1907 / 70 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 19 Mar 1907 18:00:01 GMT) scan diff

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gänzungsetatg für das Rechnungsjahr 19067 vorgesehen ist, als außerordentliche einmalige Beihilfen. . .

Ueber die durch den Notetat berührten Positionen im Etat des Reichsamts des Innern referiert der Abg. von Richt⸗ ho fen⸗Damsdorf ('kons.), für diejenigen aus dem Militäretat fungieren als Referenten die Abgg. von El ern (dkons.) und Erzberger (Hentr.), dieser für das Extraordinarium, und für die bezüglichen Positionen des Marineetats der Abg. Freiherr von Thünefeld (entr)

Von den Positionen des Etats der Post⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung für 1907 ist u. a. auch die außerordentliche Forde⸗ rung einer ersten Rate für die Erwerbung eines Grundstücks in der Französischen Straße in Berlin in den Notetats⸗ entwurf aufgenommen worden.

Die Kommission hat, wie der Referent Abg. Dr. Beck⸗ Heidelberg (nl. ausführt, die Position gestrichen, weil ihr der Kaufpreis für das ganze Grundstück zu hoch erschien; im übrigen sind die hier aufgeführten Positionen von der Kom⸗ mission bewilligt worden. ;

Abg. Noske (Soz.): Der Notetat hat auch die extraordinäre Forderung für Umbau und Erweiterung des Postgrundstücks in ghenm niz aufgenommen. Es ist wohl angezeigt, bei dieser Gelegenheit auf die Ueberbürdung der Unterbeamten speniell bei diesem Postamt hinzuweisen. Die neuen Dienstpläne haben jwar eine Herabsetzung der Dienststundenzahl gebracht, aber schon nach kurzer Zeit führte die Direktion die alten Diensipläne mit ihrer höheren Dienst⸗ stundenzahl wieder ein. Von einer schleunigen Verkürzung der Arbeitszeit auf 9 Stunden, wie sie im Bereich anderer Reichsressorts eingeführt ist, kann also insoweit bei der Postverwaltung nicht die Rede sein. Auch die Urlaubsfrage ist sebr mangelhaft geordnet (Rufe rechts: Zur Sache! Schluß ) Ich würde die Zeit des Hauses nicht in Anspruch nehmen, wenn für die Beamten die Möglichkeit vorhanden wäre, auf anderem Wege ihr Beschwerderecht wahrzunehmen. (Erneute Schlußrufe auf der Rechten; der Präsident ersucht den Redner, nunmehr auf das Etatsnotgesetz zurücklukommen.) Es wird mir also die Gelegenheit, diese Beschwerde vorzutragen, auch hier nicht gegeben. Ich kann also nur mit dem Wunsche schließen, daß den betreffenden berechtigten Wünschen der Postbeamten Rechnung getragen wird und daß im neuen Hause geschehe, was im alten nicht

geschehen ist. Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:

Der Herr Vorredner hat, soviel ich gehört habe, für den schnellen Beginn des Baues in Chemnitz gesprochen. Ich möchte mich darauf beschränken, noch einmal Ihr Wohlwollen für den Ankauf der Häuser in der Französischenstraße und in der Jägerstraße in Berlin zu erbitten.

Ich sagte schon in der Kommission, es sei in Anbetracht der ungünstigen Verhältnisse in Berlin notwendig, für große Postämter eigene Posthäuser zu schaffen. In der bezeichneten Gegend sollen 3 Aemter zusammengelegt werden; weil dies beabsichtigt ist, sind wir betreffs des Orts an enge Grenzen gebunden. Wir dürfen dem Publikum, welches jetzt in der Behrenstraße, Unter den Linden und in der Taubenstraße die Gegenstände einliefert, nicht zumuten, zu weit gehen zu müssen jur Erledigung seines gewaltigen Brief- Geld⸗ und Paketverkehrs. Wir sind seit Jahren bestrebt, dort einen Bauplatz zu kaufen, weil die Mietpreise, die wir für die Post⸗ ämter jahlen müssen, sehr hoch sind und sich bei Ablauf der Verträge um beinahe 10 000 M jedesmal steigern, trotzdem die Räume den An⸗ forderungen nicht einmal entsprechen. Es wird Ihnen allen bekannt sein, daß das Postamt Unter den Linden in Räumen untergebracht ist, die nicht würdig sind für das Publikum und vor allem nicht für die Beamten, welche darin 8 bis 9 Stunden täglich zubringen müssen; es fehlt an Luft und an Helligkeit. Wenn die Herren hören, daß wir für diese Postämter Unter den Linden jährlich 29 000, in der Tauben⸗ straße 57 500, in der Behrenstraße 27 000, in Summa 93 500 S, zahlen müssen, und daß die Mietssteigerung Unter den Linden vom Jahre 1897 bis zum Ablauf des Vertrags 9000 M betragen hat, in der Taubenstraße 2500, in der Behrenstraße 11000, so dürfen wir gewiß sein, daß jetzt im Jahre 1910, wo alle drei Verträge zu Ende gehen, wir mit einer ganz bedeutenden Steigerung zu rechnen haben. Alle Erkundigungen, die angestellt worden sind, haben dahin geführt, daß in den Gegenden keine Räume, die für die Aemter geeignet sind, zu haben waren. Infolgedessen haben wir es mit Freuden begrüßt, daß sich Gelegenheit geboten hat, Bauplätze dort sicher zu machen, die in der Französischen Straße, also in bester Lage zwischen den drei Postämtern, liegen und die auch durch Ankauf von Häusern in der Jägerstraße von zwei Seiten zu—⸗ gänglich gemacht werden können.

Nun gebe ich ohne weiteres zu, daß der Preis für diese Grund⸗ stücke nicht wohlfell ist; aber wir müssen Ihnen trotzdem empfehlen, den Ankauf zu genehmigen, weil die Unterschiede doch nicht so groß sind, daß man davor zurückschrecken sollte. Im März 1910 läuft der eine Vertrag und im Oktober 1910 laufen die beiden anderen Ver⸗ taääge ab. Deshalb ist Eile geboten. Und wenn wir jetzt nicht dazu kommen, am 1. April die Grundstücke zu erwerben, dann ist keine Möglichkeit vorhanden, geeignete Räume zu erhalten. Die Sache liegt um so ungünstiger, als zwei der Häuser, in denen sich Aemter befinden, verkauft sind, und wir nicht darauf zu rechnen haben, daß wir darin bleiben können.

