1907 / 65 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 13 Mar 1907 18:00:01 GMT) scan diff

bei dem Unternehmer, nachdem sie die sich Meldenden sorg⸗ fältig darauf eprůft haben, ob sie für die Kanalarbeiten tauglich sind. * Arbeiter erhalten von den Ortsnachweisen eine Legitimation, die von den Polizeibeamten (s. Ziffer 1) bei der Prüfung besonders zu respektieren ist. Falls die Zentralarbeitsnachweise in . und Dortmund . vVerstehen, den Arbeitern eine Beihilfe (eventl. c zu den Reisekosten zu geben, kann ihnen ein jährlicher Zuschuß aus Baumitteln für diesen Zweck (etwa bis zu je 300 Mt) ge⸗ währt werden.

Die Bauleiter haben sich in geeigneter Art und Weise fortlaufend darüber zu unterrichten, ob und inwieweit sowie mit welchem Erfolge die Unternehmer den Arbeitsnachweis in Anspruch nehmen, und haben sich in ihren Jahresberichten darüber auszusprechen.

b. Mitwirkung der Arbeiterkolonien 2c.

Es sind, soweit erforderlich, Vereinbarungen mit ihnen wegen Uebernahme der bei ihnen gemäß Ziffer 1 Aufnahme suchenden Arbeiter zu treffen. Event. sind Zuschüsse aus Bau⸗ mitteln zu gewähren.

Ob und inwieweit und in welcher Weise Strafgefangene und Insassen von Arbeiterkolonien bei den Bauten e ., werden können, ist von Fall zu Fall zu entscheiden. Die Be⸗ schäftigung von Korrigenden ist nicht in Aussicht genommen.

c. Aufnahme und Ausstattung Mittelloser.

Mittellose aber sonst geeignete Arbeiter, denen die nötige Kleidung und das nötige Arbeitsgerät fehlt, können zur Arbeit angenommen werden. Zur vorschußweisen Zuweisung des nötigen Arbeitsgeräts werden sich in der Regel die Unter⸗ nehmer bereit finden lassen. Wegen ihrer Ausstattung mit der erforderlichen Kleidung sind gemeinnützige Vereine an— zugeben.

B. Arbeiterfürsorge.

L Fürsorge für Unterkunft, Verpflegung usw. I) Beherbergung und Verpflegung in Baracken und Kantinen oder in Privatquartieren.

a. In Baracken und Kantinen.

Den Bau und Betrieb von Baracken und soweit solche erforderlich sind der Kantinen übernimmt die Bauverwal⸗ tung oder überträgt sie, wo dies zweckmäßiger erscheint, Unter⸗ nehmern oder gemeinnützigen Vereinen. Wo der Staat Bauten im Eigenbetriebe ausführt, muß er die Baracken und Kantinen selbst bauen und betreiben.

Falls Bau und Betrieb der Baracken und Kantinen dem Unternehmer oder einem gemeinnützigen Verein überlassen wird, muß er an bestimmte, von der Bauverwaltung zu er⸗ lassende Vorschriften gebunden werden. Es sind genaue Be— stimmungen zu treffen über Ausführung, Mindestgröße, Belegungszahl der Baracken, die notwendigen Räume (Schlaf⸗, Speise⸗, Aufenthalts-, Baderäume, Revierstube usw.) und deren Einrichtung sowie die Art der Betriebs- und Wirt⸗ schaftsführung. Für jede Baracke und Kantine, event. für jedes Barackenlager, ist ein besonderer Plan nebst Kosten— anschlag nach den von der Bauverwaltung zu entwerfenden Normalien aufzustellen und zur Genehmigung einzureichen. Auf die Lage der Baracken in freundlicher Umgebung, wenn möglich im Grünen, ist Gewicht zu legen; die Herstellung von grunen Plätzen, Lauben u. dergl. bei den Baracken ist zu fordern. .

Die Kantinen dürfen von dem Unternehmer oder gemein⸗ nützigen Verein nur in eigener Regie, durch Verwalter, die

egen festes Gehalt angestellt sind, nicht aber durch

gr tel betrieben werden. Die Verwalter erhalten zweck— mäßig eine bescheidene Tantieme (nach der Kopfzahl, vom Vertrieb alkoholfreier, nicht aber alkoholischer, Ge— tränke). Ihre Annahme unterliegt der Genehmigung der Bauverwaltung, auf deren Verlangen sie auch, falls sie sich als ungeeignet erweisen, entlassen werden müssen. Verpflegung (Frühstũück und Mittagessen) ist nach den genauen Vorschriften der Verwaltung und zu den von ihr festgesetzten Preisen zu gewähren. Diese Preise sowie die der sonstigen Lebensmittel, die ebenfalls festgesetzt werden, sind durch Anschlag in der Baracke (Kantine) bekannt zu machen. Erlaß einer Hausordnung.

Durch den Bau kleinerer Baracken ist dem Bedürfnis be— stimmter Arbeitergruppen (Holländer, Italiener) nach ge—⸗ meinsamer Wirtschaftsführung sowie demjenigen einzelner Arbeiterfamilien Rechnung zu tragen. Für die Beschaffung von Kochgelegenheit und für sonstige Erleichterung der Wiri⸗ schaftsführung ist (eventl. unter Stellung eines sogenannten Kalefaktors) zu sorgen.

b. In Privatquartieren.

