1907 / 91 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Apr 1907 18:00:01 GMT) scan diff

Justizminister Dr. Beseler:

Der vorliegende Gesetzentwurf entspricht den Erklärungen der Staatsregierung bei der zweiten Etatsberatung. Es handelte sich nun bloß darum, den gesetzgeberischen Gedanken auszugestalten und in die Form eines Entwurfes zu kleiden.

Der Grundgedanke ist, den Richtern erster Instanz die Dienst⸗ altersstufen zu gewähren, weil diese Art der Gehaltsregulterung, wie allgemein anerkannt wird, wesentliche Vorzüge hat vor der jetzigen Einrichtung. In dem Gesetz ist dies nur mit wenigen Worten aug— gesprochen, und deshalb ist die Denkschrift beigefügt, welche die Herren Redner heute schon mehrfach erwähnt haben. In dieser Denkschrift ist dargestellt, wie die Gehaltsstufen nach der Meinung der Staatg⸗ regierung zu regeln sein werden, und es wird davon auszugehen sein, daß, indem das hohe Haus sich jetzt auch mit dieser Darlegung befaßt, dies für den nächsten Etat grundlegend sein wird.

Neben der Einführung der Dienstaltersstufen ist aber auch das Bestreben maßgebend gewesen, die Richter erster Instanʒ

im großen und ganzen den Verwaltungsbeamten, welche die⸗ selbe Vorbildung wie sie erfahren, gleichzustellen. Deshalb ist das Höchstgehalt von 7200 „S in Vorschlag gebracht.

Nachdem sämtliche Herren Redner sich im allgemeinen zu dem Gesetzentwurf zustimmend ausgesprochen haben, werde ich nur mit wenigen Worten noch auf Einzelheiten zurückkommen, die ihre Erledigung in den Kommisstonsberatungen finden werden. Es ist da hervorgehoben worden, daß die Anrechnung der Assessoren⸗ jeit von 5 und 2 Jahren vielleicht nicht glücklich gewählt wäre und anders geregelt werden könnte: etwa auf 4 und 3 Jahre. Die Vor⸗ lage ist gefertigt auf Grund der Erfahrungen, die sich in den letzten Jahren ergeben haben. Es wird in der Kommission zu erörtern sein, ob eine Aenderung angezelgt sei.

Ferner ist bemerkt worden, es wäre vielleicht besser, das Anfanggz⸗ gehalt der Richter auf 3600 S zu erhöhen, Ich möchte darauf erwidern, daß die Gesetzesvorlage nicht die Bedeutung einer allgemeinen Gehaltsaufbesserung für die Richter haben soll, sondern daß sie die Gleichstellung der Richter erster Instanz mit den Verwaltungsbeamten bezweckt, und daß die Einführung der Dienstaltersstufen unter Er— höhung der letzten Gehaltsstufen diese Gleichstellung herbeiführen soll. Dadurch erledigt sich vielleicht manches, was heute von einzelnen Herren Rednern an Wünschen geäußert worden ist.

Eins möchte ich noch hervorheben. Der Gedanke, daß den Senatspräsidenten, Oberstaatsanwälten und Landgerichttpräsidenten schneller, als jetzt, höhere Gehalt stufen zu gewähren seien, ist mir durchaus sympathisch. Es ist nicht zu verkennen, daß diese Beamtenkategorlen viel zu spät in den Genuß der Höchstgehaltsbezüge gelangen, nicht wenige überhaupt nicht. Es ist deshalb erwägenswert, einen Modus zu finden, um Besserung zu schaffen. Dazu ist aber das jetzt zu be⸗ ratende Gesetz nicht bistimmt, dagegen wird sich vielleicht im Rahmen des Etatsgesetzes ein Weg finden lassen, etwa in der Weise, daß die erste Gehaltsstufe von 7500 M gestrichen wird. Jedenfalls wird die Justizwerwaltung die Frage in ernsteste Erwägung nehmen.

Es ist auch betont worden, daß die Staateanwaͤlte nicht besser zu stellen seien, als die Richter. Das ist auch nicht beabsichtigt, und ich glaube nicht, daß es nötig sein wird, dies im Gesetz befonders zum Ausdruck zu bringen. Die Justijverwaltung steht auf dem Standpunkt, daß hier durchaus Gleichheit herrschen soll, und es werden daher die Dienstaltersstufen der Staatsanwälte demnächst, wenn das Gesetz zur Annahme gelangen wird, im Gtat ebenso vorgeschlagen werden, wie es jetzt für die Richter vorge⸗ sehen ist.

Eine Erhöhung des Anfangsgehalts, wie sie angeregt worden ist, auf 3600 1 würde eine Mehraufgabe von 23 Millionen bedeuten. Das würde eine wesentliche Gehaltsaufbesserung sein, und an solche ist in dem vorliegenden Gesetzentwurfe nicht gedacht.

Wenn die Vorlage in die Kommission gehen wird, so darf ich hoffen, daß dort eine Vereinbarung über die einzelnen Punkte, über die noch keine Uebereinstimmung herrscht, zu erreichen sein wird, und ich vertraue, daß auch die Kommissiongberatung demnächst ein Er— gebnis fördern wird, das dann hier im hohen Hause allseltige Zu⸗ stimmung finden wird. (Bravo h

Damit schließt die Debatte.

Die Vorlage wird an eine Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen.

In erster und zweiter Beratung werden der Gesetz— entwurf zur Abänderung des Gesetzes über den Erlaß polizeilicher Strafverfügungen wegen Ueber—⸗ tretungen von 1883, der lediglich die formale Be⸗ deutung hat, daß die Polizeiverwaltungen auch gegen Militär⸗ sonen Geldstrafen eventuell in Haftstrafen umwandeln können, sowie der Gesetzentwurf, betreffend die Bildung von Parochialverbänden in der Provinz Schleswig⸗ Holstein, ohne Debatte angenommen.

