1907 / 63 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 11 Mar 1907 18:00:01 GMT) scan diff

Auf Ihren Bericht vom 21. Februar 1907 will Ich dem Kreise Minden, welcher die Genehmigung zum Bau und Betriebe einer Kleinbahn von Eickhorst nach Lübbecke im Anschluß an die bereits bestehende Kleinbahn von Minden nach Eickhorst erhalten hat, das Enteignungsrecht zur Ent⸗ kichung und zur dauernden Beschraͤnkung des für diese An⸗ age in Anspruch zu nehmenden Grundeigentums verleihen. Die eingereichte Karte erfolgt zurück.

Berlin, den 2. Februar 1907.

Wilhelm R. Breitenbach. An den Minister der öffentlichen Arbeiten.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.

Den Privatdozenten in der medizinischen 4e, ., der Universität zu Königsberg i. Pr. Dr. Egbert Braatz, Dr. Otto Weiß und Dr. Alexander Ellinger, dem Privat⸗ dozenten in der medizinischen Fakultät der Universijät zu Breslau Dr. Wilhelm Ercklentz und dem Privatdozenten in der philosophischen und , Fakultät der Universität zu Münster Dr. Ludwig Schmitz⸗Kallenberg ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Der außerordentliche * f Dr. Jo sef Pompecki zu Königsberg i. Pr. ist in gleicher Eigenschaft in die philo—⸗ ee f. Fakultät der Universität zu Göttingen versetzt worden.

Ai Schullehrerseminar zu Proskau sind die kommissari⸗ schen Seminarlehrer Neumann und Kruppa als ordentliche Seminarlehrer,

am Schullehrerseminar zu Pölitz ist der Mittelschullehrer Gerlach aus Mühlhausen i. Thür. als ordentlicher Seminar⸗ lehrer angestellt worden.

Ministerium des Innern.

Dem Landrat Petersen ist das Landratsamt im Kreise Fischhausen übertragen worden.

Hauptverwaltung der Staatsschulden.

Bekanntmachung.

Die am 1 April 1907 fälligen Zinsscheine der preußischen Staatsschul den werden vom 21. März ab ein gelöst

durch die Staatsschuldentilgungskasse in Berlin,

W. 8, Taubenstraße 29, Seehandlungshauptkasse in Berlin, W. 56, Markgrafenstraße 46a, ö ö. . ef in Berlin, W. 56, Jäger⸗ raße 34, sämtliche Reichsbankhauptstellen und Reichsbank⸗ stellen und sämtliche mit Kasseneinrichtung versehene Reichsbank⸗ noebenstellen, „saämtliche Regierungshauptkassen und Kreis kassen, „sͤmtliche Hauptzoll⸗ und Haupisteuerämter und durch alle den Hauptzoll⸗ und Hauptsteuerämtern unter⸗ geordneten Amtsstellen der Verwaltung der indirekten Steuern, sofern die vorhandenen Barmittel die Ein⸗ lösung gestatten.

Die Zinsscheine sind, nach den Wertabschnitten geordnet, den Einlösungsstellen mit einem Verzeichnis vorzulegen, in welchem Stückzahl und Betrag für jeden Kern , e Ge⸗ samtsumme sowie Namen und Wohnung des Einlieferers an⸗ gegeben sind. Von der Vorlegung eines Verzeichnisses wird abgesehen, wenn es sich nur um eine geringe Anzahl von Zinsscheinen handelt.

DOie gahlung der am 1. April 1907 fälligen 3 det in das Staatsschuldbuch eingetragenen order ungen erfolgt im Wege der Zusendung durch die Post und im Wege der Gutschrift auf den Reich s⸗ bankgiro konten der Empfangsberechtigten zwischen dem 18. Mãrz und 8. April; die Barzahlung bei der Staats— schuldentilgungskasse und der Reichsbankhauptkasse in Berlin beginnt am 18. März, bei allen anderen Zahlstellen am 25. März.

Die Staatsschuldentilgungskasse ist am 27. März für das Publikum geschlossen, während sie am 28. März von IL bis 1 Uhr und an den übrigen Werktagen, auch am 30. März, von 9 bis 1 Uhr geöffnet ist.

Die Inhaber preußischer Konsols machen wir wiederhslt auf die „Amtlichen Nachrichten über das Preußische Staats schuldbuch“ auf merksam, die bei dem Königlichen Staatsschuldbuchbureau in Berlin SW. 68, Oranienstraße 92/94, unentgeltlich in Empfang genommen werden können.

Berlin, den 4 März 1907.

Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Bitter.

Aichtamtliches.

Deutsches Reich.

Pren fen. Berlin, 11. März.

Seine Majestät der Kaiser und König konferierten heute vormittag, W. T. B.‘ zufolge, mit dem Reichskanzler Fürsten von Bülow und hörten im hiesigen Königlichen Schlosse den Vortrag des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats Dr. von Lucanus.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin haben Allergnäbigst geruht, der Ersten Ehrendame des Friedrichs⸗ ftift⸗ in Steglitz, Fräulein Luise Koellner in Berlin das silberne Frauen⸗Verdiensikrteuz am weißen Bande zu verleihen.

Laut Melbung bes, W. T. B.“ ist S. M. S. „Luchs“ am 8. März von YVschinliang nach Schanghai in See ge⸗ gangen.

S. M. S. „Loreley“ ist am 6. März in Jaffa und am 7. März in Haifa eingetroffen.

S. M. S. „Condor“ ist vorgestern in Sydney ein⸗ getroffen, um dort zur Ausführung von Reparaturen bis Mitte Mai zu bleiben.

Der aus reisende Ablösungstransport für S. M. S. „Cond or ist mit dem Reichspostbampfer „Yorck“ am 8. März in en Said , , und hat an demselben Tage die Reise über Suez nach Aden fortgesetzt.