Wenn die Herren sagen, man könne es ja ablehnen und sehen, daß man in andere geeignete Häuser kommt, so babe ich schon in der Kommission ausgeführt, daß wir auf kurze Zeit neue Verträge gar nicht schließen können. Wir würden bei den Verträgen, die wir ab⸗ schließen würden, in der Zwangslage sein, alles bewilligen und Ver— träge auf lange Zeit schließen zu müssen, sodaß eine Besserung der Verhältnisse nicht eintritt, während hier sich immer die Selegenheit bietet, etwas Gutes zu schaffen.

Nun vergleichen wir bei unseren Ankäufen immer die Preise, die von uns gefordert werden, mit den Preisen, die in der Müllerschen Karte als Preise für Grundstücke in jener Gegend aufgeführt sind. Eines jener Grundstücke, welches wir kaufen wollen, ist pro Quadrat⸗ meter zu 1201 A angeboten, ein anderes zu 1264 und ein drittes zu 1252 K, während in der Müllerschen Karte für jene Gegend 1210 M in maximo angeführt sind. Nun ist diese Steigerung nicht ganz unbedeutend. Aber in welcher glücklichen Lage sich die Besitzer

zu befinden glauben, geht daraus hervor, daß, als vorauszusehen war, daß der Etat nicht zur rechten Zeit fertig werden würde, und wir mit der Möglichkeit rechnen mußten, den Ankauf erst nach dem 1. April bewirken zu können, die Oberpostdirektion mit den Besitzern in Ver⸗ bindung getreten ist, um sich auszuwitken, daß erst später das Kauf— geld gejahlt werden könnte. Der eine Besitzer hat direkt abgelehnt, sich auf weiteres Warten einzulassen, vielmehr zum Ausdruck gebracht, daß er sich freuen würde, von dem Vertrage log zu kommen, weil er

das Grundstück besser verwerten könnte. Die beiden anderen Besitzer haben 25 000 und 15 000 M Abstandsgeld gefordert, wenn sie das Geld erst später bekommen würden.

Die Herren können daraus ersehen, daß die Preise doch nicht so exorbitant sind, um den Verkauf ablehnen zu müssen. Ich bitte daher das hohe Haus, den Ankauf der Grundstücke, wie vorgeschlagen, zu bewilligen.

Abg. Singer (Soz.): Der Staatssekretär setzt mit seiner Aus⸗ führung geradezu eine Prämie auf möglichst hohe Forderungen und darauf, an denselben colte que coute festzuhalten. Die Kommission hat, trotzdem dieselben Ausführungen schon in der Kommission vor⸗ gebracht wurden, einstimmig den Ankauf abgelehnt; jetzt stellt sich der Staatssekretär mit seiner Autorität hierher und erklaͤri, der Preis sei zwar nicht wohlfeil, aber immer noch erträglich. Der Eindruck, den er damit auf die Verkäufer macht, wird ja wahrscheinlich unverwisch⸗ bar sein, denn sie müssen ja in ihm den besten Anwalt für ihre Forderungen erblicken. Etwas mehr Reserve wäre also doch an⸗ gebracht gewesen. In der Kommission ist von keiner Seite die Not⸗ wendigkeit solcher größeren Postämter angezweifelt worden, aber ob dieses speziell an der betreffenden Ecke stehen muß, darüber kann man verschiedener Meinung sein. So liegen die Dinge nicht, daß man ab⸗ solut daran verzweifeln müßte, in dieser Gegend ein anderes geeignetes Grundstück für Postzwecke zu ermitteln. Die Grundwertkarte, die für die Verwaltung maßgebend ist, ist tatsächlich längst überholt; die Bankhäuser in der Französischen Straße können nicht allein für den Wert der dortigen Grundstücke maßgebend sein. Wiederholt haben wir doch schon, nachdem die Ankäufe wegen zu hohen Preises ab⸗ gelehnt waren, dieselben Grundstücke zu , . Bedingungen er⸗ hie Ich kann nur empfehlen, es bei dem Kommissionsbeschluß zu

elassen.

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:

Meine Herren! Ich verstehe den Herrn Vorredner absolut nicht. Er selbst ist gezwungen anzuführen, die Notwendigkeit, eine Aenderung der Verhältnisse eintreten zu lassen, liegt vor, sogar die dringende Notwendigkeit, und darüber ist bei keinem der Herren Mitglieder der Kommission irgend welcher Zweifel gewesen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten Der Herr Vorredner geht noch weiter und sagt, es sei auch wünschenswert, daß es geschehe. Trotzdem glaubt er mir Vorwürfe machen zu dürfen, daß ich für diese Position eintrete und um Wiederherstellung bitte. Ich würde direkt meine Pflicht versäumen ssehr richtig! rechts, wenn ich das nicht tun würde. Sie treten sehr häufig für die Beamten ein und sagen: wir müssen für sie sorgen. Hier wollen Sie, daß die Beamten gezwungen find, länger in Räumen zu sitzen, die unwürdig sind. (Sehr richtig! rechts.) Das nehme ich gar keinen Anstand jzu sagen. Warum soll ich hier nicht offen erklären: wir sind in sehr schlechten Räumen für das Publikum und für die Beamten! Aber auch aus diesen schlechten Räumen müssen wir, weil die Häuser verkauft sind, spätestens am 1. Oktober 1910 heraus. Wir haben also gar keine Gelegenheit, bis 1910 uns wieder geelgnete Räume zu beschaffen, wenn wir jetzt nicht anfangen zu bauen.

tun sagt der Herr Vorredner, das sei etwas teuer, und ich ver⸗ dürbe da die Preise. Vor drei Jahren aber machte er mir Vorwürfe, daß ich in die Körnerstraße gegangen sei, statt in der Potsdamer Straße zu bleiben; jetzt schlage ich vor, in der Französischen Straße, also in der Verkehrsstraße, zu bleiben, und da ist ihm das auch wieder nicht recht, und er sagt: geht in eine Nebenstraße, da ist es vielleicht billiger.

