1906 / 162 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 Jul 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Aichlamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 11. Juli.

Der Königlich sächsische Gesandte Graf Vitzthum hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit fungiert der Legationssekretär von Herder als Geschäftsträger.

Der Regierungsrat von Kunowski aus Stettin ist der Königlichen Regierung in Breslau und der Regierungsassessor Dr. von Lucanus aus Köslin der Königlichen Regierung in 3 r zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Der Regierungsassesso Dr. Abegg aus Waldenburg ist der Königlichen Regierung in Oppeln zur weiteren dienstlichen Verwendung, der Regierungsassessor 8 oerle aus Magdeburg der Regierung in Stettin als Hilfsarbeiter des Vorsitzenden der Einkommensteuerveranlagungskommission im Stadtkreise Stettin überwiesen worden.

Dem Regierungsassessor se, n. Marschall von Bieberstein in Hannover ist die kommissarische Verwaltun des Landratsamts im Unterwesterwaldkreise, Regierungsbezir Wiesbaden, übertragen worden.

Der Regierungsassessor von Jerin aus Breslau ist dem Landrat des Kreises Oschersleben, der Regierungsassessor Dr. Kessler aus Trier dem Landrat des Kreises Berent, der Regierungsassessor Freiherr von Wilmowski aus Düsseldorf dem Landrat des Kreises Grafschaft Hohenstein, der Regierungs⸗ assessor Winkelmann aus . dem Landrat des , Stallupönen, der Regierungsassessor Dr. Ercklentz aus . dorf dem Landrat des Kreises Wehlau, der Regierungsasse . Grubitz aus Danzig dem Landrat des Kreises Altena, der Regierungsassessor von Graevenitz aus Potsdam dem Landrat des Kreises Ruhrort und der Regierungsassessor Klausa aus Aurich dem Landrat des Kreises Mettmann zur Hilfeleistung in den landrätlichen Geschäften zugeteilt worden.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Pan ther“ am 8. Juli in Habana eingetroffen und geht am 23. Juli von dort nach Hamilton (Bermudas) in See.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Das österreichische Abgeordnetenhaus hat in seiner gestrigen Sitzung nach längerer Debatte einen Dringlichkeits⸗ antrag angenommen, durch den die Regierung aufgefordert wird, die Verhandlungen mit Ungarn über die Fest⸗ stellung des Verhältnisses beider Staatsgebiete zueinander zu beschleunigen und in die Verhandlungen auch die Frage der Aufteilung der aus Finanzzöllen fließenden Einkünfte d, me, n. nach Maßgabe des Verbrauchs einzu⸗ eziehen.

Im Laufe der Debatte versicherte der Ministerpräsident Freiherr von Beck, die Aufforderung an die Regierung zu einer Beschleuni⸗ gung der Verhandlungen sei ie fte da die Vorbereitungen zu den Verhandlungen bereits in vollem Zuge seien. Das Haus möge jedech die Regierung die Vorbereitungen zu diesen Ver⸗ handlungen in aller Ruhe treffen und ohne Erteilung von Direktiven in die Verhandlungen eintteten lafsen; es könne ver⸗ sichert sein, daß die gesetzmäßige Zuständigkeit des Hauses bei den Verhandlungen nicht weniger nachdrücklich werde gewahrt werden. Der Ministerpräsident wies die Einbeziehung der Krone in die Debaste durch den Grafen Sternberg als inkonstitutionell zurück und protestierte energisch gegen die unverantwortlichen Angriffe Stern⸗ bergs auf hohe verdienstvolle Reichs beamte.

Das Haus vertagte sich darauf bis Freitag.

Großbritannien und Irland.

Im Oberhause veranlaßte der Lord Roberts gestern eine längere Debatte über militärische Angelegen— heiten, indem er darlegte, daß die Nation für einen Krieg nicht vorbereitet sei und die militärische Erziehung der Nation so weit verstärkt werden müsse, daß jeder Bürger an der Ver⸗ teidigung des Landes Anteil nehmen könne.

Der Unterstaatssekretär Earl of Portsmouth teilte, nach dem Bericht des ‚W. T. B.“, mit, der Kriegsminister Haldane werde morgen eine wichtige Mitteilung machen, aus der sich ergeben werde, daß die Frage der Territorialarmee nicht vernachlässigt worden sei. Ver Redner sprach sich dann entschieden gegen die allgemeine Wehr— pflicht aus unter besonderer Hervorhebung der Kosten. Der Lord Milner befürwortete die allgemeine Wehrpflicht. Mehrere Redner verwiesen auf die Verhältnisse auf dem Fest— lande, besonders in Deutschland. Der Lord Milner führte aus, daß das deutsche Volk seine Größe und seine Fortschritte auf dem Gebiete des Handels und der Industrie seinem Heerwesen ver⸗ danke und daß die Völker, die die Mühen des allgemeinen Dienstes bereitwillig auf sich nähmen, diejenigen, die vor der allgemeinen Wehr⸗ pflicht zurückschrecken, nicht bloß im Kriege, sondern auch im friedlichen Wettbewerb überflügeln würden. Der Marquis of Ripon sagte, Lord Milner vergesse den durch die geographische Lage begründeten Unterschied zwischen England und den anderen Staaten.

Im Unterhause richtete das liberale Mitglied Bot⸗ tomley gestern an den Staatssekretär des Auswärtigen die Anfrage, ob ihm bekannt sei, daß nach amtlicher Bekanntgabe der neue englische Gesandte in Belgrad bei seiner Ankunft dort von einer Eskorte nach dem Palast begleitet werden soll, in der sich die am meisten in den Vordergrund getretenen Königsmörder befinden, und ob er die Abreise des Ge⸗ l, , bis zum Eingang weiterer Aufklärungen verschieben wolle.

Wie das W. T. B.“ berichtet, erwiderte Sir Edward Grey, die Regierung wisse nichts davon, daß eine solche amtliche Ankündi⸗ gung erfolgt sei oder eine solche Absicht bestehe, die offenbar dem Geiste, in dem die diplomatischen Beziehungen erneuert worden seien,

ganz entgegengesetzt wäre. Frankreich.

Die Deputiertenkammer hat gestern das Gesetz, be⸗ treffend die Verpflichtung zur Gewährung eines wöchent— lichen Ruhetages, das vom Senat bereits genehmigt ist, n, d, angenommen und darauf die Amnestievorlage

eraten.

