1908 / 10 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Jan 1908 18:00:01 GMT) scan diff

platz =- Alexanderstraße=Münzstraße = Kaiser Wilhelmstraße⸗= Schönhauser Tor -Schönhauser Allee (Bornholmer Straße) beabsichtigt, das Enteignungsrecht zur Entziehung und dauernden Beschränkung des für diese Fortsetzungslinie in Anspruch zu nehmenden Grundeigentums verleihen. Die ein⸗ gereichte Uebersichtskarte folgt anbei zurück. Cadinen, den 9. Oktober 190. Wilhelm R. Breitenbach.

An den Minister der öffentlichen Arbeiten.

Auf Ihren Bericht vom 21. Dezember 1907 will Ich dem Kreise Schmiegel im Regierungsbezirk Posen, welcher die Genehmigung zum Bau und Betriebe einer Kleinbahn von Wielichowo nach Rakwitz erhalten hat, das Enteignungz⸗ recht zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des für diese Anlage in Anspruch zu nehmenden Grundeigentums ver⸗ leihen. Die eingereichte Karte erfolgt zurück.

Neues Palais, den 30. Dezember 190.

Wilhelm R. Breitenbach. An den Minister der öffentlichen Arbeiten.

Auf Ihren Bericht vom 23. Dezember 8. J. will Ich dem Kreise Reichenbach im Regierungsbezirk Breslau, welcher den Bau einer Chaussee von Seherrswaldau über Olbersdorf und Prauß bis zur Kreischaussee Pilzen Lauterbach bei Nieder⸗ Langseifersdorf beschlossen hat, das Enteignungsrecht für die zur Ausführung dieses Baues erforderlichen Grundstuͤcke verleihen. Die eingereichte Karte folgt zurück.

Neues Palais, den 30. Dezember 1907.

Wilhelm k. Breitenbach. An den Minister der öffentlichen Arbeiten.

Finanzministerium. Königliche Generallotteriedirektion.

Bekanntmachung.

In Gemäßheit des Art. 1 des Staatsvertrages zwischen Preußen und Waldeck vom 22. April 1907 (Gefsetzsamml. 1968 S. I) ist fortan die Königlich Preußische Klassenlotterie auch in den Fürstentümern Waldeck und Pyrmont ausschließlich zugelassen.

Die Geschäfte der Generallotteriedirektion für das Gebiet der Fürstentümer habe ich in dem in meiner Bekanntmachung vom 1. April 1906 bezeichneten Umfange der Geschäftsstelle der Königlich Preußischen Generallotteriedirektion in Darmstadt übertragen.

Berlin, den 9. Januar 1908.

Der Präsident . der Königlich Preußischen Generallotteriedirektion. Dr. Strutz.

Ministerium des Innern.

Dem Landrat Dr. Freiherrn von Zedlitz und Ne u⸗ kürch ist das Landratsamt im Kreise Waldenburg übertragen

worden.

Ministerium der , ,. Unterrichts⸗ und

Medizinalangelegenheiten.

Dem Dozenten Dr. phil. Karl Déguisne in Frank— furt a. Main ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 13. Januar.

Seine Majestät der Kaiser und König besuchten, W. T. B.“ zufolge, vorgestern vormittag den Reichskanzler Fürsten von Bülow und hörten darauf im Königlichen Schlosse den Vortrag des Chefs des Marinekabinetts, Vizeadmirals von Müller. 6e vormittag sprachen Seine Majestã t bei dem Reichskanzler Fürsten von Bülow und dem Staats⸗ sekretär des Auswärtigen Amts von Schoen vor.

Der Ausschuß des Bundesrats für Handel und Verkehr sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen hielten heute Sitzungen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Das ungarische Abgeordnetenhaus hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, einen Ausschuß von 21 Mitgliedern zum Studium der Bankfrage gewählt, in dem Graf Theodor Batthyany zum Präsidenten und der Abg. Hollo zum Berichterstatter bestellt worden sind.

Frankreich.

Infolge der marokkanischen Ereignisse hat gestern beim Ministerpräsidenten eine Konferenz stattgef unden, an der der Kriegsminister, der Finanzminister und der französische Gesandte Regnault teilnahmen. Die Minister erörterten, „W. T. B.“ zufolge, eingehend die Lage sowie die etwaigen Schutzmaßnahmen, welche die Sicherheit der Europäer in Rabat und in allen jenen 1 erfordern könnten, in denen nach der Algeciras⸗

kte Frankreich die Polizei auszuüben hat. Der französische Vertreter in Rabat wurde telegraphisch um genaue Auskunft ersucht. Endgültige Beschlüsse werden erst nach dem Eintreffen dieser Auskünfte gefaßt werden.

Rußland.

Der Ministerrat hat, laut Meldung des „W. T. B.“, das provisorische Ausgabebudget für die Monate Januar,

Staatssekretãr des Reichsjustizamts Dr. Staatssekretãt beiwohnten, die in Brüssel am 16. Oktober 1997 mit Belgien und die in Rom am 9. November 1907 mit Italien abgeschlossene Uebereinkunft, betreffend den Schutz an Werken der Literatur und Kunst und an Photographien, zur ersten und eventuell zweiten Beratung. . . ;

Abg. Detto (nl) gab der Befriedigung über das Bemühen

der Reichsregierung Ausdruck, . gelegen sein läßt, auch den Schutz des geistigen Gigentumg zu

und Holland überhaupt noch kein solcher Vereinigten Staaten bestehe zwar ein Ueberemkommen, des Deutschen Verlegertageg unzulänglich. Solche Verhältnisse täten natürlich der ehrlichen Arbeit großen Schaden durch das Freibeutertum, das sich in solchen Ländern Es sei deshalb nur zu wüͤnschen, daß die Reichs. regierung mit jenem Staat in neue Verhandlungen eintrete.