Die Kosten pro Quadratmeter betragen nicht, wie der Vorredner angab, über 1800 , sondern, wie ich mich deutlich genug ausgedrückt zu haben glaube, 1247 4 und, wenn man die Häuser abrechnet 961 4

Weiter meinte der Herr Vorredner, die Müllersche Karte sei ver altet, die Angaben träfen nicht mehr zu. Ja, meine Herren, ich habe eine Ausgabe der Müllerschen Karte von 1906 und da stehen die Preise darin, die ich angegeben habe.

Meine Herren, nach jeder Richtung hin ich nehme keinen An— stand, das hier offen auszusprechen befindet sich die Post⸗ und Telegraphenverwaltung in einer Notlage und sie bittet, im Interesse ihrer Beamten und Unterbeamten und des Publikums die Position wieder herzustellen.

Abg. Dr. Arendt (Rp.): Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Baustelle außerordentlich teuer ist; deswegen haben wir in der Budgetkommifssion für die Ablehnung gestimmt, in der Hoffnung, daß es doch vielleicht gelingen möge, bei weiteren Verhandlungen den sehr boben Preis herabzumindern. Indessen hat der Staatssekretär darin recht, daß sich die Postverwaltung in einer Not⸗ lage befindet, die durch diese Verhandlungen zweifellos nicht vermindert wird. Es handelt sich bier um einen Teil der Hauptstadt, in welchem die Grundstäückspreise in einer Weise gestiegen sind, daß niemand von uns voraussagen kann, wie die weitere Entwicklung sich noch gestalten wird. Die Spekulation würde sich sicher die Gelegenheit nicht entgehen lassen, alles taugliche Terrain aufzukaufen, und die Postverwaltung würde infolgedessen nur unter noch schwereren Be⸗ dingungen kaufen können. So leid es mir tut, dieser außer— ordentlich hohen Forderung zuWstimmen ju müssen, glaube ich doch, daß es unter den gegebenen Verhälinissen für die Finanzen des Reiches doch immerhin noch das beste ist, in den sauren Apfel zu beißen und die Position anzunehmen, zugleich aber den Wunsch auszusprechen, daß man künftig bei Grundftücks⸗ ankäufen mit größerer Vorsicht vorgeben und nicht mit so exorbitanten Forderungen an uns herantreten möge. .

Abg. Singer (Soz): Auch der vom Staats sekretär genannte Preis ist noch exorbitant. Ich kann mir zwar nicht denken, daß der Staats⸗ sekretär nach diesen Vorgängen mit seinen Bemühungen, die Grund- stücke billiger zu bekommen, irgend einen Erfolg haben wird. Wir werden aber trotz alledem die Forderung ablehnen. Sollte der Reichstag sich entschließen, doch den von der Regierung vor- geschlagenen Weg zu gehen, so würde er sich jeder Aussicht begeben, künftig billigere Preise bei solchen Ankäufen zu erzielen.

Damit schließt die Diskussion.

Ueber die Position aus dem Etat der Reichseisenbahn berichtet der Abg. Graf von Oriola (nl).

Das Haus genehmigt in Uebereinstimmung mit der Kom⸗ mission die Forderung des Notetats; die Forderung für das Postgrundstück in der Französischen Straße in Berlin wird nach dem Kommissionsantrag gestrichen; für die Position stimmt nur die gesamte Rechte. Gesondert zur Erörterung gestellt wird jetzt der im Ergänzungsetat geforderte und in das Notgesetz aufgenommene Fonds von 3 Millionen zur Gewäh⸗ rung außerordentlicher einmaliger Beihilfen an die am ge— ringsten besoldeten Unterbeamten des Reichs dienstes.

Die Kommission hat den Titel gestrichen und die oben mitgeteilte Resolution vorgeschlagen. ;

Außerdem liegt der schon erwähnte Antrag Gröber vor, ferner ein Antrag Behrens auf Einfügung folgenden

2a:

ö Ferner können verausgabt werden je 1069 M an die Unter⸗ beamten und je 150 4 an die mittleren Beamten des Reichs. dienstes, deren Gehaltsbezüge den Betrag von 3000 jährlich nicht übersteigen, soweit für dieselben nicht bereits eine Gehalts aufbesserung im Entwurf des Reichshaushaltsetats beziehungsweise

des Ergänzungzetats für 1907 vorgesehen ist, als riherotensih

einmalige Beihilfen. Referent Abg. Dr. Wiemer (rs. 2 . In der Kom ü

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agraph in fing e Von den Verbinden für die ss aber der für die selbst. . ohun . enklich, in das gar , ö. an . hineinzuschreiben Die ge,, aus den Zöllen und neuen Steuern blieben vielfat hinter den Erwartungen zurück und für 1907 sei bereits eine seht starke Belastung der Bundesstaaten durch Mattikularbeiträge zu et. warten, Die Mehibelastung infolge dieses Antrages würde etwa 20 Millionen betragen. Zum mindesten müsse, abgewartet werden wie sich der Etgt gestalten würde, eventuell könnte in der zweiten Lesung für die Aufbesserung noch mehr geschehen. Der zweite Antag wollte diesen Bedenken Rechnung tragen und schlug deshalb eine Resolution vor, in der die verbündeten Regierungen ersucht werden bis zur dritten Lesung des Reichshaushaltsetats ihr Ginderssaͤndn damit auszusprechen, daß 190 bezw. 150 6 Beihilfen gewährt würden. Was die etatsrechtlichen Bedenken betrifft, so wurde in der Kom— mission allseitig betont, daß der Reichstag für sich das Recht n Anspruch nehmen müsse, auch seinerseits eine Erhöbung der Bejüge der Reichsheamten vorzunehmen, wie dies schon 1897 geschehen In der Abstimmung wurde der erste Antrag mit 16 gegen 12 Stimmen abgelehnt, der zweite mit demselben Stimmenverhaͤnmiz angenommen.