Darauf setzt das Haus die Beratung des Etats des Ministeriums der , Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten in dem Kapitel der höheren Lehranstalten fort und verhandelt zunächst über den Antrag der Abgg. Cassel (krs. Volksp.), Dr. Friedberg (nl. und Broemel (frs. Vgg.):

»die Regierung zu ersuchen, eine Gleichstellung der Oberlehrer an den höheren Lehranstalten im Gehalt mit . Verwaltungsbeamten und Richtern zu be— wirken.“

Der Abg. Dr. von Hendebrand und der Lasa (kons.) beantragt dafür folgende an, die Regierung zu ersuichen, im Rahmen der demnächst hevorstehenden allgemeinen Neuordnung der Beamtengebälter eine BGleichstellung der Oberlehrer an den höheren Lehranstalten im Gehalt mit den Verwaltungsbeamten und Richtern zu erwirken. Berichterstatter Abg. Dr. von Savigny (Zentr,) teilt aus den n, mit, daß der Antrag Cassel bereits der Kommission vorgelegen, und man sich dort entschlofsen habe, die Entscheidung darüber bis zur Neuregelung der gesamten Gehaltsfrage aller Beamtenkategorien auszusetzen Abg. Cassel (frs. Volksp.): Unser Antrag stellt keine neue und unerhörte Forderung. Bei der Wichtigkeit der Frage kann ich nur meiner Ueberraschung und meinem Bedauern Ausdruck geben, daß die Königliche Staatsregierung nicht pertreten zu sein scheint, (Bei Be⸗ inn der Rede des Abg. Cassel ist der Ministertisch unbesetzt, jedoch 1 nach einigen Minuten der Minister der geistlichen 2e. Angelegenheiten Dr. von Studt und seine Kommifsare den Sh eln h Es werden von dem Lehrerstand für die höheren ulen nicht bloß Kenntnisse und Wissen verlangt, um diese ö der Jugend zu verbreiten; dieser Stand setzt nicht nur eine müh⸗ selige und geduldige Arbeit voraus, sondern er muß sich auch für

gegenüber den

die verantwortunggvolle Bildung der Jugend auf der Höhe der 9. nach allen Richtungen hin 6 Gesamtbildung befinden. Schon der Unterrichtsminister Eichhorn hat deshalb die Gleichberechtigung der Lehrer und Richter anerkannt, ebenso der Minister Flottwell 1845 und seit dieser Zeit eine Reihe von verschiedenen Ministern; vor 35 Jahren hat die Staatzregierung in ihrer Gésamtheit dieses Verlangen als berechtigt ausgesprochen. Im Verlauf der Entwicklung ist es aber leider anders mik der Anerkennung geworden. Die Oberlehrer wurden 1879 sogar im Maximum Richtern zurückgestellt, nachdem sie bis dahin nur im Minimum des Gehalts eine Verschiedenheit aufgewiesen hatten. Der Unterrichtsminister Bosse hat in einem Schreiben es sich spater zum Vorwurf gemacht. daß er es wegen der Nichtgleichstellung der Oberlehrer mit den Richtern nicht habe zum Bruch kommen lassen, und er meint in bezug auf den Finanzminister von Miquel, der die Lehrer mit ihrem Ideallgmus vertröstet habe, daß sie doch nicht als Schuhputzer behandelt werden sollten. Auf der Schulkonferenz von 190 hat Geheimer Rat Hinzpeter die Forderung als eine überreife bezeichnet. Was nun das Argument anlangt, daß Richter und Verwaltungsbeamte Hoheitsrechte im Gegensatz zu den Lehrern auszuüben hätten, so gehe ich darauf nicht weiter ein; dte Aufgabe eines höheren Lehrers für die Bildung unserer Jugend sst eine gleichwichtige, sie ist auch ebenso schwer, wenn auch der Qberlehrer nur ein Examen zu bestehen hat; denn dieses eine Examen ist . schwieriger. Unsere Forderung ist eine so alte und gerechtfertigte, daß man sie nicht weiter verschieben kann; wird mein Antrag erneut an die Budgetkommission zurückverwiesen, so ist es doch besser, daß das vom ganzen Hause aug geschieht, als wenn es sich nur um einen von mir in der Kommission gestellten Antrag handelt. Es ist nötig, daß unsere Lehrerschaft nicht bloß ideell boch' geschätzt wird, sondern daß das auch materiell anerkannt wird. Der Minister Eichhorn hat schon in den 40er Jahren gesagt, daß ihn diese Angelegenheit ö eher schlafen lasse, als bis der gedachte Zweck erreicht sei; es handelt sich um eine Ehrenschuld des preußischen Staats, die nicht bloß im Interesse der Oberlehrer, sondern des ganzen Volkes erfüllt werden muß.

Abg. Dr. von Heydebrand und der La sa (kons.): Nach den umfangreichen Ausführungen des Vorredners kann ich mich auf eine kurze Erklärung beschränken. Die Erregung unter den Sberlehrern geht auf eine längere Reihe von Jahren zurück. Die Beschwerdepunkte der Herren richten sich wohl weniger auf die materielle Lage, alt darauf, daß ihrem Stande nicht diejenige Bedeutung zuerkannk wird, die ihm nach seiner ganzen Vorbildung und Leistung zukommt. Ich habe für ein derartiges Empfinden ein gewisses Verständnis. Es hat viel Wahrheit für sich. Wir sind in Preußen allerdings gewohnt, diejenige Tätigkeit, die von der Obrigkeit der Verwaltung ausgeübt wird, als ganz besondere zu betrachten, das wird bis zu einem gewissen Grade auch immer so sein, aber die Entwicklung der neuen Zeit hat ja auch der Tätigkeit in Handel und Industrie eine unendlich viel größere Bedeutung für unser ganzes Volkswesen zuerkannt als früher; ich erkenne das durchaus an; aber dann müssen wir dieselbe Anerkennung auch gegenüber jenen Faktoren betätigen, die die geistige Ausbildung und die Gesamterztehung unferes

Volkes zu fördern haben. Wenn man dieser Frage fo gegenüber—

steht, so ergibt daraus die grundsätzliche Konsequenz, Prinzip i liel e, . . ei . . , Norm geschaffen werden muß; es ergibt sich aber nicht daraus daß eine absolut zahlenmäßige Gleichstellung erfolgen muß, es soll nur grundsätzlich diese Gleichstellung ausgesprochen werden. Deshalb haben wir unseren Antrag eingebracht, nach dem im Rahmen“ der bevorstehenden Neuordnung der Beamtengehälter eine Gleichstellung der beiden Beamtenkategorien erfolgen soll. Die Annahme des Antrages Cassel wird schon deshalb nicht gut möglich fein, weil wir dadurch für die beabsichtigte Neuordnung etwas Bestimmtes festlegen würden, und wir haben ja die Regierung ersucht, ung über diefe Neuregelung einen organischen Gesamtvorschlag zu machen. Unser Antrag könnte eine Vielleicht einstimmige Annahme der Tendenz des Antrages selbst herbeiführen, und ich glaube, daß das von großem Werte sein würde. Sie sehen aus meinen Worten, daß über die Wertschätzung der Oberlehrer hinsichtlich ihrer Ausbildung und sozialen Wirkung keine Meinungsverschiedenheit herrscht.

Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗ angelegenheiten Dr. von Studt:

Meine Herren! Daß ich in der vorliegenden wichtigen Frage die Interessen meines Ressorts steis mit Nachdruck und nicht ohne Erfolg vertreten habe, das wollen Sie gefälligst aus der Tatsache entnehmen, daß ich in den Jahren 1901 und 1902 und dann wiederholt Maß⸗ nahmen herbeigeführt habe, die im Wege der fortgesetzten Ergänzung des Normalbesoldungsetats sowie der Bestimmungen über die Pflicht- stundenzahl, das Dienstalter, die Rangverhältnisse und die Verleihung des Professortltels Schritt vor Schritt eine Aenderung zu Gunsten der Oberlehrer zur Folge gehabt haben.

Meine Herren, die von der Königlichen Staatsregierung hier in Aussicht genomme e Neuordnung der Besoldungsverhältnisse der Richter hatte zur selbstverständlichen Folge, daß die Frage der Be— soldung der Oberlehrer von neuem in Fluß kam. Es sei mir ge⸗ stattet, in einem kurzen geschichtlichen Rükblick zunächst hervorzuheben, daß die jetzige Höhe des Anfangs, und Endgehaltes der Ober— lehrer auf den im Jahre 1897 bei der allgemeinen Aufbesserung der Beamtengehälter von diesem hohen Hause gefaßten Beschlüssen beruht. Ich möchte dies namentlich hervotheben gegenüber einer Be—= merkung, die vorhin der Abg. Cassel hinsiqtlich des historischen Ent⸗ wickel ungsganges dieser Frage gemacht hat.

Damals hatte die Königliche Staatsregerung für die Oberlehrer ein Gehalt von 2700 A bis 6000 einscͤließlich der festen Zulage und für die Richter ein solches von 3000 bis 6300 vorgeschlagen, sodaß sowohl im Anfangs- wie im Endgehalle der beiden Kategorien nur ein Unterschled von z00 sich ergchen haben würde. Nun, meine Herren, wurde bei der Erörterung der Vorlage in diesem hohen Hause eine Aenderung zum Nachteile der Olerlehrer vorgenommen. Es wurde naͤmlich beschloßsen, das Höchstgehat der Richter statt auf 6300 auf 6600 KA zu bemessen, während es hirsichtlich der Oberlehrer bei dem Satz von 6000 6 verblieb. Seit 17 sind nun mehrere Nachträge, und zwar die von 1899, 1901 uid 1902 zum Normal- besoldungtetat zu Gunsten der Oberlehrer hinsicktlich der festen Zulage von go0 M und der von 24 auf 21 Jahre heabgesetzten Aufsteige= frist beschlossen worden; unberührt sind abel stets dabei die An= fangs⸗ und die Endgehälter der Oberlehrer seblieben. Nunmehr ist für die Richter die Einführung des Alterszulagsystems und die Er— höhung des Endgehalts von 6600 auf 7300 M jach den Verschläͤgen der Königlichen Staatsregierung in Aussicht genchmen.

Es ist Ihnen bekannt, daß über ankrweitige Gehalts— regulierungen für weitere Beamtenkategorien i. wird.

Die Unterrichtzerwaltung hält sich dabei Fegenwärtig, daß im Zusammenhange hiermit auch bezüglich der Oberlehrer eine Neuregelung stattjufinden haben wird. Welche Vor— schläge in dieser Richtung demnächst zu maten sein werden, darüber vermag ich leider heute eine Erklärung ilcht abzugeben, da die Verhandlungen der Königlichen Staatsregierung ber diesen Gegen⸗ stand noch schweben. Zunaͤchst wird sich Gelegenheit Keten, diese Frage in der Budgetkommission bel den Beratungen übe] eine allgemeine Neuordnung der Beamtenbesoldung zu prüfen. bitte Sie, sich

ein besonders scharfer ist.

dessen versichert halten zu wollen, daß ich, wie in früheren Jahren, auch jetzt das berechtigte Interesse der höheren Unterrichtsanstalten in dieser bedeutungsvollen Frage im Einvernehmen mit der Königlichen Staatsregierung sorgfältig vertreten werde. ;

Ich darf den Ausdruck der Hoffnung hinzufügen, daß die heutigen Verhandlungen diesez hohen Hauses die diesseitige Stellungnahme zu der vorliegenden bedeutungsvollen Frage wesentlich unterstützen werden. (Bravo h

