1907 / 134 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Jun 1907 18:00:01 GMT) scan diff

daß nicht nur die männlichen, sondern auch die weiblichen Beamten, deren Besoldung vielfach unzulänglich ist, eine Auf besserung erhalten. Wir wollen im vollen Gefühl unserer Verant- wortung vor den Steuerzahlern, daß allen Beamten das gewährt wird, was sie zu ihrem standes gemäßen Lebengzunterhalt brauchen, denn das große Ziel ist, eine wirkliche innere Beruhigung der Be⸗ amten zu erreichen. Gewiß müssen wir sparsam sein, aber man darf auch das Prinzip der Sparsamkeit nicht da übertreiben, wo Ausgaben dringend notwendig sind. Einig sind wir mit dem Finanzminister darin, daß die übergroße Zahl der Beamtenklassen auf ein geringeres Maß zurückgeführt wird. Der Minister hat uns in der aer ffn mitgeteilt, daß in einer Aufstellung die verschiedenen Klassen schon auf 62 verringert werden konnten, und hat in Aussicht gestellt, daß diese Verminderung noch in höherem Grade eintreten soll; wir sind entschlossen, dem Minister darin zu folgen. Aber trotz des Grundsatzes, daß gleichmäßig alle Beamten in den Stand gesetzt werden müssen, auskömmlich ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, muß doch zwischen den verschledenen Stellungen unterschleden werden. Wir 33 namentlich die Klassen, für die schwerer Leute zu be⸗ kommen sind, besonders berücksichtigen, weil wir sonst vielleicht nicht mehr genug Leute für den höheren Dienst bekommen; ja wir müssen vielleicht noch weiter differenzieren als bisher und besondere Stellungen besonders herausheben, damit nicht mehr so oft Staats⸗ beamte in Privatbetriebe übergehen. Das alles braucht den Grund⸗ satz der möglichsten Gleichheit der Gehälter nicht zu berühren, wir müssen vielmehr an diesem Grundsatz festhalten, denn gerade die Vielheit der Beamtenklassen hat dahin geführt, daß sich immer die eine auf die andere beruft. Dieses Vergleichen der Stellung und der Gehälter der einzelnen Beamtenkategorien unter—⸗ einander ist eins der schwersten Uebel des preußischen Beamtentums.

Es wird so oft darüber gespottet und gewitzelt, wie unsere Beamten

ch über diejenigen erheben, die mit ihnen in bezug auf die Ge⸗ älter konkurrleren. Im Auslande spottet man über den Beamtenhoch- mut und über diesezs Herumschnüffeln, das man einfach gar nicht versteht. Es handelt sich hier nicht bloß um einen Schönheitsfehler, um etwas Lächerliches, unsere Kulturaufgaben leiden erheblich darunter, wenn unsere Beamten sich nach außen und in sich selber absperren, während es doch gilt, alle nationalen Kräfte jusammenzufassen. Insbesondere unsere Ostmarkenpolitik leidet nicht am wenigsten darunter, daß die Beamten so in sich zerklüftet sind und nach außen abgesperrt sind. Wir müßten alleöz aus dem Wege schaffen, was der einseitigen Betonung des Beamtencharakters Vorschub leistet. Ich möchte nun die Regierung bitten, zu erwägen, ob es nicht richtig wäre, unbeschadet der Erhöhung der Gehälter, das Mindestgehalt der Beamten nach Möglichkeit zu erhöhen. Jetzt bekommt ein Amts⸗ richter 3000 M Anfangsgehalt, nach drei Jahren 3600 M usw. vielleicht wäre es richtiger, ihn mit 3600 S beginnen zu lassen. Das hätte einen großen Vorteil für die Beamten. Der junge Beamte bekommt in den ersten Jahren Kinder, es treten notwendige Anschaffungen aller Art ein. Dazu kommt, daß er gerade in diesen Jahren am meisten in der Lage ist, sich seines Lebens zu erfreuen, und weniger geneigt ist, sich einzuschränken, als ein älterer Beamter. Gine sehr wichtige Frage ist die Gleichstellung der Lokal und Provinzialbeamten im Gehalt. Die Regierung ist nicht geneigt, diesen Unterschied aufzugeben. Man darf aber doch nicht Übersehen, daß der bestehende Grundsatz schon in vielen Fällen durch⸗ brochen ist. Dieser Grundsatz beruht nach meiner Meinung auf einer vollständig schiefen Bewertung der verschiedenen Beamtenklassen. Es ist nicht richtig, die Leistungen der Beamten der höheren Instanzen höher zu bewerten als die Leistungen der Lokalbeamten. Es handelt sich in den unteren und oberen ö bei den Beamten nur um eine andere, nicht höhere Begabung. Ein Mann, der in der Lokal behörde mit Menschen und Verhältnissen verwachsen ist, mit dem Publikum umzugehen versteht, verdient den Vorzug vor einem Mann, der nur am grünen Tisch seine formale Begabung verwertet. Wir haben allen Grund, in den lokalen Instanzen die tüchtigen Kräfte möglichst lange und dauernd zu erhalten. Wenn j. B. ein bewährter Bergwerksdirektor aus seinem Amte gerissen wird, so kann dadurch unter Umständen die Sicherheit des Betriebes gefährdet werden. In den Privatbetrieben macht man es umgekehrt, man sucht die tüchtigen Kräfte zu halten und gibt ihnen Zulagen. Heute liegt das so, 8 die höheren Instanzen mit Entscheidungen überlastet werden. Das Bestreben sollte dahin gehen, daß die Entscheidungen womöglich von den Lokalinstanzen getroffen werden. Durch das beständige Auf⸗ wärtsstreben der Beamten in höhere Klassen wird eine Unruhe er— weckt, die für das ganze Staatswesen von Nachteil ist. Wenn heute schon Landrichter und Amtsrichter gleich besoldet werden, warum sollte das nicht auch bei den anderen Kategorien möglich sein? Der Ge⸗ danke, die Regelung der Beamtengehälter an den Wohnungsgeld⸗ zuschuß zu knüpfen, hat etwas Bestechendes für sich. Anderseits ist nicht zu verkennen, daß die scheinbar billigere Lebenshaltung der Be— amten auf dem Lande damit zusammenhängt, daß die Beamten sich gewisse Entbehrungen auferlegen müssen, daß sie keine Theater, Museen besuchen können und keine sonstigen Anregungen haben. Dieser ganze Vorsprung fällt aber zusammen, wenn man an die Kindererziehung denkt. Die Beamten auf dem Lande sind genötigt, ihre Kinder in Pensionen zu geben, sie höhere Schulen be⸗ suchen zu lassen, und daraus folgt natürlich ein erheblicher Kosten⸗ aufwand und ein Drängen in die graßen Städte, um den Kindern eine standesgemäße Erziehung geben zu können. Das hat eine Aus⸗ powerung des Landes zur Folge. Ist also die Zugrundelegung des Wohnungsgeldzuschusses für die Gehaltsregulierung einer sehr ernsten Nachprüfung bedürftig, so können wir uns dagegen mit der von dem Finanzminister in Aussicht genommenen Differenzierung der Gehälter nach dem Vorhandensein einer Familie nur einverstanden erklären. Es ist ein zweifellos gewaltiger Unterschied, ob der Beamte nur für sich oder für eine Familie zu sorgen hat. Diesen Unterschied zu berücksichtigen, ist ein Gebot der Gerechtigkeit. Allerdings müssen wir uns vorbehalten, daß diese Differenzierung nicht zu enge gezogen wird. Es ist z. B. der Fall zu berücksichtigen, daß Beamte auch für ihre Eltern und Angehörigen zu sorgen haben. Aber diese Fälle dürfen keine übermäßigen Schwierigkeiten bieten, das Prinzip scheint uns ein gutes und richtiges zu sein. Was die Nebenämter betrifft, so können wir es, glaube ich, den Be⸗ amten nicht verwehren, solche Nebenämter zu bekleiden, solange sie nicht im Widerspruch mit dem Hauptamte stehen. Wir können es dem Beamten aber auch nicht verwehren, daß er wissenschaftliche Arbeiten verfaßt, daß er in seinen Mußestunden dichtet. Die Erfahrung lehrt, daß diese Nebenbeschäftigungen übermäßige Mißstände nicht hervorgebracht haben; die in der Kommission vor⸗ ebrachten Fälle waren sehr vereinzelt. Schwerer sind die Bedenken, kiᷣ wir gegen die Einnahmen der Beamten aus Dienstreisen haben. Eine ganz beträchtliche Anzahl von Beamten läßt sich in dieser Beziehung nicht bloß durch das Interesse des Dienstes leiten, sondern es ist bei ihnen, ich will mal sagen, eine Art Er- werbesinn stark entwickelt. Ich möchte die Regierung bitten, uns eine Zusammenstellung derjenigen Beträge zu machen, die die Dienst reisen kosten, und zwar geschieden nach den verschiedenen Ver⸗ waltungszweigen. Wir würden erstaunt sein über die Höhe dieser Beträge. nderseits ist nicht zu verkennen, daß die Dienstreisen ihre großen Vorzüge haben. Ich halte es gerade im Interesse einer schnellen, sachverständigen und gründlichen Prüfung der Wünsche und Beschwerden des Publikums für geboten, daß die Beamten sich unmittelbar mit dem Publikum in Verbindung setzen. Dadurch wird eine Verschleppung der Sachen verhütet. Insbesondere ist es auch wünschengwert, daß sich die Ministerien durch solche Reisen mit ihren Beamten persönlich in Verbindung setzen, um ihre Fähigkeiten kennen u lernen. Eine weniger angenehme Selte der ganzen Frage ist die