Es ist auf den Erlaß von Polizeiverordnungen über das Kost-⸗ und Quartiergängerwesen im Baugebiet hinzuwirken, soweit solche noch nicht destehen. Das Maß der durch sie zu stellenden Anforderungen muß sich dem Bedürfnis der Kanal⸗ arbeiten und den örtlichen Verhältnissen nach Möglichkeit anvassen. In Anlehnung an die Vorschriften der Polizei⸗ verordnung macht die Bauverwaltung vor Beginn des Baues in den betreffenden Ortschaften bekannt, welchen Anforderungen die Privatquartiere hinsichtlich Lage, Be⸗ schaffenheit Luft, Licht, höchster Belegungszahl, not⸗ wendiger Einrichtung usw. entsprechen müssen. Besitzer geeigneter Quartiere melden diese zu einem von der Verwaltung u führenden Verzeichnis an. Nach erfolgter Besichtigung und Festsetzung der höchsten zulässigen Belegungszahl werden diese Quartiere den Arbeitern empfohlen.

Die Quartiere sind von der Polizeibehörde gemeinsam mit dem Wohlfahrtsaufseher (I. C. 3) und dem Streckenarzt, eventl. unter Beteiligung eines höheren Beamten der Bau⸗ verwaltung, regelmäßig zu revidieren. Diejenigen, welche als nicht den Vorschriften entsprechend befunden werden, sind durch polizeiliche Anordnung zu räumen.

2) Auf der Baustelle sind Unterkunftshütten (Wärme⸗ hallen) zu schaffen, ebenso Gelegenheit zum Kochen oder Er⸗ wärmen mitgebrachter Speisen oder zum Heranführen warmer Speisen (Speisewagen, Heukiste) Es ist ein Aufenthaltsraum auch für die in Privatquartieren liegenden Arbeiter für den Sonntag und die wegen ungünstiger Witterung arbeitsfreien Tage zu beschaffen, damit si nicht zum Besuch des Wirts⸗

auses verleitet werden. In der Regel wird dazu der Aufent⸗ altzraum der nächfstgelegenen Baracke dienen konnen. IH. Seel sorge.

Mit den kirchlichen Behörden find Vereinbarungen wegen Einrichtung der erforderlichen Gottes dienste und der Ausübung der Seelsorge untet den Arbeitern zu treffen sowie wegen der Anstellung besonderer Geistlichen, falls die Ortsgeistlichkeit dazu nicht ausreicht oder die Unterkunfisstelle zu weit vom Kirchort ent⸗

. ist. Nötigenfalls sind geeignete Räume für den Gottesdienst eitzustellen (Speiseräume der Baracken). Es sind aus Bau⸗ mitteln zu den sächlichen Kosten (Beschaffung von Harmonium und Gesangbüchern), soweit 6 auch zu den persönlichen, Ia ha zu gewähren, jedenfalls sind die Reisekosten der eistlichen zu übernehmen. Fur die Sicherung möglichst un⸗ eingeschränkter Sonntagsruhe ist Sorge zu tragen.

II. Gesundheitliche Fürsorge.

Für die Krankenversicherung sind leistungsfähige Betriebs⸗ krankenkassen der Unternehmer zuzulassen, sofern die Prüfung ihrer Satzungen keinen Anstand ergibt. Soweit solche nicht vorhanden sind oder nicht ausreichen, sind staatliche Bau⸗ krankenkassen zu errichten, und nur, wo auch dieses nicht tunlich, ist die Versicherung der Arbeiter bei den Ortskranken⸗ kassen zuzulassen. Eventuell sind Zuschüsse für diese aus Bau⸗ mitteln zu leisten.

Vertragsmäßige Anstellung von Streckenärzten (orts⸗ ansässigen Aerzten, die nicht zugleich Aerzte der Betriebs⸗ krankenkassen sind), mit bestimmt abgegrenztem Bezirk. Genaue Dienstanweisung. Ueberwachung des hygienischen Zustandes auf der Baustrecke. Regelmäßige Sprechstunden in einem be— sonderen Barackenzimmer oder einem Zimmer im Bureau des Unternehmers, in dem die notwendigsten Medikamente und Verbandmittel, Desinfektionsmittel ꝛc. vorhanden sind. Revier⸗ stube für Leichterkrankte. Wegen Aufnahme schwerer Er⸗ krankter Verträge mit benachbarten Krankenhäusern, nötigen⸗ falls unter Gewährung von Zuschüssen zu ihrer Erweiterung. Soweit letzteres nicht möglich, Einrichtung eigener Lazarette. Ausbildung einzelner Arbeiter für die erste Hilfeleistung bei Unglücksfällen. ;

Sorge für gutes Trinkwasser, für ordnungsmäßige Be⸗ seitigung der Fäkalien, für Badegelegenheit im Freien.

Tunlichste Einschränkung der Arbeitszeit. Sicherung genügender Nachtruhe.

II. Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs.

a. In den Baracken und Kantinen: Einschränkung des Ausschanks geistiger Getränke (Morgens vor der Arbeit, Abends von einer bestimmten Stunde ab, Verbot der Verab⸗ reichung an Betrunkene). Im übrigen Einschränkung der Abgabe von Branntwein an den Einzelnen nach verständigem Ermessen des Verwalters. Entlassung des letzteren ist vertraglich zu sichern, wenn er zuwiderhandelt. Billige, soweit möglich, unentgelt⸗ liche Abgabe alkoholfreier Getränke, Herstellung solcher in eigener Regie. Verwalter erhält Tantieme von dem Verkauf solcher Getränke. Unentgeltliche Abgabe von heißem Wasser für Kaffee u. dergl.

b. Auf der Baustelle. Verbot des Mitbringens und Ge⸗ nusses von Branntwein. Ausnahmen sind nur vom Bauleiter unter besonderen Umständen zuzulassen. Dann eventl. Ver⸗ abreichung auf Kosten der Bauverwaltung. Entfernung Be⸗ trunkener, in Wiederholungsfällen Entlassung. Fernhalten fliegender Händler mit alkoholischen Getränken mit Hilfe des Streckengendarmen. Angebot alkoholfreier Getränke (Mäßig⸗ keitswagen, Kaffeetopf). Unentgeltlich heißes Wasser.

Im ganzen Baugebiet für alle Ortschaften Festsetzung einer nicht zu späten Polizeistunde. Verbot des Ausschanks und Verkaufs geistiger Getränke zu bestimmten Zeiten (Morgens vor 8 Uhr, Abends nach einer festgesetzten Stunde). Lohn⸗ zahlung nicht in Wirtshäusern.

Keine Erteilung neuer Schankkonzessionen in der Nähe der Baustrecke. Androhung der Konzessionsentziehung bei Mißbrauch.

Belehrung über das Verderbliche des Alkoholmißbrauchs, mündlich durch den Geistlichen, den Barackenverwalter, schriftlich durch geeignete Druckschriften (Flugschriften), Plakate usw. Populäre Ansprachen durch einen Arzt oder wortgewandten Arbeiter.

V. Belehrung und Unterhaltung.

Belehrung durch gute Lektüre (auch unterhaltende Schriften), jedoch ohne aufdringliche Tendenz, sowie durch geeignete Vor⸗ träge. Geeignete Vereine (Schriftenvereine ꝛc.) stellen unter Beihilfe des Staats die erforderlichen Kräfte und das Material. Kleine Büchersammlung zum Ausleihen. AUnterhaltung ebenfalls durch Vorträge sowie durch Ge⸗ sang 2c.

; Mittätigkeit der Arbeiter bei der Leitung derartiger Ver⸗ anstaltungen.

VI. Die Einrichtung von Arbeiterausschüssen als Vertretung der Arbeiter ist, wo sie irgend an⸗ gängig erscheint, zu fördern. Die Unternehmer sind nach Mög⸗ lichkeit dafür zu interessieren. Die Bildung der Ausschüsse ist durch Vereinfachung der Wahlhandlung u. dergl. zu erleichtern. Das passive Wahlrecht ist abhängig zu machen von einer längeren Beschäftigungszeit (3— Monate) in dem betreffenden Betriebe und von dem Beherrschen der deutschen Sprache.

VI. Förderung der Sparsam keit.

Sowohl der Verwalter der Baukasse als der lohnzahlende Beamte des Unternehmers ist verpflichtet, Ersparnisse in Ver⸗ wahrung zu nehmen und im Arbeitsbuch darüber zu quittieren, ferner Geldsendungen an die Angehörigen der Arbeiter ab⸗ ufertigen. Die Streckengendarmen sind anzuleiten, den Arbeitern bei der Aufgabe von Geldsendungen mit Rat und Tat beizustehen. Einrichtung besonderer Rezepturen von Spar⸗ kassen, verstarkter Postdienst an Lohnzahlungstagen sind an⸗ zustreben.

C. Ausführung und Kontrolle.

1) Die Grundsäͤtze für die Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen werden dem zentralen Wasserstraßenbeirat sowie den für die einzelnen Kanalteile bestellten lokalen Wasserstraßenbeiräten zur Begutachtung vorgelegt werden. Aenderungen, welche auf Grund dieser Begutachtung, sei es in grundsätzlicher Beziehung, sei es in Hinblick auf die besonderen Verhältnisse des einzelnen Baubezirks, notwendig erscheinen, bleiben vorbehalten. Be⸗ sondere Kommissionen der Wasserstraßenbeiräte treten bei der Durchführung den Kanalbaudirektionen (Hauptbauamt) als beratende Organe zur Seite. Die Ausführung der Wohlfahrtseinrichtungen nach den vorstehenden Grundsätzen unter Anpaßung an die besonderen Verhältnisse des einzelnen Baugebiets liegt den Kanalbaudirektionen (Hauptbauamt) und unter deren Aufficht innerhalb der einzelnen Bauämter den bauleitenden Beamten ob. Namentlich die letzteren sind für die sorgfãltige Durchführung im vollen Umfange verantwort⸗ lich. Sie koͤnnen sich unbeschadet ihrer Verantwortlichkeit des Nates der Streckenarzte, Geistlichen und sonstiger sachverständiger Personen bedienen.

