Die näheren Bedingungen für den Wettbewerb sind vom Bureau der Akademie des Bauwesens, Berlin W. 66, Leipziger Straße 1256, zu beziehen.
Berlin, den 10. Januar 1903.
Königliche Akademie des Bauwesens. Hinckeldeyn.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 10. Januar.
Seine Majestät der Kaiser und König statteten heute vormittag, „W. T. B.“ zufolge, dem Reichskanzler Fürsten von Bülow einen Besuch ab.
Die Bevollmächtigten zum Bundesrat, Königlich bayerischer Ministerialrat Kohl und Senator Dr. Fehling aus Lübeck sind in Berlin angekommen.
Oesterreich⸗Ungarn.
Amtlich wird die Enthebung des bisherigen Banus von Kroatien Rakodezay von dieser Stelle veröffentlicht. Zu seinem Nachfolger ist der Baron Paul Rauch ernannt worden.
Türkei.
Nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗ Bureaus“ findet heute in Konstantinopel bei dem Doyen des diplomatischen Korps Freiherrn von Marschall eine Konferenz der Boischafter ftatt, die sich mit der Frage der Verlänge⸗ rung der Mandate der mazedonischen Reformorgane beschäftigen wird.
Afien.
In der Provinz Tsche-kiang ist, dem „Reuterschen Buregu“ zufolge, ein Aufstand ausgebrochen. In der Nähe von Kaschung-HYamen ist eine protestantische Kapelle zerstört und eine Schule verbrannt worden. Fremde sind nicht ge⸗ fährdet. Die Unruhen tragen einen vorwiegend antidynastischen Charakter.
Afrika.
Nach einer Meldung der „Kölnischen Zeitung“ aus Tanger haben auf der Kasbah die Sitzungen des diplomatischen Korps begonnen, um die Redaktion der im vorigen Jahre ausgea beiteten Algeciras⸗Reglements vorzunehmen, die durch die vorbehaltenen Aenderungsvorschläge der Regierungen notwendig geworden sind.
Aus Casablanca wird demselben Blatte berichtet, daß der französische Kommandeur von den Stämmen bei Mediuna die 1 von Mulay Reschid und anderen angesehenen Scherifs sowie aller Waffen gefordert habe.
Gestern hat in Tetuan eine Notabelnversamm⸗ lung beim Pascha in Gegenwart des spanischen Konsuls statt⸗ gefunden, mit dem Zwecke, jene Maßnahmen zu erwägen, welche die durch die Fanatiker geschaffene Lage erfordern, die am 1. Januar die Bevölkerung gegen die Polizeiorganisation aufzuwiegeln versucht haben. 2 den Ratschlag des spanischen Vertreters beschloß der Pascha, laut einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Mitteilung des spanischen Ministers des Auswärtigen, augenblicklich 200 Askaris anzuwerben, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Notabeln mißbilligten weiter die Erklärungen, mit welchen der Kadi den Zwischenfall begründet hatte, und erkannten an, daß die Polizei jetzt orga⸗ nisiert werden müsse.
— Wie dem „Matin“ gemeldet wird, wurden in Bakninh in Tonkin 20 Eingeborene verhaftet, die unter dem 3. Re⸗ giment der eingeborenen Schützen eine Aufstandsbewegung anstiften wollten und den Plan gefaßt hatten, die franzöfischen Offiziere zu ermorden. Die französischen Behörden beschlag⸗ nahmten auch zahlreiche in den Dörfern verbreitete Flug⸗ schriften gegen die französische Herrschaft.
— Etwa 2000 Abessinier haben am 12. v. M. einen Einfall in das Somaliland ungefähr 300 kin von der Küste entfernt in der Richtung auf Lugh zu gemacht, Karawanen beraubt und Kaufleute entweder getötet oder gefangen genommen. Nachdem die betroffene Bevölkerung sich an den italienischen Re⸗ sidenten in Lugh gewandt hatte, war es, der „Agenzia Stefani“ zufolge, zu einem Zusammenstoß gekommen, an dem einerseits die Abessinier mit Hilfe der Arussi und Ogaden, andererseits die Rahaunin und Askaris in italienischem Dienste teil hatten. Infolge dieses Zusammenstoßes wurde Lugh blockiert, aber nicht angegriffen. Weitere Nachrichten fehlen. Der italienische Minister des Auswärtigen, dem gestern diese Vorfälle tele⸗ Hanh gemeldet wurden, ersuchte sofort, nachdem er die
zepesche erhalten hatte, den Marineminister, schleunigst die im Roten Meere befindlichen Kriegsschiffe nach Mogadiscio zu dirigieren. Der Minister des Auswärtigen telegra⸗ phierte auch unverzüglich dem Ministerresidenten in Addis Abeba die Aufforderung, dem Kaiser Menelik einen förmlichen Protest zu überreichen wegen der Verletzung des status quo im Territorium Lugh und des die Sicherheit der Kaufleute ver⸗ bürgenden italienisch äthiopischen Handelsvertrages. Er verlange sofortige Zurückziehung der Abessinier, Bestrafung der Schuldigen und angemessene Entschädigung. Obiger Quelle zufolge weiß Menelik wahrscheinlich nichts von dem Raubzuge, der von dem Befehlshaber an der abessinischen Grenze veranstaltet wurde. Denn erst vor kurzem ist ein Bericht des Ministerresidenten aus Addis Abeba beim Minister des Aeußern eingetroffen, der ihn davon in Kenntnis setzt, daß der Ministerresident die förmliche Versicherung des Negus in Händen habe, daß dieser den status quo im Bezirk Lugh aufrecht erhalten wolle bis um Abschluß der Unterhandlungen, in die man auf seine Her iche hin über die schließliche Festlegung der Grenze zwischen Abessinien und der italienischen Somaliküste ein⸗ treten will.
