Berichte von deutschen Fruchtmärkten. Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt.
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15,50 15,40 15,50 16,50 15,60 15,80 16, 10 16,30 14,50 16.20 15,00
15,20 15, 10 15,70 15,70 15 80 16,70 15,40 16,30 16,60 15,30 16,60 16,50 1690 17, 80 16,43 15,30 16, 60
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15,50 15,60 15,60 1680 17,00 16,00 16,00 15,60 15,30 1400 15,20 15,40 15,00 15, 00 15,40 15,20 15,40 14.00 15.40 14,00 17,07 17.00 15 20 17,00 17,20 16, 60 16,80 16,40 17.00 17,80 16,20 15 50 17,50
olle Mark abgerundet mitgetellt. Der Durchschnitt keireffende Preig nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten,
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3060
spreis wird aus den unabgerundeten Zablen berechnei. daß 6 Bericht fehlt,
Deutscher Reichstag.
139. Sitzung vom 12. Dezember 1906, Nachmittags 1 Uhr.
(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Tagesordnung: For sebing der Besprechung der Inter⸗ pellationen der Abs Dr. Ablaß und Genossen, hetreffend Maßnahmen zur Abhilfe der herrschenden Fleisch⸗ seuerung, und der AÄbgg. Albrecht und Genossen, betreffend die Teuerung der notwendigsten Lebensmittel, ins— besondere des Fleisches.
Der erste Teil der Rede des Abg. Dr. Paasche ist im Auszuge in der gestrigen Nummer d. Bl. veröffentlicht worden.
Abg. Dr. Pagsche (nl). fortfahrend: Ich bin überzeugt, daß, wenn die Preise jetzt auch sinken, sie doch nicht dauernd auf dem Standpunkt bleiben können, den sie in früheren Zeiten gehabt haben. Das wäre kein Glück, weil die Produktionskosten so enorm gestlegen sind, daß gar nicht daran zu denken ist, daß die Preise auf der früheren Höhe bleiben, weil dann die Landwirt⸗ schaft nicht mehr bestehen kann, Steigen die Preise für Industrie⸗ erzeugnisse, so heißt es in sämtlichen Marktberichten: Wieder einmal ein befonders günstiger Markt; die Preise konnten wieder erhöht werden; die Preise sind günstig; fortdauernder Aufschwung, günstige Konjunktur. Steigen aber die Preise für landwirtschaftliche Produkte so, daß bei ihnen auch mal gute Gewinne gemacht werden pon den kleinen Bauern, so schreit man sofort auf der Linken über die übermäßige Verteuerung, die Agrarier hätten die Preise in die. Pöhe gesetzt vermöge des Willkür— regiments, das sie in Händen haben. ie Preise werden wahrschein— lich dauernd höher bleiben, weil alle Vöhne steigen nicht bloß in der Landwirtschaft, sondern auch in der Industrie und weil wir uns in einer Periede der Geldentwertung befinden. Das ist erklärlich bei der ungewöhnlichen Goldproduktion, die jährlich über eine Milliarde Gold produzlert. Langsame Steigerung der Preise, um die Pro— duktionskosten zu decken und die Produktion weiterführen zu können, wie es die wirtschaftliche Möglichkeit gestattet, darauf kommt es an. Wenn wir heute überzeugt sind, daß eine Aenderung unserer Wirtschaftspolitik nicht am Platze ist, so hat der Staalssekretär gestern mit Reicht gesagt, daß die Abhilfe in erster Linie im Inlande liegen muß, weil vom Inlande am besten die Ernäbrung des Volkes besorgt werden kann. Es ist deshalb unsere erste Pflicht, dafür zu sorgen, daß die deutsche Landwirtschaft und Vieh⸗ zucht nicht wieder von allen möglichen Gefahren bedroht wird, die ihr durch den Import von lebendem Vieh gebracht werden