und finden müssen. Was daher dem Trimborn -Fonds in dem Jahre vorenthalten wird, wird ihm in dem folgenden Jahre um so reichlicher wieder zufließen. Und in der Tat war denn auch die Einnahme an sogenannten Trimborn-Zöllen in der ersten Hälfte des laufenden Rechnungsjahres eine sehr beträchtliche; ju Be⸗ sorgnissen besteht deshalb in dieser Hinsicht gewiß keinerlei Anlaß. Wagß die übrigen Aus gabe verwaltungen anlangt, so waren auch in diesem Jahre die Ressorts im allgemeinen sichtlich bemüht, die Etats tunlichst einzuhalten. Insbesondere bewegte sich im Be⸗ reich der Heereg⸗ und Marineverwaltung, die bekanntlich in früheren Zeiten bisweilen sehr beträchtliche Etatsüberschreitungen aufzuweisen hatten, die Mehrausgaben in mäßigen Grenzen. Dagegen erforderte die Verzinsung der Reichsschuld nach Gegenrechnung der Minder⸗ ausgaben einen Mehraufwand von nicht weniger als rund 5. Mill. Mark, der hauptsächlich auf die verstärkte Begebung von Schatz anweisungen zurückzuführen ist. Einer beträchtlichen Ueberschreltung im Bereich der Reichspostverwaltung wird bei den Betriebsher⸗ waltungen noch zu gedenken sein.
Was die Einnahmen betrifft, so habe ich des Mehr— ertrags der Ueberwelsungssteuern schon Erwähnung getan. Anlangend sodann die reichseigenen Einnahmen, so sind die Zölle hinter dem vom Reichstage erheblich gesteigerten Etatssoll etwas zurückgeblieben. Bei den neuen Steuern einschließlich der reformierten Brausteuer stehen einigen Mehreinnahmen von zusammen 133 Millionen Minder⸗ einnahmen im Gesamtbetrage von 214 Millionen gegenüber, sodaß im ganzen gegenüber dem Etatssoll ein Ausfall von 8 Millionen sich ergibt. Die größte Enttäuschung brachte dabei die Fahrkarten⸗ steuer (hört, hört! links) mit einem Ausfall von 121 Millionen Mark, wogegen der Ertrag der reformierten Brausteuer den Vor⸗ anschlag naheju um 11 Millionen überstieg. Unter den ilteren Steuern ist namentlich die Zuckersteuer mit einem Mehrbetrag von 83 Milllonen Mark hervorzuheben. Von den Betriebs verwaltungen haben nur die Eisenbahnen einen Mehrüberschuß von annähernd 5 Millionen Mark abgeworfen. Dagegen ist der Ueberschuß der Post⸗ und Telegraphenverwaltung, wie auch schon im Vorjahre 1906, erheblich hinter dem Voranschlag zurückgeblieben. Zwar hatte die Verwaltung eine recht beträchtliche Mehreinnahme erzielt, aber noch beträchtlicher hat sich die Mehrausgabe, insbesondere für Telephonanlagen, gestaltet, so daß bei Gegenrechnung der Einnahme ein Ausfall bei dem Postüber⸗ schuß von über 6 Millionen Mark sich ergab. Noch weit ungünstiger scheinen sich die finanziellen Verhältnisse dieser Betriebs verwaltung im laufenden Jahre 1907 gestalten zu wollen — ich werde darauf dem⸗ nächst zurückkommen. Dagegen beliefen sich die Einnahmen aus dem Bankwesen — ich möchte hier fast sagen: leider — um nicht weniger als 133 Millionen Mark höher, als in dem Etat vorgesehen war.
Wenn ich nun zu dem zweiten Teil meiner Ausführungen, dem mutmaßlichen finanziellen Ergebnisse des laufenden Rechnungèjahres 1907, übergehe, so muß ich mir angesichts der in diesem Jahre be⸗ sonders frühzeitigen ersten Ctatsverhandlung eine doppelt große Reserve auferlegen. Steht mir doch naturgemäß zur Zeit nur ein Material zu Gebote, das auf den Oktober⸗, zum Teil auch nur auf den Septemberabschlüssen beruht. Die noch fehlenden 5 oder 6 Monate können aber noch viel an dem Bilde ändern, das die gegenwärtig vorliegenden, wenn auch noch so gewissenhaften Schätzungen uns entwerfen. Mit allem Vorbehalte einer späteren
Korrektur meiner jetzigen Auffassung durch die spätere Wirklichkeit kann ich beute nur sagen, daß für 1807 die Aussichten recht trübe sind (hört, hört) und daß es zum mindesten zweifelhaft ist, ob das finanzielle Ergebnis sowohl in der eigenen Wirtschaft des Reichs als auch bei den Ueberweisungssteuern den Etatgansatz auch nur annähernd
erreichen wird. Zwar entwickelt eine ganze Reihe von eigenen Ein⸗ nahmen des Reichs sich augenscheinlich günstig, aber den Mehr— einnahmen stehen auf der anderen Seite bis jetzt geschätzte Minder⸗ einnahmen in noch höherem Betrage gegenüber. Minderausgaben sind bisher von keiner Seite in Aussicht gestellt (hört, hört! und Heiter keit), wohl aber Mehrausgaben in leider sehr beträchtlichem Um fange. So hat erst jüngst die Marineverwaltung eine be— trächtlich Mehrausgabe von über 1 Million Mark angemeldet, die im wesentlichen mit der Notwendigkeit einer Erhöhung der Schiff sverpflegungsgelder begründet wird. Sollten die mir vorliegenden Einnahmeschätzungen nicht durch die Wirklichkeit der noch ausstehenden 5 bezw. 6 Monate wesentlich beeinflußt werden, so müßte für die eigene Wirtschaft des Reichs für das Jahr 1907 mit der Möglichkeit eines unter Umständen vielleicht nicht unerheblichen Fehlbetrags gerechnet werden. (Hört, hört) Auf die Ueberweisungssteuern werde ich noch zurückkommen.
