Bundesrats wurden die Vorlagen, betreffend . über den Haushalt der afrikanischen Schutzgebiete für das ,, 1896197 und betreffend den Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung der Gewerbeordnung, den zuständigen Aus⸗ schüssen überwiesen. Zustimmung fanden die Berichte des IV. und VI. Ausschusses wegen Verleihung der Mündel⸗ cherheit an die Schuldverschreibungen der Emscher. Genossen⸗ chaft, ferner die Ausschußberichte über die Etats auf das Rechnungsjahr 1907 für das Auswärtige Amt, für das Reichsschatzamt, für das Reichsamt des Innern und für das Reichs⸗Kolonialamt sowie über den Etat der Zölle, Steuern und Gebühren und den Gesetzentwurf, betreffend die Fessstellung des Haushaltsetats für die Schutzgebiete auf das Rechnungs⸗ jahr 190, nebst dem zugehörigen Hauptetat und die Spezial⸗ etats der Schutzgebiete. . . Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Nechnungswesen, für das Landheer und die Festungen und . Eisenbahn, Post und Telegraphen, die vereinigten Aus⸗ chüsse für Rechnungswesen, für das Landheer und die r en, für das Seewesen und für Eisenbahnen, Post und elegraphen, die vereinigten Ausschüsse für . für das Landheer und die Festungen und für das Seewesen, die vereinigten Ausschüsse fuͤr Rechnungswesen und für das Landheer und die Festungen sowie der Ausschuß für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.
Die vor etwa zwei Jahren von den deutschen Bundes⸗ regierungen mit Staatsbahnbesitz eingeleiteten Verhandlungen über eine gemeinsame Reform ihrer Personen⸗ und Gepäcktarife haben erfreulicherweise in allen Punkten zu einem vollen Einverständnis geführt. Es sind nunmehr die , e, abgedruckten Grundzüge für die Reform beschlossen worden:
1) Fahrpreise für Personenzüge. Mindesteinheitssätze für 1 Personenkilometer: 3. Klasse . D
niedrigste Klasse (V oder — in Bayern, rechts des Rheins, 1 2 27) Wegfall der Räckfahrkarten zu ermäßigten Preisen.
3) Feste Schnellzugszuschläge.
Für 1— 75 km 0, 50 M in J.II. Klasse, (25 MÆ in III. Klasse, J e 1, sör le 1, 41, ö. ch Gepäcktarif.
Gepäckfracht für Sendungen im Gewicht bis zu 200 kg: für je an= gefangene
. 45 3
*
Auf Entfernungen von
(Zonen)
Nahzone 1 bis 25 km 26 3 II. III. IV. V. VI
VII.
VIII. IX. 2. 31
XTII.
LIII.
XIV. über 5, 00.
Für schwereres Gepäck, das auf eine Fahrkarte aufgegeben wird, kommen dieselben Sätze mit der Maßgabe zur Anwendung, daß das 200 kg übersteigende Gewicht doppelt zu rechnen ist.
Ser Tarif findet nur Anwendung bei gleichzeitiger Lösung einer
Fahrkarte.) 5) Allgemeine Ausnahmesätze.
a. Zusammenstellbare Fahrscheinhefte des Vereinsreiseverkehrs. Kilometrische Einheitssätze: ö Klasse . 3. .
Die Fahrscheinbefte berechtigen zur Benutzung aller Züge.
b. Ermäßigte Preise für Kinder und für Monats⸗, Schüler und Arbelterkarten.
c. Fahrpreisvergünstigungen im Anschlusse an die bestehenden Verhältnisse für Ausflüge zu wissenschaftlichen und belehrenden Zwecken, für Schulsahrten und Ferienkolonien, zu milden Zwecken usw. (vgl. die , . des Deutschen Eisenbahn⸗Personen⸗ und Ge⸗ päcktartfg, Teil I, zu 5 11 der Eisenbahnverkehrsordnung).
d. Ermäßigte Mindesteinheitssätze für Sonder und für Ferien⸗ sonderzũge. ;
6) Abweichungen.
Allgemein vorbehalten für den Stadt⸗ und Vorortverkehr sowie für den Sonntagtverkehr.
Zur Aufhebung kommen insbesondere die bavyerischen, württem⸗ bergischen und badischen Fahrscheinhefte, die württembergischen und oldenbur gischen Landeskarten und die badischen Kilometerhefte.
Da die Vorarbeiten zur Durchführung der gefaßten Be⸗ schlüsse von den Eisenbahnverwaltungsbehörden eifrig gefördert worden sind, so ist darauf zu rechnen, daß die neuen Tarife am 1. Mai 1907 c l. werden. Auch die überwiegende Mehrzahl der deutschen Privateisenbahnen würde sich dem Vor⸗
ehen der Staatsbahnen anschließen, jedoch sind ihre Einheits⸗ ätze zum Teil anders bemessen.
J 7 2 2
Der Kaiserliche Ministerresident in Havana, Legationsrat Dr. von Humbracht ist vom Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Ministerresidentur wieder übernommen.
Der K. u. K. österreichisch⸗ungarische Botschafter von Szögyény⸗Marich ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Botschaft wieder übernommen.
Der Regierungsassessor Heffter aus Berlin ist dem Landrat des Kreises Osterode a. H. ir Hilfeleistung in den landrätlichen Geschäften zugeteilt worden. .
Die Regierungsreferendare Dr. jur. Göhm ann aus Minden, Schönberg aus Bromberg und Freiherr von Brandenstein aus Merseburg haben die zweite Staats⸗ prüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Iltis“ vorgestern in Ebeng g eingetroffen.
S. M. S. „Luchs“ ist gestern von Schanghai nach Futschau in See gegangen.
S. M. S. „Fürst Bismarck“ geht mit dem Chef des Kreuzergeschwaders heute von Schanghai nach Futschau in See. er Reichsposthampfer „Prinz Heinrich“ mit dem Rekrutentransport für die Maärinefeldbatterie des III. Seebataillons an Bord ist am 2. Dezember in Gibraltar eingetroffen und hat an demselben Tage die Aus⸗ reise fortgesetzt. .
