1907 / 62 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Mar 1907 18:00:01 GMT) scan diff

übernehmen in keiner Weise Haftung dafür. Wenn die englischen Eisenbahnen das Gepäck frei befördern, so erheben sie ganz erheblich höhere Tarife für den Personenverkehr.

Der Herr Abg. Dahlem hat nochmals auf die Verteuerung des Nahverkehrs hingewiesen, die ich im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Abg. Vorster bestätigt hatte. Der Herr Abg. Vorster hatte nur ein Beispiel angeführt für die Verteuerung der ersten Klasse, und nur auf die Verteuerung der ersten Klasse bezog sich meine Bestätigung. Im allgemeinen wird der Nahverkehr in keiner Weise belastet werden, sofern die nicht zuschlagspflichtigen Züge in Anspruch genommen werden. Falls zuschlagspflichtige Züge benutzt werden, tritt bei kürzeren Entfernungen eine Ermäßigung ein, sofern bisher D-Züge in Anspruch genommen wurden. Ich habe in Aussicht gestellt, dem Vororts, und Nahverkehr besondere Aufmerksamkeit zu schenken und diesen Fahrplan fortzubilden nach der Richtung, daß eine Entlastung der zuschlagepflichtigen Schnellzüge möglich ist.

Es ist eine weitere Frage erörtert worden, die bereits in der Budgetkommission besprochen worden ist. Sie betrifft die angeblich sehr erhebliche Mehreinnahme, die der Verwaltung aus der Abrundung der Fahrpreise erwachsen würde. Es wird für den Nabh⸗ verkehr durchweg eine Verbilligung eintreten. Es ist neuerlich unter den deutschen Eisenbahnverwaltungen vereinbart, daß bei Sätzen bis zu 1 A die Abrundung nicht mehr wie bisher auf 10, sondern auf 5 erfolgen soll. Damit wird der Nahverkehr gefördert und nicht verteuert werden. Im übrigen erfolgt bei Sätzen über 1 A hinaus die Abrundung auf 10 83. Es tritt dabei unter gewissen Voraus⸗ setzungen, da zwei Karten gelöst werden müssen, eine geringe Ver- teuerung ein. Die Verteuerung in Summa ist aber eine ver—⸗ schwindende gegenüber den Beträgen, die durch die Presse bekannt ge⸗

geben sind. Der Sonderferienzugsverkehr wird erhalten bleiben, mindestens in

demselben Umfange wie bisher. Für Sänger⸗ und Turnfeste und Aus⸗ stellungen sind auch bisher keinerlei Fahrpreisermäßigungen gewährt worden. Die Reform ändert in dieser Frage garnichts. Es sind unter Umständen Extrazüge eingelegt worden, auch Extrazüge für Krieger—⸗ verelne, und das soll auch später erwogen werden, muß aber lediglich nach dem Bedürfnis eingerichtet werden. Bestätigen darf ich nochmals, daß D- Zugszuschläge neben den Schnellzugszuschlägen keinenfalls werden erhoben werden.

Hinzufügen will ich, daß die Gepäckfrachten eine ganz außer ordentliche Ermäßigung erfahren trotz der Beseitigung des Freigepäckt. Ich will dafür einige Beispiele anführen, aus denen das klar erkennbar ist. 60 Kg Gepäck kosten auf 250 km heute 5 A, demnächst 3, 75 4M, 80 Kg Gepäck heute 7,50 6, demnächst 5 AÆ, bei 500 km 60 kg heute 10 4, demnächst 7,50 M, 80 kg Gepäck heute 15 AÆ, demnächst 10 AÆ. Es treten also sehr wesentliche Ermäßigungen, bis zu 50 0 o und mehr ein.

Abg. von Brandenstein (kons.): Es sollen die Tarife für Sonntagskarten, Arbeiterrückfahrkarten, Arbeiterwochenkarten bestehen bleiben. Ich bin anderer Ansicht hinsichtlich der Arbeiterwochenkarten. Schon oft ist hier das Wohnungselend der Arbeiterkreise in den großen Städten dargestellt worden. Herr Kreth hat neulich nach der Grundstücksaufnahme von 1900 festgestellt, daß in Groß⸗Berlin 292 550 Menschen in einem einzigen Raume wohnen, und zwar bis zu 21 Personen zusammen, wobei natürlich eine Trennung der Geschlechter nicht stattfindet. Da soll man nicht immer von den glänzenden Verhältnissen in den Großstädten er, dem Lande sprechen. Es könnte hier zur Abhilfe von den

ehörden viel geschehen, wenn man nicht gar zu sehr darauf bedacht wäre, es allen Leuten recht zu machen. Mir hat eine einflußreiche Persönlichkeit einmal gesagt, es kommt für einen höheren Beamten viel darauf an, daß er weiß, zur rechten Zeit die Augen zuzumachen. So lassen sich die Mißstände in den großen Städten allerdings nicht beseitigen. Die Eisenbahnverwaltung könnte zur Milderung der be— stehenden Zustände mitwirken und einer weiteren Verschlimmerung vorbeugen auf dem Gebiete der Arbeiterwochenkarten. Bei ihrer Ein⸗ führung wurde hier allseitig anerkannt, daß sie dazu dienen, daß der Arbeiter eine angemessene Wohnung außerhalb der Großstadt und frische Luft für seine Kinder hat. Mit diesem Ziele bin ich ein⸗ berstanden, aber bei der Art der Ausgabe der Wochenkarten wird zum Teil das Gegenteil erreicht. Es werden nämlich nicht nur Wochenkarten von dem Vorort nach der Großstadt ausgegeben, sondern auch umgelehrt, soogz die industriellen Betriebe draußen nicht nötig haben, für ihre Arbeiter Wohnungen zu be— schaffen, fondern diese in der Stadt wohnen lassen können. In einem mir bekannten Fall hatte eine Fabrik alles Erforderliche in der Fabrikhygiene so nennt man es ja wohl getan, nur für die Wohnungen der Arbeiter war nicht gesorgt; die Arbeiter mußten in der Stadt wohnen bleiben, es wurde mit der Straßenbahn ein billiger Transport der Arbeiter hin und zurück vereinbart auf Kosten der Fabrik. So brauchte die Fabrik keine Arbeiterwohnungen zu bauen. Es heißt immer, die Arbeiter wollen gar keine solche Woh⸗ nungen haben. Die das sagen, sind aber nur willenlose Werk⸗ zeuge der Sozialdemokratie, die keinen zufriedenen Arheiter ge⸗ brauchen kann. Bei Hannover sind z. B. manche Züge mit Arbeitern überfüllt, die von den großen Zementfabriken in Misburg in die Stadt zu ihren Wohnungen fahren. Wenn keine Arbeiter⸗ wochenkarten für diesen Zweck ausgegeben würden, müßten die Fabriken außerhalb der Stadt für Wohnungen sorgen. Die Sonntagekarten sollen die Bevölkerung aus der Stadt in die frische Luft hinausführen. Um⸗ gekehrt gibt es die Sonntagekarten nicht, z. B. lautet die Rück fahrkarte Berlin Eberswalde und zurück, nicht aber umgekehrt, es kann diese Karte also nicht benutzt werden, um des Sonntags von Eberswalde nach Berlin zu fahren. Ein solcher Unterschied in der Fahrt⸗ richtung läßt sich ebenso gut für die Arbeiterwochenkarten einführen. Es wäre dankengwert, wenn die Regierung uns eine Nachweisung gäbe, für welche Strecken Arbeiterwochenkarten überhaupt ausgegeben werden. Es werden jetzt sogar solche Karten bis Angermünde usw. ausgegeben. Ich bitte den Minsster, meine Vorschläge zu erwägen; das We er. elend ist groß, jedes kleine Mittel zur Abhilfe muß benutzt werden.