Wie das W. T. B. berichtet, erklärte der Deputierte Berry (Nationalist), daß die der Regierung jum Opfer gefallenen Personen nicht eine Imnestie wünschten; die Regierung solle eingestehen, einen Scheinanschlag an gezettelt zu haben. Der Deyutierte Piou (Nationalist) war gleichfalls der Ansicht, daß die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens die logische Konsequenz des Anschlags ses; elne Amnestie könne nur Schul digen jutell werden, nicht Angeschuldigten, die möglicherweise unschuldig seien; die Kammer solle den Angeklagten gestatten, sich zu verteidigen. Der Nedner ersuchte den Minister Clémenceau, der erflärte, daß er seine Anschuldigungen gegen die Qpposition aufrecht erhalte, um die Zusammenberufung des Staatsgerichtshofeg.

*

Die Kammer ging dann zur Beratung der einzelnen Artikel der Vorlage über.

Auf Befragen erklärte der Justizminister Sarrien, daß die Amnestie, die gutes Einvernehmen zwischen Arbeitgebern und Ahbeit nehmern herstellen solle, sich auf die Teilnehmer an den Unruhen in n, erstrecke, nicht aber auf die Briefträger, die einen

erstoß gegen ihre Beruföpflichten begangen hätten. Er ersuchte Kammer, die Vorlage unverändert anzunehmen. Constans forderte Amnestie für die ent⸗ Der Minister Bart hou erinnerte an die Umstände des riefträgerstreikß und sagte, daß die Kam⸗ mer nicht den Beamten, den Trägern eines öffentlichen Amtes, eln Recht zu streiken einräumen könne; dadurch käme man zur Anarchie. Er übernehme die Verantwortung für die ergriffenen Maßnahmen; er habe auf die entlassenen Beamten die wohlwollendste Rücksicht genommen. Dle Regierung könne vielleicht noch einige Briefträger wieder einstellen, wolle sich aber, wenn sie es gegebenen— falls tue, volle Aktionsfrelheit wahren. Der Minister Sarrten er—⸗ klrte, den Antrag Constans könne die Regierung nicht annehmen.

Dieser Antrag wurde hierauf mit 366 gegen 141 Stimmen abgelehnt und die Sitzung geschlossen.

In der 8 en Morgensitzung setzte die Kammer die Be⸗ ratung über die Amnestievorlage fort.

sodann die Der Sozialist lassenen Briefträger.

Ber Deputierte Berry zog seinen Zusatzantrag, die wegen Ver⸗ schwörung Verurteilten von der Amnestie auszuschließen, zurück, nach⸗ dem der Justizminister Sarrien und der Minister des Innern geh nen, dargelegt hatten, daß wirklich eine Verschwörung be—

anden habe,

geschlossen sei.

die gerichtliche nicht ab⸗

Rußland.

Der Reichsrat hat in seiner gestrigen Sitzung den von der Duma ausgehenden Gesetzentwurf über die Abschaffung der Todesstrafe beraten.

Mehrere Redner befürworteten, nach den Bericht des W. T. B.“, die Annahme des Gesetzentwurfs. Der Abg. Timiriasew führte aus, die einstimmige Annahme des Entwurfs, zum mindesten des ersten Artikels, würde für das Land eine beruhigende Bedeutung haben. Im weiteren Verlaufe der Sitzung sprachen sich sämtliche Redner gegen den Gesetzentwurf aus. Das Reichsratsmitglied Krahm er stellte fest, daß seit Einführung des Kriegszustandes in Livland die Morde an Poltzisten aufgehört hätten, wäbrend die Morde an Privatpersonen, für welche die Mörder nicht der Todesstrafe unterzogen würden, nach wie vor fortdauerten. Die Reichsratemitglieder Kassatkin, R ostowsky, Butlerow und Ssamarin legten die Unmöglichkeit der Annahme des Gesetzentwurfs dar, und der Geistliche Bukewitsch entgegnete den Verteidigern des Gesetzentwurfs vom Standpunkte der Moral und der christlichen Lehre.

Der Reichsrat beschloß dann, den Gesetzentwurf einer Kommission von 15 Mitgliedern zu übergeben, deren Wahl heute stattfinden wird.

Die Debatten in der Reichs duma über die Vorgänge in Bjelostok verlieren immer mehr an Interesse. Von den Abgeordneten, die offenbar von den langen Reden ermüdet sind, in denen anhaltend die Regierung angegriffen und ihr die Fähigkeit zum Regieren abgesprochen wird halten sich nur wenige im Sitzungssaal auf. Wie die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ meldet, hat die Duma gestern einen An⸗ trag angenommen, nach dem zur vorliegenden Frage keine Redner mehr in die Rednerliste eingetragen werden sollen, da 34 bereits dort verzeichnete Redner noch nicht gesprochen haben.

Ueber die gestern gemeldeten Vorgänge in Jusow ka teilt die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ noch folgendes mit. Als die 3000 Bergleute, die zur Befreiung der ver⸗ hafteten Kosaken nach der Kaserne gezogen waren, erfuhren, daß der Zug mit den verhafteten Kosaken bereits nach Bach⸗ mut abgefertigt sei, zogen sie zur Bahnstation, besetzten die Bahnlinie und forderten, daß der Zug zurückbeordert werden solle. Als Truppen herankamen, zerstreuten sich die Bergleute. Gegenwärtig ist die Ruhe im Jusowkabezirke wieder hergestellt. Alle Betriebe sind in Tätigkeit.

Nach einer Meldung der genannten Telegraphenagentur ist gestern in dem Hafen von Odessa der allgemeine Ausstand ausgebrochen.

Feststellung aber noch

Italien.

Die italienische Regierung hat, laut Meldung der „Agenzia Stefani, den übrigen brei Schutzmächten Kretas den Wunsch kundgegeben, daß es bei Gelegenheit der gewünschten Reformen durch geeignete Maßnahmen ermöglicht werde, die italieni⸗ schen Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften zurückzuziehen, die gegenwärtig in der kretischen Gendarmerie Dienst tun.

Durch einen Erlaß des Schatzministers wird, „W. T. B.“ zufolge, der 19. Juli als Zahlungstermin für diejenigen Beträge der konvertierten , und 4prozentigen italienischen Renten bestimmt, deren Rückzahlung im Inland und Ausland gefordert worden ist. Mit dem Kapital sollen zugleich 4 Proz. Zinsen bis zum 18. Juli d. J. gezahlt werden.

xEchweiz.

Nach einer Meldung der „Schweizerischen Depeschen⸗ agentur“ hat der französische Botschafter in Bern gestern nach⸗ mittag dem Bundesrat die Antwort der französischen Regierung auf die letzten Vorschläge des Bundesrats über⸗ reicht. Die Antwort ist so wenig entgegenkommend, daß an der Lage der Handelsvertragsverhandlungen nichts geändert wird.

Türkei.