Abg. Dr. Dittrich (Zentr.): Ich will nicht auteinandersetzen, warum früher in diesem Hause ein gleicher Antrag gescheitert ist, um nicht alte Wunden wieder aufzureißen, zumal unsere Anschauungen in diesem Punkte allmählich genähert haben. Noch i. J. 1900 sprach Ministertaldirektor Althoff von unerfüllbaren Wünschen der Sber? lehrer, er sprach aber doch die Hoffnung aus, daß in der ukunft vielleicht die Gleichstellung mit den Verwaltungsbeamten und Richtern herbeigeführt werden könne. Wir meinen, daß jetzt der Zeitpunkt dazu gekommen sei. Meine Freunde sind mit dem Antraze Gaffel im Prinzip vollkommen einverstanden, wir gehen aber noch weiter und verlangen, daß alle Beamten mit gleicher Vorbildung und gleicher Vorbereitungszeit gleichgestellt werden müssen. Mit den übrigen Rednern erkennen wir die hohe Bedeutung des Standes ber höheren Lehrer an, und weil meine Freunde diefe hohe Bedeutung allen höheren Beamten beimessen, wünschen wir die Gleichstellung der Beamten mit gleicher Vorbildung. Nach den Erklärungen des Abg. von Heydebrand können wir dessen Antrag nicht vollkommen folgen, denn wir wünschen eine Gleichstellung nicht nur im Höchst= gehalt; sondern auch in den anderen Gehaltsfätzen. Wenn wir aber auch für die gleichzeitige Behandlung dieser Fragé und der allgemeinen Gehaltsfragen sind, so empfehlen wir damit keine dilatorische Be— handlung, im Gegenteil, die Regierung muß sobald wie möglich, mindestens im nächsten Herbst alle diese Gehaltsfragen regeln. Abg. Dr. Röchling (nl); Meine Freunde sind von jeher An— hänger der Gleichstellung der Oberlehrer mit den Verwaltungs beamten und Richtern gewesen, wie unsere Redner schon bel früheren Gelegen⸗ heiten, j. B. 1896 der Abg. Seyffardt und später Herr Schmieding, ausgeführt haben. Leider ist damals ein solcher Antrag Schmie⸗ ding abgelehnt worden, aber der damalige Kultusminister Bosse hat sich doch sympathisch darüber ausgesprochen. Die Regierung hat alfo die grundsätzliche Gleichsteßung als berechtigf an= erkannt. Bisher konnte man gegen die Gleichstellung nur einwenden, daß es an dem nötigen Geld fehle, und daß es bei den Richtern an den Dienstaltersstufen fehle. Die Richter erhalten jetzt die BVienstalters—⸗ stufen, und nun ist kein Grund mehr, die Gleichstellung zu verhindern. Allerdings kommen die Oberlehrer etwas früher zur Anstellung als die Richter, aber es hat auch Zeiten gegeben, wo es umgekehrt war. Die Nebenverdienste, die literarische Tätigkeit, die Haltung von Pensionären usw, seitens der Oberlehrer kann nicht angeführt werden, im Gegenteil, die Lehrer sollten so gestellt werden, daß sie solche Neben verdienste nicht brauchen. Die vielen Ferien der Lehrer sind lediglich eine Kompensation dafür, daß der Bienst der Lehrer sonst r Man weist auf die geringe Stundenzahl der Qberlehrer hin; gewiß, in der Schule sitzen sie nur wenige Stunden, aber sie haben doch sehr viel Hausarbest bei der gewissen⸗; haften Korrektur der Schülerarbeiten, zumal bei der Ueberfüllung der Klassen mit 50 und mehr Schülern. Das ist eine ganz gewaltige Arbeitsleistung der Oberlehrer, die man mit berücksichtigen muß, wenn man von der geringen Stundenjabl spricht. Wir haben im ganzen nur 649 höhere Stellen für die Oberlehrer als Schulräte, Direktoren usp. In dieser Hinsicht stehen die Richter viel günstiger. Wenn man davon spricht, daß die Sache westere Konsequenzen haben würde für andere Beamtenkategorien, wie Bau— inspektoren usw., so müssen eben auch die Gehälter dieser Kategorien perbessert werden. Uebrigens wird jeder Beamte daz Bestreben haben, in eine höhere Stelle aufzurücken, auch wenn damit kein höheres Gehalt verbunden ist; so glaube ich auch nicht, daß es für die Stellen der Oberlandesgerichtsraͤte und Landgerichtsdirektoren an Bewerbern fehlen wird. Wir können also die Bedenken gegen die Gleichstellung der Oberlehrer mit den Richtern nicht teilen. Der Abg. von Heyde⸗ brand hat seinen Antrag etwas eingeschränkt, wenn er sagte, daß nicht eine unbedingte Gleichstellung nötig sei, daß man vielmehr auf die geschichtliche Entwicklung Rucksicht nehmen müsse. Ich bin immer etwas bedenklich, wenn man etwas mit der geschichtlichen Entwicklung begründet; man muß sich doch viel mehr nach den Erforderniffen der Gegenwart richten. Der Antrag von Heydebrand an sich ist uns sympathisch, aber meine Freunde meinen, daß die Forderung der Gleichstellung der Oberlehrer so dringend ist, daß diese Frage auch gelöst werden müßte, wenn es nicht zu einer allgemeinen Gehaltsregulierung für alle Beamten kommt. Aber praktisch ist der Unterschied gegenüber dem Antrag Cassel nicht bedeutend. beide Anträge werden auf dasselbe hinauskommen, und deshalb können wir auch dafür stimmen. Jeder Stand hat seine Bürde, aber man muß sagen, die Richter entscheiden Über Fragen der Gegenwart, in der Hand der Lehrer liegt die Zukunft der Ration. Die Lehrer bilden uns die Truppen für die Zukunft aus, sie sind die Führer, deshalb müssen wir . auch besser stellen.

Ministerialdirekior Förster: Dem Antrag Heydebrand kann ich durchaus zustimmen, daß die Frage nur im Rahmen der all= gemeinen Gehaltsregelung gelöst werde. Es waͤre bedenklich, in diesem einen Punkte hier einen ganz bestimmten Beschluß zu fassen, eh man weiß, welche Konsequenzen er für die übrigen Beamten haben wird, und wie weit es überhaupt möglich sein wird, bei der allgemeinen Gehaltsaufbesserung die Bedürfnisse der Beamten zu befriedigen. Der Antrag erhöht das Endgehalt der Oberlehrer um 1206 ½; sie bekommen jetzt 6000 MS, die Regierungsräte 7200 M6. Es wäre falsch, sich dẽr Illusion hin— jugeben, daß eine so bedeutende Aufbesserung um To oo ohne Folgen für die übrigen höheren Beamten sein würde. Die Ober— lehrer sind heute außer den Richtern die bestbesoldeten Beamten der aberen Instanzen; nur die Richter sind heute besser gestellt als die Oberlehrer, und der Beschluß des Hauses von 1897 hat sogar diesen Unterschied noch um 300 M verschärft, denn die Regierung schlug damals ein Endgehalt für die Oberlehrer von 6669 SS, für die Richter von 6305 . vor, das Haus beschloß aber für die Richter 6600 M ; erhöhen Sie das Endgehalt der Oberlehrer um 1200 , so. werden auch die übrigen Beamten erhebliche Verbesserungen wünschen, und dann werden auch die mittleren Beamten weitere Auf besserungen verlangen. Ein solcher Beschluß für eine einzelne Beamtenklasse kann also ganz enorme Konsequenzen haben, die sogar eine Erhöhung der Steuer notwendig machen können. Wenn auch eine Verbesserung nötig ist, so ist es doch bedenklich, im gegenwärtigen Stadium, wo die Konsequenzen auch für die Steuerkraft des Volkes noch nicht zu übersehen sind, einen Beschluß zu fassen, der zudem auch Konsequenzen für die Kommunen haben würde Die Kommunen sind schon überlastet. Beschließen Sie diese Er⸗ höhung, so müssen Sie auch die Gehälter der Regierungsräte erhöhen, und dann kommen wieder die Richter und wollen wieder gleichgestellt sein, und wenn die Richter erhöht sind, kommen die Lehrer und ver— langen Gleichstellung; so ist das schließlich eine Schraube ohne Ende.

Abg. Vorster (frkons): Die Mehrzahl im Hause wird sagen, 9 die Bedenken des Finanzkommissars uns nicht abhalten dürfen, auf dem Wege der, Anträge voranzuschreiten. Wir wissen, welche Konsequenzen wir damit übernehmen, auch für eine etwaige Steuererhöhung. Die Kommunen tun gerade schon sehr viel für die Aufbesserung der Lehrergehälter und werden sich durch die Erklärung des Kommissars nicht bange machen lassen. Meine Freunde halten die Gleichstellung der Oberlehrer mit den Ver⸗ waltungtbeamten und Richtern für durchaus wünschenswert und notwendig, und zwar nicht auf dem Wege einer rein mechanischen Gleichstellung, sondern im Prinzsp überhaupt. Die Gleichstellung ist notwendig, weil sich ein schrelendes Mißverhältnis egen

die Gehälter in allen Grwerbszweigen herausgebildet hat, weil die Vorbereitungszeit, der Lehrer mit derjenigen der Richter identisch ist, weil die Tätigkeit der Oberlehrer fast mühevoller ist als die der Richter, und genügender Nachwuchs aus gebildeten Kreisen

Besonders schreiend ist auch das Miß Handarbeiterstandes. In den Kohlenwerken Eine Arbeiter⸗

mehr fehlt.

mehr und h Lage des ger holt . Löhne seit 1836 um 60 oo gestiegen.