Abg. von Arnim (kons): Es ist anzuerkennen, daß es dem Minister gelungen ist, den Widerstand gegen den ersten Gepäcktarif zu bekämpfen, dadurch, daß jetzt ein Tarif eingeführt ist, der gerade bei dem Ver⸗ kehr nach Süddeutschland eine Ermäßigung mit sich bringt. Es ist ungerecht, daß derjenige, welcher ohne Gepäck reist, ebensobiel bezahlt wie der, welcher mit Gepäck fährt. Daß der Staat für die Mit⸗ führung von Gepäck eine Gebühr erhebt, entspricht nur der Gerechtigkeit. Es muß ferner anerkannt werden, daß der Minister mit großem Ge— schick in den Verhandlungen mit den süddeutschen Staaten erreicht hat, daß man mit Gepäck nach Süddeutschland billiger reisen kann. Gegen die Fahrkartensteuer muß ich eine sehr entschiedene Oppesition zum Ausdruck bringen, wenn ich auch auf anderem Standpunkt als

err Wiemer stehe. Man hätte im Reiche Bier und Tabak belasten ollen, dann hätte man dieses Steuerobjekt nicht gebraucht, um das Defißitt des Reiches zu decken. Ich begrüße es mit Befriedigung, wenn für Veranstaltungen von Vereinen ufw. die hestehenden Ver, günstigungen aufrecht erhalten bleiben. Im ganzen ist jedoch das Ziel * Reform nicht erreicht worden, daß sie keinen Einnahmeausfall für * Stgat ergibt. Der Minister rechnet mit einem Ausfall von 4 Mill. Mark. Ich glaube, daß diefe Mindereinnahme sich noch mehr bemerkbar machen wird, als jetzt statistisch berechnet ist. Ich habe beobachtet auf den Strecken, die ich schon eine lange Reihe don Jahren befahre, daß die Zahl der Wagen IV. Klaffe unverhältnit=

mäßig stark zugenemmen hat. Der Uebergang in niedrigere Klassen wird also in Zukunft noch einen größeren , 46 bringen. weifellos ist, daß die Staatsbahnverwaltung bei dem Vorortverkehr für Berlin viel Geld zusetzt. Für Berlin die Vorort⸗ tarife aufrecht zu erhalten, ist gerecht wegen der besonderen Verhält- nisse von Berlin, aber man darf sie nicht auf Breslau und andere Großstädte ausdehnen. Ich bitte den Minister, in dieser Frage sehr vorsichtig zu sein.

Abg. Dr. von Boettinger (ul.): Ich weise darauf hin, daß die Amerikaner, die uns viel Geld ins Land bringen, immer viel Gepäck mit sich führen. Sie sind in ihrer Heimat nicht gewohnt, für Gepäck zu bezahlen, und sie könnten durch unseren Gepäcktarif von Deutsch⸗ land abgeschreckt werden. Für das Handgepäck bleiben wir hoffentlich von kleinlichen Schikanen verschont, wie man sie manch- mal in Süddeutschland erlebte. Eine Aufgabe des Gepäcks ohne Fahrkarte sollte auf jeden Fall, zugelassen werden, selbst wenn dafür eine gewisse Expeditionsgebühr gegeben werden muß. Daß die Rundreisehefte nicht eine abgerundete . notwendig machen, ift namentlich für die Handelsreisenden sehr wünschenswert. Ein Un— recht ist es, daß man für ein überschießendes Kilogramm Gewicht so⸗ fort die vollen 10 kg der nächsten Stufe i, . muß. Wenn Perr von Brandenstein Über die Verhältnisse in der Industrie richtiger informiert wäre, würde er wissen, daß die Arbeiter gar keine Woh⸗ nungen auf dem Lande haben wollen und vorhandene Wohnungen gar nicht benutzen, sondern lieber in der Stadt wohnen, well dort die Familienangehörigen Nebenverdienst haben. Die Städte haben elbst ein Interesse daran, die industriellen Betriebe aus ihren Mauern herauszubekommen wegen der Feuersgefahr und sonstiger Be— lästigungen.

Abg. von Böhlendorff-⸗Kölpin (kons.): Die Personentarif⸗ reform ist nach jahrelanger Arbeit mit großer Spannung . , als man die Grundzüge erfuhr, hatten sehr wenige eine Sehnsucht na ihr. Ich meine, die se Reform durfte überhaupt nicht kommen. J warne auch heute noch ernstlich davor. Die Einnahmen beruhen nicht auf dem Tarif, sondern auf dem Verkehr. Den Verkehr soll man fördern, dann hat man die Steigerung der Einnahmen. Es liegt noch viel Geld auf der Straße, wenn wir nur unsere Einrichtungen volkswirt⸗ schaftlich ansbauen. Allerdings ist die Ungerechtigkeit der Tarife be⸗ seitigt, daß, wer nur eine einfache Fahrt machte, aber nicht zurück⸗ fahren konnte, bestraft wurde durch elnen höheren Tarif. Gerade die, die am meisten reisen, haben darunter gelitten. Was wird man bei dem neuen Gepäctarif alleg für Schwierigkeiten und Unbeguemlich⸗ keiten mit dem Gepäck in den Coupés haben? Das läßt sich heute noch gar nicht ausdenken. Denken wir denn nicht daran, daß die Problnzen alle gleich nahe an den Mittelpunkt Berlin gebracht werden müssen, denken wir nicht daran, daß die Entfernungen auf⸗ gehoben werden 31 Die am weltesten abgelegenen Provinzen, wie Ostpreußen, haben schon den Nachteil der längeren Fahrt nach dem Mittelpunkt und müssen noch so viel mehr bezahlen. Statt der Fahrkartensteuer, gegen die ich schon im Reichstage gesprochen habe, hätte man andere Steuern vorschlagen müssen, z. B. auf Tabak und Bier. Die Frage der Reform ist so schwerwiegend, daß sie nicht wieder von der Tagesordnung verschwinden wird, bis wir eine andere Reform bekommen. .

