1907 / 67 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 15 Mar 1907 18:00:01 GMT) scan diff

II. Für diejenigen zum Neuen Brandenburgischen Kreditinstitut gebörenden Landesteile, die nicht gleichzeitig zum Kur⸗ und Neu⸗ märkischen Ritterschaftlichen Kreditinstitut gehören, können von der Haupt ⸗Ritterschaftsdirektion zur beständigen Hilfeleifstung bei der be⸗ treffenden Provinzial⸗Ritteischaftsdirektion nach deren Anhörung Ritter⸗ schaftskommissare aus der Relhe der Gutshesitzer in jenen Landegzteilen ernannt werden. Diese Ritterschaftskommissare sind berechtigt, an den Sitzungen des Provinzial⸗Ritterschaftskolleglums teilzunehmen und haben in allen Sachen, welche sie selbst im Auftrage der Ritterschaftsdirektion verrichten und die bei versammeltem Kollegium zur Beratung und Be—= schlußfassung kommen sowie bei der Festsetzung von Taxen aus den vorbejelchneten Landesteilen volles Stimmrecht.

ö Beglaubigt: Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. von Arnim.

Minister iLum der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.

Dem Stabshoboisten, Militärmusikdirigenten Beez bei dem Infanterieregiment Freiherr von Spart (3. Westfälischen) Nr. I6 ist der Titel Königlicher Musikdirektor verliehen worden.

Königliche Akademie der Wissenschaften.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hat den ordentlichen Professor der Geschichte an der Universität Bonn, Geheimen Regierungsrat Dr. Friedrich von Bezold, den Professor am gollège de France zu Paris Arthur Chu qu et, Mitglied des Institut de France, in Villemomble Seine), das 3 des Institut de France Gabriel

onod in Versailles und den ordentlichen Professor der Ge— schichte an der Universität Bonn, Geheimen Regierungsrat Dr. Moriz Ritter zu korrespondierenden Mitgliedern ihrer philosophisch⸗historischen Klasse gewählt.

Justizministerium.

Der Rechtsanwalt Dr. Alfred Fuchs in Berlin ist zum Notar für den Bezirk des Kammergerichts, mit Anweisung seines Amtssitzes in Berlin innerhalb der Stadtbezirke 158 ö und des Stadtbezirks 153 östlich von der Andreas⸗ raße,

der Rechtsanwalt Friedrich Schäfer in Wittstock ist n Notar für den Bezirk des Kammergerichts, mit Anweisung eines Amtssitzes in Wittstock,

der Rechtsanwalt Knobloch in Suhl zum Notar für die preußischen Gebietsteile im Bezirke des gemeinschaftlichen thüringischen QOberlandesgerichts Jena, mit Anweisung seines Amtssitzes in Suhl, ; der Rechtsanwalt Lütkem ann in Hannover zum Notar * den Bezirk des Oberlandesgerichts Celle, mit Anweisung eines Amtssitzes in Hannover, der Rechtsanwalt Dr. Graff in Linz a. Rh. zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M, mit Anweisung seines Amtssitzes in Linz a. Rh. der Gerichte assessor Henseler in Düsseldorf zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts in Cöln, mit Anweisung des Amtssitzes in Wipperfürth, ; Der Gerichtsassessor Dr. Plaßmann in Cöln zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts in Cöln, mit Anweisung des Amtsfitzes in Waxweiler, und der Gerichtsassessor Dr. Bigenwald in Cöln zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts in Cöln, mit An⸗ weisung des Amtssitzes in Nideggen, Kreis Düren, ernannt worden.

Dem Notar, Justizrat Gunck in Elberfeld ist der Amtssitz in Sinzig und

dem Notar Dumont in Rhaunen der Amtssitz in Trier angewiesen.

Ministerium für Landwirtschaft, Do mänen und Forsten.

Den , Draheim in Dammwalde, Oberförsterei Fritzen, und Preuß in Födersdorf, Oberförsterei Födersdorf, beide im Regierungsbezirk Königsberg, ist der Titel Hegemeister verliehen worden. ö

Evangelischer Oberkirchenrat.

Der in die Oberpfarrstelle an St. Andreas in Eisleben berufene Pastor und Superintendent Luther, bisher in Witigendorf, ist zum Superintendenten der Diözese Eisleben, Regierungsbezirk Merseburg, ernannt worden.

Aichlamtliches. Dentsches Reich.

Prenßen. Berlin, 15. März.

In der am 14. d. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Grafen von

Posadowsky⸗Wehner abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde den Ausschußanträgen, be 22 die Regelung des Radfahrverkehrs, betreffend die Besteuerung zigareitenähnlicher Erzeugnisse und hbe— treffend Aenderung der Zuckersteuerausführungsbestimmungen, die Zustimmung erteilt. Ferner wurde angenommen die Vor— lage, betreffend einen Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und Luxemburg über den Beitritt Luxemburgs zur norddeutschen Brausteuergemeinschaft. Der „Ostafrika⸗Kompagnie“ wurden die in § 11 des Schutzgebietsgesetzes vorgesehenen Rechte verliehen. Von der Vorlage, befreffend den Geschäftsbericht des Reichsversicherungsamts für das Jahr 1906, nahm die Versammlung Kenntnis. Schließlich wurde über mehrere Eingaben Beschluß gefaßt.

Heute hielt der Ausschuß des Bundesrats für Handel und Verkehr eine Sitzung.