31 in der die Söhne mitarbeiten, verdient fast mehr als ein Oberlehrer, und das sind auf die Dauer unhaltbare 8 . Auch

umllie

älter der kaufmännischen und technischen Beamten haben seit Jahren bedeutend verbessert. Die große wirtschaftliche Intwicklung verdanken wir namentlich unseren Schulen und unferen Lehrern. Wer bat dafür wohl mehr geleistet, die Richter vder bie Oberlehrer? Wir dürfen die gestiegene Lebenshaltung nicht

die Geh

uußer acht lassen, die d des Lehrers macht

5 2 * .

ufig nur die Hälfte dessen aus, was er wirklich für Miete ausgibt. rn, Gelegenheit möchte ich namentlich die Lage der semina⸗ ristisch gebildeten Lehrer an den höheren Lehranstalten erwähnen, die n einer Petition aus Altong geschildert wird. Diese Lehrer haben häufig ein geringeres Gehalt als die Volksschullehrer. In meinem Wahlkreis bekommen z. B. die semingristischen Lehrer am Gymnasium m Endgehalt 300 6 weniger als ein Klassenlehrer der Volksschule und s30 M weniger als ein Hauptlehrer. Der Beruf des Lehrers ist mühevoll; statistisch ist nachgewiesen, daß Lehrersöhne nur selten Lehrer werden, während die Söhne von Juristen meistens wieder Juristen werden, ein Beweis, wie dieser Stand in sich ein gewisses Bebagen gibt. Daher kommt die Ueberfüllung der Richterkarriere. Ob so viele Richter notwendig sind, lasse ich dahingestellt, Oberbürgermeister Adickes hat jedenfalls nachgewiesen, daß man in England mit einer welt geringeren Anzahl von Richtern auskommt, und ich kann aus eigener Wahrnehmung bestätigen, daß man dort mit der Rechtspflege sehr zufrieden ist. Die Gehaltserhöhung soll nicht dort einsetzen, wo Ueberfüllung von Bewerbern, sondern wo Mangel daran ist. Meine Freunde stimmen dem Antrag Heydebrand zu, der praktisch auf das⸗ selbe herauskommt, wie der Antrag Cassel. Ich bitte, den Antrag

eydebrand einstimmig anzunehmen, weil wir dann größere Aussicht . daß die Lehrer erhalten, was ihnen zukommt.

Abg. Schmidt Warburg (Zentr.) Beide Anträge sagen eigentlich ganz dasselbe, sie wollen beide die Gleichstellung, und diese kann natürlich nur erfolgen, wenn die Beamtengehälter neu reguliert werden. Das soll im nächsten Herbst geschehen, und früher könnte auch der Antrag Cassel nicht behandelt werden. Auf allen Seiten

will man die Gleichstellung, und diese alte Seeschlange, die sich schon seit 1845 durch das Ministerium ünd dieses Haus zieht, muß endlich zur Ruhe gebracht werden. Die⸗

selbe Gleichstellung werden auch anders Beamten fordern, z. B. die Elsenbahnbauinspektoren. Man sagt immer, der preußische Volks- schullehrer habe die Schlacht von Königgrätz geschlagen; es haben aber auch viel Oberlehrer tüchtig mitgewirkt, es sind eine ganze Menge Reserveoffiziere dabei gewesen.

Abg. Cassel (fr. Volksp.): Ich begrüße es mit großer Genugtuung, daß der Antrag von Heydebrand im Prinzip die Forderung unseres Antrages anerkennt, nach der Debatte scheint er aber doch eine Abmilderung unseres Antrages zu sein. Hoffentlich kommt die Budgetkommission ju einem einheitlichen Beschluß. Die Rede des Kommissars des Finanzminifters zeigt, welche Widerstände heute noch gegen diese Forderung geltend gemacht werden. Man sollte sich eigentlich wundern, daß nach diesen jahrelangen Erörterungen noch solche Ein— wendungen erhoben werden. Wir halten diesen ganzen Standpunkt des Finanzressorts für veraltet. Daß dann andere Beamtenkategorien auch erhöht werden müssen, wissen wir auch. Wir haben die Gehälter angemessen festzusetzen; damit hat aber nicht jeder Beamte einen An⸗ spruch darauf, daß er immer zugleich einen ebensolchen Sprung im Gehalt macht. Wenn das anerkannt würde, so wäre das allerdings eine Schraube ohne Ende.

Abg. Dr. König⸗Crefeld (Zentr.): Leider hat man gelegentlich auch argumentiert, daß die Oberlehrer sich mehr aus den unteren Ständen ergänzen, als die Richter. In Preußen bringt man das doch sonst nicht in Zusammenstellung. Die Oherlehrer ergänzen sich wie die Richter aus allen Ständen. Was sollen alle diese Gründe; man hört aus allem nur das Nein.

Abg. Viereck (frkons.): Die nochmalige Ueberweisung des Antrages an die Budgetkommission halte ich nicht für erforderlich, nachdem die Kommission die Sache behandelt, einen Beschluß gefaßt und Bericht erstattet hat. Man sollte die Tätigkeit der Oberlehrer und der Richter in ihrer Bedeutung für den Staat nicht so abwägen, wie es geschieht, beide sind gleich wertvoll und müßten gleich behandelt werden; in diesem Sinne sollte man aber nicht nur die Oberlehrer ansehen, sondern auch die Bauinspektoren, die Oberförster und gleiche Beamtenkategorien.

Darauf wird der Antrag Cassel in der Fassung des Antrages von Heydebrand einstimmig angenommen.

Gegen 4 Uhr wird die weitere Beratung des Kultusetats auf Montag 11 Uhr vertagt.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstage ist eine amtliche Denkschrift zugegangen, die die Entwicklung des Kiautschougebiets im Be⸗ richtssjahre vom 1. Oktober 1905 bis 1. Oktober 1906 be⸗ handelt und ein lebendiges Bild auch der gegenwärtigen Lage der Kolonie bietet.