2) Für die Kontrolle der Durchführung der Wohl einrichtungen namentlich für die Kontrolle über die . Kantinen und Privatquartiere werden besondere Organe in der Person von sogenannten Wohlfahrtsaufsehern zu bestellen sein, welche den Kanalbaudirektionen (Hauptbguamt) un mittelbar unterstellt sind und in deren Auftrag r e mäß ige Revisionen vorzunehmen haben. Als solche sind er⸗ sönlichkeiten in, der Stellung mittlerer Beamten gedacht, welche sich (als Hausväter in Herbergen, Verpflegungg stationen u. dergl.) Erfahrung auf dem Gebiet der Arbeiter⸗ wohl fahrt erworben haben und geeignet sind, sowohl sich das Vertrauen der Arbeiter zu erwerben, als auch die ihnen oh— liegenden Prüfungen mit dem nötigen Verständnis und Scharf blick vorzunehmen. Ueber das Ergebnis ihrer Revisionen haben sie regelmäßig durch die Hand der bauleltenden Beamten den Baudirektionen Bericht zu erstatten. Zu selbständigen An— ordnungen behufs Beseitigung vorgefundener Mißstaͤnde sind sie nicht befugt. Dieses steht nur den bauleitenden Beamten eventuell auf Anweisung der Baudirektion, zu. ;

3) Zur , der Baubehörden bei der Kontrolle wie namentlich zur Aufrechterhaltung der Ordnung auf den Baustrecken, soll angestrebt werden, für bestimmt abgegrenzte Strecken Gendarmen zu bestellen, welche an der Baustelle oder in deren Nähe stationiert und zu keinerlei anderer Dien, verrichtung als zum Aussichtsdienst an dem Kanalbau he stimmt sind.

Ministerium für Landwirtschaft, Do mänen und Forsten.

Auf Grund des 5 2 der Allerhöchsten Verordnung, he— treffend die Errichtung von Landwirtschaftskammern, von 3. August 1895 (GS. S. 363), wird die von der Land—⸗ wirtschaftskammer für die Provinz Schleswig— Holstein am 1. März d. J. beschlossene Aenderung ihrer Satzungen, wonach der § 3 1 Fassung erhält:

8 .

„Wählbar zu ordentlichen (stimmberechtigten) Mitgliedern der Landwirtschaftskammer sind unter den im S ö5 des Gesetzes bezeichneten Voraussetzungen:

I) die Eigentümer, Nutznießer und Pächter, deren Grund⸗ besitz oder Pachtung im Bezirke der Landwirtschaftskammer bei landwirtschaftlicher Nutzung zu einem Grundsteuer— reinertrage von 50 „6 und mehr, bei forstwirtschaftlicher Nutzung von 160 S6 und mehr veranlagt ist sowie deren gesetzliche Vertreter und Bevollmächtigte;

2) die im S6 Ziffer 2 des Gesetzes bezeichneten Personen“ hierdurch genehmigt.

Berlin, den I2. März 190.

Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. In Vertretung: von Conrad.

Dem zum Kreistierarzt ernannten Tierarzt Hugo Hoh⸗ mann ist die Kreistierarztstelle zu Pinneberg verliehen worden.

Nichtamtliches.

Dentsches Reich. Preußen. Berlin, 13. März.

Seine Majestät der Kaiser und König besuchten, „W. T. B.“ zufolge, heute vormittag den Reichskanzler Fürsten von Bülow und nahmen, in das Königliche Schloß zurück— gekehrt, die Vorträge des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats Dr. von Lucanus, des Chefs des Admiral— stabs der Marine, Admirals Büchsel und des Chefs des Marinekabinetts, Konteradmirals von Müller entgegen.

Den Kammerherrndienst bei Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin übernimmt vom 17. bis 29. Matz der Zeremonienmeister von Wiedebach und Nostitz⸗ Jänkendorf.

Laut Meldung des W. T. B.“ ist S. M. S. „Loreley“ von Haifa abgegangen und in Beirut eingetroffen.

S. M. S. „Panther“ ist vorgestern in Santiago de Cubg eingetroffen und geht morgen von dort nach St. Thomas in See.

Der Dampfer „Ro on“, mit der abgelösten Besatzung des Kiautschougebiets an Bord, ist vorgestern in Singa— pore eingetroffen und hat gestern die Heimreise fortgesetzt.

Braunschweig.

Der Landtag hat gestern einstimmig den Antrag der Regierung angenommen, sein Einverständnis damit zu erklären, daß nunmehr die Wahl eines Regenten in die Wege ge⸗ leitet werde. .

Nach dem Bericht des W. T. B.“ über den Verlauf der Sitzung befürwortete namens der staatsrechtlichen Kommission der Abgeordnete Oberbürgermeister Retemeyer dringend die Annahme des Regierungsantrags, da der Landtag und die Regierung vergeblich alles getan hätten, um eine definitive Regelung der Thron— folgefrage berbeijuführen. Dann nahm der Staatsminifter Dr. von Otto das Woit zu einer längeren Rede, in der er die Verhandlungen in den Bundesratzausschüssen und dem Bundesrat kurz schilderte und der sachlichen Behandlung und der ein⸗ gehenden Darlegung der Verhältnisse durch den sächssschen Bundes ralgbevollmãchtigten Grafen Vitztum von Eckftädt. der als Referent fungierte, volle Anerkennung zollte. Weiter erwähnte der Ministern, . Braunschweig für den Fall der Annahme des Antrags Sachsen folgenden Unterantrag gestellt hatte:

In Absatz J die Worte „sich in einem dem reichsverfassungs—= mãßig gewãhrleisteten I. unter Bundesgliedern widerstreitenden Verhältnisse zu dem * . Debietztelle dieses Bundesstaates erhebt‘, ju streichen und st . dessen folgende Worte einzufügen: Anfxrüche auf Gebietsteile de Bundesstaates Preußen erhebt).