Sachsen.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Oldenburg ist, „W. T. B.“ zufolge, zum Gegenbesuch in Dresden eingetroffen und auf dem Bahnhof von Seiner Majestät dem König, Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Johann Georg von Sachsen und der Generalität empfangen worden.
Bremen.
Die Bürgerschaft hat in ihrer gestrigen Sitzung, laut Meldung des „W. T. B.“, den Gesetzentwurf angenommen, der den staatlichen Arbeitern und Angestellten vom 1. April 1907 ab Pensionsberechtigung gewährt.
Samburg.
Der Senat hat, nach einer Depesche des W. T. B.“, den Bürgermeister Dr. Stamm ann zum Ersten Bürgermeister und den Senator Dr. Mönckeberg zum Zweiten Bürgermeister für das Jahr 1907 gewahlt.
Oesterreich⸗Ungarn.
In dem Heeresausschuß der ungaxrischen Dele— gation erklärte gestern der Kriegsminister Schönaich, daß die Beobachtungen und Folgerungen aus dem russisch— japanischen Kriege auf das sorgfäͤltigste von der Kriegs- verwaltung berücksichtigt würden und sich in erster Linie auf die Artillerie bezögen.
Die Abgeordneten, fuhr der Minister, W. T. B. zufolge, fort, die auf seine Einladung den Schießversuchen beigewohnt hätten, würden sich überzeugt haben, daß die Kriegsverwaltung ein vollkommenes r hun und ein ebensolches Gebirgsgeschütz geschaffen habe. Hierzu kämen Aenderungen in der Orga⸗ nisation der Artillerie und in bezug auf die Gewehrmunition. Auch für die Infanterie seien die Kriegserfahrungen maß⸗ gebend gewesen, die Hauptsache bleibe die Individualisie . rung der Mannschaftsausbildung. Das gegenwärtige Infanterie⸗ ewehr sei vorzüglich und entspreche allen Anforderungen. Verbesserungen , Vergrößerung der Rasanz und Versuche behufs Einführung einer automatischen Patronenzufuhr bildeten den Gegenstand von Studien, die bereits gewisse Fortschritte aufwiesen.
— Der Ministerpräsident Dr. Wekerle hat gestern dem ungarischen Abgeordnetenhause die . der Konferenz von Algeciras zur Aufnahme in die Gesetzsammlung unterbreitet. Die Vorlage ist an einen Aus⸗ schuß verwiesen worden.
Großbritannien und Irland.
Das Oberhaus hat gestern, W. T. B.“ zufolge, in dritter Lesung das Unterrichtsgesetz mit 105 gegen 28 Stimmen angenommen. Di Mingrität setzte sich aus den römisch-katho⸗ lischen und den irßhz äußersten anglikanischen Richtung ange— hörenden Mitgliedern zulummen. Das Gesetz wird in seiner abgeänderten Denn am 10. d. M. im Unterhaus zur Be⸗ ratung kommen. . .
— Im Unterhause interpellierte der Konservative Gibson Bowles gestern die Regierung, ob eine Konvention oder eine Abmachung zwischen den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika und Deutschland bestehe darüber, daß im Falle einer kriegerischen Verwicklung Deutsch— lands die deutsche Handelsmarine unter die Flagge der Vereinigten Staaten treten solle, und ob die Regierung irgendwelche Mitteilungen über diese Angelegenheit von dem britischen Botschafter in Washington erhalten .
Nach dem Bericht des W T. B.“ verneinte der Staatssekretär des Auswärtigen Sir Edward Grey dies und erklärte, daß, wenn Gibson Bowles zuverlässige Nachrichten darüber besäße, er solche gern von ihm entgegennehmen würde. Bowles fragte hierauf weiter, ob dem Auswärtigen Amt denn garnichts Offizielles von irgend welcher Seite über ct Sache zugegangen sei. Nachdem Grey auch dies ver⸗ neint und das Bestehen einer solchen Abmachung für unwahrscheinlich erklärt hatte, stellte Lee (kons) die Frage, ob nicht jede von der Regierung der Vereinigten Staaten vereinbarte Konvention oder Abmachung vom Kongreß ratifiziert werden müsse und es daher un⸗ möglich f daß ein solcher Abschluß geheim bliebe. Hierauf erwiderte Grey, daß die Annahme Lees vollständig zutreffe und er von vorn herein, als er von der Stellung der Anfrage gehört, die Tatsache für völlig unmöglich gebalten habe.
In Beantwortung einer den Congostaat betreffenden Anfrage macht der Staatssekretär des Auswärtigen folgende Mitteilung:
Die englische Regierung beabsichtige nicht, irgend einen Schritt in bezug auf den Congostaat zu tun, solange das Ergebnis der zur Zeit in der belgischen Kammer stattfindenden Erörterung noch aus— stehe. In jedem Falle würde der erste Schritt, den die Regierung in der Angelegenheit tun würde, darin bestehen, die anderen Mächte zu befragen. Es sei augenscheinlich, daß ein Vorgehen durch Belgien allein oder ein gemeinsameg Vorgehen mit anderen Mächten ju einem vollständigeren wörklichen Systemwechsel führen würde, als dies ge⸗ schehen konnte durch ein besonderes Vorgehen irgend einer Macht ohne Belgien.
* bezug auf einen aus der Mitte des Hauses geäußerten Wunsch, daß der Ausbau des Flottenstützpunkts Rosyth mit Eifer betrieben werden möge, erklärte der Unter⸗ staatssekretär der Marine Edmund Robertson, daß die An⸗ gelegenheit sorgfältiger Erwägung unterliege und die Pläne demnächst zur Vorlage kommen würden.
Frankreich.
