1907 / 60 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Mar 1907 18:00:01 GMT) scan diff

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liegt etwas ganz bestimmt zu Verwendendes gar nicht zu Grunde; es ist eine Summe eingesetzt worden pro forma, um den Titel zu füllen. Tatsächlich geschieht es so, daß die 3 Lenz baut, abrechnet und einen bestimmten Zuschlag bekommt, außerdem eine Prämie, wenn sie schneller baut, als vorgeschlagen ist.

Ferner möchte ich noch dem Herrn Abg. Kopsch antworten. Selbstverständlich hat auch die Firma Lenz mit 213 Millionen das Maximum garantiert, was die Bahn kosten kann. Betreffs des Betriebs liegt die Sache soJ daß die Firma Lenz für eine bestimmte Zeit, aber nicht über 10 Jahre, zum Betriebe der Bahn gegen Zu= schuß von 5530 0og ς in masimo unter gewisser Gewinnbeteiligung

des Reichs verpflichtet werden soll, daß jederzeit der Pachtvertrag

wieder aufgelöst werden kann und nach 10 Jahren ohne weiteres erlischt, sodaß hier von einem Monopol nicht die Rede sein kann. Hätte man, wie der Herr Ahg. Kopsch wünscht, den Bahnbau auf dem Wege der allgemeinen Ausschreibung vergeben, fo hätte die Frage nur sein können: willst du oder will ein anderer mit weniger wie 7, 8 oder 9 pCt. Zuschlag bauen? Ich habe abr geglaubt, daß mit Rücksicht auf die gemachlen Vor— schläge sich überhaupt niemand anders würde beteiligen können und mit Rücksicht darauf, daß ein Bahnbau in Afrika mit der Garantie eines Maximum und einer Betriebsführung für 8 bis 9 pCt. nicht etwas Teuereg ist und daß man einer Firma von Renommee, die ssch in Deutschland gut bewährt hat, den Bau wohl zubilligen darf. Andere Einwendungen sind ja wobl nicht gemacht worden.

Abg. Le debour (So.): Mit Ausnahme des Abg. Kopsch sind die sämtlichen Redner heute nicht auf die Vorgänge vom 153. Dejember 1906 eingegangen, wo man uns hier in den höchsten Tonen vortrug, daß die Ehre Deutschlands auf dem Spiele stände, wenn nicht alles be—= willigt würde, obwohl die Regierung schon damals wußte, daß der Aufstand dem Erlöschen nahe war. Schon am 25. Oltober war die erste Nachricht davon hierher gelangt; die Verhandlungen mit den Eingeborenen wurden nur deshalb verzögert, weil eine Anzahl von Groß leuten noch zur Zustimmung herbeintiert werden mußten. Der Abg. Kopsch legt die Sache, um die Regierung ju entschuldigen, heute fo dar, daß die Regierung wohl von dieser Sachlage unterrichtet war, aber nur ungewisse Andeutungen darüber durch den Mund des Gouverneurs von Lindequist gemacht habe. Demgegenüber erinnere ich an die scharfen Erklärungen des Oberleutnants Quade, des Chefs des Generalstabes der Schutztruppe, der uns sagte, es handele sich nicht um 300 Hottentotten, sondern es könnten inzwischen schon 5 bis 600 geworden sein. Auf welche Tatsachen gründete sich diese Be⸗ hauptung? Das steht doch in absolutem Widerspruch mit den Tatsachen, die am 27. Dejember , bekannt wurden, und auch im Wider⸗ spruch mit den ungewissen Andeutungen des Gouverneurs von Lindequist. Darüber müssen wir Aufklärung haben; wir werden sie aber nicht bekommen, weil sie noch viel kompromittierender sein würden als die früheren. Sie (nach rechts) wünschen ja natürlich, daß alles im Dunkeln bleibt und die Militärverwaltung freie Hand behält. Der Krieg ist tatsächlich zu Ende; wie kommt nun die Regierung dazu, zu verlangen, daß noch nach dem 1. April 7000 Mann dort verbleiben follen Darüber sollen ja lediglich die militärischen Autoritäten zu entscheiden haben. Ich kann mich dem entgegen auf den ehemaligen Landes—« bauptmann von Deutsch⸗Südwestafrika, Major von Frangois, be⸗ rufen, der schon am 9. November im Tag“ für die Verminderung der Schutz ruppen auf 8 Kompagnien und 8 Geschütze und erheblich mehr eingetreten ist. Auch das steht im krassesten Widerspruch mit der nicht bewiesenen Behauptung der Kriegsverwaltung, daß 090 Mann notwendig sind. Diese Behauptung kann nicht stand balten, wenn Frangois mit 880 Mann und 8 Seschützen auszukommen glaubt. Es gilt bier eben der Wille des Militärkabinetts: stat pro ratione voluntas. Die Notwendigkeit der 70090 Mann werden Sie niemand auf der Welt glauben machen. Daher stammt die allge⸗ meine Auffassung im Inlande und Auslande, daß die Regierung mit diesen 7000 Mann andere Pläne verfolgt. Der Reichskanzler kam selbst auf die Sache zurück, indem er den Vorwärts“ angriff, der eine englische Korrespondenz aufgenommen hatte, wonach diese 70600 Mann weltpolitischen Plänen, auch gegen England, dienen sollten; der Reichskanzler erklärte diese Ansicht für eine Verleumdung und für baren Unsinn. Der Korrespondent hat eine Ansicht wiedergegeben, die in England gang und gäbe ist. Seit zwei Jahren arbeiten die alldeutschen Phantasiepolitiker in Deutschland mit diesem Gedanken Wir müßten doch eine große Truppenmacht halten, um einen Druck gegen England auszuüben und eventuell in das Kapland einzubrechen. (Große Unrube rechts Es freut mich, diese Ausdrücke der Ver⸗ wunderung und des Widerspruches von Ihnen zu bören. Der erste Versuch dazu findet sich in dem Buche von Samassa: Das neue Südafrika; dort wird Deutsch⸗Südwestafrika als weltpolitischer deutscher Trumpf bejeichnet, der gegebenenfalls gegen England ausgespielt werden könne; England laufe eventuell Gefahr, Süd afrika ju verlieren, denn es ständen jetzt 12000 deutsche Soldaten in Deutsch- Südwestafrika. Ich kann das Zeug nicht alles durchlesen. Am 2. Dejember 1905 aber bat hier im Haufe ein Redner die sofortige Annabme des Bahnbaues mit dem direkten Hinweise darauf befürwortet, daß sie im Falle eines Krieges mit England den Trurventransport erleichtere; die kommissionglose Annahme der Vorlage werde dem Kaiser jeigen, daß der Reichs⸗ tag seine ernste Mahnung in der Thronrede wobl verstanden babe. Das war der Abg. Lattmann, und seitdem gebt dieser Gedanke durch die ganze englische Presse. Soll ich denn noch mehr vorlesen? (Heiterkeit und Rufe: Nein, Nein! Also endlich glauben Sie es mir. Der Reichskanzler aber hat von alledem nichtz erfahren; ahnungsloß ist er durch die Weltgeschichte gegangLen. Aber lauben Sie denn, daß die Vertreter der englischen Presse und

