gramm der Regierung nichts geändert habe, und dann, „W. T. B.“ zufolge, ausführte: Ohne dem Ergebnis der Arbeit der Kolonialkommission vorzu⸗ fen, könne man feststellen, daß die Prüfung der Dokumente und nlagen zu dem den Vertrag, betreffend les g, des Congo⸗ ftaats, billigenden Gesetzentwurf die Erwartungen beiüglich der materiellen Entwicklung der zukünftigen Kolonie bestätigt, vielleicht sogar übertroffen habe. Gewisse Punkte bedurften vielleicht noch einer näheren Beleuchtung; aber der Wert des im Gongo vollbrachten Werkes sei unbestreitbar, denn die Nation in ihrer großen Mehrheit wünsche die Angliederung des Congostaats, und der Gedanke, daß der Congo Belgien zugehöre, sei in der Masse d ausgeprägt, daß sie dem Wm schon deshalb den Namen Belgisch⸗ Congo beigelegt habe. Wahr sei allerdings, daß die Bestim⸗ mungen im Angliederungs vertrag bei vielen, selbst bei kolonialpolitisch durchaus ergebenen Bürgern gewisse Bedenken erregt hätten. Die auf⸗ merksame Prüfung der Frage werde erweisen, bis zu welchem Punkte die erhobenen Einwände begründet seien und ob ihnen nicht durch gewisse neue Abmachungen Rechnung getragen werden könnte. Die Reglerung wünsche auf das lebhafteste, daß bei der Prüfung dieser großen patriotischen gr e keine anderen Gedanken mitsprächen als solche für das Wohl un 9. Wohlfahrt des Mutterlandes, der Kolonie und der eingeborenen Bevölkerung, und sie appelliere an die Mitarbeit Aller.
Türkei.
Der Pforte sind von den diplomatischen Missionen der Schiffahrt treibenden Länder gleichlautende Noten überreicht worden, die, wie das W. T. B.“ meldet, das in der letzten Note
estellte Verlangen wiederholen, die seit dem Kriege mit Griechen⸗ and im Jahre 1897 verbotene nächtliche Durchfahrt der ostschiffe durch die Dardanellen wieder zu gestatten. rüheren unrichtigen Kommentaren , n. sei festgestellt, daß hierdurch die Meerengenfrage nicht berührt werde, und daß es sich nur um Handelserleichterungen handele, die auf Ver⸗ trägen basieren.
A sien.
Das persische Parlament bewilligte, nach einer Meldung der St. i,, Telegraphenagentur, als Gegenleistung für die Zugeständnisse des Schahs die Unterdrückung einiger Zeitungen zur Strafe für ihre den Schah beleidigenden Aeußerungen. Den Extremen wurde verboten, in den Moscheen Reden zu halten, und die 6 des Schahs wurde um 300 Rbl. erhöht. Die
bgeordneten senden nach allen Provinzen Depeschen über die endgültige Aussöhnung. ; .
Wie aus Tokio dem, W. T. B.“ gemeldet wird, sind der Finanzminister Sakatani und der Berke en Yamagata aus dem Kabinett ausgeschieden. Auch der Minister— präsident Marquis Salonji hat seine Demission angeboten, die aber abgelehnt worden ist.
Afrika. Nach Depeschen des Admirals ,, und des n, Geschäftsträgers in Tanger Grafen von Sainte⸗ ulaire herrscht in sämtlichen Hafenplätzen voll⸗ Die Nachricht von der Proklamation afids zum Sultan auch in Larrasch bestätige sich ie Stimmung der Bevölkerung in Rabat 9 be⸗
kommene Ruhe. Mulay nicht.
, .
er General Lyautey meldet, ‚W. T. B.“ zufolge, daß eine Truppenabteilung dem Teil der Beni Mengusch, der im Norden des Gebiets der Beni Snassen wohnt, vorgestern das Vieh weggenommen habe, weil er die ihm auferlegte Straf⸗ summe nicht bezahlt habe. .