Posen, 10. März. Nachdem die zum 39. Provinzial⸗ landtage der Provinz Posen versammelten Stände gestern ihre Arbeiten beendet hatten, hielt der Königliche Landtags⸗ kommissar, Oberpräsident von Waldow, folgende Schluß— ansprache an die Abgeordneten:

Hochgeehrte Herren! Die Verhandlungen unseres diesjährigen Provinziallandtages sind beendet. Gine große Zahl jum Teil recht umfangreicher und schwieriger Vorlagen ist Dank Ihrem Gffer und Ihrer Arbestsfreudigkelt in verhältnismäßig kurzer Jeit erledigt worden. Die eingehende und sachkundige Beratung, die Sle dem von der Königlichen Staatsregierung unterbrelteten Ent⸗ wurf einer Wegeordnung für unsere Provinz gewidmet haben, wird sich, wie ich hoffe, für die gesetzliche Regelung des Wegewesens der Provinz förderlich erweisen. Mit vollem Verständnis für die Beduͤrfnisse der Provinz haben Sie die Mittel für die weitere Ausgestaltung der provinziellen Ginxichtungen und für die Förderung des Wegebaues bewilligt. Der bedeutsame Beschluß, durch den der Übergang der Chausseen auf die Kreise von neuem in Anregung gebracht ist, wird nunmehr hoffentlich zu dem erwünschten Ziele führen. Die von Ihnen beschlossene neue Fassung des Milzbrandentschädigungs⸗ reglements wird der Genehmigung der Herren Minister unterbreitet werden. Die Einmütigkeit, mit der Sie die Vorlagen des Herrn Landeshauptmanns in allen wesentlichen Punkten angenommen haben, legt in erfreulicher Weise Zeugnis davon ab, daß Sie die Grundsätze, nach denen die Verwaltung des Provinzialverbandes geführt wird, billigen. Sie werden mir deshalb gern zustimmen, wenn ich dem .. Landeshauptmann für seine aufopfernde und verdienstvolle Tätigkeit lebhafte Anerkennung und herzlichen Dank ausspreche. Nicht minder gilt dieser Dank Ihnen, Herr Landtags— marschall, für die umsichtige und geschickte Leitung der Verhandlungen, die zu dem schnellen und glatten Verlaufe der Tagung wesentlich bei⸗ getragen hat. Bei Ihrem Scheiden, hochgeehrte Herren, rufe ich Ihnen ein herzliches Lebewohl zu und gebe der Hoffnung Augdruck, daß aus Ihren Entschließungen für die Entwickelung der Provinz reicher Segen erwachsen möge. Im Namen Seiner Majestät des Kaisers und Könkgs erkläre ich den 39. Provinziallandtag für

geschlossen. . Der Landtagsmarschall, Kammerherr Freiherr Den Dank, den

Schlichting entgegnete hierauf:

Hochverehrter Herr Landtags kommissarius! Eure Exzellenz unserer Tätigkeit in dem 39. Provinziallandtage soeben die Güte hatten zu widmen, darf ich im Namen der Mitglieder des⸗ selben nur erwidern und Eurer Exzellenz sagen, wie so überaus wohlwollend und fördernd das Eingreifen des Herrn Landtags⸗ kommissars in unsere Arbeiten gewesen ist. Von der Wegeordnung, der wir uns im Sinne der Vorschläge der Königlichen Staatä— regierung angeschlossen haben, hoffen auch wir, daß sie die Lücken ausfüllen wird, die bisher auf diesem Gebiete bestanden haben. Von dem Beschluß, betreffend die Uebernahme der Chausseen auf die Kreise, erhoffen wir nicht nur eine segensreiche Förderung der Selbstverwaltung, sondern auch eine Sanierung der Finanzlage unserer Provinz. Der dritte, besonders wichtige Beschluß, die neue Fassung des Miljibrandreglements, wird Unklarheiten befeitigen, die bisher bestanden, und ebenso eine gerechte Bemessung der Entschädigungen schaffen, wie, die finanziellen Mittel berück— sichtigen, die, obne die Kräfte der Bewohner unserer Pro⸗ binz zu übersteigen, zur Verfügung gestellt werden können. So lassen Ste ung, meine hochgeehrten Herren Mitstäͤnde, nun in unsern heimatlichen Beruf zurückkehren und unsere Arbeiten mit dem Ruf schließen, mit dem wir sie begonnen haben: Seine Majestät unser Allergnädigster Kaiser, König und Herr lebe hoch, hoch, hoch!

Die Versammlung stimmte in diesen Ruf lebhaft ein und trennte sich sodann.

Münster, 19. März. Der hier tagende 48 Provinzial—⸗ landtag der Provinz Westfalen ist gestern nach Er— ledigung seiner Arbeiten durch den Königlichen Landtags⸗ kommissar, Oberpräsidenten der Provinz Westfalen, Staaks— minister Freiherrn von der Recke in herkömmlicher Weise mittels folgender Ansprache geschlossen worden.

Nach esner arbeitsreichen Woche beenden Sie heute, meine hoch⸗ geehrten Herren, die Geschäfte des 48. Provinziallandt igs. Sie haben alle die Vorlagen, die den Ausbau oder die Verwaltung der r, betrafen, genehmigt, die Reuregelung der Be⸗ oldungsverhältnisse der Probinzialbeamken in die Wege geleltet, in der Frage der Neuveranlagung der Grundsteuer einen ihren Schwierigkeiten Rechnung tragenden Beschluß gefaßt, auch, wie im Vorjahre, erneut Ihrer Sympathie für die weitere Entwicklung des ländlichen Foribildungeschul⸗ wesens Ausdruck gegeben. In der Angelegenheit der Förderung des genoffen⸗ schaftlichen Talsperrenhaues steht Ihre endgültige Entscheidung Über eine finanzielle Unterstützung noch aus; immerhin haben ihre Ver⸗ handlungen darüber eine erfreuliche Klärung herbeigeführt. Mit dem Wunsche, daß Ihre Beschlüsse der Probinz zum Segen gereichen, danke ich Ihnen Namens der Königlichen Staatsregierung für die Treue, mit der sie Ihre Tätigkeit den Aufgaben dieser Tagung ge— widmet haben, und erkläre im Allerböchsten Auftrage den 48. west⸗ fälischen Provinziallandtag für geschlossen.

