1907 / 69 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 Mar 1907 18:00:01 GMT) scan diff

nehmen, daß die Unterrichts verwaltung die Hand, die dies Haus ihr 6 64 um solchen Foꝛtschritt in nächster Zeit in kräftiger und energischer Weise zu machen, nun ihrerseits mit schöpferischer Kraft und schöpferischem Willen ergriffen hätte. Ich habe schon bei der Beratung des Etats des Ministeriums des Innern hervor. geboben, daß der Gedanke immer mehr Platz greift, ob es sich nicht empfiehlt, die Unterrichtẽe verwaltung aus dem Kultusministerium aus- zusondern und sie zu einem besonderen Ministerium aus ugestalten. Diese Stellung der Unterrichtsverwaltung gegenüber dem Antrag hat mich in der Ueberijeugung bestärkt, daß auf die Dauer die Lösung der großen Aufgabe, welche unserer Unterrichts verwaltung gestellt ist, nicht gelingen wird, wenn die Unterrichtg verwaltung in der Ministerial— instanz im Nebenamt von dem Minister für Kultus, und Medizinal— wesen wahrgenommen wird, sondern daß die Unterrichtsverwaltung im Hauptamt wird wahrgenommen werden müssen durch einen eigenen Minister, der seine ganze Kraft darauf verwendet, und daß dieser in dem Sinne, wie wir zum Landwirtschaftsminister, zum Krlegsminister und jum Justizminister einen Fachmann haben, naturgemäß ein Mann wird sein müssen, der nach allen Richtungen praktisch und theoretisch mit dem Unterrichtswesen, mit der Bildung unseres Volkes in engem Zusammenhange steht. Wie dem aber auch sein mag, so scheint mir aus dem ganzen Verhalten der Unterrichtsverwaltung im vorliegenden Falle hervorzugehen, daß zwischen den großen Aufgaben und der Fäbiakeit, sie iu bewältigen, innerhalb der Unterrichtsverwaltung ein starkes Mißverhbältnis be— steht, das möglichst bald. beseitiat werden muß, wenn anders wir nicht Gefahr laufen wollen, daß wir mit der Lösung der Kulturaufgaben ins Hintertreffen kommen. Aber das darf keinesfalls die Landesvertretung gestatten, sie muß ihrerseits mit allen Kräften dahin wirken, daß wir auf diesem Gebiete fortschreiten, energisch fortschreiten zu dem Ziele, das uns gesteckt ist, und daß wir nicht wegen eines Defizits fähigkeit der Unterrichtsverwaltung mitten - stecken bleiben. Unser Abgeordnetenhaus hat, abgesehen von der der Landesvertretung obliegenden Verpflichtung, noch ein ganz besonderes Interesse, darüber zu wachen, daß die Kulturaufgaben, namentlich die Kulturaufgaben, die bezwecken, die große Masse des Volkes zu fördern und zu heben, mehr denn je in Preußen ge⸗ fördert werden. Man wirft uns vor, ein Klassenparlament, ein Geldsackparlament zu sein; wir haben die

auf dem Wege

dringende Aufgabe, den Beweis ju liefern, daß wir trotzdem die Kulturaufgaben, die uns gestellt sind, die Fürsorge für die Erziehung und Bildung der großen Masse des Volkes, mit aller Kraft und Energie pflegen und fördern wollen, und deshalb müssen wir nach dieser Richtung Stellung nehmen gegenüber der Unterrichtsverwaltung. Wenn ich Sie auffordere und bitte, für den Antrag, auch wenn Sie nach manchen Rich⸗ tungen Bedenken haben, zu stimmen, so geschieht es in der Hoffnung und Erwartung, daß das Haus sich stark machen wird, nach allen Richtungen die Unterrichtsverwaltung zu drängen und zu treiben zur Lösung der großen Aufgaben, die uns auf dem Gebiete der Schule erwachsen, und dafür zu sorgen, daß die preußische Schule wiederum vorbildlich wird nicht bloß für Deutschland, sondern für die ganze Welt. Ministerialdirektor D. Schwartzkopff: Der Minister hat mich

beauftzagt, einige Aeußerungen in der Debatte richtig zu stellen. Der Abg. Funck meinte, daß der Erlaß des Kultusministers b. Goßler, wonach bei der Besetzung der Kreisschulinspektionen auch Seminar und Mittelschullehrer bedacht werden sollen, in der Praxis nicht mehr be— achtet würde, und bezieht sich auf die Zustände in Hessen · Nassau. In der Presse bat dieselbe Anschuldigung gestenden. Sie beruhtaber auf einem totalen Irrtum in bezug auf die tatsäch lichen Vorgänge. In Hessen⸗ Nassau gab ts die sogenannten Realschulen, von denen zweifelhaft war, ob sie als Vollsschulen, Mittelschulen oder Realschulen anzusehen seien. Diese Schulen unterstanden früber dem sogenannten Rektor, der mit der Kreisschulinspektion für iede einzelne Schule betraut war. Er war also gar nicht eigentlich Kreisschulinspektor, sondern übte die Aufsichts— funktion für jede einzelne Schule. Schon vor langer Zit kam in der