Damit schloß die erste Beratung; in zweiter Lesung wurden die beiden Konventionen in ihren Einzelbestimmungen ohne Diskussion genehmigt.

(Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten überwies in der heutigen (9) Sitzung, welcher der Finanzminister Freiherr von Rheinbaben,

Hollweg,

Der Minister des Auswärtigen Tittoni hat vorgestern Nieberding

eine Depesche des Residenten der Kolonie Benadir erhalten, in der dieser, der Agenzia Stefani“ zufolge, berichtet, keine direkten Nachrichten über den Zwischenfall bei Lugh zu Durch einen besonderen Kundschafter habe er aber folgende Mitteilungen erhalten, die auch von einem Ver⸗ wundeten bestätigt würden, der an dem Zusammenstoß teil⸗ genommen habe: . Der Kampf zwischen den Askaris des Hauptmanns Bongiovanni und den Abessiniern habe am Morgen des 15. Dezember in Bagallei bei Bardabe stattgefunden, jebn Wegstunden von Buracaba. diesem Gefechte seien der Hauptmann Bongiovanni, zwei eingeborene Unteroffiziere und eine kleine Zahl Askaris getötet worden. T übrigen hätten in zwei Abteilungen den Rückzug angetreten, die eine nach Lugh, die andere mit dem Hauptmann Molinari nach einer Segre, der Vertreter der italienischen Kolonial

se ft, halte Lugh, wohin fünfzebn Aakaris sich zurückgezogen a a r, e ed e n ö. Burac ba versichert werde, nach Norden zurückgegangen. . 3. einem gestern in Rom eingetroffenen Telegramm des italienischen Ministerresidenten in Addis-Abeba an den Minister des Aeußern hat der Negus Menelik, wie das W. T. B.“ meldet, auf den formellen Protest der italienischen Regierung wegen des Zwischenfalles bei Lugh und auf die Forde— erklärt, daß er die Vorkommnisse, von denen er nichts gewußt habe, auf das tiefste bedauere. Er ver⸗ sichere die italienische Regierung von neuem seiner Freundschaft und Loyalität und sei bereit, volle Genugtuung zu gewähren. Die Verantwortung treffe allein die Häuptlinge, die auf eigene Faust und gegen seinen Willen gehandelt hätten und exem— plarisch bestraft werden sollten. werd ; nahmen treffen, um alle Abessinier, die sich noch bei Lugh oder im Hinterlande von Benadir befänden, zum Rückzug zu veranlassen.

es sich fortgesetzt an.

anderen Richtung. zu entwickeln pflege.

rung von Genugtuun Justizminister Beseler, öffentlichen Arbeiten Breitenbach, Minister des Innern von Moltke Uuterrichts⸗

beiwohnten,

Medizinalangelegenheiten

geistlichen, r allgemeine

Dr. Holle . r über den Staatshaushalt für das Etatsjahr 1904 und die Rechnung von den Verwaltungseinnahmen und ausgaben der Preußischen Zentralgenossenschaftskasse für 1904 i Uebersicht von den Staatseinnahmen und -⸗ausgaben für das Etatsjahr 1906 nebst der Uebersicht von den Verwaltungs— einnahmen und ⸗ausgaben der Preußischen Zentralgenossen⸗ schaftskasse für dasselbe Etatsjahr der Rechnungskommifsion und trat dann in die erste Beratung des Entwurfs des Staatshaushaltsetats

1908 ein. . Zunächst nahm der Minister der öffentlichen Arbeiten

Breitenbach das Wort, um mit Rücksicht auf die außer⸗ ordentliche Bedeutung des Etats der Eisenbahnverwaltung für gesamten Staatshaushalt e finanziellen Lage der preußischen Staatseisenbahnen zu geben. Seine Rede wird morgen im Wortlaut wiedergegeben werden. ch dem Minister sprach der Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch lfreikons.).

(Schluß des Blattes.)

Auch werde er sofort Maß—

In einer vorgestern stattgehabten Versammlung der Botschafter bei dem Doyen Freiherrn von Marschall wurde eine Kollektivnote vereinbart, die nach ihrer Unterzeichnu sofort der Pforte übergeben wurde. einer Meldung des „K. RK. Telegraphen⸗Korresponden bureaus“ kurz und entschieden erklärt, daß die Mächte an dem Verlangen bezüglich der Verlängerung der Mandate der Reform—

organe festhalten.

Rechnungsjahr In der Note ist na

Erläuterungen zur

Norwegen.

Die Storthingsession ist gestern eröffnet worden. 3 Präsidenten ist, high T. B.“ zufolge, der bisherige Präsident Berner, zum Vizepräsidenten der bisherige Vizepräsident Knudsen wiedergewählt worden. sitzung, an der auch der König heute statt.

Die feierliche Eröffnungs— teilnehmen

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Durchschnitsttspreise der wichtigsten Lebens- und Futtermittel im Monat Dezember 1907

betrugen in Preußen nach der „Stat. Korr.“ für 1000 kg: Weizen 212 (im . 1907 221, im Dejember 1906 172 M*, Roggen 1988 (203 beiw. 168) S, Gerste 170 (173 bejw. 1598) Æ, Hafer 167 (173 bezw. 160) , gelbe Erbfen zum Kochen 264 (263 beiw. 245) A, weiße Speisebobnen 308 (312 bew. 314) 4M, Linsen 569 (557 beiw. 580) M, Eßkartoffeln 618 (60,7 bezw. 52) , Richtstroh 53,2 u 72,5 (71,3 bezw. 52, 4) S6, Rindfleisch im im Kleinbandel für

arlament hat gestern eine nicht öffent⸗ liche Sitzung zur Besprechung der Beziehungen zwischen der Lage an der