Einem Funkentelegramm zufolge ist die Kasbah Berreched vorgestern mittag von den französischen Truppen ohne Schwertstreich bes 29 worden. Der Stamm der Ulad 23 habe sich beeilt, um Verzeihung zu bitten; in der Gegend
n vollständige Ruhe.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die estrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen 80. Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. von Bethmann Holl weg und der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding beiwohnten, wurde die , ,,, der Interpellation des Grafen Kanitz u. Gen. (ökons) über die Höhe des Bank— dis konts fort eset,
Abg. Dr. Mayer Kaufbeuren (Zentr.): Das Zentrum glaubt mit dem neuen Reichsbankpräsidenten, daß die gegenwärtige ab⸗ norme Höhe des Bankdiskonts mit der Währungsfrage so gut wie nichts ju tun habe, daß die Währungsfrage eine Frage für sich sei. Noch weniger hat die Schutzzollpolitik etwas damit zu tun. Diese ist eine sichere Grundlage der gedeihlichen Entwicklung nicht nur der Landwirtschaft, sondern auch der Industrie. Die gegenwärtige Krise hat ihren Grund vielmehr in dem überspannten Kreditbedürfnis. Die industrielle Entwicklung hat in dem letzten Dezennium ein ungeahnt schnelles Tempo eingeschlagen und den Geldmarkt in hohem Grade in Anspruch genommen. Es sind in diesem Zusammenhange auch die Kommunen erwähnt worden. Ganz jweisellos haben sich in den letzten Zeiten die Kommunen vielfach an eine Finamwirtschaft gewöhnt, die von dem Mittel der Anleihe in stärkerem Maße Gebrauch machte als früher, und es wird immerhin angezeigt sein, daß . zu etwas mehr haus⸗ hälterischer Finanzgebarung zurückkehren. In if fn Umfange wird der Krisig durch die Vermehrung des Silbergeldes abjuhelfen sein, wir werden daher der Erhöhung der Kopfquote von 12 auf 20 M nicht entgegen sein. Die zu veranstaltende Enquete muß sich auch die Ergründung der Möglichkeit angelegen sein lassen, den Kurs der Staatspapiere wieder auf eine angemessenere Höhe zu bringen. Ueber die Frage, ob wir eine aktive oder assive Handelsbilanz haben, sind die Ansichten bekanntlich ehr verschieden. In der Förderung des Absatzes nach außen liegt gewiß ein Moment der wirtschaftlichen Gesundung, aber nie darf diese Förderung auf Kosten der inländischen Industrie erfolgen. Der Abg. von Gamp hat den verbündeten Regierungen ein videant gonsules! zugerufen; hoffentlich verstehen die Angerufenen diese Worte richtig. Die e,, , . für unsern Geldmarkt liegt für die nächste Zeit in dem Anleihebedürfnis des Reichs und der Einzel⸗ staaten. Auch der Reichgtag muß sich diese . gesagt sein lassen; wenn Ausgaben bewilligt werden, die nicht absolut notwendig . wird er die bestehenden Schwierigkeiten nicht vermindern, sondern eigern.
(Schluß des Blattes.)
. Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (11) Sitzung, welcher er Fra mn fer Freiherr ven Rheinbab en, der Justizminister Sr. Beseler, der Minister der öffentlichen Arbeiten Breitenbach, der Mlnister ür Landwirtschaft. Domänen und Forsten von Arnim und er Minister des Innern von Moltke beiwohnten, die erste
Beratung des Entwurfs des Staatshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1908 fort. ;
Abg. Dr. g le *. Vgg.): Der Finanzminister meinte, die Wahlrechtsfrage stehe nur in losem Zusammenhang mit dem Etat; aber er wird zugeben . sie die e Situation beherrscht. Darum haben die meiften edner sie berührt. Fürst Bülow wollte mit seiner im Staatsministerium festgelegten Erklärung eine Aus. sicht auf Reform eröffnen, aber mit der Richtung der Reform sich die Hand nicht binden. War diese Zurückhaltung wirklich ein Gebot der Staatsklugheit, war diese Uebertragung der Gewohn⸗ heiten des diplomatischen Dienstes auf die innere Politik erechtfertigt? Diese Politik à deux mains, nach der einen Seite i. nach der anderen Seite nicht Befürchtungen zu erwecken,
ist hier nicht richtig. Warum hat Fürst Bülow die geheime Wahl