entralinstanz zur Sprache, daß in dem Zentralblatt und den amtlichen kachweisungen diese Rektoren in der Tiste der Kreisschulinspektoren geführt wurden, und es wurde angeordnet, daß kei Neubesetzung der Stellen sie aus der Liste der Kreisschulinspeltoren im Zentralblatt ge— strichen werden sollen. Den Titel Kreisschulinspektor hat man den Herren nicht nehmen wollen, aber sie sind allmählich aus der Liste der Kreisschulinspektoren verschwunden. Diese Feststellung wird Herrn Funck beruhigen. Jedenfalls kesteht keine Tendenz, die Theologen zu bevorzugen. Es ist eine ganz irrige Behauptung, daß irgend ein Mangel an Zudrang zum Lehrerberuf vorliegt. Im letzten Jahre hatten wir bei 7500 Stellen ein Angebot von 10 50 Bewerbungen; 22 0o mußten zurückgewiesen werden. Trotzdem behaupten die Herren in jedem Jahre wieder, der Lehrer mangel entstebe durch schlechte Gehälter und durch die geistliche Schulaufsicht. Die Schaffung bon Lehrerkildungsanstalten ist der einzige Ausweg. Deshalb hat der jetzige Kultusminister mit größter Energie die Zahl derselben in den sieben Jahren seiner Verwaltung auf 156 gesteigert. Zudem hat das koloss le Anwachfen der Großstädte und Industriezentren die Verhältnisse vollkommen verschoben. 56 Lehrer haben sich z. B. allein nach der Stadt Hamburg gewandt; das ist die jährliche Produktien von zwei preußsschen Semi⸗ naren. Ende 1373 gab es von 458 000 Schulstellen in Preußen . o/o unbesetzte, 1877 unter der Verwaltung des Ministers Falk von 55 066 Schulstellen 3800 unkesetzte, das sind 7 0, 1881 waren es wieder nur 4 0, und 1906 bei 86 000 Schulstellen unbesetzt rund 35 0so. Der Lehrermangel ist also prozentual zurückgegangen infolge der dankenswerten Tätigkeit des jetzigen Kultusminifters. Der Abg. von Zedlitz wendet sich mit seiner Kritik des Fortbildunzeschul— wesens an eine ganz falsche Adresse. Niemand ist fo fehr bon der Notwendigkeit der Entwicklung dieses Zweiges unserer Kultur überzeugt wie gerade der gegenn ärtige Unterrichteminister. Der Fort- bildungsunterricht untersteht aber größtenteils dem Handessminister und dem Landwirtschafteminister, und es sind in ihm in ken letz ten Jahren sehr gute Fortschritte erzielt worden. Herr von Zedlitz hat die gestrigen Ausführungen des Ministers total mißreistanden. Dieser hat nicht gesagt, die Frage der Schulaufsicht solle ad Kalendas Graecas rertagt werden, sondern nur, daß jetzt, wo das Schulunter⸗ haltungegesetz zur Ausführung zu bringen fei, wan nicht plötzlich den⸗ selben Beamten noch westere Aufgaben zumuten könne, weil das eine große Unsich rheit in all: Verhäftnisse hinentragen würde. Sobald das Schulgesetz durchgefübrt ist, wird zu der Schäalaufsicht Stellung genommen. Die weiteren Ausführungen des Herrn von Zedlitz fallen damit ganz von selbst zusammen.

Abg. Ernst (frs. Vzg,) scheint unter großer Unruhe des Hauses

zu erklären, daß er nach den Ausführungen der Herren Schiffer und Freiherr von Zedlitz auf das Wort verzichten könne.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von Studt:

Der Herr Abg. Frhr. von Zedlitz hat sich bestimmt gefunden, mich auf die verdammte Pflicht und Schuldigkeit der Staatsregierung hin⸗ zuweisen. Eines derartigen Hinweises bedarf es nicht, und ich lehne ihn, namentlich in der Form, ab, in der er geschehen ist. Ich sühle mich veranlaßt, hier vor dem Hause und dem Lande einmal Rechen— schaft von meiner biagherigen Täti, keit abzulegen. Sle wellen daraus entnehmen, daß die Urteile, die eben noch von Herrn Frhrn. von Zedlitz gefällt worden sind, mindestens auf einer sehr einseitigen Darlegung beruhen.

Meine Herren, als ich am 2. September 1899 das Ant über nahm, war ich nicht im Zweifel darüber, daß nicht bloß eine Aufgabe von schwerster Verantwortlichkeit, sondern auch von zu großem Um⸗ fange auf meine Schultern gelegt würde. Die Bedenken, die mir in dieser Beziehung erwuchsen, habe ich vielfach geltend gemacht; ich war nachher einigermaßen beruhigt durch die Erwägung, daß mir eine langlãhrige praktische Erfahrung auf einem der schwierigsten Gebiete meines Ressorts, nämlich auf dem der Schulverwaltung, zur Seite stan .

in der Leistungs⸗

Selt 1867, also seit beinahe 40 Jahren, habe ich Gelegenheit gehabt, mich gerade den Aufgaben der Volksschule als Land— rat widmen zu können. Ich habe bei jeder Veranlassung die Schulen angesehen und jahrelang für die Hebung des Volksschulwesens in meinem Kreise so viel getan, daß unter anderem zur Zeit den Herrn Ministers Falk. im Jahre 1872 mir die schwierige Aufgabe über— trug, in mehreren Krelsen der Provinz Posen Volkzschulen zu be— sichtigen, um Anhaltgpunkte für die Ausführung des Schulaufsichts⸗ gesetzes vom 11. März 1872 zu gewinnen.

Nun aber weiter! Ich war Mitglied bezw. Leiter der Provinzial schulkollegien in Königsberg und Münster; ich habe eine lange Reihe von Jahren hindurch mich dort aufgehalten, um die Revision von zahlreichen Unterrichtsanstalten der verschiedensten Kategorien auszuführen. Einige Erfahrungen stehen mir hiernach jur Seite, und ich glaube auch, ohne in Ruhmredigkeit verfallen zu wollen, daß die Tätigkeit, die ich in den Provinzialschulkollegien entwickelt habe, von Erfolg begleitet gewesen ist.

Nun aber, meine Herren, in häufig übermäßigen Anstrengungen habe ich jahraus, jahrein neben den großen Aufgaben der äußeren Repräsentatilon, die gerade im Laufe der Zeit dem Kultusminister in erhöhtem Maße oblagen, der zahlreichen Kongresse, der Beziehungen zum Auslande und der Eröffnung neuer, in großer Zahl während meiner Amtszeit gegründeten Anstalten, mich den umfassenden inneren Aufgaben meines Ressorts gewidmet. Sie wollen mir gestatten, Ihnen hierüber eine kurze Darlegung zu geben, die teilweise auch aus den Gesetzen und Verordnungen der Gesetzsammlung ent⸗ nommen werden kann.

Als ich mein Amt übernahm, war ich mir zunächst darüber klar, daß der zweifelloz vorhandene Lehrermangel, auf den ich, soweit mein früherer Amtsbereich mir Veranlassung dazu bot, in der Zentralstelle wiederholt aufmerksam gemacht hatte, den Ausgangspunkt der allergrößten Uebelstände auf dem Gebiete des Volksschulwesens bilden würde. Diese Befürchtung ist leider infolge der von dem Herrn Ministerialdirektor vorher schon hervorgehobenen Verschiebung der Bevölkerung und sonstiger Schwierigkeiten, namentlich auch als Folge der Anhäufung großer Volks, und Arbeitermassen in den Industriegebieten, in stetig steigendem Maße eingetroffen. Jetzt werde

ich leider wiederholt für den Lehrermangel verantwortlich gemacht.

Ich habe vom ersten Augenblick an und unter Ueberwindung der aller⸗ größten Schwierigkeiten immer betont, daß es unerläßlich sei, die bis= herige Praxis fallen zu lassen. Erst nach zwei Jahren, im Jahre 1901, ist es mir gelungen, endlich mit größeren Anträgen an das Abgeordneten⸗ haus fortgesetzt herantreten zu können. Ich übergehe die schwierigen Verhandlungen, die ich habe führen müssen, um dieses Prinzip zu dauernder Geltung zu bringen.