Die Beziehungen

Das persisch e Regierung und Parlament und ae fh nf ffhen Grenze abgehalten. i zwischen der Regierung und dem Parlament sind, einer Ded ch 3 ir ng eren 66

friedigend. Au e poljtischen Klu eginnen sich wieder nefric g . ö! Erfüllung der vom Schah am Sie werfen olizei der Hauptstadt ihre Un⸗ rfolgung verschiedener Mordtaten vor und wünschen die Einrichtung einer Munizipalgarde und eines ständigen Nachtdienstes.

wieder un⸗

u rühren und verlangen . Dezember v. J. gegebenen Versprechungen. dem Gouverneur und der ezug auf die Ve

54 bezw. 48,8) M, He roßhandel 1252 (1267 beiw. 1298) M1; 1 Eg; Rindfleisch von der Keule 161 (1,62 beiw. 1.656) „, vom Bauche 1,37 (137 bew. 1.41) 66, Schweinefleisch 1,51 (l, 83 bezw. l, 8) *, Kalbfleisch 1,62 (1,64 bejw. l, 67) M, Hammelfleisch 155 (in den beiden Vergleichsmonaten 1,59) , inländischen geräucherten Speck 1L70 (1672 beiw. 1,84) M, Eßbutter 2,58 (2,58 bejw. 2,55) A, in⸗ laͤndisches Schweineschmalj 1,66 (1,57 bejw. 1B, 9) S6, Weienmebl zur Sveisebereitung 37 (38 bezw. 31) 3, Roggenmehl 33 (33 bezw. 27) , für 1 Schock Eier 5. 52 (H“. 2 bejw. 5. 560) . Die Preise der vier Getreidearten haben im Dezember v. J. Eine Uebersicht der Preisbewegung im verflossenen Jahre jeigt, daß im Durchschnitt der 23 bedeutendsten preußischen Märkte

tätigkeit in b

Wie offiziell bestätigt wird, ist der Sult an Ab dul Asis abgesetzt und Mulay Hafid am 4. d. M. in der Moschee von Fes zum Sultan proklamiert worden. ; der Absetzung Abdul Asis' ist, der „Agence Havas zufolge, altung gegenüber den Europäern und Frankreich. Abdul Asis wird beschuldigt, das Eindringen der Christen in das marokkanische Gebiet geduldet zu haben und mit ihnen wegen der Organisation der Polizei, die den marokka⸗ nischen Ueberlieferungen und Gebräuchen widerspreche, im Die Proklamation Mulay Hafids zum Sultan hat nach einer Versammlung der Vorsteher der Stadtteile von Fes stattgefunden. Die Schorfas (Theologen), Versammlung

unter Drohungen gezwungen, unterzeichnen.

Der Grund fast überall nachgegeben.

Weizen Roggen Ge 3 159 1

Einvernehmen zu stehen.

ferngeblieben r an Mulay Hafid ge—⸗ Proklamation stellt als Bedingungen: erstens Einstellung der Steuerzahlungen und zweitens Aufhebung jeglichen Verkehrs mit den Europäern, soweit dieser nicht durch Gebräuche und Verordnungen vor— Nachrichten aus Larrasch zufolge ist Mulay Hafid am 4. Januar auch in Mekines von der Bevölkerung und den Notabeln zum Sultan ausgerufen worden. Quelle zufolge ist der heilige Krieg erklärt worden. Nach einer Mitteilung, die El Mokxri einem Bericht⸗ erstatter durch seinen Dolmetscher hat machen lassen, dürften altung Europas und besonders dul Asis verträte die Sache der Zivilisation; er wolle die von Europa für nötig erachteten Reformen entsprechend dem Abkommen von Algeciras ver— Europa könne ihn nicht im Stich lassen. Der General d Amade hat, wie das W. T. B.“ meldet, am 9. d. M. die Kasbah Fedala, nördlich von Casablanca, besetzt und dann seinen Marsch nach Norden for

das auf halbem Wege nach Rabat liegende Meldung des Generals die Hälfte

September

reise der verschie denen Fieischforten fn während des Monats Dezember im allgemeinen in ihrer rückläufigen Bewegung verblieben.

Marl kosteten. Di⸗ P geschrieben sei.

Die jugendlichen Verbrecher in Preußen 1895 18905. Dem Tatorte nach wurden in Preußen wegen Berbrechen und Vergeben gegen die Reichsgesetze jugendliche, d. h. zur Zeit der Tat die Ereignisse von Fes die 12 bis unter 18 Jabre alte Personen rechtskräftig verurteilt“) Frankreichs nicht ändern.

wirklichen.

Liaute y

Geldstrafen 1 . hat der General den Rest der Strafen er⸗

lassen und' die Wiederaufnahme der Feldarheiten sowie den freien Marktverkehr mit dem Vorbehalt gestattet, daß im Falle der geringsten Feindseligkeit volle Zahlung gefordert Die Abnahme von Waffen und Munition

Im Zeitraume 1895/1905 hat sich hiernach die Zahl der ver⸗ urteilten Jugendlichen überhaupt um 17, v. H., 190005 um 8,3 v. H. und von 1804 auf 1905 um 3,1 v. H. ne. mehrt. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der wegen Verhrechen und Vergehen gegen die Reichsgesetze Verurteilten ist ven 92 Tausend teilen im Jahre 1895 auf 956 im Jahre 1905 gestiegen. B ö männlichen Jugendlichen war die Zunahme der Verurteilten viel be⸗ deutender als bei den weiblichen; die männlichen machten im 3 . 1835 83, im Jahre 1905 hingegen 85 vom Hundert aller jugendliche

erurteilten aus. . V Ein n,. r,, n von * . . ugendlichen erhält man, wenn die Zahlen vorstehender Ue . eimitielten Gefamtjahl der jugendlichen Straf⸗ estellt werden.

in den Jahren

werden würde. dauert indessen fort.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die vorgestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten un

In der

durch die Volkszählun mündigen gegenüberg

H). Vergl. Statistik des Deutschen Reichs, Kriminalstatistik ftr

Zweiten Beilage. eutigen 78. Sitzung des Reichstags,

1 und März 1908 im Betrage von 642 975 579 Rubeln estãtigt.

welcher der Staatssekretär des Innern Dr. von Bethmann die Jahre 1595 bis 1805.