von der Reform ausgeschlossen, warum hat er hier einen Riegel vor⸗ eschoben? Der Reichskanzler hat sich mit dem Ministerpräsidenten n Widerspruch gesetzt, dieser hat jenen verleugnet; er selbst hat ja im Reichstage das Geseß eingebracht, das die Wahl no geheimer machte. Die geheime Wahl würde dem preußischen e n, den schlimmsten Stachel nehmen, denn jetzt ist ein freies Wahlrecht überhaupt nicht möglich. Das ist ein schwerer Fehler. Wir werden um so energischer auf die Beseitigung des Unrechts dringen, namentlich bei den nächsten Wahlen. Es wäre interesant gewesen, wenn Herr erold uns mitgeteilt hätte, welche und wieviele Mitglieder des entrums gegen die Uebertragung des Reichstagswahlrechts auf reußen sind; es soll ja Unstimmigkeiten in dieser Beziehung im Wer, wie Herr Malkewitz, außerhalb dieses Hauses rage in Verbindung mit der Sozialdemokratie brächte, würde sich der bewußten Unwahrheit schuldig machen. Wir verurteilen die Straßendemonstrationen. Tatsäͤchlich ist dadurch nur ein Schaden entstanden; die konservativen Zeitungen bringen heute eine Antwort auf diele Demonstratlonen, wonach diese den Reichskanzler nur in seiner Haltung bestärken könnten und dieses Ver⸗ halten des Pöbels die Reform nur aufhalten könne. Dag ist die Quittung auf die Straßendemonstrationen. Wir nehmen unsere Haltung ohne Rücksicht auf Personen ein, lediglich nach sachlichen Mottben; niemand von ung faßt die Blodpolitik so auf, daß wir Opfer unserer Ueberjeugungen und Grundsätze bringen müßten. Rückschritte machen wir nicht mit. Ein Vereinsgesetz, das Bewegungs⸗ freiheit gibt, nehmen wir an. Auch beim Gesetz über die Majestätg⸗ beleldigungen kommen für uns nur fachliche Gründe der Zweck mäßigkeit in Betracht. Ebenso entscheiden wir über die Flnanz⸗ reform nur nach inneren Gründen. Die Belastung der Massen muß durch eine Belastung des Besitzes ihre Korrektur erfahren. Wir erkennen nicht an, Ff dem Reich nur die indirekten Steuern, den Einzelstaaten allein die direkten Steuern gebühren. Da steht nirgends geschrieben, bei der Beratung der Reichsverfassung ist diese Verteilung ausdrücklich ausgeschlofsen worden. Die Reichs⸗ erbschaftssteuer ist auch nur eine verschleierte direkte Steuer. Zum Etat hat Herr Friedberg gewünscht, ihn so glänzend wie möglich 6 gestalten. Wir warten die Vorschläge der Nationalliberalen in dieser Hinsicht ab. Die Ursachen des hohen Geldstandes hat der Herr Staatssekretär von Bethmann Hollweg gestern richtig geschlldert. Die wirtschaftliche Konjunktur wirkt natürlich auf unseren Etat, indem sie die Löhne steigert, die einen Hauptposten desselben bilden. Die Erhöhung der Beamtengehälter ist deshalb gerechtfertigt, dem Beamten muß aber auch das Koalitionsrecht bleiben. Ich erinnere an den Erlaß des Eisenbahnministers; was den Beamten das Gesetz gewährleistet, darf ihnen nicht durch Verordnung genommen werden. Disziplin darf nicht in Be vormundung auslaufen; ein süddeutscher Schriftsteller sagt, man muß versuchen, Bismarck und Schiller in Verbindung zu bringen. Bei Betrachtung der Ursachen der wirtschaftlichen Bewegung dürfen wir an unserer Zoll⸗ und Handelspolitik nicht vorübergehen. Die , ,. der Einzelstaaten haben mit der Zollpolitik gar ein gutes Geschäft gemacht, denn die Mehreinnahmen an Zöllen werden aufgezehrt durch die höheren Ausgaben für Heer und Marine. Die Folge ist eine Steigerung der Schuldenlast. Aus keiner Rede habe ich eine Neigung herauggehört, in Preußen die Steuern zu erhöhen; sollte wirklich ein Fehlbetrag bleiben, so können wir ja, wie vorgeschlagen, den Betrag auf die Vermögenssteuer legen, die quotisiert werden kann. Jeder Minister brachte uns neue Vor⸗ schläge für Organisation der Verwaltung, für Reorganisation der Schulverhältnisse usw.ͥ, nur der Finanzminister blieb bei seinem cetérum genseéo, daß die direkten Steuern den Einzelstaaten ver⸗ bleiben müßten. Die Einjelstaaten bleiben auch bei direkten Reichs⸗ steuern im Besitze ihrer Souveränltät. Trotzdem darf sich der Reichstag auf keine Erhöhung der Matrikularbeitraͤge einlassen, auch wenn eine direkte Reichseinkommensteuer eingefübrt wird, es muß in anderer Weise Deckung geschaffen werden. Ven Eisenbahnminister bitte ich, wenigstens ein erweitertes Benutzungsrecht für die Betriebgmittel mit den Einjelstaaten zu vereinbaren, wenn sich keine Betriebsmittel gemein⸗ schaft ermöglichen läßt. Die Landesmeliorationen, die