Das Kaiserliche Aufsichts amt für Privat⸗ . erung hat in diesen Tagen ein umfangreiches Werk: er ber nn gsftgtistit für 1904 über die unter

* 1 stehenden Unternehmungen heraus—

schließt sich nach Form und Inhalt en vorhergehenden Jahren herausgegebenen Versicherungsstatistiken an. Es werden darin alle größeren deuischen und im Inlande zum Geschäftsbetriebe zugelassenen ausländischen privaten Versicherungsunternehmungen auf Grund amtlich ge⸗ wonnenen Materials in umfassender Weise statistisch hehandelt.

Die Anordnung des Stoffes ist unter Beruͤcksichtigung der fünf Gruppen erfolgt, welche in 38 der Kaiserlichen Ver⸗ ordnung vom 23. Dezember 1991, betreffend das Verfahren und den Geschäftsgang des Aufsichtsamts, aufgeführt sind

Der Hauptteil des Werkes umfaßt 402 Seiten und bietet statische Tabellen auf Grund der dem Amte von den be— aufsichti gten Unternehmungen erstatteten Berichte. Sie be⸗ ziehen sich auf den Versicherungsbestand Ende 19604 und auf dessen Bewegung innerhalb dieses Jahres, ferner auf die Betriebsrechnung und die Bilanz für den Schluß des Berichtsjahres; auch enthalten sie wegen der Be⸗ deutung, welche dem Prämienreservefonds im Hinblick auf 561 des Versicherungsaufsichtsgesetzes zukommt, in diesem Jahre zum ersten Male Uebersichten über die von den Lebenz— versicherungsunternehmungen diesen Fonds bis Ende 1904 zugeführten Bestände. Die Aufstellungen sind getrennt nach deutschen allgemeinen Unternehmungen, , richtungen größerer Berufsvereinigungen und ausländischen Gesellschaften.

Dem Tabellenwerk ist eine 77 Seiten starke Einleitung vorausgeschickt, welche die Hauptergebnisse für jede Gruppe summarisch zusammenstellt und erläutert und welche außerdem einen allgemeinen Ueberblick über die Entwicklung des ge⸗ samten Versicherungsgeschäfts in dem Berichtsjahre bietet.

Eine besondere Tafel bringt das Anwachsen der wichtigsten Ver sicherungszweige in den letzien Jahren zur Anschauung.

Laut Meldung des, W. T. B.“ ist der ausreisende Ablösungstransport für S. M. S. „Condor“ mit dem Reichs postdampfer „Yorck“ vorgestern in Aden eingetroffen und hat gestern die Reise nach Colombo fortgesetzt.

Stettin, 14. März. Der 34. Provinziallandtag der Provinz Pommern ist gestern durch den Königlichen Kommissar, Oberpräsidenten Dr. Freiherrn von Maltz ahn mit folgender Ansprache eröffnet worden:

ochgeehrte Herren! Die Mitglieder des PoCommerschen Landtags beute von neuem bei dem Beginn ihrer diesjährigen Beratungen im Namen der Königlichen Staatsregierung begrüßen zu därfen, sst mir eine Ehre und Freude. Im vorigen Jahre konnte ich dem Landtage die Mitteilung machen, daß Seine Majestät die Provinz Pommern dadurch geehrt habe, daß einem auf der hiesigen Vulkanwerft erbauten Kriegsschiffe der größten Klasse der Name unserer Heimatprovin beigelegt ist. Der Bau und die Ausrüstung dieses Schiffes sind inzwischen soweit ge— fördert, daß es in den nächsten Monaten in die Reihe der aktiven Kriegeschiffe eintreten kann. Unter den Vorlagen, welche der Pro⸗ vinzialausschuß Ihrer Beratung unterbreitet, werden Sie einen Vorschlag finden, dem Dank der Provinz durch eine Stiftung ju Gunsten der Besatzung des Schiffes Aus— druck zu geben. Die mit der Geschichte unserer Heimat eng derwach ene Universität Greifswald, die älteste des preußischen Staats, eine Stiftung vommerscher Fürsten Huld und pommerschen Bürger⸗ sinnes, hat im vergangenen Sommer das Gedächtnis ihres 450 jährigen Bestehens gefeiert. Bei der Feier, an welcher sich auch die . wie Ihnen bekannt, beteiligt hat, sind eine Anzahl verdienter Männer der Provinz, darunter auch Ihr langjähriger stellbertretender Vorsitzender mit akademischen Auszeichnungen geehrt worden. Seine Majestät haben Allerhöchst Sich bei der Feier durch Seine Königliche Hoheit den Prinzen August Wilhelm von Preußen vertreten lassen, dessen inzwischen erfolgte Verlobung auch in unserer Provinz freudig hegrüßt ist. Auch in diesem Jahre haben wir die Hoffnung, ein Mitglied des Königlichen Hauses bei einem festlichen Anlaß in der Provinz zu sehen. Am 2. Juli wird ein Jahrhundert verflossen sein, seitdem die glorreiche Verteidigung Kolbergz durch die Aufhebung der Belagerung ihren glück= lichen Abschluß fand. Die Stadt Kolberg schickt sich an, diesen Tag festlich ju begehen, und auch an den Provimiallandtag wird die Frage gerichtet, ob und in welcher Weise sich derselbe an 9 diesem Anlaß ju errichtenden Denkmal zu beteiligen ge⸗ neigt ist.