Wenn ich nun kurz noch auf einige Einzelheiten des Haushalts des Jahres 1907 übergehe, so habe ich zu den Ausgaben nur folgendes zu bemerken. Bereits im Vorjahre habe ich mir erlaubt, auf die durchaus ungünstige Lage unseres Schatzanweisungskredits aufmerksam ju machen. Als der Herr Reichskanzler durch die Ver— hältnisse gezwungen war, mit der Begebung einer neuen Anleihe vorzugehen, war der Etat von diesem hohen Hause noch nicht verabschiedet. Die volle, für das Rechnungsjahr 1907 benötigte Anleihesumme stand daher noch nicht zur Verfügung, sie konnte somit bei der ersten Begebung noch nicht mitberücksichtigt werden, während die Ausgaben zu Lasten des Gesamtanleihekredits selbstredend im Laufe deg Jahres zu bestreiten waren. Aus dem Rechnungsjahre 1906 lasten nun auf der Reichskasse schon über 28 Millionen gestundete Matrikularbeiträge, denen dann für das Jahr 1907 an solchen noch rund 64 Mill. Mark hinzutreten werden. Daneben laufen die seitens der Postverwaltung aus Anlaß der Unfallversicherung zu leistenden Vorschüsse, welche, nachdem man in dieser Hinsicht den im vorigen Jahre ge—
machten Anregungen eine weitere Folge nicht gegeben hat, sich für
1907 bis zur seinerzeitigen Abrechnung auf annähernd 190 Millionen Mark belaufen werden. Für das Jahr 1908 würde der Betrag von 200 Millionen Mark schon nicht mehr zureichen, und ich möchte hier in der Tat ausrufen: Quousque tandem? (Sehr richtig!
Dazu kommen noch infolge des Gesetzes vom 9. Juni 1906 die⸗ jenigen Summen, welche der Reichsinvalidenfonds aus seinen Kapital⸗ beständen zu bestreiten hatte, welche ihm aber aus den in der Be— gründung zu jener Gesetzesvorlage dargelegten Erwägungen vom Reiche noch einstweilen vorgeschossen werden. Für 1906 und 1907 belasten diese Vorschüfse die Reichskasse mit voraussichtlich über 60 Milllonen Mark. Wenn ich nun auch nicht verkenne, daß diesen letzteren Vorschüssen in den Ansammlungen für den Trimborn⸗Fonds ein entlastender Vorschuß gegenüber tritt, so verbleibt nach dem Vorhergesagten doch noch eine so erhebliche Anspannung des Schatz=
anweisungskredits, daß wir mit einer Ausgabe von über 11 Millionen Mark, das heißt einer Mehrauggabe gegenüber dem Etat von über 8 Millionen Mark, zu rechnen haben werden.
Man wird mir entgegenhalten, daß dieser Mehrausgabe auch eine erhebliche Mehreinnahme bel dem Anteil des Reichs am Reingewinn der Reichsbank gegenübersteht. Das ist gewiß richtig; aber ich kann Sie versichern: ich würde auf den aus dem gesteigerten Schatz= anweisungsverkehr herrührenden Teil dieser Mehreinnahmen gern ver⸗ zichten, wenn es mir gelänge, die Inanspruchnahme des Schatz= anweisungskredits entsprechend einzuschränken. Ich möchte nur meine Auffassung aus dem vorigen Jahre wiederholen, daß ich es für einen durchaus unerwünschten, ja geradezu ungesunden Zustand erachte, wenn das Reich mangels ausreichender eigener Einnahmen sowie aus den sonst von mir erwähnten Gründen jahraus jahrein gezwungen ist, in so hohem Grade schwebende Schulden zu machen (sehr richtig h, um nur die laufenden Bedürfnisse des Reichs zu befriedigen. (Erneute Zu⸗ stimmung.) .
Auf die Inanspruchnahme der Mittel der Reichsbank zu diesem Zweck und die Möglichkeit der Einwirkung einer solchen In⸗ anspruchnahme auf den Diskontsatz der Reichsbank selbst will ich dieses Jahr nicht wiederholt eingehen; aber ebenso—⸗ wenig will ich in diesem Jahre mit meiner Auffassung zurück · halten, daß nach meiner innersten Ueberzeugung in dieser Gestallung des Finanzwesens des Reichs ein sehr wunder Punkt liegt, der, je eher desto besser, einer gründlichen Heilung bedarf. Der Widerstand hiergegen ist auch keineswegs, was ich hervorheben will, bei den verbündeten Regierungen zu suchen. (Na, na!)
ANebergehend zu den Einnahmen des Jahres 1907, so habe ich vor allen Dingen der Zölle zu gedenken. Sie würden, wenn sich die Einnahme entsprechend dem Ergebnis der Monate April bis Oktober dieses Jahres weiter entwickeln sollte, das Etatssoll für 1907 um annähernd 60 Mill. Mark übersteigen. Sollte dies zutreffen, so würde allerdings aus den Ueberschüssen ein erheblicher Teil auf den Trimborn-Fonds entfallen. Für diesen Fonds würden nach unserer Annahme alsdann aus dem laufenden Jahre nicht 48 Mill. Mark, wie der Etat annimmt, sondern vielleicht 0 Mill. Mark zur Verfügung stehen. Doch ist dies lediglich eine unmaßgebliche Schätzung, deren Richtigkeit erst der Rechnungtabschluß ergeben kann.
Eine einzelne Position des Zolltarifs, die Gerste, hat das hohe Haus in der vorigen Tagung so eingehend beschäftigt, daß ich mir an dieser Stelle eine Bemerkung dazu gestatten muß. Ich kann erklären, daß nach der bis Ende Oktober d. J. vorliegenden Statistik die Gersteneinfuhr auch heute noch keinen Anlaß ju irgendwelchen Be⸗ denken gibt. Im abgelaufenen Teile des Rechnungsjahres war der Eingang noch etwas höher als im gleichen Zeitraume des Vorjahres. Für das Kalenderjahr entspricht die ein⸗ geführte Menge reichlich dem Durchschnitte der letzten drei Jahre. Um indessen den etwa noch bestehenden Befürchtungen gerecht ju werden und um den mehrfach auch in diesem hohen Hause geäußerten Wünschen entgegenjukommen, habe ich in Erwägung gezogen, innerhalb des durch Gesetz und durch die Verträge gegebenen Rahmens geeignete Maßnahmen und möglicher ⸗ weise auch durch die Herbeiführung verschärfter Strafvorschriften eine weitergehende Sicherheit gegen mißbräuchliche Verwendung der zu niedrig verzollten Gerste ju machen. Das Unbrauchbarmachungs⸗ verfahren ist schon jetzt iasbesondere durch Aufstellung von Maschinen nach neuestem System verbessert. Auch wird das von dem deutschen und dem bayerischen Landwirtschaftgrat empfohlene Tausendkörner⸗ gewicht ur Erkennung der Maligerste in Zweifelsfällen schon jetzt herangezogen. Auch zur Ermöglichung der Kennzeichnung der Gerste durch Färbung sind Vorarbeiten im Gange. Damit glaube ich die Gerste wohl verlassen zu können.