Die „Tribuna“ bemerkt zu der obigen Meldung:
Die Bevölkerung jener Gegend unterhalte ju den dortigen italienischen Residenten sebr gute Beziehungen und wähle sie häufig zu Richtern bei ibren Streitigkeiten. Ihre gemeinsamen Gegner seien die Amhara. Diese hätten kürzlich einen Zusammenstoß mit den Leuten des Mullah gehabt und seien geschlagen worden. Vielleicht bätten sie, von dem Wunsche beseelt, sich auf
irgend eine Weise und an irgend jemandem Lafür ju rãchen, den Einfall. ohne 6 ihrer Häuptlinge ausgeführt. Die von ihnen heimgesuchte Gegend sei eine der eichsten auf dem linken Ufer der Diuba. Wenn die überfallenen Stämme ihre Zuflucht zu dem italienischen Residenten in Lugh nähmen, so weise das darauf hin, daß die Amhara über sehr große Streitkräfte verfügten. da jene Stämme sich für gewöhnlich selbst verteidigten. Man wisse noch nicht, warum der Resident sich zu einem aktien Ein- greifen entschlossen habe, statt nach Maßgabe der dauernden Insttuk⸗ tionen von seiten der Zentralregierung ein vermittelndes Vorgehen ju beobachten.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen 76. Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretaͤr des Innern Dr. von Bethmann Hollweg und der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding beiwohnten, stand die Novelle zum Vogelschutzgesetz von 1888 zur ersten Beratung, durch welche die deutsche Gesetzgebung auf diesem Geblete mit der Pariser Konvention von 1902, betreffend den Schutz der für die Landwirtschaft nützlichen Vögel, in Ueberein— stimmung gebracht und das Gesetz gleichzeitig auch für Helgoland in Kraft gesetzt werden soll. . j .
Abg. Freiherr von Wolff⸗Metternich (3entr) begrüßte die Vorlage und befürwortete ihre alsbaldige Verabschiedung, da das Deutsche Reich der einzige größere europäische Staat wäre, der der Konvention noch nicht entsprochen habe. Eine Reihe von Bestimmungen der Vorlage feien indessen nicht obne Bedenken und auch schon früber vom Reichstage beanstandet worden. Die Einzelausführungen des Rednert, der sich für Kommissions beratung aussprach und über die Ge⸗ stattung oder das eventuelle Verbot des Fanges von Krammete vögeln im Dohnenstieg verbreitete, blieben im Zusammenhange auf der Tribũne unverstãndlich. Der Redner schien sich gegen eine Aenderung der in dieser Beziehung bestehenden reichegesetzlichen Vorschrift zu erklären.
Abg. Feldmann ( kons.): Ich wurde persönlich diese Vorlage auch ohne Kommissionsberatung anzunehmen bereit sein, denn es ist doch nicht geraten, nachdem die erwähnte Konvention noch nicht einmal völlig in Kraft getreten, schon mit weiteren Aenderungen des deutschen Gesetzes vorjugehen. Leider sind nicht in allen Uebereinkunftestaaten die saͤmtlichen Vögel geschützt, die in Deutsch⸗ land als nützlich besonderen Schutz genießen. Der Vogelschutz müßte direkt mit der Forstwirtschaft verbunden werden; die Königlichen Forstverwaltungen müßten mit dem Rechte und der Pflicht, den Wald zu schützen, auch die fernere Verpflich= tung und Berechtigung haben, die Vögel zu schützen und so den Wald in feiner ganzen Schönheit zu erhalten. Es müßte besonders dort, wo die Lebensbedingungen für die Vogelwelt sonst günstig sind, durch Ausrottung des RKaubzeuges dafür Vorsorge getroffen werden, daß die Vögel sich auch halten können; die wilden Katzen, die großen Schaden anrichten, müßten, wie auch der Fachmann Freiherr von Berlepsch verlangt, mit größter Energie verfolgt und pernichtet werden. Nachdem Kommissior sberatung beantragt ist, empfehle ich, zu erwägen, ob nicht alle nur Insekten fressenden Vögel das ganze Jahr hindurch vor dem Abschuß geschützt werden könnten. Bezüglich des Dohnenstleges stebe ich mit dem Vorredner auf dem Standpunkt, daß man nicht durch Reiche gesetz in die Jagdgesetz= gebung der Einzelstaaten eingreifen soll. . Preußen, spenell für Hannover, ist die Sache durch das preußische Gesetz zweckmäßig geordret.
ESchluß des Aattes.)
— Auf der Tagesordnung für die heutige (8) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Präsident des Staatsministeriums, Reichskanzler Fürst von Bülow, der Vizepräsident des Staatsministeriums, Staatssekretär des Innern Dr. von Bethmann Hollweg und der Minister des Innern von Moltke beiwohnten, stand die Beratung des Antrags der beiden freisinnigen Parteien (Abg. Aronsohn und Genossen): ; ; — .
„die Staatsregierung zu ersuchen, noch in dieser Session einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen
I) unter Abänderung der Artikel 70, 71, 72 und 115 der preußischen Verfassungsutkunde für die Wahlen zum Ab- geordnetenhause das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht mit gebeimer Stimmabgabe zur Einführung gelangt, . z 2) zugleich auf Grund der vorläufigen Ergebnisse der Volks- zhlung vom J. Dezember 19805 und entsprechend den Grundlätzen des Gesetzes vom 27. Juni 1860 eine anderweitige Fest⸗ stellung der Wablbezirke für die Wahlen zum Abgeordneten hause herbeigeführt und die Gesamtzahl der Abgeordneten neu bestimmt wird.“
Zur Begründung des Antrages erhielt das Wort