Es wurden rechtskräftig verurteilt von je 100 000 jugendlichen

strafmũndigen , , , ẽnnlich tlic ũberhauy männlichen weiblichen

in der Propinz 1895 159 Maos 139736 oz 189! 1905 1905 Ostpreußen .. 764 735 751 1277 1257 1248 212 Westpreußen. 941 919 858 1581 1524 1427 311

Stadtkreis

Berlin... 1086 1045 959 1822 1736 18640 426

Brandenburg. 743 666 672 1195 1094 1132 234

659 684 1276 1103 1145 196

S854 762 1425 1462 1281 249

752 747 1337 1239 1243 266

. S804 700 1222 1315 1141 284

Schleswig

Holstein .. 407 499 745 635 793 Hannover... 569 514 971 964 853 Westfalen .. 555 607 753 g938 1029 Hessen⸗Nassau 540 535 1006 967 975 Rheinland.. 522 646 723 8587 1132 1262 Hohenzollern. 303 240 562 585 464

im Staate 693 6965 692 1145 1169 1167 213.

Hiernach hat sich im Gesamtstaate die Kriminalität der Jugend⸗ lichen ů berhaupt von 1855 auf 1990 etwas verschlechtert, von 1909 auf 1905 aber verbessert, und zwar so, daß sie im letzten Berichts⸗ jahre noch ein wenig geringer als im ersten war. Inzbefondere der Bruchteil der männlichen Verurteilten jugendlichen Alters hat sich, nachdem er 1895 1900 stark in die Höhe gegangen war, 1965 etwas vermindert, war aber in diesem Jahre noch erheblich größer als im Jahre 1895; dagegen ist die Kriminalitätsziffer der weiblichen Jugendlichen im Zeltraume 1895 1900 recht beträchtlich und auch von 1900 auf 1905 weiter, wennschon weniger bedeutend, gesunken. Auf die Bewegung der Kriminalität der Jugendlichen im letzten Jahrfünfte scheint das im Jahre 1901 in Kraft getreten? Gesetz über die Fürsorgeerziehung Minderjähriger vom 2. Juli 1305 wie auch die zunehmende Anwendung des bedingten Strafansschubz nicht ohne günstigen Einfluß gewesen zu sein.

In den östlichen Landesteilen findet man im allgemeinen höhere Krim nalitätsziffern der Jugendlichen als in den westlichen. Während sie aber in jenen in der Berichtszeit fast durchweg gesunken sind, ist in mehreren Gebieten des Westens, und jwar in Schleswig⸗ Holstein, Westfalen und Rbeinland, das Umgekehrte Ter Fall; namentlich unter den männlichen Jugendlichen der ũberwiegend induftriellen Provinjen Rheinland und Westfalen bat das Verbrecher⸗ tum stark zugenommen, sodaß die Rheinprobinz im Jahre 1905 die vierthöchste, im Jabre 1895 hingegen noch die diertletzte Ziffer aufwies. Anderseits ist in Schleswig. Holstein ungeachtet der er⸗ wähnten Häufigkeitgsteigerung die Kriminalität der Jugend? lichen männlichen Geschlechts nächst den Hohenzollernschen Qanden noch immer am geringsten in Preußen. Uceraus günstig war in Hohen⸗ zollern und Hessen ˖Nassau die ziffermäßige Bewegung der Ver— urteilungen weiblicher Jugendlichen. Bei weitem die größte Hãufig⸗ keit der verurteilten männkichen wie weiblichen Jugendlichen tritf in ber Berichtsieit in Berlin hervor; es folgen bei den mannlichen Jugend— lichen Westyreußen und Posen, bei den weiblichen seit 1900 West⸗ , , Sachsen) und sodann mit einander ziemlich gleichen Ziffern Sachsen (1895 Westpreußen) und Schlesien. (Stat. Korr.)

Zur Arbeiterbewegung.

Der frühere preußische Minister für Handel und Gewerbe, Staatsminister Freiherr von Berlepfch bat fich, wie hiesige Blätter melden, bereit erklärt, den Vorsitz in der am 37. Januar d. 8 Leipzig jusammentretenden Schlichtungskommisffion Y der Zentralvorstände des Arbeitgeberschutzperbandes und des deutschen Holzarbeiterverbandes übernehmen. Es handelt sich um die Erneuerung von 37 Tarifverträgen in ebensoviel Städten.

Die Patzenhofer Brauerei, Aktiengesellschaft, teilt mit, daß die der Post“ entnommene Meldung, betreffend die Arbeits“ einstellung der in ihrer Abteilung Spandau! mit der Eis- gewinnung beschäftigten Arbeiter (vgl. Nr. 7 D. Bl.) nicht zutrifft. Bie betreffenden Arbeiter erbalten' nach wie vor täglich 350 M und 11 Bier, sodaß also eine Lohnkürzung nicht eingetreten ist. Außerdem trägt die Abteilung Spandau noch die vollen Beitrã ge zur Kranken. und Invaliditätsversicherung, was umsomehr in Betracht 96 als die Eiegewinnung in Spandau teurer ist als in

erlin.