egierung daran auch so ahnungslos vorbeigehen? Damals hat kein Kommissar und kein Bandesratsmitglied Protest gegen jene Aus— führungen erhoben, die betonten, daß der Kaiser diese Idee ver— trete. Ich verlese diese Stelle nochmals. Stũrmischer Wider⸗ spruch und große Heiterkeit. Vizevräsident Dr. Paasche: Sie unterschätzen die Auffassungsfäbigkeit des Hauses, wenn Sie die Stelle nochmals verlesen. r große Heiterkeit.) Der Reichskanzler hätte damals auftreten und erklären mässen, nie⸗

dann

sich befinden. Der Reichekanzler hat sich auch heute wieder der Verpflichtung, uns bier Rede ju stehen, entjogen. (Vijepräsident Dr. Paa sche: Sie haben nicht daz Recht, die Titig— keit des Reichskanzlers so zu kritisieren; ob der Reichskanzler bier er- scheinen will oder nicht, hat der Herr Abgeordnete nicht zu entscheiden.) Wir haben zu entscheiden, wie wir den Kanzler zu isi haben, solange dies in varlamentarischen Ausdrücken g Der Kanzler hat sich der Verantwortung für Behauptungen, die, wenn sie nicht wahr sind, Verleumdungen wären, ent— zogen und weder selbst durch einen nicht

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Was soll man dazu sagen, d

50 Millionen Ausfuhrprodukten 40 Millionen, 89 pCt., Arbeitslöhne stecken. So etwas würde man nicht einmal bei einem Husarenleutnant für einen harmlosen Optimismus halten. Jene Behauptung ist eine geradeju ungeheuerliche Uebertreibung. Der Kolonialdirektor hat bier in einer Versammlung von Künstlern und KVelebrten mit seinen rosigen Schilderungen der Entwicklungsfähigkeit

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Südwestafrikas jubelnden' Beifall gefunden. Wenn man ihn börte, aud ruhi mußte jeder glauben, Schlertwein ware ein Typus für die Art und des Gebiets eine vollständige wird, damit wir nicht mit einem

Velse, wie dort die Farmer in wenigen Jabren zu Gelde kommen. Schlett wein ist mit einem Kapital von 5 500 6 vor 5 Jahren nach Afrika gegangen und hat es in 5 Jahren in der Viehjucht vervierfacht. Daruber warde natürlich jeder Landwirt jauchzen

und am liebsten nach Afrika gehen. Wie erklärt sich aber jener

kolossale Pꝛofit? Daraus, daß in dieser Zeit infolge des Krieges die

Viehpreise auch um das Dreifache des normalen Presses gestiegen sind. Es ist unverantwortlich von dem Kolonialdirektor, daß er den gläubigen Gemütern der Landleute so etwas vormacht, daß sie darauf reinfallen. Das ist dasselbe Verfahren, welches man im Börsen⸗ jargen Bluffen nennt, wie beim Pokern. An der Bzrse wird dieses Bluffen systematisch betrieben.

, zu Stolberg: Herr Abgeordneter, der Ausdruck Bluffen ist die Bezeichnung eines unehrlichen Handelns im Spiel. Sie dürfen diesen Ausdruck nicht in bezug auf den Kolonialdircktor gebrauchen; ich rufe Sie zur Ordnung!

Abg. ELedebour (fortfahren) Ich mache darauf aufmerksam, daß der Justizminister Ruhstrat sich ausdrückt ju dieser Praxis als einer erlaubten bekannt hat. Schlettwein hat selnen Gewinn erzielt mit Hilfe der Ausbeutung der Eingeborenen; die Frauen er⸗ nähren sich von Feldkost, nach dem Berliner Tageblatt von Eidechsen, Raupen, Fröschen, Maͤusen. Das ist eine brutale Ausbeutung der Notlage der Eingeborenen. Schlettwein zahlt den schwarzen männ⸗ lichen Arbeitern höchstens 15 A monatlich. Dag sind Preise, die auf die freien Arbeiter drücken. So kann man glänzenden Profit machen. Es ist eine Gewissenlosigkeit, wenn der Kolonialdirektor mit solchem Beispiel arbeitet. (Bewegung.) (Präsident Graf zu Stol⸗ berg (mit erhobener Stimme!: Herr Abgeordneter, ich rufe Sie zur rdnung!! In einer Broschüre von 1804 warnt Schlettwein vor Geführsduselei; die Schwarzen müßten umsonst arbeiten, nur gegen Kost. Und diesen Mann wählt man sich in die Budgetkommission als Gewährsmann und läßt ihn in der Wahlkampagne herumreisen. Cin Konservatiber sprach sich aller⸗ dings sogar für die Verwendung von Kulis aus, Das ist so recht nach dem Herzen der Agrarier! Wie können Parteien, die Christentum und Kultur fördern wollen, sich eine folche Unterstützung . lassen! Ihnen ist es mit der Behauptung, daß sie