Abg. Spe d (Sentr.): Ich habe schon in der ersten Beratung den Notgesetzes im Auftrage meiner politischen Freunde auf das s⸗ verhältnis zwischen der Höhe der von der Regierung vorgeschlagenen einmaligen Beihilfen für die unteren und mittleren Beamten und den allgemeinen Teuerungsverhälmissen hingewiesen. Der Versuch in der Budgetkommission, eine Den em zu schaffen, ist leider zu unserem Bedauern erfolglos geblieben. Die Beschlüsse der Kommissien würden sogar die Beamten schlechter stellen, als dies durch de Regierung vorlage geschehen wäre, denn was die Reglerungt vorlage bietst, wäre wenigstens den Beamten am J. Un gesichert, während die Resolution die Entschädigung in nebellaft Ferne verschiebt. Die Unterbeamten haben es schon sehr oft ellkk, daß Resolutionen zu ihren Gunsten vom Reichstage gefaßt wuden und daß von seiten der verbündeten Regierungen ihnen alles Wohl wollen ausgesprochen wurde, allein alle diese Resolutionen und all dieses Wohlwollen hat bis jetzt keine greifbaren praktischen Erfolge ergeben. Deshalb haben wir unseren Antrag hier im Plenum wieder eingebracht, weil wir die Absicht haben, möglichst bald den beteiligten Beamten etwas Praktisches zu bieten. Die Antragst⸗ller des ersten Antrages täuschen sich, wenn sie glauben, daß die Finanzlage sich in den wenigen Monaten sehr erheblich verbessern würde, es müßte denn sein, daß die Mehrheit des Reichstags wider alles Erwarten beschlösse, ganz erhebliche Abstriche am Etat vorzunehmen. Die Notwendigkeit einer solchen außerordentlichen Zuwendung wird von allen Seiten, auch von den verbündeten Regierungen, unumwunden anerkannt. Seit 1896 97, wo eine allgemeine Gehalte aufbesserung erfolgte, sind nicht 5 die Lebensmittelpreise, sondern auch die Ausgaben für Wohnuag, Kleidung und namentlich Brennmaterial außerordentlich in die Höhe gegangen. Die Löhne der Arbeiter nicht nur in den Privatbetrieben, sondem auch in den Staatsbetrieben baben sich seitdem um ungefähr 20 96 erböht. Es gehört nach unserer Meinung auch zu den nationalen Pflichten, daß der Staat die kleinen und mittleren Beamten aut— kömmlich bezahlt. Diese Ausgaben sind ebenso notwendig wie die für die Kolonien. Die 100 bezw. 150 M sollen auch nur das unumgänglich Notwendige sein, um der momentanen Not abzuhelfen. Von seiten der Verbündeten Regierungen wurde der Mehraufwand unseres Antrags auf 20 Millionen geschätzt. t unserer Meinung würden es nur 16 bis 17 ja eigentlich nur 15 bis 14 Millionen sein, wenn man Lie Summen abzieht, die im Ergänzungk⸗ etat vorgesehen sind. Wir sind mit dem Schatzsekretär darin ein. verstanden, daß möglichste Ordnung im Reichs haus halt geschaffen werden müßte. Deshalb darf aber eine so absolut notwendige Ausgabe wie diese nicht unterlassen werden. Wenn man darauf hingewiesen t das Zentrum habe immer den Grundsatz vertreten, daß bei nenen In forderungen aus der Mitte der Volksvertretung zugleich auch Vo schläge für die Deckung gemacht werden müßten, so glaube ich daß der gegenwärtige Fall doch etwas anders liegt als die bis herigen

älle. Es wäre hier doch Pflicht der Verbündeten Regierungen, di e ti zu neuen Steuervorschlägen selbst zu ergreifen, wenn * notwendig ist. Weiter ist das Bedenken gegen unseren Vorschlag er. hoben worden, oh eine Erhöhung des Etats durch den Reichstag obn⸗ Zustimmung der Verbündeten Regierungen zulässig ist. Ich will nach dieser Richtung nur daran erinnern, daß j. B. 1818 der Führer 29 damaligen Fortschrittspartei die Initiative ergriffen hat, die 8 hälter der Reichsgerichtsräte heraufzusetzen, und die eg bin he. Regierungen haben dem nachträglich zugestimmt. Ein 1 2 licher Fall hat sich 1896 97 abgespielt, wo aus der Mitte det Reichstags heraus die Gehälter von Postbeamten erhöht 3 Der damalige Reichsschatzsekretär Graf Posadowsky machte en,, Bedenken geltend, aber der Reichstag, wie nachträglich die n,. Regierungen stimmten zu. Die Erhöhung des Ausgabeetats . h kein novum, zudem handelte es sich damals um dauernde Erhö 535 hier aber lediglich um eine einmalige außerordentliche Ausgabe . sichtlich deren nur über die Höhe eine Meinungsverschie denheit zwi . uns und den Verbündeten Regie ungen besteht. Die Verbündeten] gierungen hätten es immer noch in der Hand, ob sie von der mn, macht, die wir ihnen geben, Gebrauch machen oder nicht. . würden sie eine schwere Verantwortung auf sich laden, wenn sie a, dieser Grmächtigung der Notlage der Beamten nicht Rechnung tens. Mit Recht hat der Reichgschatzsekretär in der Bin ert en m ß, . klärt, daß der moralische Druck eines solchen Beschlusses e , tags so stark sein würde, daß die Verbündeten Regierungen re nicht würden entziehen können. Aus allen diesen Grän den 2. ö Se, sftimmen Sie unserem Antrage zu, mit schönen Redensarten nichts getan. 4

Staatssekretär des Reichsschatzamts Freiherr v on Sten ö .

Meine Herren! Bevor ich des welteren in die Materie selbst ein ö möchte ich junächst den Vorwurf zurückweisen, den der Herr 2 ö gegen die verbündeten Regierungen erhoben hat, den Vorwurf 56 auf die Resolutionen des Reichstags, namentlich soweit sie eine

besserung der Lebenshaltung der Beamten zum Gegenstand . j Rücksicht nähmen. Ich habe hier die Reichstagsdrucksache

por mir, die erst am 11. d. M. verteilt worden ist. Aus dieser Ueber⸗

t gebt hervor, daß in diesem einen Jahre der Bundesrat in nicht weniger als il Fällen solchen Resolutionen des Reichstags stattgegeben hat. (Hört, hort rechts) Damit widerlegt sich, glaube ich, zur Genüge der Vorwurf, den der Herr Abg. Speck gegen die verbündeten Regierungen erhoben hat. (Sehr richtig! rechts) .