Hierauf ergriff der Vorsitzende des Landtags, Seine Exzellenz der Wirkliche Geheime Rat Freiherr von Lands⸗ berg das Wort und brachte zum Schluß ein dreifaches Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, in das die Mitglieder des Provinziallandtags lebhaft einstimmten.

Düsseldorf, 10. März. Der 47. Rheinische Pro⸗ vinziallandtag ist gestern von dem Königlichen Landtags— kommissar, Oberpräsidenten der Rheinprovinz, Kammerherrn Dr. Freiherrn von Schorlemer nach voraufgegangenem Gottesdienst im hiesigen Ständehause mit folgender Ansprache eröffnet worden:

Hochgeehrte Herren! Den durch Seine Majestät den Kaiser und König zur 47. Tagung einberufenen Propinziallandtag der Rheinprovinz habe ich die Ehre namens der Königlichen Staatz regierung zu begrüßen. Auch ia dem vergangenen Jahr ist. unsere Problnz durch den wiederholten Besuch unseres er—⸗ habenen Herrschers beglückt worden. Vor allem werden jene sonnigen, Herbsttage unvergessen bleiben, an denen Seine Majestät der Kaiser zahlreiche, durch Lage, Alter und Ge⸗ schichte hervorragende Orte unserer Provinz zur größten Freude der Bevölkerung mit Allerhöchstihrem Besuche beehrt und ins⸗ besondere in unserer herrlichen Eifel Gelegenheit gefunden haben, die Schönheiten dieses Gebirgalandeg kennen ju lernen und von dem wirtschaftlichen Aufschwung Allerhöchstsich zu über— jeugen, den dieser Bezirk nicht zum mindesten der tat⸗ kräftigen Unterstützung des Provinzialverbandes zu verdanken hat. Auch unsere Provinz hat mit innigstem Dank gegen Gott von ganzem Herien in den Jubel eingestimmt, daß unserem erlauchten Kronprinzen⸗ paar ein Sohn, dem Kaiser ein Enkel und Erbe der preußischen Fönige krone geboren ward

ie durch den Beginn einer neuen Wahlperiode bedeutsame 47. Tagung des Provinztallandtags läßt in Ihrer Mitte eine Reihe

von

hochangesehener Männer vermissen, deren aufopfernde Pflichterfi und 5 an die Interessen der Provinz ung zur ere gn barkelt, verpflichten und zur Nachelferung anspornen muß. Wen wir hierbei trauernd derjenigen Abgeordneten gedenken, die uns durch den Tod entrissen sind, so steht uns vor allem das Bild desjenigen auch vor Augen, der vor mir durch 15 Jahrzehnte an der Spitz der, staatlichen Verwaltung ber Rheinprovinz gestanden hat und deren bielveriweigte Interessen mit weitschauendem Blick und rastloser Tat. kraft zu fördern bestrebt war. Ich darf wohl auch in Ihrem Namen der Versicherung Ausdruck geben, daß die Rheinprobinz ihrem früheren Oberpräsidenten, Exzellenz von Nasse ein treues und dankbares An⸗ 2 e g i a en jahlreichen, mehr als ein Drittel Ihrer Gesa

bildenden neuen Abgeordneten spreche ich den Wunsch aut, . etreu den langjäbrigen Tradittonen des Rheinischen Landtags der

olidarität der ländlichen und Hö, Interessen sich bewußt bleiben und gemeinsam mit den bisherigen Vertretern neben den materiellen Aufgaben unseres großen Gemeinwesens auch deffen be⸗ rechtigte ideelle Interessen in opferwilliger Weise zu pflegen berelt . r iten der Königlich

on seiten der niglichen Staattreglerung werden

Vorlagen von größerer Bedeutung diesmal nicht unterbreitet . Im Vordergrunde Ihrer Beratungen wird neben der Wahl dez Vorsitzenden des Provinzialausschusfses die Festste l lung des. Haushaltsplanes, stehen, dessen gründliche Vor bereitung von der bewährten Sachkunde Ihrer Verwaltung wiederum Zeugnis ablegt. Trotz des gebotenen weiteren Ausbaus) er provinziellen Einrichtungen wird es sich ermöglichen laffen, di fast auf allen Gebieten wachsenden Anforderungen an die Provinzlal⸗ verwaltung, insbesondere auf dem Gebiete der e ,, der Armenpflege und der Unterhaltung der Provinnalstraßen mit dem bisherigen Projentsatz der Provinzialabgabe Von den Fsonstigen Vorlagen des Provinzialauschusses nimmt Ihre beson dere Aufmerksamkeit in Anspruch, die Beratunm , . Maßnahmen, welche die mit der Bevöllerungsziffer be allen Neuwahlen steigende Zahl der Abgeordneten bedingt. Nicht minder wichtig und der Entscheidung in der gegenwärtigen Tagung bedürftig erscheint die dem Be n des letzten Propinziallandtagz entsprechende Vorlage über den Neubau einer welteren Provinzial, Heil- und Pflegsanstalt, welche dem jährlich wachsenden Bedür, nisse an geeigneter Unterbringung der Geisteskranken für eine Reihe hon Jahren genügen soll. In gleichem Maße dürften Sie die Vorschlãage interessieren, welche Ihnen der Provinzialausschuß zu der seit langem gebotenen Erweiterung der Räume des Pro vinzialmufeumz in Bonn und zur würdigen Aufstellung der wertvollen Wesendonkschen Gemäldegalerie daselbst zu machen hat.