Die schon seit längerer Zeit in den Kreisen der bei den Leip⸗ ziger Rechts anwälten beschäftigten Schreiber und sonstigen Angestellten tätige Agitation jum Zwecke der Organifation die ser Berufe. und der Aufbesserung' ihrer wirtschaftlichen. Lage bat es. wie die „‚Lpz. Ztg“* berichtet, erreicht, daß die Anwaltgz⸗ gehilfen jetzt zum jwesten Male in eine Lohnbewegung einge— treten sind. Sie fordern hauptsächlich den Abschluß schrift⸗ licher Lehrvertrãge mit den Lehrlingen, in denen die Lehrjeit auf , . jwei und höchstens drei Jahre festgelegt werden soll.

eiter fordern sie für die Gehälter einen Mindest fatz' der nicht unter? boten werden darf. Dieser Mindestsatz beträgt monatlich 20, 30 und

40 für Lehrlinge im ersten, jweiten und dritten Lebrjabre, 50 bis 100 M für Gehilfen, 125 bis 150 0 fär Bureauvoꝛrsteher. Der Gehalt soll halhmongtlich ausgezahlt werden, die tägliche Arbeitszeit 8 Stunden nicht überschreiten, Ueberstundenarbeit mit einem ent⸗ vrechenden Zuschlag bezahlt, an den Sonnabenden die Bureauzeit früher geschlossen werden usw. Am morgigen Dienstagabend werden eee. ie rertnen Gegenstand einer großen öffentlichen Versamm⸗ ung sein.

Die Lohnbewegung, die seit Anfang dieses Jahres in der Stutt zarten. M öhelindusttie bestand, ist, der Köln. Jig. Jufolge, in friedlicher Weise beendigt und ein neuer Vertrag zwischen Arbeit- gebern und Arbeitnehmern abgeschlossen worden.

Die in Hamburg gepflogenen Einigungsverhandlungen jwischen den lokalorganisierten und den ientralorganisierten Bauarbeitern sind, wie .W. T. B.“ meldet, gescheitert. Eine Versammlung der lokalorganisierten Bauarbeiter hat die Einigungebedingungen des Ber⸗ liner Kongresses abgelehnt.

Kunst und Wissenschaft.

Pm Kupjerstichkabinett ist eine neue Ausstellung von Radierungen, Holischnitten und Lithographien eröffnet worden! Der große Führer des französischen Imprefsionismus Ezouard Manet ist mit einem farbigen Blatt, einen Pierrot darstellend, vertreten. Von ärrisre fiaden wir eine Reihe Porträts, die in weicher ver— schwommener Helligkeit aus tiefem Dunkel ungewiß hervorleuchten, von Steinlens Drucken ist befonders der ruhende Mãädchenakt ge⸗ lungen. Camille Pisarros Sohn Lucien, der in London Het, laßt in seinen farbigen Holzschnitten erkennen, was er von den Engländern, unter anderen bon Walter Crane und Beardtley, gelernt bat.“ Gin weiblicher Rückenakt von Fautni- La tbur, der erft in seiner Spãt⸗ kit sich mehr und mehr der Lithographie zuwandte, ist von großer artheit der Kontur und raffinierter Modellierung in den bellen Fh, Der Schwede Anders Zorn hat sein in der Nationalgalerte e adliches Bild „Maja radiert, Larsson schildert Szenen aus lehem Hause, die allerdings troden und nicht so geistreich wie die all— Fan nten Blätter aus dem köstlichen Werke bet Fem“ wirlen. e gert mglerisch sind die Farbdrucke von Carlos Grethe: chiffe im Regensturm, die sich durch schwere See mühsam durch⸗ beiten. ermann Gattiker firebt mehr nach einfacher, raum- FKomposition und großer Linie. Alle überflüssige berbannt, nur die charakteristischen Züge einer

heraus erreicht so einen vornehmen

. sind ein paar seltene, in

11 uktion erworbene Blätter ausgestellt. irg Orlikg sapanische Reiseerinnerungen, die als Farbdrucke in mem Max Lehrs zugeeigneten Album beteinigt sind, Dürden selbst

W. T &. zufolge, die Professoren von Wilam o witz. dorff⸗Berlin, Helm ert Potsdam und Lotz. München zu korre⸗ spondierenden Mitgliedern.

einem japanischen Künstler alle Ehre machen. Aub zwei neue Namen sinden wir unter der Reihe der bekannten Größen: Dlaf Lange und Adolf Schinnerer. Besonders der Letzter bat mehrere fraͤnkifche Landichaften radiert, Landstraßen, Brücken, Gehöfte, die in ihrer schlichten, sachlichen Vortragsweise wahr und echt deutsch wirken. Die Reise des jungen Tobias, ein Zyklus von Blättern von demselßen Käünstler, erinnert an Hans Thoma. Wenig Eindruck machen die Engländer; ein lleinlicher, fahriger Zug geht fast durch alle Blätter, der unheilvolle Einfluß Whistlers scheint nicht 93 . r. Sch .