hristentum und Kultur verbreiten wollen, überhaupt nicht Ernst. Der Abg. Lattmann hat uns reaktionäre Wirtschaftspolitst vorgeworfen. Unsere Politik ist alles andere als reaktionar. Wir bekämpfen die Kolonialpolitik, wie unsere Genessen in England, Frankreich und Holland die dortige, well diese Politik reaktionär bis auf die Knochen ist, weil der Staat zu Gunslen des Reichs eingrelft und weil sie eine brutalisierende ist. Sie färbt schon auf unfere innere Politik ab, wie die in Aussicht gestellte Enteignung polnischen Eigentums beweist. Selbst der Legationsrat Zimmermann hat ganz wie ich dem Sinne nach erklärt, daß die jetzige veraltete koloniale Aus. beutungspolitik durch eine andere vernünftige ersetzt werden müsse. In Südwestafrika kann sich Deutschland neben England nicht halten. Hat man doch gesagt, im Auslande sind die Deutschen der Dünger der anderen Nalionen. Ganz natürlich, denn den Deutschen wird ja bei uns jeder Geist der Selbständigkeit berausgetrieben; sie haben keinen Sinn für Selbstverwaltung. Wir haben nur ein bureaukratisches Spstem und selbst die Kom munalverwaltung fühlt sich als Bureaukratie welter Ordnung. Soll es in den Kolonien besser werden, so muß man zunächst das bureau— kratische System bei uns ausrotten. Die Freisinnigen sind jetzt die Schutztruppen neben den Konservativen für diesen Bureau— kratismus. Es ist ihnen jetzt eine Art KronprinzenLiberallsmus in die Glieder gefahren, weil ein Bankdirektor, der früher einmal eine freisinnig vereinigte Vergangenheit gehabt haben soll, an der Spitze der Kolonialpolitik steht. Sie (zju den Freisinnigen) werden aber mit diesem Konzessionsschuljen ebensowenig Glück haben, wie mit der Unterstützung der bureaukratischen Ausbeutung der Kolonien.

Abg. Schrader (frs. Vzg. ): Das Haus befand sich heute in sebr friedlicher Stimmung; selbst der Vertreter des Zentrums hat sich nicht aufgeregt und hat darin vollkommen recht getan. So durften wir hoffen, friedlich über die beiden Nachtragsetats hinweg zu kommen. Der eine Nachtragsetat ist ja auch dadurch erledigt, daß der 1. April ganz nahe geruͤckt ist. Da hat es der Abg. Ledebour für zweckmäßig gehalten, in noch schärferer Weise als sonst die alte Kolonialpolitik zu betreiben. Mit sebr wenig Er⸗ folg! Er hat sebr wenig Eindruck oder mindestens einen nicht gewollten Eindruck gemacht. Wir hören heute von ihm, daß nur die Sezialdemolraten das richtige naflonale Bewußt⸗ sein vertreten. Glauben die Herren das selber? Uns bat der Abg., Ledebour nicht überzeugt. Für die beutige Beratung hat ganz gewiß der Schluß seiner Ausführungen nur dazu geführt, daß seine ganze Rede noch weniger ernst genommen wird. Auch meine Vor— liebe für die Alldeutschen ist allerdings keine große; sie haben unferer Politik nicht genutzt, sondern geschadet. Auch die Soialdemokratie sollte sie nicht ernst nehmen, wie sie auch in England nicht ernft ge— nommen werden. Für so töticht hält man dort die deutsche Re— gierung nicht, wie sie bier dargestellt wird. Also wir wollen in Süd- westafrika eine große Truppenmacht halten, um bei nächster Gelegen · beit über England berzufallen! Und das soll mit ein paar Taufend geschehen, die da unten stehen? Dle Buren haben sich a gerade jetzt mit den Engländern versöhnt, wie sollen sie alfo uns zur Seite stehen? Würden wir einen Krieg gegen England provozieren, so wäre das ein Blödsinn, an den kein ernsthafter Mensch denken kann. Früber bat sich der Reichskanzler nicht gegen solche Ausführungen ge⸗ wehrt; mit vollem Recht, denn bei gewissen Dingen schweigt man am besten still. Wenn er jetzt dem Auslande gegenüber erklärte, von so etwas sei bei uns nicht dit Rede, so tat er auch daran ganz recht. Im jwelten Teile seiner Rede bat der Abg. Ledebour an Ginzelheilen berumgemäkelt. Ob der Farmer Schletiwein so oder so gehandelt bat, darguf kommt es gar nicht an. Das in den Denkschriften nieder- gelegte Material über die Zustände dort muß die Grundlage unferez Urteils sein. Viehzucht und später Ackerbau dort zu betreiben ist möglich, wenn auch zu Anfang keineswegs leicht; mit der Zeit wird aus der Kolonie etwas zu machen sein, aber es erfordert große Möͤhe und viel Geld. Phantastische Kolonialpolitik wollen wir nicht treiben. Ich weiß nicht, ob auch die Partei, die mit den Sozialdemokraten bei den Wablen jusammengegangen ist, heute mit ihnen besonders jufrieen sein wird. ;

Abg. Bindewald (D. Refvt.): Wir stimmen nach reiflicher Ueberlegung und Prüfung den beiden Nachtraggetats ju. Selbst⸗ verständlich bat ein Voll mit so viel Lebenskraft wie das deutsche ein Anrecht darauf, sich weiter in der Welt auszubreiten. Wir sind seit 187071 aus den engen Grenzen herausgewachsen, aus einem Festlandsstaat sind wir eine Weltmacht geworden. Kur zsichtig wäre die Verweigerung der Mittel, die das Reich und die Kolonialverwaltung brauchen, um die Kolonien ju erschließen und zu fördern. Für die Verkehrswege muß vor allem gesorgt werden. Das baben andere Kolonialreiche, was bat besonderg Gugland für Babnbauten in seinen Kolonien geopfert? Aber für die Kosten⸗ deckung werden wir nicht hinwegkommen über die progressiwe Reichs. einkommensteuer; warden wir sie einfübren, so könnten wir die doppelte Anzahl Schiffe bauen und die Kolonialerschließung viel rascher bewirken. Die Lasten müßen doch einfach auf die tragfäbigsten Schultern gelegt werden. Die SGcklärungen des Farmers Schlett⸗ wein in der Budgetkommission schlagen die heutigen Behauptungen des Abg. Ledebour tet. Die abnormen Verhaltnifse der letzten Jahre hat Schlettwein voll und ganz in Rechnung gestellt; Ledebour hat also ganz uagerechtfertigte Angriffe gegen ihn ge⸗

neue Kolonialdirektor hat feinen ge fe darüber ge⸗ in unseren Kolonien zukünftig nur noch Beamte ju

nden sein werden, die tadellos weiße Westen anhaben. Wir freuen

uns dieses Versprechens und treten auch deswegen für ihn ein, weil der Reichakanjler so entschieden für das Festhalten an der Schutz jollpolitik eingetreten ist. Denn wir können gute Kolonialpolitik nur treiben, wenn wir daheim festen Boden unter den Füßen haben.