inanjfrage. Wie soll der ungeheure Betrag von 150 Mill. Mark aufgebracht werden? Ich will darüber heute noch kein i e . Urteil abgeben. Wir werden zu prüfen haben, ob nicht durch eine andere Aufstellung des Etats Ersparnisse gemacht, Mittel fi ge⸗ macht werden konnen. An einem kann allerdings vor allen Dingen gespart werden, an Beamten selbst. Preußen hat viel zu viel Beamte, es wird viel zu viel regiert. Der Abg. von Zedlitz

hat ja wiederholt Vorschläge gemacht, um hierin Wandel zu schaffen. Der ungeheure Wust von Verordnungen und Verfügungen müßte eingeschränkt, das mündliche Verfahren erweitert werden. Das Volk muß mehr und mehr Gelegenheit haben, sich selbst zu regieren, und nicht angewiesen sein auf die Bevormundung durch ein nibermãßi es Heer von Beamten. Trotz aller Sparsamkeit in der Etatsaufstellung usw. werden wir uns aber zu einer Erhöhung der Einkommensteuer beguemen müssen. Wir werden davor nicht zurück⸗ schrecken, wenn es gilt, volle und ganze Arbeit zu machen. In welcher Form diese Erhöhung einzutreten haben wird, darüber haben wir uns noch nicht schlüssig gemacht. Gegen eine definitive Erhöhung der Einkommensteuer spricht die aufsteigende wirtschaftliche Entwicklung und die Hoffnung auf eine gründliche Reform der Reichs⸗ finanzen. Sollte es dort er fen, reinen Tisch zu machen und unsere drückende Abhängigkelt vom Reich zu beseitigen oder zu mindern, dann würden wir auch freiwerdende Mittel für die Beamtengehaltsverbesserungen flüssig machen können. Wir haben jetzt keinen Anlaß, uns eingehend mit dieser Frage zu be⸗ schäftigen, wir wollen der Zukunft nicht , Ich beantrage, den Nachtragsetat der Budgetkommission zu überweisen. Wir hoffen, durch die Gehaltsregulierung der Beamten Ruhe in den Beamten⸗ kreisen zu schaffen. Nicht ko in den Beamtenkreisen herrscht in viel zu hohem Grade die Anschauung, als ob der Staat derjenige ist, der aus seinem unerschöpflichen Säckel für alle zu sorgen hat. Wir müssen die Illusion beseitigen, daß der Staat dazu da ist, daß jeder Bürger auf Kosten des anderen leben kann. Die Beamten müssen anerkennen, wie große Lasten zu ihren Gunsten der Allgemeinheit auf⸗ gebürdet werden. Es ist zu hoffen, daß sie alles tun werden, um ihre Lebenshaltung zwar standesgemäß, aber in vernünftigen Grenzen zu führen. Ich denke da in erster Linie an die kostspieligen Repräsentations⸗ pflichten, unter den Geselligkeitspflichten seufzt fast jeder Beamte. Hier müssen sich alle Teile bemühen, auf eine Vereinfachung hin⸗— zuwirken. Die Beamten müssen bleiben, was sie immer waren, das Rückgrat unseres Staates.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Die heutige Verhandlung umfaßt zwei voll— kommen getrennte Gegenstände, zunächst den Nachtraggetat für das Jahr 1907 und sodann die Verhandlungen über die Beamten aufbesserungen im Jahre 1908. Ich versage mir im Augenblick, auf die Ausführungen des Herrn Vorredners einzugehen, soweit sie sich um die Beamtenaufbesserungen für 1908 drehen. Ich glaube, die Austzführungen der folgenden Herren Redner werden mir Veranlassung geben, auf diese Frage in ihrer Gesamtheit noch einzugehen, und ich möchte mich jetzt darauf beschränken, zunächst zu dem Nachtragsetat mich kurz zu äußern.

