuerung der großen Ver⸗ mögen anbetrifft, so würde ich vorschlagen, statt bis 25 nur bis 20 o zu gehen. Vielleicht empfiehlt es sich, die Beschlußfassung über diesen Paragraphen so lange gugzusetzen, bis es möglich ist, eine Einigung über eine einheitliche Gestaltung des Paragraphen zu finden. Sollte dies nicht möglich sein, so würde es mir und einem Teile meiner Freunde nicht möglich sein, dem Paragraphen zuzustimmen. .Westermann (nl): Der Abg. Bernstein hat sich gestern darüber aufgehalten, daß sowohl der Regierungsvertreter wie ein Teil der Kommissionsmitglieder sich seiner Auffassung über den Charakter der Erbschaftasteuer nicht anschließen wollten. Ich meine, der Streit darüber, ob diese Steuer eine direkte oder eine in—⸗ direkte sei, ist durchaus müßig. Wir haben nicht die Aufgabe, dieses Problem zu lösen. ie weit das Haus die weiteren Konsequenzen dieseg Gesetzes im Sinne des Abg. Bernstein ziehen wird, kann er ruhig der dutunft überlassen. an ist über diese 6 ebenso geteilter Meinung wie darüber, ob die Erbschafts⸗ teuer eine populäre sei oder nicht. Daß sie in weiten Teilen der Bevölkerung nicht als populär 7 1 wird, geht schon aus Petitionen hervor, die ung aus den Kreisen der ländlichen Bevölkerung und namentlich von Bauernvereinen zugegangen sind. So viel steht fest, daß der Widerstand gegen diese Steuer in den Kreisen des ländlichen Besitzes nicht von den Reichen ausgeht, sondern von den Leuten, die dem mittleren und kleineren Besitz angehören. Es ist das sehr leicht daraus erklärlich, daß diese Leute kelne Ge⸗ legenheit haben, ihr ,, u vermehren, sondern sich stets nur um die Erhaltung des Famillenbesitzes bemühen müssen. Die von dem Abg. von Savigny gemachten Einwendungen können nach dieser Richtung hin durchaus berechtigt erscheinen. Wir dürfen ihnen aber doch keine Folge geben, denn es handelt sich um die Sanierung der Reichs- finanzen, und die Notwendigkeit, die Vorlage anzunehmen und möglichst noch etwas mehr herauszuschlagen, liegt vor. Nach meiner ge, wird durch die Kommisstonsbeschlüsse erreicht, daß die Steuer gleichzeitig erträglicher für die davon betroffenen Kreise gestaltet wird; denn troßz der hohen Sätze, die der Abg. von Savigny angreift, ist allen berechtigten Wünschen derjenigen, die hier als Steuerobjekte angesehen werden müssen, Rechnung getragen. Die hohen Sätze treten doch erst ein, wenn Erbschaften von 1 Million und darüber in Frage kommen und gleichzeitig nur eine ganz entfernte Verwandtschaft vorliegt. Die Kommission hat sich schließlich entschlossen, die erste Gruppe mit 40,9 zu besteuern und bis 150 000 M keine Steigerung eintreten zu lassen. Der Antrag