Wie die „Agence Havas“ meldet, ist die Note, be— treffend Marokko, die vorgestern den Signatarmächten der Akte von Algeciras seitens der Vertreter Frankreichs und Spaniens überreicht worden ist, an keiner Stelle mit Einwen⸗ dungen ,,, worden. .
— In der Deputiertenkam mer stand gestern die Inter— pellation Jaurès über die Marokkopolitik zur Verhandlung.
In der Begründung seiner Interpellation beklagte Jaurès, laut Bericht des. W. T. B.‘, daß die Regterung eine gefährliche Initiative ergriffen habe. Man habe in Aufsehen erregender Art ein Geschwader nach Tanger abgeschickt, und der französische Admiral habe Zusammen⸗ künfte mit dem König von Spanten. Durch amtliche Depeschen erfahre man, daß die fremden Regierungen die französisch⸗panische Note gut aufgenommen hatten; gleichwohl bleibe die Tatsache bestehen,
daß die Regierung die Initiative ju diesem laut widerhallenden Vor⸗
gehen ergriffen habe, ohne daß die Uebereinstimmung darüber ge— wiß gewesen wäre. Welche Haltung, fragte Jaurés, hätte die Re⸗ gierung eingenommen, wenn diese Uebereinstimmung nicht eingetreten wäre? „Eg liegt in dieser Politik eine Ueberstürzung, eine Eilfertig⸗ keit, ein Fieber, das nicht daju angetan ist, uns Beruhigung zu ge. währen. Diese Politik wird ihre Fortentwicklung erfa hren und die Sorge für die Sicherheit unserer Landsleute wird auch für andere Häfen als Tanger erforderlich werden. Dann wird die Regierung dazu fortgersssen werden, nach dem Innern vorzudringen, um die Ordnung bei der in Marokko herrschenden Anarchie sicher⸗ zustellen. Die spanischen Zeitungen haben diesen Plan nicht ver⸗ borgen. Im weiteren Verlaufe seiner Rede wies Jaurbs auf die Gefahren hin, welche die von der französischen Regierung in Marokko übernommene Rolle in sich berge, und fragte, wo die Intervention Halt machen werde. Der Berschterstatter Hubert, fuhr Jaurès fort, stellt das Programm in beunruhigenden Ausdrücken fest, wenn er in seinem Bericht erklärt, die Akte von Algeciras stelle die formelle Verpflichtung dar, daß keine der Signatarmächte durch eine direkte Verständigung mit dem Sultan einen drohenden und störenden Einfluß zwischen ihn und die beiden für die Ordnung in feinem Reiche verantwortlichen Mächte bringen werde. Die Aug⸗ legung der Kommission gehe über die Tragweite, die die Algeckratzakte habe, hinaus. Welche Betiehung hesteht zwischen dem uns durch diese Akte übertragenen Mandat und der Entsendung der französisch spanischen Flotte? Und wie kommt die Regierung dazu, ihre durch die Algeckrasakte vorgesehene Aufgabe willkürlich ju erweitern? Was wird die Regierung tun, wenn der Sultan seinen Kriegsminister mit einigen tausend Mann nach Tanger schickt, wie das schon in einer Depesche angekündigt wurde? Wlrd die Regierung dann das Geschwader zurückziehen? Das wäre Anarchle, unter der unsere Staatsangehörigen zu leiden hätten. Oder aber die Regierung beläßt das Geschwader in den marokkanischen Gewässern und dann spielt sie gegenüber Europa eine zweideutige Rolle. Der Sultan kann sich an eine andere Macht wenden, wenn die Regierung ihr andat überschreitet, und sie überschreitet es. Die schlechteste Politik würde die sein, Deutschland nicht seinen Anteil an dem Vorgehen und der Verantwortlichkeit in dieser großen muselmanischen Frage zu lassen. Wie der Kaiser Franz J. sich auf den Türken stüßte, so hat Deuisch⸗ land in der Besorgnis, 3 die europäische Diplomatie isoliert zu werden, versucht, sich die muselmanischen Krafte zu sichern. Bei den ersten Schwierigkeiten werden die betroffenen Mächte sich an Deutsch⸗ land wenden. Die Muselmanen werden durch das Verhalten der Regierung dazu gebracht, daß sie sagen: Es gibt nur einen Feind, der ist Frankreich; es gibt nur einen Beschützer: Deutschland. Nle hat die Welt der Weisheit aller mehr bedurft als heute. Deutschland ist ein Rätsel. Es ist ehemals durch die Reformationsbewegung zerrissen worden. Nach den Invasionen, die der Revolution folgten, hat Deutschland sich der Gewalt zugewendet und das dumpfe Mißbehagen des Aufkommen den militärischen Deutschland lastet auf Guropa. Deutsch⸗ lands Handel hat eine wunderbare Entwicklung erfahren, Deutschland beobachtet, reizbar und unruhig, alle Ereignisse. Es wäre Torheit, der deutschen Reglerung einen Vorwand zum Mißbehagen, zur üblen Laune zu geben. Niemand hat mehr, als ich, die französisch'englische Wieder⸗ versöhnung begrüßt. Zur Zeit des Zwischenfalls von Faschoda waren et die englischen Syndikate, die uns die Hand entgegenstreckten, um den Frieden zu sichern. Aber England hat auch seine Chauvinisten. Der Redner brachte dann der liberalen Regierung Englands eine warme Huldigung dar und fuhr fort: Wenn aber selbst die Imperialisten, die den Transbaalkrieg e ff haben, auf ihre Re⸗ gierung einen Druck ausübten, um die franjösisch englische Freundschaft zu entstellen, so müßte die . Regierung, um sich dem zu
widersetzen, sich auf das französische Gewissen stützen. Wird man das aber können, wenn wir in die marokkanische Falle gegangen sind? Schon wird die unruhige Lage in Marokko von den nationalistischen Blättern übertrieben. Jaurss verlas dann Artikel Clemenceauß aus den Jahren 1889 und 18895, in denen die Notwendigkeit betont wird, Frankreich zu verteldigen, die Idee aber, alle Kräfte zusammenzuziehen, um sie auf Deutschland zu stürzen, kritisiert wird. Clemenceau habe die Notwendigkeit des Friedens für die Entwicklung der Demokratie hervorgehoben. Wenn uns ein Krieg aufgedrängt würde, habe Clemenceau gesagt, würden wir ihn anzunehmen wissen; eine Revanche höherer Art aber sei die Wiederaufrichtung der Republik. Lassen wir uns jetzt, wenn wir den Frieden wollen und die Revanche nur von der Entwicklung des Rechts im Frieden erwarten, von niemanden verleiten. Es würde eine Ungeheuerlichkeit sein, wenn wir uns auf obskuren Wegen dazu verleiten ließen, zur Gewalt zu greifen, um für unsere Rechte einzutreten. Niemand hat das Recht zu argwöhnen, daß Frankreich sich von Schwäche leiten lasse. Der Ruhm seines Widerstandes im Jahre 1871 deckt Frank—⸗ reich; seine Freundschaften und seine Bündnisse sind die Garantie seiner Existenz und seiner Macht. Frankreichs Werk ist das Werk der sozialen Gerechtigkeit, das nicht in der marokkanischen Intrige in Frage gestellt werden darf.“
Hierauf ergriff Boni Castellane das Wort und führte aus: er habe niemals verstanden, wie man es habe übernehmen können, die — im Namen des Sultans auszuüben und neutral zu bleiben.