Im Kolonialgeschäft muß ebenso wie im kaufmännischen auch etwas

riskiert werden; es ist auch dafür zu sorgen, daß die Beruhigung

neuen Aufflackern des Ausstandes zu tun haben. 2500 Mann würden nach meiner Meinung nicht ausreichen. Was an den Veteranen von 1870 71 verg-ssen ist, muß nachgeholt werden;

das Vaterland hat die Pflicht, diejenigen vor Sorgen ju be—

wahren, die den deutschen Namen in der Welt hoch gehalten

haben. Die Afrikanderbewegung sehe ich nicht als bedrohli Viel gefährlicher scheinen mir die dort anwesenden Juden ic n. sie sind. überall dabei, wo etwas zu holen ist. Der Folonialdirektoꝛ sollte dieser fremden Rasse in Südwestafrika auf die Finger sehen. Das Gefängnis in Windhuk sollte so schnesl wie möglich unter Dach und Fach gebracht werden, damit die dortigen Verbrecher nicht eimz in Deutschland interniert werden müffen. Ich kann also namenz meiner , unsere Zustimmung zu der Vorlage erklären, ebenso zu der Kommissionsbergtung, falls sie beschloffen werden sollte. Stellvertretender Direktor der Kolonialabteilung des Aus wärt gen Amts Dernburg: Der Abg. Ledebour hat dem Oberstleutnant Quade den Vorwurf gemacht, daß er wissentlich dem Hause eine un. richtige oder unvollftändige Information gegeben habe— Ich wejse diesen Vorwurf mit aller Entschiedenheit als durchaus unberechtigt zurück. Es ist für jedermann klar, daß unfer Schutzgebiet ein wer. volles Aktiyum sein muß, denn wie können 20 Rilllonen Entschãdi⸗ ungen da sein, wo nichts gewesen ist? Also 20 Millionen Aktip! an ieh, Gebäuden usw. sind schon, ebe der Aufffand ausgebrochen ist, dagewesen. Wer ein befferer Beurteller ist Hauptmann Fran golg, der mit do) Mann ein Gebiet 13. mal so groß als Deuisch⸗ land verteidigen wollte, oder jetzt der Große Generalstah will, ich dahingestellt sein lassen. Der Vorwärts schrieb am 29. Dejember 1966, das beste wäre es, wenn wir ir Kolonien überbaupt los würden, und zwar je schneller, je beffer. Daz ist meines Erachtens der Grund, weshalb die Herren beute mit der Hälfte der frũheren Plätze hier sind, weil sich eben das deutsche Volt so etwas nicht gefallen läßt. Was die Geschichte von der Dattel⸗ palme anbetrifft so babe ich hier ein Buch, in dem steht? Die Dattelpalme gedeiht in Asien und Afrika in kaum glaublicher Fülle sie braucht so wenig Platz, daß 300 Palmen einen Morgen Land bedecken. Geschrieben von August Bebel Die Frau und der Sozia. lismus.. Ihre Methode, meine Person zu diskreditieren, weil Sie i das System sind, steht so tief nicht unter meiner Person, ondern unter der Sache, die ich zu vertreten habe, daß ich Sie und Ihre Sachen in der papiernen Welt laffe, in der Sie leben!

Damit schließt die Generaldiskussion.

. Die Nachtragsetats werden demnächst in zweiter Lesung im Plenum erledigt werden.

Schluß gegen 6 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr. (Etatsnotgesetz; Interpellation Dr. Roesicke und S ellhorn, betreffend die Revision des Weingesetzes)

Preußszischer Landtag. Haus der Abgeordneten. A. Sitzung vom 6. März 1907, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Das Haug setzt die zweite Beratung des Staatshaus⸗ haltsetats für das Rechnungsjahr 1967 bei dem Etat der Eisenbahnverwaltung fort.

Bei den Einnahmen aus dem Personen- und Gepäckverkehr, die auf 527 250 0900 SS, d. s. 45 T5 00 mehr als im Vorjahre, angesetzt sind, findet zunächst eine allgemeine Besprechung statt.

Die Budgetkommission, Berichterstatter Abg. Schmie⸗ ding (nl), beantragt die unveränderte Bewilligung des Eisenbahnetats sowie folgende Resolution:

Das Haus der Abgeordneten nimmt Kenntnis von der Maß⸗ nahme der Königlichen Staatsregierung, jur Deckung des dringende Bedarfs an Betriebsmitteln der Eisenbabnverwaltung im Jahr 19806 über den Etat einen Betrag von 50 006 5660 M aus da Extraordinarium zur Verfügung zu stellen. Im Hinblick auf Re rasche Hilfe erbeischende Notlage erklärt das Haus, vorbehaltliä der nachträglichen Genehmigung dieser Ausgabe, sich mit dem Ver. fahren der Königlichen Staatsregierung in diefem Falle einder, standen, siebt aber der baldigen Vorlegung einer Denkschrift über die Dringlichkeit des Vorgehens und einer Nachwelfung über die Verwendung des genannten Betrags entgegen.“

Mit der allgemeinen Besprechung wird die Beratung über die Verhandlungen des Landeseisenbahnrats im Jahre 1906 und den Bericht über die Ergebnisse des Betriebes der vereinigten preußischen und hessischen Staatseisenbahnen im Rechnungs— jahre 1905, deren Erledigung durch Kenntnisnahme die Kom— mission beantragt, verbunden.

Die Einnahmen aus dem Güterverkehr, die gleich zeitig zur Erörterung gelangen, sind auf 1294 960 000 6 an— gesetzt, d. s. 148 340 000 S6 mehr als im Vorjahre.