Aber gleichzeitig mit dieser Schwierigkeit erwuchs die weitere, daß der Verabschiedung des Gesetzes über die Fürsorge für die Witwen und Waisen der Volksschullehrer fast unüberwindliche Hindernisse entgegen standen. Das Gesetz war von beiden Haͤusern des Landtags beschlossen. Es wurden aber so grundsätzliche Bedenken geltend gemacht, daß ich beinahe darauf verzichten mußte, die Verabschiedung dieses für die Lehrer so wichtigen und notwendigen Gesetzes zu erreichen. Es ist mir dies nach dreimonatigem Bemühen endlich gelungen.

Dann folgt für das Jahr 1900 eine große Ausgestaltung der evangelischen Landeskirche in Hannover, die Bildung von Gesamt— berbänden usw. Das liegt auf kirchlichem Gebiete. Es ist aber her⸗ vorzuheben, daß gerade die damaligen Organisationsgesetze für die Landeskirche in Hannover nicht bloß sachlich, sondern auch politisch eine recht schwierige Aufgabe boten, die glücklich gelöst worden ist.

Daran schließt sich im November 1900 die Neuordnung des ge⸗ samten höheren Schulwesens, der Gymnasten, Realgymnasien und Oberrealschulen. Ich hatte aus meinen früheren Erfahrungen die Ueberzeugung gewonnen, daß ein Schulfriede zwischen diesen ver— schiedenen Kategorien der höheren Unterrichtsanstalten hergestellt werden müßte. Es ist dies über Erwarten gelungen, denn die Aller— böchste Order vom 19. November 1900 hat sich segengreich brwaͤhrt; die in der Zwischenzeit gemachten Erfahrungen bestätigen, daß nicht nur der Schulfrieden gesichert, sondern auch unser höheres Schulwesen eine bessere Ausgestaltung erfahren hat.

Zugleich habe ich eine Neuordnung der Lehrpläne für die Lehrer seminare in die Hand genommen und unter Mitwirkung des Herrn Ministerialdirektors Kügler den Abschluß dieser wichtigen Aufgabe herbeigeführt. Mir ist auch von der linken Seite dieses hohen Hauses nach Inkrafttreten dieser Neuordnung dafür besondeis gedankt worden, daß sie den weitgehenden Forderungen der Lehrer gerecht geworden ist.

Im Jahre 1962 hat dann auch wieder in der evangelischen Landeskirche eine Neuordnung, beispielsweise sür Frankfurt a. M. sowie für die Konsistorien in Hannover durchgeführt werden können.

Zugleich ist die einheitliche Rechtschreibung, eine einheitliche deutsche Orthographie von der Memel bis an den Fuß der Alpen, hergestellt worden, ein Ergebnis, wie es noch niemals erzielt worden ist. Sie ist nicht nur für den preußischen Staat, sondern auch für die übrigen Bestandteile des deutschen Sprachgebiets durchgeführt. Es war nicht so einfach, eine Zahl von etwa 30 Landezregierungen unter einen Hut zu bringen. Es ist außerdem die österreichische Monarchie und die Schweiz die sem Uebereinkommen beigetreten, und die Folge daron ist, daß wir endlich das erreicht haben, was ung seit mehr als 100 Jahren fehlte: eine einheitliche Rechischreibung, welche die bis dabin bestandene Verwirrung endlich beseitigt hat.

Ich habe außerdem einen allgemeinen Lehrplan für den Zeichen⸗ unterricht durchgesetzt, etwas, was als dringend notwendig erkannt und Jahre lang unterblieben war. Und endlich, was mir große Schwierig⸗ keiten bereitet hat, von denen das Haus wiederholt Zeuge gewesen ist, die Neuordnung der Gehälter der Gymnasiallehrer.

Es sind ferner eine Anzahl von Akademien sowie von Handelt⸗ hochschulen und ärztlichen Fortbildungsanstalten eingerichtet worden. Ferner bietet das Gesetz, betr. die Erhebung der Kirchensteuern in der evangelischen Landeskirche, konform mit dem Gesetz für die katholische Kirche, Ihnen den Beweis, daß auch auf diesem wichtigen Gebiete eine Materie, die lange Jahre der Lösung wartete, zum Segen der beteiligten Kirchengemeinschaften und, wie ich glaube nicht in letzter Reihe, zur Förderung des konfessponellen Friedens zum Abschluß ge⸗ bracht worden ist.

Im Jahre 1905 folgte das Gesetz, betreffend die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten. Dasselbe war, da die inzwischen veralteten Bestimmungen der Verordnung von 1835 ersetzt werden mußten, vom Standpunkte der Wissenschast und Praxiz als eine wahre Erlõsung

begrüßt worden. Mit welchen Schwierigkeiten dabei zu kämpfen war ist Ihnen bekannt. Dem sind weitere Organisationsgesetze für lath 1 lische Diözesanbedürfnisse usw. sowie eine große Reihe von Aue fũhrung⸗ gesetzen und Bestimmungen 1806 jum Abschluß gelangt; zum Schlus⸗ das neue Volksschulunterhaltungsgesetz, welches seit 89 Jahren an. gestrebt, dank Ihrer Mithilfe im vorigen Jahre endlich zustande ge⸗ kommen ist.

Sie mögen hiernach meine Tätigkeit beurteilen, so wird auf der anderen Seite doch anzuerkennen Ministerium, welches mir anvertraut ist, in den 7 Jahren eine treue und erfolgreiche Arbeit geleistet hat (Bravo! im Zentrum und bet den Konservativen), und zwar eine Arbeit, die auch, wie ich glaube, nicht nur den Ansichten der konservativen und Zentrumẽ partei, sondern auch einem großen Teil der übrigen Parteien durchauz entsprochen hat. (Na, na! links) Eg sind doch mit Ihrer Zustimmung auch pon der linken Seite dieses Hauses eine Menge derartiger Gesetze und Verordnungen zustande gekommen, und ich habe wenigstens bei den zabl⸗ losen Anfeindungen, die mir sonst zuteil werden, vielfach auch auf jener Seite die Anerkennung eifahren können, daß in bezug auf die finanzielle Ausgestaltung meines Ressorts sehr viel erreicht worden ist; ich brauche nur auf die Zahl des gegenwärtigen Etats mit über 200 Millionen hinzuweisen.

So sieht die Tätigkeit aus, die ich geleistet habe. Meine Schwächen kenne ich genau; aber das muß ich für mein Ministerium und für die treue Arbeit meiner Räte in Anspruch nehmen, daß diese 7 Jahre nicht vergeblich gewesen sind; im Gegenteil, wir haben einen Erfolg erzielt auf vielen Gebieten, der früher in jahrelangen An⸗ strengungen nicht zu erreichen war. (Bravo! im Zentrum und bei den Konservativen.)