Mit dem herzlichen Wunsche, daß auch Ihre diesjährigen Be= ratungen und Beschlüsse der Rheinprobinz zum Segen gereichen, er, kläre ich im Auftrage Seiner Majestät des Kaisers und Königs den 47. Rheinischen Provinziallandtag für eröffnet.

Darauf fand die Wahl des Vorsitzenden des Provinzial— landtags und seines Stellvertreters statt. Zum Vorsitzenden des Provinziallandtags wurde der Wirkliche Geheime Rat und Oberbürgermeister der Stadt Cöln Becker und zum Stellvertreter der Schloßhauptmann und Kammerherr Graf von Fürstenberg-Stammheim gewählt.

zu bestreiten.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Der Stand der Ausgleichsverhandlungen zwischen der österreichischen und der ungarischen Regierung wird in Budapest als günstig bezeichnet. Bezüglich der indirekten Steuern auf Zucker, piritus, Bier und Petroleum ist, wie der Pester Lloyd“ meldet, grund— säßzlich eine getrennte Verwaltung ausgesprochen; in welcher Weise die Verzollung der eingeführten Produkte bei dem Eintritt über die Grenze des anderen Staates durch— geführt werden soll, ist noch unbestimmt, ebenso liegt noch nichts Authentisches darüber vor, ob der Auß— gleich auf eine längere Dauer als bis 1917 abgeschlossen werden wird.

Großbritannien und Irland.

Wie das „W. T. B.“ meldet, führte der Erste Lord der Admiralität, Lord Tweedmouth in einer Rede, die er vor—⸗ estern in Oxford hielt, aus, daß England keinerlei Absicht . seine Seemacht zu schwächen, daß es vielmehr in der Zukunft wie in der Vergangenheit ohne Rücksicht auf die Kosten an dem Zwei-Mächte-Standard festhalten

werde. Frankreich.

Der Präsident Fallisres hat, „W. T. B.“ zufolge, ein Dekret, betreffend die Bildung einer Kommission, unterzeichnet, die mit der Veröffentlichung der auf den deutsch⸗fran⸗ zösischen Krieg von 1870/71 bezüglichen Dokumente beauftragt wird.

Im vorgestrigen Ministerrat gab der Minister⸗ präsident Clemenceau bekannt, daß er sich mit dem Seine⸗ präfekten und dem Militärgouverneur von Paris über Maß— nahmen, um von Sonnabend ab die Tätigkeit der Elek— trizitätswerke zu sichern, geeinigt habe. Der Minister Viviani erklärte sich bereit, als Abschluß der Bera— tungen über den wöchentlichen Ruhetag eine ver— mittelnde Erklärung anzunehmen, die das Prinzip des Gesetzes anerkennt und der Regierung die Wahl des Zeit— punktes überläßt, um die 9 zu prüfen, deren Gegenstand einige Artikel des Gesetzes sind. Der Justiz minister Guyot⸗Dessaigne legte die Motive zu dem Ent— wurf des Beamtengesetzes dar, das zu Beginn der nächsten Woche in der Deputiertenkammer eingebracht werden wird. Der Kriegsminister Picquard teilte die Maßnahmen mit, die nach einer vorgenommenen Untersuchung gegen mehrere Offiziere ergriffen wurden, die bei Zwischenfällen zwischen Offizieren und Unteroffizieren des 2. Artillerieregiments in Grenoble beteiligt waren. Der Ministerrat beauftragte schließlich die Minister Picquart und Viviani mit den Vorarbeiten für eine neue Gesetzgebung bezüglich der Haft— pflicht des Staates bei Unfällen, denen Militär⸗ per sonen im Dienst oder bei Gelegenheit des Dienstes zum Opfer gefallen sind.

Rußland.

In der Reichsduma fand vorgestern die Wahl der fünf Untersekretäre statt. Nach dem Bericht des W. T. B.“ drangen wiederum die Kandidaten der links— stehenden Parteien und zwar 2 Kadetten und 3 Sozialisten durch. Im weiteren Verlaufe der Sitzung nahm die Duma mit allen gegen eine Stimme die von der ersten Duma auf—⸗

estellte Geschäftsordnung wieder an. Sodann wurde be— chlossen, zur Prüfung der Mandate überzugehen, zu welchem Zwecke elf Abteilungen gebildet wurden. Darauf wurde die

itzung veschlossen. In Anbetracht der für die Prüfung der Mandate nötigen Vorarbeiten wird die nächste Sitzung nicht vor Mittwoch stattfindeꝝn.

serbischen Regierung in

Spanien.

Die Corteswahlen sind, W. T. B.“ ufolg im all⸗ emelnen ruhig verlaufen. Nur an einzelnen Orten sind Ruhestörungen vorgekommen. Wegen falscher Stimmabgabe sind einige erhaftungen vorgenommen worden.

Portugal. Der König von Sachsen wohnte, „W. T. B.“ zufolge, vorgestern mit dem König und dem Kronprinzen von ortugal militärischen Uebungen bei. Abends fand im Vdc juda ein Galadiner statt, bei dem zwischen den beiden Monarchen Trinksprüche gewechselt wurden.

Serbien.

Der österreichisch⸗ungarische Gesandte in Belgrad hat am reitag voriger Woche dem Ministerpräsidenten Paschitsch die ntwort Hesterreich⸗Ungarns auf die letzte Note

Serbiens bezüglich der Handels beziehungen zwischen beiden Ländern überreicht. Nach einer Meldung des W. T. B.“ besagt die Note, die vorgestern im Ministerrat derlesen wurde, daß Oesterreich⸗Ungarn die von der ihrer letzten Note vorgeschlagene Grundlage für die Handelsvertragsverhandlungen akzeptiere und daß der Umstand, daß die Verhandlungen auf der rüheren Basis nicht aufgenommen werden konnten, deren Fort⸗ f ung auf einer neuen Basis nicht hindere. Ferner . die österreichisch⸗ungarische Regierung der Hoffnung Aus⸗ druck, daß die serbische Regierung bei Staatslieferungen die Industrie Oesterreich⸗Ungarns bei gleichem * und gleicher Aualität berücksichtigen werde. Nachdem Oesterreich⸗Ungarn die rumänischen und bulgarischen Delegierten zur Aufnahme der Verhandlungen bereits eingeladen habe, werde sie auch die serbische Regierung zur Fortsetzung der Handelsvertrags—⸗ verhandlungen einladen. .