In den Verhandlungen über die dreiprozentige Zoll⸗ erhöhung ist eine Stockung eingetreten, da der englische Botschafter in Konstantinopel, wie „W. T. B.“ meldet, die Weisung erhalten hat, die von seinen Kollegen geplante Kollektivnote nicht zu unterzeichnen. Die Aenderung in der Haltung Englands wird auf die der Türkei unfreundliche oͤffentliche Meinung in England wegen der ägyptischen Vor⸗ fälle zurückgeführt.

Amerika.

Nach einer Meldung betz W. T. B.“ aus Caracas hat der Präsident Castro bei her Wiederübernahme der Regierung sämtliche politisch'en Gefangenen in Freiheit setzen und den beschlagnahmten Besitz des Generaitz Matos freigeben lassen.

Parlamentarische Nachrichten.

Das amtliche Ergebnis der gestrigen Reichstagsstich⸗ wahl im Wahlkreise Altena⸗Iserlohn ist folgendes: 6 (Soz.) 15 664, Klocke (3entr) 14 068 Stimmen.

er erstere ist somit gewählt.

Statiftik und Volkswirtschaft.

In dem soeben erschienenen Heft IX des 172. Bandes der Statistit des Deutschen Reichs hat das Kaiserliche Statistische Amt den Handel des deutschen Zollgebiets mit Norwegen und Schweden in den Jahren 1900 bis einschließlich 1905 dargestellt.

1) Aus Norwegen (einschließlich der Bäreninsel und 86 bergen) gelangen nach dem deutschen Zollgebiet vor allem Ergebnisse der Fischerei sowie Bau und Nutzholz, während von hier dorthin namentlich Erzeugnisse der Textil Metall. und Zuckerindustrie sowie Maschinen, Roggen uud Mehl ausgeführt werden.

Die Gesamt ein fuhr ist in den Jahren 1800 bis 1904 von 15651 467 auf 2 534 607 dz gestiegen, 1905 aber auf 2142 084 dz gefallen. Dagegen zeigt die Ge , in den Jahren 1900 bis 1902 eine Abnahme von 2076 803 auf 1 881 407 4Z und von 1803 bis 1905 eine Vermehrung von 2127 129 auf 2 605 218 dæ.

Der Gesamtwert des Spezialhandels mit Norwegen hat im Jahre 1905 in der Einfuhr 2454 und in der Ausfuhr 70,7 Millionen Mark n. die entsprechenden Zahlen des Jahres 1904 sind 26,0 und 67,6 Millionen Mark, sodaß bei der Einfuhr eine Abnahme um 6,2 v. H. und bei der Ausfuhr eine Zunahme von 46 v. H. fest⸗ zustellen ist.

An der Mindereinfuhr sind im Jahre 1905 namentlich folgende Warengruppen beteiligt (die Zablen für 1904 in Klammern): . 273 575 (4603 152) dz, Drogerie. Apotheker., Farbwaren 378 837 (574768) dz, Hol und andere Schnitzstoffe sowie Waren daraus 536 180 (556 772) d, Material-, Spezerei⸗. Konditorwaren usw. 257 366 (286 913) dz, Papier, Pappwaren 39 188 (123 000) dæ, Steine, Steinwaren 282 882 (300 238) da; dieser Mindereinfuhr steht eine erhebliche Mehreinfuhr nur bei Erden, Erzen, edlen Metallen, Asbest 257 484 (184066) 42 und bei Getreide und anderen Erzeugnissen des Landbaues 12 204 (3087) da gegenüber.

Von den einzelnen Warengattungen weisen in der Einfuhr 1905 einen Rückgang gggen 1904 besonders folgende auf: Klete (212 007 bis 355 168 42), Eis (350 380 bis 528 936 32 weiches Bau- und Nutzholi, gesägt; weiche Kanthöljer und andere Säge. und Schnittwaren (462 993 bis 497 886 42), gesalzene Heringe in Fässern (87 257 bis 121 983 Faß), Pflastersteine, bloß behauen (140 ol bis 185 067 42), wäbrend ein erhebliches Mehr sich bei künstlichem Suano (48 210 bis 38 172 42), bei Schlacken von Erzen, Schlackenwolle usw. (43 352 bis 14 260 daz), Hafer (11 237 bis 30 da), bei weichem Bau⸗ und Nutzholz, roh usw. (652 748 bis 42218 da), bei frischen Heringen (S0 205 bis 62 063 da), bei groben ungeschliffenen Steinmetzarbeiten, nicht aus Alabaster oder Marmor (82 416 bis 45 638 da) ergibt.

In der Mehrausfuhr des Jahres 1905 ragen gegenüber 1890 die nachstehenden Warengruppen hervor: Baumwolle und Baumwoll⸗ waren (13 397 gegen 8864 42), Drogerie⸗, Apotheker“, Farbewaren (93 5366 gegen 78 539 da), Instrumente, Maschinen, Fahrzeuge 49 955 gegen 25 680 dz), Material., Speierei⸗, Konditorwaren (. 94315 gegen 664 341 da), Steinkohlen, Braunkohlen, Torf, Koks, Torf kohlen (459 877 gegen 310 665 da); zurückgeblieben dagegen ist be sonders die Ausfuhr von Eisen und Eisenwaren (288 538 gegen 297 287 da) und von Getreide und anderen Erzeugnissen des Land⸗ baues (468 566 gegen 637 403 dæ).

Bei Vergleichung der Ausfuhr der Jahre 1905 und 1904 nach den Warengattungen fallen auf die Zunahme bei Romanzement usw. (121 884 und 87 338 42), bei frischen Kartoffeln (16260 und 7153 d2), bei Maschinen und Maschinenteilen außer Lokomotiven, Lokomobilen usw. (30 036 und 25 016 47), Mehl und Roggen (384 361 und 263 250 d), Salz (61 408 und 73 928 da), Koks (204 825 und 179 431 dz), Steinkohlen (252 310 und 130 684 da) sowie die Abnahme bei ge⸗ mahlenen Thomasschlacken (2518 und 49 865 dz), Roggen (383 847 und 5498 0s dz), Hafer (14 221 und 28 587 42), Zucker (215 971 und 230 801 d2).

Y Schweden. Die Einfuhr aus diesem Lande nach dem deutschen Zollgebiete erstreckte sich namentlich auf Bau. und Nutzholz, Eisenerze, Steine, grobe Tischlerwaren, schmiedbares Eisen und Roh⸗ eisen, frische . und Kalbfelle; die Ausfuhr nach Schweden aber besonders auf Erzeugnisse des Landbaues, Wollenwaren, Maschinen, Oelkuchen, Zucker, Handschuhleder und Rindshäute.