Berichterstatter Abg. Schmieding führt einleitend aus: Der Eisenbahnetat gibt ein Spiegelbild der Entwicklung unsereg ganzen wirtschaftlichen Lebens, er ist bedeutsam für die Ert. wicklung von Handel, Landwirtschaft und Gewerbe. Wie be— deutend diese Verwaltung ist, kann man daraus ersehen, daß die Eisenbahnverwaltung 165 297 Beamte und mit den Arbeitern jusammen 3065 827 Menschen beschäftigt. An Gehältern und Löhnen zahlt sie über 700 000 000 46. Bei der hohen Bedeutung dez gan je Eisenbahnetats hat die Kommission diesmal einen schriftlichen Bericht erstattet. Ich kann deshalb darauf verzichten, mündlich zu wieder. holen, was in dem Berscht niedergelegt ist.

Minister der öffentlichen Arbeiten Breitenbach:

Meine Herren! Als ein Spiegelbild einer glänzenden wirtschaft⸗ lichen Lage hat der Herr Berichterstatter in der Budgetkommissto⸗ und auch in seinem schriftlichen Bericht den Etat der Staatseisen⸗ babnverwaltung bejeichnet. Ich hoffe, daß dieses hohe Haus nach Durchprüfung des Eisenbahnetats seinerseits zu der Ueberjeugung ge= langt sein wird, daß dieser der sehr gespannten Verkehrslage, die j⸗ nur eine Folge der glänzenden Konjunktur ist, nach allen Richtungen Rechnung trägt, und ich danke dem Herrn Berichterstatter ganz aus drücklich dafür, daß er bereits in der Budgetkommission und im Be— richte dieser Auffaffung seinerseits in sehr frenndlichen Worten Aus— druck verliehen hat. Die Kritik, die er der Staatseisenbahn verwaltung hat angedeihen lassen, ist eine sachliche gewesen, und ich glaube, das wird ganz wesentlichen Nutzen tragen. Anschließend möchte ich meinerseits einer durchaus grundsätzlichen Auffassung Ausdruck der- leihen, daß ich jede sachliche Kritik, mag sie aus dem Parlament, aus der Presse oder von dritten herkommen, nicht nur für nützlich, sondern auch für durchaus erwünscht halte. (Bravo

Der Herr Finanzminister hat bei der Beleuchtung des Gesamtetat⸗ eine Besprechung des Eisenbahnetats bei der ersten Lesung vorge⸗ nommen. Der Herr Berichterstatter hat in seinem schriftlichen Be⸗ richt eine sehr eingehende Würdigung folgen lassen, und ich glaube mich daher meinerseits auf einige bemerkengwerte Vorgänge beschränker zu sollen.

(Schluß in der Zweiten Beilage)

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Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger. 1907.

Berlin, Donnerstag, den 7. März

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Es lag für mich, der ich aus der praktischen Berwaltung der Staatseisenbahnen hervorgegangen bin, nahe, meinen Blick auf die Organisation der Staatseisenbahnen zu lenken. Die jetzige Organisation ist eingeführt am 1. April 1895, also bald 12 Jahre in Geltung. Was diese 12 Jahre für die Staatseisenbahn⸗ verwaltung und deren Entwicklung bedeuten, ist ja im allgemeinen bekannt. Gestatten Sie mir aber, Ihnen kurz einige Zahlen in Er⸗ innerung ju bringen.

Im Jahre 1895 betrugen die Einnahmen der Staatgeisenbahnen 1039 Millionen Mark, die Ausgaben 569 Millionen Mark; für das Jahr 1907 sind veranschlagt 1937 Millionen Mark Einnahmen und 1197 Millionen Mark Ausgaben. Die Ueberschüsse betrugen im Jahre 1895 469 Millionen Mark, und sür das Jahr 1907 sind 739 Millionen Mark Ueberschuß veranschlagt. Ich darf darauf hin⸗ welsen, meine Herren, daß gelegentlich der Beratung der Kanalvorlage, die der Minister von Thielen in diesem hohen Hause vertreten hat, angenommen und geschätzt wurde, daß erst im Jahre 1913 ein Ueber⸗ schuß von 700 Millionen Mark erreicht sein werde; wir sind in der Lage gewesen, bereits für das Jahr 1907 mit einem Ueberschuß von 739 Millionen Mark zu rechnen, und bei der ersten Lesung des Etats ist uns allerseits bestätigt worden, daß diese Schätzung doch eine recht vorsichtige gewesen ist. (Sehr richtig!

In diesem zwölfjährigen Zeitraum haben die Lokomotivkilometer zugenommen von 322 Millionen auf 666 Millionen, (hört! hörth d. h. über 1009/9 mehr. Die Kopfzahl unserer gesamten Angestellten ist von 287 000 auf 441 000 gestiegen.

Meine Herren, die Vorzüge der jetzt gültigen Organisation der Staatzeisenbahnen bestehen sehr wesentlich in ihrer Einfachheit, Durch= sichtigkeit und darin, daß sie einen prompten und schnellen Gefchäfts—⸗ gang ermöglicht, wie er für eine Betriebs, und Verkehrsverwaltung unerläßlich ist. (Sehr richtig! Wir kennen nur eine Eisenbahn— verwaltungsbebörde, die Königlichen Eisenbahndirektionen, als deren Organe die Inspektionen fungieren, die mit höheren Beamten besetzt sind. Unsere Eisenbahndirektionen zerfallen nicht mehr in Abteilungen, wie dies bis zum Jahre 1895 der Fall war, sondern die gesamten Mit⸗ glieder der Eisenbahndirektionen sind unmittelbar den Präsidenten unterstellt. Diese Organisationsänderung hatte ja sehr wesentlich den Zweck, das Verantwortlichkeitsgefühl der Mitglieder zu steigern und die Arbeinsfreudigkeit zu heben. Ich bin in der Lage, aus eigener Anschauung zu bestätigen, daß dieser Zweck voll erreicht worden ist