Die Skupschtina hat vorgestern, obiger Quelle zu⸗ folge, einstimmig im Fring die Regierungsvorlage, be⸗ eigen den Nachlaß der Agrarschuld der durch den Berliner Vertrag Serbien angegliederten Gebiets— teile, angenommen.

Bulgarien.

Die Sobranje hat vorgestern, laut Meldung des „W. T. B.“ in dritter Lesung den außerordentlichen Militär— kredit von 32 Millionen Lei angenommen und dem Ministerrat das Recht, über die Einzelheiten der Bestellungen Bestimmungen zu treffen, übertragen.

Amerika.

Nach einer Meldung des W. T. B.“ hat eine Ab⸗ teilung nicaraguanischer Truppen am vergangenen Freitag ein in Tuguare stehendes Kavallerie⸗Detachement hondurasscher Truppen angegriffen, ist aber nach dreistündigem Kampfe nahezu aufgerieben worden.

Asien.

Wie die „Daily Mail“ meldet, macht sich in Jesd eine starke Bewegung gegen die Parsis und die Christen geltend, weshalb viele von diesen die dortige , verlassen.

Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ zieht Japan alle Truppen aus der Mandschurei zurück bis auf 15 000 Mann zur Bewachung der Eisenbahn.

Die Konsuln der fremden Mächte in Mukden haben energisch Widerspruch gegen die Nichterledigung der Frage der Likinzölle erhoben.

Afrika.

In dem am Donnerstag voriger Woche stattgehabten Gefechte der scherifischen Mahalla gegen die Beni— Aros trieb die Mahalla, der „Agence Havas“ zufolge, die Aufständischen vor sich her, verbrannte sieben Dörfer und zog sich dann in ihr Feldlager zurück. Von den Aufrührern sind 20 Mann gefallen, mehrere wurden gefangen. Am folgenden Tage nahm die Mahalla wieder ihre Angriffsbewegung auf. Raisuli befindet sich nicht bei den Aufstäͤndischen, er soll sich nach Tarizont geflüchtet haben.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die vorgestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

Der Reichstag setzte in seiner heutigen (15. Sitzung, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. Graf von Posa⸗ dowsky⸗Wehner und der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nie berding beiwohnten, die Besprechung der Interpellation der Abgg. Trimborn und Genossen wegen der Fortführung der sozialpolitischen Gesetzgebung (Rechtsfähigkeit der Be— rufsvereine, kleiner Befähigungsnachweis, Ausverkaufswesen, Arbeitszeit für Fabrikarbeiterinnen, AÄrbeitskammern) fort.

Abg. Dr. Mug dan (fr. Volkwp): Der Interpellant sprach mit großem Stolz von der sozialpolitischen Tätigkeit des Zentrums. Er ist wirklich außerordentlich bescheiden. Das Jahr 1904 und das Jahr 1905 waren in sozialpolitischer Beziehung außerordentlich unfruchtbar und das Jahr 1906 hat keine nennenewerten sozial— politischen Taten gezeltlgt. Das waren drei Jahre, in denen die Zentrumspartei in diesem Hause eine ausschlaggebende Stellung einge⸗ nommen hat, in denen es sozusagen die regierende Partei gewesen ist. Der Interpellant hat uns sehr gering elngeschätzt, wenn er etwa meinte, daß wir danach lechzten, die Höhe des sozlalpolitischen Kurses zu er⸗ reichen, die sich unter der Zentrumsherrschaft gezeigt hat. Wir werden uns nicht damit begnügen, eine papierne Sozialpolitik zu betreiben und unsere sotalpolitische Täugkeit nicht in der Stellung von Anträgen, Inlerpellationen und Resolutionen er⸗ schöpfen, sondern vielmehr verlangen, daß die Klinke der eff eh n ergriffen wird im Interesse derjenigen Forderungen der Arbeiter, der Handwerker, des Mittelstandes, die von allen Seiten als be⸗ rechtigt anerkannt werden.

(Schluß des Blattes.)

Auf der Tagesordnung für die heutige (31) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten Breitenbach beiwohnte, stand nch der mündliche Bericht der Geschäftsordnungs⸗ ommission über das an sie zurückverwiesene Schreiben des Justizministers vom 14. Januar 1907, betreffend die Er⸗ mächtigung ant or Ernst Wittmaack aus Magdeburg und Robert Dornheim aus

eleidigung

zur strafrechtlichen Verfolgung der ver⸗ chen Schriftleiter Arthur Molkenbuhr aus Halle a. S., Erfurt sowie der etwa sonst verantwortlichen Personen wegen; ig i des Abgeordnetenhauses durch den in Nr 145 des „Volksblattes“ (Halle a. S) vom 26. Juni 1906,

in Nr. 145 der „Volksstimme“ (Magdeburg) von demselben 20 bezw. 30 8.

Tage und in Nr. 146 der „Tribüne“ (Erfurt) vom 27. Juni 19066 enthaltenen Artikel „Der Triumph der Wahlrechts⸗

freunde“.