könnten. Unsere Viehzucht hat heute nur noch wenige Prozent unseres Fleisch— bedarf nicht decken können, der Minister sprach von 3 bis Hog. Nachdem durch unsere strenge Seuchengesetzgebung, über deren Härte ich selbst sogar einmal Klage führen mußte, die deutsche Regierung im stande gewesen ist, die Seuchengefahr zu beseitigen unter großen Opfern der Landwirtschaft, wäre es unverantwortlich, wenn man diese Gefahr durch die Einfuhr don neuem heraufbeschwören wollte. Damit würde man nur zum Schaden derer handeln, die heute über Fleischnot klagen. Wenn wir noch mehr als 5 o/ unseres Bedarfs vom Aus— lande beziehen müßten — ob wir das bekommen könnten, ist über⸗ haupt noch fraglich — so würde nicht eine Verbilligung, sondern eine weisere Verteuerung der Preise eintreten. Wir wollen die Landwirt—⸗ schaft schützen, um den Konsumenten zu nützen. Der Minister hat gestern porgerechnet, daß noch 133 Städte in Deutschland die Mahl und Schlachtsteuer aufrecht erhalten und daß in großen Städten, die sich lebhaft über die Fleischteuerung beklagen, 8 Pfennig für das Kilogramm an städtischen Steuern erhoben werden. Warum sind die Vertreter dieser Städte nicht längst dazu übergegangen, diese Steuern zu beseitigen? Warum baben Sie (links) dort nicht Anträge gestellt? (urufe von links: Wir haben es ja getan!) Wenn Sie es getan haben, so würden Ihre Anträge dort auch Billigung gefunden haben. Ich verstehe nicht, wie der Abg. Gothein ein Wort dazu sagen kann, daß die Städte diese Steuer immer noch aufrecht erhalten. (Lachen links) Mit Ihrem Lachen helfen Sie den Konsumenten nicht. Wie die Statistik erweist, sind wir ja doch nahe daran, den Fleischbedarf selbst zu decken. Es fehlen nur noch 3 bis 5H o/o. Schützen Sie unser einheimisches Vieh gegen die Einschleppung von Seuchen und wir werden Ihnen das brauchbarste Fleisch in genügender Menge vorsetzen können und brauchen uns nicht, wie es der Abg. Scheidemann will, mit amerikanischem Fleisch zu ernähren. Warum sorgen, wenn wirklich einmal eine Not vor⸗ handen ist, die städtischen und Gemeindevertretungen, die doch in erster Linie daju berufen sind, für die Bevölkerung einzutreten, nicht dafür, wenn das Schlachthaus auch einmal mit Unterbilanz arbeitet? Die Viehzüchter haben auch Jahre lang mit Unterbilanz arbeiten müssen. Schon dadurch würde ein gut Teil der Fleischteuerung beseitigt werden. Ich bedauere nochmals, daß die Regierung nicht schon vor Monaten ihre beruhigenden Erklärungen abgegeben hat, und ich hoffe, daß die von ihr in Vorschlag gebrachten Maßregeln wesentlich dazu beitragen werden, daß die preissteigernden Wirkungen des Zwischenhandels und der Schlachthäuser beschränkt werden. Das kann geschehen, ohne daß der Landwirt gejwungen wird, auf den üblichen und berechtigten Lohn zu verzichten. Für jeden Denkenden und Verständigen ist es doch klar, daß heute bei der allgemeinen Landflucht die Arbeit der Schweinezüchter und Schweinemäster nur ungern verrichtet wird und daß es kaum möglich ist, Arbeitskräfte in, genügender Zahl dafür zu finden. Wenn die Hausfrauen, die kleinen Tagelöhner usw. noch nebenbei Schweine aufziehen und züchten, so ist es ebenso berechtigt wie bei jedem anderen Arbeiter, wenn sie auch einen entsprechenden Lohn für diese ihre Tätigkeit verlangen. Es sind zum größten Teil einfache Handarbeiter, kleinbäuerliche