Nun möchte ich Herrn von Zedlitz erwidern ich hahe den letzten Ausführungen meines Herrn Kommissars nicht durchweg bei⸗ wohnen können —, daß die Schlußfolgerungen, die er aus meiner gestrigen Erklärung gezogen kat, wie es scheint, auf etwas einseitig ge⸗ färbten parlamentarischen Berichten beruhen müssen. Ich bitte ihn, den Wortlaut meiner Erklärung durchzulesen; er wird finden, daß ich im Tenor genau mit seinen Wünschen übereinstimme, und jwar damit, daß, wenn die Erfahrungen mit dem Volksschul⸗ unterhaltungsgesetz, die er selbst als notwendig bezeichnet bat, abge⸗ schloffen sein werden, dann auch ernstlich an die Aufgabe, die dem Antrage zu Grunde liegt, herangegangen werden wird.

Abg. Schiffer (n.): Auch die gestrige Antwort des Ministert betraf das nicht, was ich Eesast hatte, und betraf vieles, was ich nicht gesagt hatte. Der Minisster hat nicht die Motive des Gesttzes bon 1872 crörtert. Ich habe die Anomalie nicht darin gefunden, daß die geistliche Schulaufsicht im Widerspruch mit dem Gesetz stände, sondern im Widerspruch mit den natürlichen Bedürfnissen der Schule. Ich hatte erwartet, daß jetzt, nachdem das Schulunterhaltungsgesetz der⸗ abschiedet ist, wegen unserer Mitwirkung bei diesem Gesetz unsere Wünsche ernstlich und wohlwollend geprüft würden. Ich bin daben enttäuscht, daß nicht ein Wort darüber für unsere Tätis keh gesagt worden ist. Der Minister behauptet, mißverstanden worden zu sein; aber ich habe auch jetzt aus seinen Worten nur herausgebört, daß nach Ausführung des n, er die Prüfung der Fragen unseres Antrages in Aussicht stesst. Das Ergebnis feiner gestrigen Erklärung war materiell ein Nichtt, vielleicht noch weniger; in dem zweiten Teile seiner Erklärung machte er zwar einige Zuge ständnisse, aber wohl mehr aus Entgegenkommen als aus sachlicher Ueberzeugung. Durch die geist liche Schulaufsicht erfolgt eine außerordentlich? Unterschätzung des wissenschaftlichen und technischen Gehalts der Erziehung. Herr Heckenroth sagte, die Kirche wäre zu der Schulaufsicht deshalb geeignet, well ihr ja selbst die großen erzieherischwn Aufgaben zukommen, und well sie großen Wert auf die Erziehung der Jugend legt. Mit demselben Rechte könnte man auch dem Elternbaufe dat Recht vindizieren, die Schulinspektion arszuüben. Durch den noch so guten Willen des Geistlichen kann das fehlende pädagogssche Wissen nicht ersetzt werden; gerade die Geistlichen, die mit ernstem Willen nach der Wahrheit in dieser Sache forschen, lehnen die Schul⸗ aufsicht für sich ab. Daß die Religion Hauptsache und alles andere nur Zutat ist, das wollen wir nicht. Hierüber werden noch Kämpfe einsm—= setzen haben, aber unser Antrag kann angenommen werden, ohne die ganzen Fragen aufjurollen. In Hannover habe ich allerdings von unseren weiteren Zielen gesprochen, aber darum handelt es sich jetzt hier nicht. Die allgemeine Herrschaft der Kirche über die Schule um des Religiont⸗ unterrichts halber können wir nie anerkennen, fondern werden sie be⸗ lämpfen. Herr Heckenroth spielte auch auf das politische Gebiet an. Wir meinen, daß es nicht möglich ist, im Reiche andere Politik zu treiben als in Preußen, im Reiche liberale Grundsätze anzuerlennen und sie nicht in Preußen durchzuführen. Die Worte des Reichs kanzlers können sich nicht bloß auf das Reich beziehen, sondern auch auf Preußen. Wo in der inneren Politik kommt aber diese Welt anschauung zum Ausdruck? Wir haben gerade diesen Punkt heraus gegriffen und diesen Antrag gestellt, weil wir glauben, so eine neutrale Basis zu finden. Den Konservativen legen wir damit kein Opfer ibrer politischen Ueberzeugung auf. Herr Heckenroth hãtte entgegen kommen können, wenn er sich auf den Boden gestellt hätte, von dem einmal unsere gesamte Politik gemacht werden muß. Es wider syricht den Worten des Reichskanzlers, wenn jetzt die Regierung eine dila⸗ torische Eikläruug geben wird und die Konservativen uns eine runde Abssage erteilen. Wir müssen feststellen, daß das Abgeordnetenhaus nicht zurückschreiten, sondern einen Fortschrstt machen will. Die Personalunign zwischen dem Relchskanzler und dem preußischen Ministerpräsidenfen liegt darin begründet, daß die Politik im Riche und Preußen eine einheitliche sein muß. Ich fürchte aber, daß die Haltung gegen unseren Antrag im Widerspruch steht nicht nur mit dem Intertsse der Schule, sondern auch mit den allgemeinen Interessen der jetzigen Politik. -

Abg. Dr. von Heydebrand und der La a (kon): Die Antwort, wie der Reichskanzler denkt, wird dieser selbst erteilen. Ich spreche für meine Partei nur aus, daß wir es für bedenklich halten, wenn man die Heichspolüik einfach auf unsere preußischen Verhältnifse übertragen will. Die Fragen im Reiche haben mit dieser Frage der Stellung unserer Geistlichen nichts zu tun. Ich habe Bedenken, daß hier eine konkrete Frage so oder so beantwortet werde, weil 9 Reichstage sich eine Parteistellung so oder so ergeben hat. Die ö. klärung des Ministers ist der Linken nicht ausreichend, uns schien g. Erklärung recht weit zu gehen. Wie unser Standpunkt in der Sache ist, hat Herr Heckenroth in klorer Weise guege poche, er wird noch in der Lage sein, gegenüber einem Mie stß zn des Herrn ven Zedlitz den Sinn in peissönlicher Bemerkung tlarzuste * Eine Verständigung in dieser Frage könnte möglich sein, aber sie . erschwert durch die Art des Auftretens des Herrn von Zedlitz. flih solcher Ton gegen einen Minister erscheint uns sehr 2 e. Die Minister stehen in einer Stellung, in der man . nicht mit einer solchen Nichtachtung entgegentreten daif. 24 Parteien, die den Antrag gestellt haben, stellen noch nicht 52 die Mehrheit, sondern nur eine Minderheit dar. Ob 8 Mehrheit für den Antrag finden, können wir ju abwarten. r,. 86 von Zedlitz diesen Ton weiter anwendet, macht er es u .