Abg. Traeger (fr. Volksp.): Biese Fiagge hat uns schon früber wiederholt beschäftigt. Seit jener Zeit hat sich nichts geändert, das Begebren des Volkes nach einer Wablreform ist immer dringender, das Schweigen der Regierung immer befremdender geworden. Wir haben nun kei Beginn dieser Session den Antrag wiederholt. Im Seniorenkondent wurde in Aussicht gestellt, daß der Antrag vor Weih⸗ nachten erledigt werde. Am 12. Deiember gab der Präsident des Hauses eine Erklärung ab, die darauf schließen ließ, daß die Siaatsregierung beabsichtige, sich an der Debatte zu beteiligen, und das war die Ver⸗ anlassung, in eine Verschiebung der Erörterung des Antrags zu willigen. Denn wie damals mein Freund Fischbeck sagte, lag uns nicht daran, über den Antrag zu reden, sondern an einer politischen Aktion unter Beteiligung der Regierung. Ich freue mich, den Herrn Minister⸗ präsidenten hier auf seinem Platze zu sehen und ich hoffe, daß er sich heute über die beabsichtigken Pläne der Regierung erklären wird. Ich würde eg für geschmacklos halten, an der Spitze meiner Bemerkungen über das jetzige Wahl vstem die bekannte Kritik des Fürsten Bigmarck zu wiederbolen. Der Redner, der im weiteren Verlaufe seiner Ausfübrungen immer leiser spricht und durch vielfache Rufe „Lauter! Geradeaus!“ unterbrechen wird, geht nun naͤher auf die Entstebungsgeschichte des geltenden Wahl— gesetzes ein und führt u. a. aus: Seit dem Erlaß des selben haben sich die Verhältnisse, die namentlich den Wahl ensus bedingten, wesentlich verschoben. In jenen idyllischen Zeiten galt ein Wähler erster Klasse mit 100 C09 Talern Einkommen als ein reicher Mann. Was ist beute ein Mann mit 300000 Æ7? Doß das jetzige Wablrecht ein plutokratisches, ju Ungunsten des Mittelstandes der minder wohlhabenden Klassen autschlagendes System ist, hat auch der frühere Minister Herrfurth anerkannt. In der Tat ist dieses System eine eklatante Benachteiligung. des M üttelstandes. Bei den Wahlen von 1903 waren 30 000 Wähler in der ersten Klasse, S00 00 in der jweiten und 6 Millionen in der dritten Klasse. Bei diesen Wablen sind in nicht weniger als 4000 Wahlbezirken die Ur⸗ wablen von einem einzigen Manne vollzogen, also die Wahlmänner er⸗ nannt worden. Die stärtische Bevölkerung vermehrt sich fortgesetzt, während die Bevölkerung auf dem platten Lande sich nicht entsprechend vermehrt und teilweise sogar zurüdgebt; dadurch verichtebt sich mehr und mehr das Wahlrecht zu Gunsten des platten Landes und zu Ungunsten der Städte. Die Regierung ift über die Stimmung im Lande ganz genau unterrichtet, und das ist von hoher Bedeutung. — Tie folgenden Ausführungen des Redners gehen immer mehr in der junehmenden Unruhe des Hauses verloren, sodaß schließlich nur noch einzelne Worte zur Berichterstattertribüne hinaufdringen. Er weist darauf hin, daß bei Beratung des Gesetzes
über die Vermehrung der Wahlbezirke von 1905 der national, liberale Abg. Dr. Frause, dieser Nevelle keinen großen Wert beilegte, während die Konservativen sie begrüßten, weil sie darin eine Stabilierung des bestehenden Wahlrech s erblickten. Es werde jetzt ein Druck von unten geübt, um die Regierung zur Reform ju bewegen. Der Redner kritisiert im einmelnen das bestebende indirelte Wablspstem, durch das das wichtigste Reicht des Staatsbürger be einträchtigt werde, und schließt mit der Bitte um Annahme dez Antrags.
Hierauf nimmt der Präfident des Staatsministeriums, Reichskanzler Fürst von Bülow das Wort, dessen Aug— führungen morgen werden im Wortlaut wiedergegeben werden. An der weiteren Debatte beteiligen sich bis zum Schluß de; Blattes die Abgg. Malkewitz (kons.), Dr. w Zentr) und Dr. 16 (nl.
Nr. 2 der ‚Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge- sundheitsamts“? vom 8. Januar hat folgenden Inbalt: Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. — Sierbefälle im November 1907. — Zeltweilige Maßregeln gegen Pest. — Detgl. gegen Cholera. — Gesundheitsstand in Christiania, 1906. — Mit. teilungen aus Britisch-Ostindien, 1906 — Gesetzgebung usw, (Deutsches Reich) Armneitare. — Anstickende Krankheiten im Eisen, bahnverkehr. — Maul und Klauenseuche. — (Italien.) Gesundheitt⸗ pflege. — (Luxemburg.) Kinderschutz. — Tierseuchen im Deutschen Reiche, 31. Dejember 1907. — Desgl. in Luxemburg, 3. Viertel jahr 1907. — Zeitweilige Maßregeln gegen Tierseuchen. (Preuß. Reg. Bezirk Gumbinnen, Allenstein; Bavern, Baden, Luxemburg.) — Ver handlungen. Vermischtes. (Deutsches Reich. Schlachtvieh⸗ und Fleischbeschan, 3. Vierteljahr 1997. — (Frankreich) Pest in Algier. — (Groß britannien Tätigkeit des Staatslaboratoriums, 1906s 07. — G'e— schenkliste. — Monatstabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, November 1907) — Deggl in größeren Städten des Auslandes. — Wochentabelle über die Sterbe— fälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Deggl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Kranken häusern deutscher Großstädte. — Dezal. in deutschen Stadt. und Landbezirken. — Witterung. — Beilage: Gerichtliche Eatscheidungen auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege (Heilmittel, Gift.)
Statistik und Volkswirtschaft.
Frequenz der deutschen Universitäten im Winter 1907/0.
An den 21 Universitäten des Reichs sind im laufenden Semester 46471 Studierende immatrikulieit, darunter 320 Damen; mit 5653 Hörern und Hörerinnen beträgt die Gesamtjahl der Be— sucher 52 124. Die Zahl der immatrikulierten Studenten ist gegenüber dem vorausgegangenen Sommerhalbjhr mit 46 655 um 184 zurückgegangen, gegenüber dem vorjährigen Winter semester mit 45 136 Studierenden liegt eine Steigerung um 1335 vor. Vergleicht man die Bsuchnnffern weiter iurüch— liegender Jahre (1902 36 000, 1895/96 29 000, 1877 17539 mit den neuesten, so zeigt sich deutlich der enorme Aufschwung des Universitätsstudiums in den letzten Dezennien, zu dem die Be— völkerungsdvermehrung nicht im gleichen Verhältnis steht. Hinsichtlich des Gesamtbesuchs der Universitäten ergibt das geg nwärtigt Semester infolge der anhaltenden Vermehrung der Zahl der außerordentlichen Hörer und Hörerinnen, besonders der letzterer, deren Zahl in jwei Jahren von 1769 auf 2500 stieg, eine Besuchssiffer — 52 124 —, die früher nie erreicht wurde und die det Vorjahres mit 50 345 um 1779 übersteigt. Von den eigentlichen, immatrikulierten Studierenden befinden sich an den 10 preußischen Universitäten jusammen 23 803 gegen 23 102 im Winter 1906607, an den 3 bayerischen 8383, an den 2 badischen 3490 und an den Übrigen 6 einzelstaatlichen Universitäten (einschließlich der reichs ländischen in Straßburg) 107895. ; ;