Bei den reichseigenen Steuern möchte ich zunächst zwischen den neuen — das heißt den im vorigen Jahre neu ein⸗ geführten und erhöhten — und den übrigen Steuern unterscheiden. Die letzteren, die älteren Steuern, ergeben vermutlich, bei geringen Abweichungen nach oben und nach unten im einzelnen, im ganzen einen, wenn schon nicht erheblichen Mehrertrag gegen den Etat. Bemerkenswert ist, daß auch die Wechselstempelsteuer sich in auf steigender Linie bewegt. Namentlich ist das auch um deswillen hervor- zuheben, weil diese Steuer vielfach als eine Art Wetterglas der wirt⸗ schaftlichen Konjunktur anzusehen ist. Beiläufig sei an dieser Stelle bemerkt, daß die gesetzgebenden Faktoren noch dieser Tage eine Novelle zum Wechselstempelsteuergesetz vorlegen zu können hoffen, die, ohne die finanzielle Seite irgendwie zu berühren, den beteiligten Kreisen eine seit langer Zeit gewünschte Erleichterung bietet.
Was die neuen Steuern anlangt, so haben sie mit den später zu erörternden Ausnahmen den in sie gesetzten Erwartungen entsprochen. Die Zigaretten,, die Brau⸗ und Frachturkundensteuer werden den Etats⸗ satz voraus sichtlich etwas übersteigen, die Abgaben von Kraftfahrzeugen und Aufsichtsratsvergütungen werden etwas zurückbleiben, doch kaum so weit, daß die Mehreinnahme aus den ersterwähnten Abgaben dadurch aufgehoben wird.
Anders liegt es mit der Fahrkarten und der Erbschaftssteuer. Die Fahrkartensteuer hat von vornherein, namentlich aber seit Ein⸗ führung der Personentarifreform im Frühjahr dieses Jahres, nicht die davon erwarteten Einnahmen gebracht. Auch von dem ermäßigten Betrage von rund 30 Millionen Mark, welche die Budgetkommission des Reichstags für 1907 eingestellt hat, werden, soweit sich das heute übersehen läßt, kaum mehr alt jwei Drittteile eingehen. (Hört, hört! und Heiterkeit Es ist wohl nicht mehr daran zu zweifeln, daß wir es dabei nicht mehr mit einem Uebergangestadium zu tun haben (sehr richtigh, sondern daß der Einnahmeausfall zum größten Teile einerseits auf die Abwanderung in die unteren Wagenklassen im allgemeinen, anderer
seits namentlich auch auf die Abwanderung in solche Klassen zurück.
zuführen ist, für die eine Steuerpflicht überhaupt nicht besteht. Ich Oktoberpreise (hört, hört! bei den Sozialdemokraten) und der konstante
weitere Rückgang der Einnahmen am sogenannten Börsenstempel, was
denke dabei iasbesondere auch an die zum Teil in Süddeutschland ein⸗ gerichtete Klasse IIb, die bei der Mehrjahl der Züge wohl naheju
alle früheren Reisenden der dritten Klasse und einen großen Teil der ; dessen will ich gern zugeben, daß es sich hier wohl nur um vorübergehende
Reisenden der zweiten Klasse in sich aufnehmen wird. Die Sachlage
ist derart, meine Herren, daß ich bereits in ernste Erwägung gezogen
habe, ob sich das System der Fahrkartensteuer, das sich bekanntlich mit dem seinerzeit von den verbündeten Regierungen vorgeschlagenen nicht deckt, weiter aufrecht erhalten läßt. (Hört, hört! links.) Frag—⸗ lich bleibt dabei freilich, ob allen der Fahrkartensteuer zur Last ge⸗ legten Mängeln durch Umgestaltung der Steuervorschriften allein ab⸗
links.)
geholfen werden kann. (Rufe: Abschaffen! Abschaffen) — Bitte um den Ersatz! (Heiterkeit. )
Auch die Erbschaftssteuer berechtigt nach dem bisherigen Ergebnis für das Rechnungsjahr 1907 zu keinen großen Hoffnungen. Jedoch präjudiziert dies, worauf ich noch zurückkommen werde, nicht den Ein⸗ nahmen aus der Erbschaftssteuer für die späteren Jahre. Ich komme nun zur Post. Ich habe bereits borhin erwähnt, daß die finanziellen Ergebnisse der Reichspostverwaltung sich im laufenden Rechnungsjahre noch weit ungünstiger entwickeln zu wollen scheinen, als es im Jahre 1906 der Fall war. Hier habe ich hinzuzufügen, daß, wenn die hier vorliegende Schätzung — was wir aber nicht hoffen wollen — der demnächstigen Wirklichkeit entsprechen würde, wir uns bei dieser Betriebsverwaltung allein auf einen Minderüberschuß gegenüber dem Etat von über 20 Millionen gefaßt machen müssen. (Hört, hört! links) Dieser Minderüberschuß setzt sich zusammen aus einer nicht unerheblichen Mindereinnahme sowie einer die Mindereinnahme um das Doppelte übersteigenden Mehrausgabe. Absolut betrachtet, sind allerdings die Einnahmen der Reichspost« und Tele— graphenverwaltung bis zum 1. Oktober des Jahres nicht un⸗ erheblich gestiegen; gleichwohl aber wird diese Steigerung hinter den Etatssätzen voraussichtlich weit zurückbleiben. Die Ursachen liegen hauptsächlich in einem Zurückbleiben des Verkehrs hinter der Erwartung. Dieser steigende Rückgang, der mit 1906 einsetzte, konnte nicht vorhergesehen werden. Der Anschlag für 1907 ist also insofern ein zu hoher gewesen. Das Nachlassen der Einnahmesteigerung ist um so bemerkenswerter, als die für 1907 zum ersten Male in Wirk— samkeit tretende Aufhebung der Ausnahmetarife für Ortspostkarten zwar nicht die ganze geschätzte Mehreinnahme, aber immerhin ein Mehr bringen wird, das sich auf rund 6 Millionen für 1907 an⸗ nehmen läßt.