Flußkorrektionen und die Ausdehnung der inneren Kolonisation auf Ostpreußen und Pommern müssen gerflegt werden. Cine Vermehrung des Bauernstandes, eine Ersetzung von großen Gütern durch blühende Bauerngüter bedeutet nicht bloß einen Fortschritt für die Landwirt⸗ schaft, sondern für den ganzen Staat. Bei den Neuverpachtungen an der samländischen Küste hat man aber auf die Wünsche der Stadt Fischhausen keine Rücksicht genommen. Die neue Denkschrift über die innere Kolonisation ist ein Hymnus auf den landwirtschaftlichen Kleinbetrieb, namentlich in bezug auf die Viehjucht, wo die steigende Kontrolle ö. sei als im Großbetrieb und wo das Auge des Herrn das Vieh fett macht“. Alle Fachmänner stellen ebenso den Vorteil des kleinen und mittleren Betriebs in den Vordergrund. Die Regierung sollte bei der inneren Kolonisation sich nicht bloß auf die Mithilfe der beiden Ansiedlungsgesellschaften stützen, sondern auch noch andere heranziehen, die sich mit derselben Äuf⸗ gabe , g. en. Die Denkschrift sagt, in Ostpreußen und Pom⸗ mern habe sich das in fe, , a ef sehr gut vollzogen, die Nach⸗ frage nach Anstedlungen sei gut, die wirtschaftlichen Ergebniffe seien günstig. Nach dem Hor elag des Herrn Herold sollte auch die Forstverwaltung für Wohnungen ihrer Arbeiter durch Ansied⸗ lungen sorgen. Man muß auch für die Unterhaltung der Leute sorgen durch Veranstaltung von Volkunterhaltungtsabenden usw. Wir werden um so größere Fottschritte machen, je mehr wir für die Bildung durch Fortbildungsschulen sorgen. Bisher liegen die Dinge . diesen Gebieten ziemlich trostloz. Dag niedere landwirtschaftliche Unterrichtswesen steht heute vielfach noch auf demselben Standpunkt, wie vor 25 Jahren. Zum Etat det Ministeriums des Innern ist uns eine Reform des inneren Verwaltunge⸗ dienstes in Aussicht rut wir können dazu noch keine Stellung nehmen, solange nicht bestimmte. Vorschläge vorliegen. Es wäre aber interessant zu hören, wie die Durchführung der Land—⸗ gemeindeordnung hinsichtlich des Zusammenlegens von Landgemeinden und Gutsbezirken erfolgt ist und in welchem Umfange Zweckverbände gebildet worden find. Zum Etat des Kultusministeriums wollen wir abwarten, in welchem Sinne Herr Holle das Schulunterhaltungt⸗ gesetz durchführen wird. Mit dem Tempo der än, , , Um⸗ wandlung der Kreisschulinspektion in eine hauptamtliche Tätigkeit könnte immerhin noch etwas schneller vorgegangen werden. Wag aber die Orts⸗ schulinspektion betrifft, so könnte doch allmählich diese gänzlich aus⸗ geschaltet werden, wenn dle Kreisschulinspektion als hauptamtliche Funktion völlig durchgeführt und das System der Rektorenschulen ausgestaltet ist. Soweit aber die Unterrichtsverwaltung ohne die Ddr r , n nicht auskommen zu können glaubt, soll man doch nicht Geistliche, sondern Schulmänner in diese Stellen berufen. Nur der Fachmann kann den Fachmann kontrollieren, und die Zeit, in der der Geistliche der Vorgesetzte des Lehrers war, t doch wohl vorbei. Alles weitere behalten wir uns für die zweite Lesung vor; wir wünschen nur, daß es gelingen möge, den Voranschlag so vorsichtig aufjustellen, wie es irgend möglich ist, und daß damit zugleich das Mitbestimmungsrecht des Volkes gewahrt werde.
(Schluß des Blattes.)
entrum geben. uns in dieser
Etatistik und Bolkswirtschaft. Gin ⸗ und Ausfuhr von Zucker vom 1. bis 10. Januar 1808
. ; ö m
Speʒjial⸗ andel
Gattung des Zuckers
Verbrauchs zucker 4 nierter und dem raffi⸗
nierten gleichgestellter Zucker) ( 76asiN) .. Rohrzucker ¶ 76 a
Davon Verede e, . Rübenzucker: Kristallzucker (granulierter) ( 766) Rübenzucker: Platten⸗, Stangen⸗ und Würfel⸗
ucker . c)
enzucker: gemahlener Melis (764 eff Fler: Stücken; und Krümelzucker 6
lee e.: , , Rafftnade (176) .. Rübenzucker: Brotzucker (1769) Rübenzucker: Farin 1766) go Rübenzucker: Kandis (1761) 193 Anderer Zucker (176 /n) 167 6760 Rohrzucker, roher, fester und flüssiger (176 E). — Rübenzucker, roher, fester und . gi [ 167 659 Anderer fester und ff ger Zucker (flüs
Raffinade einschließlich des Invertzucker⸗
Me⸗ ho
cht: , , Menge deg darin enthaltenen Berlin, den 15. Januar 1908. Kaiserliches Statistisches Amt. van der Borght.