Während im Spezialhandel die Gesamteinfuhr in den Jahren 1900 bis 1902 von 26 237 566 auf 22 404 521 gefallen war, zeigt sie von 1802 an ein stetiges Steigen (von der zuletzt genannten Menge auf 31 157 012 dz). Etwa dasselbe Bild zeigt sich bei der Ver⸗ gleichung der Gesamtaussuhrsummen des Spezialhandels der Jahre 1900 bis 1905: von 1900 bis 1901 eine Abnahme von 5 224573 auf 4520 479 da, von 1992 bis 1904 eine Zunahme von 3 445 240 auf 6 633 425 dz, im Jahre 1905 dagegen wieder einen Rückgang auf 6 512 055 dæ.

Die Gesamtwerte betragen 1905 in der Einfuhr 119,3, in der Ausfuhr 159,1 Millionen Mark, in dem Vorjahre dagegen be⸗ trugen sie in der Einfuhr 99,9 in der Ausfuhr 151 Millionen Mark; danach haben in der Ginfuhr Menge und Wert, in der Ausfuhr nur der Wert zugenommen.

Unter den Warengruppen deren Einfuhr im Jahre 1905 zu⸗ genommen hat, sind bervorjzuheben (die Zahlen des Jahres 1904 in Klammern): Eisen und Eisenwaren 4965 209 (414 360) dz —, Erden, Erze, edle Metalle, Asbest usm. 17 024 565 (16267 870) 2 Holz und andere Schnitzstoffe sowie Waren daraus 5798 659 (5 546 113) 4z —, Material-, Spezerei⸗ Konditorwaren usw. 240 14 (126 658) 42 —, Steine, teinwaren 6984724 (4 580 494) 42 —, Tonwaren 261 742 (22 308) dx = zurũck⸗ gegangen ist dagegen die Einfuhr namentlich von Drogerie, Apotheker-, Farbwaren 78 747 (97 107) dz und von Papier, Pappwaren 160 750 (224 693) 4z —.

Von den einzelnen Warengattungen baben in der Einfaͤbr im Jahre 1905 ein Mehr aufzuweisen besonders Roheisen 191 480 (139512) 42 —, schmiedbares Eisen in Stäben, Radkranz⸗ und Pflug⸗ schareneisen 166 678 (156083) 4z —, Kaolin, Feldspat, feuer. fester Ton 234 424 (218 628) dz —, Eisenerze 16424565 (5 840 797) 42 —, Kupfererze 54 195 (1336) 42 —, Schlacken von Erzen, Schlackenwolle 230 388 (143 872) 42 weiches Bau- und Nutzholz. beschlagen, Naben, elgen, Speichen 577216 (486 157) 4z —, weiches Bau⸗ und Nutzholj, gesägt, Kanthölzer und andere Säge und Schnittwaren 4953 372 (4844 535) dz —, frische Heringe 206 549 (97 524) 42 —, Werksteine, bloß behauen 542 524 (279 431) 42 —, Pflastersteine, bloß behauen 5763 955 (3 611611) dz —, ein Weniger indessen, namentlich Beeren jum . 47 487 (80 835) dz —, Zellstoff, Stroh⸗ und anderer Faserstoff 88 202 (137 724) dz —.

An der Minderausfuhr des Jahres 1905 (gegenüber dem Jabre 1904) sind namentlich Getreide und andere Erzeugnisse des Landbaues betelligt: die Zahlen sind 1 597 674 z i. J. 1905 gegen 2 238713 d2 i. J. 1904. Andere Warengruppen haben dagegen auch in der Aus- fuhr eine Steiger ung zu verjeichnen; so vor allem Erden, Erze, edle Metalle, Asbest usw. (1105769 961 875 dz), Instrumente, Maschinen, ehre (1I9 651 98 415 dz), Material⸗, Spezerei⸗, Konditorwaren usw. (5668 761 518198 49 Oel, anderweit nicht , und Fette (314 697 278 408 dz), Steinkohlen, Braun⸗ ohlen, Torf, Koks, Torfkohlen (1 008 488 S821 630 da).

Von den einzelnen Warergattungen ragen in der Ausfuhr im Jahre 1905 hervor (die Zahlen des Jahres 1904 eingeklammert), und zwar mit einer Abnahme heesgen mit 558 290 (940 628) dz, Hafer mit 104 394 (374 321) 42z, frische Kartoffeln mit S5 465 (142 686) da, Mehl aus Roggen mit 34 343 (66 662) dz, dagegen mit einer Zu⸗ nahme Abraumsalje mit 845 404 (679 294) 4 Maschinen. und Maschinenteile (außer Lokomotiven usw.) mit 79 9366 (67 447) dæ, Zucker mit 167 651 (58 845) dz, Oclkuchen, Oelkuchenmehl mit 307 416 (270 036) dz, Koks mit 546 296 677 476) dz und Stein- kohlen mit 433 586 (323 376) dæ.

Zur Arbeite kbewegung.

Bei der Firma Düsseldorfer Holzkontor in Düsseldorf sind, er Köln. Itg.“ zufolge, die Hafenarbeiter wegen Arbeits streitigkeiten in den Ausstand getreten.

Zwischen dem Vorstande des Arbeitgeberverbandes, der gausißer Tuchin dust rie und einer Kemmission der im Ausstande defindlichen Som merfelder Arbeiterschaft hat vorgestern eine Verhandlung stattgefunden, in der, wie W T. B. meldet, eine voll⸗ ssandige Uebereinstimmung beider Parteien erzielt worden ist. Die Arbeilerkommission erklärte einstimmig dafür eintreten zu wollen, daß die Ürbeit am 12. Juli zu den vereinbarten Bedingungen wieder⸗ aufgenommen wird,

In Braunschweig plant, wie der Hann. Cour.“ mitteilt, der Arbeltgeberverh and die Aussperrung sämtlicher organisierten, zuf Bauten beschäftigten Leute, falls die Arbeit auf den ge⸗ sperrten . bis morgen, Donnerstag, nicht wieder aufgenommen

den ist. works dz i he lmshgven legte, wie die . Voss. Ztg. erfährt, eine Versammlung von 2009 Werftarbeitern gegen die Entlassung von Tischlern auf, der Weift Cinspruch ein.

Im Königreich Sachsen macht sich, wie dem „Hann. Cour“ berichtet wird, ebenso wie in der Glguchauer Gegend in der erzgebirgischen Wirkwarenbranche eine Lohnbewegung bemerkbar. Stark. besuchte Textilarbeiterversammlungen sorderten zehnstündige Arbeitszeit, zehnprozentige Lohnerhöhung, Bezahlung der eit für Reparaturen die Stunde mit 35 3, Erhöhun des Lohnes für Ueberstunden um 25 biz 30 ö 9 usw. Im Gebiete des großen vorjährigen Weberstreiks, dessen Mittelpunkt Greiß und Gera in den ö ürstentũmern waren, rufen diese Nachrichten erhebliche Beunruhigung hervor. Dort wurde seinerzeit der Streik von den Agitatoren des Textilarbeiter perbandes bekanntlich nicht für beendet erklärt.