chwer, Verständigung zu suchen. Ich eikenne an, 2 hal Vortreff liches beim Schulgesetz geleiste digen. aber in dieser Tonart önnen wir uns m an 9 (Zwischenrufe bei den Konservativen und linke.) Sie erden ung . erlauben, auch unsere Meinung ju sagen. Der Minister

wie Sie wollen, sein, daß daß

im vorigen Jahre

6 e nr Energie und seine Tatkraft an

n Jahre sehr weit entgegengekommen. u

ertäpf? wie Herr von Zedlig hier wären, wäre ein solches i, nun nicht zu stande gekommmen wie im vorigen Jahre. 9 wünschen, daß der Minister noch lange seines Amtes walten . err von Zedlitz berlangt Dezentralisgtion der Schulverwaltung 1 sritt für die Lehrer ein, aber mit dieser seiner Tätigkeit kann man * nicht ganz einverstanden sein. Wir erkennen auch die berechtigten Binsche der Lehrer gern an, aber die Art, wie Serr von Zedlitz für e Lehrer eintritt, mindert nicht die Unzufriedenheit im Lande. Sehr richtig! rechts? Vun, Herr von Zedlitz, es wird ja nicht 6 dauern, dann sitzen Sie an dieser Stelle Lauf den Minister—= 6. jeigend). - Dann werde ich sehen, wie es Ihnen gefällt, wenn ine solche Kritit geübt wird, wie Sie sich dem Minister gegenüber claubt haben. Wir Konservativen wollen auch Fortschritte auf dem hre der Schule, wir müßten ja blind sein gegen die Interessen der Inder, unseres besten Schatzes, wenn wir gegen Fortschritte wären. giber ein gesunder Fortschritt ist nur unter Wahrung des geschichtlichen und des christlichen Lebens unseres Volkes möglich. Weil wir meinen, daß der Antrag in seinen ersten Anfängen dazu dienen muß, nag Christentum, die Religlon und, die Kirche in ihrem Einfluß Nnichiudrängen, ist es uns unmöglich, in diesem Augenblick für den LUntrag zu stimmen. . .

AbJ. Dr. Porsch (Zentr):. Der Abg. Funck sagte, die Tendenz des Kultusministeriums gehe dahin, nur die Geistlichen als Schul infpeltoren zu nehmen. Der Ministerialdirektor hat darauf erwidert, cc jweifle aber nicht, daß bei dem Uebelwollen gegen uns in einem zroßen Teile der gegnerischen Presse es so dargestellt wird, als ob wir besonderes praktisches Interesse an dieser Frage haben. Des halb stelle ich fest⸗ daß, wenn von, 330 Keisschulinspektoren im Hauptamt 63 Gesstliche sind, unter diesen Geistlichen kaum einer oder höchstens aner oder zwei katholische Geistliche sind Von 230 Lolalschul— uspeltoren sind höchstens Ho bis 70 katholische Geistliche Die . Schlesische Vollszeitung' hat erst kürzlich festgestellt, wie gering die Zahl der geist⸗ sichen Ortsschulinspektoren in Oberschlesien ist; dort gibt es 110 welt⸗ liche Orteschulinspektoren. Herr Schiffer hat gesagt, der Antrag solle öen Weg weisen zum Fortschritt, er hat diesen Weg aber nicht näher beleichnet; Herr Funck hat deutlicher gesagt, der Antrag sei ein erster Schritt auf diesem Gebiete. Das macht ung doch begierig, das Schul- programm der Herren kennen ju sernen. Wenn die Herren diesen trsten Schritt tun, wollen wir auch ihr Ziel kennen lernen. Auf das Jikinstsprogramm der Trennung der Unterrichts verwaltung vom Kultuß— ninssterium will ich nicht eingehen, ich stelle aber fest, daß Herr Schiffer eine Mitwirkung der Kirche in der Schule zugestanden hat. Sine kleine Konzession ist allerdings gemacht beim Schulunterhaltungs⸗ zseß in der Richtung, daß der Geistliche in der Schuldeputation mitwirkt. 0 dankbar wir diese Konzession anerkannt haben, fo ist sie nach wserer Auffassung doch nicht ausreichend. Auch der epangelische Vberkirchenrat hat sich 1897 für die Sicherung des Einflusses der heistlichen in der Schule ausgesprochen. Herr Schiffer fagt, das Untrum wolle die Herrschaft in der Schule und erkenne die Ftaatshoheit in der Schule nicht an. Ich bedaure, daß Herr Schiffer unseren zum Ueberdruß dargelegten Standpunkt noch nicht kentt. Wir wollen keine Herrschaft über die Schule, aer die Kicche kann nicht abseits stehen, wenn unsere Jugend erzogen wird. Die Staatseinrichtungen können nur gefestigt werden, wenn die Kirche m der Erziehung mitwirkt. Darum wollen wir eine Mit— witkung der Kimche, damit die Erziehung eine religiös, sittliche ist. Gs ist die Qualifikation der Geistlichen zur Schulaufsicht bemängelt worden, mit Unrecht, denn die Geistlichen bereiten sich auf die Schul⸗ aufsicht vor; in der. Diözese Breslau z. B. ist es Vorschrift der Kiiche daß die Geistlichen einen sechswächigen Kursus im staat— lichen dehrerseminar durchmachen. Herr Schiffer behauptet, daß auch kat holische Lehrerkreise die fachmännische Aufsicht wunschen. Ich habe mich bei einem katholischen Volksschullehrer über die Stimmung in den Lehrerkreisen erkundigt, und er schrelbt mir, daß es wohl Lehrer geben möge, die diesen Wunsch haben, daß aber auch keiner dieser Herren Bon den Rechten der Kirche das Geringfte aufgeben wolle. Auf einem Lehreibꝛrban dstag ist in einem Referat gesagt worden, daß jede Schul⸗ zufsicht die Erteilung des Religionsunterrichts durch die Kirche und zie Uiberwachung der Erziehung durch die Kirche respektieren müsse. Danach kann sich Herr Schiffer nicht darguf berufen, daß die katholischen kebrerkreise die fachmännische Schulaufsicht verlangten. Herr Schiffer deutete auch an, daß ein Kampf über die geistliche Ortsschulaufsicht hedorstehe. In einem nationalliberalen Blatte hat gestanden, daß h der geistlichen Ortsschulaufsicht eine Hauptguelle der ultramon⸗ hen Macht liegt. Es ist gesagt, man müffe das Volk mündig mähen. Welche Erfahrungen hat man denn mit der Nindigmꝛchung. der Arbeiter Auf diesem Wege wird auch die der Staatsordnung utfremdet werden. , daß wir bei Diblen als anti lich Volks dem Be national niͤsid

potige

Bit müssen den A nder lat olis

! 9. dihrend fa diederholt bo kelenwelse ga nit ledi

der!