Ehe ich das tue, genüge ich einer Pflicht der Dankbarkeit, wenn ich dem Herrn Abg. Schmedding für seinen eingehenden Vortrag und der Budgetkommission für die dreitägigen Verhandlungen, die wir gepflogen haben, meinen Dank ausspreche. Die Verhandlungen sind für die Staatsregierung von hohem Wert gewesen, und sie werden eine wertvolle Unterlage für die Gehaltsvorlage im Jahre 1908 bilden.

Ich freue mich, daß die Budgetkommission dem Nachtragsetat und dem Antrage zugestimmt hat, für die Unterbeamten noch im laufenden Jahr eine antizipierte Gehaltszahlung von 100 MS zu gewähren. Der Antrag der Herren Freisinnigen, der uns vorliegt, geht nun weiter und wünscht, auch für das Jahr 1907 noch eine Gehaltsaufbesserung für alle mittleren Beamten mit einem Gehalt bis 4200 in Höhe von 150 4M zu gewähren.

Meine Herren, es ist sehr viel leichter im Leben, Wünsche ju äußern, als sie zu erfüllen. (Sehr richtig! rechts) Ich kann manchmal die Herren Abgeordneten darum beneiden, daß sie in der angenehmen Position sind, ihrerseits die Wünsche zu äußern und uns die Ausführung und die Verantwortung dafür zu überlassen. (Sehr richtig! rechts.)

Ich würde mich sehr gern einmal in dieser Beziehung auf ein Wechselgeschäft einlassen (Heiterkeit), indem ich Forderungen stelle und den einzelnen Abgeordneten die Verantwortung für die Ausführung übertrage. Sie können sich denken, daß es mir in hohem Maße er⸗ wünscht sein würde, wenn ich meine Zustimmung zu dem Antrage der Freisinnigen aussprechen könnte; denn auf mich in erster Linie fallen nachher die Vorwürfe, daß ich für die Beamten kein Herz hätte und für sie nichts täte. Ich fühle mich in meinem Gewissen gegen diese Vorwürfe geschützt. Ich habe, soweit ich es finanziell verantworten konnte, die Hand geboten zu einer wesent⸗ lichen Aufbesserung der Bezüge der Beamten. Ich habe aus eigenem Antriebe die Anregung gegeben, im Jahre 1906 den Wohnungsgeld— zuschuß der Unterbeamten erheblich aufzubessern. Im Etat 1907 ist eine sehr erhebliche Aufbesserung für die Beamten des Außendienstes vorgesehen. Ich habe meinerseits ohne jeden äußeren Zwang die beiden Vorlagen gemacht wegen Verbesserung der Pensiong und der Reliktenbezüge. Ich glaube, vor meinem Gewissen sagen zu können, daß ich getan habe, was ich irgend tun konnte. Ich würde den mittleren Beamten auch in diesem Jahre die Zulage von 150 10 gönnen, aber ich muß mit Herrn von Arnim davon ausgehen, daß wir uns durch solche, wenn ich so sagen soll, Sympathien des Herzens nicht abdrängen lassen dürfen von den Grundsätzen strenger Finanz⸗ gebarung, wie sie bisher in Preußen immer beobachtet worden sind (sehr richtig! rechts), wie sie zu beobachten um so dringender ist, als das Reich in dieser Beziehung minder strenge Grundsaͤtze befolgt. (Sehr richtig! rechts.)

Ich muß nach wie vor sagen, daß ernste finanzielle und auch sonstige sachliche Bedenken dem Antrage der Herren Freisinnigen ent⸗— gegenstehen. Zunächst hat der Abg. Schiffer schon mit Recht darauf hingewiesen, daß die Gewährung einer Zulage von 160 „M nicht nur, wie Hert von Arnim meinte, 12, sondern etwa 18 Millionen Mark Mehraufwand bedingen würde, wenn man die Diätare mit hinein rechnet, die natürlich auch mit berücksichtigt werden müssen. Nun frage ich: wo sollen wir diese 13 Millionen Mehraufwand im gegen—⸗ wärtigen Moment herbekommen? Ich habe schon darauf hingewiesen, daß in dem Etat für 1907 die Eisenbahneinnahmen so hoch gespannt sind, wie es bisher noch in keinem der früheren Jahre der Fall ge⸗ wesen ist, daß wir die Einnahmen aus dem Güterverkehr um 120i höher veranlagt haben gegen die jwet zurückliegenden Jahre, also um 6o o gegen ein Jahr, während wir früher immer nur eine Steigerung um 8 oo für jwei Jahre vorgenommen haben, also von 40j0 für ein Jahr, daß wir die Einnahmen aus dem Personenverkehr um 100½ höher angesetzt haben gegen die um zwei Jahre jzurück— liegende Periode, während wir früher nur eine Steigerung um 6 0s0 vorgenommen haben. Also in dieser Beziehung sind wir in den Schätzungen der Eisenbahneinnahmen schon sehr weit gegangen, und die Eisenbahn wird Mühe haben, 70 Millionen Mark mehr herauszuwirtschaften gegen das effektive Ergebnis des Jahres 1906, und sie muß diese 70 Millionen Mark herauswirtschaften, wenn sie überhaupt nur den Etatgansatz von 1907 erreichen will. Also