ie Politik des friedlichen Eindringens habe keinen Erfolg gehabt. Delcasss habe den Irrtum begangen, die Möglichkeit einer Croberung Marokkos ins Auge ju fassen. „Delcasss hatte unrecht, von der Freundschaft Englands das einzige zu verlangen, wag sie unt nicht gewähren konnte, nämlich Marokko. Man hatte aber unrecht, Delcasss vorzuwerfen, er habe Deutschland dadurch isolieren wollen, daß er sich England näherte. Trotz aller er— littenen Widerwärtigkeiten können wir feststellen, daß die Rolle Frank⸗ reichs in seltener Weise gewachsen ist. Wir haben eine Zukunft der Sicherheit und der Macht vor uns, die wir vor i g, Zelt nicht hätten augüben können. Rußland bleibt trotz seiner Niederlagen ein Faktor ersten Ranges. Die französisch⸗russische Allianz bleibt voll bestehen. Die japanischen Siege haben das Ergebnis gehabt, uns England näher zu bringen; eine herzliche Entente verbürgt unsere Sicherheit“ Der Berichterstatter Hu bert führte aus, Jaursz sei ihm pessimistisch erschienen. Jaurég habe ihm vorgeworfen, daß er sich unvorsichtiger Ausdrücke bedient habe, als er von den beiden für die ian, im Reiche des Sultans verantwortlichen Mächten gesprochen habe. Diese Verantwortlichkeit sei aber gerade durch die Akte, deren Ratlfikation e,, werde, fixiert worden. Deschanel sagte, im Namen der Kommsssion für die auswärtigen Angelegenheiten habe er die Pflicht, zu erklären: Wir wollen weder Abenteuer, noch Groberungen; wir wollen loyal das Mandat ausführen, das ganz Guropa unt übertragen hat‘. Hubert setzte dann auseinander, welches die Politik Frank⸗ reichs in Algerien seit 845 war. Die französische Diplomatie habe es nicht immer verstanden, die muselmanische Formel zu finden, die Frankreich von dieser Zeit ab Sicherheit verschafft hätte. Im Jahre 1904 war 5 durch englischen Einfluß gehindert. Aber seit 10 Jahren arbeite deutscher Einfluß in Fez. Die Bestrebungen Deutschlands wären bekannt, seine wirtschaftlichen Bestrebungen hätten ein Ziel, das rein kommerzieller Natur ware. Die Kolonialpresse Deuilschlands hätte von einer Teilung gesprochen und es wäre eine merkwürdige Sache, zu sehen, daß das Oberhaupt des Staats sich zum Bürgen der Integrität eines Landes aufwürfe, dessen eventuelle Auf teilung die Peesse seines Reichs ins Auge gefaßt hätte. Frankreich hätte weder Faschoda noch Mukden noch das Haltmachen vor Tanger vorausgesehen. Heute aber handele es sich nur um die Ratifizterung der Algectrasakte. Frankreich sei an der Integrität Marokkos inter⸗ essiert. Nie und zu keiner Zeit habe irgend eine französische Partei die Annexion Marokkos ins Auge gefaßt. Die Aigeciratakte werde ihre volle Wirkung haben und den Frieden unter zwei Bedingungen herbeiführen, nämlich erstens: allgemeine bona Fides aller Unterjeichner der Akte, und daran dürfe nicht gezweifelt werden; jweltens: Klugheit. Dank seiner Grenze könne Frankreich die Ruhe, wegen deren Jaursß eben Besorg⸗ nisse ausgesprochen habe, sich rn. Es könne ohne Bedauern eine Akte ratiftzieren, die seine traditionelle Politik sanktiontere und
die Integrität Marokkos sichere. Frankreich werde ohne Schwäche das Mandat zur Ausführung bringen, das ihm übertragen sei. Gerault Richard führte aus, es würde eine Schande sein, die Rechte und die Sicherheit der franzõsischen Staatsangehörigen be⸗ einträchtigen zu lafsen. Die Kammer habe nicht das Recht, zu be fürchten, daß die Regierung die von der Algecirasakte gezogenen Grenzen überschreiten werde, denn es sei Sache des Parlaments, die Regierung zu überwachen. Wenn die Regierung kriegerische Ab⸗ chten hegte, hätte sie das Geschwader in aller Heimlichkelt entsandt; o aber sei dank der Offenheit, in der die Abfahrt des Geschwaders erfolgt sei, der Machzen benach richtigt und er bereite sich vor, das Geschwader zu begrüßen. Niemand könne an den friedlichen Absichten Frankreichs zweifeln, denn eg habe Beweise für diese Absichten ge—⸗ geben. Es werde aber, weil es mit niemandem Zank suche, nicht dulden, daß man Zank mit ihm suche.