ist aber trotzdem nur

Resf nt hangelt, d Ich de den zeitungen ver Es i also an klärung gelegen . Keineswegs ist aber die . und wenn die Regierung sagt, n. hinweg ukommen. trum und seiner Verwaltung iich, schwer gefallen. Der Her

mein ältester Bekannter in diesem

Die von mir an dem Unterrichts⸗ eübte Kritik ist mir außer—⸗

Hause, wir sind versönlich

t u. a. aus: Es kommt

Frage nähertreten wolle, so ift das eine gute Form, über würd ; 3d i nicht die Qualifikatien für die Schulaufsicht abgesprochen, sondern

Wenn lauter solche

inister ist seit Jahren viel, steht

bekannt, es bestehen gewissermaßen freundschaftliche Be

seit langem jzwischen ung. n Tag für Tag verkehrt, wir Taben den Feldzug von 1866 u a n mitgemacht., Deshalb war für mich eine schwere Pflicht un] hben wenn ich heute schärfere Kritik, 1 5. Verwaltung geübt habe. la w. babe wiederholt? anerkannt als sein ganz besonderes Verdienst, 37 die Stagnation in der Entwicklung unserer Lehrerbildungt⸗ n n besein gt, daß er die Beseitigung des nn, angebahnt it h erkenne unbedingt die gan; besonderen erg aber die Organisagtion, miiger Mann die Unterrichts verwaltung neben den übrigen

erdienste des,

Wir haben lange Jugendjahre als vielleicht sonst üblich, Ich erkenne seine Verdienste voll

und wenn der y m,.

roßen Aufgaben des Ministeriums übersehen soll, ist hinderlich für die Entwicklung der Unterrichts verwaltung. err von Heydebrand at die Güte gehabt, die Masortltät und die Minorität auszuspielen. ch habe nur verlangt, daß der Minister zu einer Resolution des Hauses eine zustimmende Erklärung abgebe, die von der 46 Mehr⸗ heit, zu der auch die Freunde des Herrn von Heydebrand gehörten, im vorigen Jahre beschlossen ist. In melnen fachlichen Forderungen steht also die ganze Mehrheit von 1906 hinter mir. Sollte diefe Hechrbeit sich heute in eine Minderheit verwandelt baben, so wäre das eine Aenderung in der Stellung der konservatipen Partel, die mit ihrer sonstigen Stetig⸗ keit wenig vereinbar ist. Meine Kritik an der Unterrichtẽberwaltung habe ich auf meine persönliche eigene Verantwortung genommen. Gewiß, ich bin Manns genug, meine eigene Verantwortung zu tragen. Wenn Herr von Heydebrand eine solche Kritik für einen b geordneten nicht für angemessen erachtet, fo unterschãtzt er die Pflicht eines Ahgeordneten. Wir haben nicht mehr das Recht, soͤndern unter Umständen die Pflicht, die Kritik an der Regierung zu üben, die wir nach gutem und ehrlichen Gewissen, nach ehrlicher Ueberzeugung für notwendig erachten, und ich werde mich von dieser Pflicht durch keinen Angriff, von welcher Seite er auch komme, abhalten lassen. Ich bin gewohnt, meine Pflicht zu erfüllen, meinen Weg gerade vorwärtg zu gehen, gewiß meinen Weg gerade vorwärts zu gehen und meine Abgeordneten⸗ pflicht und Abgeordnetenwürde der Regierung gegenüber in vollem Um fange zu wahren. Wenn Herr von Heydebrand seine Bemerkungen durch den Scherz würzte, daß ich bald an jener Stelle sitzen würde, so vergißt er, daß meine unabhängige Gesinnung mich schon längst dabor bewahrt hat, daß die Versuchung an mich herantritt, einmal Minister zu werden, abgesehen dabon, daß man mit 67 Jahren noch schwerlich in die Gefahr kommt, der Ver— suchung zu unterliegen, ein so schweres Amt wie das Minsster⸗ amt, das rasche Entschließungen fordert, zu übernehmen. (Abg. Busch Zentr.): Reichsamt des Innern! Stürmische Heiter⸗ keit.) Diese Heiterkeit erübrigt es, auf diese Bemerkung einzugehen. Wenn ich scharf geworden bin, so gibt es eben Momente, in denen man scharf sein muß, um das Ziel zu erreichen, das man erstrebt, das in diesem Falle lediglich darin bestehen kann, daß unser Unter⸗ richtswesen, unsere Volksschule auf die Höhe gehoben unb auf der Höhe erhalten wird, die Preußen zur Ehre gereicht, die Preußen not- wendig hat, um seinen Beruf als erster Staat zu erfüllen.

Abg. Dr. Friedberg (nl): Ich kann nur noch eine kleine Nachlese halten. Auf die Auseinandersetzung jwischen den Herren von Heydebrand und von Zedlitz gehe sich nur nit einer Be⸗ merkung ein. Auch von der konservativen Partei sind die Minister unter Umständen nicht gan glimpflich behandelt worden. So war einmal eine Rede des Grafen Limburg Stirum gegen den Minister Falk nicht gerade sehr wohlwollend, als er erklärte, daß Herr Falk den großen Fehler habe, von Kopf bis zu den Füßen kein Staatsmann zu sein. Herr von Heydebrand hat uns eine Belehrung geben wollen. Wenn wir allerdings so etwas dem Kultusminister sagen würden, so würde es sofort heißen: Ich verbitte mir eine Belehrung darüber, und Herr v. Heydebrand würde das als angemessen betrachten. Naturlich macht

es einen Unterschied, der Minister, der damals öffentlich gerüffelt wurde,

war ein Nationalliberaler. Wenn also Herr von Heydebrand über den Ton, in dem gesprochen ist, sich äußert, so war das nicht wohlgetan. Wenn Herr von Heydebrand uns als Minderheit be— zeichnet, so ist mir nicht bekannt, daß es in diefem Hause eine Mehr⸗ heit gibt, Herr von Heydebrand kann eine Mehrheit nur mit Hilse des Zentrums bilden. Wenn ihm dieser Sukkurs angenehm ist, so