Albrecht will die Kinder und Gatten in die Steuerpflicht hineinziehen. Der Abg. Bernstein und seine Freunde be⸗ urteilen diese Dinge immer mit der Brille des Großstädters, sie beachten nicht den Unterschied zwischen Stadt und Land, zwischen immobilem und mobilem Besitz. Der letztere kann jeden Augenblick beliebig veräußert werden; das ist beim Grundbesitz nicht möglich. Sie beachten auch nicht den Unterschied in der Besteuerung; viele ländliche Bezirke erheben Kommunalsteuerzuschläge von 200, 300 und noch mehr Prozent. Der Hinweis auf England berücksichtigt nicht die historisch gewordenen Unterschiede. England hat außerordentlich großen alterworbenen Kapitalbesitz; Deutschland kann sich damit nicht vergleichen. Der Abg. Bernstein meinte auch, die neuere Zeit und Ent⸗ wicklung habe den Familienverband gelockert; die Vettern kennten sich schon bald gar nicht mehr. Das mag fur manche städtischen Bevölkerungs⸗ kreise zutreffen, aber auf das Land trifft es nicht zu. Es wäre das, wenn der Abg. Bernstein recht hätte, ein Schaden, den die Gesetzgebung nicht zu vertiefen, sondern zu heilen hatte. In der Kommission war übrigens der sozialdemokratische Vorschlag viel radikaler ausgefallen, als er jetzt dem Plenum vorliegt. Die großen Vermögen sind ja tatsächlich im . Jahrhundert stark angewachsen, und es können dadurch auch Absonderlichkeiten und Nachteile entstehen. Ich verurteile die Aus⸗ wüchse des Millionärluxus ebenso wie er; aber wo entstehen diese gebe Vermögen? Doch in der Hauptsache in den großen Städten. a sollte der Abg. Bernstein mit uns darauf Bedacht nehmen, ein Gegengewicht zu schaffen, indem man die ländliche Bevölkerung zu er⸗ halten sucht, die ländlichen Gewerbe entsprechend zu stützen und zu halten sich bemüht. Ich weise den Kollegen Bernstein auf den Schriftsteller Bernstein hin, der in den Voraussetzungen des Sozialismus ausführt, daß auch die mittleren Vermögen in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen haben. Jedenfalls sei nicht von einer Verminderung dieser Schicht die Rede; es sei schlechtweg ein Mehr zu konstatieren. Die Verhältnisse liegen also doch nicht so schlimm, wie er sie geschildert hat; zur Zeit ist seine Besorgnis über die böse Nachwirkung der Ansammlungen von Riesenbermögen in wenigen Händen unbegründet. Der sozial⸗ demokratische Antrag ist ein untaugliches Mittel; wir lehnen ihn ab, weil er die ungeheuren Erträge gar nicht bringen würde, wohl aber dem Nationalvermögen großen Schaden jufügen müßte. Mit den Aenderungen der w . an der ursprünglichen Vorlage erklären wir unt einverstanden; ich kann nur empfehlen, die Kommissions—⸗ vorschläge anzunehmen.