Abg. Gamp ffreikons): Zur Erklärung unserer Resolution Heyde⸗ brand -Zedlitz muß ich auf die Entstehung der Fahrkartensteuer im Reichstag binweisen. Dort verständigte man sich zuletzt auf eine Maximalgebühr, dann kam die Tarifreform, die ganz erhebliche Ver— änderungen bedingt. Es ist vor allem dadurch der große Mißstand hervorgetreten, daß die Abstufungen viel zu große sind. 3. B. kostet die J. Klaͤsse über 50 M Fahrpreis stets 86 Steuer. Reist jemand heute J. Klasse von Berlin nach München, so kostet ein Retourbillett 101 „, dazu einmal 8 ½ Steuer, von jetzt ab muß er zweimal 060 ιε einfache Fahrt zahlen und zweimal 8M Steuer 16 6 Will man gar von Memel nach München und zurück, so muß man viermal über 59 M Fahrpreis zahlen und 32 M Steuer im ganzen, bloß weil es keine Durchgangskarte Memel —München und retour mehr geben wird, die nur einmal die Steuer kosten würde. Das ließe sich vermeiden, wenn auch die Beamten kleinerer Stationen berechtigt und verpflichtet wären, zusammenstellbare Fahrscheinhefte in kurzer Zeit auszustellen.

Darauf wird ein Schlußantrag angenommen.

Abg. Goldschmidt (fr. Volkep.) bedauert (zur Geschãfts ordnung), daß ihm als Vertreter der Stadt Berlin durch den Schlußantrag die Möglichkeit genommen sei, diese gegen die Angriffe des Herrn von Brandenstein zu verwahren.

Die Anträge Aronsohn und Bachmann werden abgelehnt, der Antrag Heydebrand⸗Zedlitz wird gegen das Zentrum an⸗ genommen. J

Der Rest der Einnahmen wird ohne Debatte bewilligt.

Das Haus wendet sich darauf zur Besprechung der Zug⸗ nl.) tritt für

verbindungen. größere Berücksichtigun Hanaus im Nah und Fernverkehr ein. 9

Abg. Junghenn

Abg. Nehbel (kons.) bittet, auf der Strecke Allenstein⸗ Soldau den Aufenthalt auf den Anschlußstat onen auf ein Mindest⸗ maß zu beschränken und für einen besseren Anschluß Königsberg FIllow o zu sorgen.

Abg. Baensch⸗Schmidtlein (kons. spricht seinen Dank dafür aus, daß durch den neuen Fahrplan die Wünsche seiner Heimat Schlesien, insbesondere nach besserer Verbindung zwischen Friedeberg, Löwenberg und Liegnitz, erfüllt sind, und fragt den Minister, ob es nicht möglich wäre, mit der österreichischen Regierung in Ver⸗ bindung ju treten über eine Abkürzung der Fahrzeit zwischen Hirsch⸗ berg Landesgrenze Schreiberhau Grünthal - Reichenberg. Es müßte wenigstens ein Zug eingelegt werden, der die Strecke von 89 Em in drei Stunden a , Viel⸗ leicht wäre es auch möglich, von Glatz eine direkte Verbindung nach Wien herzustellen, sodaß die Strecke Berlin Wien um 1097 km abgekürzt werden könne. Durch die Erfüllung dieser Wänsche würde der Minister einen breiten Bach auf seine, des Redners, heimatliche Gefilde ausschütten.

Abg. Dr. Dahlem (Zentr] wünscht einen Tagesschnellzug von Koblenz beiw. Mosel nach Berlin. Der jetzige borsintflutliche Schnellzug verdiene den Namen Schnellzug nicht. Ferner wäre es wünschenswert, daß der Schnellzug, der 619 von Frankfurt nach Berlin über Gießen fahre, von Koblenz aus einen Anschluß bis Gießen erhalte. Der letzte Zug, der von Lim burg nach dem Westerwalde über Mentabaur gehe, fahre bereits um 72 von Lim burg ab; es müsse noch ein späterer Zug, etwa um 9 Uhr, abgelassen werden. Bessere Zugveibindungen von Frankfurt nach , ,, wären auch im Interesse der Arbeiter sehr er⸗ wünscht.

Abg. Witz mann (ul) spricht dem Minister seinen Dank aus für die Schnellzugsperbindung zwischen Liegnitz und Hirsch⸗— berg und für die durchgehende Verbindung iwischen Liegnitz nach dem Isargebirge über Löwenberg, Greifenberg, Friede berg. Hierdurch sei es möglich, im Laufe eines Tages das schöne Isargebirge besuchen zu können. Er, der Redner, wünsche aber, wie der Abg. Baensch⸗Schmidtlein, noch eine beffere Ver⸗ bindung zwischen Liegnitz und Hirschberg, damit die Be— wohner beider Städte schneller in ihre Heimat zurückkehren könnten. Daß die Sache gehen werde, sei mweifellos, es sei auch gegangen, als der Schnellzug von Liegnitz nach Hirschberg eingerichtet wurde, wo es geheißen habe, die Sache lasse sich wegen der Krümmungen nicht machen. .

Abg. , ,,. (fr. Volksp.): Im allgemeinen schließe ich mich den Ausführungen des Kollegen Baensch-⸗Schmidtlein an. Ueber manches, fo über eine direkte Bahnlinie Liegnitz Härschberg wird später, eventuell bel der Sekundärbahnvorlage, noch zu reden 6 Lieg⸗ nitz wänscht u. a. bessere Verbindung nach Glogau, sodaß das Umhfteigen in Raudten vermieden werden kann, und es wünscht

dann die Einstellung direkter Wagen Liegnitz k Ferner werden ver i eee el fe

des Verkehrs auf der Strecke Koh!lfurt Liegnitz i esse des Sommerverkehrs und direkte Anschlüsse . M . dringend verlangt. Ich lege dem Minister diese Wünsche um ö mehr ans Herz, als ich bisher noch keine Wünsche dieser Art ; etre habe. ö beg G 9h . g. von rom be entr.) bringt lokale Beschwer schlechte Anschlüsse einiger Stationen auf den ö a ferv ee 11 (Gent) k g. ull (Zentr.) kommt auf seine schon im vorigen vorgetragenen Wünsche und Beschwerden, betreffend die . ugverbindungen des Glatzer Gebirgskessel s und spezlell der tadt und des Bades Zie genhals, zurück. Die Verbindungen zwischen Ziegenhals uns Deutsch« Wette Neiße = Breslau müßten verbessert werden; der 5 Uhr 10 Minuten hon Neiße nach Ziegenhals gehende, unter Ausschluß der Deffent. lichkeit verkehrende Zug könnte dafür geopfert werden. Die Verbindungen zwischen Ziegenhals und Oesterre ich seien immer noch sehr mangel. haft. Die über die Grenze gehenden Züge, sogar die Sonderjüge, führen an dem Badeorte Ziegenhals, 2 zu halten, vorüber. Man solle doch den Oesterreichern die Möglichkeit, nach Preußen hersher— zukommen, tunlichst erleichtern, unseren Landsleuten aber wenigstengz eine kleine Barriere vorlegen, damit sie nicht dort hinüberlaufen; man tue gut, an dem Grundsatz etwas festzuhalten, daß daß Geld möglichst im Lande bleibt. Mit je größerer SchnelljugzL eschwindigkeit der Minister die ihm hier vorgetragenen Wünsche er, üllt, desto schneller werde in Zukunft das Kapitel „Zugverbindung beim Eisenbahnetat erledigt sein.