Hierauf ergriff der Minister des Aeußern Pichon das Wort zu folgender Erklärung:
Der Status Marokkos ist in Algeciras durch eine Akte ent- schieden worden. Durch Erklärungen meiner Vorgänger ist bereits die Tragweite der Algecirasakte dargelegt worden. Rouvier hat unsere Rechte als große muselmanische Macht betont. (Der Redner verlas die von Roupier im Jahre 1905 in der Kammer abgegebene Er⸗ klärung.) Lon Bourgeois hat am 12. April 1966 das Ein— vernehmen von Algeciras festgestellt und dabei betont, er hätte nicht den Platz, der Frankreich und Spanien gebühre, von einer dritten Macht einnehmen lassen kännen. Die Interessenten baben sich mit dem beschäftigt, was sie im besonderen betraf. Ins⸗ besondere haben sie die Bank von Marokko organisiert, die spätestens zwei Monate nach der Ratifikation der , . in Tätigkeit treten soll. Der Minister wies dann bezüglich der Organisgtion der Poltzei auf die Entscheidung der Konferenz hin, nach der die Vorzugs⸗ stellung Frankreichs und Spaniens anerkannt werde, und betonte, daß der schwelzerische Inspektor von der scherifischen Regierung und nicht, wie Jaursòtz gesagt habe, von den Mächten ernannt wird. Aus Tanger sind uns, fuhr Pichon fort, böse Nachrichten zugegangen. Tanger ist in den Händen Raisulis, der abwechselnd Gefangener des Maghzen und Straßenräuber ist; er war es, der Perdiearis gefangen setzen ließ. Seine Gerichtsbarkeit erstreckt sich bis zu den Toren von Tanger, unsere Landsleute sind bedroht. Im Juni wurde Charbonnier ermordet, ohne daß seine Mörder ergriffen wären. Der „Times“ korrespondent Harris ist letzthin in seiner Villa angegriffen worden. Ebenso sind Seeleute des ‚Galilsée“ angegriffen worden. Der Admiral Campion hat mir telegraphiert, die Jeanne d'Arc“ sei von den Ein⸗ geborenen als Zielscheibe benutzt worden und Kugeln hätten den Schiff srumpf getroffen. Unsere Algerier werden ö behandelt und unter der französischen und spanischen evölkerung, die 965 6/0 der ausländischen Bevölkerung ausmacht, zirkulieren Petitionen. Pichon verlas hierauf die von dem diplomatischen Korps in Tanger an den Machjen gerichtete Erklärung, die von den Ver⸗ tretern aller Mächte unterzeichnet ist. Diese Erklärung protestiert gegen den Gewaltmißbrauch und die Willkür Raisulis. Solche Lage konnte keine der beiden Mächte gleichgültig lassen. (Jauros rief: Keine von allen Mächten.) Pichon wiederholte: Keine der beiden Mächte, die beauftragt sind, gemeinsam die Polizei in der Stadt zu organisieren, wo Ruhestörungen Rückwirkung im ganzen Reiche haben würden. Wenn Anarchie herrschte, könnte die Polizei nicht organisiert werden. Die Verhandlungen sind nicht geheim geführt worden, da die Absichten der beiden Regierungen klar, loyal und der Algeciragakte entsprechend waren. Vie Verhandlungen führten zu der Entsendung von jwei Kriegsschiffen, die jetzt von anderen ersetzt werden. Die unserem Bot⸗ schafter in Madrid erteilten Instruktionen besagten, daß es in An betracht der Lage in Tanger und der Schwäche der Regierung klug wäre, für den Fall, daß ein Gewaltstreich in Tanger verübt würde, eine französisch ⸗ spanische Aktion in Aussicht zu nehmen, die in vollem Einverständnisse geschehen müßte. Dieses Einverständnis wurde abgeschlossen und allen Mächten mitgetellt. Der Minister verlas das französisch spanische verständnis und fügte hinzu, diese Note sei nirgends auf Ein⸗ wendungen gestoßen. Die beiden Regierungen, fuhr Pichon fort, tun nichts anderes, als sich gegen die Gefahren der Anarchie schützen. Die Regnault erteilten Instruktionen besagen, nur im dringenden Falle und im Falle absoluter Notwendigkeit dürfe eine Intervention eintreten. Die dem Gouverneur von Algerien und den französischen Vertretern in Marokko erteilten Instruktionen muüssen gleich sein. Wir haben so einen Beweis unserer Mäßigung gegeben, denn unsere Aktionsfreiheit war in Anbetracht des deutsch⸗ französischen Abkommens, das der Algeciraskonferenz voranging, eine vollkommene. Trotz der schlechten Nachrichten ließen wir von unserer Mäßigung nicht ab. Auf keinen Fall dürfen wir denen einen Vorwand geben, die ung be⸗ schuldigen, Absichten auf Marokko zu haben. Der Minister erinnerte daran, daß am 20 November 19035 Jaurstz eine ausgezeichnete Rede zu Gunsten des friedlichen Eindringens gehalten habe. Er — Pichon — wolle keinen Vergleich ziehen zwischen Tunesien und Marokko, es seien aber dieselben muselmanischen Bevölkerungen, die er guter Be⸗ handlung und Beweisen der Güte wohl zugänglich wisse. Die marokkanischen Stämme“, fuhr Pichon fort, „find nicht kriegerischen Geisteg, sondern sehr darauf bedacht, in Handelsgeschaäften hinreichenden Verdienst zu finden. Aber die Garantie dieser Dandels—« Elchast ist die Organisation der Polizei durch Frankreich und Spanien.