Der Zentralverband deutscher Brauereiarbeiter, Zweigvereln Hamburg und Umgegend wird, dem „Hamb. Corr.“ zu- folge, den bestehenden Lohntarif am 1. Oktober jum 31. Dejember kündigen und den Brauereien von Hamburg, Altona und Wands—, hek elnen neuen Tarif zur Prüfung und Annahme unterbreiten. Gefordert soll u. a. werden; Für Brauer, Hilfsarbeiter und Küfer eine , ,. und für Maschinisten, Heizer, Faß und Flaschenbierkutscher sowie Stallleute eine 13stündige Arbeitszeit. Die Wochenlöhne sollen be⸗ fragen für Brauer 33 , Küfer 32 , Hilfsarbeiter 30 , Stall, seule 216 M, Flaschenkellerarbeiter Anfangsgehalt 22 M, halbjährlich steigend um 1 M big 24 M die Woche, Maschinisten und e z0 M, Handwerker 28 ιο, Faßbierkutscher 30 und 2 M Zehrgeld den Tag, Flaschenbierkuischer 30 M einschließlich Zehrgeld, und Flaschenbiermitfahrer wie Flaschenkellerarbeiter. Außerdem enthält der Tarif noch eine ganze Reihe Nebenforderungen.

Aus Stockholm wird der „Frkf. Ztg.“ telegraphiert, daß die Staatsbahnverwaltung sich bereit erklärte, elne Lohnerhöhung ür das Hilfspersonal zu erwägen, wodurch der drohende Streik abgewendet werden dürste (Rl. Nr. 156 d. Bl).

In Zürich begannen gestern, wie die ‚Köln. Ztg. meldet, die Unterhandlungen des cyuifhn Einigungsamtes zur Beilegung des Ausstandes der Maurer. Beisitzer ist u. a. der bekannte deutsche Sogialwissenschaftler Professor Heinrich Herkner ⸗Zürich. Den Befehl jur Bereithaltung von Truppen hat die Regierung endgültig zurück⸗ gejogen. (Vgl. Nr. 159 d. Bl.).

Kunst und Wissenschaft.

In der Julisitzung der Archäologischen Gesellschaft legte Piofessor Conze die unter O. Benn dorfs Leitung entstandenen „Forschungen in Ephesos', Band 1, Wien 1906, vor und wies auf den Fortschritt in der Herausgabe der Altertümer von Pergamon“ bin, deren Band III, 1 (Architektur des großen Altars und des oberen Markts5 von Jakob Schrammen als soeben er— schienen angezeigt werden konnte.

e,. or Kjellberg aus Upsala sprach Ueber die Rel leffriese von Larisa.! Diese Terrakottafriese kamen bei einer vom Direktor Boehlau und dem Vortragenden auf Kosten König Oscars und einiger schwedischen Kunstfreunde vorgenommenen Aus— grabung auf der Akropolis des ah n Laäisa am Hermosflusse in der Nähe von Smyrna zutage. Sie wurden in der nächsten Um gebung eines kleinen Heiligtums in dem zur Füllung unter einer Rampe berwandten Schutt gefunden und stammen also von der Terrakotta—- verkleidung elner nicht mehr ju bestimmenden Anzahl verschiedener Gebäude. Die Friese sind teils ornamental, teils figürlich. Der Vor⸗ tragende wies dle Uebereinstimmungen und Verschiedenheiten nach, die zwischen den ornamentalen Friesen aus Larisa und der bekannten Tonverkleldung vom Schatzhause der Geloer in ri und von ähnlichen Bauten in Sizilien und Unteritalien bestehen. Die Friese mit figürlichen Darstellungen haben dagegen in dem westlichen Teile der griechischen Kulturwelt keine Analogien und stehen überhaupt ver⸗ einzeit da. Die acht derartigen Friese, die unter den Funden von Larisa in einer genügenden Anzahl von Fragmenten vertreten sind, um eine in der Hauptsache gesicherte Rekonstruktion zu ermöglichen, stellen Wettrennen, einen Kentaurenkampf und ein Gastmahl oder Trinkgelage dar. Dlese Reliefbilder liefern vorzügliche Proben der ionischen Kunst im Anfang des sechsten Jahrhunderts und werden zur Feststellung der Stilunterschlede zwischen der originalen ionischen und der nach⸗ ahmenden etruskischen Kunst sicher gute Dienste leisten.

rofessor F. Noack aus Kiel berichtete zunächst über eine Anfang April d. J. an der athenischen Stadtmauer am Dipylon vorge⸗ nommene Grabung, die eine Aufklärung über den Zustand der untersten, nie untersuchten Fundamente bis zum gewachsenen Boden bringen sollte. Das Ergebnis war, daß als älteste, d. h. them isto kleische Schicht nicht mehr der bis beute dafür gehaltene Mauersockel gelten kann, sondern die noch auf einer größeren Strecke darunter erhaltene, weniger sorgfältig 53 Polygonalmauer. Nach Thulydideg ver⸗= wendete man für die Fundamente zur Beschleunigung deg Baues auch das Mate ial von aͤlteren Gebäuden und den Schmuck der Graber; das Fundament der ältesten Mauer am Dipplon besteht aber nicht nur aus großen, vielfach mit feinem weißen Stuck überzogenen Quadern, die nur von einem älteren Gebäute stammen können, sondern es enthält auch eine Anzahl von archaischen Relie platten, von denen einige sich zu einer fast 2.50 m hohen schlanken Grabstele zu. sammenschlossen, die sowohl inhaltlich wie kunstgeschichtlich Neues bringt. In ihrem weiteren Veilaufe kann sich die themistokleische Mauer, das ist das andere Ergebnis der Untersuchung, nicht mit der jüngeren Linie gedeckt haben, sondern muß hier noch gesucht werden. Das soll im August geschehen.

Sodann wendet sich der Vortragende zu seinem Hauptthema, das die Gestalt des eleusinischen Heiligtums in vor perikleischer Zeit behandelt. Wenn man die sicher jüngeren Anlagen, einschlleßlich des großen, von den perikleischen Architekten erbauten. Welhetempels samt feiner Umfassungs. und Befestigungs— mauer ablöst, so läßt sich aus den vereinzelten älteren Mauerzügen, die die mächtigen Terrassterungen deg 5. und 4. Jahrhunderts ü t eben beben, nur dann ein klares Bild gewinnen, wenn mgn st as natürliche Gelände in seiner ursprünglichen Gestalt relonstruiert. Dies hat der Vortragende im Anschluß an die Messungen, die Philios und Dörpfeld i der Ausgrabungen (1883 - S7 vorgenommen haben, sowie mit Hilfe eines eigenen, in e n g nn . umfangreichen Nibellements versucht. Das Ergebnis ist in einer Döbenkarte und größeren Längs, und Querschnitten dargestellt. Deutlich debt sich nun die fieine, natürliche, auf steilerem Felsabhang nach Osten vorspringende Terrasse herauß, auf der schon im 2. Jahrtausend eine, von einer mpkenischen Mauer abgestützte Kult⸗ und Opferstätte lag, die einzige Stelle auch in der näheren Umgebung des alten Grottenhelligtums, die der Angabe des homerischen . (7. Jahr · hundert b. Ehr.) über den Bau esnes Tempels und Altars entspricht.