und daß mit diesem Zwecke auch eine qualitativ bessere Arbeit erreicht wurde. (Bravo!) Ganz naturgemäß mußte die heutige Organisation für die Präsidenten der Eisenbahndirektionen eine sehr erhebliche Stei⸗ gerung ihrer Verantworilichkeit und auch ihrer Arbeitslast bringen. Man hat geglaubt, dies den Präsidenten zumuten zu können, weil im Jahre 1895 aus 10 Bezirken 20 geschaffen wurden; es trat dann später der Bezirk Mainz hinzu, das ist der einundjwanzigste. Man glaubte, daß die Präsidenten in der Lage sein würden, die volle Uebersicht über die Geschäfte und die nötige Einwirkung sich zu sichern; inzwischen ist ja nun mit dem gewaltig gestiegenen Verkehr, den ich vorhin in großen Zahlen benffert habe, die Arbeitslast der Eisenbahn— direktionen, namentlich derjenigen Direktionen außerordentlich ge⸗ stiegen, die wir als größere und besonders umfangreiche ju bezeichnen pflegen. Es läßt sich statistisch nachweisen, daß bei einer großen Zahl der Direktionen der tägliche Geschäftseingang um 100 bis 120 / zugenommen hat. Wir haben Direktionen, in denen dem Präsidenten unmittelbar 25, 30, 35, 40 und mehrere 40 Mitglieder unterstehen, wie bei der Direktion Berlin. Die Zahl der Dezernenten ist aber noch größer; denn in allen Direktionen arbeiten Hilfsarbeiter, seien es höhere administrative, seien es höhere technische Hilfsarbeiter, mit voller eigener Verantwortung, aber auch als Hilfsarbeiter anderer älterer Dezernenten, tatsächlich aber auch mit einem sehr großen Maß von eigener Verantwortung. Alle diese hat der Präsident zu kon⸗ trollieren.

Bei dieser Zusammensetzung der Eisenbahndirektionen besteht nun die Gefahr und ich bin wiederum in der Lage, aus eigener Anschauung zu bestätigen, daß diese Gefahr sich verwirklicht hat —, daß die Präsidenten nicht mehr in der Lage sind, sich die volle Uebersicht über die Geschäfte zu bewahren, daß sie außerstande sind, auf das Zusammenarbeiten der verschiedenen Branchen, die in jeder Eisenbahndirektion vertreten sind und vertreten sein müssen: Bau, Betrieb, Verkehr, Maschinenbetrieb, die nötige Einwirkung zu nehmen. Es besteht ferner die Gefahr, daß die Präsi⸗ denten infolge übermäßiger Bureauarbeit sich nicht genügend in ihren Bezirken umsehen können, und daß sie auf Grund dessen die nötige Fühlung mit den Vertretern der verschiedenen Erwerbsgruppen, die sie unbedingt unterhalten müssen, verlieren. (Sehr richtigh

Meine Herren, Abhilfe ließe sich ja auf verschiedene Weise denken: man teilt die Direktionsbezirke räumlich weiter auf, oder man richtet

wieder Abteilungen ein. Beide Wege bin ich aber nicht gegangen.

Die Aufteilung der Glsenbahndirektionsbezirke würde als ein zweifelloser Rückschritt angesehen werden müssen (sehr richtigh; denn diese großen Betrlebgß. und Verkehisbehörden bedürfen eines bestimmten Umfanges, da wir entscheidenden Wert darauf legen müssen, daß die großen Betriebslinien in einer Hand bleiben; überdies sprechen dagegen militärische Rücksichten. Die Rückkehr ju den Abteilungen würbe ein zweifelloser Rückschritt sein; es ergibt sich das aus den Vorzügen, bie ich vorher stizziert habe. Ueberdletz besteht die große Gefahr, daß die Präsidenten von den Geschäften zu stark abgerückt werden.

Es mußte also, wenn Abhilfe geschaffen werden sollte, durchaus auf denjenigen Wegen welter gearbeitet werden, die die heutige Drganisation welst, und das konnte nur in der Welse geschehen, daß den Präsidenten stärkere Hilfen an die Hand gegeben werden. Bereltg die heutige Verwaltungordnung sleht vor, daß die Oberraͤte, der Dberregierunghrat oder die Oberbauräte wir haben bel einzelnen

Direktionen schon mehrere Oberbauräte die Präsidenten auch bei

können, weil die Oberräte voll belastete Dezernenten sind. Ohne Zweifel sind es ja die erfahrensten Männer der Direktion; es sind die besten Kräfte, und sie verwalten die wichtigsten und umfangreichsten Dezernate; die Präsidenten müssen sich geradezu scheuen, einen belasteten Oberrat noch mit der eigenen Vertretetung bei Anwesenheit zu be⸗ trauen.

Es blieb also nichts anderes übrig, als, um den Präsidenten die notwendige Hilfe zu geben, die Oberratsstellen zu vermehren für die größeren, besonders umfangreichen Direktionen, und dort, wo dies nicht geschehen, wenigftens dafür Sorge zu tragen, daß die heutigen Ober⸗ räte entlastet werden, damit sie in der Lage sind, den Präsidenten bei Anwesenheit zu vertreten, und diese Entlastung konnte nur dadurch er⸗ folgen, daß neue Mitgliederstellen geschaffen wurden.

Wir haben also nach zwei Seiten gearbeitet: wir baben uns angepaßt an das Gegebene, wir haben großen Direktionen eine Reibe von Oberräten, administrative und technische, jugewiesen, und wir haben den kleineren Direktionen neue Mitzlieder zugewiesen. Meine Herren, das ist für die Fortbildung einer Verkehrs verwaltung auch der richtige Weg, sich durchaus den Verhältnissen anzupassen Ich erhoffe von dieser Ergänzung der Organisation, die ja durchaus im Rahmen der bestehenden erfolgt, sehr erhebliche Vorteile und Vorzüge. Der Präsident wird nunmehr in der Lage sein, den administrativen Oberrat heranzuziehen zur Vertretung, ich will mal sagen auf dem wichtigen Wohlfahrtsgebiete, oder aber er wird ibm bestimmte Anschlußsachen übertragen, sofern überhaupt eine Mit- jeichnung des Präsidenten erfolgt, was ja nicht in allen Fällen ge⸗ schieht, oder auch Kleinbahnsachen, immer mit dem Vorbehalt, daß der Präsident jederzeit in der Lage ist, persönlich einzugreifen. Das wird nicht auf dem Papier stehen; denn nach unseren geltenden Organisationsbestimmungen müssen ja dem Präsidenten alle wichtigen Sachen jeden Morgen vorgelegt werden, und er bezeichnet diejenigen, die er sich selbst zur Mitbearbeitung vorbehalten will, und diejenigen, die er seinen Mitgliedern überlassen kann.