Abg. Schmitz ⸗Elberfeld (fr. Volkzp.): Das Bergische In— dustriegebiet hat darüber zu klagen, daß seine Industriezentren von dem internationalen Durchgangsverkehr sozusagen ausgeschlossen sind. Der internationale Verkehr uhr in der Nähe des Industrlegebietes vorüber aber kein einziger der durchgehenden Züge hat Anschluß an diesc Gebiet. Gegenüber der Industrie an den Linien über Dusseldorf Essen, Hamm, Dortmund empfindet dies die Bergisch. Industrie nicht nur als eine ,,, sondern auch als eine materielle Schädigung ihrer Interessen. as Bergische Land ist nicht von der Natur bevorzugt, es hat keinen schf, baren Strom, keine hervorragenden Bodenschätze, und i nur auf die Geschäftstüchtigkeit, den Fleiß und die Energse seiner ausdauernden Bevölkerung angewlesen. Der Staat sollte bei der Verteilung des Verkehrs etwas Rüchsicht auch auf die Städte meines Wahlkreises nehmen. Wir verlangen nicht, bevorzugt zu werden, sondern sind zufrieden, wenn nur Licht und Schatten gleich verteilt wird, und der Verkehr auch über Elberfeld, Barmen usw. geleitet wird. Wir wünschen Verbindung nach Holland und Belgien, sowie nach Sachsen, Thüringen, und unsere Züge müssen direkten Anschluß über Hoek van Holland nach England erhalten. Ferner wird auf einer unserer Linien, auf der sog. schiefen Gbene, noh immer bei der Bergfahrt den Zügen Vorspann gegeben. Dafür sollte doch ein der heutigen Technik mehr entsprechendes Mittel angewendet werden. Ferner wuͤnschen wir, daß der durchgehende Wagen Düssel⸗ dorf Hameln Berlin wieder eingeführt werde; wenn er seinerzeit nicht genügend benutzt war, so lag die Schuld nur daran, daß er nicht genugend bekannt war. Schließlich wünschen wir k in den Verbindungen jwischen Hannover und

6 ln.

Abg. von Brockhausen (kons.): Von 47 Rednern sind nur? aus Pommern gemeldet, ein Beweis, wie bescheiden wir sind. Wer einmal durch Pommern gereist ist, wird gesehen haben, daß dort die mangelhaftesten Zugverbindungen der ganzen preußischen Monarchie bestehen. Insbesondere ist es auffallend, daß gerade die Verbindung von Vorpommern nach Hinterpommern sehr mangelhaft ist. Pommern hat den Anspruch, daß für die Reisenden einigermaßen dem Verkehr entsprechende Verbindungen geschaffen werden. Es besteht dort nur eine einzige Voll⸗ bahn, die Strecke Stettin Stargard -Stolp Dan ig. Es existiert zwar in Pommern ein ziemlich großes Netz von Sekundär⸗ bahnen, das genügt aber nicht. Die Zugverbindungen in Pommern sollten dadurch verbessert werden, daß die Strecke Grunow Neustettin— Konitz in eine Vollbahn umgewandelt wird. Pommern hat zwar keine große Industrie, aber eine Bevölkerung, die am öffentlichen Leben regen Anteil nimmt. Gerade in der neueren Zeit werden große Anforderungen an die Landwirte und kleinen Gewerbetreibenden ge— stellt. Es werden viele Reisen gemacht, um an den Sitzungen der Handelskammern, Landwirtschaftskammern und sonstigen Korporationen feilzunehmen. Schon deshalb empfiehlt es sich, Verbindungen iu schaffen, die die Reisen möglichst abkürzen.

Abg. Dr. von Boettinger regt bessere Zugverbindungen für Elberfeld an.

Abg. Dr. Kön ig⸗Crefeld (Zentr) dankt der Verwaltung für die Cin legung eines Morgenfrühzuges jwischen München ⸗Gladbach und Creseld und äußert einige weitere Wünsche, betr. bessere Zugverbindungen zwischen Crefeld nach Frankreich und Belgien. Durch den neuen Zolltarif se die Samt⸗ und Seidenindustrie Crefelds in eine schwierige Lage ge kommen, es handele sich jetzt darum, weitere Industriezwelge heranjn=— ziehen, um die Blüte der Industrie im allgemeinen zu erhalten. Zwischen Elberfeld. Düsseldorf und Crefeld solle ein weiterer Schnell zug eingefübrt werden. .

Abg. Viereck (freikons.) tritt für die Wünsche der Orte Czarnilan und. Fllehne nach besseren Anschlüssen an die Züge auf Linie Rogasen —Kreutz und Beschleunigung ihrer Verbindung mit Berlin ein. Czarnikau und Filehne wünschten ferner eine bessere Ver⸗ bindung nach Breslau über Jarotschin. Endlich befürwortet der Redner Schnellzugs verbindungen über Kreutz nach der russischen Grenze und nach Paris und Holland.

Abg. Hoheisen (Zentr.) empfiehlt bessere Zugverbindungen don Breslau bezw. Berlin nach Oberschlesien.

Gegen 5i/ Uhr wird die Weiterberatung des Eisenbahn⸗ etats auf Sonnabend 11 Uhr vertagt.