Ich kann all die einzelnen Fälle, die in dieser Uebersicht vor⸗ gettagen sind, Ihnen nicht spezifizieren. Aber ich möchte nur an ein paar Vorgänge erinnern, die mir gerade gegenwärtig sind. Ich möchte Sie erinnern einmal an die erhebliche Aufbesserung der Vohnungsgeldzuschüsse der Unterbeamten um nicht weniger als zoon, die erst im Etat für 1806 erfolgt ist, und ich möchte Sie welter erinnern an die ganz beträchtliche Besoldungsaufbesserung, die die Zablmeister aus Anlaß einer Resolution des Reichstags erfahren haben. Also davon, glaube ich, kann keine Rede sein, daß der Reichttag nicht darauf vertrauen dürfte, daß die verbündeten Re— gierungen mit allem Wohlwollen die Resolutionen des Reichstags auch ihrerseits prüfen.

Nun hat man das möchte ich auch vorwegnehmen, um es zu berichtigen davon gesprochen, daß der Antrag Gröber nur einen Mehraufwand von etwa 13 Millionen erfordern würde. Davon sst auch keine Rede, meine Herren. Wir haben sehr genau gerechnet; der Antrag kostet nicht 13, sondern rund 20 Millionen, und die Olfferenz erklärt sich insbesondere dadurch, daß die Herren Antrag— stelle bei ihrer Bedarfeberechnung auf die diätarischen Beamten keine Rlücksicht genommen haben. Also das bitte ich doch zu beachten.

Indessen kommt es uns und darauf werde ich später in meinen Ausführungen noch zurückkommen auf den Betrag üherhaupt weniger an als auf das Prinzip.

Nun, meine Herren, zur Sache selbst! Da glaube ich doch das eine feststellen zu können, daß eine allseitige Uebereinstimmung unter den verschiedenen Parteien des Reichstags sowohl als auch mit den verbündeten Regierungen darüber besteht, daß in den Beamtenkreisen, bei den Beamtenfamilien unter der Einwirkung der Teuerungsverhältnisse eine Notlage besteht, auf deren Abhilfe unter allen Umständen Bedacht genommen werden muß. (Sehr richtig! rechts und links Und das muß sein nicht etwa bloß im Interesse der notleidenden Beamtenfamilien selbst, son= dern es muß auch sein im Interesse des Reichs und im Interesse des Staats. (Sehr richtig) Staat und Reich haben selbst das zringendste Interesse, dafür zu sorgen, daß die Beamtenfamilien, ins⸗ besondere auch die Familien der unteren Beamten, doch noch immer eine auskömmliche Lebenshaltung haben. (Bravo) Also, meine Herren, an Wohlwollen für die Beamten stehen die verbündeten Re—⸗ gierungen dem Reichstag in keiner Weise nach. (Bravo! rechts.) Meine Herren, manches Mitglied des Bundesrats hat vielleicht ein noch wärmeres Herz für das Schicksal der Beamtenfamilien als mancher von Ihnen. (Heiterkeit Aber, meine Herren, gewisse Meinungeverschiedenheiten bestehen allerdings noch; allein diese Melnungeverschiedenheiten beschränken sich nach meinen Wahr— nehmungen, nach all den Wahrnehmungen, die ich namentlich während der Kommissionsberatungen gemacht habe, doch im wesentlichen nur in bezug auf den Umfang, in dem die Beihilfen gewährt werden sollen, und auf den Weg, der einzuschlagen ist, um zum Ziele zu gelangen.

. Nun, meine Herren, glaube ich, was zunächst den Umf ang anlangt, in dem die Beihilfen gewährt werden sollen, daß man den verbündeten Regierungen daraus, daß sie von Anfang an in dieser Frage elne gewisse Zurückhaltung beobachten zu sollen glaubten, doch keinen allzu schweren Vor⸗ wurf wird machen dürfen. Ich kann konstatieren, daß von den ver— bündeten Regierungen von Anfang an gewiß manche sehr geneigt waren, weiter zu gehen als die dem Reichstage zugegangene Vorlage, und es war nur die durchaus unklare und undurchsichtige Finanzlage, die sie davon abgehalten hat. Die ganze Entwicklung der neuen Steuer— guellen, namentlich aber auch die Entwicklung der Zölle, die wir erst in dem abgelaufenen Jahre auf einer neuen Grundlage geregelt haben, it noch absolut undurchsichtig. Wir sind auch zur Zeit noch in keiner Weise in der Lage, übersehen zu können, ob nicht vielleicht die Be⸗ ratungen des Etats im Reichstage dazu führen können, den Ausgabe⸗ bedarf für 1907 nach anderen Richtungen zu entlasten. Es wäre ja denkbar, daß man sich vielleicht bei den Beratungen in der iweiten Lesung da oder dort überzeugt, daß die eine oder andere Ausgabeforderung etwas weniger dringlich erscheine und eher lurückgestellt werden könne als der Aufwand für die Aufbesserung des Einkommens der Beamten. Aber, meine Herren, gegenüber dem ein— mitigen Willen der Volksvertretung, der dahin geht, daß eine aus— liebigere Hilfe den Beamten und ihren Familien mit möglichster Beschleunigung gewährt werden soll, werden die verbündeten Re— hierungen, wie ich hoffe, ihre zeitlichen Bedenken gegen eine solche ausgiebigere Einkommensverbesserung der Beamten auch ihrerseits surücktreten lassen. (Lebhaftes Bravo.)