Anter den Aufgaben, welche Ihrer Beratung warten, dürften die Vorlagen über die Aufnahme einer neuen rovinzial⸗ anleihe die wichtigsten sein. So bedauerlich an sich die Ver⸗ mehrung der Schuldenlast der Provinz ist, werden Sie, wie ich glaube sich) doch der Ueberzeugung nicht verschließen können, daß die Gründe, welche den Provinzialausschuß bestimmt haben, Ihnen diese Vorlagen zu machen, zwingend ind. Die Erweiterung der Provinzialheilanstalten bei Ueckermünde und Treptow a. Rega ist leider unvermeidlich geworden, ebenso ist die Erbauung von Dienstwohnungen bei verschledenen Provinzial⸗ anstalten wohl weifelloß nötig. Die Erneuerung der von der Provinz zu unterhaltenden Dievenowbrücken bei Wollin läßt sich vielleicht noch einige Jahre hinausschieben. Da aber. bier durch Naturereignisse die Notwendigkeit eines Neubaues unvermutet früh herbeigeführt werden kann, empfiehlt es sich wohl, auch hierfür die Mittel zur Verfügung ju stellen. Handelt es sich bei den obengenannten Ausgaben um solche, welche aus den gesetzlichen Verpflichtungen der Provinz mit zwingender Notwendigkeit folgen, so liegt bei den Anforderungen zur Verstärkung des Kleinbahn⸗ fond und Meliorationszinsenfonds eine gleiche zwingende Notwendig⸗ keit war nicht vor; wenn Sie aber erwägen, daß es ssch hier um wichtige Angelegenheiten der Landesmelioration handelt und daß bei dem Versagen propinzieller Unterstützungen auf diesen Gebieten auch die Gewährung staatlicher Gelder für folche Meliorationszwecke in Frage gestellt wird, so werden Sie, wie ich annehmen möchte, auch hier den Vorschlägen des Provinzialausschuffes Ihre Zustimmung nicht versagen. Die übrigen Vorlagen, welche Ihnen gemacht werden, sind gleicher Art wie in früheren Jahren. In dem Vertrauen, daß Sie, wie stete, auch in diesem Jahre mit bewährter Treue Ihre Arbeiten erledigen werden, wünsche ich denselben einen gesegneten Erfolg und erkläre kraft des mir erteilten Auftrages Seiner Majestät den 34. Provinzallandtag der Provinz Pommern für eröffnet.

Unter dem Vorsitz des Alterspräsidenten, Wirklichen Ge⸗ heimen Rats von Rexin brachte die Versammlung zunächst ein Hoch auf Seine Majestät den Kgiser und König aus und wählte en den Staatsminister von Heyden⸗ Cadow zum Vorsitzenden und den Geheimen Regierungsrat, Oberbürgermeister a. D. Dr. Haken zum Stell⸗ vertreter des Vorsitzenden. Die Gewählten nahmen die Wahl an. Nach der Wahl der Schriftführer und Feststellung der anwesenden Mitglieder durch Namengaufruf erfolgte die Bilbung der Abteilungen, die Mitteilung des Vorsitzenden über die vorliegenden Geschäftssachen und deren Verteilung an die Abteilungen. Es wurden sodann Wahlprüfungen vor⸗

an die in den

Braunschweig.

Der Herzog von Cumberland hat an schweigische Staatsministerium ein vom 6 Had Schreiben gerichtet, in dem er gegen den Serge Bundesrats protestiert. Nach einer Meldung des des T. 6. , es 6 ö Schreiben: WV.

= en Bundesratsbeschluß vom 28. Februnr könn ; wie den Beschluß des Hundetratz 6. 2. Juli . 1 len ansehen und wir müssen unsere und unseres Hauses Rechte ö erzogtum Braunschw .

solch

datiertes

verãnderten . endgültigen ,

tume nicht b ngs mah

nicht der⸗ zulassigen verän die r. Thron. schweig in

rbundenen

rgane des Herzogtums ssen, mit allen reichs Mitteln dafür einzutreten,

fort

Der Herzog ersucht dann das Staatsministerium, di Schreiben zur ger ia; der Landes versammlung zu ,

Großbritannien und Irland.

Im Unterhause fragte der konservative Abgeor Collings bezüglich des Sn *tter fr werfe fferanen Kingston an, ob es für einen Admiral einer anderen See macht nach den Regeln der völkerrechtlichen Etikette zulaͤssi sei, eine bewaffnete Mannschaft in einer britischen Kolonie zu landen, ohne um die Erlaubnis des Gouverneurs nachzusuchen

Nach dem Bericht des W. T. B. antwortete der Stanse⸗ sekretär für auswärtige Angelegenheiten Sir Edward Grey daß das allerdings nicht zulässig sei; er bemerke jedoch, daß bei dem n ag stehenden Vorfall ein Recht zu solcher Handlung weise garnicht eansprucht worden sei. Mißverständnisse seien angesichts solch eine Unglück etwas Natürliches; die Handlungsweise des amerikanischen Admirals sei lediglich der Ausfluß menschlichen Fühlens und de Wunsches, die Leiden zu lindern, gewesen, es sei unwärdig und unwahr seinem Handeln irgend welche andere Deutung zu geben. ; Der Premierminister Sir Campbell⸗Bannerman kündigte an, daß das Haus sich für die Osterferien vom 2; März bis zum 8. April vertagen werde. Darauf hat Thom son (kons.) den Staatssekretär des Aeußern Sir Edward Grey, Schritte zu tun, damit irgend ein Handele⸗ abkommen zwischen Deutschland und den Ver— einigten Stagten den britischen Handel nicht un— gün tig beeinflusse⸗

Der Stgatssekretär Grey erwiderte, wenn irgend ein den britischen Handel berührendes Abkommen zwischen Deutschland und den Ver, einigten Staaten getroffen werde, werde die brstische Regierung mit

den Vereinigten Staaten so in Verbindung tresen, wie es er, forderlich sei.