Die Rechnungsergebnisse der Berufsgenossenschaften usw. . für das Jahr 1906. ͤ
Die vom Reichtversicherungkamt nach § 111 des Gewerbeunfall. e, ne e, vom 30. Juni 1900 und den entsprechenden Bestimmungen der anderen Unfallversicherungsgesetze aufgestellte, dem Reichstage vorgelegte Nachweisung der gesaaten Rechnungs⸗ ergebnifse der Berufsgenossenschaften usw. für ob beneht sich auf die 22. Rechnungsperiode seit dem Bestehen der raeichtz⸗ gesetzlichen Unfallversicherung. Sie erstreckt sich auf 114 Beruft. genossenschaften (66 e n, . und 48 landwirtschaftliche), auf 527 Außsführungsbehörden (205 staatliche und 322 Prodlnnal⸗ und Kommunalausführungsbehörden) und auf 14 Versicherungs. anstalten, von welchen 12 den Baugewerkzberufsgenossenschaften, 1ẽ der Tiefbauberufsgenossenschaft und 1 der , schaft angegliedert sind. Von diesen Versicherungsträgern bestehen: a. auf Grund des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes: 64 Beruf , n,, . mit 639 826 Betrieben und 8 284 01 durchschnittlich
ersicherten oder J 291 034 Vollarbeitern, 62 staatliche Ausführungz⸗ behörden mit 523 980 durchschnittlich Versicherten oder 520 275 Voll⸗ arbeitern; b. auf Grund des Unfallversicherungsgesetzes für Land und Forstwirtschaft: 48 Berufsgenossenschaften mit 4 695 789 Betrieben und IL 189 071 durchschnittlich Versicherten, 54 staatliche Ausführungt⸗ behörden mit 238 849 durchschnittlich Versicherten oder 67 599 Voll⸗ arbeitern; . auf Grund des Bauunfallversicherungggesetzes: 1 Beruftz⸗. genossenschaft mit 18 490 Betrieben und 266 769 durchschnittlich Versicherten oder 152 876 Vollarbeitern, 76 staatliche Auh⸗ führungsbehörden mit 46237 de we, Versicherten oder 29 750 Vollarbeitern, 322 kommunale usfũhrungsbehörden mit 102 853 durchschnittlich Versicherten oder 58 655 Voll⸗ arbeitern. 13 Versicherungganstalten mit 80 383 Vollarbeitern; d. auf Grund des See⸗Unfallversicherungsgesetzes; 1 Berufsgenossen⸗ schaft mit 1619 Betrieben und 74710 durchschnittlich Versicherten oder S8 818 Vollarbeitern, 13 staatliche Ausführungsbehörden mit 713 durch⸗ schnittlich Versicherten oder 617 Vollarbeitern, 1 Versicherungsanstalt. Im Dienste der 114 Berufsgenossenschaften und ihrer S'ktionen (939 waren nach dem Stande am Schlusse des Jahres 1906 1142 Mit glieder der Genossenschaftsvorstände, 5906 Mitglieder der Sektiont⸗ vorstände, 27 852 Vertrauensmänner, 4019 Verwaltungsbeamte und 302 technische Aufsichtebeamte tätig.
Die Zahl der durchschnittlich versicherten Personen stellt sich bel den Berussgenossenschaften zusammen auf 19 814 571. Hierzu treten für die 522 Ausführungsbehörden 912 642 Versicherte, sodaß im Jahre 1906 bei den Berufggenossenschaften und Auziführungsbehörden zu⸗ sammen 20 727 213 Personen gegen die Folgen von Betriebgunfaͤllen versichert gewesen sind. In der letzterwähnten Zahl dürften gan 14 Millionen Personen doppelt erscheinen, die gleichzeitig in gewerb⸗ 33 und in landwirtschaftlichen Betrieben bee f und ver⸗
ert waren.
An Entschädigungsbeträgen (ohne die Kosten der Fürsorge für Verletzte innerhalb der gesetzlichen Wartezeit) sind 1906 von den Berufggenossenschaften 129 169 585,21 M (gegen 122 760 819,23 A im Vorjahre), von den Ausführungobeh rden 11 352 113,29 4 (gegen 10 8189117, 5 4 im Vorjahre), von den Versicherungk⸗— anstalten der Baugewerksberufsgenossenschaften, der Tiefbau und der Seeberufggenossenschaft 1915 165, 85 S (gegen 1 867 995,89 Æ im Vorjahre), zusammen 142 436 864 35 M (gegen 135 437 932,63 im Vorjahre) gejahlt worden. Davon wurden 28 440,51 M6 den , . und ihren Angehörigen für die Zeit nach dem Ablauf der ee, ö Wartezeit von den Berufsgenossenschaften usw. freiwillig gewaͤhrt.
Von der Bestimmung, nach welcher Verletzte mit einer Erwerbt ⸗ unfähigkeit von 15 oo und weniger auf ihren Antrag durch Kapital zahlungen abgefunden werden können, haben die Genossenschaften usw. in 3763 Fällen Gebrauch gemacht. Der hierfür aufgewendete Betrag stellt sich auf 1 240 733, is M 1099 Verletzte (gegen 953 im Vor⸗ jahre) haben im Rechnungsjahre wegen Hilflosigkeit eine höhere Rente e. 665 ojo ihres Jahresarbeitsverdienstes (die gesetzliche Vollrente) ezogen.