Was nun den Weg anlangt, der einzuschlagen ist, um zu dem Jiele zu gelangen, so gehen hier allerdings die Meinungen weiter zukeinander. Wir haben insbesondere gegen den Antrag, wie er unter lummer 221 nun hier eingebracht worden ist, nachdem er schon in der Kommission regierungsseitig lebhaft bekämpft worden, nuch jetzt noch die schwersten Bedenken. Ich will mich in dem gegen— wärtigen Stadium nicht mehr in die Rechtsfrage, die in der Kommission eingehend erörtert worden ist, weiter vertiefen. Ich will das um so weniger tun, als es bisher doch jedesmal noch gelungen t mwischen dem Reichttage und den verbündeten Regierungen einen

eg der Verständigung zu finden, um über diese Frage hinweg— lukommen. Es sind nun von dem Heirn Vorredner einige Präzedenz—⸗ alle erwähnt worden. Der Fall mit der Erhöhung der Gehälter zer Rite am Reichsgericht ist mir im Augenblick, soweit es sich um das Zahlenmaterial handelt, nicht so genau gegenwärtig; ; erkenne aber an, daß hier ein solcher Präzedenzfall vor— . Es ist dann weiter hingewiesen worden auf den Präjedenz⸗ ü des Jahres 1597. Dieser war auch schon in der Kommission . der Erörterung und ich habe mich bemüht,

J. e diesem Falle injwischen noch näher nachjugehen. Da hat sich

. herausgestellt, daß jener Fall von 189 doch dem jetzt vor—⸗ . nicht etwa gleicht wie ein El dem anderen, sondern es sind ,, große Verschiedenheiten, die zwischen diesen Fällen vor⸗ un n sind. Im Jahre 1897 handelte eg sich um Gehalte—

Tserungen, die in ihrer Gesamtsumme sich beliefen auf S4 000 ist schon dieser Betrag ein verschwindend geringer gegen dle

20 Millionen, um die es sich jetzt handelt. Aber nicht genug. Es wurden damals von der Kommission und vom Reichs⸗ tage an der betreffenden Vorlage es handelte sich um einen Ergänzungtetat noch weitere Aenderungen vor⸗ genommen und das Schlußresultat derselben war das, daß etwa 00 o00 M weniger herauskamen, daß also eine Minusforderung des Reichstags da war. (Hört, hört! rechts) Und dies in elner Zeit, in der das Reich reichliche Ueberschüsse besaß, also auch recht wohl in der Lage gewesen wäre, selbst wenn noch etliche Millionen zu decken gewesen wären, aus diesen Ueberschüssen die Mittel zu schöpfen, um diese Millionen zu decken. Wie ganz anders ist gegenwärtig die Lage! Hier eine Erhöhung des Ausgabebedarfs um 20 Millionen und auf der anderen Seite ein Defizit, das uns nötigt, schon jetzt die Bundesstaaten mit annähernd 40 Mill. Mark gestundeter Matrikular⸗ beiträge heranzuziehen im ganzen sind es einige 60 Millionen un⸗ gedeckter Matrikularbeiträge. Die verbündeten Regierungen werden sich absolut nicht auf einen Weg drängen lassen wollen und darin haben sie, glaube ich, vollständig recht —, der sie der Gefahr auszstetzt, zunächst einmal in diesem Jahre sich einer Zwangslage hinsichtlich ihrer freien Entschließung gegenüber zu befinden. Sie müssen doch auch ihrerseits prüfen, bevor sie sich auf Verpflichtungen engagieren, die sie auf eine Reihe von Jahren eingehen, wie sie sich nun ihrerseits die Deckungsmittel und Deckungs⸗ möglichkeit denken. Bedenken Sie sodann aber auch die Lage, in welche das Reichsschatzamt gerät, wenn in einer solchen Weise pro-= zediert wird. Ich stehe nun im vierten Jahre an dieser Stelle und ich kann Ihnen aus Erfahrung sagen, mit welchen unendlichen Schwierigkeiten es verknüpft ist, nicht bloß Wochen, sondern Monate lang daran zu arbeiten, um gegenüber den Anforderungen der Ressorts endlich einen Etat zu stande zu bringen, bei dem wenigstens an⸗ nähernd die Ausgaben noch im Verhältnisse zu den Einnahmen stehen. Leider sind wir in diesem Jahre noch ziemlich weit von dem Ziel entfernt. Ich glaube aber, wir sind wenigstens dem Ziele etwas näher gekommen. Bei der ersten Aufstellung des Entwurfs befanden wir uns noch um nicht weniger als 80 Millionen welter von dem Ziel entfernt und es hat der äußersten Anstrengung bedurft, wenigstens so weit zu kommen, als der Etatgentwurf Ihnen darlegt. Nun versetzen Sie sich in unsere Lage, wenn wir uns sagen müssen, diese ganze Mühe und diese ganze Arbeit ist schließlich umsonst; denn wenn die Vorlage an den Reichstag kommt, so riskieren wir, daß der Reichstag einfach seinerseits ungezählte Millionen in den Ausgabe⸗ etat hineinschreibt und damit das ganze, mühselig zu stande gebrachte Gebäude, den ganzen Finanzierungsplan uns mit einem Schlage über den Haufen wirft. Darauf kann die Reichsschatz verwaltung nicht ein⸗ gehen. Nun will ich zugeben, daß, wie der 5 2 gefaßt ist, er ja allerdings, formell betrachtet, nur eine Ermächtigung für die verbündeten Regierungen und für die Reichsschatznerwaltung enthält, diese Beträge auszujahlen. Aber, meine Herren, auch die übrigen Etatspositionen bei der Ausgabe bedeuten im wesentlichen, soweit nicht rechtliche Ver⸗ pflichtungen in Mitte liegen, doch nur Ermächtigungen. Allein ich möchte den Schatzsekretär sehen, der angesichts einer solchen Ermächtigung die Beamten auf die Beihilfen warten lassen wollte, die ihnen die gesetzgebenden Faktoren bewilligt haben. Das ist unmöglich und ich glaube, weitere Ausführungen in dieser Hinsicht unterlassen zu dürfen. Nur das halte ich mich für verpflichtet noch zu der allgemeinen Frage zu betonen, daß, wenn schließlich auch für das eine Jahr 1907 die finanziellen Konsequenzen vielleicht noch zu ertragen sein sollten ich komme darauf später noch zurück doch unter allen Umständen schon die Aussicht auf die schwerwiegenden Konsequenzen, die die Zukunft in dieser Beziehung bringen muß, die verbündeten Regierungen unter allen Umständen davon abhalten muß, dem Antrag, wie er hier von seiten der Herren Abgg. Gröber und Genossen gestellt worden ist, zu entsprechen. Für uns, meine Herren, für die verbündeten Regierungen, würde durch die Einschaltung einer solchen Bestimmung der Gesetz⸗ entwurf einfach unannehmbar. (Hört, hört! rechts) Die gleichen Bedenken, die einer solchen Einstellung entgegen stehen, meine Herren, stehen, wie ich einschaltend noch bemerken möchte, auch all den zu der zweiten Lesung des Etatsentwurfs für das Jahr 1907 schon ge— stellten Anträgen auf unmittelbare Einstellung von Gehalts— aufbesserungen in den Etat entgegen. Bei diesen Anträgen zum Etat selbst tritt aber noch ein weiteres Bedenken hinzu, das Bedenken nämlich, daß eine solche Arbeit überhaupt nur organisch und ein

heitlich gefertigt und die Aufgabe nur auf solche Weise gelöst werden kann und daß die Frage der Gehaltsaufbesserung der Beamten auch mit der Frage der Regelung und Verbesserung der Wohnungsgeld— zuschüsse in einem ganz untrennbaren Zusammenbang stebt (Sehr richtig! rechts) und dieser letztern Frage für das Jabr 1808 näber— zutreten, sind wir ja bekanntlich ohnehin schon gesetzlich ver⸗ pflichtet.