Nr. 19 der Versffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 6. März hat folgenden Inhalt: Schleifer merkblatt. (Ankündigung.) Gesundheitsstand und Gang der Vollk⸗ krankheiten. Zeiiwellige Maßregeln gegen Pest. evölkerungt⸗ vorgänge in Itassen, 1504. Gesetzgebung usw. (Deutsches Reich) Leichen. Preußen) Fleischbeschäu. Ausländisches Fleisch. . (Groß. Sachfen 5 Vrschlhenfchau gebiet. (GSesterreich. Sielermart, Ansteckende Krankheiten. (Galizien). Sanität dienst. Schwei Tiertransporte. (Frarkreich) Mineralwasser. (Echweden Schweinepest ꝛc. Tierfeuchen. Rauschbrandschutzimpfungen in Bahern, 1966. Tierseuchen in Botznien und der Herjegommnz, 4. Vierteljahr 1906. , Maßregeln gegen Tierseuchen (Preuß. Reg.⸗Bej. Aachen; Bayern, Württemberg. Schweiz, Schweden Verhandlungen von gesetzgebenden . este reich Aerzteordnung. Vermlschtes. (Rußland.) Mißernte und Er g kungen. (Zanzibar) Gesundheitestand 2c, Juli bis Nobember 190 = Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deu chen Orten init 45 00 und mehr Einwohnern. Desgl. in größer Siäbten des Auslandeg. Erkrankungen in Krankenhäusern dentsche Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und dandbenrten g Witterung. Beilage: Gerichtliche Entscheldungen auf dem . ö 9 offentlichen Gesundheitzpflege (Kurpfuscher ꝛc, heilmittel

e). .

zum Deutschen Neichsanze

Zweite Beilage

Berlin, Sonnahend, den 9. März

iger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

1907.

Mr G62.

Kunst und Wissenschaft.

Den Mitgliedern des Landtags ist eine von dem General⸗ direktor der Königlichen Museen, Wirklichen Geheimen Ober⸗ regierungsrat Dr. Bode verfaßte Denkschrift, betreffend Feweiterungs⸗ und Neubauten bei den Königlichen Museen in erlin, zugegangen, der folgende Ausführungen

ntnommen sind: .

Die Verlegung der ethnologischen und prähistorischen Samm⸗ lungen der Berliner Museen aus den Mu en am Lustgarten in das Inde 1886 vollendete befondere Museum in der Königgrätzer Straße halte die Ueherfüllung sämtlicher Abteilungen der Museen nur auf furje Zeit beseitigen können. Behufs Abstellung der durch erneute ieberfllllung bald wieder entstandenen Mißstände wurde von der Staatzreglerung auf Grund älterer Pläne junächst der Neubau des Renaissancemuseums zur Aufnahme der Gemälde und Skulpturen der christlichen Epochen sowle ein propisorisches Gebäude für den Altar bon Pergamon und die antiken Skulpturen in Aussicht ge⸗ zommen und demnächst vom Landtage genehmigt.

Diese beiden Bauten sind, letzterer 18901, ersterer 1904, bezogen worden. Das Alte Museum, das ursprünglich für die Erwelterung der Nationalgalerie frei werden sollte, ist inzwischen, um dringenden Ansprüchen der Antikensammlungen zu genügen, ganz für diese her gerichtet worden, und auch der zur Erweiterung der ägpptischen Bammlungen bestimmte erste Stock des Neuen Muscums hat den amniiken Gipsabgüssen vollständig eingeräumt werden müssen. Dadurch sst die Not in den anderen, seither stetig durch Neuerwerbungen ver⸗ mehrten Abteilungen noch weiter gestiegen. Zudem sind ganz neue, früher nicht , n, Sammlungsgeblete erschlossen worden: durch ben großartigen Erfolg der Ausgrabungen in Mesoꝝotamten das weite Gebiet der vorderasiatischen Kunst, durch die reichen . in Baalbek, Hilet, Vidyma usw. die Erweiterung der antiken ammlungen nach der Richtung der Architektur und Dekoration, wie durch das Ge⸗ schenk der Mschatta ⸗Fassade die umfangreiche Kunst des Islams. Reben der Nolwendigkeit der Raumbeschaffung für alle diese Be⸗ dürfnisse erscheint endlich ein neues Museum für ältere deutsche Kunst auch aus nationalen Gründen al eine Pflicht. .

Da die Schätze ganzer Abteilungen zur Hälfte oder noch darüber hinaus magannlert sind, muß jetzt für die ausgiebige, auf absehbare Zeil ausreichende Erweiterung der genannten Sammlungen wie für Re Sammlungen der neu hinzukommenden Gebiete der Platz gesucht werden. Auch müssen bei dem seither wesentlich verstärkten Besuch des Publikums und den neuen Anforderungen, die für die zahlreichen, zur unentbehrlichen Gewohnheit gewordenen wissenschaftlichen und populären Vorträge und Führungen gestellt werden, die Räume zum Tell größer gestal ket werden, als früher vorgesehen war.

Wenn es auch bei der schon starken Bebauung der Museums- insel erwẽänscht erscheinen würde, für Neubauten soweit als möglich den Platz außerhalb derselben zu suchen, so ist dies doch nur in beschränktem Maße möglich infolge der vor 30 Jahren, als die Frage der Grwejterung der Museen zuerst dringlich wurde, getroffenen Ent⸗ scheldung, daß alle Sammlungen der großen Kunst ihren Platz auf der Mufeumeinsel finden sollten, und da auch bei den oben ge⸗ nannten neueren Bauten die Platzfrage aus jener Anschauung heraus

entschleden worden ist.

J. Erweiterung der ägvptischen Abteilung.

Für diese Sammlung, deren Inhalt sich seit ihrem Bestehen ver⸗

drelfacht hat und die jetzt fast lediglich den Eindruck eines Magazins herborruft, muß an einen Erweiterungsbau in unmittelbarer Nähe edacht werden. Als besonders geeignet bietet sich dafür das vor dem leuen Museum gelegene Terrain am Kupfergraben dar, das zur Zeit ö. letzten noch übrig gebliebenen Bauten des alten Packhofs einnehmen.

Da für den Anbau nur ein Erdgeschoß von mäßiger Höhe über einem niedrigen Untergeschoß gefordert wird, so würde ein solcher Vorbau am Kupfergraben den Eindrug des neuen Museums kaum be⸗ einträchtigen, jumal wenn er im Einklang mit der Architektur dieses Museums gehalten wird.

II. Museum für vorderasiatische Kunst.

Ein besonderes Museum für vorderasiatische (mesopotamische) Kunst, an das bei dem ganz unbedeutenden Besitz an Werken dieser Kunft vor einem Jahrzehnt noch gar nicht gedacht wurde, ist durch die reiche Ausbeute der Ausgrabungen in Sendschirli, Babylon und Assur, die in wenigen Jahren abgeschlofsen sein werden, zur dringenden Notwendigkeit geworden. (Folgt die Augeinandersetzung, welche Räume diese Sammlung, die sich an die ägyptische Abteilung an— schließen muß, brauchen würde.)