Besitzer usw., die das tun. Eachen links.) Die Statistik beweist dies doch, aber in dem Moment, wo Ihnen dle Statistik vorgeführt wird. nach der sich 9ö o der Schweine in der Hand von kleinen Besitzern befinden, lachen Sie. (Zurufe des Abg. Dr. Sü de kum. Glocke des Präsidenten. Präsident Graf von Balle str em: Ich bitte den Abg. Südekum, sich zu beruhigen.) Wir verlangen, daß die Regierung alle Mittel ergreift, die eine Besse⸗ rung ermöglichen. Es wird mit Recht darüber geklagt, daß die Diffe⸗ ren; zwischen Fleisch und Viehpreisen ganz ungewöhnlich hoch ist. Denjenigen, die die wirtschaftlichen Verhältnisse so genau studieren, wie Sie auf der linken Seite, wird es doch nicht entgangen sein, daß auch die Abfälle ganz außerordentlich hoch im Prelse gestiegen sind. Von einem Sac verständigen habe ich gehört, daß jetzt die Abfälle bei jedem Stück Rindvieh etwa 70 K mehr wert sind, als vor wenigen Jahren. Es wäre durchautz kein Anlaß vorhanden, daß diese Differenz noch eiwa 10 3 höher getrieben wird, sie könnte im Gegenteil soviel niedriger sein. Sprechen Sie also nicht immer von dem unersättlichen Großgrundbesitzer, ich spreche nicht, für diese, sondern für die kleinen und mittleren Viehzüchter, die ein legitimes Interesse an , g. Preisen und der Möglichkeit der Fortsetzung ihrer Viehzucht
aben.
Abg. Graf von Schwerin Löwitz (LFkons): Auf meine Ver⸗ anlassung ist zu der Frage der Fleischteuerung von der Zentrale für Vlebverwertung“ Material zusammengestellt und den Mitgliedern des Hauses zur Verfügung gestellt worden, um ihnen eine Nachprüfung zu ermöglichen. Ich freue mich, daß diese; Material eine so reichhaltige Benutzung gefunden hat, selbst durch den Abg. Scheidemann; es muß also doch nicht so ganz schlecht sein. Die Interpell ationen haben zwar ihre beste Beantwortung schon durch die, Marktberichte der letzten Wochen erfahren, die durchweg sinkende Preise, zögernde, unvollkommene Abnahme, Ueberstände usw. nachweisen; und ich begreife ja, daß die Interpellanten über die Regierung etwas entrüstet sind, weil sie die Beantwortung der Interpellationen so lange verzögert hat, bis sie eigentlich gegenstandslos geworden sind. Aber ich muß leider be⸗ fürchten, daß sich ähnliche bedauerliche Beunruhigungen unserer slädtischen und industriellen Bevölkerung, Erregungen, die stark auch von politischen Absichten beeinflußt werden, noch häufiger wieder⸗ holen werden. (Zurufe links) Wenn Sie solche politischen Absichten in Abrede ftellen wollen, muß ich Ihnen doch ein Flugblatt entgegen⸗
halten, das noch an demselben Tage, an dem die Fleischnot⸗ Inteipellationen eingebracht waren, hier in Berlin verteilt worden ist: „Gegen den leischwucher!! Dieses Flugblatt schwelgt geradezu in ungehörigen Verhetzungtzversuchen. Es heißt darin in Sperrdruck: ‚Die Teuerung ist nicht eine Folge von Mißwachs oder Viehseuchen, sondern künstlich geschaffen, um den Großgrund⸗ besitzern die Taschen zu füllen. . die. Teuerung schädigt den Arbeiter an feiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Leben und Gesundheit sollen die Massen opfern, um die ,, be⸗ reichern zu helfen. Das wagen Sie zu schreiben und zu billigen gegenüber der längst festgestellten Tatsache, daß 93 oo der Viehproduktion von mittleren und kleinen Bauern, von sandwirtschaftlichen Arbeiten, ja auch von