Berichterstatter Abg. Baensch⸗Schmidtlein beantragt namens der Geschäftsordnungskommission, die Genehmigung zur straf⸗ rechtlichen Verfolgung nicht zu erteilen. Es handele sich allerdings um eine schwere Beleidigung und Beschimpfung des Ab der, de,, de. durch den betreffenden Artikel, worin das

bgeordnetenhaus das verachtetste Parlament der Welt genannt werde. Die Geschäftsordnungskommission und das Haus hätten sich in ihrer überwiegenden Mehrheit im vorigen Jahre auf den Stand⸗ punkt gestellt, daß derartige pöbelhafte, alles Maß überschreitende Artikel lb erf hllh in keiner Weise das Abgeordnetenhaus beleidigen könnten, daß es aber, um derartige Pöbeleien für die Zukunft zu ver⸗ hindern, angejeigt sei, solche Fälle dem Strafrichter zu überweisen. Dies mal beständen jedoch gewisse mildernde Umstände insofern, als diese drei Artikel im Juni vorigen Jahres erschienen seien, während der betreffende Beschluß des Hauses erst im Juli erfolgt sei. Infolge⸗ dessen habe die Mehrheit der Kommission beschlossen, diesmal dem Hause zu empfehlen, von einer Strafverfolgung abzusehen; er habe pflichtgemäß diesen Antrag zur Annahme zu empfehlen.

Abg. Dr. Fervers (gentr.): Es handelt sich allerdings in diesem Falle um eine besonders schwere Beleidigung. Abweichend von der bisherigen Praxis, waren wir im vorigen Jahre der Meinung, daß es notwendig sei, in solchen Fällen ein Exempel zu statuieren. Nachdem aber hier gewifsermaßen eine Verjährung eingetreten ist, kehren wir zu der alten Praxis zurück und meinen, daß man nur in Ausnahmefällen von dieser hieb rin, alten Praxis abwelchen sollte. Wir stimmen für den Fommissiongantrag.

Abg. Kreitling (fr. Volksp.): Wir werden auch in Zukunft an unserer bisherigen Praxis festhalten, da wir nicht glauben, daß derartige Beleidigungen das hohe Haus der Abgeordneten überhaupt treffen können.

Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa nnn Wir meinen, daß es durchaus am Platze ist und der öffentlichen Ordnung auch entspricht, wenn Beleidigungen gegen dieses Haus nicht ohne die Sühne bleiben, die jeder Staatsbürger, der die Gesetze übertreten hat, zu geben schuldig ist. Wenn wir gegen den Kommissionsantrag nicht stimmen, so geschieht es nur aus dem Grunde, weil wir der Meinung sind, daß der Fall etwas anders liegt als frühere Fälle, da die Beleidigung zu einer Zeit erfolgte, in der unser Beschluß noch nicht gefaßt war. Aus diesem Grunde nehmen wir augenblicklich von einer Strafverfolgung , D. aber unter Aufrechterhaltung unseres prinzipiellen Stand⸗ punktes.

Abg. Schiffer (ul.): Auch meine politischen Freunde sind nicht gewillt, ein für allemal Straflosigkeit gegen Beleidigungen des Ab—⸗ geordnetenhauses auszusprechen; wir meinen, daß man die Gesetze gegen derartige Beschimpfungen anwenden soll. Ob der vorliegende Fall anders geartet ist als frühere, will ich nicht untersuchen, jeden falls liegen die zeitlichen Verhältnisse des Erscheinens jener Artikel so, daß wir diesmal von einer Strafverfolgung absehen können.

Abg. Peltasohn (fr. Vgg.): Nicht nur aus formalen, sondern aus grundsätzlichen Gründen wollen wir bei unserer bisherigen Praxis bleiben. Der Immunität jedes einzelnen Abgeordneten entspricht . ißf , . gegenüber Aeußerungen, die gegen dieses Haus ge⸗ richtet sind.

Dem Antrage der Geschäftsordnungskommission gemäß versagt das Haus die Genehmigung zur strafrechtlichen Ver⸗ folgung der drei oben genannten Redakteure.

Darauf setzt das Haus die zweite Beratung des Staats⸗ haushaltsetats für das Rechnungsjahr 1907 im Etat der Eisenbahnverwaltung bei den Ausgaben für die Beamtenbesoldungen fort. Dazu liegen vor der Antrag der Abgg. Trimborn (Zentr.) und Genossen bezüglich der Eisenbahnbetriebssekretäre und der Antrag der Abgg. Kopsch (fr. Volksp.) und Genossen, betreffend die Fixierung

des Gehalts der Lokomotivführer auf 1500 bis 2500 6,

zu erreichen in den bisherigen Dienstaltersstufen.

Abg. Dr. Schröder⸗Cassel (nl.): Mit der Anschauung, daß die Gehalte frage der Beamten der Eisenbahnverwaltung nur auf dem Wege der einheitlichen Regelung richtig beantwortet werden kann, sind wir vollkommen einverstanden. Da ist denn aber die Frage am Platze, ob der vorgelegte Etat diesem auch vom Minister vertretenen Grundsatz entspricht. Es wird eine Reihe von Gehaltserhöhungen vorgeschlagen, und zwar wird eine Anzabl verschiedener Beamtenkategorien des unteren und mittleren Dienstes herausgegriffen. Hier wird nur das Anfangsgehalt erhöht, dort nur das Endgehalt, außerdem finden wir auch Erhöhung des Anfangs- und Endgehalts, aber unter Modalitäten, die im Effekt auf eine Ver minderung des gesamten Diensteinkommens hinauslaufen. Ez sind also ein⸗ zelne Beamtenkategorien herausgegriffen, und diese sollen im einzelnen eben falls ganz verschieden behandelt werden. Da kann man doch von einem einheitlichen, systematischen Vorgehen nicht reden. Immerhin ist ja ein Fortschritt zu verjeichnen. Der frühere Standpunkt der Regierung, daß die Gehaltsaufbesserungen mit dem Jahre 1907 definitiv abgeschlossen seien, und es nur noch darauf ankommen fönne, irgendwelche inzwischen bemerkbar gewordene Härten auszugleichen, ist von allen Seiten als durchaus unhaltbar anerkannt nnd auch von der Regierung selbst aufgegeben worden. Alle Parteien verlangen jetzt eine systematische Aufbesserung der Beamten⸗ gehälter. Der Umstand, daß nur einzelne Kategorien e,, , . find, hat in dem gesamten Beamtenpersonal Aufregung hervorgebracht, und auch die mit 5. Bedachten sind mit der Art und Weise, wie sie bedacht werden sollen, nicht zufrieden. Wiederum sind wir mit zahl⸗ reichen Petitionen aus den Kreisen der Beamten wie der Eisenbahn⸗ arbeiter überschüttet worden. Zunächst müßten doch diejenigen Beamten klassen berücksichtigt werden, die sich am allerschlechtesten stehen, die Lokomoltvheizer, die mit 1000, die Weichensteller und. Bahnsteig schaffner, die mit gö0o, die Bahnwärter, die mit 89 6 Gehalt anfangen. Daß derartige Gehälier unzulänglich sind, wird niemand leugnen. Für den nächsten Etat hat ja auch der Minister eine Berücksichtigung dieser Wünsche jugesagt, aber dieses dankenswerte Entgegenkommen reicht nicht aug. Jedenfalls sind bloße Erhöhungen der Endgehälter ungenügend, denn was nützt den Beamten das höhere Endgehalt, wenn er es vielleicht überhaupt nicht erreicht. Weit eher ist es angeielgt, die Beamten der unteren und mittleren Klassen in den mittleren Dienstjahren mit Auf⸗ besserungen zu bedenken bezw. ein beschleunigtes Aufrücken in die höheren Gehaltsffufen staltfinden zu lassen. Unserer Ansicht nach- müßten sämt⸗= liche Beamtengehälter einer Revision unterworfen werden, nicht bloß die Gehälter der mittleren und unteren Beamten und der Eisenbahnarbeiter.