die Hoffnung, daß in dieser Beziehung erhebliche Ueberschüsse zu erzielen sein würden, vermag ich in keiner Weise zu teilen. Erfreulicher⸗ weise ist ja das Ergebnis der direkten Steuern ein sehr günstiges, über Erwarten günstiges gewesen, wesentlich auf den günstigen Gang der Industrie zurückzuführen. Aber haben Sie die Güte, sich dem gegen= über auch mal die Mehrausgaben zu vergegenwärtigen. Von diesem Mehraufkommen der direkten Steuern werden zunächst 8 Millionen absorbiert durch den Nachtragsetat, durch die Aufbesserung der Bezüge der Unterbeamten. Bekanntlich erfordert diese Auf, besserung, die Gewährung von 100 A, einen Gesamtaufwand von etwas über 11 Millionen Mark. Hierfür stehen im Etat nur 3 Millionen Mark zur Verfügung, die als Unterstützungsfonds ausgebracht worden sind; die 8 Millionen Mark müssen also aut dem Mehrergebnis der direkten Steuern entnommen werden; dann kann ich immer nur hinweisen auf das vollkommen unübersehbare und unübersichtliche Verhältnis zum Reich. Meine Herren, die un⸗ gedeckten Matrikularbeiträge beliefen sich in diesem Reichshaushalts⸗ etat auf 103 Millionen; man hat sie durch verschiedene Manipulationen auf 88 Millionen herabgedrückt. So hat der Reichstag unter anderem eine Erhöhung der Zölle um 20 Millionen vorgenommen ob dieset Mehraufkommen an Zöllen wirklich eintreten wird, ist mir sehr fraglich —; ferner hat er den Aufwand für den Nachtragsetat für die unteren und mittleren Beamten, der 23 Millionen beträgt, dem Etat für 1907 zugewiesen; eine Deckung ist damit naturgemäß auch nicht gegeben, sondern es handelt sich nur darum, diesen Mehraufwand, der dem Jahre 1909 zugewiesen ist, eventuell zwei Jahre zu stunden. Wir haben ja bekanntlich eine Bindung der Matrikular⸗ beiträge nicht erreichen können, sondern es lediglich erreicht, daß die Einziehung der Beiträge eine Reihe von Jahren gestundet wird. Wenn ich aber auch alle diese Manipulationen wie die Erhöhung der Zölle um 20 Millionen, die Hinausschiebung der Deckung des Mehraufwandes für die unteren und mittleren Beamten auf das Jahr 1909 voll in Rechnung stelle, so bleibt auch für das Jahr 1907 seitens Preußens an ungedeckten Matrikularbeiträgen noch ein Betrag von 9 bis 10 Millionen mehr zu decken, für den wir not⸗ wendigerweise die Deckungsmittel aus dem erhöhten Ergebnis der Einkommensteuer reservieren müssen. Ich habe auch schon in der Kommission gesagt, daß eine vorsichtige Finanzverwaltung unter allen Umständen gewisse mäßige Reserven haben muß. In einer Wirt⸗ schaft wie in Preußen mit einem Ausgabeetat von 3 Milliarden treten ganz unabweislich gewisse Bedürfnisse hervor, für die Deckungs⸗ mittel nicht vorgesehen worden sind. Wir haben im Jahrr 1906 Rallein an Ueberschreitungen von Eisenbahnbauraten bei der Eisenbahnverwaltung 15 Millionen ausgeben müssen, weil es im wirtschaftlichen und finan—⸗ ziellen Interesse des Staates lag, die begonnenen Bauten schneller zu fördern, als im Etat vorgesehen war. Wir haben im Jahre 1906 nicht weniger wie 8 Millionen außeretatsmäßige Ausgaben gehabt. Kurz, in jedem Jahre kommen derartige Ausgaben, die nicht vorher— zusehen waren, und wir müssen uns gewisse Reserven dafür halten. Wir können, glaube ich, nicht zu dem Ergebnis kommen, jetzt den mittleren Beamten die Zulage zu gewähren und zu gewärtigen, daß der Etat mit einem Defizit abschließt; das wäre eine Wirtschaft, wie sie, glaube ich, den strengen Anforderungen des preußischen Staate⸗ haushaltsetats nicht entspricht. Und dann, meine Herren, worauf der Herr Abgeordnete Schiffer schon mit Recht hinwies, wenn wir jetzt unsere mittleren Beamten noch aufbessern wollten, so müßten wir mit Notwendigkeit auch eine Erhöhung den Lehrern zuteil werden lassen. Es ist den Herren ja bekannt, daß die Anträge, für 1907 noch die Staatsbeiträge für die Lehrer zu erhöhen, zurückgestellt worden sind mit Rücksicht darauf, daß für das Jahr 1908 ein allgemeines Lehrerbesoldungsgesetz in Aussicht gestellt ist. Erhöhen wir nun jetzt im Jahre 1907 die Gehälter der mittleren Beamten, so ist es unabweislich, daß auch die Lehrer mit höheren Ansprüchen hervor⸗ treten werden. Die Herren von der Unterrichtsverwaltung haben mir ganz positiv erklärt, wenn jetzt noch eine Erhöhung der mittleren Beamten einträte, so würden sie garnicht zurückhalten können mit Anträgen auf Bereitstellung weiterer Staatsbeiträge für die Lehrer. Das gibt eine Gestaltung, die die Konsequenz zu einer ganz unabwels⸗ baren machen würde, daß wir noch im Jahre 1907 zu einer Erhöhung der Einkommensteuer schreiten müßten; und daß es im höchsten Maße sachlich unerwünscht wäre, jetzt im Jahre 1907 und demnächst wieder im Jahre 1908 zu einer Erhöhung der Einkommensteuer zu schreiten, das liegt auf der flachen Hand. Also ich glaube, meine Herren, es sprechen dringende finanzielle Rücksichten gegen den Wunsch, so gern ich ihn persönllch erfüllen möchte; und dazu kommen die sachlichen Bedenken, denen ich auch in der Kom mission kurz Ausdruck geliehen habe. Eine solche gleichmäßige Gewährung von 150 4 an alle mittleren Beamten stellt eine vollkommen schematische Regelung vor und würde einer planmäßigen organischen Aufbesserung der Gehälter der mittleren Beamten in höchstem Maße präjudizierlich sein. Man kann mir einwenden: wenn im Reiche ganz gleichmäßig 150 Æ gewährt worden sind, warum nicht in Preußen? Meine Herren, die Verhältnisse liegen vollkommen anders. Im Reiche haben Sie wenige Kategorien von mittleren Be— amten, hauptsächlich bei der Post; wir haben in Preußen eine große Anzahl Kategorien von mittleren Beamten und zwar ganz ver— schiedener Art: wir haben sie im Betriebsdienst, wir baben sie im Staatsverwaltungsdienst, wir haben sie mit ganz anderen Anforde— rungen hinsichtlich ihrer Schulbildung, hinsichtlich der Examina, hin— sichtlich der Gestaltung ihres Dienstegs kurzum, an die Beamten der mittleren Klassen werden ganz verschiedene Anforderungen gestellt, und ich glaube, es ist nicht angängig, sie ganz mechanisch mit einer Gehaltsaufbesserung von 150 4 zu versehen. Man kann eben diese Dinge bei uns, wo sie historisch sich ganz verschieden gestaltet haben, nicht über einen Kamm scheren.