industriellen Arbeitern erzeugt wird und nur 7 og von größeren Grund besitzern erzeugt werden? Das nennen Sie sachliche Aufklärung? Da muß ich doch wirklich dem Abg. Gerstenberger recht geben, der gestern meinte, Sie schlenen sich mehr an den Magen, als an den Verstand der Leute zu wenden. Das Flugblatt sagt weiter: ‚Für dle Maffen handelt es sich um Leben und Gesundheit . Darum auf! Gs gilt den Kampf gegen die Politik der Agrarier! Erkennt eure Macht! Schließt euch der Partei an, die euch von der Unterdrückung befrelen will ! Tretet ein in den Wahlverein und lest die Arbeiterzeitung Vorwärts!“ Ihren „Hungerpopanz“ hat zu meiner großen Freude gestern der Abg. Gerstenberger wohl schon ge⸗ nügend abgefertigt, aber daß Sie Ihre eigene Interpellation nicht zu politischen Zwecken eingebracht hätten, daz werden Sie nach diesem Flugblait doch wohl nicht mehr behaupten. Es ist schon von dem Landwirtschaftsminister auf die enorme Entwicklung des Fleischkonfums während der letzten 30 Jahre hingewiesen worden, eine Entwicklung, wie wir sie nicht nur nie in Deutschland, sondern wohl kaum überhaupt in irgend einem Lande der Erde in solcher Rapidität erlebt haben, (Der Redner führt für diese Be—⸗ bauptung weiteres Zahlenmaterial an) Der Abg. Gothein hat den Abg. Paasche unterbrochen, als dieser auf den steigenden Konsum hinwieß. Der Fleischkonsum in Deutschland betrug aber vom J. Juli 1904 biz zum 1. Juli 1905 nach der Berechnung des Kaiser lichen Statistischen Ants 52357 kg für den Kopf der Bevölkerung. Im darauffolgenden Jahre ist der Konsum allerdings etwas zurück— gegangen, aber selbst wenn man dies zugibt, so wäre dieser Rückgang wirklich kein Ereignis, das zu so schweren Besorgnissen, wie sie hier ausgesprochen worden sind, berechtigte. Vor 30 Jahren war der Fleischkonsum erheblich geringer und ich frage Sie, war der Deutsche von 1870671 etwa weniger kräftig und gesund ernäbrt? Es ist also eine furchtbare Uebertreibung, unter solchen Um— ständen von der Gefahr der Unterernährung des Volkes zu sprechen. Die Produktion hat sich seit den letzten 30 Jahren sehr erheblich vermehrt, es werden heute 95 Oo Fleisch im Inlande produziert. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Produktionskosten und auch die Löhne unverhältnismäßig gestiegen sind. Dabei fällt auch ins Gewicht, daß viele kleine Leute, die früher Schweine züchteten, dies heute nicht mehr tun können. Es hat doch eine Steigerung aller Marktpreise in unserer Wittschaftsökonomie,. Platz gegriffen. Der Ssten hat darunter zu leiden, daß die ländlichen Arbeiter porthin gehen, wo sie höhere Arbeitslöhne bekommen. Jeden falls könnte man von einem Notstand in bezug auf die Fleisch⸗ preise erst dann sprechen, wenn nachgewiesen wäre, daß zwischen den Lebengmittelpreisen und den Arbeitslöhnen ein Mißverhältnit bestünde. Das wird aber niemand behaupten können. Der Arbeits⸗ verdienst ist im allgemeinen gestiegen. Zur Beurteilung der Höhe der Fleischpreise kritt noch ein anderer natürlicher Faktor hinzu, das ist der höhere Anspruch, den man heute an die Qualität des Fleisches macht, namentlich auf Grund des Fleischbeschaugesetzes. Auf Grund dieses Gesetzes sind im steigenden Maße sehr große Quanti⸗ täten Fleisch verworfen worden, man rechnet den Verlust für dicfes Jahr auf 60 Millionen. Das muß doch jemand