.A. Der Gurlittsche Kunstsalon läßt in seiner neu— eröffneten Ausstellung drei Künftlerinnen ju Worte kommen. Alice Trübner aus Karlsrube gehört schon zu den bekannten Erscheinungen im Berliner Augtstellungsleben. Sie ist hier mit einer Anzahl ihrer farbentiefen, breit und kräftig beruntergemalten Stilleben und auch mit einigen Landschaften verkreten. Besonders in letzteren tritt die Wesensberwandtschafst ihrer Bilder mit denen ihres Gatten in gan; frappanter Weise zutage. Diese Verwandtschaft geht so weit, daß ein von dem Künstlerpaar gemeinsam ge⸗ maltes Bild wie aus einem Guß erscheint. Verschieden ist bei beiden die Wahl der Motive. Rur ausnahmsweise wird Alice Trühner durch irgend einen Naturausschnitt gefeffelt; was sie in Wahrheit interesstert, sind Farbenharmonien in den Innenrãumen, satte, gedämpfte Töne, die sie weich und mitunter wirklich mit er— lesenem Geschmack gegeneinander abjustimmen weiß, Stilleben von größter Einfachbeit des Arrangements, aber apart in dem Zusammen⸗ flang der Farbennuancen. Wilbelm Trübner seinerseits fleht diesen Reichtum an sanften und herrlichen Farben gerade in der Natur, in dem Kontrast von dunkelgrünem Laub gegen weichen, grauen Wolkenhimwel. Er ist zweifellos die ungleich selbständigere und zu⸗ gleich schöpferische Natur, aber Alice Trübner ist feine gelehrige, ver⸗ ständnisvolle Schülerin, die in dag, was sie von ihm gelernt hat, einen Ton von eigener Bedeutung zu bringen wußte. Charlotte Otzen hat gleichfalls eine gute Schulung binter sich, sie hat bei Arthur Kampf gelernt. Aber sie erscheint wobl selbständiger als Alice Trübner. Sie gebt nicht auf in der Art ihres Lehrers, abmt ibm nicht nach. Man fühlt in der sanften Klarheit ein eigenes, starkes Erleben, das nach besonderem Ausdruck ringt. Von schöner, ruhiger Wirkung sind die Raumverhältnisse ibrer Bildnisse. Sie gibt die darge⸗ stellten Persönlichkeiten in ihrem Milieu, ohne dies Milieu auf⸗ dringlich zu betonen. Es sschwingt nur mit in der feinen, leifen Charakteristik, die sie den Menschen zu geben weiß. Ihre Farben sind matt und jart und werden in ihrer milden Gesamtstimmung nicht oft von einem stärkeren Ton unterbrochen. Sie erinnert darin ein wenig an nordische Künstler, die auch dies leise Verschleiern er Dinge und Menschen lieben, von denen trotzdem ein ungewöhnlich starkes, lebbaftes Bild in uns zurückbleibt. Weniger glücklich wirkt neben diesen beiden Künstlerinnen die dritte, Bertha Scharfen⸗ berg⸗-Kalkhof, die in einer Reihe von Aqguaressen Heide⸗ stimmungen festzuhalten sucht. Das formlos Verschwommene dieser Blätter, in denen jede festere Zeichnung fehlt, läßt einfach irgend eine Art von Stimmung nicht auskommen, denn weich ineinander ver⸗ wischte, harmonische Farbentupfen können wohl für einen Augenblick das Auge befriedigen, dermögen aber keinen Stimmungsreij auszulösen. Von vielen dieser Aquarelle weiß man einfach nicht, was fie vorstellen sollen; man ist schon glücklich, wenn man eine Baumform oder eine Hügelkette zu unterscheiden vermag. Bei der zweifellos vorhandenen koloristischen Begabung der Malerin würde sie gewsß bei größerer Bestimmtheit der Zeichnung gute Wirkungen erjielen können.

Von Künstlern hat Pa ul Höniger eine Sammlung neuer Land— schaften ausgestellt. Auch Höniger ist in das Lager der Impressionisten übergegangen und streift sogar nabe an den Reoimpreffionismus in seinen neuen Bildern. Er malt in lichten Farbentupfen, fast aus⸗ schließlich in hellen Tonen, wie Gelb und Rot und lichtes Grün und Blau, Farben, die wunderbar zur Darstellung lichter Frühlingttage geeignet sind, aber als dauerndes Rezept für jede Naturstimmung an⸗ gewandt ermüden und unwahr wirken Was an den Bildern Hönigers aber anziebt, ist die klare und sichere Zeichnung, die Fefonders in den Baumgruppen und Verãstelungen der Zweige eine scharfe, gute Beobachtung verrät. Last not least ist ein großes Gemälde von Arnold Böcklin zu erwähnen, das aus Privatbesitß stammt und bisher wenigstens in Berlin wohl noch nicht zur Ausstellung kam. Es stellt die Malerei und Dichtung. dar, aber in einer anderen, als der bekannten Fassung.

Der Marmorbrunnen, an dem die beiden Gestalten stehen, ist nicht von einem Lorbeerhain umgeben, sondern von einer Säulenhalle aus dunkelrotem Marmor. Die Farben sind von feltener Pracht und Köstlichkeit, ganz berauschend in ihrer leuchtenden Tief⸗ un? Harmonie, während die Gestalten selbst ein längeres Ginleßen verlangen, ehe man eine gewisse Fremdheit ihnen gegenüber zu überwinden vermag.

Als Protektor der Deutschen Orientgesellschaft hatte

Seine Majestät der Kaiser und König Sein Erscheinen zu dem

gestern in der Singakademie veranstalteten Vortrage des Professors Dr. Eduard Meyer über Aegypten zur Zit der Pyra⸗ midenerbauer in Aussicht gestellt; mit Seiner Majestãt er— schien auch Ihre Majestät die Kaiferin. RNachbem er erste Vorsitzende, Staate sekretãt a. D. Hollmann und Herr James Simon die Maj stätẽn nach Ihrer Loge geleitet hatten, begann der Professor Dr. E. Meyer seinen durch jahlreiche Lichtbilder unterstätzhlnn Vöor— trag, in dem er ein anschauliches Bild über die alte ägyptische Kultur entwarf. Während die ersten Königsgräber einfach aus Holj und Nil⸗ schlamm hergestellt waren, wurde die ägyptische Kunst mit der Ver— schiebung des Reiches nach Memphis schon vornebmer, und man fsellte die Königsgräber aus Ziegeln her, später aus Stein. Während die ersten Königsgräber einfach den Namen des betreffenden Königs trugen, waren die Seitenwände der Grabportale der Königsgräber der späteren Dynastien neben Darstellungen über den Totenkulfus mit Dar- stellungen der Familie des Toten und mit Darstellungen aus dem Leben des Verstorbenen geschmückt. Mst dem Tode wurde der König unter die Firsterne am Himmel eingereibt und trat in die Macht des weltbeherrschenden Sonnengottes ein. Wie aus den verschiedenen Reliefs hervorgeht, hat die ägrptische Kunst die Aufgabe, den Menschen richtig zu zeichnen, niemals recht gelöst; dagegen haben die Künstler der v. Dynastie es verstanden, bas Leben der Könige und was den Jahalt ihres Lebens ausmachte, vollständig auf. den Grabtafeln zu verzeichnen, was der Vortragende auf mehreren Reliefs deranschaulichte. Besonderes Interesse zeigte sich bei den Vorführungen der großartigen Tempelanlagen jur Zeit der V.. Dynastie, wo der Sonnenkult in hober Blüt? stand. Mit der Umwandlung der religiösen Ideen der alten Aegvpter hielt der Wandel auf sittlichem Gebiete und in der Architektur gleichen Schritt. Der Vortragende hofft, daß aug der Zeit der V. Bynaftie auch mehrere schöne Stücke im hiesigen Museum werden aufgestellt werden können; vorläußg konnte er die reichen Schätze der letzten Aus⸗ grabungen nur im Bilde vorführen. Mit der Zeit der VI. Bynaftie trat dann eine Zeit des Verfalls ein, aus der nur wenig Denkmäler erhalten geblieben sind. Der Redner floß mit dem Wunsche, daß ss der Deutschen Qrientgesellschaft beschleden sein möge, auch in Zu⸗ 2 wie bisher Bausteine zur Geschichte der alten Rultur sammeln zu können.