III. Erweiterung der antiken Sammlungen.

Für die Antikenabteilungen war zunächst eine Erweiterung im Anschluß an das provisorische Pergamonmuseum in Erwägung gejogen, unter der Voraussetzung, daß hier alle Sammlungen der griechischen und römischen Kunst einschließlich des Münzkabinetts ihren * finden würden. Inzwischen sind aber die Statuen und, die leinkunst der Antike in den Räumen des Alten Museums zur Auf⸗ siellung gelangt, welche bis 1904 die Gemälde und die Originalbild. werke der christlichen Epoche einnahmen, sodaß das Alte Museum jetzt das eigentliche Antikenmuseum ist. In den Räumen dieses Museums sst aber für große Monumente und umfangreiche Architekturteile, wie sie bei den Ausgrabungen in Baalbek. Milet und Didyma uns zu⸗ gefallen find und vorautsichtlich noch weiter eiworben werden, kein Platz mehr vorhanden. Dieser muß durch einen Erwelterungsbau gefucht werden, und zwar, wie das auch den früheren Beschlüssen ent spricht, aus sachlichen Gründen im Anschluß an das Pergamon, museum. Dabel wird dessen provisorischer Bau in Verbindung mit den neuen Räumen seine definitive Gestalt bekommen können. (Folgt Näheres über die geplante Einrichtung dieses Erwelterungsbaues.)

19. Museum für ältere deutsche Kunst.

Die Gemälde und Bildwerke der deutschen Schule sind r geh im Kalser Friedrich Museum aufgestellt. Es waren dafür größere Räume an der Spitze des Gebäude vorgesehen; aher infolge der überaus ungünstigen Gestalt des Bauplatzes sind diese Räume schließ· ch weggefallen, fodaß die deutschen Gemaͤlde jetzt teils oben in drei klei en Zimmern zwischen die niederländischen Bilder eingekeilt sind, teils mit den deutschen Skulpturen in drei unteren Hofraͤumen eng zufammengedrängt und hier so schlecht beleuchtet sind, daß Lurferglas zur kee ging angebracht werden mußte. Die Skulpturen des Barock und Rokoko konnten fogar nur als Dekorgtioön im Bau derteilt werden, weil die dafür bestimmten Säle jur Aufstellung der Schausammlung des Münz. und Me aillenkabineits benutzt worden sind. Die Abgüsse der deutschen Skulpturen haben, wie die der itallenischen, auß Kaummangel magaziniert werden müssen. Wenn, wie eg notrbendig erscheint, die Möchatta. Fassade und die islamische ammlung sowie, dem ursprünglichen Plane n das Münz⸗ aabinett wieder aus dem Kalfer Friedrich. Museum ausgeschleden werden, so würde der Platz hier doch nur gerade für die geräumige Auf⸗ ellung der Kunstwerke der romanischen Völker: Gemälde, y bildwerke und Abgüsse sowie für die Gemälde der flämischen chule 6 der kahn fh. Schulen autzreichen. Für die ältere deutsche unst ist daher! der Bau elneg besonderten Museumg erwünscht.

Ein solches Museum fehlt aber nicht nur bei uns: in ganz Deutsch⸗ land besitzen wir kein eigentlicheß Museum der älteren deutschen Kunst. Benn das Germantische Museum in Nürnberg ist mehr eine kunstgewerbliche und kulturhistorische Sammlung; das Römisch⸗ Germanische Zentralmuseum in Mainz umfaßt neben den auf deutschem Boden gefundenen Resten römischer Kunst nur die An⸗ fnge der deutschen Kunst und ist auch für diese einselitig und un bollftändig; das Münchener Museum endlich, das am ersten Anspruch darauf erheben könnte, will schon seinem Namen nach nur ein Bayerisches Nationalmuseumꝰ sein. Ein Museum der alteren deutschen Kunst ist daher eine Notwendigkeit für die Reichshauptstadt, und um ein solches noch zu wirklicher Bedeutung zu bringen, müssen die Vorbereitungen dafür sofort in Angriff genommen werden.

In Berlin ist bei Begründung der Königlichen Museen und seit— her biz zum Jahre 1871 der deutschen auf so gut wie gar keine Aufmerkfamkest erwlesen worden. In der Gemäldegalerie war die deutsche Schule big vor etwa 30 Jahren am schwächsten vertreten: nur ein Gemälde von Holbein und kein Dürer! An Werken der Plastik besaß die Kunstlammer nur wenige gute kleine Stücke; die deutsche Kunst der älteren und ältesten Zeit wie die der letzten Periode im 18. Jahrhundert waren überhaupt nicht vertreten. Erst in neuer Zeit ist, wenigstens in einigen Abteilungen der Königlichen Mußseen, eine Vermehrung der Sammlungen gerade nach der Seite der deutschen Kunst ernstlich angestrebt worden; mit Erfolg nament- lich für die Malerei, für die graphischen Künste und für die Plastik, zum Teil auch für die Anfänge unserer Kunst, namentlich für die dekorative Plastik der Langobarden. Diese Erwerbungen, die zumeist mit dem älteren Bestande im Kaiser Friedrich⸗Museum vereinigt worden sind, lassen sich aber nur als der Anfang eines Deutschen Mufeums bezeichnen. Ein solches soll durch seinen Inhalt und seine Aufstellung den Grundcharakter der deutschen Kunst und den Zusammenhang ihrer verschledenen Entwicklungestadien klarlegen, soll den Genuß daran und das Verständnis dafür fördern, und zwar in ganz anderer Weise, als es bisher möglich war; es soll, dadurch zugleich die , n. der deutschen Kunstgeschichte unterstützen und der bisher nur kümmerlich bedachten Publikation ihrer Monumente, die mit der Bildung des Museums Hand in Hand gehen muß, zu Hilfe kommen.

In einem solchen Museum hat die primitive Kunst der deutschen Stämme in den Jahrhunderten während und nach der Völkerwanderung ihren Platz zu finden. Von der deutschen Kunst des früheren Mittel alters wird, foweit Originale nicht zu beschaffen sind, namentlich durch erf der wenigen hervorragenden Werke der sächsischen und fränkischen Plastik ein Bild jzu geben sein. Die bürgerliche Kunst deg 15. und 15. Jahrhunderts: die zu reicher Blüte gelangte Malerei in Süddeutschland und in den Niederlanden, wie die , . und die köstliche Kleinkunst, wird sich durch geschmackvolle Zusammen⸗⸗ ,, der zahlreichen Originale in unserem Besitz und durch richtige

ervollständigung derselben zusammen mit einer kleinen Zahl wirkungs⸗ voller Ausstaitungsstücke in verschiedenen Räumen von intimer Wirkung ebensogut zur Geltung bringen lassen, wie die Kunst der deutschen Spätrenaissance mit ihrem eigentümlichen Ornamentstil und der wirkungsvolle deutsche Barock in ein paar stattlichen Sälen mit dem Monument des Großen Kurfürsten als Mittelpunkt, endlich die köstliche dekorative Kleinplastik in Porzellan, wie sie sich an den ver⸗ schiedensten Stellen Deutschlands zwar im Anschluß an die monu⸗ mentalere Plastik Frankreichs, aber durchaus eigenartig national entfaltet hat, in eln paar galerleartigen Räumen, in solches Deutsches Museum wird eine gn von einzelnen Schönheiten dar⸗ ßieten Und in ber Gefamterschelnung von der deutschen Art in der Kunst erst ein anschauliches, richtiges Bild zu geben imstande sein. Es wird! durch die Erkenntnis der deutschen Eigenart zugleich zur Läuterung und Förderung unserer modernen Kunst beitragen, sie anregen und veredeln helfen. .