Die Gesamtsumme der Entschädigungsbetrage (Renten usw.)
belief sich im Jahre 1806 auf 142 436 86435 A, , i863 , ijz5 437 gzz53 . 13064 . Jetz Sai 745, 4 1565 . 177 2465 50G, oM, 1563 . 16 13 335, 7 150: g985 hoh zög 57 15606 : 36 649 ga6 iz; 1358 . 765 655 33 5 1558 . 11 10s 728. 99, 1557 7 63 9.73 5rr,nr7 . 15905 57 54 5755; 15565 . 56 135 733. 1599 . 44 251 73571. 1593 . 35 163 77035; 13 . 32 346 157535 1355. 36 4356 357 55. 1855: . 6 315 zig 53 1355 . 14 464 303, is. 1883 . 3 681 4
58952 gzo ß,
16515 3563,
1887 1886
Rechnet man zu dem Betrage von 142 436 864.366 M die als en der Fürsorge innerhalb der gesetzlichen Wartejeit gezahlten rn M hinzu, so entfallen auf . Tag im Jahre 1906 rund hh obõ , 836 den Verletzten oder ihren Hinterbliebenen zugute
gelommen e. ;
Bie Anzabl der neuen Un fälle, für welche im Jahre 1806 jun ersten Male Entschädigungen geiahlt wurden, belief fich au Iz) 736. Hiervon hatten 9s4l den Tod und 1463 eine mutmaßlt dauernde ,. Erwerbgunfähigkeit der Verletzten zur Folge. An sʒ 15l hinter liebene Getöteter wurde im Rechnun . zum ersten Pale elne Rente gezahlt. Darunter befinden J 6174 Witwen Ritwer 12 546 Kinder (Enkel) und 331 Verwandte der aufsteigenden , Die Anjahl sämtlicher zur Anmeldung gelangten UÜnfaͤlle
* sz bett s , ertellung der nahen berg o , ge e se. enñtschädigten Unfälle allein brauchbar. e Zahl dieser Fälle, für
im Jahre 1906 jum ersten Male eine Entschaͤdigung gezahlt . ist, stellt sich, wie schon gesagt, auf 139 726 gegen 141 121 im Vorjahre. Der in den absoluten Zahlen bervortretende Rückgang enffaͤllt allein auf die landwirtschaftlichen e r gn ten, während bei der Mehrzahl der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Ausführungsbehörden wiederum eine Zunahme zu verzeichnen st. Im wesentlichen . es hier wieder die leichteren Unfaͤlle mit dauernder tellweiser und vorübergehender Erwerbsunfähigkeit der Ver- letzten welche an dieser Zunahme beteiligt sind.
Vie Summe der der Beitragsberechnung zu Grunde ge— legten Löhne, die sich, was besonders hervorgehoben wird, mit den wirklich verdienten Löhnen nicht deckt, stellt sich bei den gewerblichen Berufggenossenschaften auf 7714926 140 M bei einer Zahl von 5625 hoo durchschnittlich versicherten Personen oder 7 512 728 Voll⸗
beitern. . Für die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sind, wie auch
her, wegen des abweichenden Berechnungsverfahrens Lohnbeträge, welche für die Beitragsberechnung zu Grunde gelegt werden, in 7 RNachwelsung nicht aufgenommen worden. Die * U der in den Be—⸗ trieben der land⸗ und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften durchschnittlich versicherten Personen ist, wie sie für das Jahr 1896 unter Benutzung der Ergebnisse der Berufs. und Gewerbejählung vom Jahre 1895 und deg den Vorständen zur Verfügung stehenden * Materials ermittelt wurde, in die Rechnungsergebnisse für 1906 wieder eingestellt; sie beträgt 11 189 071.
Einen Vergleich der Unfallgefahr in den einzelnen Ge⸗ werbegruppen ermöglicht die den Tabellen vorangestellte Ueber⸗ sicht 1: Verletzte e wn, und Unfallfolgen, welche die Unfälle k für sg im Rechnung jahre zum ersten Male eine Entschädigung gejahlt wurde.
1000 Vollarbeiter (300 000 Arbeitstage) Unfãälle
Hiernach kommen auf
1905
bei der Gewerbe⸗, Bau⸗ und See. Unfall⸗
,, — jedoch ohne die W g.
rungsanstalten der Baugewerks⸗Berufs⸗
enossenschaften, der Tiefbau⸗ und der See⸗
n , 9, 39 und in der Gruppe:
J. 6 au 15,53
II. Stein 165, 14
III. Jö 7,02
IV. Eis d Stahl 10 99
V. M 6, 84
VI. Ch 8,71 VII. 6,44
. 3,07
IX. ̃. 5, 05 X. Le
I.