Die Entwicklung des Schutzgebiets im Berichtejahre zeigt einen ruhigen, stetigen Fortschritt auf allen Gebieten des Wirtschaftslebens. Die Erwartungen, die in früheren Denkschriften hinsichtlich des Zeitmaßes wie der Art des ,, Aufschwunge der Kolonie ausgesprochen sind, haben sich bioher durchaus erfüllt. Die Marine⸗ verwaltung hat von Anfang an nicht in einzelnen sprunghaften Erfolgen, auf die notwendigerweise ein Rückschlag eintreten müßte, sondern eben in jener Gleichmäßigkeit und Stetigkeit des Fort⸗ schritts die wünschenswerte Entwicklung erblickt. Sie sieht ihren Standpunkt durch die bisherige Entwicklung der Kolonie gerecht⸗ fertigt. Die Verwaltung weiß sich hierin in Uebereinstimmung mit den volkswirtschaftlich wichtigsten Interessentenkreisen, deren ganzer wirt⸗ schaftlicher Betrieb nicht so sehr auf große einmalige Gewinne als viel⸗ mehr auf die Schaffung und stetige Konsolidierung gesicherter, dauernd ertragreicher Besiehungen zu dem großen ostasiatischen Wirtschaftsgebiet

erichtet ist. Die Marineverwaltung bringt auch in der vorliegenden

Cr r er j zum Ausdruck, daß der erfreuliche Aufschwung der Kolonie wesentlich beruht auf dem verständnißvollen Zusammenwirken der staatlichen Organe mit den berufenen . der wirtschaft⸗ lichen Interessentengruppen; sie betont, daß sie bel den letzteren Ver⸗ ständnis und Unterstützung für ihre wirtschaftspolitischen Bestrebungen gefunden hat, wie sie umgekehrt ihrerseits stets bemüht war, ihren Organen die Förderung des kolonialen Wirtschaftelebens unter Ver— meidung bureaukratischer ,, ,,. zur obersten Pflicht zu machen. Der Aufschwung der Kolonie im Berichtsjahre zeigt sich charakteristisch in den Abschlußziffern aller Zweige des etsch ich Lebens, und zwar sowohl der fiskalischen als auch der allgemein volks—⸗ wirtschaftlichen Entwicklung.

Die Einnahmen des Schutzgebiets sind von 1001 170 4 auf 1370 485 4K, d. h. um rund 57 v. H. gestiegen Hiervon ent fallen 236 867 M auf die Einnahmen der Monate Januar bis Juni 1906 aus dem neuen Deutsch⸗Chinesischen Zollabkommen, sodaß unter Abrechnung dleser neuen Einnahmeguelle noch eine Steigerung von 15 v. H. Übrig bleiben würde. Der Wert des Handels von Tsingtau ist nach der chinesischen Zollstatistik von rund 32,4 Mil⸗ lionen auf rund 39,4 Millionen Dollar gewachsen. In dieser Ziffer ist entsprechend dem neuen Zollabkommen seit dem J. Januar 1906 auch der bis dahin zollfreie und statistisch nicht gefaßte eigene Ver brauch der Kolonie an seeseits eingehenden Waren einbegriffen. Der. selbe läßt sich, da nunmehr die gesamte Einfuhr einheltlich behandelt whrd, nicht genau ziffernmäßig nachweisen; es kann e, mit Sicher⸗ helt angenommen werden, daß er nicht entfernt der Differenz des gesamten

Handels ,, g. dem Vorjahre gleichkommt, daß vielmehr letztere zum erheblichen Teil durch eine Steigerung des Durchgangshandels nach und von dem welten chinesischen Hinterlande verursacht ist, auf dem die wirtschaftliche Bedeutung des Handelsplatzes Tsingtau wesent⸗ lich beruht. Der Schiffsverkehr des Hafens von Tfingtau hat um mehr als 56z 006 Registertonnen zugenommen und betrug im Berichte jahre bereits 476 645 t. Ein kesonders charaktertstifches Merkmal der wirtschaftlichen Entwicklung nicht nur der Kaglonie, sondern auch des welten Hinterlandes, auf das sie einen rasch zu⸗ nehmenden wirtschaftlichen Cin . autzübt, bildet der Verkehr der

, , elischaft. Sowohl der , . als namentlich der Frachtverkehr der Eisenbahn ist in bemerkeng⸗ werter Weise angewachsen; der erstere ist von 780 228 auf 811 285 Personen, der letztere von 279 740 auf 377 649 6 gestiegen. Unter den beförderten Gütern nehmen Steinkohlen und Steinkohlenkoks die weitaus erste Stelle ein. Ihre Versendung hat sich im Berichtsjahr auf 13716 Wagenladungen gehoben. Bel den wesentlichen Fort. schritten, welches die AÄrbellen der Schantung⸗Bergbaugesellschaft während des Jahres 1906 sowohl in Fang tse als auch im ,, aufzuweisen haben, herrscht bei der deutschen

ergbauunternehmung die Erwartung, daß die Bahn in der nächsten Zeit in noch erheblich stärkerem Maße zur Kohlenbeförderung berangejogen werden wird. Zwar nicht in gleich hervortretendem Maße, aber doch in erfreulichem Umfange sind an der Steigerung des Güterverkehrs auch die Ackerbauprodukte und Industrie⸗ erzeugnisse der Provinz Schantung beteiligt. Wenn diese Er⸗ gebnisse namentlich im Vergleiche zu den Vorjahren in unzwei⸗ deutiger Weise kundtun, daß die k von Schantung sich des ihr durch die Bahn geschaffenen Absatzgebletes zur Erweiterung des Marktes für die Erzeugnisse des Ackerbaues und des Gewerbe⸗ fleißes der Propvinz mit großem Eifer und stetig steigendem Umfange zu bedienen versteht, so geht aus den Ziffern der auf der Bahn beförderten Güter nicht minder deutlich ein Wachstum der Einfuhr hervor, die über den Hafen von Tsingtau in die Provinz eindringt. Die wirtschaftliche Entwicklung der Kolonie wird von unpartetischen Sachkundigen durchaus günstig angesehen, ingbesondere z. B. von der Hamburger Handelskammer in ihrem jüngsten Jahresberichte. Als Anzeichen für die zunehmende Bedeutung Tsingtaus als Handels⸗ platz darf ferner der Umstand betrachtet werden, daß auch fremde Nationen in zunehmendem Maße der deutschen Kolonie ihr Augenmerk juwenden. Aus dem Berichtsjahre liegen nicht nur eine Reihe höchst anerkennender Urteile fremder Besucher vor, sondern es haben auch bereits aualändische Großunternehmer begonnen, sich aktiv an Handel und Gewerbe der Kolonie ju beteiligen. Die deutsche Verwaltung steht dieser K gegenüber auf dem von Anfang an vertretenen Standpunkte, daß das Hereinströmen auch fremden Kapitals und kaufmännischen Unternehmungsgeistes durchaus wünschengwert und der Gesamtentwicklung der Kolonie nur förderlich ist. Die Vereinigten Staaten von Amerska haben für Tsingtau einen eigenen Konsul bestellt, der seine Amtstätigkeit am Schlusse des Be⸗ richtsjahres begonnen hat.