Frankreich.

Der deutsche Botschafter Fürst Radolin hat sic gestern, nach einer Meldung der „Agence Havas“, in das Minister ium des Aeußern begeben, um dem Minister Pich on mitzuteilen, daß der Deutsche Kaiser in damit beauftragt. habe, der französischen Regierung und der Familie Casimir⸗-Périers sein und der deutschen Re ren Beileid zu dem Tode des ehemaligen Prä— identen der Republik auszusprechen. Der Minister des Aeußern hat den deutschen Botschafter gebeten, dem Kaiser Wilhelm und der deutschen Regierung den Dank der Re— publik für diesen Schritt übermitteln zu wollen, der ganz be— sonders gewürdigt werden würde und den zur Kennmnis des Präsidenten der Republik und der Familie Casimir⸗Pẽriers zu bringen, er sich beeilen würde.

Im Senat widmete gestern der Präsident Dubost den Matrosen von der „Jéna“ einen Nachruf, in dem ear W. T. B.“ zufolge, seiner tiefen Hochachtung für die ehrenvoll Gestorbenen und seiner Bewunderung für den Heldenmut der überlebenden Mannschaft der „Jena“ sowie der übrigen Matrosen Ausdruck gab und die Familien der ums Leben gekommenen des tief empfundenen Mltgefühls versicherte. Der Präsident verlas sodann das Beileidstelegramm des italienischen Senats sowie die Antwort, die der Kriegsminister Piquart namens der Regierung abgesandt hat. Die Sitzung wurde dann zum Zeichen der Trauer geschlossen.

In der gestrigen Sitzung der Deputierten kammer verlas der Präsident Brisson das vom Präsidenten der italienischen Kammer eingegangene Beileidstelegramm aus Anlaß der Katastrophe auf der „Jena“ und hielt eine Ansprache, in der er zunächst an den Üntergang des Untersee—⸗ boots „Lutin“ erinnerte und daran folgende Ausführungen knüpfte: ;

Sier bietet sich uns im Verlaufe weniger Wochen abermals dat Schauspiel, daß ein Gefühl der Teilnahme, fast hätte ich gesagt, der gegenseitigen Liebe, des tiefen Empfindens der Solidarität und Brüder= lichkeit der Menschheit, Völker bewegt, Völker, die gleichwohl aber lassen wir diese betrübenden Gegensẽtze beiseite; lassen Sie uns in diesem Aufwallen der Gefühle die ersten Keime eines jukünftigen besseren Menschentumg begrüßen, das vor allem in höherem Maße über sich selbst und seine Bestimmung Herr bleibt. Die aus allen Gegenden kommenden Spmpathiekundgebungen sind bei dem Unglück unser einziger Trost. Brisson widmete sodann den Umgekommenen einen ehrenden Nachruf und drückte den Angehörigen derselben das Mitgefühl der Kammer aus.

Darauf wurde, wie im Senat, die Sitzung zum Zeichen ö. nc aufgehoben und die nächste Sitzung auf heute an⸗ eraumt.

Rußland.

Die oppositionellen Parlamentsfraktionen hielten gestern abend Beratungen über ihre Haltung gegen⸗ über der zu erwartenden Regierungserklärung ab, die bis tief in die Nacht andauerten, ohne daß ein endgültiger Beschluß erzielt wurde. Die Sozial= demokraten erklärten, daß sie bei ihrem Beschlusse der⸗ harren und schlugen der Arbeiterpartei vor, sich ihnen anzu— schließen, was diese aber verweigerte. Heute soll die Frage in einer Pause der Dumasitzung, die vor der Verlesung der Regierungterklaͤrung statffinden soll, nochmals von den

gegeben. Di Veröffentlichung, welche bei J. Guttenta Verlagsbuchhandlung, G. m. b. H. in Berlin ö ö

genommen.

Fraktionen beraten werden.

Italien. . ern veröffentlichtes, vom 6. d. M. datiertes Dekret 6e. der Inquisition erneuert, , . 5 die bereits am 13. Juni 1900 gegen den schismatischen ischof Villatte ansgesprochene große Exkom⸗— i n. 2 5 Hao er Deputiertenkammer teilte gestern der Minister⸗ „Giolitti mit, daß der Deputierte Victor Emanuel Ju stizm inister ernannt worden ist.

Niederlande.

Die Zweite Kammer hat einen Gesetzentwurf an⸗ nommen, betreffend die Teilnahme derjenigen Staaten an ö Haager Konferenz, die auf der ersten Konferenz nicht

hertitten waren. Dag Gesetz ermächtigt, W. T B.“ zufolge,

U tegierung, daß sie mit diesen Staaten Verträge zum

Beitriti zum Friedenskonventionsvertrag vom 29. Juli 1899

abschließen kann, ohne jedesmal die Genehmigung der Kammer

en.

. das „Reutersche Bureau“ erfährt, steht es endgültig est, daß die Begrenzung der e fen auf der Haager

donferenz erörterk werden soll, obgleich es noch ungewiß ist,

in welcher Form und durch wen der Gegenstand zur Sprache

gebracht werden soll.

asiden ien zum

Türkei.