(Schluß des Blattes.)

entralblatts für das Veutsche Reich“, herausgegeben im Reichs amt des Innern, vom 8. Märj, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen: Ernennung; Exequaturerteilung; Er⸗ mächtigungen zur Vornahme von Zivilstan dshandlungen; Entlassung. 2) Polizeiwesen: Augwelsung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Nr. 10 des.

Statistik und Volkswirts chaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Vor dem Einigungsamt des Berliner Gewerbegerichts fanden am Sonnabend, wie die „Voss. Ztg. berichtet, unter dem Vorsitz des Magistratsratt von Schulz Einigungsverhband-⸗ lungen zwischen den n, und Führern

beiden Partelen waren dur je drei Sprecher vertreten. Die Arbeitgeber wünschten die Festsetzung der Entlohnung auf 1,50 „6 Grundlohn und 29 v. H. der Bruttoeinnahme mit Ausnahme der erhöhten Grundtaxe von

Die Arbeitnehmer forderten dagegen 160 4 Grundlohn und 20 v. H. der Bruttoeinnahme einschließlich der er= höhten Grundtaxe. Nach fünfstündiger Verhandlung wurde folgender Vergleichsvorschlag vorbehaltlich der Genehmigung der Mitgliederver⸗ sammlungen beider Parteien unterschrieben: 1) Die Arbeitnehmer nehmen die Arbeit wieder auf am Dienstag, den 12. . M. ?) Der Grundlohn be⸗ trägt 1,50 4106, außerdem erhalten die Führer von der Bruttoeinnahme 20070 Provision. 3) Ausgeschlossen von diesem Gewinnanteil ist die eingetretene Erhöhung der Grundtaxr um 20 beiw. 30 8, welche dem Unternehmer ganz zufällt, sodaß von der Grundtaxe nur 0 provisionspflichtig sind. 4) Die Unternehmer er- mäßigen die bon den Fahrern bisher gejahlten Waschgelder auf 45 3 für Wagen und Schicht (bisher 75 3) 5) Die sonstigen Arbelte bedingungen bleiben bestehen. 6) Maßregelungen infolge des Streiks oder der Aussperrung dürfen nicht stattfinden. Eine Versammlung der nichtorganisierten Arbeitgeber in der Berliner Herrenmaßschneiderei, die Freitagabend tagte, nahm, nach demselben Blatte, einen Beschluß an, nach dem die aufgestellten Arbeitnehmertarife als den heutigen teuren Lebengverhältnissen entsprechend und angemessen bezeichnet werden. Als Mittel zum Zweck, den Frieden im Gewerbe baldmöglichst wieder herzustellen, wurde dle Kommission der unorganisierten Arbeitgeber beauftragt, Schritte zur Gründung einer „Freien Organisation der Arbeitgeber‘ zu tun, die etwa enistehende Streitigkeiten gemeinsam mit der Organisation der Arbeitnehmer möglichst auf gütlichem Wege beilegen soll. . .

In Frankfurt a. M. fordern, wie die Köln. Ztg. erfährt, die Hilfsarbeiter der Buch⸗ und Steindruckereien eine Neuregelung der Lohnverhältnisse.

In Barmen hatten, wie die „Köln. Ztg. berichtet, die Or—⸗ ganisationen der n, . statt der jehnstündigen Arbeitzzeit die neunstündige bei gleichem Lohng entsprechende Erhöhung der Akkordsätze und Zuschlaͤge für Ueberstunden, Nachtarbeit, Sonntags⸗ arbeit und auswärtige Arbeit gefordert. Der Arbeitgeberschutz⸗ verband für das Holzgewerbe lehnte die Forderungen ab und wählte einen Ausschuß zur Beratung eines dreijährigen Vertrags. Falls die Arbeitnehmerberbände einzelne Betriebe sperren, soll die allgemeine Sperre eingeführt werden.