s ist für mich eine große Befriedigung, daß ich das Einvernehmen mlt dieser großen Natson zustande gebracht habe, die unbestreitbare Rechte in Marokko at und deren 6e e g , für uns wertvoll ist. Unsere äußere Politik wird sich nicht von den Wegen verdrängen lassen, die die Regierung sich vorgezeichnet hat entsprechend der Algectrasakte, die die Rechte Frankreichs anerkennt und den Frieden arantiert. Ein Zweifel daran, daß wir den Frieden nicht tören wollen, ist nicht gestattet. Frankreich geht in Ruhe vor, es kann keine Befürchtungen erwecken, denn es befürchtet selbst nichtßs. Wir wollen nichts, als einen Frieden in Würde, das heißt Friede und Unabhängigkeit. Unsere äußere . ist durch internationale Abmachungen gebunden, sie stützt sich aber auch auf Freundschaften, die bon Wert für uns waren, als es sich darum handelte, gut verstehen zu lassen, welches die besonderen Bedürfnisse unserer Politik sind.“
Hierauf ergriff nochmals Jaurss das Wort und erklärte, daß die Ausführungen Pichons daju beitragen würden, die Mißverständnisse zu beseitigen. Er bestreite die Rechte Frankreichs nicht und habe sie niemals bestritten. Das diplomatische Korps müsse von Tag zu Tag auf dem Laufenden erhalten werden, seine Beteiligung an den Be— schlüssen sei unerläßlich. Zu einer Truppenlandung dürfe es nur im Falle absoluter Notwendigkeit kommen.
Der Präsident Brisson teilte mit, daß zwei Tages⸗ ordnungen eingegangen sind. Die eine, von Jaurés ein⸗ gebrachte besagt: e Die Kammer ist entschlossen, die Algeckrasakte nach ihrem Wort⸗ laut und ihrem Geiste zu achten; sie weist jede Abenteuerpolitik zurück und geht zur Tagesordnung über. ;
— Die zweite, von Grosdidier eingebrachte Tagesordnung autet:
Die Kammer hat das Vertrauen zu der Regierung, daß diese die Ausführung der Algecirasakte und die aus ihr entspringenden Rechte sichert und für die Ce den unserer Staattzangebörigen bürgt; die Kammer welst jeden Zusatz zurück und geht zur Tagegordnung über.
Für die Tagesordnung Jaureès wurde der Vorrgng verlangt. Der Ministerpräsident Clem enceau erklärte, die Re⸗ gierung nehme nur die Tagesordnung Grosdidier an. Der Vorrang für die Tagesordnung Jaurès wurde mit 456 gegen 87 Stimmen abgelehnt, die Tagesordnung Grosdidier wurde mit 457 gegen 56 Stimmen angenommen. Darauf wurde mit allen 537 abgegebenen Stimmen der Gesetzentwurf an⸗ genommen, durch den die Algecirasakte ratifiziert wird.
Nußland. . Die Dampfergesellschaften in Odessa fahren mit der An⸗ werbung von Mannschaften fort und der Dampferverkehr wird allmähllch wieder hergestellt. Da zwischen den Ausständigen Zwiespalt entstanden 4. lassen sich viele für Schiffe anwerben.
Italien.
In dem gestern stattgehabten geheimen Konsistorium hielt der Papst eine Allokution, in der er, nach einer Meldung des ‚W. T. B.“, auf den betrübenden Sturm der Ereignisse hinwies, . die Kirche heimgesucht würde, und in der er dem innigen Vertrauen auf die wirksame Hilfe des Heilands Ausdruck gab. Der Papst fügte hinzu, ein großer Trost sei die außerordentliche Eintracht, die in dem ganzen Epistopat herrsche, der mit dem heiligen Stuhle sich in vollkommenster Ueberein—⸗ stimmung befinde. Im weiteren Verlauf der Allokution sprach der Papst die Mahnung aus, daß die Glaubenstreuen mit den Bischöfen in völliger Eintracht leben, in allem ihrem Worte und ihrer Leitung folgen und mit Tapferkeit dahin wirken möchten, die bestehenden Feindseligkeiten und Drohungen gegen die Kirche zunichte zu machen.
— Die Deputiertenkammer setzte gestern die Be⸗ sprechung der Interpellationen über die Mißstände im Eisenbahnbetrieb fort.
Der Deputierte de Andreis schrieb die Schuld an diesen Miß⸗ ständen der Regierung zu und trat für Autonomie der Eisenbahn—⸗ verwaltung ein. Libertint sprach sich dagegen aus und tadelte die allgemeine Leitung, welche die alten Organisationen der Eisenbahn⸗ gesellschaften umgestoßen habe. Mehrere andere Redner lenkten die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Lage, in welche Industrie und Handel durch die Unordnung im Eisenbahnbetrieb gebracht seien und forderten die Regierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um den Störungen, die dem öffentlichen Leben drohten, zu begegnen.
Spanien.
Ein unter dem Vorsitz des Königs abgehaltener Minister⸗ rat beschäftigte sich gestern mit der Marokko⸗Angelegen⸗ heit. Der Admiral Mata berichtete dem König über technische Einzelheiten, die er mit dem Admiral Touchard bezüglich der Möglichkeit einer Landung von Truppen besprochen hat. Wie das „W. T. B.“ berichtet, ist vereinbart worden, daß die Truppen kein nationales Abzeichen tragen sollen und daß die marokkanische Polizei sie begleiten solle, um zu beweisen, daß das ei ge Ziel der Truppen die . tmn, der Ord⸗ nung sei.
— Im Senat und in der Deputierten kammer teilte der Minister des Aeußern Perez Caballero gestern die den Mächten zugestellte französisch-spanische Note mit und bemerkte, daß die Erklärung des Einverständnisses seitens der Mächte erfolgt sei. Vor dem Senat setzte er, obiger Quelle zufolge, hinzu, daß Frankreich und Spanien nicht nach Marokko gingen, um Abenteuer zu suchen, sondern um die in Algeciras übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen und Leben und Eigentum der Ausländer zu .,
— In der Kammer stellte der Ministerpräsident Vega de Armijo das neue Ministerium vor.