Der Abg, von Gerlach (fr. Volksp. beantragt, die Debatte über 5 12 mit der ih des von ihm beantragten 8 61 a 3 verbinden, der für Nachlässe im Werte von mehr als 106000 6 eine Nachlaßsteuer einführen will. Das Haus ist damit einverstanden.

Abg. Dietrich (dkons.): Ueber diesen Teil der Kommissionsarbeit

1 ein vortrefflicher Bericht erstattet worden. Andere Berichte fanden abfällige Kritik, am schaͤrfssen bei dem Abg. Gothein, der es unternahm,

1906.

die Abwesenheit jeder Kopfarbeit zu behaupten. der Kommission hat er eine Zurückweisung erfahren, aber am stärksten war es, als er hier sagte, man möge feine Kritik abfällig beurteilen, aber sachlich habe man ihn nicht widerlegt. Er ist aber in der Frage der Besteuerung der Flußschiffahrkts⸗ urkunden schlagend durch den Staatssekretär widerlegt worden. (Lachen des Abg. Gothein.) Ihre Heiterkeit, Herr Gothein, ist unbegründet, um so mehr, als sie ein unberechtigtes Mißtrauen in die Fahigkeit Ihrer Freunde von der Freisinnigen Volkspartei verrät. Es heißt doch einigermaßen klein von den Fähigkeiten diefer Herren denken, wenn der Abg. Gothein Unstimmigkeit in den Vorlagen darauf jurückfuührt, daß er während der betreffenden Kommissionsverhandlungen in Wiesbaden zur Kur war. Man kann wohl sagen, die Abwefenheit des Abg. Gothein habe das sachliche Resultat der Kommisstonsarbeit nicht beeinträchtigt, dagegen bedauere ich, daß der Abg. von Savigny der Kommission nicht beigewohnt hat. Es hat mich überrascht, von ihm zu hören, daß eine große Zahl seiner Freunde prinzipielle Bedenken gegen eine Reichterbschaftssteuer habe. Mit unferen Anträgen in der Kom mission auf Herabsetzung der Steuersätze für die Geschwister und. Milderung der Skalen sind wir völlig vereinsamt eblieben. Keiner der Freunde des Abg. von Savigny at dafür das Wort genommen. Ein nicht unerheblicher Teil meiner Freunde teilt die Bedenken, des. Abg. von Savigny und stimmt deshalb der Erbschaftssteuer in dieser Form nicht zu. Die Höhe der Steuersätze hat schließlich den Charakter der Erbschafts⸗ steuer vollkommen verwischt und geht zur Vermögenseinziehung über. Dieser Entwurf stellt nicht nur gegenüber der Erbschaftssteuergesetz. gebung der deutschen Einzelstaaten, sondern auch Frankreichs und Englands in den Höchstsätzen einen europäischen Rekord auf, nirgends geht die Steuer bis zum Höchstbetrage von 25 pCt. Frankreich erhebt erst bei einem Erbanfall von 56 Millionen Frank 20 pCt. In England . die Steuer beim Erbanfall von 55 006 Lstr., also 1,1 Million Mark, allerhöchstens 18 pCt. Von Parteien, die es für ihre Aufgabe halten, vom Standpunkt einer gesunden Stagtsentwicklung die Interessen des landwirtschaftlichen Besitzes zu schützen, wird man es verstehen, wenn sie dieser Normierung widersprechen. Für den Grundbesitz ist eine hohe Erbschafts— steuer verderblicher als eine Einkommensteuer. Die Steuer wirkt als direkte Steuer und ist zudem auf niemand abwaälzbar. Es ist ein nationales Unglück, durch eine so hohe Erbschaftssteuer einen Teil des Grundvermögens in Anspruch zu nehmen, denn das Grundvermögen soll nicht mobilisiert oder teilweise veräußert werden. Es widerspricht einer gesunden Besteuerung des Grundbesitzes, erhebliche Teile der Substanz in Angriff zu nehmen. Eine wahre auri sacra fames will die Reichsbedürfnisse decken, und dabei sind die Erwägungen der Ressorts, die eigentlich mitzuwirken haben, aus⸗ n In Preußen erkennt man die Gefahr der fortschreitenden Verschuldung des Grundbesitzes, ich verweise nur auf die neueste Statistik darüber; um so stärker ist der Gegensatz dieses Steuervor⸗ schlags, der auf ein Anwachsen der Verschuldung hinzielt. Es dient nicht dem gesunden Zusammenwirken mit den Einzelstagten, wenn das Reich von den ihm überlassenen indirekten Steuern abweicht. Darum erhob der Stagtssekretär einen flammenden Protest gegen die Auffassung, daß die Aufsichtsratssteuer eine direkte Steuer 9 Die verbündeten Re⸗ gierungen '. auf diesem Wege einhalten. In der Begründung des Mantelgesetzes war als Voraussetzung der Erbschaftssteuer an⸗= gesehen, daß die Matrikularbeiträge gebunden würden. Die Bindung der Matrikularbeiträge wird aber n. werden, und doch