Man wird fuchen müssen, diesen Neubau, der bei einer Grund⸗ fläche von 70 0 40 m dauernd genügend Platz für die ältere deutsche Kunst bieten wird, möglichst in unmittelbare Verbindung mit dem Kaiser Friedrich- Museum zu bringen, da ein Museum für ältere deutsche Kunst nicht zu denken ist ohne die deutschen und wohl auch die altniederländischen Gemälde, und da diese anderseits räumlich nicht von dem übrigen Teile der Gemäldegalerie getrennt werden

dürften.

V. Ausscheidung einer National Porträtgalerie

aus der Nationalgalerie.

Für die Nationalgalerie wird dem dringendsten Raummangel da⸗ durch abgeholfen werden könneng daß die historischen Porträts (je nachdem unter Hinzunghme von Darstellungen aus der deutschen Ge⸗ schichte) als besondere National ⸗P orträtsammlung in anderweit berfügbaren Räumen untergebracht werden. Für einen Erweiterungs⸗ bau würde auf der Museumsinsel Raum nicht mehr vorhanden sein.

VI. Betrifft kleinere Bauten und Allgemeines.

Bei der Erweiterung der Bauten auf der Museumsinsel wäre an geeigneter Stelle und den Besuchern recht in die Augen fallend ein Verkaufelokal für die Gipsformerei einzurichten. Auch wird für einen

Erfrischungsraum gesorgt werden müssen, ; Vle Bauten auf der Museumginsel, wie sie hier vorgeschlagen ͤ nd, würden einen großen einheitlichen Museumskomplex, ähnlich dem

ergeben. Ez würde eine Verbin⸗

ĩ . und dem British Museum, ; Alten Museum bis zum Kaiser

dung derselben untereinander, vom i 8 ird enn hergestellt werden und doch zugleich die Selbst⸗ ständigkeit jedes einzelnen Baues gewahrt hleiben können. Die Mög⸗ lichkeit einer Erweiterung innerhalb dieses Komplexes in weiter Zu⸗ kunft wäre nicht ausgeschlossen. Eine solche würde durch den Aufbau zweiter Stockwerke, wo solche fehlen, sowie durch die Verwendung des Speichergrundstücks gefunden werden können.

VII. Museum der asiatischen Kunst und Kultur. Reubauten bei dem Mufeum für Völkerkunde.

Für ein Museum der asiatischen Kunst wird der Platz auf der Muscumginsel nicht mehr vorhanden sein; er läßt sich aber an anderer Stelle und voraussichtlich in einem älteren Museumt gebäude, wenn dasselbe teilweise frei werden wird, finden. Die islamische Sammlung mit der Fassade von Mschatta, einem Monument, wie wohl nie ein an Bedeutung und Umfang ähnliches in ein europäisches Museum wieder kommen wird, kann im Kaiser Friedrich Museum nur noch kurze Zeit beherbergt werden, zumal diese Sammlung, deren Bildung eben erst begonnen ist, wesentlich erweitert werden muß. Neben der vorderaffatisch⸗islamischen Kunst muß aber hinfort auch die alte chinesische und japanische Kunst bei uns gesammelt werden. Während der Wert der persisch . Kunst und ihre Einwirkung auf die eurorälsche Kunst längst anerkannt ist, weiß man in welteren Kreisen kaum, daß vie Kunst Ostasiens die des Rokoko, ja zum Teil auch schon die des Barock wesentlich beeinflußt hat, daß sie die Quelle der ganzen Kunst Asiens durch Jahrtausende gewesen ist und dadurch indirelt auch auf die europälsche Kunst eingewirkt hat. Ihr absoluter Wert ist bei uns bisher so gut wie unbekannt, da echte Werke der altasiatischen Kunst bisher nur ganz spärlich zu uns in öffentliche Sammlungen gekommen sind. Bei der Stellung, die sich Ostasien jetzt auch politisch und kulturell wieder ju erringen im Begriff stebt, wokrd die Bildung einer Sammlung der echten alten Kunst dieser Länder eine hervorragende Aufgabe unserer Museen werden.

leben sich besonders frisch aus alter Zeit erhalten hat.

Für diese Sammlungen der vorder⸗ und hinterasiatischen Kunst ist, wie gefagt, ein Platz auf der Museumsinsel nicht mehr zu finden. Der Un] k daß im Museum für Völkerkunde die asiatische Ab= teilung Verwandtes sammelt, und daß auch das Kunstgewerbe⸗ mufeum eine Abteilung kunstgewerblicher Arbeiten sowohl von Vorderasien wie von Hinterasten besitzt, läßt es wenn auch andere Gründe für ihre Verbindung mit der antiken und der vorderafiatischen Kunst sprechen, doch erwünscht erscheinen, in der Nähe dieser Museen oder in Verbindung mit ihnen den Platz für diese neuen Sammlungen zu finden. Im Kunstgewerbemuseum oder im Anschluß daran ist kein Raum mehr vorhanden; dagegen ließe sich solcher im Museum für Völkerkunde schaffen, wenn ein größerer Teil seiner Sammlungen an anderer Stelle ein neueg Heim fände. Das außerordentliche Anwachsen sämtlicher Sammlungen des Museums für Völkerkunde macht dies, auch abgesehen von der Unterbringung der asiatischen Kunstabteilungen, zur gebieterischen Notwendigkeit, sodaß der big⸗ herige, in der Denkschrift vom 9. März 18904 erörterte Plan, die Erweiterung im Anschluß an den bisherigen Bau zu suchen, sich nicht aufrechterhalten läßt. Denn ein solcher Anbau, der nur in dem Parke Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht möglich wäre, würde wegen der außerordentlichen Kosten des Grund und Bodens auf einem nur kleinen Baugrundstück und daher durch sechtz Stock⸗ werke ausgeführt werden müssen. Ein solcher Bau würde aber, ab- gesehen von dem Mangel an Uebersichtlichkeit und der Abneigung des Publikums gegen den Besuch höherer Stockwerke in den Museen, wie der großen Feuergefährlichkeit, den Bedürfnissen der Sammlungen nur fehr unbollkommen und keinesfalls auf längere Zeit entsprechen. Haben sich diese doch seit der Eröffnung deg Museums so sehr ver= mehrt, daß sich in zwanzig Jahren die Zahl der Gegenstände etwa