Die Akademie der Wissenschaften in St. 6 wãhlte, oellen⸗

Theater und Musik.

Königliches Opernhaus. Am Sonnabend sang in der Aufführung des Siegfried Herr

Billy Buers als Gast den Wotan. So gut sein? Leistung im ganien war, so entsprach sie stimmlich nicht ganz den Erwartungen, die man von der Wirksamkeit des Künstlerg an der Komischen Oper her

stand. Um 6 Uhr war Seine Mases bobeit dem Großherjog am Bahnhof empfangen, in der sestlich geschmückten Stadt eingetroffen. Üm 75 Uhr begann im Sofiheater die Ersfinungsvorstellung. Das von Pro⸗ fessor Littmann München erbaute Haus, das weiter unten näher beschrieben wird, lehnt sich in seinen äußeren Formen an das alte Theater an, im Innern ist es geräumig, einfach und würdig, im Stil antikisierend in Weiß und Gold auf blatt⸗ grünem Grund gehalten. Dag sehr steil anfteigende Parkett war, wie W. T. B. berichtet, mit geladenen Herren besetzt, beide Ränge mit Damen und höheren Wärdenträgern in glänjenden Zivil- und Hilitäar— uniformen. Geladen waren über 10090 Personen, Darunter außer den Herren und Damen der Umgebungen und des Gefolgez der anwesenden Fürstlich leiten, der Staatgminister Rothe, die Spitzen der Behörden, der preußische Gesandte Graf von Wedel, die Gefsandten Sachsens, Rußlands, Hollands, der Bundegratsbevoll maͤchtigte Dr. Rebe, der Reltor der Unibersitéat Jena, der Dberbürgermeister Von? Weimar, die Generalitãt, das Offinierkorps, die Generalintendanten, Inten⸗ Ranten und Direktoren aller bedeutenderen deutschen? Bühnen, Schriftsteller, Komponisten, Schauspieler, Sänger, Vertreter der

bofmarscha Vignau geleiteten Seine Maje tät den Kaiser, Seine König—

zu hegen berechtigt war. Seine dort überaus kraftvoll erscheinende Stimme hatte hier Mühe, sich gegen das Orche ter zu bebaupten. Vielleicht lag das aber weniger an einer Schwäche des Organs, an die man nicht recht glauben mag, als an der mangelnden Vertrautheit des Künstlers mit der Akustik des Hauses. Die Brünnbhilde sang ebenfalls ein Gast, Fräulein Melanie Kurt vom Hoftheater in Braunschweig, die bereits in der Walküre mitgewirkt Fatte Gin? gut geschulte, schöne, ergiebige Stimme und eine der Rolle entfprechende? Gestatl lassen sie für diese Aufgabe als wobl geeignet erscheinen; nur wirkt die junge Künstlerin als Persönlichkeit noch nicht bedeutungsvoll genug, und daher gebrach ez ihrer Leistung on ergreifendem Ausdruck und siegbafter Kraft. Die Besetzung der anderen Rollen war die be— kannte; besonders ieichneten sich die Herren Kraus und Licban, die gesanßlich und darstellerisch besonders gut aufgelegt waren, als Sieg fried beiw. Mime aus. Mit ibnen wurde am Schluß auch der treffliche musikalische Leiter des Werks, der Kapellmessser Blech, ver— dientermaßen mehrfach hervorgerufen.

Lessingtheater.