bezahlen. Verlangen Sie, daß die , allein diesen Verlust trägt der ungefähr so hoch ist wie der Zoll, oder wollen Sie etwa, daß das ,,. wieder aufgehoben wird? Die Detaispreise für Fleisch find ungebührlich hoch bemessen und nicht maßgebend für die Beurteilung der Frage. Die Städte wollen aber ihre Mahl⸗ und Schlachtsteuer nicht aufheben. Die Spannung zwischen den Viehpreisen und den Fleischpreisen ist immer größer geworden, sie betrug 1881 nur 7,4 J, 1506 dagegen 40 3 für das Pfund. Die Preigunterschiede sind innerhalb Deutschlands größer, als die zwischen dem Ausland und dem Inland. In England besteht keine Fleischbeschau. Wenn dort die Fleischbeschau eingeführt würde, so würden die Preise noch viel höher sein als bei uns. Uebrigens sind die Preise in London keineswegs sehr viel niedriger als in Berlin. Was die vorgeschlagenen Abhilsemittel hetrifft, so hat die Regierung gestern schon festgestellt, daß die Einfuhr von frischem oder zubereitetem oder doch wenigstens von zuberestetem Fleisch bereits aus allen Ländern der Erde gestattet ist. Eigentümlich ist, daß die Fleischer selbst von einer Erleichterung der Fleischeinfuhr nichts wissen wollen. Eine Erleichterung der Vieheinfuhr muß, ganz abgefehen von dem landwirtschaftlichen Interesse, auch im Interesse der Konsumenten zurückgewiesen werden, denn diesen liegt daran, möglichst gutes Fleisch zu bekommen. Vor 30 Jahren haben wir 21 Millionen Fleisch produziert, jetzt produsieren wir 65 Millonen. Wenn wir heute noch auf dem damaligen Standpunkt ständen, daß wir zu auf das Ausland angewiesen wären, so würde eö mit unserer Fleischversorgung noch viel schlimmer stehen. Nicht nur die Landwirte, sondern auch die Städte können dem Reichskanzler dafür dankbar sein, daß er eine Erleichterung der Vieheinfuhr abge⸗ lehnt hat. Ich hoffe auch, daß sich kein deutscher Landwirtschaftsminister finden wird, der bei dem heutigen Wert unseres Viehbestandes und angesichts des Umstandes, daß ihm der Schutz desselben aufgetragen ist, die Verantwortung dafür übernähme, diesen Viehbestand der Einschleppung von Seuchen auszusetzen. Eine solche Verantwortung wäre von einem Landwirtschaftsminister heute nicht mehr zu tragen. Wenn ein Landwirtschaftsminister durch eine unverständliche Nachgiebig⸗ keit in dieser Beziehung das größte Unheil für das Vaterland hervor⸗ rufen würde, so möchte ich in dessen Haut nicht stecken. Nach der überein ⸗ slimmenden Ansicht aller Veterinärkongresse ist eine systematische Seuchen bekämpfung nur durch vollständige Sperrung der Grenzen möglich. Allerdings gibt es eine Reihe von Mitteln, mit welchen eine Besse—⸗ rung der Verhältnisse herbeigeführt werden kann. Voraucssetzung ist allerdings, daß die slädtischen Verwaltungen dazu die Hand bieten durch die Abschaffung aller Schlachtsteuern und durch eine erhebliche Ermäßigung der Schlachthofgebühren. Ich möchte deshalb folgende Wege vorschlagen. Erstens die Einführung der Marktnotierungen nicht nur nach Schlachtgewicht, sondern auch einerseit nach Lebend— ewicht und anderfeits nach den Detailpreisen, damit die Konsumenten i prüfen können, ob die Preise angemessen sind; zweitens eine wirksame Herabsetzung der Eisenbahntarife sowohl für Waggon⸗ ladungen wie für Stückgut, wie es der Landeseisenbahnrat bereits beschlossen hat, sodaß nicht nur der einzelne vom Lande