Wir würden auch ich glaube, der Herr Abg. Schiffer wie schon darauf hin sogar möglicherweise einzelnen Beamten eine Er—⸗ höhung zuteil werden lassen, die wir ihnen im Jahre 1908 bei der endgültigen Gehaltgaufbesserung wieder würden entziehen müssen. (Hört, hört) Schließt man sie, wle ich das einstweilen immer noch für das Richtige halte, an den Wohnungsgeldzuschuß an und ge— währt sie in erhöhtem Maße nur den verheirateten Beamten oder vielmehr den Beamten mit eigenem Hausstande, so würde man unter Umständen ihnen eine Gehaltzerhöhung gewähren, die man ihnen tat⸗ saͤchlich 1908 nicht gewähren würde; was man also 19607 mit der einen Hand gewährt hätte, müßte man 1908 ihnen mit der andern Hand wieder entziehen, und das wäre, glaube ich, in hohem Maße bedenklich.

Diese Bedenken hat Herr Abg. Schiffer im allgemeinen nicht verkannt,

und hat seinerseite nun angeregt, zu individualisieren, wie er sich aut

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drückte, und einen Unterstützungsfonds zu schaffen, aus dem diejenigen

Beamten berücksichtigt werden könnten, die den Unterbeamten nahe stehen.

Der Herr Abg. Schiffer hat auf die Erregung hingewiesen, die in den mittleren Beamtenkreisen besteht für den Fall, daß sie den Reichsbeamten nicht gleichgestellt werden. Meine Herren, ich fürchte, daß diese Erregung nur noch slärker werden würde, wenn der Anregung des Herrn Abg. Schiffer entsprochen werden würde; (sehr richtig! rechts) denn da fehlt es an allen festen Grundsätzen. Ich darf zunächst ein mal fragen: was sind denn mittlere Beamte, die den unteren Beamten nahe stehen? Wo will man da die Grenze ziehen? Jeder, der jenseits der Grenze liegt und nichts bekommt, wird sich auf dag äußerste verletzt fühlen und sagen: warum ist bei der und der Summe die Grenze gejogen, warum nicht etwas höher? Warum bin nicht auch ich berücksichtigt worden?

Der Herr Abg. Schiffer wies auf Vorgänge in einzelnen Städten hin, wonach beispielsweise jemand mit 5. Kindern die Unterstützung bekommt, alle Familien mit geringerer Kinderzahl die Unterstützung nicht bekommen. Auch dies halte ich für vollkommen mechanisch. Denken Sie sich den Fall: eine Familie mit 5 Kindern, von denen 3 Kinder gut versorgt sind, bekommt eine Zulage, und eine Familie mit 4 Kindern, von denen noch keins versorgt ist, bekommt die Zulage nicht. Denken Sie sich die Verschiedenheit, die in der Erwerbsfähigkeit aus Gesundheitsvverhältnissen, Krankheitszuständen usw. sich ergibt! Alle solche Verschiedenheiten können Sie nicht berücksichtigen, wenn Sie ganz mechanisch sagen: eine Familie mit so und so viel Kindern bekommt die Zulage, eine Familie mit weniger Kindern bekommt sie nicht. Ich fürchte, daß die Ausbringung eines solchen Unterstützungzfonds die Verwaltung in außerordentliche Schwierigkeiten bringen würde; denn feste Grundsätze lassen sich dafür kaum aufstellen, und wir würden mit der Verteilung dieses Fonds wahrscheinlich sehr viel mehr Unzufriedenheit erregen, als wir jetzt, wo wir grundsätzlich die ganje Regelung auf ein Jahr hinausschieben, so wie so erregen. (Sehr richtig! rechts.)

Ich betone nochmals: es würde mir persönlich von Herzen lieb sein, könnten wir die Sache im Augenblick machen; aber ich muß die sachlichen Bedenken aufrechterhalten, die ich in der Kommission ge— äußert und die ich die Ehre gehabt habe, Ihnen soeben nochmals in Kürje darjulegen. Und nun kommt noch hinzu, daß das Ganjse nur ein Aufschub um ein Jahr ist. Meine Herren, ich habe bestimmt in der Kommission erklärt, und erkläre das hiermit auf das bestimmteste nochmals, daß wir für das nächste Jahr einen generellen Plan für die Gehaltsaufbesserung vorlegen werden, und daß in diesem generellen Plan die mittleren Beamlen einge⸗ schlossen sein werden. Wir sind in der vollen Vorarbelt dafür be⸗ griffen. Ich glaube also bestimmt in Aussicht stellen zu können, daß Ihnen im nächsten Jahre eine Vorlage zugeht. Es handelt sich also nur um einen kurzen Aufschub, und deswegen bitte ich, aus den sach⸗ lichen und finanziellen Gründen, die ich die Ehre gehabt habe darzu⸗ legen, dem Antrage, der von freisinniger Seite gestellt ist, Ihre Zu—⸗ stimmung nicht zu erteilen. (Bravo! rechts.)

Abg. Herold (Zentr.): Die Zulage für die unteren Beamten ist allerdings eine gewisse schematische Aufbesserung, aber das Reich hat sich doch ein größeres Verdienst erworben, daß es in dieser Hinsicht vorgegangen ist, denn es hat damit praktische Politik getrieben. Wir müssen jetzt in Preußen in diesem Jahre mit einer solchen provisorischen Regelung gleichfalls vorgehen und dann im nächsten Jahre eine definitive Regelung folgen lassen. In der Budgetkommission hat sich herausgestellt, daß in diesem Jahre nicht mehr zu erreichen ist, als diese Vorlage für die unteren Beamten erreicht. Sollen wir noch im jetzigen Stadium versuchen, eine Abänderung zu erreichen? Herr Schiffer beantragt deshalb eine Kommissionsberatung für die Vorlage, das würde aber in Wahrheit nur eine Zurückverweisung der Frage an die Kommission sein, und es fragt sich, ob die Kommission bei einer wieder⸗ holten Beratung zu einem anderen Ergebnis kommen könnte. Die Regierung hat entschieden betont, daß mit Rücksicht auf die finan« ziellen Verhältnisse in diesem Jahre nicht mehr zu erreichen sei. Herr Schiffer will selbst keine schematische Zulage für die mittleren Be— amten von 150 M6, sondern er will nach dem Bedürfnis differenzieren. Eine solche Prüfung ist aber in dem jetzigen Stadium unserer par⸗ lamentarischen Verhandlungen gar nicht mehr möglich, da das die an: Frage der Beamtenbesoldungen wieder von vorn aufrollen hieße. Eine solche Individualisierung in der Besoldung ist in Preußen noch viel schwieriger als im Reich, da in Preußen die Beamtenklassen viel verschiedener sind, und die Kommission würde, auch wenn sie weit in den Sommer hinein tagte, zu keinem Re⸗ sultat kommen. Gewiß würde es wünschenswert sein, daß die mittleren Beamten auch sofort etwas bekämen, aber wenn wir daran diese Vorlage scheitern ließen, würden auch die unteren Beamten nichts bekommen. Wenn wir jetzt den mittleren Beamten einen Zuschuß geben würden, den sie dann im nächsten Jahre vielleicht nicht bekommen könnten, so würden sie dem Abgeordnetenhause noch viel größere Vorwürfe machen. Wir müssen die generelle Vorlage für die organische Erhöhung der Gehälter im nächsten Jahre abwarten; dann werden wir auch die Deckungsfrage prüfen können. In diesem Jahre läßt sich für eine Mehrausgabe keine Deckung mehr finden. Ich bedaure, daß, obwohl von uns schon frühzeitig ein solcher Antrag gestellt ist, die mittleren Beamten jetzt nichts erhalten können, aber nach Lage der Verhältnisse müssen wir uns jetzt bescheiden. Eine hohe soziale Aufgabe ist es, entsprechend unserem Antrage, Rücksicht auf die Zahl der nicht er⸗ werbsfähigen Familienmitglieder bei der Bemessung des Gehalts zu nehmen. Gewiß lassen sich theoretische Einwendungen dagegen er⸗ heben, aber doch dürfen wir uns der Erfüllung dieses Wunsches nicht entziehen. Im übrigen bitte ich Sie, der Vorlage zuzustimmen.