gibt es in der konservativen Partei doch auch andere Strömungen, wo

man diese Konsequenz nicht wünscht. Herr von Heydebrand sagte, nach den Ausführungen des Herrn von Zedlitz koͤnne er für den Antrag nicht stimmen, danach soll man doch seine Abstimmung nicht einrichten, ob eine Rede fo oder so gehalten ist. Die Freunde des Herrn von Heydebrand haben es schwer getadelt, als das Zentrum einmal wegen einer entgleisten Rede erklärte, daß es nach dieser Rede eine Forderung nicht bewilligen könnte. Und diesen Standpunkt nimmt jetzt Herr von Heydebrand ein, er sagte ja, daß es nach der Rede des Herrn von Zedlitz ihm unmöglich sei, ig diesem Augenblick für den Antrag zu stimmen. Es ist uns auch ein großes Entgegen kommen des Ministers beim Schulunterhaltungegesetz im vorigen Jahre vorgehalten worden. Mit dieser Legende muß ich auftäumen. Ich bin daß Herr von Heydebrand, der an den Verbandlungen beteiligt war, das aussprechen konnte. Wenn eine schlecht behandelt und in ihrem Vertrauen durch die Regierung getäuscht worden ist, so ist es die nationalliberale Partei. Der Entwurf war uns unannehmbar. Er war der konservativen Partei auf den Leib geschnitten, nicht uns. Es ist uns nur allmählich gelungen, die Regierung auf einen anderen Weg zu bringen. Sie hat bis zum letzten Moment einen solchen Wider stand geleistet, daß wir zuletzt die Lust an den Verhandlungen berloren und drauf und dran waren, uns davon zurückzusiehen. Bie Regierung ist uns also nicht entgegenge kommen, wie auch Herr Strosser einmal anerkannt hat. Der Antrag soll die Tendenz haben, den christlichen Einfluß in der Schule zurückzudrängen. Der christ⸗ liche Einfluß in der Schule kann doch nur dadurch zum Uug— druck gelangen, daß christlicher Religionsunterricht erteilt wird. Daß er dadurch gewahrt werden soll, daß man die nicht dazu qualffizterten BGeistlichen für die Aufsicht über den ganzen Schulunterricht an— stellt, das verstehe ich nicht. Es ist eine ganz abwegige Forderung, das veraltete Institut der geistlichen Schulaufsicht zu erhalten. Wenn in Oberschlesien 110 weltliche Schulinspektoren vorhanden sind, so muß doch Herr Porsch, der diese Verhältnisse kennt, das begreifen. Herr Poisch kann sich doch selbst aue malen, was für Zustände fonst bei

den dortigen nationalen Verhaͤltnissen entstehen könn len. Herr Poisch ver⸗

wies auf das Verlangen der evangelischen Geistlichen, die Rechte der Kirche zu wahren. Ein Rechtsanspruch auf die geistliche Schulaufsicht besteht aber nicht; wenn man von einem Rechte spricht, so verschiebt man die Rechts⸗

lage. Man kann der Ansicht sein, daß die Ortsschulinspektion in geist⸗

lichen Händen förderlich sei, aber man kann sie nicht als ein Recht hinstellen. Herr Porsch verwahrt sich energisch dagegen, daß die Kirche die Herr. schaft über die Schule erstrebe. Die katholische Kirche ist aber noch heute der Ansicht, daß die Schule eine Annex der Kirche ist. Diefen Standpunkt hat sie jahrhundertelang festgehalten, und wenn sie jetzt in dieser Hinsicht mit dem Staat ein Kompromiß geschlossen hat, so ist das begreiflich, denn sie würde heute gar nicht in der Lage sein, die Volksschule wieder zu übernehmen. Aber die Herrschaft über den Rel igiong⸗ unterricht ist die Herrschaft über die Schule, denn der Religionslehrer soll die missio canonica haben. Wir haben ja nicht das Fachschulfystem, sondern das Klassensystem, und wenn die missio canonisa einem Lehrer entzegen wird, so ist er untauglich für die Schule, kann den Wander⸗ stab nehmen und auswandern, denn in Deutschland kann er nicht mehr unterrichten. So erstrebt die katholische Kirche durch den Grundsatz der geistlichen Schulinspektion tatsächlich die Herr— schaft der Kirche über die Schule. Und es würde fehr ge⸗ sährlich sein, wenn diesem Bestreben von evangelischer Seite Folge geleistet würde. Mein Freund Schiffer hat den Geistsschen

nur gesagt, es fehle dem Staate jede Kontrolle darüber. Nachdem wir das Kontrollexamen in Preußen abgeschafft haben, be⸗ über den Bildungsgang der katholischen Geistlichen keinerlei Kontrolle. Ob sie überhaupt methodisch vorgebildet nd und sich einer allgemeinen Bildung erfreuen, entzieht ch der staatlichen Kontrolle. Und diese Leute über die methodisch auegebildeten Volksschullehrer, die Examina gemacht haben, zu stellen, ist unjweckmäßig. Darum sollte eigentlich auch die katholische Kirche unseren Antrag unterstützen. Wenn die geist⸗ liche Schulaufsicht für den gesamten Unterricht notwendig sein fol, zanze Schulunterricht nur als Drill für eine angesehen wird, so lehnen wir das entschieden ab. Wir wollen nicht, daß die sämtlichen Unterrichtsstunden bloß eine Ausstrahlung des Religiongunterrichts fein sollen. Daß in der geistlichen Ortsschulaufsicht eine bedeutende Quelle der

Partei bei diesem Gesetz

——

.

Macht für die katholische Kirche liegt, ist nicht zu bejweifeln. Herr Dr. Porsch warnt davor, die Leute auf dem Lande müändig zu machen. Wenn aber irgend eine Partei der Mündigmachung der Arbeiter Vorschub geleistet und in soziaspolitischen Fragen der Sozial⸗ demokratie den Rang abzulaufen gefucht hat, fo ist es die Zentrums partei gewesen. Und wenn Herr Dr. Porsch meint, daß diese Mündigmachung die verhängnisvollsten Konsequenzen haben könne, o hat. sich gerade bei den letzten Wahlen gezeigt, daß die Prinzipien des Zentrums keinen chutz gegen die Sozialdemokratie bieten. Dem Zentrum ist es nicht gelungen, sondern gerade dem liberalen Bürgertum in den Städten, mit feinen Waffen die Sozialdemokratie bei den Wahlen zurückzudrängen. Diese Folge der Mündigmachung ist also doch nicht so schlecht, wie Herr Porsch sich ausmalt. Der Abg. Porsch ist dann auf das allgemeine politische Gebiet über gegangen. Ob in Preußen wirklich so viel Rückständigkeit vorhanden ist, lasse ich dahingestellt; in betreff der Schulverhältnisse sind wir in Preußen immerhin noch weiter als in Württemberg. Aber darin kann ich beistimmen, daß der Ministerpräsident sich mehr um Preußen kümmern sollte. Auch heute ist nur der Kultusminister hier, als ob es fich nur um eine Ressort—⸗ frage handelte, anstatt daß alle Minister hier anwesend wären, um ihre einheitliche Haltung hier zum Ausdruck zu bringen. Herr Porsch hat die Frage des Zusammenhanges zwischen Reichs politit und preußischer Politik mehr auf das handelspolitische Gebiet hinübergespielt für uns handelt es sich um die Einhent— lichkeit in Reichs- und Landespolitif. Der Abg. Fervers hat in einer Rede behauptet, daß das Schulunterhaltungsgesetz niemals ohne die Konservativen und das Zentrum zustande gekommen wäre. Er sagt damit, daß das Zentrum seinen Einfluß 'in sehr energischer Weise geltend gemacht hat. (Dho! im , ., Ja, Sie haben das Schwergewicht Ihrer ausschlaggebenden Stellung auch bei diesem Gesetz ausgespiest. Lebhafte Zurufe aus der Mitte? Nein Unwabrh) Wissen Sie denn, welche Verhandlungen mit dem Fürstbischof Kopp geführt worden find? Der Kultusminister hat zu meiner bedauerlichen Ueberraschung seine Erklärung gestern so abgegeben, daß lieber gewünscht hätte, sie wäre einfach im ablehnenden Tone erfolgt, man würde doch dann wissen, womit man zu tun hat. Er las aus seiner Erklärung einzelne Teile vor, dann folgte ein Stück perfönlicher Polemik und dann wieder ein Teil der Erklärung, und er schlo damit, daß er in Aussicht stellte, er würde nach Durchführung des Volksschulunterhaltungsgesetzes in eine Prüfung der Fragen unseres Antrages eintreten. Gerade diese Form seiner Antwort wird außerordentliche Erbitterung im Lande schaffen. Wir werden fortfahren, zu verlangen, daß der Reichskanzler als Ministerpräsident auch in Preußen eine Politit verfolgt, die mit den Mehrheitsparteien im Zusammenhange bleibt.