Fleischsendungen beziehen kann, sondern auch die, Fleischer in den Städten geschlachtetes Fleisch vom Lande direkt beziehen können unter Umgehung der ungeheuren Verteuerung durch die Schlachthofgebühren und den Zwischenhandel; drittens eine allgemeine * staatlich organisierte oder staatlich unterstützte Schlachtpiehversicherung; viertens Herabsetzung der Gebühren für die Fleischbeschau, die jetzt ungebührlich hoch sind, und als letztes durchschlägendes Mittel zur Verbilligung der Preise empfehle ich dem Reichskanzler, wefentlich höhere Mittel für die systematische Seuchen erforschung und Seuchentilgung in den Etat einzustellen. Wir baben in Pommern ein bakteriologisches Institut, das uns zur Be⸗ fämpfung der Seuchengefahr gute Dienste leistet, und die Landwirt⸗ schaftskammer hat zur Unterstützung dieses Instituts ihre Beiträge erhöht. In Berlin exlstiert ein großes bakteriologisches Reichsinstitut, dieses müßte aber in Verbindung stehen mit einem ganzen Netz von bakterlologischen Instituten, um die gewonnenen Erfahrungen allseitig nutzbar zu machen. Dles ist ein Belspiel, welche 636 Aufgaben das Reich auf diesem Gebiete zu erfüllen hat. Ich behalte mir vor, namen meiner politischen Freunde beim Etat entsprechende Anträge
zu stellen. Es gibt bei uns zu Lande eine gewisse Klasse von Wirt schaftspolitikern, die bei jeder angeblichen oder wirklich vorhandenen Kalamltät jede Hilfe immer nur vom Auslande erwarten, auch in dem vorliegenden Falle, wo vom Auslande absolut nichts zu holen ist. Es wäre besser, jur Ueberwindung dieser Kalamität die eigene Kraft anzuwenden, die sich bei der Viebzucht in den letzten 30 Jahren so glänzend bewährt hat. Ich möchte davor warnen, daß wir immer unseren Blick auf England richten und nach englischem Muster ver⸗ fahren. Wie falsch wäre es, wenn wir nach englischem Muster unsere kin einrichten wollten, wenn wir über die Hälfte unseres Fleischbedarfs vom Auslande beziehen müßten! In welche Lage würden wir dann geraten, wenn wir in einen Krieg eintreten müßten! Es würden dann geradezu verderbliche Folgen eintreten. Es ist ja in der letzten Zeit hier auch viel von der Isolierung Deutschlands gesprochen worden. Mag sein, aber solange wir stark genug sind, brauchen wir uns durch diese Isolierung nicht beirren zu lassen. Wir müssen aber dann dafür sorgen, daß unserer deutschen Kraft kein Abbruch geschieht. Wir müssen dafür eintreten, daß uns die Wurzeln deutscher Kraft erhalten bleiben. Abg. Korfanty (Pole): Meine politischen Freunde vertreten zu einem großen Teil eine landwirtschaftliche Bevölkerung, und zwar meist kleine und mittlere Bauern. Die Landwirtschaft hat für uns Polen eine weit größere Bedeutung, wie vielleicht für die Deutschen. Ist doch der Grund und Boden dasz Streitobjekt, um das wir Polen den Kampf gegen die preußische Politik führen müssen. Bei uns ist an der Schweinezucht nicht nur der kleine und mittlere Bauer, sondern auch der Arbeiter, sogar der Industriearbeiter, interessiert. Angesichts der Notlage, in der diese Volksschichten sich befinden, hätten uns die Regierungen energischere Maßregeln versprechen sollen. Der Minister schätzt nach dem von ihm verlesenen Budget die Belastung eines Ambeiters durch Kleider und Werkzeuge 26 49 6. Für die oberschlesischen Bergarbeiter aber steht fest, da sich der Aufwand allein für