Wenn die sehr hohen Ausgabeüberschreitungen nicht von einer er—⸗ höhten Einnahme begleitet werden, die Ausgaben dem Verkehre also sozusagen vorausgeeilt zu sein scheinen, so liegt das darin, daß, abgesehen von der nicht vorgesehenen Mehr— aufwendung für Pensionäre und die Hinterbliebenen, die zu Ueberschreitungen führende Verausgabung wesentlich auf dem Gebiete des Fernsprechwesens und der Telegraphie erfolgt, wo die hohen Kosten der vom Publikum dringend verlangten Neuanlagen und An— schlüsse bei weitem nicht schon im laufenden Jahre durch Einnahmen gedeckt werden. Aber der Herr Staatssekretär des Reichspostamts steht hier auf dem Standpunkte, daß er es mit den Aufgaben einer staatlichen Monopolverwaltung für völlig unvereinbar hält, wenn sie erklären wollte, den an sie herantretenden, aus der regelmäßigen Ent⸗ wicklung des Verkehrs sich ergebenden Anforderungen in Ermangelung bereiter Mittel nicht entsprechen zu können. (Sehr richtig! links.) Wenn auch mit äußerster Sparsamkeit zu Werke gegangen werden soll, und alle noch aufschiebbaren Ausgaben unbedingt vermieden werden sollen, so glaubt der Herr Staatssekretär des Reichs⸗ postamts, auch in den nächsten Monaten die gleichmäßige, durch das wirtschaftliche Leben als unvermeidlich zu erachtende Entwicklung des Fernsprechwesens nicht stören zu dürfen, selbst wenn damit die von mir vorhin bezeichnete ungewöhnlich hohe Ausgabe⸗ überschreitung verbunden sein würde.
Auch bei den Eisenbahnen wird, soweit zur Zeit übersehen werden kann, mit einem Minderüberschuß gerechnet werden müssen. Trotz der bisher anhaltenden Weiterentwicklung des Verkehr, die in einer voraussichtlichen Bruttomehreinnahme gegen den Etatsansatz in Höhe von etwa 35 Millionen zum Ausdruck kommen wird, wird sich im Gesamtergebnis vermutlich gleichfalls ein Ausfall gegen das Ueber— schußsoll von rund 2 Mill. Mark ergeben, ein Ausfall, der unter anderem namentlich auch in der Steigerung der Preise der Betriebs⸗ materialien seine Erklärung finden dürfte.
Was die Ueberweisungssteuern betrifft, so wird ein recht er— heblicher Ausfall, den wir bei der Maischbottichsteuer zu er—⸗ warten haben, aller Voraussicht nach durch das Ergebnis der Verbrauchgabgabe weit mehr als ausgeglichen werden. Dagegen steht bei der Stempelabgabe von Wertpapieren und von Anschaffungsgeschäften aus naheliegenden Gründen eine sehr beträcht⸗ liche Mindereinnahme in Aussicht. Wenn auch der Lotteriestempel eine nicht unerhebliche Mehreinnahme verspricht, so dürfte doch das Gesamtergebnis der Ueberweisungesteuern hinter dem Voranschlage des Etats leider ziemlich weit zurückbleiben.
Nachdem ich hiermit die beiden Jahre 1906 und 1907 besprochen habe, gestatte ich mir nun, überzugehen auf den eigentlichen Gegen— stand unserer heutigen Tagesordnung, nämlich zu dem Entwurf des Reichs haushaltsetats für das Rechnungsjahr 1908. Meine Herren, wir sind uns bewußt, bei der Aufstellung dieses Etats dem dringenden Gebot der Sparsamkeit tunlichst gerecht geworden zu sein. Jede Aut gabe wurde auf ihre Notwendigkeit strengstens geprüft, und eine große Zahl zum Teil recht schwerwiegender Forderungen, deren Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit an sich nicht ju bestreiten war, mußte zurückgezogen werden. Aber in Staat und Reich sind, wie ich schon zu wiederholten Malen hervorzuheben mir gestattete, auch der Sparsamkeit Grenzen gezogen, die nicht überschritten werden können, ohne vitale Interessen zu gefährden. Das gilt vor allem von den Aufwendungen, die der Erhaltung der Schlagfertigkeit von Heer und Flotte zu dienen bestimmt sind. Gerade hier kann größte Sparsamkeit zur größten Verschwendung werden. Wenn nun der Etat im Ordinarium mit dem beträchtlichen Fehlbetrage von rund 124 Millionen abschließt, so wird das von niemandem lebhafter bedauert als von den verbündeten Regierungen und bon mir. Daß die Balancierung des vorliegenden Etats mit erheblichen Schwierig keiten verknüpft sein würde, war allerdings vorauszusehen. Daß aber der Fehlbetrag ungeachtet der im allgemeinen günstigen Entwicklung mancher Einnahmequellen, insbesondere der Zölle, eine solche Höhe er⸗
reichen werde, konnte sich noch vor Wochen kaum erwarten lassen. Namentlich war es die erhebliche Steigerung der Ausgaben für Naturalverpflegung im Heeretzetat aus Anlaß der Höhe der jüngsten
noch in letzter Stunde den Abschluß des Etats ungünstig beeinflußte. In⸗
Erscheinungen handelt, die man bei Ermittlung des chronischen Defizits, an dem wir ja noch immer leiden, nicht mit in Rechnung zu stellen braucht, und zwar um so weniger, als anderseits wohl auch die Einnahmen aus dem Bankwesen bis zur Verabschiedung des Etatt noch eine entsprechende Minderung des Fehlbetrages gestatten werden. Jenes chronische Defizit war in der Steuerreformvorlage des Jahres