Abg. Frhr. von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.): Ich bedaure auch die Unmöglichkeit, den mittleren Beamten eine Zulage zu geben, denn die preußisch inn Beamten können sich natur— gemäß zurückgesetzt fühlen, wenn sie bei der verhältnismäßig günstigen Finanzlage in Preußen nichts erhalten, während das diel schlechter stehende Reich eine freigebige Hand hat. Die Beamten werden sich sagen, daß die Parteiverhältnisse im Reichstag für sie viel besser sind als im preußischen Landtag. Diese be⸗ denkliche Digparität zwischen den Reichsbeamten und den preußischen Beamten hätte niemals eintreten sollen. Wenn , . nicht dazu in der Lage war, so hätte es mit aller Gewalt im Reiche bahn drängen sollen, daß das Reich nicht so ve gn, Mir scheint, daß die preußischen Stimmen im Bündetrat nicht mehr das leiche Gewicht haben wie früher, und ich wünschte, daß das a, . geen fen darauf hinwirkte, daß die Reichsfinanzen 33 , m

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solides Fahrwasser gebracht werden. Aber wenn ich au parität zwischen den preußischen und den Reichsbeamten bedaure, so

zwingen doch schwerwiegende Gründe, in Preußen so zu verfahren, wie es 6 Vorlage eff, Der . hätte sicherlich die Initiative ergriffen, um ebenso vorzugehen wie das Reich, wenn er es mit seiner gewissenhaften Ueberzeugung hätte vereinbaren können. Man muß den preußlschen Beamten wiederholt in Erinnerung bringen, daz die preußische Regierung und Flnanzwwerwaltung für die Beamten ein ebenso warmes Herz hat wie die Reichgregierung. Wir sind aber in Preußen wegen der Unsicherhelt der Matrikularumlagen genötigt, starke Reserven vorzusehen. Wenn man jetzt die mittleren Beamten mit einer Zulage augstattete, fo würde man auch die Lehrer von ihr

nicht gueschließen können, und dann würden 13 Mill. Mark mehr er⸗ forderlich sein. Meine Freunde werden deshalb den freisinnigen An⸗ trag und die nationalliberale Anregung nicht akzeptieren, sondern nur die ie ,, Bei der definitiven Regelung der Gehälter wird die Regierung diese hoffentlich so bemessen, daß sie mit gutem 8. als Beharrungszustand angesehen, werden können. Beachtenswert ist die Anregung, daß die Zahl der n inge rigen berücksichtigt werden möge. Der Redner ehandelt sodann ausführlich die Frage der Deckung, glaubt nicht, daß eine wesentliche Erhöhung der Einkommensteuer erforderlich sein wird, und macht eine Reihe von Vorschlägen, wie durch vorsichtigere Auf⸗ stellung des Etats, slärkere Beanspruchung der Anleihen für Eisenbahn—⸗ jwecke statt des Extraordingriums, Verminderung der Zahl der höheren und der mittleren Verwaltungsbeamten Ersparnisse erreicht werden könnten, wie sie sich bei der Eisenbahnverwaltung bereits bewährt haben und durch Verminderung des Schreibwerks und der—⸗ gleichen auch bei anderen Verwaltungen erzielt werden könnten, weist aber wiederholt darauf hin, ö. auch die preußische Finanz⸗ . unsicher sei, solange die Matrikularumlagen im Reiche unsicher ieben.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Herr Freiherr von Zedlitz hat die finanz— politischen Ausführungen im wesentlichen wiederholt, denen er bereits im „Tag“ Ausdruck gegeben hat. (Heiterkeit Bei der außerordent⸗ lichen staatsmännischen Kenntnis des Herrn Freiherrn von Zedlitz . . . (Zuruf rechts: Ich habe nur das gesagt, was Herr Freiherr von Zedlitz selber gesagt hat. Er hat selber gesagt, daß er in der Oeffent⸗ lichkeit das bereits ausgeführt habe. Das habe ich wiederholt. Es hat mir vollkommen fern gelegen, irgend eine Kritik zu üben. Bei der Bedeutung des Herrn Freiherrn von Zedlitz und bei seiner Kenntnis wirtschafillcher Und wirtschaftẽpolltischer Din ge, halte ich es für meine Pflicht, troptz der vorgerückten Stunde, mich zu seinen Aus— führungen zu äußern.

Ich möchte zunächst in Uebereinstimmung mit seinen Aus— führungen betonen, daß wir selbstverstandlich durch Heranziehung unserer Einnahmen und durch Beschränkung unserer Ausgaben aut dem Etat so viel entnehmen werden, als wir irgend entnehmen können, zur Deckung der Kosten der Aufbesserung der Beamtenbezüge,

werden.

dacht. dieser übermäßigen Vermehrung des Personals bei bahnverwaltung widerstrebt.

Gesichtspunkt von erheblicher Bedeutung. Die Sache ist aber finanziell von so großer Bedeutung nicht, denn diese Leute werden jetzt aus dem Lohnfonds bezahlt, und wenn sie als Beamte in die Erscheinung treten, so werden sie eben aus dem betreffenden Etattitel bezahlt. Also eine sehr erbebliche Belastung des Etats liegt darin nicht.