Bei Nigoslav, 20 km südwestlich von Serres, hat, nach einer Meldung des W. T. B.“, am Sonnabend ein Kampf zwischen Truppen und einer acht Mann arken griechischen Bande stattgefunden. Der Banden⸗ chef Hihi: Pascal, der im November 1906 einen Massen⸗ mord an 17 Bulgaren in Karadschakoej inszeniert haben soll, und drei Komitaischis wurden getötet; der Rest der Bande . Bei dem Bandenchef wurden kompromittierende

Fapiere gefunden. Serbien.

In der Skupschting erklärte gestern der Minister⸗ prasident Pas chitsch, „W. T. B.“ zufolge, vor Eintritt in bie Tagesordnung auf eine Anfrage des Sozialdemokraten Laprebitsch, daß die Regierung der Einsetzung einer Fommission zur Untersuchung der an anderer Stelle ge— neideten Vorgänge vor der Belgrader ö ufsimme. Das Haus ging sodann zur Beratung des Budgets 3 1907 über, das der Finanzminister Patschu nach Dar⸗

een, der günstigen Finanzlage des Landes zur Annahme

empfahl. ( gl Führer der Jungradikalen Liu ba Stojanovie erklärte,

dah seine Partei gegen das Budget stimmen werde, weil in einzelnen Zweigen der Staatsverwaltung nicht korrekt gehandelt werde.

Die Debatte wurde hierauf auf morgen vertagt.

Nach dem Rechnungsabschluß für 1906 ergaben, obiger Quelle ge die Staatseinnahmen 6439 692 Dinare mehr als im Jahre 1905; und zwar ergaben die direkten Steuern 944 6853, die Monopole 1 5099 574, die Zölle 2922998 und die Eisenbahnen 1 062435 Dinare mehr. Dies

ilt, wie amtlich hervorgehoben wird, als ein neuer Beweis an, daß der österreichisch-serbische Konflikt keine nachhaltige Wirkung auf die Finanzen Serbiens ausgeübt hat.

Bulgarien.

Die Untersuchung wegen der Ermordung des Ministerpräsidenten Petkow hat, Meldungen des „W. T. B.“ zufolge, Anhaltspunkte für die An⸗ nahme ergeben, daß sozialistische Elemente unter der Studentenschaft mit dem Morde in entferntem Zusammenhage stehen. Der Mörder des Minister⸗ präsidenten beginnt jetzt kleinmütiger zu werden und zeigt bereits Reue, während er bisher ein selbstbewußtes Benehmen zur Schau getragen hat. Das Verhör mit ihm wird unter Zuziehung von Zeugen abgehalten, um etwaigen Behaup⸗ lungen zu begegnen, daß der Mörder bei seinen Aussagen be⸗ einflußt worden sei. Die gerichtsärztliche Untersuchung hat er⸗ geben, daß der Mörder geistig normal, wenngleich hochgradig exaltiert ist. Nach einer Depesche des genannten Bureaus hat er ge⸗ standen, daß er den Mord unter dem Einfluß der verhetzenden Artikel der oppositionellen Presse sowie wegen seiner eigenen und seiner Mutter verzweifelten materiellen Lage verübt habe. Er hat ferner eingeräumt, daß der Mordplan mit den Kom⸗ plizen zu wiederholen Malen beraten worden sei, wobei beschlossen wurde, den Fürsten Ferdinand oder den Ministerpräsidenten Petkow oder Genadjew zu töten, damit das jetzige ge—⸗ walttätige Regime beseitigt werde. Auch zwei in Frankreich studierende Universitätshörer hätten den Mörder brieflich zu der Mordtat angefeuert.

Die meisten Verhafteten sind wieder auf freien Fuß ge⸗ setzz worden. Im ganzen sind etwa 30 Personen noch in Haft, darunter einige, mit denen der Mörder heimliche Zusammen⸗ künfte hatte. Hierzu gehören der Student Dimitrow und die entlassenen Beamten Mirtschew, Bojadschiew, Chranow und Graschew.

Amerika.

Einer Meldung der „Associated Preß“ zufolge hat der Präsident von Nicaragua aus Sanchez (Honduras) vor⸗ gestern telegraphisch gemeldet, daß der Feind nach i n, Kämpfen bei Maraita vollständig geschlagen worden sei.

Asien.

ANUeber den Besuch des Emirs von Afghanistan in Indien herrscht, wie dem „Pioneer“ aus Peshawar berichtet wird, unter den fanatischer gesinnten Afghanen große Unzu⸗ friedenheit. Es wird daran Anstoß genommen, daß der Emir mit englischen Offizieren gespeist und Freundschaft mit ihnen geschlossen, sowie europäische Kleidung angelegt und englische Sachen gekauft habe, besonders aber daran, daß er sich als Freimaurer habe aufnehmen lassen. Bei einer zersammlung von Mullahs bei Jellalabad wurden auf— rührerische Reden gehalten und der Emir beschuldigt, durch einen Eintritt als Freimaurer seine Religion verleugnet zu aben. Einige bigotte Mullahs erklärten sogar, daß der Emir nicht länger würdig sei, Herrscher zu bleiben. Der Sirdar Inayatull ah Khan verhandelte zunäͤchst mit den Mullahs, ließ dann aber durch Truppen die Versammlung auflösen. Abwohl es hierbei zu sehr erregten Szenen kam, wurde ein

lutvergießen vermleden.

Afrika.