Wie die derzeitige Stundentenzahl auf die einzelnen Fakultäten bezw. Studienfächer sich verteilt und wie die auf die einzelnen Studienfächer entfallende Zahl binnen Jabresfrist sich verändert hat, zeigt die nachfolgende Darstellung. Es studieren zur Zeit: Philosopbie, Philologie oder Geschichte 11915 gegen 10985 im Winter 1805 07, Rechtswissenschaft 11 922 gegen 12 146, Medizin 7768 gegen 70868, Mathematik oder Naturwissenschaften 6188 gigen 6234, Kameral⸗ wissenschaft 1995 gegen 1910, Pharmazie 1574 gegen 1746, Zahnheilkunde 926 gegen S810. ogie 2235 Ros, katholische Theologie 1709 gegen 1708, Forstwissenschaft 13e gegen 151 und Tierheilkunde (nur in Gießen) 115 gegen 110. Dem— nach hat im letzten Jahre die schon seit einigen Semestern beobachtete er⸗ hebliche Zunahme der Zahl der Medijiner und Zahnärjtt sowie der Philologen angebalten, andererseits ergeben sich kei Juristen, Naturwissenschafrtlern bezw. Mathematikern und Pharmazeuten weiter geringere Abnahmen; bei den übrigen Fächern zeigen sich keine oder nur ganz geringe Aenderungen. ö
Den heutigen Besuchszahlen der einzelnen Universi— täten stellen wir noch, um die binsichtlich der Reibenfolge der Universitäten nach der Besucherzahl eingetre enen Verschie bungen dar, zustellen, die entisprechenden Zahlen des Winterbalbjahrs 19060
gegenüber: Wie auch vis jetzt n den Sommersemestern, flebt die n;
versität Berlin mit 8220 Studierenden (gegen 7741 im Vo jahre) an der Spitze; dann folgen München mit 5545 (9567), Leipiig mit 43 (4466), Bonn mit 3209 (3001, Halle mit 2237 (2207), Bretla⸗ mit 2071 (1956), Göttingen mit 1857 (186 8), Freiburg, mit 181 (1744), Straßburg mit 1709 (1652), Heidelberg mit 1676 (1605) Marburg mit 1670 (1443), Muaͤnster mit 1605 (1455 Tübingen mit 1578 (1522, Würiburg mit 1332 (1407) Jena mit 1375 (1275), Gießen mit 1144 (1037), Königsberz mit 1105 (112), Erlangen mit 10658 (Iobß), Kiel mij 1025 (895), Greifswald mit so3 (316) und juletzt, Rostock mi 648 (645). Demnach haben die erheblichen en n . die Marburg und Münster in diesem Winter erfahren baben, Tubingen, trotz seiner nicht unwesentlichen absoluten Zunahme, von der 11. Stu auf die 13. gedrängt, ebenso wurde Gießen von Königeberg überholt während im übrigen die Reibenfolge der Unive siläten unveränden blieb. Im Vorjabre befanden sich auf den preußischen Universitäten 51,180, der deutschen Studentenschaft, im laufenden Winterhalbjabre sind es 51,22 0/ , sodaß eine kleine relative Zunahmt für die preußischen Universitäten festzustellen ist.
Zur Arbeiterbewegung. .
In der deutschen Holjindustrie scheinen sich mische Arbeügehern und »ebmern bessere Verhältnifse anbabnen R wollen. Der drohende Streik in Stuftgart ist, wie die Bo] Ztg.‘ erfährt, auf dem Wege friedlicher Vereinbarungen vermiede⸗ worden. Die Verhandlungen des dortigen Arbest geberschutzver ban de unter Beteiligung des Obermeisters Rabardt, Zen tralvorsißzenden der Arbeitgeber, Berlin, mit der Arbeitnebmerkommission baben ju eintt Verständigung geführt Eine Arbeitnebmerversammlung hat . Abmachungen bereits zugestimmt. Dadurch sind die grledẽ ern, sichten in der Holzindustrie gestiegen, und die fast schon als geschti . geltende Zusammenkunft beider Zentraldorstände in Leipiig a 24. d. M. scheint gesichert zu sein. nie
In Crefeld ist, der Rb.⸗Weftf. gte zufolge, vor gef, Arbest von den Ausständigen und Ausgesperrten in allen Se i. stoffabriken in vollem Umfange wieder aufgenommen ö Insbesondere gilt das auch von den vier bekannten Krawatten il. webereien; nur bei der Firma Vönlingbaus u. Thyssen sind 2 * 5 nicht jurnckgekebrt. Wic verlaulet, haben diese während der Augstan jeit anderwärts Arbeit gefunden. (Vgl. Nr. 6 d. BI.)
evangelische Theologie 2225 gegen
folgt. Die
tinnen eingestellt.
Die Steinsetzergehilfen von Leipiig und Umgebung haben, wie die Lp. Ztg. mitteilt, einen neuen Tarif aufgeftellt, der hauptsächlich folgende Forderungen enthält: 81 stündige tägliche Arbeits jeit, 80 Mindeststundenlobn für Gehilfen, 70 3 für Hilfarbeiter, die beim Rammen mit Verwendung finden, 55 3 für alle übrigen Hilfsarbeiter, 50 bejw. 75 o Zuschlag auf Neberftunden.!, Nacht⸗ und Sonntagsarbeit, die aber nur in wirklich dringenden Fällen zulässig sein foll, Verbot jeder Aktordarbeit, Freigabe des 1. Mai. Dieser Tarif soll von Organi⸗ sation ju Organisation, also jwischen der Leiyiiger Ste msetzer⸗ Kreisinnung und der dortigen Ortsverwaltung des Steinsetzergehilfen⸗ verbandes abgeschlossen werden, nicht mit dem Gehilfenausschuß, und zwei Jahre Geltung baben. Wie in einer Versammlung der Gehilfen berichtet wurde, hat aber die Innung unter Berufung auf das Innungsstatut mit dem Gehilfenausschuß, nicht mit der Verbands leitung, verhandelt und dabei eine Erhöhung des jetzigen Stunden lohnes von 63 bis q6 8 auf 65 bis 70 8 für Steinsetzer und auf 50 83 für Rammer und noch weitere Zugeständnisse zugesagt, verschiedene andere Forderungen dagegen abgelehnt. Die Versammlung beschloß einstimmig, diese Zugeständnisse nicht an— junthmen, die Verhandlungen jwischen der Innung und dem Gesellen— ausschuß nicht anzuerkennen und auf der für die Gehilfenschaft grund- sätzlich wichtigsten Forderung der Anerkennung ihrer Organssation seitens der Prinzipalität bez. der Innung durch Verhandlungen mit der Verbande leitung mit aller Entschiedenbeit zu bestehen.