Meine Herren, die notleidenden Beamten wollen überhaupt keinen Streit zwischen den Regierungen und der Volks— vertretung. (Sehr richtig! rechts) Sie bedanken sich für lange und noch so gründliche und tiefgehende staatsrechtliche

Erörterungen und Auseinandersetzungen. (Sehr richtig! rechts.) Die notleidenden Beamten verlangen nach Brot für sich und nach Brot für ihre Kinder. (Zurufe bei den Sozialdemokraten Mit diesen juristischen Aueinandersetzungen stillen wir nicht ihren Hunger (Sehr richtig! rechts5 und das Ziel, den Beamten praktisch zu helfen, können wir nur erreichen, nicht wenn wir hier Konflikte herbeiführen, sondern wenn wir uns über den Weg verständigen (Sehr richtig! rechts, und eine solche Verständigung wird nach meinem Dafürhalten durch die Resolution angebahnt, welche die Kommission Ihnen vor— geschlagen hat. Der Herr Reichskanzler ergreift gerne die Hand, die ihm von den Mehrheitsparteien in dieser Resolution geboten wird. (Bravo) Diese Resolution liegt unter Nr. 220 der Drucksachen Ihnen vor und ich möchte nur kurz noch bei—⸗ fügen, daß wir den Zusatz, welcher nachträglich noch zu der Resolution unter Nr. 232 der Drucksachen eingebracht worden ist, eigentlich als etwas Selbstverständliches erachten. (Sehr richtig! rechts.) Ich be—⸗ greife also die Resolution zusammen mit dem dazu eingebrachten Zusatz. Meine Herren, zu der also hier vorliegenden Resolution und zu der damit im engsten Zusammenhang stehenden Frage der Ge— haltsaufbesserung für das Jahr 1907 habe ich Ihnen namens und im Auftrage des Herrn Reichskanzlers nun die folgende bestimmte Er— klärung abzugeben: Der Herr Reichskanzler ist für seine Person bereit, formell und materiell auf den Boden dleser Resolution zu treten. (Lebhaftes

Bravo!) Er wird auf das ernsteste bemüht sein, mit allen ihm zu

Gebote stehenden Mitteln bei den verbündeten Regierungen auf die alsbaldige Vorlegung eines Ergänzungsetats hinzuwirken, durch welchen die Bewilligung der zur Durchführung dieser Resolution erforder⸗ lichen Ausgabebeträge von diesem hohen Hause erbeten wird. (Leb; haftes Bravo!)

Ferner, der Herr Reichtkanzler ist fest entschlossen, die Frage einer organischen Gehaltsaufbesserung im Zusammen⸗ hang mit der Frage der Regelung des Wohnungsgeld⸗ zuschusses für den Ctatsentwurf auf das Rechnungsjahr 1908 in Angriff zu nehmen (Bravo!), den verbündeten Regierungen die hierzu erforderlichen Vorlagen seinerzeit zugehen zu lassen und diese Vor⸗ lagen bei den verbündeten Regierungen auch mit allem Nachdrucke zu vertreten. (Bravo Anderseits gibt der Herr Reichskanzler sich allerdings auch der bestimmten Erwartung hin, daß es gelingen werde, im Hinblick auf die sehr erheblichen finanziellen Aufwendungen, welche dem Reiche durch die Ausführung jener Maßnahme erwachsen werden, für das Etatsjahr 1908 zu einer befriedigenden Lösung der Frage nach der Deckung dieser Aufwendungen mit diesem hohen Hause zu gelangen. (Sehr wahr! und Heiterkeit.)

Meine Herren, ich schließe meine Ausführungen mit der Bitte, das hohe Haus möge hiernach den Antrag Gröber und Genossen ablehnen. Des weiteren möchte ich aber befürworten, daß das hohe Haus anderseits der vorliegenden Resolution seine Zustimmung erteilen möge. (Lebhaftes Bravo!)

Abg. Dr. Beck⸗Heidelberg (ul.: Sie werden wohl alle unter dem Eindruck der eben gehörten Erklärung annehmen, daß wir einer veränderten Sachlage gegenüberstehen. Meine Freunde geben der Freude darüber Ausdruck, daß wir auf dem Boden der Kommiffiontz⸗ resolution diese entgegenkommende Erklärung der Verbündeten Re— gierungen erhalten haben. Das Vorgehen der Kommissionsmehrheit, wie wir es mitgemacht haben, bedarf aber immerhin noch einer gewiffen Rechtfertigung gegen die erhobenen Angriffe. Die Verbündeten Re— gierungen sind jetzt offenbar zur Erkenntnis gelangt, daß das bisher Gebotene nicht für ausreichend und zulänglich betrachtet werden kann. Es hätte nur ein verschwindender Teil aller Beamten an der 1 Wohltat in diesem Jahre, 1907, teilnehmen können; es müßte mehr geschehen, um sie in weiterem Umfange vor weiteren Schädigungen sicher zu stellen. Wenn der Staatssekretär jetzt mehr die Bedenken wegen der Aufbringung des nötigen Aufwandes in den Vordergrund stellt, so haben ja auch wir aus diesen Bedenken heraus zunächst vorgezogen, uns auf den Boden der Kommissionsresolution zu stellen. Die . oh der Reichstag zu Ausgabenerhöhungen im Etat berechtigt ist, ist sehr bestritten; jedenfalls kann die Reglerung durch den Reichstag nicht gezwungen werden, die Mehrausgaben auch wirklich zu leisten. Wir muͤssen also ein Einverständnis mit den Verbündeten Regierungen herbeizuführen suchen und darum beschreiten wir den Weg der Resolution. Wenn wir eine solche Ausgabenerhöhung auch seitens des Reichstags an sich für zulässig erklären, so ist der gegenwartige Augenblick nicht der richtige zur Austragung dieses theoretischen Prin ipienstreites. Die angeführten Präzedenzien sind dem heutigen Falle nicht ahnlich; auch läßt sich die finanzielle Lage vor der Durchberatung des Etats noch nicht übersehen. Wir schrecken eventuell auch vor einer Er⸗ höhung der Matrikularbeiträge nicht zurück, nachdem durch die Stundung das Hauptbedenken dagegen beseitigt ist. Das Zentrum darf sich jetzt anderseits des Vorschlages einer Deckung nicht ent— schlagen, wenn es eine solche 17 Millionen⸗Mehrbewilligung beantragt; das Zentrum hat dergleichen Anträgen von anderer Seite gegenüber stets die Deckungsfrage in den Vordergrund gestellt. Wir erwarten, daß der Wechsel, den der Reichskanzler ausgestellt hat, auch in seinem vollen Umfange in diesem Jahre eingelöst wird; dann werden . auch wieder mit voller Berufsfreudigkeit ihre Pflicht erfüllen.