ö Antrag sel im Bundesrat einstimmig abgelehnt werden. Weiter habe dann das Ministerium unter dem 16. Februar in eine eingehenden Darlegung der Verhältnisse im Herzogtum den * ausgesprochen, . der ah in dem neuen Hunt egratz t C den Zweifeln einn Gnde gemacht werde, die jetzt beingl

undesstaate Preußen befindet und Ansprüche

ndegratsbeschlusses von 1885 laut geworden seien, a ob dieser Bundegratsbeschluß sich nur auf die Person der; von Cumberland beriehe. Diesem Wunsche sei dann a in dem neuen Bundesratsbeschluß entsprochen orden. r Minister trat dann dringend für Annahme des An⸗ . s der Regierun ein, da jetzt, nachdem der Bundesrat gesprochen P damit eine Hilfe gte dl: ung des Bundesrats, der höchsten r lat in dieser Frage, vorliege, kein anderer Weg übrig bleibe, als nunmehr zur Wahl des Regenten zur schreiten. Der Minister erwähnte, daß auch im Bundesrat das vom. Re— ten erwähnte Schreiben des. Herzogs von Cumberland 5. Dezember erörtert worden sei, aber niemand habe daran den vom Herzog von Cumberland vorgeschlagenen eg ur Anrufung eines Schiedsgerichts zu beschreiten. Kelter erwähnte der Minister unter anderm das Gerücht, zas in der Hreffe aufgetaucht jei, daß man im Bundesrat über die Person des Regenten verhandelt habe. Das Gerücht sei vollständig töricht. Es ü allein Sache Braunschweigs, sich über die Person des Regenten den Kopf zu zerbrechen; darein würde sich kein einziger deutscher Bundesstaat mischen. . Die Rede wurde wiederholt von lebhaftem Beifall unter⸗ brochen. Dann wurde, wie oben gemeldet, der Antrag der Regierung einstimmig und ohne jede weitere Debatte an

genommen.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Im böhmischen Landtag wurden gestern zwei Inter⸗ pellationen, betreffend die Einführung von Schiffahrts⸗ abgaben auf schiffbaren Strömen seitens der préußischen Regierung, eingebracht und die Debatte über die Anträge, betreffend den Ausgleich zwischen Oesterreich und Ungarn fortgesetzt.

Sämtliche Redner erklärten nach dem Bericht des W. T. B.“, daß das zoll⸗ und handelspolitische Verhältnis zwischen Oesterreich imd Ungarn nicht in der bisherigen Weise fortbestehen könne, und forderten von der Regierung, daß sie sich in der wirtschaftlichen Stellung Oesterreichs gegenüber Ungarn nichts vergebe. Der Abg. Bärnreitbher meinte, die wirtschaftliche Trennung Oesterreichs von Ungarn sei tatsächlich bereits vollzogen.

Der Landtag beschloß sodann, alle auf den Ausgleich bezüglichen Anträge einer 15 gliedrigen Kommission zu über— weisen.

Im Verlaufe der Debatte über das Lehrer⸗ besoldungsgesetz im ungarischen Abgeordnetenhause befaßte sich der Unterrichtsminister Graf Apponyi eingehend nit der Beschwerde der rumänischen Abgeordneten Vlad und Fajda, die den Zwang zur Erlernung der ungarischen Sprache beklagten.

Der Graf Apponvi wies obiger Quelle zufolge auf die Freiheit Aaler Nationalitäten bin, Volksschulen mit ihrer Muttersprache als Unterrichtssprache zu errichten. Jede Nationalität, auch die Rumänen besüßen eine große Anjahl solcher autonomen Schulen, wobei sie seltens des Staates eine namhafte Geldunterstützung genössen. „Nicht wir sind es“, schloß Graf Apponyi, „die das Nationalitätengesetz nicht gewissenhaft vollstrecken.“

Der Handelsminister Kossuth überreichte gestern dem Hause eine Gesetzesvorlage, die ihn ermächtigt, 90 Millionen Kronen für die Anschaffung von Waggons und Lokomotiven für die Staatsbahnen sowie für Er— weiterungsbauten zu verwenden. Die geforderte Summe wird größtenteils aus den Kassenbeständen gedeckt werden.

Großbritannien und Irland.

Im Unterhause befragte gestern Clyn es von der Arbeiter⸗ partei die Regierung, ob sie nichts tun könne, um die Fort⸗ schaffung der 2000 Arbeiter aus Liverpool und anderen PNlätzen zum Ersatz für die ausständigen Schauerleute in Hamburg zu verhindern.

Nach dem Bericht des W. T. B.“ beantwortete der Premier- minister Campbell Bannerman die Anfrage dahin, daß er nicht wüßte, wie das gemacht werden solle. Es gebe kein Mittel, den Abzug von Arbeitern aus dem Lande, um irgendwo Arbeit zu über⸗ nehmen, zu kontrollieren, gleichgültig, ob es sich dabei um einen Aus⸗ stand handle oder nicht.

Frankreich.

Der gestern abgehaltene Ministerrat hat, wie, W. T. B.“ meldet, seine Zustimmung zu den Erklärungen erteilt, die der Arbeitsminister Viviani heute gegenüber einer Deputation der Linken abgeben wird über die Äuffassung der Regierung

bezüglich des Gesetzes über den wöchentlichen Ruhetag.

Zu Beginn der gestrigen Sitzung der Deputierien— lammer gedachte der r en Brisson des verstorbenen , , i, der der Republik ausgezeichnete Dienste 9 habe. Er glaube, die Abgeordneien würden zum eichen der Trauer die Sitzung aufheben wollen. Der Justizminister . aigne schloß sich im Namen der gierung den Worten Brissons an. Die Sitzung wurde darauf aufgehoben. Auch im Senat wurde die Sitzung aufgehoben, nachdem der Präsident Du bost dem verstorbenen Casimir⸗Périer einen Nachruf gehalten hatte.