Aus Kairo wird der ‚Köln. Ztg.“ telegraphiert: Die Kohlen—⸗ arbeiter beharren, entgegen einer Agenturmeldung, weiter im Aus— stand. Sie haben als Zahlungsbedingung gestellt: 1ů50 Fr. für die Tonne eingeschiffter Koble und 75 Cis. für ausgeschiffte Kohle. 1400 Lastträger sind nach Hause zurückgelehrt. Die Kommissione⸗ firmen haben nach Malta und Indien um Ersatz telegraphiert. Man befürchtet allgemein bestige Ausschreitungen bei dessen Ankunft in Pord Said. Das arabische Dorf ist nach wie vor mit Polizei besetzt, obwobl noch keinerlei Ausschreitungen vorgekommen sind.
Die Arbeiterbewegung in Igquique ist, wie W. T. B.“ meldet, vollständig beendigt. Im ganjen Salpetergebiet und in den Häfen nehmen die Arbeiten ihren normalen Verlauf.
Wohlfahrtspflege.
Badeeinrichtungen in den Dienstgebäuden der Reichs post⸗ und Telegraphenverwaltung.
Auf dem Gebiete der allgemeinen Wohlfahrtspflege sind aus neuerer Zeit viele wesentliche Fortschritte ju verzeichnen. Die Er— kenntnis, daß es nicht nur wichtig ift, Krankbeiten zu bekämpfen, sondern ihnen durch gesunde und vernunftgemäße Lebensweise vorju—
beugen, hat zu zahlreichen Einrichtungen im Interesse der Gesund⸗
heitspfl'ge geführt. Unter den Forderungen der heutigen Gesund— beitslehre nimmt die der gehörigen Reinhaltung und sorgsamen Pflege des Körpers eine hervorragende Stelle ein. Ihr ent⸗ sprechen die Bestrebungen nach Herstellung jweckmäßig ein⸗ gerichteter und auch den minder bemittelten Klassen zugänglicher Bade gelegenheiten. Staatliche und Gemeidehörden, Wohlfahrtsgesellschaften und Privatpersonen wetteifern neuerdings darin, durch Schaffung der⸗ artiger Einrichtungen die allgemeine Gesundheitspflege zu unterstützen. Es sei auf die in vielen Orten eingerichteten Volksbadeanstalten, auf die erfolgreichen Bemühungen der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder“ und auf die teilweise mustergültigen Einrichtungen hingewiesen, die einzelne industrielle Großbetriebe (Schult zeißbrauerei in Berlin, Färberei von W Sxindler, Sindlersfeld bei Köpenick, usw.) für ihre Angeftellten haben herftellen lassen. Bei staatlichen Betrieben, in denen Arbeiter in größerer Zahl beschäftigt werden, wie bei den Eisenbahnwerkstätten, den Geschützgießereien den Werften, den Artillerie werkstätten usw., ist die Ausstattung der Arbeitsstellen mit Badeein—⸗ richtungen ebenfalls schon seit längerer Zeit üblich.
Auch die Reichspost,! und Telegraphenverwaltung, die sich die Förderung aller gesundheitlichen Maßnahmen besonders angelegen sein läßt, hat in den letzten Jahren vielen ihrer Angestellten die Segnungen bequemer und billiger Badegelegenheiten zuteil werden lassen, indem sie, namentlich bei Neubauten, in den Dienstgebäuden Badeeinrich⸗ tungen herstellen ließ. Der erste Versuch wurde, wie das „Archiv für Post und Telegraphle“ mitteilt, im Frübjahr 1398 in der Reicha⸗ druckerei in Berlin gemacht. Nachdem sich hierbei herausgestellt hatte, daß die Bäder von dem Personal außerordentlich stark benutzt wurden, entschloß sich die Reichspest⸗ und Telegraphenverwaltung, mit der Herstellung don Badeeinrichtungen weiter vorzugehen. Die ersten Postdienstgebäude, die mit einer derartigen Einrichtung aus- gestattet wurden, waren die Neubauten in Bromberg (Anfang 1899) und in Straßburg (Elsaß) (Mitte 1900). Infolge der auch bierbei gemachten günstigen Erfahrungen wurde die Herstellung weiterer Bade⸗ anstalten in den Posthäusern usw. mit Nachdruck gefördert.
Gegenwärtig sind in 21 Oberpostrirektionsbezitken an 28 Orten 41 Dienstgebäude der Reichspost-; und Telegraphenverwaltung mit e, ee. versehen. Eine Anzahl weiterer Anlagen befindet sich m Bau.
Die Regel bildet die Einrichtung von Brausebädern, während daneben besondere Wannenbäder nur in einzelnen Fällen versuchsweise hergestellt worden sind. Abweichend von der bei Volks, Kasernen, usw. Badeanlagen üblichen Bauweise, die Brausebad⸗ einrichtungen gemeinsam und offen anzulegen, werden in den Post⸗! und Telegraphendienstgebäuden die Brausebäder meist jur Einjelbenutzung eingerichtet und in getrennten Zellen nebeneinander angeordnet, deren jede außer der Brauseanlage auch einen als Kleiderablage dienenden kleinen Vorraum enthält. In Häusern mit Zentralheizungsanlagen sind die Badeeinrichtungen in der Regel an diese angeschloffen worden, sodaß die Wasserbebälter der Badeanlagen duich die Röhren der Heijanlagen erwärmt werden können. In einigen Gebäuden Berlins wird auch der Dampf der dem Rohrpostbetriebe dienenden Kessel jur Erwärmung des Badewassers nutzbar gemacht.
Die Gäamtjahl der zur Zeit in den 41 mit Badeeinrichtun gen versehenen D enstgebäuden vorhandenen Brausebadzellen beläuft sich auf 178; durchschnittlich entfallen mithin auf ein Gebäude 4 bis 5 Zellen. In 14 Gebäuden sind mehr als je 5 Zellen vorhanden. Die größte Zahl der in einem Posthause vorhandenen Zellen be⸗ trägt 12. Wannenbäder sind bei 3 Dienstgebäuden neben Brause— bädern eingerichtet worden.