1905106 auf Grund eingehender Vorarbeiten auf rund 225 Millionen berechnet worden. Die Steuerkommission des Reichstags erachtete diese Zahl für zu hoch und ermäßigte sie auf rund 200 Millionen. Die zur Deckung dieses Fehlbetrages vom Reichstage bewilligten neuen Steuern reichten aber auch an diesen Betrag bei weitem nicht heran. Der Ertrag war zwar auf dem Papier auf 170 bis 180 Millionen Mark errechnet, in Wirklichkeit aber ist er im günstigsten Falle auf 140 bis 150 Millionen zu veranschlagen. Er bleibt also hinter dem Betrag, der in der Regierungsvorlage als zur Deckung des chronischen Defizits unbedingt erforderlich erachtet war, um rund 80 Millionen zurück. Ich stehe keinen Augenblick an, es auch heute dankbar anzuerkennen, daß durch jene Reform dem Reiche wenigstens im Betrage von 140 bis 160 Millionen erhöhte Einnahmen erschlossen worden sind. Ich wüßte in der Tat auch nicht, was heute beginnen, wenn iene Reform gescheitert und auch noch dieser Fehlbetrag zu decken wäre. Und ohne irgend jemand von Ihnen nahe treten ju wollen, möchte ich glauben, daß auch viele von Ihnen selbst nicht in der Lage wären, diese Frage zu beantworten. Aber das Ge⸗ fühl der Dankbarkeit hilft doch nicht über die Tatsache hin⸗ weg, daß auch nach Verabschiedung des Reformgesetzes uns von dem alten chronischen Defizit noch ein namhafter Restbetrag verblieben ist, den wir seitdem mit uns fortschleppen. Die einzelnen Staaten leiden darunter um so schwerer, als vielen von ihnen durch Einführung der Reichserbschaftssteuer eine sehr ent⸗ wicklung fähige Einnahmequelle wesentlich geschmälert wurde. Sie hatten diese Steuer seinerzeit dem Reiche dargeboten in der Er— wartung, damit eine Verständigung über die Erschließung ausreichender weiterer Einnahmequellen auf dem Gebiete der gemeinsamen Verbrauchs⸗ steuern zu erleichtern. Vom Reichstage wurde die Erbschaftssteuer auch obne weiteres akzeptiert, dagegen die stärkere Belastung des Tabaks, abgesehen von der Zigarette, vollständig und die stärkere Be⸗ lastung des Biers zum erheblichen Teil abgelehnt. Ueber die unzu⸗ längliche Entwicklung einiger von dem Reichstag aus seiner eigenen Initiative vorgeschlagenen Ersatzsteuern war schon an anderer Stelle die Rede.
Meine Herren, wenn man sich vergegenwärtigt, wie seit Errichtung des Deutschen Reichs unter dem Einfluß eines alljährlich nach Milliarden zählenden Vermögenszuwachses unser Wohlstand im all—⸗ gemeinen zugenommen hat, zu welcher Blüte unter den Segnungen eines fast 40 jährigen Friedens sich namentlich unsere Industrie und unser Handel entfaltet haben, dann muß man sich in der Tat erstaunt fragen: wie ist es möglich, daß es trotz alledem nicht gelingen will, den Haushalt des Reichs seinen Finanznöten zu entreißen? (Sehr richtig! und Heiterkeit bei den Sonaldemokraten.) Gestatten Sie mir, meine Herren, Ihnen diese Frage mit aller Offenheit zu beantworten. Ich tue jetzt hier sozusagen bereits nahezu ein Vierteljahrhundert mit, und ich kann deshalb in dieser Frage wohl aus Erfahrung sprechen. Man kann eine Wunde nicht heilen, ohne sie bloßzulegen.
Das Deutsche Reich ist ein noch ziemlich junger Organismus, der sich schon hierdurch von anderen Staaten, die vermöge ihres Alters in ihren Haushalten längst bei einem gewissen Beharrungszustand an-= gekommen sind, wesentlich unterscheidet. Wie die einzelnen Individuen, so bedürfen auch politische Gemeinwesen, vor allen Dingen der Staat in der Zeit der Jugend einer Summe von Aufwendungen, deren Wachstum mit der natürlichen Entwicklung der eigenen Einnahmen selten gleichen Schritt zu halten pflegt. Trifft dies schon im allgemeinen zu, so müssen sich diese Erscheinungen nach der Natur der Sache doppelt und dreifach fühlbar machen, wenn jene Entwicklungsperlode, wie es beim Deutschen Reiche der Fall ist, in eine Zeit trifft, in der ganz ungeahnte rapide Forkschritte der modernen Technik zu namhaft gesteigerten Ausgaben in allen Zweigen, namentlich auf dem Gebiete des Waffenwesens und des Schiffgbaueg unaufhaltsam hinleiten. Will nun das noch jugendliche, mächtig emporstrebende Reich daneben den großen Aufgaben genügen, die es sich auf dem Gebiete der Kolonial! und der Sozialpolitik ge⸗ setzt hat — sie stehen in dem vorliegenden Etat zunächst mit nicht weniger als rund 180 Millionen Mark ju Buche —, so wird ohne weiteres klar, daß die Erhaltung des Gleichgewichts in unserem Haus⸗ halt ohne kräftige Nachhilfe durch entsprechende Steigerung der Ein⸗ nahmequellen auf die Dauer unmöglich ist. Ob diese Notwendigkeit
jederzeit richtig erkannt worden ist, das stelle ich Ihrer geneigten Er⸗
wägung anheim.
Es ist ja durchaus verständlich — ich will auch daraus niemand einen Vorwurf machen —, daß die Volkevertretung, zumal wenn sie aus direkten Wahlen hervorgegangen ist, stets geneigter sein wird, Ausgaben, namentlich solche für populäre Zwecke zu beantragen und jzu bewilligen, als das Odium neuer Steuern auf sich zu laden.
Speriell im Deutschen Reiche liegt die Gefahr nahe, daß mit Be⸗ villigung erhöhter Ausgaben die Bewilligung erhöhter Einnahmen
und erhöhter Deckungsmittel nicht gleichen Schritt hält, um so näher, als nach unserer Verfassung das Reich in thesi kein Defizit haben kann, und mit der Ablehnung der Deckungsmittel im Reiche die Sorge für die Geldbeschaffung gewissermaßen automatisch auf die Einjelstaaten und auf deren Haushalte übergeht.