3.63 II. Mun
S 220 ⸗ SS SSðx
13,05 4, 98
12, 19 11,48 707 15,56 1431 6.50 4,48
Brauerei und Maälzerei ... XIV. Bauwesen (Privatbetriebe) XXV. Private Bahnbetriebe TVI. Lagerei, Fuhrwesen XXVII. Binnenschiffahrt LIIII. Seeschiffahrt (Privatbetriebe) XIX. Marine und Heeresverwaltung. LX. Oeffentliche Baubetriebe (Staat liche, Provinzial · und Kommunal Bauverwaltungen b, 54 Staatgeisenbahnen,
7, S
XXI. XXII.
. . durchschnittlich eine geringe Abnahme der ent⸗ en Un e. ls Gesamtausgabe werden von den gewerblichen Berufsgenossen⸗ schaften (nach Abzug der von den Versi erungsanstalten der Bau⸗ ee me f. enschaften und der Tiefbauberufsgenossenschaft er⸗= atteten hn chbeträge) 133 030 554.22 S (gegen 125 137 70 35 M Vorjahre) und von den landwirtfchaftlichen Berufggenossenschaften I S877 ol, 4ᷓ (gegen 36 911 032,22 M im Vorjahre), jusammen o gos 04h. 76 A nachgewiesen. leipon entfallen auf Entschädigungen e , der Kosten der Füärsorge, für Verletzte innerhalb der gefetzlichen Warte eit e , fn . ür die Unfalluntersuchungen und Feststellung der Entschädigungen, für den Rechts gang (Schiedsgerichte usw.) und ir die Unfall ver . l, von den Berufsgenossenschaften zusammen 8 O28 660, 28 4M In die R ü wa e e , sind für das Jahr 1906 19114815, 11 4 f Als Verwaltungkosten einschließlich der sonstigen Ausgaben werden an. Beruftzgenossenschaften inggefammt 13 gg0 gi3, 55 M nach⸗
e . laufenden Verwaltungskosten betragen bei den ge⸗ ö e n oh 6 . . i . 7 837 e e n
e), be en landwirtscha n Berufsgenossenschaften 2 zz / 4 (gegen 3 178 705,32 M im Boh br
Davon entfallen auf . 1 chen Versicherten der ihn n HSetrieb eessg ger
S 6p 0 60 bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften 1l,os 1,21 14,13 1, 06 1,75 I, ei den landwirtschaftlichen Berufs genossenschaften 029 0, 70. 22,82 3 6 : 6. 58 21,55. ee der laufenden Verwaltungskosten ist bei den einzelnen e erna aften sehr verschieden, . hängt ö. von der il der * ir ep tigen Personen, der 7 l, Art und Lage der Betriebe, 3 eren oder geringeren Unfallgefahr usw. 8 ergleichen über a n , , n , . ä. erufggenossenschaften genossenschaften nicht hn n , J
20,73 20, 98
Dle Gesamtauggaben der 527 Augführunggbehörden haben fich auf 11 652 0b. 95 M, die der 14 Versicherungsanstalten der Baugewerke⸗ n,, , chaften, der , und der See⸗ berufggenossenschast auf 2519 961,41 0 belaufen. ‚. ie Bestände der big zum Schluß des Rechnungsjahres ange⸗ e,. Reservefonds der Berufggenossenschaften betrugen zusammen 34 840 527, 8 46, zu denen noch rückstndige Einlagen kommen. Die Versicherungganstalten haben als Reserbefonds 1305 425,02 4 zurũck⸗ elegt. An sonstigem Vermögen einschlleßlich der noch ausstehenden Heiträge usw. werden für die Berufsgenossenschaften 35 522 418,55 M, für die Versicherungsanstalten 11 048 O70, 935 M nachgewiesen.
Zur Arbeiterbewegung.
„In Düsseldorf fanden, wie die „Frkf. Ztg.“ berichtet, am Montag zwei bon einer vieltausendkspflgen Menge brotloser Arbeiter besuchte Ar beitslosenversam mlungen statt. In beiden Ver- sammlungen wurden Resolution en. gefaßt, denen zufolge die , ng aufgefordert wird, so schnell wie möglich bei tarifmäßigen Löhnen Notstandsarbeiten vornehmen zu lassen, unter Zugrundelegung des ortsüblichen Tagelohnes für ungelernte Arbeiter (z 0 M6). Ferner wird gefordert, soweit die Stadt Arbeiten in eigener Regte ausführen lassen kann, dies zu tun. Soweit aber Arbeiten an Unternehmer vergeben werden müssen, möge die Stadtverwaltung auf tarifmäßlge Löhne hinwirken.
Aus London wird der Voff. Ztg. von . telegraphiert: Die Unterhandlungen jwischen den Spinnerelbesitzern und den Arbeitern im Baumwoll gewerbe wurden um Mitternacht ab= gebrochen, obwohl der Arbeiterverband die Wlederaufnahme der Arbeit durch die ausständigen Arbeiterinnen Oldhams zugesagt hatte. In⸗ folgedessen werden 120 000 Arbeiter die achttägige Kündigung erhalten.
unst uud Wissenschaft.
Die Papyrusfunde von Elephantine in den Königlichen Museen zu Berlin. ö
Vor sieben Jahren wurde von maßgebenden Gelehrten in Berlin sin Unternehmen ins Leben gerufen, das den Zweck hat, dem hlesigen Museum und anderen deutschen Sammlungen den gebührenden Anteil zu sichern an den überreichen Beständen alter Papyrusblätter, die der trockene Boden Aegypteng so wunderbar erhalten hat. Gleich wichtig und willkommen sind sie, ob sie uns nun Reste bisher verlorener grie⸗= chischer Literaturwerke bringen, oder ob sie Urkunden aus verschiedenen Zeiten, in verschiedenen Sprachen geschrieben, enthalten, die ung interessante Einblicke in öffentliches und privates Leben eröffnen.