Die Badeanlagen können in einigen Gebäuden nur von den Unterbeamten und Arbeitern sowie von den männlichen Beamten, in anderen Gebäuden auch von dem weiblichen Personale benutzt werden. Im allgemeinen beschtänkt sich die Benutzung auf das in dem Gebäude beschäftigte Personal. Vereinzelt sind indes die Badee nrichtungen auch dem Personal anderer am Orte befindlicher Verkehrean stalten, einschlleßlich der Bahnpostämter, zu⸗ gänglich gemacht worden. Soweit weibliche Personen in Betracht kommen, ist die Benutzung entweder so geregelt, daß an bestimmten Tagen oder in bestimmten Tagesstunden die Anlagen ausschließlich dem weib⸗ lichen Personale zur Verfügung stehen, oder in der Weise, daß eine bestimmte Zahl von Zellen, für die dann meistens auch ein besonderer Zugang beffeht, von vornherein ausschließlich dem weiblichen Personale vorbehalten wird. Bei größeren Anlagen tritt außerdem noch eine weitere Scheidung der Zellen nach solchen für Beamte und solchen für Unterbeamte und Arbenler ein.
Die Benutzung der Brausebadzellen ist den Unterbeamten und Liheitern unentgeltlich, den Beamten und Beamtinnen gegen eine Gebühr von 16 3 für jedes Bad gestattet. Für die Benutzung eines
annenbades werden von den Unterbeamten und den Arbeitern je 10 4, von den Beamten und Beamtinnen je 20 4 erhoben. Hand⸗ tuch und Seife ju den Bädern werden durchweg unentgeltlich verab⸗ Bedienung der Anlagen wird in den maeisten hen durch Unterbeamte nebenher besorgt. Bei den größeren nlagen sind dagegen für die Bedienung besondere männ⸗ liche oder well ie Personen als Badewärter oder ⸗waͤrte⸗ Wird für die Bedienung einer Bade⸗
anstalt mindestens eine volle Arbeitekraft verwendet, so rechnet die Anlage zu den sogenannten „Hilfebetrieben und unterliegt den äber diese erlaffenen besonderen Vorschriften. Ueberall, wo Bade⸗
anlagen in den Pienftgebäuden eingerichtet worden sind, baben sie sich Storungen für den
einer lebhaften Benutzung zu erfreuen gehabt. Betrieb haben sich nirgends ergeben.
gunft und Wissenschaft.
Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt unter dem Vorsitz ihres Sekretars Oerrn Walde ver am 12. Dezember eine Gesamtsitzung. Herr Biels las über den Schlüsset des Artemis tempels ju Lusoi (Arkadien. Im Bostoner Museum of ine arts befindet sich ein eherner Tempelschlüsfel, der sich durch seine Auf⸗ schrift als jugebörig zu dem berühmten Deiligtum der Artemis Hemera in Lusot bejeugt. Die linkaläufize Schrift weist etwa auf das 5. Jahrhundert v. Chr. — Dersel be überreichte einen Bericht über den Fortgang des Thesaurus linguas Latinas.
Die Akademie bat ihrem auswärtigen Mitglied, Herrn Leopold Delis le in Paris, der am 6. Dezember das Jubiläum feiner fünfniz— jährigen Zugehörigkeit jur Académie des Inseriptions et Belles- Lettres beging, eine Adresse gewidmet.
Vorgelegt wurden zwei Bände der Ergebnisse der Plankton— Expedition der Humboldt Stiftung: Die Rotatorien von C. Zelinka und der systematische Teil der Tintinnodeen von K. Brandt. Fiel und Leipzig 1507; ein Band - der Ausgabe der griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte: Eusebius Werke. Bd., Tl. 2. Leipzig 1908; O. Hertwig, Handbuch der vergleichenden und experimentellen Entwicklungslehre der Wirbeltiere. Bd. 2, T. 12 und Bd. 3. Tl. 1—3. Jena 1906. .
Die Atademie bat durch die vhilesophisch historis che Klasse dem Dr. Karl Erich GSleye in Charlottenburg zur Förde⸗ rung seiner Malalas. Studien 00 M bewilligt.
Die Akademie hat ihr Ehrenmitglied Seine Majestät den König Oskar II. von Schweden am 8. Dejember durch den Tod verloren. ;
In der am 19. Dejember unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Waldeyer abgehaltenen Sitzung der physikalisch⸗ mathematischen Klafse las Herr Martens über Umformung fester Körper unter allseitigem hohen Druck. Umformung von Glas konnte nur in sehr geringem Grade erzielt werden. Pulver von Steinsalz und Glas sowie Faserstoffe konn ten ju lückenloser fester Maße vereinigt werden, wobei Glas weiß blieb, während Steinsal; durch— scheinend wurde. Im Anschluß an Versuche von Auer (1855) wurden Fasern und andere Körper in Metalle unter hohem Druck eingepreßt. Unscharfe Eindrücke von Baumwollfasern in Zinn, Zink. Messing, Kupfer, Gisen erhielt man schon bei ganz geringen Belastungen; scharfe Abdrücke, bis zur Wiedergabe mikrostopischer Einzelbeiten der Oberfläche, erfolgen erst bei wesentlicher Ueberschreitung der Fließ⸗ grenze des Metalls. Auch durch Stoßwirkung kann bollkommene Umhüllung erfolgen, wenn die Stoßarbeit groß genug ist, um das Fließen des Metalls herbeijuführen. Unter Hinweis auf seine frühe ten Arbeiten und auf die Veröffentlichungen von Hart mann, Vogt u. a. legte der Vortragende eine, Samm— lung von Abbildungen von Fließfiguren (Ludersche Linien) vor, wie man sie nach Ueberanstrengungen an Eisenkörvern findet. — Herr Schottky machte eine Mitteilung über Be. ziehungen zwischen veränderlichen Größen, die auf gegebene Gebiete beschränkt sind. In den Ebenen der Va— tiabeln v und y seien zwei ein⸗ oder mehrfach zusammenhängende Gebiete A, B gegeben; gefordert wird eine analytische Beziebung zwischen T und y, vermöge deren der Puntt y gejwungen ist, im Gebiete B zu bleiben, wenn * auf das Gebiet A beschränkt wird, und umgekehrt. Zugleich soll v im Gebiete A eine reguläre, wenn auch pieldeutige Funktion von x, ebenso v in B eine reguläre von R sein. Aut diesen Bedingungen werden zuerst bestimmte Folgerungen ge— zogen; in der folgenden Mitteilung wird die analytische Darstellung der Beziehung (é 7) besprochen werden. — Herr Mertens, korrespondierendes Mitglied, übersandte eine Mitteilung über die evklischen Einheitsgleichungen von Primzahlgrad in dem Bereich der Quadratwurzel aus einer negativen Zahl. Die Lagrangeschen Resolventen, der cyklischen Einheits Jleichungen Aten Grades des Bereichs (MD), wo J eine ungerade Primjahl und D eine negative Zahl bezeichnen, werden auf die 12 Potenzprodukte Pw Qn 60 t, .. 11 berechnet.