Aber auch noch etwas anderes, auch die Scheu und Angst
bor etwaigen Ueberschüssen, die sich seit Dejennien wie ein roter Faden durch die Finanzgeschichte des Reichs hindurchzieht,
ist der Gesundung unseres Haushalts in hohem Grade hinderlich ge⸗ wesen. Ich möchte hier auf Einzelheiten lieber nicht eingehen. Ich erkenne auch ohne weiteres an, daß jene Scheu und Angst so lange eine gewisse Berechtigung hatte, als nach der Vorschrift des alten
Attikels 70 der Reichsverfassung etwaige Ueberschüsse des vorver⸗ gangenen Jahres zur Bestreitung laufender Ausgaben dienen sollten. Gerade deshalb hatte ich schon vor vier Jahren sofort nach Ueber⸗ nahme meines Amtes es als eine meiner ersten und dringendsten Auf— jener Verfassungsbestimmung hinzuwirken, und die gesetzgebenden auch entsprochen.
Aber obschon seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes etwaigen lleberschüssen im Reichshaushalt, auf die wir wohl leider jetzt noch ange werden ju warten haben (Heiterkeit, die nützlichste Verwendung, die Verwendung zur Schuldentilgung gesichert ist, war
es ohne Zwelfel vornehmlich wieder diese Angst und Sorge, welche nicht unterlassen, hervorzuheben, daß sich im Etat des Reicheschatz⸗
auch noch im vorigen Jahre einer gründlichen Sanierung des Reichs⸗ ut blte hindernd in den Weg trat. Es ist das um so bedauer⸗ cher, als gerade die gleichjeitige wirtschaftliche Hochkonjunktur es un⸗
gemein erleichtert hätte, der dringenden Forderung der verbündeten Regierungen nachzugeben und gleich ganze Arbeit zu machen.
Nun gestaltet sich die Deckungsfrage um so schwieriger, als dem alten chronischen Defizit demnächst noch der neue, viele Millionen betragende Mehraufwand hinzutreten wird, den die vom Reichstage selbst so dringend begehrte Verbesserung der Lage der Reichsbeamten erfordert. Aber mögen die Schwierigkeiten der Aufgabe auch noch so groß sein, sie dürfen uns nicht abhalten, ihr näher zu treten, und ich halte nicht mit meinem Urteile zurück, eine weitere Verschlebung wäre unter den obwaltenden Verhältnissen unvereinbar mit den bewährten Grundsätzen einer geordneten Finanzwirtschaft im Reiche und seinen Gliedern. (Sehr richtigh
Es ist schon genug, daß der namhafte Fehlbetrag des Jahres 1908 durch neu zu erschließende Einnahmequellen auch im günstigsten Falle in diesem Jahre nur teilweise wird gedeckt werden können; der größere Teil des Defizits wird auf den ungedeckten Matrikularbeiträgen haften bleiben, und erst das Jahr 1909, wenn wir auch unsere Arbeiten möglichst beeilen, wird den vollen Betrag bringen. Dieses Jahr 1909 ist aber auch schon wieder mit den den Beamten im laufenden Jahre gewährten Beihilfen von 23 Millionen, für die es an Deckungsmitteln fehlt, im voraus erheblich belastet. Mit dem Jahre 1910 soll dann das große sozial⸗ politische Problem einer Arbeiterwitwen⸗ und ⸗Waisenversicherung ins Leben treten, wobei es ohne eine erhebliche Weiterbelastung des Reichshaushalts auch schwerlich abgehen wird, und ein bis zwei Jahre darauf wird es mit der Herrlichkeit des Reichs⸗ inbalidenfonds zu Ende sein. (Sehr richtig! in der Mitte.)
Dieser Reichsinvalidenfonds, meine Herren, ist auch ein Kapitel in unserer Finanzgeschichte, über dag sich Bücher schreiben ließen. (Heiterkeit) Anstatt für die Deckung neuer Ausgaben neue Ein⸗ nahmen zu erschließen, hat man lange Jahre hindurch es vorgezogen, die Lasten einfach auf den Inbalidenfonds abzuwälzen. Das mochte allerdings bequem sein, aber weitschauend war es nicht. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Und wenn ich vor nun etwa 4 Jahren alsbald nach Uebernahme meines jetzigen Amtes den Finger in diese Wunde legte und mit allem Nachdruck schleunige Remedur und entsprechende Entlastung des Fonds forderte, so war leider nicht mehr viel zu retten. Aber so viel ist dadurch wenigstens erreicht worden, daß wir nicht schon jetzt der Notwendigkeit gegenüberstehen, zu allem anderen auch noch für den Ausfall der Einnahmen aus dem Invaliden⸗ fonds mit 30 bis 40 Mill. Mark anderweitigen Ersatz beschaffen zu müssen.