Ich kann Herrn Freiherrn von Zedlitz ferner darin vollkommen folgen, daß auch meiner Ansicht nach mit den Luxuszügen vielfach zu weit gegangen wird, und daß auch auf diesem Gebiet eine gewisse Retardierung durchaus angezeigt wäre. Aber, er wolle es mir nicht übel nehmen, das macht alles den Kohl nicht fett, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, bei den großen Summen, um die es sich bei der Auf⸗ besserung der Beamtengehälter handelt.

Herr von Zedlitz hat nun den Vorschlag gemacht, einen Teil der Mittel dadurch zu beschaffen, daß wir nicht mehr das Extraordinarium der Eisenbahnverwaltung in dem reichen Maße speisen, wie es bisher der Fall gewesen ist, sondern er hat seinen Vorschlag wiederholt, daß man das Extraordinarium der Eisenbahnverwaltung auf 80 der Bruttoeinnahmen der Eisenbahnverwaltung bemessen, den Mehrbedarf auf Anleihen nehmen möge. Danach hätten wir im laufenden Jahre 27 Millionen, glaube ich, vom Extraordinarlum der Eisenbahnver⸗ waltung nehmen müssen, und für 1908 rechnet er, daß man 30 Mil⸗ lionen auf Anleihen würde übernehmen müssen. Nun, meine Herren, ich halte eine solche mechanische Festlegung, daß das Extraordinarium der Eisenbahnverwaltung auf 8 o bemessen werden soll, an sich für unrichtig. (Sehr richtig!) Ich halte es garnicht für möglich, das Extra⸗ ordinarium einer einzelnen Verwaltung überhaupt irgendwie nach oben oder nach unten festzulegen. Die Aufgabe des Finanzministers muß es sein, die Bedürfnisse der einzelnen Verwaltungen abzuwägen; er kann nicht einer einzelnen Verwaltung gewissermaßen als Prä einräumen, daß sie ein Extraordinarlum in einer bestimmten Höhe genießt. Würde die Eisenbahnverwaltung unter allen Umständen ein so hohes Extra ordinarlum haben, so würde der Eifolg eintreten können, daß die anderen Verwaltungen verkümmert werden. (Sehr richtig) Sie wissen, welche Anforderungen beispielswelse gerade auf dem Gebiete des Kultusministerlums, namentlich des Elementarunterrichts, von Jahr zu Jahr hervortreten; würde man sagen, der Eisenbahnminister soll ein Extraordinarium in Höhe von 80 seiner Bruttoeinnahmen haben, so würde es vlelfach dem Finanzminister an der Möglichkeit gebrechen, den anderen Verwaltungen das zu geben, was ihnen gebührt.

Auf der anderen Seite halte ich unter Umständen einen Satz von 8 o in guten Jahren noch für zu gering. Denn wir haben, glaube ich, die Aufgabe, in guten Jahren das Extraordinartum der Eisenbahnverwaltung und überhaupt die Extraordinarien so hoch zu speisen wie möglich (sehr richtig), um Vorsorge für die mageren Jahre zu treffen. Ich kann also diese mechanische Festlegung von 8oso, die in mageren Jahren zu hoch und in günstigen Jahren unter Umständen zu niedrig sein würde, und dle die anderen Ver— waltungen vollkommen außer Betracht läßt, für eine Verbesserung nicht halten.

Meine Herren, der Vorschlag des Herrn Freiherrn von Zedlitz würde einfach ju dem Verfahren zurückführen, das dieses hohe Haus auf Antrag des heimgegangenen Abg. Lieber im Jahre 1892 verworfen hat. Bls zum Jahre 1892 war, wie den Herren bekannt ist, der Zu

man nahm einen Teil der Ausgaben der Gisenbabnverwaltung auf das Extraordinarlum und elnen Teil auf Anleiben. Die Folge war naturgemüͤß die, daß einmal die Anlelheschulden außer⸗ orden tlich wuchsen und daß auch die Ansprüche der anderen

Verwaltungen sich stelgerten, denn sie wußten, ein einfaches

und ich werde mich sehr freuen, wenn ich mich seiner Unterstützung bei der Beschränkung der Ausgaben zu erfreuen haben werde. Ich glaube nur, daß die beiden Punkte, die er anführte, jedenfalls nicht so zu Buche schlagen werden, um wirklich als nennenswert betrachtet ju

Zunächst hat er der Vermehrung des Beamtenpersonals ge⸗ Ich habe seitens der Finanjwerwaltung nach Möglichkeit der Eisen⸗ Die Eisenbahnverwaltung hat uns aber andererseits entgegenhalten, daß die Schaffung eines erheb⸗ lichen Stammes von etatsmäßigen Unterbeamten wünschenswert ist, um diese Leute in ein festes Verhältnis zu überführen und sie namentlich auch den Angriffen der Sozialdemokratie gegenüber, wenn ich es so sagen darf, immun ju machen. Das ist in der Tat ein politischer

stand rechtens, den der Frelherr von Zedlitz wieder einführen will:

Mittel, ihre Ansprüche voll zu befriedigen, war, daß man einen Teil der Eisenbahnausgaben auf Anleihen übernahm. Infolgedessen hat das Abgeordnetenhaus auf Antrag des Abg. Lieber meines Wissens einstimmig, oder jedenfalls mit großer Majorität im Jahre 1892 be⸗ schlossen, daß dieser Zustand abgeändert werden soll und daß diese Ausgaben in toto auf das Extraordinarium, aber nicht mehr auf An⸗ leihen zu verweisen seien. Neuerdings hat im Jahre 1906 die Budgetkommission ich glaube auf Anregung des Herrn Abg. von Arnim ausdrücklich den gleichen Beschluß hinsichtlich der Betriebsmittel gefaßt. Die Budgetkommission hat ausdrücklich be⸗ schlofsen, alle Betriebsmittel auf das Extragrdinarium, aber nicht auf Anleihen, zu verweisen.