In der an demselben Tage unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Vahlen abgehaltenen Sitzung der Fhilosophisch— kistorischen Klasse las Herr Harnack über Zwei Worte Jesu. In der sog. 6. Bitte des Vater ⸗Unsers (Matth. 6, 13 — Luk. II, 4) bedeutet das Wort ergacuss wahrscheinlich nicht tentatio“ im strengen Sinn, sondern aff lictio“ (punitiva vel set] tentativa). — Matth. 11, 12 f. (— Luk. 16, 16) ist nicht in schlimmem, sondern in gutem Sinn zu verstehen, bejeichnet das Reich Gottes als gegenwärtig kommend und charakterisiert im Unterschied von der mit dem Täufer abgeschloffenen Zeit die Gegenwart als die Cpoche, da das stürmisch hereinbrechende Reich (nur) von Stürmern ergriffen wird. Die Katastrophe des Täufers hat Jesus in seiner Aufgabe nicht erschüttert, sondern weiter geführt.
Vom Corpus Inseriptionum Etruscarum wurde vorgelegt Vol. II. sect. 1, fasc. IJ bearbeitet von O. A. Daniel sson, Leippig 1907.
Im Königlichen Kunstgewerbemuseum sind im vorderen Autstellunge saal für kurze Zeit die Entwürfe aus dem Wettbewerbe für ein Titelblatt der Zeitschrift Berliner Archltekturwelt“ ausgestellt.
Die gegenwärtige Ausstellung der Königlichen Akademie der Künste wird am nächsten Sonntag, nach einer Dauer von rund
zu machen. Der Eintrittspreis
Januar eröffnet werden soll, Platz Der Schluß erfolgt abends
wird für Sonntag auf 50 4 ermäßigt. 6 Uhr.
Die Gruppen der vier Tageszeiten auf der Brüblschen Terrasse in Dresden, das hervorragendste Werk von Johannes Schilling, haben sich in ihrer vergoldeten Sandsteinausführun als nicht wetterbeständig erwiesen und sollen nunmehr in . ausgeführt werden. Wie die Kunstchronik“ meldet, sind die ursprüng⸗ lichen Werke für einen öffentlichen Platz in Chemnitz bestimmt. Ferner hat die Stadt Dresden den Vorschlag des Künstlerz angenommen, das Schilling ⸗Museum mit den dort aufgestellten Gipzabgüssen anzukaufen, wenn der sächsische Staat dazu hö 000 M beitrage. Die Regierung will den Beitrag bewilligen, wenn das Museum als öffentliche Sammlung erhalten wird und auch plastisch Werke anderer sächsischer Künstler dort Aufstellung finden.
Ueber die Ju denkatakomben in Rom wird der. N. Fr. Pr.“ eschrieben: Die Katakomben der Juden, die sich nach der Zerstõrung erusalems an der Porta FCapena und in Trastevere in Rom an⸗
siedelten, liegen an der Via Appia, wo sie 1857 von dem Besitzer der darüberliegenden Weingärten entdeckt wurden. Ein kleiner Bruchteil ift nun dem Publikum zugänglich, während die weit größere Hälfte. noch, unerforscht, jum Teil sogar verschuͤttet st. Während die bekannten Gänge mit einem an der Wand hin⸗ laufenden Draht versehen gie. gestaltet sich die Erforschung der übrigen Teile noch zum Wagnis. Durch ein Vestibulum, den früheren Gebetgraum, steigt man in die feuchte Tiefe hinab.
In den Architra sind Inschriften, Sar kophagbruchftücke wahl⸗ los eingelassen. Sofort, wie man in die tote Stadt eintrstt,
„Das Andenken der Gerechten besteht in
Afrikas. 5 S
acht Wochen, geschlofsen werden, um einer andern Ausstellung, die Ende
fällt ein wesentlicher Unterschied gegen die ristli = komben auf — die Breite der Gänge. Wie in des ö 6 . Anlage in vulkanischen Tuff gehauen, die Gänge nebmen, ebenso wie bei den Christen, von einem Cömeterium shren Ausgang Auch sind die Kubikeln nicht so zahlreich wie bei den Christen, was sa in der geringeren Bevölkerung begründet liegt. Die Lecull sind meist mit weißgetünchten Ziegeln verschloffen, in denen Inschriften, Sgraffiti, auch kleine Marmortitel eingelaffen sind. Unter den Sy nbolen trifft man am häufigsten den Palmbaum, noch zfter den sieben⸗ armigen Leuchter, der bon Titus nach Rom gebracht und im Friedeng— tempel im Forum Pacis aufbewahrt wurde. Auffallend sst aller- dings, daß keine einzige Inschrift bebräisch, sondern alle griechisch sind. Die Form der Gräber ähnelt der der Christen nicht, ift fogar bewäßt und absichtlich anders gestaltet. Gebräuchlich ist die altsadifche Form der sogenannten Propheten. und Richtergräber, wenige Male nur sahen wir die Form der Cocim:, eine Vertiefung zwischen Wand und Fußboden. Neben den Namen der Verstorbenen fanden wir mitunter sehr merkwürdige Beischriften, wie ; B.: Im Frieden dein Schlaf-,, Sie lebte gut“, Unter den Gerechten, Dein S anf unter den Seligen“, „Die so frühe es nicht verdiente ju sterben“, 2 Segen“, Vater der Synagoge“. Unter den Verstorbenen fanden wir natätlich alle Be— rufgzweige, vom Spnagogenvorstand bis jum Arbeiter. Besonders auffallend war aber das Grah eines Malers mit Inschrift Eudorius (Sografos) ein sonst in Palaästina ganz ungewöhnlicher Beruf. An Symbolen fanden wir außer den bereits genannten noch den Lulab, die Zedernfrucht, Kubkopf, Widderhörner, . w. Dahnenkamm, Nuktionshorn, Mefser, sehr oft den Gesetzesschrein. Einige Kubikulen euthalten ganze Familiengräber mit jwanzig bis dreißig Angehörigen. In einem Grabe fanden wir laut Inschrift die Lesche eines dreijébrigen Kindes, dessen Beischrift, Vater der Synagoge“, als ein Erbtitel für spätere Funktionen aufzufassen ist. Die große Ueberraschung aber sind die Malereien, die man überall anders, nur nicht in Juzenkatakomben erwarten würds. Bekannt waren zwei solcher hemalter Cubicula, die neu entdeckten zwei find ganz gleich⸗ artig dekoriert. An der Decke befindet sich in der Mitte eine ge— flügelte Viktoria, die eine ganz jugendliche und unbeileidete Figur krönt, an den Wänden sind zwei Pegafuffe, zwei Pfauen, Hähne, Widder mit Hirtenstab dargestellt; ein anderes jeigt an der Decke eine Fortuna mit dem Füllhorn, springende Pferde, Genien, Vasen, Hippokampe. Diese Malereien scheinen aus dem dritten Jahrhandert zu stammen, haben auch keine direkte Beziehung zum Judentum, ob⸗ schon die dort Beigesetzten laut Jaschrift sicher Juden waren. Heidnische Gräber sind es also sicher nicht, die wir vor uns haben. Sind Ez vielleicht Proselvten, die da begraben wurden?“
Literatur.