Es wird aber auch nach der technischen Seite gan außerordent.« liche Vorteile bringen. Es ist ein ganz jweifelloser Mangel unserer heutigen Organisation, namentlich bei den größeren Behörden, daß der Prtäsident bei der sehr stark ausgebildeten Bautätigkeit nicht in der Lage ist, überall sein Auge zu haben und dafür zu sorgen, daß ein— heitlich gearbeitet wird, einheitlich vom ersten Augenblick des Ent stehens der Projekte bis zur Betriebsübergabe der Bauten. Da sollen die neuen Oberbauräte oder diejenigen Oberbauräte, die demnächst ent⸗ lastet werden, dem Präsidenten als Helfer zur Seite stehen. Auch bier wird die Einheit der Verwaltung vollkommen gewahrt, da der Präsident jeden Augenblick in der Lage sein wird, einzugreifen. Ich darf hinzufügen mit Rücksicht auf Bedenken, die in der Budget—⸗ kommission geltend gemacht wurden, daß ja bei Abwesenheit des Prä⸗

sidenten die Einheit der Verwaltung dadurch gewahrt wird, daß immer

der älteste oder der berufenste Oberrat an seine Stelle tritt.

Meine Herren, hierdurch würde sich bei den gesamten Staats eisenbahndirektionen eine Entlastung für die Präsidenten ergeben, und doch bleiben noch einige Direktionen ju stark belastet durch Neben— tätigkeiten, die ihnen obliegen. Nach unserer heutigen Organisation

ist es bereits zugelassen, daß bestimmte Geschäftsangelegenbeiten, die den ganzen Staatsbahnbereich begreifen, entweder für eine Gruppe

von Direktionen oder für den ganzen Staatabahnbereich auf einzelne eingerichtet. Auch die Interessenten, die uns bei Feststellung dessen,

Direktionen konzentriert werden. Von dieser Bestimmung der Organisation ist Gebrauch gemacht worden. Es handelt sich bier wesentlich um folgende sehr wichtige Materien. Es sind diez die Konstruktionen der Lokomotiven und Wagen, die Konstruktionen und Beschaffungen des Eisenbahnoberbaues und der Sicher heitseinrichtungen; ferner sehr bemerkenswert die Leitung der Untersuchung und

.

Erprobung von Verbesserungen jur Erhöbung der Leistungs fähigkeit

und Sicherheit der Bahnanlagen, Fahrbetriebemittel und Betriebseinrichtungen, ferner die Beschaffung wichtiger

materialien, der ganzen Heizvorräte, ferner die Bearbeitung ge samer Dienstanweisungen und der einbeitlichen Regelung der Fo

n 2 118 dd

und die Kontrolle ihrer Ausnutzung, ferner der Ausgleich don Stellen anwärtern im ganzen Staatseisenbabnbereich es handelt sich um die Stellenanwärter des mittleren Dienstes : endlich die Verwaltung der für den Staatsbetrieb einbeitlich wirkenden Wohlfahrta—=

einrichtungen.

Aus diesem Verzeichnis wird ohne weiteres erkannt werden können, daß es sich um sehr bedeutsame Materien bandelt. Mit der Wahrnehmung dieser Geschäfte war nun ganz überwiegend biaher die Königliche Eisenbahndirektion ju Berlin betraut. Die Direktion Berlin ist gewählt worden, weil es sich um Geschäftsangelegenheiten handelt, bei denen dem Minister von Anbeginn eine sehr erhebliche Mitwirkung vorbehalten sein muß, in denen er ja fast durchgehends die Entscheidung hat. Es sind im übrigen beteiligt an dieser Bearbeitung gemeinsamer Angelegenheiten auch sehr wesentlich die Direktionen Essen und Kattowitz, die Direktion Halle und die Direktion Magdeburg. Est hätte nun erwogen werden können, alle diese Geschäfte zusammenzuniehen und sie etwa dem Ministerium anzugliedern. Meine Herren, mit dieser Möglichkeit habe ich garnicht rechnen wollen. Das Ministerium kann eine weitere Arbeitgzanhäufung garnicht vertragen; es bedarf in der Tat einer Entlastung in diesen Fragen. So blieb denn garnichts übrig, als eine neue Zentralbehörde zu schaffen; das ist das Zentral- amt, das wir in den Etat eingestellt haben mit einem Präsidenten, vier Oberräͤten und einer größeren Zahl von Mitgliedern. Neu werden nur gefordert der Mräsident, vier Oberräte und vier Mitglieder; die überwiegende Zahl der Mitglieder wird herangejogen aus den Eisen⸗ bahndirektlonen, bei denen sie heute in diesen Geschaäften berelts arbelten. Wir erhoffen von der Einrichtung des Zentralamt nicht

nur eine Entlastung der heute überlasteten Eisenbahndirektionen,

Anwesenheit vertreten dürfen in bestimmt begrenjtem Umfange. Von sondern aus der Zentralisierung dieser ganzen Angelegenheiten und der

dieser Möglichkeit hat aber kein genügender Gebrauch gemacht werden t ) Behandlung der ganzen Frage, insbesondere in technischer Bejiehung.

strafferen Aufsicht, die die Organisation bringen wird, eine vertiefte

Wir erhoffen ferner davon, daß die an den Vergebungen Betelligten mit der Einrichtung durchaus zufrieden sein werden, weil es nunmehr möglich sein wird, von einer zentral gelegenen Stelle aus gleichmäßig für den ganzen Staatzeisenbahnbereich ju sorgen. Wir hoffen beson⸗ ders aber auch, daß die Interessenten mit der Zentralisierung zufrieden sein werden, weil daraus Geschäftsvereinfachungen folgen werden. Die Zuständigkeit des Ministers ich bemerke das ausdrücklich gegen⸗ über gewissen Bedenken, die in der Kommission geltend gemacht wurden wird in keiner Weise tangiert. Die Entscheidung des Ministers bleibt in demselben Umfange vorbehalten, wie es nach der beutigen Organisation der Fall ist; es wird nur die Stelle geändert, an der diese Geschäfte bearbeitet werden. Ich erwarte von dieser Maßnahme, in Verbindung mit der vorgeschilderten Ergänzung der Organisation, einen vollen Erfolg in der Richtung, daß die Direk⸗ tionen frei gemacht werden für die gesteigerten Aufgaben, die ihnen aus dem Verkehr und dem Betrieb erwachsen, und die sie in erster Linie zu erledigen haben werden.