Wie der „Daily Telegraph“ aus Tanger meldet, ist ine Deputation bes Stammes ber Beni⸗AÄrog hort eingetroffen,

führt habe, die mit Patronen, Geld und Gepäck beladen seien. Wohin Raisuli sich gewendet habe, sei unbekannt. Der Inspekteur der marokkanischen Polizei, Oberst Müller und sein Adjutant Hauptmann Fischer sind gestern in Tanger eingetroffen.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Herrenhauses befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage. Der Bericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten wird wegen verspäteten Eingangs von Stenogrammen erst morgen veröffentlicht werden.

In der heutigen (19) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. Graf von Posa⸗ dowsky⸗Wehner beiwohnte, wurde das zweite Zusatzüber⸗ einkommen zum Internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890, nebst dem Vollziehungsprotokoll im einzelnen und im ganzen ohne Debatte endgültig genehmigt.

Es folgte die Interpellation der Sozialdemokraten (Abgg. Albrecht und Gen), betreffend Eingriffe von Behörden usw. bei der Reichstagswahl. Die Interpellation lautet:

Ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, daß das Reichskanzler⸗ amt, das Reichsmarintamt, das Reichspostamt und das Oberkom⸗ mando der Schutztruppen in die Agitation für die Wahlen zum Reichstag eingegriffen haben, und zwar sowohl durch Erteilung von Winken und Ratschlägen als auch durch Herstellung und Verbreitung von Agitationsmaterial und die Sendung von Agitatoren für die Wahl von Kandidaten der sogenannten nationalen Parteien?

Ist weiter dem Herrn Reichskanzler bekannt, daß der deutsche Flottenverein, der von den Polizeibebörden als unpolitischer Verein angesehen und behandelt wird, die Wabhlagitation durch Wort und Schrift beeinflußte und dabei im Einverständnis mit dem Reichs—⸗ kanzleramt handelte? .

Und was gedenkt der Herr Reichskanzler gegen diese ungesetz⸗ lichen Handlungen ju tun?

Auf die Frage des Zweiten Vizepräsidenten Kämpf, ob und wann der Reichskanzler bereit sei, die Interpellation zu beantworten, erklärte der

Staatssekretär des Innern Dr. Graf von Posadowsky⸗ Wehner:

Der Reichskanzler lehnt die Beantwortung der Interpellation ab im Hinblick auf seine allgemeinen Erklärungen vom 25. und 26. Fe⸗ bruar. Sollte sich bei der Verhandlung der Wahlprüfungen ergeben, daß berechtigte Beschwerden gegen einzelne ihm nachgeordnete Beamte vorliegen, so wird der Reichskanzler nicht zögern, geeignete Weisungen zu erlassen.

Der Staatssekretär und die übrigen Mitglieder

Bundesrats verließen darauf den Saal.

Der Abg. Singer (Soz) beantragte die Besprechung der Interpellation.

Die Besprechung wurde mit den Stimmen der Sozial⸗ demokraten, des Zentrums und einiger Freisinnigen und Volks—⸗ parteiler beschlossen. . .

Abg. Fischer⸗ Berlin (Soz.): Die Antwort des Staatssekretärs beruht auf ganz falschen Voraussetzungen. Unsere Interpellation richtet sich nicht dagegen und verlangt nicht Auskunft darüber, was untergeordnete Beamte getan haben, sondern sie bezieht sich darauf, was der Reichskanzler selbst und andere Behörden an Wahl⸗ beeinfluffungen geleistet haben. Seitdem der Reichstag existiert, hat er von jeher an dem Grundsatz unverbrüchlich festgehalten, daß die Wahlen sich vollziehen müssen ohne jeden Einfluß der Regierung und ihrer Organe. Die Ueberzeugung von der Not⸗ wendigkeit des Schutzes der Wablfreiheit und des Wahlgeheim- nisses hat sich im Laufe der Jahre bei den Parteien nicht abge⸗ schwächt; man bat im Gegenteil eine Ausdehnung dieses Schutzes verlangt. Die Wahlen sind kassiert worden, weil sechs Mongte dor Ausschreiben der Wahl ein Regierungspräsident und ein Minister sich über gewisse Wahlkanditaturen geäußert hatten. Diese strenge Auffaffung scheint nicht mebr zu besteben. Hätte eine Re—⸗ gierung das Recht, auf die Gestaltung der Wablen einen Finfluß auszuüben, dann wäre der Ausgang einer Wahl nur noch abhängig von der mehr oder minder großen Gewissen⸗ losigkeit, von dem Grade der Korruption, den die Regierung ausübt.

(Schluß des Blattes)

des

In der heutigen (34) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. Ange⸗ legenheiten Dr. von Studt beiwohnte, wurde zunaäͤchst der Abg. Graf von Spee (Gentr.) in der i g feierlichen Weise auf die Verfassung vereldigt und sodann die zweite Beratung des Staatshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1907 im Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterricht s⸗ und Medizinalangelegenheiten bei dem Ausgabetitel „Gehalt des Ministers“, zunächst die Besprechung des pol nischen Schulstreiks fortgesetzt. J