Von dem Bau, der in diese Zeit zurückreichen kann, sind nur geringe Reste erhalten; aber schon er war von einer doppelten Mauer umgeben, deren eigentümliche spitzwinkelige Grundform sich dadurch

erklärt, daß sie den Fuß der so vorspringenden Felgterrasse um. schließen sollte. Beide Mauern waren durch eine in der Tiefe liegende, bisher nicht beachtete Toranlage verknüpft und sind dadurch als gleichzeitig erwtesen. 3

Der viel größere Neubau der pisistratischen Zeit mußte bedeutend über die ursprüngkiche Plattform nach Osten vorgeschoben werden und forderte dort neue Terrassierungen und neue Toranlagen, da eine starke Mauer, die damals wohl dem heiligen Bezirk die erste feste Abgrenzung nach Nordosten gab, die alten Tore teilweise kassierte und entwertete. .

Die Restaurationszeit nach der Perserkatastrophe bringt das erste Projekt eines ganz großen, nun auch westwärt tief in den Felsen ein geschnittenen Weihetempels, ebenso eine neue Terragssenmauer, aber . diese folgt nur der uralten, bon der Bodengestaltung bestimmten Line. Erst unter den perikleischen Terrassen ist die alte unregelmäßige Gestalt verschwunden.

Während dieser ganzen Entwickelung hat der alte heilige Weg von der Grotte her, allzeit unverändert, die Lage der Eingänge in den späteren Telesterien mitbestimmt. Dagegen ist der Altarplatz vor ihrer Front mit dieser jedesmal weiter nach Osten vorgeschoben worden, innerhalb des bei jedem vergrößerten Neubau mit bewußter Sorgfalt neuangelegten oder erwelterten Hofes, den der Kult verlangte. Im Wesen des Demeterkultus wird es begründet gewesen sein, daß die Vorstellung von Hof und Herrenhaus (a6, Kierador, dux. ropor) in seinen Hauptkulträumen besonders lebendig geblieben ist: wie die abnz in der eleusinischen Terminologie festsitzt, so ist das Telesterion in seinem Grundplan stets ein nur allseitig erweltertes Megaron gehlieben; das Wohnhaus der Göttin hatte zum Hause einer ganzen Gemeinde werden müssen.

Literatur.

Monumenta Germaniae Paedagogica, Schul— ordnungen, Schulbücher und pädagogische Miszellaneen aus den Landen deutscher Zunge. Im Auftrage der Gesellschaft für dꝛutsche Erziehungs⸗ und Schulgeschichte ag, n von Karl Kehrbach. Band TXXIV. Die Fugend und Erziehung der Kurfürsten von Brandenburg und Könige von Preußen. Von Archlv— rat Dr. Georg Schuster, Königlich preußischem Hausarchivar, und Professor Dr, Friedrich Wagngr Y. rster Band. Die Kurfürsten Friedrich J. und J., Albrecht, Johann, Joachim J. und II. Berlin, A. Hofmann und Comp. 19606. Die äußere An⸗ regung, die Jugend und Erziehungsgeschicht;, der Hohen jollerischen Kurfürsten und Könige zu behandeln, ist von dem ver— ewigten Herausgeber der Monumenta Germaniae Paedagogica, Pee fn Dr. Karl Kehrbach, ausgegangen. Der erste Band, der mit kurfürst Joachim II. schließt, umfaßt diejenigen Fürsten, die noch in dem Sinne und der Weise der alten Kirche erzogen worden sind, ehe der Einfluß Luthers und Melanchthons auf Schule und Unterricht einsetzte. Bis ju diesem Zeitpunkt haben sich keinerlei Instruktionen für Lehrer und Erzieher, keine Spuren von Schularbeiten und nur einzelne von benutzten Lehrbüchern erhalten. Mit dem Kurfürsten Johann Georg, dessen Jugendgeschichte den zweiten Band eröffnen soll, beginnt auch insofern ein neuer Abschnitt, als er der erste brandenburgische Hohenzoller ist, der eine Universität bezogen hat. Der zweite Band soll, wie ebenfalls dem Vorwort zu entnehmen ist, bis zum Großen Kurfürsten reichen, ein dritter die Zeit der Könige bis zum ersten Kaiser hin behandeln. Die Arbeitsteilung erfolgte in der Weise, daß sich Archivrat Schuster, von dem auch das Vorwort stammt, den eisten drei, und Professor Wagner den drei nächsten Herrschern widmete. Professor Wagner, der sich um die Erforschung der brandenburgisch⸗preußischen rn te verdient gemacht hat, hat mehr als fünfjehn Jahre seines arbeilsfrohen Lebens auf das vor— liegende Werk verwendet. Als ihn der Tod abrief, war er gerade im Begriff, die letzte Hand an das Schlußlapitel seines Manuskripts zu legen. Ihm ist im Vorwort ein warmer Nachruf zuteil ge⸗ worden. Auf den reichen Inhalt des Werkes näher einzugehen, ist hier nicht der Ort; nur so viel sei gesagt, daß es viel mehr bietet, als der Titel verspricht. 5 , fleißige Heranziehung aller nur irgendwie auffindbaren Nachrichten und Belege, durch liebevolle Ausmabung selbst der kleinsten Züge sind Lebensbilder entstanden, die eine treue Wiedergabe der Jugendgeschichte, eine vortreff liche Ginleitung zu künftigen Gesamtbiographien der Hohenzollernfürsten darstellen. Auch für die Kenntnis des allgemeinen Lebens vergangener Jahrhunderte, das sich in gläubiger Verehrung der Kirche, aber auch . B. in den beliebten Turnieren, in freudiger Betätigung körperlicher Kräfte ent faltet, ist in den vorliegenden Darstellungen ein reicher Gewinn ab— fallen. Die Benutzung des Werles wird durch ein sorgfältig ange— eates Inhalteverzeichnis, sowie durch Aufstellung von Sach-, Ortg— und Personenregistern, ferner durch eine Uebersicht über die Aufent⸗ haltgorte sehr erleichtert. Zudem bieten die Anmerkungen, die allein über hundert Seiten umfassen, für den, der in den Gegenstand tiefer eindringen will, eine Fülle von Hinweisen. Die Anlagen ent— halten wertvolle Abdrücke, j. B. die Bestimmungen der Goldenen Bulle“ über die notwendigen Sprachkenntnisse der Kurfürsten oder Listen von Ausstattungsgegenständen. Auch bildliche Darstellungen sind in den Text verstieut. Alles in allem, bildet das vorliegende Werk eine Fundgrube für sitzttengeschichtliche Belehrungen.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.