Meine Herren, die beste Organisation einer großen Verkehrsver. waltung bleibt wirkungslos, wenn der mechanische Apparat sich nicht auf der Höhe befindet. Unter dem mechanischen Apparat verstehe ich die festen Gleisanlagen mit allen Zubehörungen an Bahnhöfen aller Art, an Sicherheitzeinrichtungen, Werkstattsanlagen und dem ganzen Betriebsmittelpark. Darüber kann gar kein Zweifel bestehen, daß der Fuhrpark der Staatseisenbahnen den gestellten Ansprüchen im Laufe des vergangenen Jahres und auch in diesem Jahre nicht genügt hat, obwobl eine sehr erhebliche Vermehrung des Betriebsmittelparks an Lokomotiven und Wagen stattgefunden hat, und obwohl, was ich besonders bervorheben möchte, die Leistungen des Parkg ganz hervor⸗ ragende gewesen sind.

Meine Herren, wir baben den Betriebsmittelpark, berechnet vom 1. Oktober 1905 bis 1. Oktober 1906, vermehrt um 6,22 0υ; die Leistungen des Betriebsmittelparks sind aber um 1000 gestiegen, und trotz dieser Steigerung batten wir Ausfälle an der Wagenstellung, wie wir sie bei den preußischen Staatsbahnen noch nicht erlebt haben. Die Gründe dafür liegen klar zutage. Wir haben in den Jahren 1905 und 1906 jusammengerechnet eine 18 prozentige Steigerung im Güterverkehr. Wir haben allein auf das Jahr 1906 berechnet eine 10 prozentige Steigerung. Wir haben aber Monate gehabt, in denen 13 bis 140½ mehr zu leisten war. Aus bestimmten Versandrevieren sind Verladungen gemeldet worden von über 20060 mehr gegen das Vorjahr. Es trat eine ganze Reihe von Ereignissen ein, die auf die Wagengestellung ungünstig gewirkt haben, als da sind: der ungünstige Rheinwasserstand während eines großen Teils des Jahres. Dann hatten wir mit einem Winter zu rechnen, wie wir ihn seit Jahren nicht erlebt haben. Die großen Ausfälle in der Wagengestellung im Dezember und Januar sind ganz überwiegend auf Witterungseinflüsse zurückzuführen. Infolge des langen Winters ist die Bautätigkeit zurückgehalten worden und nunmehr aufs äußerste angespannt und in Gang gesetzt worden. Auf den Berliner Ring= bahnhöfen steben Hunderte von Wagen, mit Ziegeln beladen, auf den Bahnhöfen und können nicht entladen werden, weil eine Ueberfülle an diesen Frachtgütern vorhanden ist. Auf eine solche Verkehre— junahme und auf diese Zufälligkeiten war eben der Wagenpark nicht

was wir an Betriebsmitteln mehr gebrauchen, erste Berater sind, daben diese Verkehrssteigerung nicht vorausgesehen.

Die Staatzeisenbahnverwaltung, meine Herren, wird aber aus den Erfahrungen, die sie während dieser lange anhaltenden glänzenden Konjunktur hat machen können, auch ihre Konsequenzen ziehen; sie wird defltebt sein, sich ein stärkeres Rüstjeug anzulegen; sie wird Vorsorge treffen für die Zukunft, auf stärkeren Auswachs rechnen und für gleich=

müäßigere Beschaffung der Betriebsmittel sorgen. Daß diese Absicht nicht leere Worte sind, das erkennen Sie aus den ganz außergewöhn⸗ . lichen Anforderungen, die wir für das Jahr 1907 von Ihnen erbitten. ; ö . Gs wird erbeten eine Summe von 250 Millionen Mark, die teils

des Geschäͤftsbetriebes; endlich sebr wesentlich die Digrositionen über die gesamten Fabrbetriebsmittel, insbesondere die Güterwagen

aus dem Etat für 1907, teils aus den Ueberschüssen des laufenden Jahres, teils aus den Anleihen gedeckt werden soll.

Wenn die Lieferungen im nächsten Jahre in Gang gekommen sein werden, werden wir am 31. Oktober 1907 bereits über ein Mehr ver— fügen von 23 790 Wagen gegen den 31. Oktober 1906. Unter diesem Mehr an Betriebsmitteln werden sich 3000 Zwanzigtonnenwagen befinden. (Bravo!) Wenn freilich der Verkehr im selben Maße fort= schreiten sollte, wie 1905 und 1906, so will ich nicht garantieren, daß nicht doch im nächsten Herbste wiederum mit Ausfällen in der Wagen gestellung zu rechnen sein wird. Ich habe es aber nach Ver— ständigung mit dem Herrn Finanzminister doch für angezeigt erachten müssen, nicht über die Summe von 250 Millionen Mark hinauszugehen, und zwar ganz überwiegend aus der Erwägung, daß ein Mehr an Beschaffung zu einer Ueberspannung in unseren Lokomotiv und Wagenbauindustrien hätte führen können.

Ich will nicht behaupten, daß die Leistung von 250 Millionen Mark das Maximum dessen ist, was diese Industrien liefern können, aber wir müssen darauf Rücksicht nehmen, daß sie sich eben nach dritten Bestellern zu richten haben. Es ist Vorsorge getroffen, daß die Beschaffung der Betriebsmittel für 1907 über das ganje Jahr gleichmäßig verteilt werden wird, sodaß die Fabriken während det ganzen Jahres gleichmäßig durch uns Beschäftigung erhalten.

Meine Herren, der starken Beanspruchung des Fuhrparks ent spricht eine gleich hohe Anspannung der gesamten Bahnanlagen. G9 ist daher mit allen Mitteln dahin gewirkt worden, daß die Bautätig keit aufs äußerste betrieben wurde. Obwohl wie ich gern anerkenne die Eisenbahndirektlonen bemüht gewesen siad, das Aeaderste leisten, habe ich es doch für angejeigt gebalten, mn dergan genen Jabre