i fc, hat. Nun ift eg freilich gewiß wünschenswert, daß ein beträchtlicher Bruchtell des jetzigen Bestandes als Dubletten ausge schieden oder als Studiensammlung gedrängt aufgestellt wird, und daß bei weiterem Sammeln möglichst kritisch vorge⸗ gangen wird. Allein gerade der Kolonialbesitz des Deutschen HRteichs umfaßt in Afrika und Ozeanien ethnographisch ganz hervor- ragend wichtige Gegenden, deren bisher zu sehr versäumte , . liche Erforfchung und systematische Ausbeutung für unsere Museen eine dringende Pflicht ist. Ebenso hat die prähsstorische Abteilung eine bisher sehr vernachlässigte Aufgabe in der Sammlung einschlägiger Altertümer aus den Ländern außerhalb Deutschlands. Würde schon dafür der geplante Anbau keinen Raum mehr bieten, so würde sich hier auch die als dringend notwendig erkannte Scheldung der Samm- lungen des Museumß für Völkerkunde in eine Schausammlung und eine damit in unmittelbarer Verbindung zu belassende Lehrsammlung nicht durchführen lassen. ;

In dem jetzigen Museum für Völkerkunde, in dem die neuen Sammlungen der west⸗ und ostasiatischen Kunst Platz finden würden, müßten auch die ethnologischen asiatischen Abteilungen verbleiben und in paffender Verbindung mit jenen asiatischen Kunstsammlungen auf⸗ gestellt werden. Auch würde zu prüfen sein, ob nicht ein Uebergang zwischen diesem Gebäude und dem benachbarten Kunstgewerbemuseum hergestellt werden kann, damit die kunstgewerblichen Sammlungen Asieng in diesem Museum in unmittelbare Verbindung gebracht würden mit den Sammlungen der asiatischen Kunst und Kultur im jetzigen Museum für Völkerkunde.

Dagegen erscheint die auch von den meisten Fachleuten dringend empfohlene Verlegung der übrigen Sammlungen des Museums für Völkerkunde nach Dahlem aus allen den obigen Gründen geradezu geboten, zumal die Verbindungen dieses Vorortkes mit dem Zentrum der Stadt schon jetzt sehr gute sind und mit jedem Jahre besser und jahlreicher werden. Dort würde es möglich sein, jede der verbleibenden Hauptabteilungen des Museums für Völkerkunde, die afrikanische, die dzeanische, die amerikanische und die vorgeschichtliche, in einzelnen Ge⸗ bäuden unterzubringen, die ein- oder höchstens jweistöckig sein würden und in Eisenkonstruktion herzustellen wären. .

Solche Neubauten in Dahlem würden den ethnologischen und verwandten Sammlungen für alle Zeiten augreichenden Platz hieten. Bei einer Umgestaltung des jetzigen Museums für Völkerkunde in ein Asiatischeß Museum und der Herstellung eines Verbindungsbaues mit dem Kunstgewerbemuseum würde für die Kunst⸗ und Kultursammlungen Asiens genügender Raum vorhanden sein; ja es ließe sich für absehare Zeit im Oberstock auch der Platz finden, um dort die verschiedenen, jetzt dort magazinierten anthropologischen , ,. Berlins, die der Anthropologischen Gesellschaft, dem Museum für Völkerkunde, der Virchow⸗Stiftung und Professor von Luschan gehören, aufiustellen und dem Publikum zugänglich zu machen. .

er gewiß nicht zu unterschätzenden Gefahr des Anwachsens der ethnologischen und verwandten Sammlungen ins Ungemessene wird durch I Scheidung in Schau und Lehrabteilungen erfolgreich be⸗ gegnet werden. Als ein weiteres wirksames Mittel dagegen erscheint eine größere Berücksichtigung der Provinziglsammlungen

auf dem Gebiete der heimischen Prähistorke und der deutschen Volkskunde, die sich

auch aus sachlichen Gründen empfiehlt. Die prähistorische Abteilung der Königlichen Museen sollte sich das Ziel setzen, unter besonderer Betonung aller germanischen Völker die vorgeschlchtlichen Altertümer aller Kulturvölker in ihren mannig⸗ faltigen Typen durch vorzügliche Exemplare nach ihrer formalen und geschlchtlichen Entwicklung vorzuführen. Auf die Ausbeutung des Gre, der einzelnen Prohinzen Preußens nach dieser Richtung sollte aber in Zukunft den öffentlichen Sammlungen der betreffenden Probinzen das erste Anrecht zustehen, wenn auch unter Teil- nahme des Berliner Museumß, dem ein Recht auf die Autwahl von typischen, über den Rahmen der Provinz hinaus bedeutungsvollen Funden zu belassen wäre. In den Provinzen haben die dort gefundenen und meist auch entstandenen Altertümer ihren gegebenen Platz und erwecken dort das meiste Interesse; bier läßt sich auch der ausreichende Raum zu ihrer Aufstellung finden. Roch in höherem Grade gilt das gleiche von den Sammlungen für deutsche Volkskunde; diese sind wirklich lebensfähig und von wahrer Bedeutung nur in den Provinzen, sei es wie wobl in der Regel in der Hauptstadt der einzelnen Provinz oder Landschaft, sei es gelegentlich an dem Platz, wo ein kräftig nn, e.

Hier läßt sich in einem oder einzelnen besonders charakteristischen und gut erhaltenen alten Bauernhäusern und gelegentlich auch alten städtischen Bauten bon der Kulturentwicklung der betreffenden Provinz ein geschlossenes, klares Bild geben. Ein großes Zentralmuseum derart in Berlin würde dagegen notwendig zu einem unübersehbaren Konglomerat der jahlreichen charakteristischen Bauten der ver— schiedenen Probinzen und Landschaften. welche diesen ent- zogen werden müßten; anwachsen, und in ihm würde sich eine Ueberfülle der verschiedensten Trachten, Geräte, Werkieuge usw. zur Darlegung der Entwicklung des Handwerks, des Koflüms, des Hausrats, der Verkehrsmittel usw. aufstapeln, für die schließlich weder der Raum noch die Mittel zu beschaffen wären, und deren augreschende Bewachung unmöglich sein würde. Auch würde eine solche Kolonie von museumsartigen Bauten innerbalb eines großen Parkes, in dem sie allein ju denten wären, den Dörfern“ und Städten‘, wle sie die letzten Weltausstellungen gezeigt baben, be- denklich ähnlich werden und auf die Dauer weder die Schaulust noch ar daz wissenschastliche Intereffe des Publikums fesseln können. was 69 der Beschränkung auf die einzelnen Prodinzen sebr wobl möglich ist. Cine Kräftigung und Vermehrung der Prodinzial-, Fädttschen