Rußland.

Das russische Proogramm für die Haager Friedens⸗ lonferen z enthält, nach einer Meldung der „Kölnischen zeitung, folgende Punkte:

1) Das Haager Abkommen zur friedlichen Erledigung der inter⸗ tionalen Streitfälle soll in denjenigen Punkten verbessert werden, die von der Beständigkeit der Haager Friedenskonferenz und von der internationalen Untersuchungskommission handeln.

g Das Haager Abkommen über die Gesetze und Gebräuche des andkrieges soll durch neue Bestimmungen über den Beginn der Feindsel gleiter, über die Rechte der Neutralen zu Lande und über andere Punkte abgeändert werden. Es soll ein Ablommen ausgearbeitet werden über die Gesetze 8 Gebräuche des Sceekrieges, namentlich über folgende Fragen: perationen des Seekriegeg, sowle Bombardement von Häfen und teplätzen, Legung von Seeminen 2c. n 4) Es soll das Haager Abkommen dahin ergänzt werden, daß die wendung der Grundzüge der Genfer Konvention auf den Seekrie

noc schaͤrfer zum Ausdruck gebracht werde, alz dies im Jahre 157 geshehen i

J Der russische Entwurf enthält ferner Vorschläge, die die andelsmarine betreffen, wie die Umwandlung von Handels- hiffen, in Krieggschiffen, die Dewährung' von Fristen ki die Handelsschiffe der Kriegsführenden zum‘ PVer— ssen neutraler unb feindlicher Haͤfen nach Beginn

Feindseligkeiten. Ferner sollen e fl werden

. in des Privateigentums der Kriegführenden auf See, he echte und Pflichten der Neutralen im Seekriege, darunter i rage der Kriegskonterbande, die Behandlung der Schiffe riegführenden in neutralen Häfen und die Versenkung

neutraler Prifen im Notfalle.

Wie das „W. T. B.“ meldet, findet die für heute an⸗ beraumte Sitzung der Reichsduma nicht statt, da die . über ihre Stellungnahme zu der zu erwartenden

kegierungserklärung noch nicht übereingekommen sind. Die nächste Sitzung wird morgen, möglicherweise auch erst über⸗ morgen abgehalten werden.

Schweiz.

Der Bundesrat hatte im Jahre 1900 bei der Bundes⸗ versammlung beantragt, die Schweiz solle dem Haager Ueberein kommen, betreffend die Gesetze und Ge⸗ bräuche des Landkrie ges, vom 29. Juli 1899 wegen der Bestimmungen über das Massenaufgebot nicht beitrelen. Nach nochmaliger Prüfung der Frage hat nunmehr, wie das „W. T. B.“ meldet, der Bundesrat gestern der Bundes— versammlung einen Antrag vorgelegt, nach dem die Schweiz dem genannten Uebereinkommen beitreten soll.

Niederlande.

Bei Wiederaufnahme der Arbeiten der Ersten Kammer gab der Präsid ent, „W. T. B. zufolge, seiner Trauer über die Katastrophe des Dampfers „Berlin“ Ausdruck und hob lobend das Verhalten der Rettungsmannschaften unter der mutigen Führung des Prinzen Heinrich der Nieder— lande, der ganz im Sinne der Königin gehandelt habe, hervor. Das Haus spendete den Ausführungen des Praͤ— sidenten lauten Beifall.

Türkei.

Die Pforte hat an den Doyen des diplomatischen Korps, den deutschen Botschafter Freiherrn von Marschall, noch eine Verbalnote bezüglich der Zollämter gerichtet, die dieser den anderen Botschaftern mitgeteilt hat. In der Note wird, nach einer Meldung des, Wiener Telegraphen⸗ Korrespondenzbureaus“, erklärt, daß die rascheste Errichtung zweier Kräne und die Anlage von Ladeplätzen für drei Schiffe in Bagdad angeordnet worden sei, was einer englischen Forderung entspreche.

Die Botschaften haben dringend die Beantwortung ihrer Note vom vorigen Jahre, betreffend die seit 1897 ein⸗ gestellte Durchfahrt der Postschiffe bei Nacht durch die Dardanellen, gefordert.

Serbien.

Die Skupschtina hat in ihrer gestrigen Sitzung das Budgetpropisorium für den Monat März in zweiter Lesung, sowie im Prinzip die Konzession für eine englisch⸗serbische Fleischkonservenfabrik angenommen.

Bulgarien.

Der Fürst Ferdinand, der gegenwärtig zum Besuche des englischen Hofes in London wellt, hat anläßlich der Ermordung des Ministerpräsidenten Petkow an den Minister des Auswärtigen Stanciow, nach einer Meldung des W. T. B.“, folgendes Telegramm gerichtet:

Ich bin tief erschüttert von dem schrecklichen Verbrechen. Wir verlieren einen der besten Söhne Bulgariens; Friede seiner Asche!

Sämtliche diplomatischen Vertreter in Sofia haben der bulgarischen Regierung das Beileid ihrer Souveräne und Regierungen ausgesprochen.