Abg. Freiherr von Richthofen (oskons.): Die heutige Beratung hat eine Freudenbotschaft für die deutschen Beamten gebracht. Die Initiative zu Beamtenbesoldungsverbesserungen kann nur von der Regie⸗ rung ausgehen, die die Verhältnisse im einzelnen kennt und übersieht, während der Reichstag bestenfalls nur Stückwerk leisten kann. Gegen die Ausführungen des Abg. Speck aber, die im Lande mißverstanden werden könnten, muß ich mich noch ausdrücklich wenden. Es ift nicht richtig, daß die Mehrheit den Beamten noch weniger zubilligen will, als der Regierungsvorschlag enthält; ich brauche nur auf das Verhalten und die Erklärung der konservativen Fraktion im preußischen Abge⸗ ordnetenhause zu derselben Frage hinzuweisen. Anderfeits muß staats⸗ rechtlich daran festgehalten werden, daß der Reichstag ohne ustimmung der Regierung Ausgabeerhöhungen im Etat nicht , kann. Es kommt ja doch auch tatsächlich nichts dabei heraus, wenn die Re⸗ gierung von dieser vom Reichstag einseitig beschlossenen Erhöhung, die ja nur eine Vollmacht für die Regierung darstellt, keinen Gebrauch macht. Die von uns gebilligte Resolution soll auch nur die Richtung angeben, in welcher vorgegangen werden muß. Der Zusatzantrag Wiemer soll nur einen Zweifel beseitigen, der allenfalls erhoben werden könnte. Die Zusicherung, daß im nächsten Jahre mit einer Reform der Besoldungen im Zusammenhange mit den Wohnungsgeldzuschüssen vorgegangen werden soll, begrüßen wir mit aufiichtiger Freude und Genugtuung, .

Abg. Sin ger (Soß): Der Begründung, die der Abg. Speck seinem Antrage gegeben hat, können wir uns nur anschließen. Wir meinen, es ist der Modus der Einstellung der Zuwendungen in den Etat selbst jeder noch so gut gemeinten Resolution vorzuziehen. Wenn hier im Reichstage die Behauptung ernsthaft vertreten wird, daß die Regierung dem Reichstage grundsätzlich das Recht auf Einste ung höherer Ausgaben in den Etat bestreitet, so muß ich dagegen aufs entschiedenste protestieren. Ich will ganz absehen' von' den Präzedengfaͤllen. Es ist geradezu ein fundamentales Recht des Reichstages, so gut, wie er Abstriche machen kann, auch Ausgabepositlonen ju erhöhen. Das Recht des Bundesrats auf Annahme oder Ablehnung des Etats bleibt dabei ganz unberührt. Sollte man jenes Recht dem Reichstag bestreiten, fo würde man ihm die gleiche Berechtigung als, gesetzgebender Faktor nehmen; dag abzuwehren, sollte gleichmäßig. Sache aller Parteien“ sein. In der Praxis hat sich außerdem die Regierung immer der Anschauung des, Reichstags akkommodlert. Der Reichstag darf sich nicht ein⸗ schüchtern lassen von der Regierung, von seinem Rechte keinen Ge⸗ brauch zu machen. Ich muß auch Verwahrung einlegen gegen die Auffassung des Stagtssekretärs, daß durch das Vorgehen des . tages in bezug auf Erhöhung der Beamtengehälter die Disziplin der Beamten gelockert werden könne. Das verhindern schon die Disziplinarvorschristen im Reich und in den Einzelstaaten. Ein Beamter, der es unternähme, auf Grund einer Ablehnung einer Gehaltserhöhung seinem Vorgesetzten den Gehorsam zu versagen, würde damit sehr schlechte Erfahrungen machen. Die *. rechterhaltung der Diszsplin ist Sache der Exekutive und wir werden uns nicht zurückhalten laffen in dem Be— streben den Beamten die Arbeitsfreudigkeit und Kraft zu schaffen, die notwendig ist, um ihre Arbeit auszuführen. Was dle Deckungsfrage betrifft, fo find wir bereit, an der Deckung mitzu⸗ wirken durch Einführung der Reichseinkommensteuer ufw. Auf andere Vorschläge lassen wir uns nicht ein, denn der neue Zolltarif hat, den tragikomischen Erfolg gehabt, daß er die Lebensmiftelpreis- erhöht hat, was nun duich eine Gehaltsaufbesserung wieder wett n werden soll. In der Kommission und bier bat ein Wettrennen tattgefunden im Wohlwollen für die Beamten. Wenn Wobjwollen ein Nahrungsmittel wäre, so wären die Beamten schon längst satt. Ich brauche nicht zu versichern, daß wir uns von keiner Partei. auch nicht vom Bundesrat an Woblwollen fuͤr die Beamten übertreffen lassen. Wir haben dies durch unsere Anträge auf Ver. besserung der Gehälter der unteren und mittleren Beamten Kewichen.

Der Staatssekretär hat in der Kommission keinen Zweifel gelaffen

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