Nach dem Bericht des W. T. B.“ wies der Ministerpräsident im Verlauf seiner Rede auf die Dringlichkeit der Ratifinierung der Akte von Algeciras hin. Er erklärte, daß die Regierung an dem Plane festhalte, das Oktroi abzuschaffen. Das Vereinsgesetz müsse sorgfältig erörtert werden, denn es habe politischen, nicht religiösen Charakter.
Die Kammer beschloß, die Demission ihres Präsidenten
Canalejas abzulehnen.
Griechenland.
In der Deputierten kamm er setzte der Ministerpräsident Theodokis gestern, ‚W. T. B.“ zufolge, die finanziellen Gründe auseinander, die dazu zwängen, die im Jahre 1904 bewilligte Reorganisation der Armee um zwei Jahre aufzuschieben. r machte sodann von dem Abschluß einer Anleihe von 20 Millionen Franks mit der Nationalbank Mitteilung, die dazu bestimmt sei, das Kriegsmaterial zu veryvollständigen, und brachte einen Gesetzentwurf ein, der i, , Offizieren den Uebertritt zur kretischen Gendarmerie erlaubt.
Serbien.
In der Skupschtina erklärte gestern der Finanz⸗ minister bei der Beratung des Anleihegesetzes, daß durch die Anleihe zwei der ang, Fragen, der Bau von Eisenbahnen und die eschaffung von Kriegs⸗ material, gelöst würden.
Für letzteren Zweck seien, so führte der Minister, dem W. T B.“ zufolge, aus, 46 Millionen vorgesehen, obwohl die Bedürfnisse des Heere noch rf. seien. Infolge erf en Bahnbaues sei Serbien zu einem ökonomischen Vasallenstaat der Nachbarmonarchie gemacht worden. Der Bau von Eisenbahnen sei mittels eigenen Kapitals undurchführ⸗ bar. Infolge der neuen Gestaltung der Handelsbeziehungen zu Desterreich⸗ Ungarn sei die Eisenbahnfrage dringend geworden, denn nur durch ökonomische Unabhängigkeit werde Serbien auch zur politischen Unabhängigkeit gelangen.
Auf Angriffe der Opposition gegen die Vorlage erklärte der Ministerpräsident Pasitsch, die Regierung sei bereit, über das Kriegsmaterial in geheimer in und über die Eisen⸗ , . sobald diese zur Verhandlung kommen, Aufklärungen zu geben.
Amerika.
Der Jahresbericht des Marinesekretärs empfiehlt,, W. T. B.“ zufolge, dem nordamerikanischen Kongreß die Genehmigung zum sofortigen Bau von zwei Linienschiffen der größten Klasse an Stelle des ursprünglich vorgesehenen einen und von zwei Linienschiffen von 16000 Tonnen an Stelle des bereits genehmigten einen mit Rücksicht auf das Bestrebet, der amerikanischen Stahlfabrikanten zum Zusammerschluß, um die Preise der Panzerplatten gegen die Regierung hoch zu halten. Der Marinesekretär empfiehlt, das Marinedepartement h ermächtigen, die Fabri⸗ kation von Panzerplatten selbst in die Hand zu nehmen oder solche im Auslande zu kaufen.
— Der Präsident der Vereinigten Staaten von Brasilien ,. hat gestern das Dekret, betreffend die Schaffung der
onversionskasse, unterzeichnet. Diese wird ihre Tätigkeit am 12. d. M. eröffnen.
— Nach einer Meldung der „Agence Havas“ ist in Ecuador in den Bezirken von Cuenca und Azogues eine revolutionäre Bewegung ausgebrochen, an deren Spitze die Obersten Vega, Gonzala und Cordova stehen. Der Präsident Alfaro hatte gehofft, den Ausbruch der Revolution durch eine Umbildung des Ministeriums, die er vor kurzem vorgenommen hat, verhindern zu können.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— Der heutigen (136.) Sitzung des Reichstags wohnten der Staatsminister, Staatssekretär des Innern Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner, der Staatssekretär des Reichsjustiz⸗ amts Dr. Nieber ding, der Staatssekretär des Reichsschatz⸗ amts Freiherr von Stengel und der Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Tschirschky und Bögendorff bei. Zur ersten Lesung stand der Gesetzentwurf zur Aus⸗ führung der Generalakte der internationalen Konferenz in Algeciras vom 7. April 1906.
Als erster Redner ergriff der Staatssekretär des Aus⸗ wärtigen Amts von Tschirschky und Bögendorff das Wort, 2 Rede morgen im Wortlaut mitgeteilt werden wir
Nr. 72 des Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatts“, heraus⸗ ir im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 5. d. M., at folgenden Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 26. November 1906, betr. Ausnahmetarif für Saatgut; vom 26. November 1906, betr. rechtzeitige Beschaffung der im Enteignungs⸗ verfahren erforderlichen Katastermaterialien. — Nachrichten.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Die Vertragsverhandlungen in der Berliner Holzindustrie sind, wie die Voss. Ztg.“ berichtet, in der gestrigen Sitzung im Gewerbegericht zu einem gewissen Abschluß gekommen. Nachdem die Arbeitnehmer während der bisherigen Ver⸗ handlungen ihre Forderungen eingehend begründet hatten, er- klärten die Arbeitgeber gestern, sie hätten keine Vollmacht, über deren Annahme oder Ablehnung zu entscheiden. Ihre Aufgabe wäre lediglich, den Arbeitnehmern die Undurchführbarkeit der Forde⸗ rungen nachzuweisen. Ueber die Forderungen müßte die demnächst stattfindende Generalversammlung der Arbeitgeber entscheiden. Die . wurden darauf vertagt, bis die Generalversammlung gesprochen hat.
In der deutschen Niles-Maschinenfabrik in Oberschön⸗ weide haben, hiesigen Blättern zufolge, am Dienstag saäͤmtliche Form er die Arbeit wegen Lohnstreits niedergelegt. Die Direktion machte darauf bekannt, daß sie den gesamten Betrieb einstellen müsse, wenn die Former nicht bis Montag die Arbeit wieder aufgenommen haben. Es kommen etwa 800 Arbeiter in Betracht.