. Das von dem Direktorialassistenten an dem Königlichen Museum für Völkerkunde in Berlin Dr. B. Ankermann herausgegebene Wert B. Parkinsogs „Dreißig Jahre in der Südsee“ liegt nun— mehr abgeschlossen vor. (Verlag von Strecker und Schiöder in Stuttgart; 14 , geb. 16 1) — Bei dem Erscheinen der einzelnen Lieferungen ist an dieser Stelle wiederholt darauf hingewiesen, daß es sich bei diesem Buche um die wertvolle Darstellung der Südseeinseln von seiten eines ausgejeichneten Kenners von Land und Leuten handelt und daß das reiche Material an Erfahrungen und Beobachtungen in einer anschaulichen und ansprechenden Form verarbeitet wurde. Das zudem reich und gut illustrierte Buch — es enthält 566 Tafeln, 141 Textbilder und 4 Uebersichtakarten — sei allen Kolonialfreunden und ⸗Jateressenten empfohlen. Auch der Forscher wird in ihm, namentlich was Aufjeichnungen über Sitten und Ge— bräuche der Eingeborenen anlangt, manche dankengwerte Angabe finden. . Der Jahrgang 1907 der an Verlage von G. A. Seemann in Leipzfig erscheinenden Sammlung Meister der Farbe“ liegt abgeschlossen vor. Auch die letzten Monatshefte bieten vieles Inter. essante und bestätigen den guten Ruf, den diese Publikation, sowohl was die Auswahl der Bilder als was die Güte ihrer Wiedergabe an= langt, besitzt. In den letzten sechs Lieferungen befi den sich u. a. Wiedergaben von Werken der Maler Mesdag, Leibl, Melchers, Klinger, Mensel, Puis de Chavannes, Gebhardt, Thoma, Diej, Greiner, Lenbach, Uhde u. a. Das Unternehmen wird im laufenden Jahre fortgesetzt werden und sei Allen empfohlen, die sich gern im Besitz einer Hausgalerie zeitgenössischer Meister sehen wollen. Es erscheinen jährlich 12 Hefte ju je 2 60
e neu erschienener Schriften, deren Besprechung vorbebalten bleibt. Einsendungen sind nur an die Redaktion, Wil helmstraße 32, ju richten. Rücksendung findet in keinem Falle statt.
Die Eisenbahnen Afrikas. Grundlagen und Ge— sichtspunkte für eine koloniale Eisenbabnpolitik in Afrika. Oktavformat, 160 Seiten mit zablreichen Karten und einer großen farbigen Karte über die Eisenbahnen und Wasserverkehristraßen Berlin W. 30. Neue Winterfeldstrt. 3a. Verlag Wilbelm Süsserott.
Das Wirtschaftsjahr 1905. Jahresbericht über den Wirt schafts⸗ und Arbeitsmarkt von Richard Calwer. II. Teil: Jahr—⸗ buch der Weltwirtschaft. 9 Æ; gebdn. 10 Æ Jena, Gustav
1908.
Fischer.
Taschenbuch für Südwestafrika. Herautzgeg. von Dr. Philalethes Kuhn und Kurd Schwabe. Gebdn. 3, 50 Leipzig, Wilhelm Weicher.
Deutscher Versicherungs-Kalender für das Jahr 1903 39. Jahrg. Gebdn. Groß Lichterfelde, Wallmanns Verlag. ö
Weihnachtsnummer der graphischen Monatsschrift Deutscher Buch- und Steindrucker. 2 6 Berlin W. 57 Dennewltzstr. 19. Verlag des Deutschen Buch. und Steindrucker.
Wandernde Melodien. Eine musikalische Studie von Wilbelm Tappert. 2. Aufl. Leipzig, Lift u. Francke.
Schüler-⸗Kalender für Schüler väöberer Lehranstalten für das Schuljahr 1907/1908. Herausgeg. von Dr. Adolf Sütterlin. 26. Jahrg. Gebdn. Lahr, Moritz Schauenburg.
Theater und Mufik.
Kleines Theater.
Die alte griechische Sage von Syges und seinem unsichtbar machenden Ringe hat die Dichter schon öfters ju einer dramatischen Verwertung des Stoffes gereizt. Neuerdings hat André Gide, ein französischer Poet, die Sage unter dem Titel »Der König Can— dauleg“ zu einem Drama in drei Aufzügen verarbeitet, das gestern in der Uebersetzung von Fran Blei hier seine erste Aufführung erlebte. Das Werk fand im ganzen eine freunzliche Aufnabme, da der erste und 3. Akt reich an bühnenwirksamen Effekten sind; nur der mittlere Aufzug ermüdete durch das ungebührliche Ausspinnen der heiklen Situation, die die tragische Wendung in dem Schicsal des glückgesegneten Königs Candaules herbeiführt. Gide zeigt sich sehr gewandt im Aufbau einer spannenden Handlung, doch bleibt d Wirkung eing rein äußerliche, und an Hebbels dramatische Größe, die sich an dem gleichen Stoff gemessen hat, reicht weder die dichterische Kraft noch das , des modernen Verfassers beran. Die Verschiedenheit in der Stoff behandlung tritt überall hervor, besonders aber in der Charakteristik der Königin. Hebbels keusche Königin stirbt an der Schmach, die ihr Candauleg durch die Entschleierung vor seinem unsichtbaren Freunde Gyges angetan hat; bei Gide, der sich übrigens nicht scheute, den erwähnten Vorgang auf die Bübne zu bringen, wandelt dir empörte Herrscherin aug demselben Grunde ihre schambafte Zurüd- haltung in laute Dreistigkeit, und das ernst angelegte Dramq endet, wie eine Satire, mit einem höhnenden Schlußwort. Ferner wollte