Aus dem Sanitätsberichte über die Königlich . Armee, das XII. und XIX. (1. und 2. Königlich sächsische) und das XIII. (Königlich württembergische) Armeekorys für den Berichtszeitraum vom 1. Oktober 1902 bis

50. September 1903.

Am 1. Oktober 1902 befanden sich von den bezeichneten Armee—⸗ korps 7102 Kranke in militärärztlicher Behandlung, davon 5769 im Lazarett; der Krankenzugang im Berichte jahre betrug bei einer Durchschnittsiststärke von 526 554 Mann: 105 693 im Lazarett, 191 484 im Revier, 29 212 im Lajarett und Revier, mithin im ganzen 619,9 oo der Kopfstärke. Während des fünfjährigen Zeitraums von 1853687 bis 18961 waren im Durchschnitt jährlich 908, von je 10090 Mann der Kopfstärke als krank in Behandlung gekommen fomit war nach dem neuesten Bericht die jährliche Krankenzahl auf etwa. der damaligen zurückgegangen. .

Gestorben sind im Verlaufe des Berichts jahres 1091 Mann, d. s. T, Losc der Kopfstärke, was einer geringen Zunahme gegenüber dem Vorjahre entspricht, jedoch erheblich weniger als z. B. im Durch schnitt der Jahre 188182 bis 1886 86 (41594) und 1886,87 bis 1590 91 (3,5) ist. Von den 1091 Todesfällen waren 689 durch Krankbeit, 263 durch Sebstmord, 139 durch e, ,,. herbei

führt, und davon sind 346 außerhalb der militaͤrärztlichen Be. n. . .

Der Krankenjugang war am stäcksten im Januar ( 72, boo K.), demnächst im Februar (61,4) und März, (60.8), am geringsten, wie ge⸗ wöbnlich, im September (39,3); die Reihenfolge der Armeekorps hin n der Höhe des Krankenzugangs erscheint bedeutungslos, if

at von Jahr zu Jabr so sehr gewechselt, daß sich daraus Schlüsse auf den Gesundheitezustand der Korps nicht wohl ziehen lassen.

Mit Infektionskrankbeiten und allgemeinen Krank heiten kamen zu einem Bestande von 539 am 1. Oktober 1802 im Laufe des Berichtsjahres 15515 in Zugang, und auf jeden dieser Kranken entfielen durchschnittlich 2? Behandlungsta e. Hervor⸗ ubeben sind 6258 Kranke mit Grippe Cabvon 4025 im Januar und

ebruar, 4281 mit akutem Gelenkrheumatismus (davon 1099 im März und üprih, Fis mit Tuberkulgse der Lunge oder der eisten Luftwege, 619 mit Rose, 5Ji7. mit. Masern, 446 mit Typhus, is mit erldemischer Ohrspeicheldrüsen. entjündung. Zz mit Scharlach, 192 mit Diphtherie (Krupp), 82 mit Wechfel ie ber. Epldemische Gentckstarre war bel 36, eine bös artige Geschwulst bei 30 das die Aufnahme veranlgssende Leiden, wegen Hitzschlags kamen 74, wegen einer Vergiftung 75 in Behand.

lung, darunter 43 wegen Alkoholvergiftung. Von sonstigen in dieser Gruppe geführten Kranken seien noch 518 wegen Fun armut und 306 wegen chronischen Gelenkrheumatismus oder Gicht zugegangene Kranke erwähnt.

Der Zugang an Typhus war der geringste bisher in der Armee beobachtete und erheblich geringer als der in der französischen, italienischen und österreichlsschen Armee; denn auf je 10000 Mann der Kopf⸗ stärke erkrankten an Typhus während des Jahres 1902 in der französischen Armee 43, in der italienischen 41, in der österreichischen 19, dagegen nach obiger Angabe in den 20 deutschen Armeekorps nur 8,5. Eine Massenerkrankung von 66 Peisonen durch den Genuß verdorbener Leberwurst wurde aus Gnesen berichtet; infolge des Genusses von Kartoffelsalat erkrankten an einem Tage in Straß⸗ burg i. C. 62 Mann mit Erbrechen, Leibschmerjen und Durchfällen, wahrscheinlich handelte es sich um eine Solaninvergiftung.

Mit Krankheiten des Nervensystems kamen zu einem Bestande von 186 3143 Mann in Zugang; jeder dieser Kranken erforderte durchschnittlich 32,2 Behandlungstage. Die 3j der an einer Geisteskrankheit Leidenden betrug 444, entsprechend 0 8d 0 /os der Kopfstärke, und hat sich danach seit 1874775 allmählich auf das Vierfache erhöht. Die Ursache hierfür ist angeblich zum großen Tell darin zu sehen, daß auch in der Zivilbevölkerung die Geisteskrankheiten zunehmen, und daß somit eine größere Zahl von Leuten zur Einstellung gelangt, deren Geisteszustand an der Grenze der Geistesgesundheit stehend erst bei den Anforderungen des Dienstes und bei der Beobachtung unter militärischen Verhältnissen als minder wertig erkannt wird. Unter den einzelnen Krankheitsformen stand der angeborene Schwachsinn (61 Fälle) obenan.