In der gestrigen Sitzung der Sobranje machte der Kammerpräsident unter tiefem Schweigen den Deputierten Mitteilung von dem tragischen Tode des Minister—⸗ präsiden ten. Diese Nachricht wurde von den Mitgliedern der Sobranje stehend angehört. Hierauf gab der Minister des Auswärtigen die bereits mitgeteilten Dispositionen des Kabinetts bekannt, die sich aus dem Ableben des Ministerpräsidenten ergeben. Dann gab der Minister Genadjew eine Schilde⸗ rung der Laufbahn des Ermordeten.

Wie das ‚W. T. B.“ meldet, bob Senadjew die Tatsache hervor, daß es dem Manne, der im Jahre 1877 als Jüngling eine Hand in den denkwürdigen Kämpfen für die Freibeit des Landes am Schipkapaß verloren hatte, beschieden war, von der verbrecherischen Hand eines Bulgaren ju fallen. Diese blutige Tat würde jedoch die Kollegen des Veistorbenen nicht in dem Bewußtsein an ihre Pflicht erschüttern, die für sie darin bestebe, für das Wohl des Landes zu arbeiten, selbst auf die Sefahr hin, daß sie alle ermordet würden.

Auf den Vorschlag des Ministers Genadjew nahm die Kammer den Antrag an, daß die Beisetzung des Minister⸗ präsidenten auf Staatskosten stattfinden solle, sowie die Sitzungen bis nach der Beisetzung zu vertagen.

Das bisherige Ergebnis der Untersuchung gegen den Mörder Petkows deutet darauf hin, daß es sich um ein vorsätzliches politisches Attentat gegen Petkow, nicht um

er einer Verschwörergruppe angehöre und dur

bemüht, die übrigen Verschwörer ausfindig zu machen,

hat in der Nacht zum gestrigen Tage zwei Individuen ver—

haftet, die verdächtig sind, Komplicen des Mörders zu sein. Die Autopsie der Leiche des Ministerpräsidenten Petkow

hat ergeben, daß die Kugel den linken Lungenflügel und die

Lungenarterie durchbohrt hat und im Herzbeutel stecken ge

blieben ist. Die Ursache des Todes war innere Verblutung

Amerika.

Die gesetzgebenden Körperschaften des Staates Cali— gr een, haben ohne Debatte, „W. T. B.“ zufolge, de⸗ chlossen, in dieser Tagung in der japanischen Frage nichts zu unternehmen.

Afrika.

Das diplomatische Korps in Tanger hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, in der Kasbah mit den Delegierten des Machzen eine Plenarsitzung abgehalten, in der über das Reglement, betreffend den Handel mit Luxus waffen, be⸗ raten wurde. Nach einem Meinungsaustausch wurde die Weiterberatung auf nächsten Montag vertagt.

Nr. 9 de Eisenbahnverordnungsblatts“, heraus⸗

egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 10. d. M., 64 folgenden Inhalt: Erlaß des Ministers der zffentlichen Arbeiten vom 28. Februar 1907, betreffend Kleiderkassenordnung für die Beamten der Staatgeisenbahnverwaltung.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die Ehrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordnefen befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (17. Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekrekär des Innern Dr. Graf von Posa⸗ dowsky⸗Wehner und der Staatssekretär des Reichsjustiz⸗ amts Dr. Nieberding beiwohnten, stand zunächst das am 19. September 1906 in Bern abgeschlossene zweite Zusatz⸗ übereinkommen zum Internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890 nebst dem Vollziehungsproötokoll zur Beratung.

Präsident des Reichseisenbahnamts, Wirklicher Geheimer Rat Dr. Schulze Durch das internationale Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr, das nun schon seit 14 Jahren in Wirksamkeit ist, wurde für den internationalen Güterverkehr ein einheitliches Recht geschaffen; nachdem Rumänien nachträglich beigetreten ist, umfaßt das Gebiet des internationalen Frachtverkehrs jetzt nahezu alle Staaten des europäischen Festlandes. Die ersle Revision fand 1898 statt. Jetzt wird nun jum jweiten Male dem Reichstag eine zusätzliche Vereinbarung zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung vor— gelegt. Wie gut sich das einheitliche Recht in der Praxis bewährt hat, wird schon dadurch bestätigt, daß weder bei der ersten Revision, noch bei der jetzigen jweiten Revision grundlegende Aende⸗ rungen vorgenommen worden sind; man hat sich auf Einzelheiten beschränkt. Die von Deutschland eingebrachten Anträge, auch die don DOesterreich⸗Angarn gestellten, über die vorher eine Ver—⸗ ständigung stattgefunden hatte, baben den Wünschen der hierüber be—⸗ fragten Vertretungen von Handel, Gewerbe und Landwirischaft ent⸗ sprochen. Es ist gelungen, sie mit wenigen Ausnahmen zur Annahme ju bringen. Die Beschlässe sind in der der Vorlage beigefügten Denk schrift näher erläutert, und ich darf annehmen, daß es den Wünschen dieses Hauses entspricht, wenn ich auf die Einzelheiten nicht eingehe.

(Schluß des Blattes.)

In der heutigen (3) Sitzung des Herrenhauses, welcher der Finanzminister Freiherr von Rheinbaben und der Justizminister Dr. Beseler beiwohnten, teilte zunächst der

Präsident Fürst zu Inn und Knyphausen mit, daß er zum Geburtstage Seiner Majestät des Königs namens des Herrenhauses die Glückwünsche übermittelt habe. Ebenso habe er nach der Kon— stituierung des Hauses die Majestäten gebeten, dem Präsidium eine Antrittsaudienz zu gewähren; diese Bitte sei genehmigt worden, und das Präsidium habe sich bei Seiner Majestät und bei Ihrer Majestät der Königin seinerzeit gemeldet und sich als neugewählt vorgestellt.