Kleidung auf 70 bis 80 M beläuft, und dazu kommen noch andere Ausgaben, für Pulver, Werkzeuge usw. Der Minister stellte seine Behauptung so allgemein hin, daß man annehmen mußte, sie bezöge sich auf alle Arbeiter. Der ober schlesische Grubenbezirk mit seiner Arbeiterbevölkerung ist auf den Bezug russisch, polnischer Schweine angewiesen; er hat gar kein Begehr, das inländische Schweinefleisch zu kaufen, denn es ist magerer. Die Arbeiter haben aber bei ihrer schweren körperlichen Arbeit einen starken Bedarf, an fettem Fleisch. Es ist geradezu hygienische Vorschrift für sie, recht viel Fett und recht viel Fleisch zu konsumieren; dabei werden gerade die oberschlesischen Ar⸗ belter im allgemeinen bedeutend niedriger ahgelohnt wie diejenigen im Westen. Daß die Löhne so erheblich in die Höhe gegangen wären, wie dies der Minister behauptete, kann ich für 5 nicht gelten lassen, selbst wenn der Minister sich auf. einen Sozialdemokraten beruft. Von einer preußischen Behörde ist fest⸗ gestellt, daß der oberschlesische Koblenbergmann für den Tag ungefähr 2,79 166 Einkommen hat; davon sind noch die Beiträge für die Ver⸗ sicherung, die Knappschaftskassen und verschiedene andere Auslagen abzuziehen, so daß ihm etwa 1.95 6 verbleiben; davon soll er sich und seine Familie ernähren und bekleiden. Angesichts dieser geringen Verdienste sind die Erträge für die Grubenmagnaten desto höher. Die Aktionäre verteilen nach der Statistik jährlich ungefähr 245 Millionen unter sich. Bei den Arbeitern in den Hochofenbetrieben und den Koksarbeitern, die selbst Sonntags Schichten verfahren müssen, beträgt der Lohn 2,41 „S, in den Eisengießereien 2.40, in den Verfeinerungsbetrieben 242 M und so fort. Wenn man mit diesen Löhnen die ö. vergleicht, die unsere Bevölkerung für das Fleisch bezahlen muß, wird man zugestehen müssen, daß man dieser Bevölkerung und diesen außergewöhnl ichen Verhältnissen entgegenkommen muß. Für Fleisch gibt der Arbeiter bei uns 31,5 oso, für Speck 2,7 Oso seiner Einnahme aus und er kauft Fleisch und Speck lediglich des. halb, damit er diejenigen Kräfte hat, die er zur Verrichtung seiner Arbeit braucht, Seit inführung des Kontingents ist der Konsum an Schweinefleisch bedeutend zurückgegangen, es hat sich gezeigt, daß die Schlachtungen von schlechten Kälbern, von Ziegen und sogar von anderen Tieren bedeutend zugenommen haben, und diese Schlachtungen, die man früher bei uns gar nicht kannte, gewinnen immer mehr an Zahl. Die Viehzentrale erklärte zwar, es sei gar nicht nötig, das Kontingent zu 21 sie verpflichte sich, die nötigen Schweine in hinreichender Beschaffenheit zu liefern. Alles in allem hat sie trotz ihres Prahlens in zehn Tagen 684 Stück nach Oberschlesien geliefert. Es hat sich herauggestellt daß die Vieh⸗ zentrale gar nicht im stande ist, dorthin Fleisch zu Liefern, weil die Frachten viel zu hoch sind. Die Schlachtungen an Inlandsschweinen sind. ganz erheblich in den letzten Jahren zurückgegangen. In einer Petitlon der obeischlesischen Magistrate ist nachgewiesen, daß sich im Laufe der Zeit diese Schlachtungen in den verschiedenen Städten Oberschlesiens, selbst in denen mit überwiegender Arbeiterbevölkerung, um 3535 Co verringert haben. Rindfleisch ißt der Arbeiter bei uns nicht, weil es unwirtschaftlich ist. Ich will anerkennen, daß die Regierung alles getan hat, um eine Anzucht von Schweinen nach Oberschlesien zu befördern. Es sind Wochenmärkte eingerichtet worden und noch andere Maßnahmen getroffen trotzdem aber ist das Inland nicht im stande gewesen, den Bedarf zu decken, Die Obeischlesier verlangen ganz einfach, daß eine unbegrenzte Zahl von russischen Schweinen unter Innehaltung aller veterinärpolzei⸗ lichen Maßnahmen eingeführt werden darf. Die Gefahr der * 72