Abg Kindler (frs. Volksp.): Namens meiner Freunde erkläre ich, daß wir mit allen Parteien deg Hauses, mit Ausnahme der Polen, den Schulstreik beklagen und mißbilligen und seine baldige Beendigung wünschen. Wir können aber nicht den Maßnahmen folgen, welche Freiherr von Zedlitz gestern vorschlug; wir werden für Auß⸗ nahmegesetze nicht zu haben sein. Freiherr von Zedlitz wünschte, ö. den Geistlichen, die für den Streik agitiert haben, der Brotkorb höher gehängt werden möge. Dafür sind wir nicht zu haben. Es wäre bedauerlich, wenn die lonservativ⸗ liberale Paarung als erstes Erzeugnitz ein solches Gesetz hervorbringen sollte. Wir verstehen es, daß die He ihre Natz onalitãt wahren, wie wir es von unsern deutschen Mitbürgern im Auslande wünschen. Mit kleinen Nadelstichen ist hiergegen nichts zu machen. Wir haben aber nichtzs dagegen, wenn mit den bestehenden Gesetzen die großpolnische Agitatlon bekämpft wird. Ein so mächtiger Staat, wie Preußen und das Veutsche Reich, soll nicht Ge= spenfler sehen und immer von Gefahren sprechen, die nicht da sind. Allerdings müssen die Polen loyale Staatsbürger sein und sich im Rahmen der Gesetze halten. Wir verstehen einen politischen Kampf unter Männern, aber dieser Kampf hier, in dem man die Kinder in den Vordergrund gestellt und als Panzer vorgeschoben hat, entspricht nicht unseren Anschauungen. Für den Streik sind religiöse Gründe angeführt worden; aber wenn seit Jahrlehnten am Religionsunterricht nichts eändert ist, so ist es ein Widerspruch, daß jetzt der Streik erst aus . Nichts ist in neuerer Zell an dem Rellgiongunterricht geändert worden. Der Streik bensebt sich nur auf die Elementarschulen, Haben etwa die polnischen Eltern der Kinder in anderen Schulen ein weniger zartes Gewissen? Das ist doch ein Beweis, daß der Streik künstlich gemacht worden ist. Nichts rechtfertigt aber die Maßregel ber Regierung, daß sie die Eltern strast, indem sie ihre Kinder aus den höheren Schulen verwelst. Diese Maßregel können wir nicht billigen, ebensowenig die Verwelsung von Schülern aus dem

ö dem Kriegsminister Gebbas mitteilte, daß Ra isul i von en Beni⸗Aros geflüchtet sei und 16 Maultiere mit sich ge⸗

Seminar und Präparandehanstalten. Und dieser Schade ist nun einmal , ü. selbst wenn diese Maßregel nach Beendigung des Schulstrelks

wieder aufgehoben wird. Dle Polen baben zugegeben, daß neben dem religiösen Motive auch politische Gründe,. mitspielen, Wir können hier nicht entscheiden, was die Kirche für richtig hält, denn da steht Autorität gegen Autorität. Das Tridentinum widerspricht aber nicht der Forderung, daß der Religionsunterricht in der deutschen Sprache erteilt wird, wenn die Kinder darin das nztige Verständnis für die Religion gewinnen können. Die Klagen der olen richten sich allerdings nicht so sehr gegen die betreffende fnisterlalverfügung selbst wie gegen deren Handhabung. Die pol⸗ nischen Kinder müssen jedenfalls mit Wohlwollen und Entgegenkommen behandelt werden; die Spannung, die schließlich den Streik hat ausbrechen lassen, ist nicht allein durch die polnischen Agitatoren, sondern auch durch falsche Maßnahmen der Regierung hervor⸗ gerufen worden. Dadurch sind die nationalen Gegensätze berschärft worden. Gewiß muß die deutsche Sprache die Unierrichtssprache sein, aber in der Verdrängung der polnischen Sprache aus der Volksschule ist die Regierung doch zu weit gegangen. Auf die gegen die Polen gerichteten wirtschaftlichen und kulturellen Maßnahmen der Regierung will ich hier nicht eingeben, wir wollen aber hoffen, daß die Augnahmegesetzgebung für die Ostmark aufhört, Daß die Regierung in der Bekämpfung des Schulstreiks maßvoll vorgegangen ist, wollen wir anerkennen, und in gleicher Weise müssen wir dem Verhalten der Lehrer Anerkennung jollen. Aber pekuniäre Maßnahmen, wie die Entziehung von Staatzsunterstützungen, würden auch die Unschuldigen, auch die deutschen katholischen Eltemn mittreffen. Herr von Heydebrand sagte gestern, die Polen müßten dankbar sein für die kulturellen Wohltaten, die ihnen der preußische Staat gebracht hat. Er erklärte ferner, daß die Polen durch die Maßnahmen der preußischen Regierung selbst einiger ge⸗ worden sind. Wir finden aber in dieser Tatsache eine schãrfere Verurteilung der Polenpolitik. Im Reiche scheint die bureaukratische Schablone auf dem Gebiete der äußeren Kolonisation endlich ab⸗ gestreift zu sein. Wir hoffen, daß der neue Mann im Kolonialamt Erfolge zeitigen wird. Möge man auch in Preußen die bureaukratische Schablone auf dem Gebiete der Ostmarkenpolitik abstreifen, damit der Staat nicht noch weiteren Schaden erleide.

(Schluß des Blattes.)

Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes, be—⸗ treffend den Gebührentarif für den Kaiser Wilhelm⸗ Kanal, nebst Begründung zugegangen.

Literatur.