Nun, meine Herren, sind die Grunde, die dafür sprechen, das seit dem Jahre 1892 hier eingeführte Verfahren beizubehalten, doch, wie ich meine, auf der Hand liegende. Um welche Dinge handelt es sich denn im Extraordinarium der Eisenbahnverwaltung? Bei einem Betriebe wie der preußischen Eisenbahnverwaltung, handelt es sich da in der Tat um einmalige Ausgaben? Ich muß das durchaus be⸗— streiten. Bei einem Betriebe wie der preußischen Staatseisenbahn⸗ verwaltung sind die Umbauten der Bahnhöfe, die Beschaffung von Betriebsmitteln ꝛc. zu den laufenden, wiederkehrenden Aus⸗ gaben zu rechnen, und deshalb aus laufenden, aus den Betriebsein⸗ nahmen zu decken, aber nicht auf Anleihen zu verweisen. Meine Herren, wie würde denn ein solider Privatunternehmer verfahren? Er wird alle die Dinge aus Betriebsmitteln nehmen und nicht auf Anleihen verweisen. Denken Sie sich den Fall, daß Sie die Kosten für Beschaffung von Lokomotiven, Wagen usw. auf Anleihen nehmen! Eine Lokomotive, ein Wagen hat eine Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren, während wir bei unserer geringen Amortisation von 266 ooo unsere Schulden erst in 100 Jahren oder noch später tilgen. Also, die auf Anleihen genommenen Beträge für die Anschaffung der Betriebsmittel wärden noch mehrere künftige Generationen belasten, und, meine Herren, was das heißt ich habe das hier, glaube ich, schon ausgesprochen , immer die Aufgaben der Gegenwart auf die Zukunft verweisen, das das brauche ich nicht näher auszuführen; die Zukunft wird eigene große Lasten haben. Es ist zwar sehr bequem für den Augenblick, aber meiner Ansicht nach finanzpolitisch falsch, die Lasten der Gegenwart auf die Zukunft zu verweisen. (Sehr richtig) Die Anforderungen an unsere Eisenbahnverwaltung werden auch in Zukunft so große sein, daß sie genug zu tun haben wird, ihnen nachzukommen, und daß sie mit Recht davor bewahrt werden muß, noch mit schweren Lasten aus der Vergangenheit belastet zu werden.

Meine Herren, ich bin auch der Ansicht, daß eine reichliche Dotierung des Extraordinariums namentlich in guten Zeiten und damit auch wieder die Investition in unserm ganzen Eisenbahn⸗ betrieb absolut notwendig ist wegen der an sich viel zu geringen Amortisation unserer Staatsschulden. Bei einem so dem Risiko unterworfenen Unternehmen wie den Staatseisenbahnen, ist an sich eine Amortisation von ? oo viel zu gering. (Sehr richtig h)

Jeder Privatunternehmer würde viel höher amortisieren, und wenn wir uns mit einer Amortisation von 335 0 begnügen, können wir das mit gutem Gewissen nur tun, weil wir das Extraordinarium reich bemessen und daraus wenigslens jum Teil ich betone augz⸗ drücklich das zum Teil! wieder werbende Anlagen für die Eisen⸗ bahnverwaltung herstellen. Ganz vortrefflich hat dies meines Erachtens der Fraktionskollege des Herrn Frhrn. von Zedlitz, Herr Abg. Stengel bei den Beratungen in der Budgetkommissien ausgeführt. Er sagte:

Solche Dinge, die der Betrieb erfordere, müßten aus dem Be⸗ triebe gedeckt werden. Wir könnten unsere Eisenbabn nicht anders betrachten als ein großes industrielles Etablissement. Wenn die Eisenbahn in den Händen einer großen Privatgesellschaft wäre, würden ganz kolossale Abschreibungen gemacht werden müssen, und die würden weit über das hinausgehen, was wir alljährlich an Bauten einstellten beiw. an Schulden tilgten. Redner würde es für voll ständig verfehlt halten, davon abzugehen, für diese Erfordernisse im Extraordinarium des Etats Vorsorge zu treffen. Wäbrend einiger Jahre sei ein Teil dieser Ausgaben durch Anleihen gedeckt; aber schen hiergegen seien die größten Vorwürfe erhoben, wie unsolide wir wirtschafteten.

Meine Herren, ich sagte, wir würden zu der unsoliden Wirtschaft bis zum Jahre 1892 zurückkebren. Eröffnen Sie die Möglichkeit, wiederum einen Teil der laufenden Ausgaben der Eisenbabnverwaltung auf die Anleihe zu verweisen, so werden Sie seben, wohin die übrigen Verwaltungen erst den Finanzminister und dann das Abgeordneten⸗ haus selber drängen: dann kommen wir wieder zu der Wirtschaft, wie gesagt, die Anleihen immer mehr zu belasten, um den Etat zu entlasten und damit die anderen Ansprüche der Verwaltungen zu be⸗ friedigen. Ich glaube also, es würde ein schwerer wirtschaftlicher Rückschritt sein, wenn wir den Weg gingen, den Herr Freiherr don Zedlitz vorgeschlagen hat.

Wenn er darauf hingewiesen hat, daß die Landratskammer don 1859 einen ähnlichen Weg gegangen sei, so bat sich das nein, glaube, das bezog sich wobl auf den Zuschlag; ich werde Punkt nachher noch zurückgehen.

Nun, meine Herren, hat Herr Freiberr don Zedlitz weiter gesagt. soweit auf diesem von ibm vergeschlagenen Wege die Kosten für die Aufbesserung der Beamtengebälter nicht gedeckt werden können, würde ez nur notwendig sein, für eine Reihe don Jahren die Erhöhung der Ein kommensteuer zu bewilligen; an sich würde die Erhöhung der Ginkommen steuer allmählich entbehrlich werden infolge des natürlichen Steigen un erer sonstigen Cinnahmen. Meine HDerren, ich vermag ihm in dem Optimigmus nicht zu folgen. Wenn Herr Freiherr don Jedlitz daran hingewlesen hat, daß die Miquelsche Reform fich obne eine Erhohung der Einkommensteuer vollzogen hat, so darf ich ihn darauf Din weisen, daß Herrn don Miquel ersteng mal IT Milienen far Der fügung standen aus der Konderston der Staakgschulden, and dor allem. daß damalg die Erhöhung der Beam kenge dälter ermoglicht worden ist durch eine Schropfung der Gisendahnderwaltung. Ich dade chem mehrfach bier nachgewiesen, in welchen allläbrlich Keigenden Mage seüber die Gisenbabnderwaltung zu den allgemeinen Saatchaudgaden berangezogen worden ist und in wie diel geringerem Maße dad gegen wärtig der Fall ist. Wir baben in früheren Raheen den ehem Jah zum andern die Zuschüsse der Gilendabaderalhung a den allgemeinen Staatgauggaben um 30 Millonen und wehr erdoßgt; n den legten Jahren dat die Steigerung nur 8 Milllenen derragen, und ch hade

nachgewlesen, daß wir nach dem Gtat den MW deranqhkhitich nicht

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