Abg. Dr. von Wo y na (freikons.): Die Beratung ist jetzt in ein Stadium reichlich akademischer Natur eingetreten. Wir haben auf allen möglichen Gebieten Abschweifungen gemacht, daher möchte ich auf das thema probandum zurückkommen. habe mit einem Teil meiner volitischen Freunde den Antrag unterzeichnet, weil wir glauben, damit den tatsächlichen Ver hältnissen Rechnung zu tragen, die ganz allmählich kommen müssen. Gegen die Macht der tatsäch⸗ lichen Verhältnisse kann niemand an. Ich verstehe, daß die Kirche sich den Einfluß, den sie seit vielen Jahren über die Schule gehabt hat, nicht nehmen lassen will, aber ich glaube, unser Antrag enthält das, was sich im Laufe der Tatsachen verwirklichen wird.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. von Studt:

Meine Herren! Ich bin genötigt durch die Ausführungen der Herren Vorredner, insbesondere auch durch die des Herrn Dr. Fried-

berg, den Wortlaut meiner gestrigen Erklärung, wenigstens teilweise,

in den entscheidenden Punkten wiederzugeben. Ich habe gesagt: „Gewiß darf man nicht davor zurückscheuen, diese Fragen also der anderwelten Organisation der Schulaussicht und die in dem Antrage der Herren Hobrecht und Genossen enthaltenen Vorschläge ernstlich ins Auge zu fassen. Ich kann mitteilen, daß sie den Gegenstand ernst⸗ licher Prüfung sowohl innerhalb meines Ressorts wie auch innerhalb der Staatsregierung bilden.“

Meine Herren, das stimmt absolut nicht mit dem überein, was

erstaunt, der Herr Abg. Friedberg mir heute in den Mund gelegt hat. Er

hat eine ernstliche Prüfung würde in eine graue und mit derartigen Versprechungen könnte kommen; die wären vollständig ungenügend. Ich bedaure den Irttum, der in dieser Aueführung des Herrn Abg. Dr. Friedberg enthalten ist; ich bedaure das um so mehr, als er auf diesen Irrtum wieder Schlußfolgerungen auf⸗ gebaut hat, die dazu beitragen können, die öffentliche Meinung irre zu führen. Wenn behauptet wird, daß meine Erklärung eine Erbitterung hätte hervorrufen müssen, so sind das Uebertreibungen, für die die Verantwortung zu übernehmen, ich weit von mir weisen muß. (Leb= haftes Bravo rechts.)

Damit schließt die Besprechung.

Nach einigen persönlichen Bemerkungen Strosser (ons), Dr. Porsch, berg und Freiherr von Zedlitz wird der Antrag Bachmann mit geringer Mehrheit durch die Stimmen der Konservativen, des Zentrums und der Polen abgelehnt.

Darauf geht nach 31 Uhr unter sehr großer Unruhe das Haus zur allgemeinen Besprechung des Kultus— etats über.

Präsident von Kröcher erteilt dem nächsten Redner das Wort, während laute Rufe: Vertagen! ertönen Während der Saa sich rasch leert, nimmt das Wort

Abg. Dr. Por sch (Zentr.) und kommt zurück auf eine Ausführung

des Abg. Dr. Friedberg, der aus einer Notiz in der. Schlesischen Zeitung“ den Schluß gezogen hatte, daß durch die Franziskaner Niedẽrlaffung Borek an der oberschlesisch, russischen Grenze daz Jesuitentum indirekt in Preußen wieder eingeführt und begünstigt werde, und daß sogar durch diese Franziskaner der großpolnischen Agitation Vorschub ge⸗ leistet worden sei. Tatsache sei, daß in dem Boreker Bezirk für den konservativen Kandidaten bei der letzten Reichstagswahl 1135 Stimmen, für den katholischen Geistlichen aber nur 23 Stimmen abgegeben worden seien. Ein Wallfahrtsort bestehe dort allerdings auch, aber bereits seit Jahr⸗ hunderten. Möchte den Wünschen der Franziskaner endlich nachgegeben und ihnen das Recht auf Gymnastalausbildung gewährt werden. Der Redner bemerkt zum Schluß: Bei dieser Gelegenheit möchte ich endlich einmal vollständig die Unwahrhelt tot machen, mit der man im ganzen Lande hausieren geht, daß die katholische Kirche das ganze Land mit einem Netz von Kongregationen überzogen habe. Das ist eine Lüge. Bisher ist noch nicht eine einzige diefer Kongregationen vom Kultusministerium genehmigt worden. Darauf wird legen 4 Uhr die weitere Beratung des Kultus etats auf ontag 11 Uhr vertagt (vorher Gesetz⸗ entwürfe, betreffend die Erweiterung der Stadtkreise Hanau und Danzig).

gesagt, Ferne gerückt, man unmöglich

der Abgg. Heckenroth, Dr. Fried⸗

Dem Reichstage ist der Vertrag . dem Deutschen Reiche und Luxemburg vom 2 März foo über den Beitritt Luxemburgs zur norddeutfchen Brausteuergemein⸗ schaft nebst Erläuterung zugegangen.