Berliner Architekturwelt‘“. Zeitschrift für Baukunst, Malerei, Plastik und Kunstgewerbe der Gegenwart. Verlag von Einst Wasmuth, Berlin. Preis des Jahrgangs 20 M6 Heft 10 behandelt in einem namentlich für den Berliner recht intereslanten Artikel die Frage der Umgestaltung des Brandenburger Tores. Der Verfasser spricht sich gegen eine Freilegung aus und gibt Anregungen, nach denen ein Umbau der Seitenanlagen auszuführen wäre. Einflüsse unserer veränderten Lebensbedingungen auf die Architektur zeigt ein zweiter gedankenreicher Aufsatz an der 6 der im Heft enthaltenen Entwürfe, von denen nur jwel Trabener Villen von B. Möhring mit Innenansichten, ein schön dar— gestellter Entwurf zum Sportplatz Hundekehle von Hart und esser und eine Kirche für Plauen von Vollmer und Ivan genannt seien. Ein Artikel im Heft 11 gibt manches Bemerkenswerte zur Verbesserung der Akustik, Optik und der Verkehrsmöglichkeit in den Theatern. An Abbildungen bietet das Heft die Innenräume eines modernen Flensburger Wohnhauses, Ansichten von der Berliner Handelshochschule, einiger Wohn und Geschäftshäuser und die neuesten Schöpfungen Alfred Messels in Berlin: das mehr von Tradition und Umgebung abhängige Haus Schulte und das originelle, sehr fein empfundene Geschäftshaus der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft, dessen Treppen- häuser, Vorhalle und Sitzungszimmer in Heft 12 wiedergegeben sind. Mit diesem Heft, das an Reschhaltigkeit den anderen nicht nachsteht, sindet der IX. Jahrgang des Werkes seinen Abschluß. Das eingehende Studium der Hefte kann jedem Architekten und Kunstgewerbetreibenden empfohlen werden.

Im gleichen Verlage erschienen: Hugo Lederer. Sonderheft der „Berliner Architekturwelt'. Preis für Abonnenten 3 4A sonst 5 6 Durch das Hamburger Bismarkdenkmal ist der Name Hugo Lederers in weiten Kreisen bekannt geworden. Der große Erfolg ist dem Künstler nicht in den Schoß gefallen, sondern Genie und Arbeit haben ihn redlich darum kämpfen lassen. Sein erstes Werk, „die Lützower Reitert, hat wohl mehr wegen des behandelten Stoffes so weite Verbreitung gefunden; aber schon die zweite Schöpfung, ‚das Schicksal', läßt den werdenden großen Bildhauer erkennen in dem Streben nach großartiger Form, die in den Körpern und namentlich in den Köpfen erreicht wurde. In dem kauernden Mädchen löste er die Aufgabe, den menschlichen Körper in der Bewegung so darzustellen, daß er, von jedem Standpunkt betrachtet, eine interessante, bejeichnende Silhouette bietet. Mit den beiden letztgenannten Werken hatte Lederer den Grund für seine Kunst gelegt, von dem aus er das Lisztdenkmal, den Breslauer Universitätsbrunnen und das Hamburger Bismarckdenkmal schuf. Das Sonderheft zeigt die genannten Werke und viele andere in sehr guten Nachbildungen. Mit erläuterndem Text und einer Biographie des Künstlers von Fritz Stahl versehen, wird das Heft geeignet sein, das Interesse für Hugo Lederer in die weitesten Kreise zu tragen.

In demselben Verlag erschienen: Architekturkonkurrenzen“. I. Band Heft 12, II. Band Heft 12. Preis des Heftes 1,80 4M; der Band 15 S Die Hefte enthalten Entwürfe für Schulen in Buer und Altenessen und für einen Saalbau in Mülhausen i. E. Wie die abgebildeten Arbeiten zeigen, sucht man von der lange Zeit geübten Sitte, Schulfassaden in Backstein ausjuführen, abzu— kommen; man wählt als Material jetzt lieber den freund⸗ licheren weißen Putz, der dem Gebäude das düstere, strenge Aussehen nimmt. Die umfangreiche Aufgabe, einen Saalbau für Mülhausen zu entwerfen, stellte große Anforderungen an das Können der Architekten; trotzdem finden sich unter den Entwürfen Arbeiten, die in ihrer Architektur wie in ihrer Grundriß und Raumanordnung vorbildlich, und daher zur Veröffentlichung besonders geeignet sind.

Theater und Musik.

Im Königlichen Qpernhause findet morgen, Sonnabend, eine Wiederholung von „Salome“ unter der persönlichen Leitung des Komponisten statt. Fräulein Destinn singt die Titelrolle; die Damen Plaichinger, Goetze, die Herren Grüning, er mg Kirchhoff sind in den übrigen Hauptrollen beschäftigt. (Anfang 8 Uhr.)

Im Königlichen Schauspielhaufe wird morgen Oskar Blumenthals Lustspiel Das Glashaus‘, mit den Herren Boettcher, Kraußneck, Keßler, Eggeling, Sommerstorff, Patry, Vallentin und den Damen von Mayburg, Schramm, Arnstädt, Butze und Willig in den Hauptrollen, aufgeführt.

Das Gastspiel ven Joseph Kainz im Neuen Schau— spielhause ist bis 28. März verlängert worden. Eine weitere Verlängerung ist ausgeschlossen, da der Urlaub des Künstlers mit diesem Tage abläuft. Morgen spielt Kainz den Leon in „Weh dem, der lügt!“ zum letzten Male. ;

Im Trianontheater fand gestern, Donnerstag, die 50. Auf⸗ führung von „Fräulein Josette meine Frau ' statt.

(Der Konzertbericht befindet sich in der Dritten Beilage.)