In Genua sind gestern, wie W. T. B.“ meldet, die Mann chaften mehrerer transatlantischer Dampfer (vgl. Nr. 288 sd. Bl.) in den Ausstand getreten, der Postverkehr sowie die Küsten⸗ schiffahrt erleiden jedoch keine Störungen. Die Reeder haben in einer gestern nachmittag abgehaltenen Versammlung beschlossen, die Dampfer mit Ausnahme der Postdampfer, außer Betrieb zu stellen, die Mann⸗ schaft eines Dampfers ist bereits heute entlassen worden. Aus kö Hafenstädten liegen Meldungen über Betriebsstörungen nicht vor.
Kunst und Wissenschaft.
Die National⸗Galerie ist seit einigen Tagen für den öffent⸗ lichen Besuch wieder zugänglich gemacht, nachdem ihre Räume längere Zeit nach Schluß der Jahrhundertausstellung zwecks Neuaufstellung der Sammlung geschlossen waren. Nur der Corneliussaal und einige Säle des 2. Stockwerkes sind noch nicht geöffnet, da hier die Arbeiten nicht völlig beendet sind. In diesen Räumen werden wir seiner⸗ zeit eine erlesene Auswahl der ausländischen modernen Schulen bewundern können, die durch eine beträchtliche Zahl wichtiger Neuerwerbungen bereichert sind. Im Erdgeschoß, dessen Wände ebenso wie die oberen Etagen die helle, einfarbige Stoff bespannung von der Jahrhundertausstellung behalten haben, ist im großen und ganzen die frühere Verteilung der Kunstwerke über die Säle beibehalten worden. Böcklin hat seinen alten Raum behalten; wohltuend wirkt es dabei, daß auf den langen Seitenwänden nur je 3 Gemälde hängen. Jedes redet so seine große eindringliche en g für sich, man vergißt fast, daß man sich in einem magazinierendem Museum befindet. Im nächsten Saale prangen 7 Werke von Marses, die sämtlich aus der Sammlung Leo Fiedler stammen und uns von dem genialen Raumkünstler, der bis⸗ der hier nur in 2 kleinen Werken vertreten war, erst eine richtige Vorstellung seines Wollens und seiner Probleme geben. In demselben Raume ist auch der wesengverwandte Feuerbach untergebracht. (Neu: Stiefmutter des Künstlers und Landschaft bei Carrara) Von Victor Müller ist die Salome ein Neuankauf. Die kleinen Kabinette der Apsis führen uns in übersichtlicher Anordnung Leibl und den Kreis der Gleichgesinnten vor: (neu: Bürgermeister Klein und Kop einer Bäuerin), Trübner, Thoma, Eysen, Diez (neu: totes Reh), Schu (Stilleben und Bauernhaus bei Ferch), Alt (Rudolf Hirth im Atelier). Hier hängt auch die von der Jahrhundertausstellung bekannte Land—⸗ schaft von Defregger, eine köstliche, frische Arbeit seiner Früh⸗ zelt, ferner von Uhde ein durch seine hellen silbrigen Töne ansprechendes Kinderbildnis, schließlich von Lenbach das Porträt des Barons von Liphardt und der Vestatempel in Rom. Das Lieber mannjimmer hat auch seine Neuerwerbung; eine Duünenpartie bei Nordwhk, die in Farbe und Stimmung an eine Reihe sehr ähnlicher Arbeiten des Meisters aus seiner letzten Zeit erinnert. Daneben hängt ein Porträt des Müncheners Paukok und ein stimmungsvolles Bild von Kallmorgen: Die Michaeliskirche in 9 bei Regenwetter. In dem Skulpturensaal ist eine Büste Th. Heyses von A. Hildebrandt zu beachten und vorn, gleich links vom Eingang eine Reihe neuer Bronzen von Gaul, Zügel und Hayn, die mit anderen Werken auf einem geschmackoollen Gestell aufgeftellt sind.
Oben auf dem Podest des 2. Stockwerks hält ein schlanker, sehniger Bronzelöwe Wacht, eine Arbeit des ebengenannten Gaul, die in ihrer strengen Stilistik an assyrische Vorbilder erinnert. Das Kabinett links von der Rotunde führt uns den jungen Menzel in einer ansehnlichen Fülle neuer Erwerbungen vor (Phéatre Gymnass,
immer deg Künstlers in der Ritterstraße, Blick aus diesem Zimmer,
olkenstudien, Ballsouper u. . m.). Die kleinen Räume des hinteren Umganges kennen wir von der Jahrhundertausstellung; die große Zahl der Neuankäufe hier sind als solche bejeichnet und werden in Folgendem nicht einzeln berücksichtigt. Zuerst betreten wir das Altberliner Kabinett (Krüger, Gärtner. Humm el,), nebenan finden wir Blechen, dessen kleine Skizzen so einfach und realistisch wie japanische Holischnitte wirken; in anderen Arheiten sehen wir ihn als Beobachter feiner Lichtstimmungen, in dem Bildchen „Schlafender Faun im Schilf glauben wir einen frühen Böcklin vor uns zu haben. Es folgen die Altwiener, Waldmüller mit seinen lichtdurchstrahlten Landschaften, Schwind, Schnorr und Steinle, dann München mit Bürckel, Spitzweg, dem Maler des deutschen Philisters und den Tier und Schlachten⸗ malern W. v. Kobell und Adam, schließlich Dresden mit Rayski, Kersting, Mohn und C. D. Friedrich, dem poetischen Stimmungsmaler, dessen große Kunst uns erst die retrospektive Ausstellung vor Augen geführt hat. Rechts von der Eingangsrotunde hängen jetzt auf weißem Grunde die großen Werke Menjels, die früher ihren Platz im Erdgeschoß