Lassen Sie mich nun, meine Herren, nach diesen Abschweifungen mit einigen Worten auf den vorliegenden Etat selbst eingehen. Da die Vorlage sich schon seit mehreren Tagen in Ihren Händen befindet, überdies ihr wesentlicher Inhalt auch schon vorher durch die offiniöse Presse veröffentlicht ist, darf ich mich wohl auf die Hervorhebung einiger weniger Punkte beschränken. Vor allem die Ausgaben! Da habe ich zunächst aus dem Ressort des Reichsamtes des Innern eine For⸗ rung zu erwähnen, die, wie ich annehmen möchte, Ihrer aller Zu⸗ stimmung im voraus sicher ist, die Forderung einer Entschädigung an den Grafen von Zeppelin und zum Erwerb der beiden von ihm er⸗ bauten Luftschiffe. Es ist Ihnen allen bekannt, mit welchen unend⸗ lichen Schwierigkeiten Graf von Zeppelin während einer langen Reihe von Jahren bei der rastlosen Verfolgung seiner genlalen Ideen zu kämpfen gehabt hat, wie er für seine Versuche sein ganzes Vermögen geopfert, wie oft, was gewiß für ihn noch schwerer zu ertragen war, über ihn und seine Pläne der Stab gebrochen wurde. Nun ist er dennoch dem Siege nahe. Er hat dem deutschen Vaterland ein Luftschiff gebaut, dem bald ein zweites noch größeres folgen soll, ein Luftschiff, wie es bis jetzt bei keiner anderen Nation existiert. Da ist es wohl nicht mehr als billig, daß auch das deutsche Volk dieser Verdienste gedenkt und neben dem Ankaufe der beiden Luftschiffe den genialen Erfinder wenigstens materiell dafür entschädigt, daß er sich seit 15 Jahren ausschließlich in den Dienst dieser so hochwichtigen Aufgabe gestellt hat. Ich glaube, nicht nötig zu haben, Ihnen diese Forderung namens des Herrn Reichskanzlers und der verbündeten Regierungen noch besonders zur Annahme empfehlen zu müssen. Anlangend den Aufwand für das Reichsheer, so muß ich die Vertretung desselben in erster Reihe dem Königlich preußischen Herrn Kriegsminister vor— behalten, der namentlich auch die sehr beträchtlichen Mehrforderungen, speziell im Bereich des Artillerie! und Waffenwesens, sowie zur Vervollständigung des deutschen Eisenbahnnetzes im Interesse der Landesperteidigung in der Kommission noch des näheren beleuchten und begründen wird. Ebenso habe ich die Vertretung des Ihnen vor⸗ liegenden Gesetzentwurfes wegen Aenderung des §2 des Flottengesetzes vom 14. Juni 1900, sowie der aus diesem Entwurf für den Etats—⸗ entwurf der Kaiserlichen Marine bereits gezogenen Konse⸗ quenzen naturgemäß in erster Linie dem Herrn Staatssekretär des Reichsmarineamts zu überlassen. Aber auf eine Frage finanzieller
Natur ist in der Tagespresse bereits hingewiesen worden, die zu be⸗
antworten mir obliegt, nämlich die Frage, ob nicht die bei Annahme jenes Gesetzentwurfes eintretende Mehrbelastung für diesen Zweck eine
Zahl derjenigen Veteranen,
besondere Deckung durch Erhöhung oder Vermehrung anderer als der indirekten, den Massenverbrauch belastenden Reichsabgaben erforderlich mache. Nach unserer Ueberzeugung ist das für jetzt und jedenfalls noch für die nächste Zeit nicht der Fall, da insbesondere auch
durch die im Jahre 1906 bewilligten neuen Steuern, soweit diese
den Massenverbrauch nicht belasten, hierfür augreichende Mittel zur Verfügung stehen. Wir sind bereit, die näheren Darlegungen hierüber Ihnen gelegentlich der Beratung in der Kom mission zu geben, an die Sie ohne Zweifel ja diesen Gesetzentwurf
verweisen werden.
Der Fonds zur Gewährung von Beihilfen an hilfsbedürftige
Kriegsteilnehmer, den sogenannten Veteranenbeihilfen, ist abermals
um 2 Millionen, auf mehr als 21 Millionen erhöht worden. haben erachtet, mit allem Nachdruck auf die entsprechende Aenderung nunmehr derartig dotiert, daß für das ganze Jahr mit den vollen 120 177 500 Veteranen werden bedacht werden können. (Bravo) Da
Faktoren haben diesem Vorschlag in dem Gesetz vom 4. Jult 1904
Er ist
jedoch Abgang und Zugang im Laufe des Jahres wechseln, ist die welche tatsächlich im Genuß der Bei⸗ hilfen sein werden, eine noch größere. Diese Zahlen sprechen wohl für sich selbst eine beredte Sprache gegenüber den mancherlei Be⸗ hauptungen und Vorwürfen wegen mangelnder Fürsorge des Reicht für seine verdienten und bilfsbedürftigen Veteranen.
Wenn ich nun zu den Einnahmen übergehen darf, so möchte ich
amts in den Einnahmen an Münjgewinn im Dispositiv folgender Vermerk findet: „Soweit durch Prägungen von Reichssilbermünzen
aus angekauftem Silber ein Münzreingewinn erzielt wird, soll dieser zur Verstärkung der Betriebsmittel der Reichshauptkasse Verwendung finden. Dieser Vermerk ist neu und bedarf noch einiger Worte der Erläuterung. Bekanntlich findet seit 1902 der aus der Prägung von Silber⸗, Nickel, und Kupfermünzen erzielte Münzgewinn zur Verbesserung der ordentlichen Einnahmen des Reichs Verwendung. Soweit es sich dabei um die Prägung von Silbermünzen handelt, kommt hier einstweilen nur der mäßige Gewinn in Betracht, der sich bei der Verwendung von Talern als Prägematerial ergibt. Dieses Prägematerial nähert sich aber allmählich seinem Ende, und es rückt der Zeitpunkt heran, wo sich die gesetzgebenden Faktoren über eine eventuelle Erhöhung der Kopfquote schlüssig zu machen haben werden. Selbstredend darf hierbei keiner anderen Rücksicht als dem Verkehrsbedürfnis Raum gegeben werden. Dieses scheint aber aller⸗ dings auf eine nicht unbeträchtliche Vermehrung unserer Silbermünzen hinzudrängen. Namentlich in den Industriebezirken macht sich schen seit geraumer Zeit ein empfindlicher Mangel an solchem für die Lohn- zahlungen fühlbar. Kommen wir nun demnächst in die Lage, Silber⸗ münzen aus angekauftem Silber zu prägen, so wird sich hieraus ein weit beträchtlicherer Münzgewinn für das Reich ergeben als bisher. Diesen erhöhten Münzgewinn zur Bestreitung laufender Ausgaben zu ver⸗ wenden, würde den Grundsätzen einer soliden Münzpolitik, an der wir auch in der gegenwärtigen Finanzlage doch festhalten wollen, nicht entsprechen. Dagegen würden wir es für durchaus zulässig und berechtigt halten, diese Einnahme bis auf weiteres zur Verstärkung unserer Be⸗ triebofonds zu verwenden, über deren absolute Unzulänglichkeit ich wohl nach dem Gesagten kaum noch ein weiteres Wort zu verlieren brauche. Da sich jedoch zur Zeit nicht mit Bestimmtheit angeben läßt, ob und in welchem Betrage der erwähnte Etatsvermerk schon im Rechnungsjahre 1908 praktisch werden wird, ist in diesem Etat von der Einstellung einer bestimmten Summe überhaupt abgesehen. Ich empfehle Ihnen diesen hier vorgeschlagenen Etatsvermerk dringend zur Annahme.