Wenn die wirtschaftliche Entwicklung der Kolonie im Berichts jahre hiernach als eine durchaus erfreuliche bezeichnet werden darf, so würde sie, wie die Denkschrift betont, noch erheblich günstiger gewesen an, wenn nicht gewisse, allgemeine Momente die Handelzentwicklung n ganz Ostasien ungünstig beeinflußt hätten. Hierzu gehört insg—⸗ besondere der außergewöhnlich hohe Kurs der an der ganzen Küste üblichen Handelsmünze, des mexikanischen Dollars. Die Venkschrift führt aus, daß ein selbständiges Vorgehen des Schutzgebiets hinsichtlich der Währung nicht in Frage kommen kann, da die räumlich eng begrenzte Kolonie nicht den Charakter eines selbständigen Gebiets bat, ihre wesentlich volkswirtschaftliche Rolle vielmehr die eines Transitplatzes zwischen dem Seehandel einerseits und dem Handel nach und von dem weiten Hinterlande anderseits ist und dem⸗ entsprechend auch ihrem Geldwesen und dem des umliegenden wirt⸗ schaftlichen Gebiets angepaßt sein muß. Jede monetäre Isolierung müßte nachteilige . für die wirtschaftliche Stellung der Kolonie nach sich ziehen. nsbesondere muß es als ausgeschlossen erscheinen, inmitten eineß so weiten Gebiets der Silberwährung, wie es bis jetzt noch China bildet, einen einzelnen Handelsplatz auf die Basis einer Goldwährung 9 i zu stellen. War die deutsche Verwaltung deshalb nicht in der Lage, in der Währung selbst eine Aenderung eintreten zu lassen, so war sie doch mit Erfolg bestrebt, unter . Währung durch Maßnahmen für die dringend erforderliche Vermehrung der Ümlauf— mittel (Geldsurrogaten) dem Verkehr sowohl innerhalb des Schutz⸗ gebiets als zwischen diesem mit dem Hinterlande sowie den anderen ostasiatischen Handelsplätzen zu erleichtern. Nach mehrjährigen Verhandlungen, bei denen mit der Marineverwaltung alle anderen interessierten Ressorts der Reichsverwaltung zu- sammengewirkt haben und das Reichsbankdirektorium in dankenswerter Weise seine Erfahrungen jzur Verfügung gestellt hat, ist es nunmehr gelungen, ein befriedigendes Abkommen mlt der Deutsch⸗Asiatischen Bank zu treffen, durch das sowohl die Bedürfnisse des Verkehrs hinsichtlich der glatten Einlösung und der Sicherheit der Banknoten als der wünschenswerte Einfluß der öffentlichen Organe zwecks Ausübung der unbedingt erforderlichen Staatsaufsicht sowie endlich ein angemessener Gewinn für den Fiskus durch eine besondere Banknotenabgabe sichergestellt sind. Der Bank ist hierauf durch Konzession des Reichskanzlers vom 8. Juni 1906 auf die Dauer von 15 Jahren die Befugnis verliehen worden, Banknoten durch ihre im deutschen Gebiete Kiautschou und in China befindlichen Niedersassungen auszugeben. Durch die Bestimmungen dieser Konzession, die in dem Handelskapitel der Denkschrift eingehend dargelegt werden, ist in mehrfacher Hinsicht, namentlich hinsichtlich der Sicherstellung der Noten, ein neues System geschaffen, das über seine

eine grundsätzliche bankpolitische Bedeutung im Falle ähnlich auf⸗ e, d, Bedürfnisse der überseeischen e ,. Wirtschaftsentwicklung zu gewinnen.

Die Gesundheitsverhältnisse sind auch im Berichtssahre die besten an der ganzen ostaslatischen Küste geblieben. Der Besuch Tsingtaus durch Badegäste war wieder stark. Für Landwirtschaft und Forstkultur war die Witterung äußerst günstig. Die Grnte im Schutzgebiet war deshalb die beste seit langen Jahren. Die Be⸗ ziehungen des deutschen Gouvernements zu den chinesischen Behörden im Hinterlande waren andauernd gut.

Der Denkschrift find in diesem Jahre wieder eine Anzahl von Abbildungen, die ein anschauliches Bild der baulichen Entwicklung von Tsingtau geben, sowie ein eingehender Plan der Stadt und ihrer Umgebung beigefügt.

Der dem Reichstag zugegangene Ergänzungsetat fordert 7 500 009 4M zur Hilfeleistung aus n von Ver⸗ lusten reg der Eingeborenenaufstaͤnde für den gesamten Bereich des füdwestafrikanischen Schutzgebiets und 36 000 M zu Beihilfen für Beamte und Militärpersonen sowie deren Hinterbliebene, für Verluste an Inventarien, Materialien ꝛc.

Der von der Hilfeleistungskommission festgestellte Schaden ein— schließlich 316 653 erst schätzungsweise veranschlagten Schadens be— trägt zufolge der Nachweisungen insgesamt 13 043 7665,64 S6 Hiervon gehen ab für bereits bewilligte Hilfeleistung 5 000 000 „6, als Wert des verteilten Beuteviehs 3835 912 „S„ und als Schaden der Siedlungs⸗ gesellschaft, die zur Werücksichtigung nicht mehr in Frage kommt, 145 377 ½ Es breibt somit ein ungedeckter Schaden von 7514472 M oder rund 7 500 000 ½Æυ, Für Beihilfen an Beamte sind durch den dritten Nachtrag zum Etat fur 1904 bereits 25 000 M be⸗ willigt worden. Diese Summe hat sich nicht als ausreichend erwiesen, um den Geschädigten und deren Hinterbliebenen wenigstens insoweit Ersatz für Verluste an Inventarien, Materialien usw. zu gewähren, als dies zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Lage notwendig erscheint. Zu diesem Zwecke sind weitere 30 000 M erforderlich. Der Gefamt⸗ schaden der Beamten usw. für Verluste an Inventarien usw. beträgt, soweit er von der Hilfeleistungskommission mit festgestellt worden sst, über 128 000 4

Dem Ergänzungsetat ist ein Bericht der Hilfeleistungs— kommission uͤber die Verwendung der bereits zur Verteilung gelangten Mittel beigegeben.