Zum Ausstand der Schauerleute in Ham burg (vgl. Nr. 61 d. Bl) meldet W. T. B.: In der gestrigen Versammlung der Schauerleute betonte der Referent Hagehnel ausdrücklich, daß der Kampf sich nur auf die Schauerleute erstrecke und die übrigen Hafen⸗ arbeiter nicht davon berührt würden. Die Kagiarbeiter haben in einer Versammlung beschlossen, ruhig alle Arbeiten mit Aus- nahme der Schauermanngarbelten an Bord zu verrichten, um keine weiteren Konflikte heraufzubeschwören. An den Vorsetzen entlang standen heute morgen die Schauerleute zu vielen Hunderten, die Ent⸗ wicklung der Dinge erwartend. Die Ruhe ist . gestört. Im Laufe des Tages werden mehrere Dampfer mit Arbeitswilligen von auswärts erwartet. Die Arbeit auf den Schiffen wurde heute mit etwa 800 von auswärts eingetroffenen Arbeitern und gegen 100 Hamburger Schauerleuten, die sich zur Leistung von Nacht und Sonntagsarbeit bereit erklärt haben, sowie mit Hilfe der Schiffs- mannschaften, verrichtet. Auf fast allen Schiffen wird, wenn auch mit vermindertem Personal, gearbeitet. Die Getreideakkord⸗ schauerleute beenden auf den Schiffen, mit deren Löschung bereits begonnen ist, die Arbeit; die Kohlenakkordschauerleute arbeiten gleichfalls bis auf weiteres fort. Der Hafen bietet infolgedessen kaum ein verändertes Bild. . .

In Paris haben, wie W. T. B.“ meldet, die Elektrizitäts- arbeiter gestern morgen die Arbeit wieder aufgenommen (vgl. Nr. 63 d. Bl.). Es hat sich kein Zwischenfall ereignet. Die meisten Forderungen der Ausständigen, besonders die bezüglich der

Pensionen, sind bewilligt worden.

In Moskau wurden gestern, nach einem Telegramm des W. T. B.“, in 25 von 48 dem Verbande der Druckereibesitzer an⸗ geschlossenen Druckereien Aussperrungen vorgenommen. Der Arbeiterverband beschloß, von einem Angriffsvorgehen abzusehen, die Beziehungen mit dem Verbande der Druckereibesitzer abzubrechen, mit den einzelnen Unternehmern jedoch zu verhandeln.

Handel und Gewerbe.

Der Zentralausschuß der Reichsbank versammelte sich heute vormittag ũ um 10 Uhr. Nach Vortrag der neuesten Wochenübersicht hob der Vorsitzende, Präsident des Reichs⸗ bankdirektoriums, Wirkliche Geheime Rat Dr. Koch hervor, daß, wie gewöhnlich in der ersten Märzwoche, eine mäßige Kräftigung eingetreten sei. Die Anlage betrage aber noch immer nach der vorangegangenen starken Anspannung 1069 Millionen Mark eine um diese Zeit nie erreichte Summe 81 Millionen mehr als 1906, 186 Millionen mehr als 1905. Noch stärker seien die Unterschiede der Wechselanlage von 915 Millionen Mark gegen diese Vorjahre, nämlich 96 bezw. 214 Millionen Mark. Die Schatzanweisungen seien nur infolge umfassender Rediskontie⸗ rungen etwas geringer. Der durch den Barvorrat nicht ge⸗ deckte Notenumlauf übersteige den der genannten beiden Vor⸗ jahre um 120 bezw. 274 Millionen. Der Metallvorrat von 887 Millionen sei um 80 bezw. 197 Millionen kleiner. Die metallische Deckung der Noten sei um 11 Proz., die der Noten und fremden Gelder um 6 Proz. schlechter als 1906, schlechter als jemals. Die steuerfreie Notenreserve von 128 Millionen stehe hinter der von 1906 und 1905 um 120 bezw. 21 Millionen zurück. Der Diskont am offenen Markte betrage Hi / g Proz, sei also nur um 7 Proz. von der offiziellen Rate entfernt. Eine Herabsetzung der letzteren sei daher und auch im Hinblick auf die ausländischen Märkte nicht möglich, obwohl ein Gold⸗ abfluß ins Ausland nach Lage der Wechselkurse nicht u bemerken sei. Der Zentralausschuß war ohne Dis⸗ kassiot mit diesen Ausführungen einverstanden. So⸗ dann wurden die bisherigen Deputierten des Zentral⸗ ausschusses und deren Stellvertreter wiedergewählt. Ferner wurden an Stelle der nach dem Alter des Eintritts aus⸗ scheidenden Mitglieder der Bezirksausschüsse neben der Vor⸗ e eg der Bankkommissarien Neuwahlen behufs Er⸗ nennung durch den Reichskanzler vorgenommen. Endlich wurden einige Gattungen von Schuldverschreibungen zur Be⸗ leihung im Lombardverkehr der Reichsbank zugelassen.

(Weitere Nachrichten über Handel und Gewerbe“ s. i. d. Zweiten und Britten Beilage.)

Theater und Musik.

Thalia Theater.

Die neue Posse ‚»Olympische Spiele“ von Curt Kraatz und Max Neal entfesselte am Freltag bei ihrer ersten Auffũbrurg die üblichen Beifallsstürme. Den ersten Kräften der Bühne waren dankbare Rollen zugefallen, die gerade ihrer Eigenart sich anpaßten; daneben gab es eine endlose Reihe von Witzen und Situattonsscher zen. und nicht minder hatten die eingelegten Tänze und Couplets einen Anteil am Erfolge. Die ‚Olympischen Spielen, die in einer kleinen Stadt aufgeführt werden sollen, gaben Guido Thielscher Gelegenbeit, als Prelsringer in antiker Herkuleskostümierung auf der Bühne ju er⸗ scheinen; um ihn herum gruppierten sich dann die Bürger und Bür, gerinnen der Kleinstadt in heroischer Gewandung, Nebenbei ist sn die Handlung eine Detektipkomödie verflochten, die ju aktuellen Anspielungen ohne Ende Veranlassung bot. Die Gesang⸗ und Tanzeinlagen schlugen nicht gerade neue Töne an, aber sie waren gefällig und wurden mit ausgelassener Laune vorgeführt. Im jweiten