wird die Regierung an der Erbschaftssteuer festhalten. Man sieht, wie in Steuerfragen die Strömungen im Parlament stärker sind als die Macht der Regierung, denn es werden die Steuern angenommen die von der Ce n fn vorgeschlagen sind. Die Entwicklung, daß das Reich sein gesetzgeberssches Wirken auf Gebiete auedehnt, die den Einzelstaaten vorbehalten sind, erfüllt uns mit Sorge, und deshalb lehnen wir die Erbschaftssteuer ab. Einstimmig sind wir in der Verurteilung der Steuer für Deszendenten und Ehegattten. Ebenso einig sind wir gegen den Antrag Bernstein. Der Abg. Bernstein nennt die Vermehrung der Vermögen in Privathänden eine sozlale Gefahr. Der Abg. Westermann hat bereits die Schriften des Abg. Bern⸗ stein gegen ihn selhst angeführt, und bei ,,. Ausführungen pflegt es etwas ehrlicher zuzugehen als bei politischen Erörterungen, womit ich den klaffenden Widerspruch zwischen diesen beiden Autori⸗ täten, die ein und dieselbe Person sind, erkläre. Ich verkenne nicht die großen Gefahren des steigenden Luxus. Wir bedauern, daß selbst in den Ständen, in denen es bisher nicht üblich war, man vor dem Mammon Reverenz zu machen beginnt. Aber doch wird größtenteils Vermögen nicht durch zufälligen Zuwachs, sondern als Ergebnis der Arbeit auf vielen Gebieten des nationalen Lebens erworben. Zwar weniger in der Landwirtschaft, aber in Handel und Industrie sind steigende Kapitalien durch Intelligenz und Tatkraft geschaffen worden. In dem Buche des Abg. Bernstein ist die Statistik zitiert, wonach mit der Zunahme der größeren Vermögen auch die der mittleren und kleinen Vermögen gleichen Schritt gehalten hat. Nach der neuesten Statistik in Preußen ist die Zunahme der großen Ver⸗ mögen über 500 000 ½ nicht nennenswert gewesen. 1905 betrug die Zahl dieser Steuerpflichtigen. nur 1ů35 pCt. 1895 hatten ein Ver⸗ mögen von 20—- 32 000 M 203 835 Steuerpflichtige, 1905 239 922. Daß ist eine Steigerung von 13 pCt. Von 50 100 000 M hatten 1895 122 683, 1905 126 gl0, das ist eine Steigerung von 20 pCt. Herr Bernstein meint, an die Stelle der Personen mit großem Ver— mögen treten mehr und mehr Aktiengesellschaften; daher mit einem Mal die intensive Liebe für die Aufsichtsratssteuer. Nach den Herren von der Richtung des Abg. Bernstein soll die Erbschafts- steuer bis zu 50 pCt. gehen, nämlich nach dem Antrag Bernstein bis zu 48 und mit dem Antrag Gerlach zusammen bis zu 50 pCt. Das ist die Form der Enteignung, auf die uns der Abg. Bernstein gestern neugierig machte. Selbst die wissenschaftliche Be⸗ gründung der Erbschaftssteuer geht nicht so weit. Es ist nicht unverdienter Vermögenszuwachs, wenn Frauen und Kinder, die bisher mit von dem , lebten, weiter im Besitze desselben bleiben. In Frankreich und England gibt es viel mehr mittlere Kapi— talisten, während bei uns das Ginkommen in sehr viel böberem 166 aus wirllicher Arbeit des Familienoberhauptes fließt. erade iin kleineren Grundbesitzz der der Linken ja so besonders i rl ist, werden bei der Bewirtschaftung die Väter von den öhnen unterstützt. Da ist die Aufrechterhaltung der Landwirtschaft nur dadurch möglich, daß die Kinder mit den Eltern jusammen arbeiten. Vie elsaß ⸗lothringische Statistik zeigt, daß die Erbschafts-⸗ steuer se, d , der für Kinder und Ehegatten die kleineren und mittleren Vermögen mit b8J pCt. belastet. Wären solche Details auch denen bekannt, die den Kommissionsberatungen ferngeblieben sind, dann würde man sich hier manche Widerlegung ersparen können. Der Abg. Bernstein sprach wieder einmal von der sozialen und wirtschaftlichen Schädlichkeit des i, . Dank der Auf⸗ klärungsarbeit, die in den Kreisen des kleinen und mittleren Besitzes geleistet worden ist, weiß dieser, daß seine Interessen mit denen des Großgrundbesitzes identisch sind. Der Großgrundbesitz ist ibm vorbildlich für seine technische Entwicklung, und er ist auch in politischer Beziehung notwendig, wenn ich auch zugebe, daß im mittleren und kleineren al! Derren genug finden, die politischer Arbeit gewachsen sind. ir halten von Steuern, die direkt das Vermögen gesunde Wirtschaftspolitik und für eine

Vom Vorsitzenden

eine weitere Ausbildung angreifen, für keine gesunde Pflege der