Ger bard Hauptmanns neues Werk: Kaiser Karls Geisel,, ein Legendenspiel in vier Akten, fand bei seiner Erstauffũührung am Sonnabend im Lessingtheater eine geleilte Aufnabme; der sehr fübl⸗ bare Mangel an dramatischem Gehalt, die epische Breite und die Wiederholung gleichartiger Sjenen waren die Ursache, daß dem Stücke, das un jweitelhaft manche vpoetische Schönheit aufweist, der volle Bühnenerfolg versagt blieb. Die Gestast Karls dez Großen stebht im Mittelpunkt der Handlung. Hauptmann wählte für seine sich frei auf dem Gebiet des Märchens bewegende Dichtung mit Bedacht wohl gerade diesen Helden, weil er die suggestive Kraft, die der Name allein ausübt, brauchte, um feinen mit allen Herrschertugenden aus⸗ gestalteten Königlichen Greis von vornherein als mächtige, Ehrfurcht ge⸗ bietende Persönlichkeit hinzustellen. Nicht den geschichtlichen Kaiser Tarl wollte er zeichnen, sondern den gewalligen Recken, wie er im Volkabewußtsein fortlebt und um den die Sage schon manche Fäden gesponnen hat. Diesem wird eines Tages in seiner Kaiserpfal zu Aachen ein Sachsenmädchen, Gerfuind mit Namen, vorgeführt, das er als Geisel nach der Niederwerfung eines Aufstandes einst jurũck⸗ behalten und einem Kloster zur Erziehung überwiesen hatte. Die Klosterfrauen können mit dem Wildling. der *in angeborenem Freiheits.˖ drang ihnen immer wieder entschlüpft, nichts ausrichten. Der Kaiser aber, der Gefallen an der Maid findet, schenkt den Berichten über ibr⸗ Verderbtheit keinen Glauben, läßt ihr vielmehr ein Gemach im Schlosse anweisen, um sie sortan unter seiner Obhut erziehen zu laffen. Aber Kari täuscht sich sowohl in dem Mädchen wie in sich selbst. Gersuind ist trotz ihrer Jugend und ihres bolden, unschüldvollen Äntlises ein Wesen, dem jegliches sittliche Bewußtsein fehlt, das sich jedem ge,, an den Hals wirft, der ihm in den Weg kommt; und Karls Gefühle für sie sind keines wegs väterlicher Art, sondern echte und rechte Verkiebt⸗ heit eines sich in ihm an der Schwelle des Alters regenden Johannis triebes. Dennoch will er sich's ebensowenig eingestehen, wie er an Gersuinds Verfeblungen, die ihm immer wieder 31 Shren kommen, glauben mag. Erst da ihre Schande offenkundig und zum öffent⸗ lichen Aergernis wird, erft da er aus dem Munde seines Fanzlers, der ihm die Vernachlässigung dringender Staats geschaͤfte vorwirft, vernimmt, daß Gersuind sich bei nächtlichem Gelage schamlos mit nie dern Knechten vergangen habe, verweift er sie des Schlosses. Der Schlußakt bleibt etwas dunkel. Im Kloster, wo sie Zuflucht suchte, sehen wir Gersuind als Sterbende wieder. Wir erfahren, daß der Zorn Kaiser Karls ihren Sinn gewandt babe, Und Andeutungen von einem Trank, den ein alter Mann ihr gereicht, lassen ahnen, daß der Kanzler auf seine Weise Voꝛrsehung splelte, um die Urfache des allgemeinen Volksunwilleng, die Hexe, die den Kaiser umgarnt, hinwegzurãumen. Karl, dem Gersuind immer noch im Sinn liegt, betritt das Kloster in dem Augenblick, da die Schwestern die Tote in der Kapelle aufzubahren fich anschicken, nimmt rührenden Abschied von der letzten Liebe feincs Tebenz und gelobt, fortan sich nur dem Wohle des Reichs, das er, kurze Zeit trãumend, vernachläͤssigt, zu widmen. Schon aus der Inhaltsangabe geht hervor, daß der Stoff, ju dem Hauptmann durch eine mittelalterliche Rovelle angeregt wurde, dem Bühnendichter keine Handhabe zur Ausgestaltung eines dramatischen Konflikts bietet. Dafür kann die sorgsam gewählte Vers. sprache, die Hauptmann hier anwendet, auf der Bühne wenigstens, nicht entschädigen; es bleibt ein Epos in Dialogform und wäre besser überhaupt als poetische Erzählung kebandelt worden. In der Aufführung, die dem Auge viel Schönes darbot, wirkten ausnahmslos tüchtige Darsteller mit. Herr Mart war ein stattlicher Raifer Kars, kraftrest und männlich im Auftreten, nur in der Sprache zuweilen gar zu un⸗ deutlich. Die Gersuind Fräulein Orloffs war iwar äußerlich die zier⸗ liche Mädchenblume, die die Dichtung erfordert, an das Dämonische dieses Rätselwesens konnte sie aber nicht recht glauben machen. Reicher war ein eifriger und eindrucksvoller Kanzler, Kurt Stieler ein gewandter Würdenträger der Umgebung Karls, und Oskar Sauers abgellärte Art bewährte sich in der Rolle eines weisen Freundes und Beraters des Kaisers. Schlicht und herilich gaben Mathilde Sussin und Ella Gabri jwei Klosterfrauen. Die Wirkung des Weiks auf

2

die Zuschauer, unter denen bervorragende Vertreter aller schönen Künste zahlreich zugegen waren, wurde schon eingangs gekennzeichnet.

„Im Königlichen Opernbguse geht morgen, Dienstag, als dritter Tag des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen“, Götterdämmerung“ in Szene. (Anfang 6 Uhr.) Dirigent ist der

Kapellmeister Blech. Den Siegfried singt Herr Kraus, die Brünnbilde Fräulein Melanie Kurt vom Herzoglichen Hoftheater in Braunschweig als Gast, den Gunther Herr Cornelius Bronsgeest vom Stadttheater in Hamburg als Gast, die Gutrune Fräulein Ekeblad, den Hagen Derr Griswold, die Waltraute Frau. Goetze, den Alberich Herr Krasa, die Nornen und Rheintöchter: die Damen Herjog, Rothauser, von Scheele Müller und Ober.

Im Königlichen Schauspielbause wird morgen „Die Braut

don Messing; von Schiller, mit den Herren Sommerstorff, Staege⸗ mann, Eggeling, Kraußneck, Geisendörfer und den Damen Lindner Und Steinsieck in den Hauptrollen, aufgeführt.

In Weimar fand am Sonnabend in Anwesenheit Seiner

Majestät des Kaisers die feierliche Eröffnung des neuen Hoftbeaters statt, das sich an der Stelle erhebt, wo das alte, an die künstlerische Blütejeit Weimars gemahnende, schlichte Bãbnenbaus

8

tät, von Seiner Königlichen

tesse, dag. Präsidium der deutschen. Bübnengenossenschaft, deren hrenmitglieder, die Vorstände der Goethe Gesellschaft, der Shake speare⸗

Gesellschaft, der Schillerstiftung fowie die Ehrenmitglieder des hiesigen Hoftheaters.

Unter nr, , betrat der Hof das Theater. Der Ober- Freiherr von Fritsch und der Generalintendant von