Mit Krankheiten der Atmungsorgane gingen 43 361 Mann zu, von denen im Durchschnitt jeder nur 14,8 Behandlungs⸗ tage erforderte; an akuter Lungenentzündung litten vom Zuzang 3240 und starben 136, die Höhe dieses Zugangs war am größten im Februar und Januar, am geringsten im August. Mit Krankheiten der Kreislaufs und blutbereitenden Organe gingen 6664 Mann zu, darunter 1522 mit Krankheiten des Herzens; der Zugang an Herzkrankheiten ist im Vergleich mit dem im Vorjahre um 6, 3/90 K. zurückgegangen. Von den wegen Krankheiten des Herzens entlass'enen Mannschaften waren u. a. 146 im Bereiche des VII. Armeekorps (Westfalen), dagegen nur 20 im Bereiche des J. Armeekorps (Ostpreußen) ausgehoben. Mit Krankheiten der Ernährungsorgane gingen 47 078 Mann zu, jeder dieser Kranken erforderte durchschnittlich 7,7 Behandlungstage. Unter den Kranken dieser Gruppe befanden sich nicht weniger als 23 102 mit Mandel entzündung, und unter diesen wieder waren viele der Diphtherie veidächtig und wurden hier nur geführt, weil der Nachwels der Diphtheriebazlllen nicht gelang; bei mehreren Erkrankungen an solcher Mandelentzuͤndung! hat aber der klinische Befund zur Anwendung von Diphtherieheilserum Ver⸗ anlassung gegeben (vgl. auch unter Todesursachen). Im Garnison lazarett zu Hi, wurde während des Berichts jahres eine zahnärztliche Station für die Angebörigen der Garnison Leipzig und einiger benach- barter Garnisonorte eingerichtet, in der nicht nur zahlreiche Unter- suchungen, Zahnziehungen, Füllungen ꝛc. ausgeführt, sondern u. a. auch 53 neue Gebisse hergestellt wurden. Von den in dieser Gruppe ge⸗ führten 1087 Kranken mit Darm und Blinddarmentzündung sind 2 gestorben, und in der Overationsliste sind 124 durch Blinddarm⸗ entzündung verursachte Operationen ausgeführt: 101 dieser operierten Kranken haben die Dienstfäbigktit wiedererlangt.

Mit venerischen Krankheiten kamen ju einem Anfangs— bestande von 00 Mann 10216 in Zugang 198,42 6 der Kopf. stärke; die durchschnittliche Behandlungsdauer jedes dieser Kranken betrug 36,6 Tage. Der Zugang war etwas böher als in den drei Vorjahren, jedoch immer noch weit geringer als in anderen Armeen; denn auf je Joo Mann der Kopfstäͤrke kamen während d. J. 1802 mit venerischen Leiden in ärztliche Bebandlung: von der franzoösischen Armee 29,9, von der österreichischen Armee 57,5, von der italienischen Armee 9h6h, von der englischen Inland Armee 1227. Von den 20 im vorliegenden Sanitätsbericht berücksichtigten Armeekorps batten die meisten venerischen Erkrankungen die beiden Königlich sächsischen Korps, nämlich das XII. (34 50. K.) und das XIX. (29 ospo), demnächst das Gardekorps (24,7 und das XV., d. i. das elsässische (23,2), die niedrigste Ziffer (3,9) entfiel auf das XII., d. i. das Königlich württembergische Korps. 2179 Kranke, also 21,3 oo aller mit verenischen Leiden zugegangenen litten an konstitutioneller Syphilis, 6177, also 60,5 ö der Gesamtzahl an Tripper aus- schließlich von dessen Folgezuftänden; wie gewöhnlich, hatte der Monat Oktober, d. i. der Monat der Rekruleneinstellung, den böchsten Krankenzugang; allein in die unter preußischer Verwaltung stehenden 17 Armeekorps waren im Berichtsjahre 1629 geschlechts kranke Rekruten eingestellt. Dieser hohe Anteil der geschlechtskrank Eingestellten an dem Jahreszugang dieser Krankheitsgruppe würde sich aber noch er— höhen, wenn man diejenigen später in Zugang gekommenen Et⸗ krankungen in Rechnung ziehen würde, welche als Rückfälle einer dor dem Diensteintritt erworbenen Geschlechtskrankheit anzuseben sind

Von den 333 501 insgesamt behandelten Mannschaften f 308 970 dienst fähig geworden, 745 gestorben und 16495 ander- weitig abgegangen; unter den letzteren sind diejenigen verrechnet. welche zur , in die Heimat beurlaubt, in Bäder oder Ge- nesungsbeime geschickt oder als dienstunbrauchbar oder invalide ent⸗ lassen, sowie auch diejenigen, welche den Zivilbebörden oder JIeren— anstalten überwiesen wurden. Diese 16495 Leute sind also nicht sämtlich aus der Armee geschieden, sondern zum Teil dem Dienste erhalten geblieben. ;

Dle Tode sursache der in militärärztlicher Bebandlung ge— storbenen 715 Mannschaften war bei 660 Krankheit, bei 53 ein Un— glücksfall, bei 32 ein Selbstmordversuch: von den 660 infolge ven Krankheit in militärärztlicher Behandlung und den 29 außerhalb militätärztlicher Bebandiung an einer Krankheit gestorbenen Mann schaften waren gestorben; an Tuberkulose 138, an akuter Lungen entzündung 138, an Typhus 45, an Herileiden 32, an Hospitalbrand, Pyämie oder Septicämie 29, an Brustfellentzündung 25, an Darm⸗ und Blinddarmentzündung 28 und an Bauchfellentzündung 25, an Nierenleiden 26, an nichituberkulöser Hirnbautentzündung 21 (außet dem 7 an epidemischer Genickstarre, an anderen Krankheiten des Ge⸗ hirns 17, an Scharlach 17, an bösartigen Geschwülsten 14, an akutem Gelenkrbeumatismus 12, an Zuckerrubr 11, an Diphtherie 3, an Mandelentzündung“ (. o.) ebenfalls 3 usw.

Als dienstunbrauchbar sind 7163 Mann ausgeschieden, davon Hog innerbalb der ersten 6 Monate ihrer Dienstzeit; nur 3044 waren bis zu ihrem Ausscheiden in militäräritlicher Behandlung gewesen. Als halbinvalide schieden 1992 Unteroffiziere und 1932 Mann⸗ schaften, usammen 3924 aus, darunter 1514 ohne Dienstbeschädigung und auf Grund der langen Dienstzeit; als ganzinvalide schieden 1174 Unteroffiziere und 55640 Mannschaften aus, darunter 42365 nur als zeilig ganzinvalide: und 340 ohne Dienstbeschädigung nach mehr als 8. jähriger Dienstzeit. 4 *

1532 altive Mannschaften wurden zur Wiederberstellung ihrer Gesundheit zu Brunnen, oder Badekuren in Kurorte geschickt, desgleichen 415 Invalide und 57 sonstige Angebörige der Armee, 90 dabon kamen nach Landeck i. Schlesf, 4153 nach Wiesbaden; 170 nach Teplitz i. Böhmen, 114 nach Naubeim, 94 nach DOeynhausen, 0 nach Ems usw.

Ausstellungswesen.

Die Internationale Ausstellung für Ansicht es post: karten, Fbotographien usw., die vom 24. Juni bis 15. Juli d. J. in Bordeaux statifinden follte, ist bis Ende dieses Jahres auf eschoben worden. Es sst dies bauptsächlich mit Rücksicht auf die er Augsseller geschehen, da die Vorbereitungsfrist für eine Be⸗ teiligung derfelben in größerem Maßstabe viel 1ju * bemessen war. Das genaue Tatum der Ausstellung soll päter n ekannt gemacht werden. (Rach einem Bericht des Kaiserlichen Konsulats in Bordeaur.)