Danach gelangten die Hilfeleistungsgelder bisher hauptsächlich unter vier . Gesichtspunkten zur Verwendung, und zwar, nach der wirschaftlichen Erwünschtheit und Zweckmäßigkeit geordnet: 1) für die Wiederanschaffung der geraubten und zerstörten Betriebsmittel, 2) für die Gründung eines neuen vorübergebenden GErwerbes, solange die Unsicherheit im Lande eine Rückkehr zum alten Wirtschaftsbetrieb, vor allen Dingen der Farmerei, nicht zuließ, 3) zur Schuldentilgung und H zur Fristung des Lebengunterhalts. Ber Bericht geht auf die Gesichts⸗ punkte näher ein, nach denen die Hilfeleistung an die Farmer erfolgte und noch zu erfolgen hat. Von den gesamten für dle Hilfeleistung bisher bewilligten Mitteln ist ein bedeutender Betrag überhaupt noch nicht zur Auszahlung gelangt, sondern bis auf weiteres reserbiert geblieben. Es handelt sich hier um Augländer, wirtschaftliche Doppelbetriebe und noch nicht festgestellte Schäden. Für den größten Teil der geschädigten Ausländer im Norden hat das Auswärtige Amt Hilfeleistung genehmigt, die Ausländer im Süden haben noch nichts erhalten. Ferner sind der Vorlage Nachweisungen der angemeldeten und festgestellten Schaden summen sowie der bewilligten und befürworteten Hilfeleistungen im Norden und Süden des Schutzgebietes beigegeben. In diesen Nach- weisungen sind die bedachten Farmer namentlich aufgeführt, ebenso die Beträge, die sie erhalten. Im Norden wurden bisher veranschlagt 3 006 155 A, für den Süden 2276 801 4

Statistik und Bolkswirtschaft.

Die endgültigen Ergebnisse der außerordentlichen Vieh zählung vom 1. Dezember 1906 für den preußischen Staat.

Nachdem das Königliche Statistische Landesamt bereits Ende Januar d. J. das vorläufige Ergebnis der letzten Viehzählung bekannt gegeben hat, veröffentlicht es nunmehr in der Stat. Korr.“ das end⸗ gültige. Beide Ergebnisse unterscheiden sich der Gesamtzahl der ermittelten verschledenen Viehgattungen nach nicht wesentlich von ein. ander. Es wurden nämlich endgültig festgestellt; Gehöfte überhaupt 3657 316 (beim vorläufigen Ergebnis 3 677 097), Gehöfte mit Viehstand 2 57I 6709. (25829515, viebbesitzende Haushaltungen 3 281 346 (5 287 983), ferde 3 018443 (3021 087), Rinder 11 646 906 (11 630 672), Schafe 5 435 053 (5 426 8651), Schweine 15 355 959 (15 334 762). Die Unterschiede sind also in der Tat nicht groß. Der Hauptwert des endgültigen Ergebnisses gegen⸗ über dem vorläufigen liegt aber auch nicht in dieser genaueren Fest⸗ stellung des tatsächlich vorhandenen Viehbestandes, sondern im Nach—⸗ weise seiner Unterarten. Die nachfolgende Uebersicht enthält die in Betracht kommenden Zahlen für den Staat; zur Vergleichung sind die entsprechenden Ergebnisse des Jahres 1904 daneben gestellt worden. Nicht in allen Zeilen gi beide Zählungen mit einander vergleichbar; wo es nicht der Fall ist, weist eine entsprechende An⸗

konkrete örtliche Anwendung hinaus möglicherweise imstande sein wird,

Es wurden ermittelt:

) von 19602 auf 1906.

Was zunächst die Gehöfte mit Viehstand und dle . enden aushaltungen betrifft, so können beide nicht mit dem Ergebnis der ählung im Jahre 19604 verglichen werden, da in diesem auch dle legen gejählt wurden, die Zahl der ia n mit Vieh und die der

viehbesitzenden Haughaltungen daher selbstversiandlich damals größer

erscheinen mußte als im Jahre 1906, in dem diese Vlebgattung nicht e. wurde. Wohl aber ist die Vergleichung mit dem Jahre 1902

merkung jedes mal darauf hin.

Zu⸗() oder Abnahme (-=

um 1. Deiember ben ISon auf igos

19606 ,,. . a in em, nn ü üb w 3 657 316 358 08 . . , Hehl JJ 2571670 ) 2477 638 ) * 94 032 7 3.80 *in, . 9 . 3 261 346 3154121 = 127 8235 7— 403 J. Pfer de, einschlie litãrpferde: . . . . . I) Unter 3 Jahre alte Pferde einschließlich Fohlen .... 425 112 420 360 * 17 82 –— 113 ) . n r . 2593331 2 544 048 48283 * 1424 überhaupt. 3 018 443 2 964 408 m 540385 —— 1.82 II. Rind vieh: ö. .

z 86. , Xi 19 i (noch nicht i) Jahr alt .. 133 3 16 3 ̃ ungvieh von 4 Jahr noch n ahr a 222 7 . zusammen noch nicht 1 Jahr altes Rindvieh . ..... 2 939 786 2296211 333 878 4 133 3) Jungvieh von 1 bis 2 (noch nicht 2) Jahre alt ... 1691 858 1794471 10) 83 23 5 2 Jahre alte und ältere 9 . 2 . . 1 ; ö! 1 6 * 1 * * 2 l U a nnen. 215 d 26 6 De 80 3 2 1— 5) 2 Jahre alte und ältere Kühe, Färsen . 366 1 18 * 2

III. Schafe:

3 . 1 . i nnn, c 1 j . ĩ ;

/ i berhaüpt.?. . 5 zs ss ooo zas gaz an . IV. Schweine: .

1 t ahr alte, einschließlich Ferkel... ... 8 92 odo 6 572 442 l Sls sos * 2.68 ö 161 91 nich ij Eid ig. . 188i 43 1185 236 321 * ir 2 ,, , 2042416 1722238 22181 4 1386 ü berhaupt. .. 15 355 959 18 563 899 *21*93 0890 4 2X22.

) nach der Zählung von 1902. 3 Kälber unter 3 Monate alt. ) Jungvleh von 3 Monaten big noch nicht 1 Jabr alt.

möglich, die denn auch in der derste benden Uebersicht durchgefübrt ist. Danach haben sich die ö le , noch elwas stärder vermehrt als die Gehöfte mit Viebstand, m. a. W. die Gewohnbeit. Vleb zu balten, bat breltere Schichten der Bevölkerung erfaßt.

ga den Pferden erstreckt sich die Überbaupt nicht starke Ver. mehrung ziemlich Ddr auf alle Unterarten. be dei den süngeren Altergklassen 1.13 v. D., bei den älteren 1,94 v. O.