Das Andenken des am 14. Januar verstorbenen Grafen Leopold von Kleist⸗Zützen, des am 25. Januar verstorbenen Burggrafen und Grafen Alfred zu Dohna⸗Mallmitz, des am 29. Januar verstorbenen Erbmarschalls Grafen Karl von Bodelschwingh⸗Plettenberg und des am 6. März verstorbenen Staatsministers Dr. von Boetticher ehrte das Haus in der üblichen Weise.

Neu berufen sind: Graf Nalecz-Raczynski, Graf von der Schulenburg-Angern, Oberbürgermeister Holle⸗ Essen, . von Blanckenburg und Sberbürgermeister Snay-Görlitz.

Zu Mitgliedern der Staatsschuldenkommission wurden auf Vorschlag des Staatsministers Freiherrn Lucius von Ballhausen die bisherigen Mitglieder Graf von Hutten⸗ Czapski, Graf von Redern und Dr. von Schelling durch Zuruf wiedergewählt.

Nach Eintritt in die Beratungen nahm das Haus den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Auflösung des Depositalfonds der Hauptverwaltung der Staats⸗ schul den, dem Antrage des Berichterstatters Grafen von Hutten-Czapski gemaͤß unverändert an.

Ebenso wurden nach den Anträgen der Berichterstatter die Gesetzentwürfe, betreffend die Erweiterung des Landes⸗ polizeibezirks Berlin (Ausdehnung auf Wilmersdorf), die Ab⸗ änderung des Gesetzes über den Erlaß polizeilicher Strafverfügungen wegen Uebertretungen vom 23. April 1883 und die Bildung von Paxochialver⸗ bänden in der Provinz Schleswig- Holstein, unver⸗ ãndert ange

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em Herrenhause ist der Entwurf eines Quellen— ses nebst Begründung zugegangen.

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Theater und Musik.

einen persönlichen Racheakt gegen Genadjew handelt. Den letzten Depeschen zufolge hat der Mörder . daß das Los be⸗ stimmt worden sei, Petkow zu töten. Die Polizei ist eifrig ; 1 kigte sich gestern wieder bei der Aufführung von Hedda Gabler“.

Man kennt dieses Stück in der geradezu idealen Darstellung des

Kammerspiele des Deutschen Theaters.

ö die Darstellung der auf den gedämpften Ton gestimmten Schauspiele Ibsens ist das Kammerspielhaus eine besondert geeignete Stätte; das zeigte sich schon bei der Aufführung der „Gespenster“, das

TLessingtheaters, man kennt es mit Irene Triesch und Luife Bumont

n der Titelrolle, die beide interessante Vertreterinnen der problematischen

Natur der Hedda sind. Gestern verfuchte sich Gertrud Gyfoldt zum

ersten Male an dieser schwierigen Aufgabe. Auch sie bot eine *esselnde Leistung, aber mehr noch als bei ihren Vorgängerinnen

mdfand man hier das Ausgeklügelte dieser Gestalt. Soll der Zauber, den Hedda Gabler auf ihre Umgebung ausübt, nicht nur aus den Worten verstanden, sondern auch mitempfunden werden, so darf sie

uicht als herzloses, nur auf das eigene Wohl bedachtes Weib er cheinen.

Sine kühle, überlegene Rechnerin greift nicht zuletzt zur Pisto e, selbst dann nicht, wenn sie sih einmal verrechnet hat. Heel Ey llt QWda war aber von dieser Art; äußerlich biegsam und schlllernd wie eine Schlange, im Handeln aber nicht den dämonischen Eingebungen des Augen⸗· dlicks geborchend, sondern allzu selbstbewußt. 3 . e, tra e aber doch den richtigen Ton, so bei der erften Begegnun u Döbborg und bei der teuflichen Freude an dem e,, das sie vollbringt. Den Löpborg selbst spielte Friedrich Kayßler, der unfrohe Naturen meisterlich zu zeichnen versteht. Nach diefer ichtung bin blieb er dem Charakter nichts schuldig, nur an die Geniasttät diefes derkommenen Menschen mochte man nicht so recht glauben. Mit. Albert Steinrücks Richter Brack konnte man sich einverstanden er= klären, es war eine fuß Leistung. An diejenige Sauers im Lessingtheater reichte sie freilich nicht heran; das Bessere sst nun ein⸗ mal der Feind des Guten. Völlig auf der Höhe ihrer Aufgabe standen Eduard von Winterstein als unbeholfener, gutherziger Tes⸗ man, Emilie Kurz als rührende Tante Julle und Lucte Höflich als hingebungsvolle Frau Elvsted. Hermann Bahr hatte als Regisseur mit vollem Verständnis seines Amtes gewaltet. Auch die von Edvard Munch entworfene Zimmerdekorgtion mit dem Ausblick auf den herbstlichen Wald gab dem Bühnenbilde die rechte Stimmung.

Kleines Theater. Gestern wurde im Kleinen Theater ein Werk von Hermann

Hevermanns, „Allerseelen', aufgeführt, das etwas verlege als „Spiel in drel Akten‘ bezeichnet ist. Es hat einen brian

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