einschleppung von Rußland her ist, die geringste, denn die über— zuführenden Tiere werden dort tierärztlich unkersucht, müssen eine Quarantäne durchmachen und werden in plombierten Waggons über die Grenze direlt in die Schlachthäuser transportiert. Die gute Absicht der Zulassung des Kontingents wird freilich durch gewisse Manipulationen der inländischen Fleischer und Händler vereitelt, indem nicht das ganze Kontingent abgenommen oder anderseits der Preis so in die .. getrieben wird, daß die Fleischer mit Verlust arbeiten müssen. Ba kann man sich gar nicht wundern, daß schließlich die Schweinefleischpreise 70 bis 160 3 betragen, Preise, die der ober ˖ schlesische Arbeiter nicht anlegen kann. Kleine Fleischer bekommen manchmal überhaupt keine Schweine aus den Schlachthäusern, während große Firmen unerhört begünstigt werden. Die Ursache davon liegt in den Polizeibestimmungen, betreffend das Kontingent; diese Bestimmungen haben sich als direkt widersinnig erwiesen. Beseitigt werden müssen auch die schikanösen Abgaben, die den Leuten auferlegt werden, die sich direkt über die Grenze das Fleisch in Säcken bis zu 2g aus Polen holen; gehen doch täglich Tausende und aber Tausende zu diesem Zwecke über die Grenze! Auch die Fleischbeschau⸗ gebühr müßte fallen oder auf Staatskosten übernommen werden; es handelt sich doch um kleine Leute, vielfach um solche, die keine Steuer bezahlen. Die Seuchengefabr ist bei 2500 Schweinen . ebenfowenig aufgetreten, wie früher bei 1260; also kann man au
ruhig eine weitere Erhöhung des Kontingents eintreten lassen. Die freie Einfuhr wird das Fleisch billiger und besser . In An⸗ betracht der Not, in der sich der oberschlesische Arbeiter befindet, sollte doch die Regierung diesen Klagen ein geneigtes Ohr schenken.
Abg. Gamp (Rp.): Der Vorredner hat speziell Beschwerden vorgetragen, die besser an anderer Stelle vorgetragen würden. Er gibt ju, daß die preußische , sich Mübe ee. habe, die Schweinezucht zu heben und die Preise durch Au sschaltung des Zwischenhandels zu verbilligen, daß ihr das aber nicht ge⸗ nügend gelungen sei. Tatsächlich wird das jetzt festgesetzte Kon= tingent noch lange nicht erschöpft, die prenßische Regierung hat alfo keine Ursache, ein unlimitiertes Quantum zuzulassen. Die erwähnten Polijzeibestimmungen können nicht entbehrt werden. Die Einfuhr freigeben und das zulässsge Quantum erhöhen, das sind zwei verschiedene Dinge; bel unbeschränkter Einfuhr könnte sehr leicht die ganze tierärztliche Kontrolle auf dem Papier stehen bleiben. Der Abg. Korfanty vergißt, daß die Löhne der Arbeiter im Westen weit höher sind als in Sberschlesten; warum gehen die Arbeiter von da nicht dorthin? Ja, daß ist ganz ernst gemeint; in Deutschland besteht doch die Freizügigkeit und die Arbeiter machen sich die höheren Löhne zunutze; das können die Oberschlester auch und sie können dort viel besser Deutsch lernen. Am Rhein ist ein so erheb⸗