Unter den reichteigenen Einnahmen nehmen für das Rechnunge⸗ jahr 1908 auch bezüglich des Mehrertrages, wie neuerdings stetz, die Zölle die erste Stelle ein. Nach dem Ergebnis der seit Inkrafttreten des Zolltarifs verflossenen Zeit und unter Be⸗ rücksichtigung der Einwirkung der diesem Zeitpunkte voraufgegangenen Voreinfuhr schätzen wir auf Grund sehr eingehender Berechnungen den dem Reiche verbleibenden Anteil auf etwa 614 Mill. Mark und den an den Trimborn⸗Fonds abzuführenden Anteil auf 53 Mill. Mark. Letztere Annahme ist natürlich nach dem, was ich bereits wiederholt auszuführen die Ehre hatte, eine ganz willkürliche. Doch kommt es hierauf für die Etatsaufstellung in der Tat auch nicht an, da die Summe ja lediglich einen durchlaufenden Posten in dem Etat dar⸗ stellt. Aber auch der Anteil des Reichs konnte nur mit Vorbehalt eingestellt werden. Ob er eingehen wird, hängt davon ab, in welchem Maße eine etwaige Aenderung der wirtschaftlichen Konjunktur die Einfuhr beeinflussen wird.
Der gleiche Vorbehalt muß auch bezüglich des Ertrages der Steuern gemacht werden. Immerhin hat sich wenigstens in An⸗ sehung der reichgeigenen Einnahmen der befürchtete Umschwung im Wirt⸗ schaftsleben bislang noch in keiner Weise bemerkbar gemacht, und der Finanzverwaltung blieb also nur übrig, ohne Rücksicht hierauf die Einnahmen entsprechend den Erfahrungen des letzten Jahres anzu⸗ setzen. Demgemäß sind bei der weit überwiegenden Mehrzahl der Steuern die Ansätze gegen das Etatssoll von 1907 etwas erhöht worden, so namentlich auch bei der Zigaretten der Brau⸗ und der Zuckersteuer. Von den Steuerquellen, bei denen eine Herabsetzung des Ansatzes gegen 1907 vorgenommen werden mußte, möchte ich hier nur die Stempelabgabe von Fahrkarten und von Aufsichtsrats⸗ vergütungen erwähnen.
Eine besondere Betrachtung erheischt die Erbschaftssteuer, die, obwohl sie für 1907 vermutlich hinter dem geschätzten Ertrage von 36 Millionen weit zurückbleiben wird, dennoch für 1908 mit 42 Mill. Mark im Etat erscheint. E hat sich herausgestellt, daß gerade die größeren Erbfälle oft ein, ja selbst mehrere Jahre zu ihrer Ab⸗ wicklung erfordern. Nur so erklärt es sich auch, daß noch jetzßs bei den Erbschaftssteuerbehörden eine sehr erhebliche Zahl von Nachlaßsachen aus der Zeit vor Inkrafttreten; des Reichtzerbschaftssteuergesetzes in Bearbeitung ist. Zudem hat daß letztere Gesetz noch geräumigere Fristen angesetzt, als sie bislang landesgesetzlich zugestanden waren, und Teilzahlungen unter Um⸗ ständen sogar bis zur Dauer von 10 Jahren zugelassen. Damit stimmt die von uns gemachte Wahrnehmung überein, daß die Ein⸗ nahme zwar bisher niedrig war, daß sie aber von Vierteljahr zu Vierteljahr regelmäßig sich gesteigert hat. Sollte das Wachsen der Einnahme in diesem Maße anhalten, so würden wir im Jahre 1908. den Ertrag von 42 Millionen und schon im Jahre 1909 den für den Beharrungszustand geschätzten Ertrag von 48 Mill. Mark erreichen. Sollte wider Erwarten in der Steigerung vor der Zelt etwa ein Stillstand eintreten, so bliebe für uns nur die Erklärung übrig, daß der Gesetzgeber in dem Ausmaße der Befreiung namentlich nach unten vielleicht doch etwas zu weit gegangen ist. Die mehr erwähnten 42 Mil⸗ lionen bilden nur zwei Driteile des Gesamtaufkommens an Erbschafts= steuer, dessen eines Dritteil den Bundesstaaten verbleibt. Aber auch der erstere Betrag kommt dem Reiche vorläufig nicht voll zugute, weil nach 57 des Reformgesetzes den Bundesstaaten für eine Ueber⸗ gangszeit bis zum Ablaufe des Rechnungsjahres 1910 wenigstens auch der Betrag ihrer Durchschnittseinnahme an Erbschaftssteuer in den Jahren 18901 bis 1905 verbleiben soll. Dieser Durchschnittsbetrag wird für 1908 das eine Drittel des Gesamtaufkommens schätzungẽ⸗ weise um 4 Millionen übersteigen, die aus dem Anteile des Reiches gedeckt werden müssen. Sie finden daher in dem Etat des Reichs⸗ schatzamts eine entsprechende Summe für diesen Zweck ausgeworfen; in dem Etat für 1907 fand sich ein solcher Posten noch nicht. Man konnte damals noch annehmen, daß die den Bundesstaaten auf den Durchschnittsbetrag anzurechnenden nachträglichen Landessteuereinnahmen hoch genug sein würden, um einen Zuschuß des Reiches unnötig zu machen. Soweit letzteres dennoch der Fall sein sollte, müssen die zur Ergänzung des Anteils der Bundesstaaten erforderlichen Beträge für 1907 außeretatsmäßig verausgabt werden.
Bei der Reichspost· und Telegraphenverwaltung finden Sie im außerordentlichen Etat für Fernsprechzwecke eine Summe von rund b9z Millionen ausgeworfen, gegenüber dem laufenden Rechnungsjahr rund 145 Millionen mehr. Es soll versucht werden, ob durch Ein⸗ stellung einer einmaligen größeren Summe so erheblichen Etats
überschreitungen, wie sie vorher von mir für 1906 und