Zu den bedeutendsten Funden, die dem bisherigen Leiter dieser Arbeiten, Dr. Otto Ruben sohn gelungen sind, gehören die von Elephantine, der Nilinsel unterhalb der Katarakte, an der Grenze von Aegypten und Nubien. Sie war von alters her eine wichtige Grenz⸗ festung gegen Einfälle der Stämme des Südeng und ein berühmter Kultort des widderköpfigen Gottes Chnüm.
Die Pappyrusreste wurden, nach dem Berichte von Rubensohn, in den Trümmern der sehr bescheidenen Privathäuser gefunden, die sich in ihrer Bauart kaum von denen des heutigen Nubierdorfes unter⸗ schlieden baben. Die ersten bedeutenden Proben der Funde, die jetzt ein kostbarer Besitz der Königlichen Museen sind, hat vor kurzem Sachau in den Abhandlungen der Berliner Akademie veröffentlicht, Urkunden in aramäischer Sprache, in der ja auch große Teile der Bücher Esra und Daniel im Alten Testamente abgefaßt sind. Ganz hervorragende Bedeutung bat ein kalligraphisch ge—⸗ chriebenes Stück, das Duplikat eines Briefes der Judengemeinde von
eb, d. i. Elephantine, an Bagshi, den persischen Statthalter von Judäa, datiert am 20. Marcheschwan im Jahre 17 des Königs Darius‘, nämlich 408 / 07 v. Chr. Gemeint ist Darius II. Nothos. Wir erfahren daraus, daß schon unter den ägyptischen Königen in Elephantine eine bedeutende Judengemeinde existserte, die einen statt⸗ lichen Tempel, nicht etwa nur eine Synagoge, besaß, in dem sie ihrem Gott Jahu, d. i. Jahve, dem Herrn des Himmels, Speise⸗, Welhrauch— und Brandopfer, also wie in dem großen Heiligtum zu Jerusalem, darbrachte. Als Kambyses Aegypten eroberte und die ägypfiischen Tempel zerstörte, wurde der jüdische Tempel geschont. Natürlich er regte dieses Heillgtum die Eifersucht der Priesterschaft des Chnäm, und als im Jahre 14 des Königs Darius der perfische Statthalter Arsan gerade am Hofe des Königs weilte, gelang es jener Priesterschaft, die Hilfe einiger persischer Unterbeamten zu 7757 und sie zerstörten den jüdischen Tempel aufg gründlichste. Dle Uebeltäter wurden jwar bald darauf schwer gestraft, aber die Juden konnten die Griaubnis jum Wiederaufbau des Tempels nicht erhalten. Sie verharrten seit· dem in Trauer und Fasten. Ein Brief an den Hohenyriester in Jerusalem mit der Bitte um seine Fürsprache hatte keinen Erfolg. Da seit der Rückkehr der Juden aus dem Gxil die Zentralisierung des Kultus in Jerusalem aufs strengste durchgeführt war, so hatte dieser begreiflicherweise wohl wenig Interesse, feinen , in Aegypten wieder zu einem eigenen Heiligtume zu verhelfen. So wenden sie sch nun in ihrer religiösen Sehnsucht an den persischen Statthalter in Jerusalem und bitten ihn in geradezu rührender Weise, sich für ihren Wunsch bei seinen Freunden in Aegypten zu verwenden Und sie haben wohl keine Fehlbitte getan, wie fich aus dem Stüc einer anderen Urkunde zu ergeben scheint. So fällt in diefe bisher noch ziemlich dunkle Periode jüdischer Geschichte und Religtons. 1 vor Alexander dem Großen ein heller Lichtstrahl, gleich bedeutend für den Historiker wie für den Theologen.
Nicht minder wichtig sind die griechischen Urkunden, die Rubensohn selbst uns in einer soeben erschlenenen Veröffentlichung ‚Elephantine⸗ Papyri? (Berlin, Weidmann 1907) vorlegt. Von besonderer Be— deutung sind fünf Urkunden, die in einem Tontopf verpackt gefunden wurden, gerade, wie im Alten Testament Jeremias (32, 10), die Be—⸗ wahrung wichtiger Schriftstücke vorschreibl. Die in diesen Urkunden vorkommenden Personen sind Griechen, offenbar Angehörige der ptole⸗ mäischen Garnison von Elephantine. Schon der Zustand der Er— haltung ist bemerkenswert. Sie waren gerollt und noch von den Siegeln geschloffen. Bei dem Entrollen, das mit bekannter Meister⸗ schaft der Techniker Ib scher vornahm und bei dem die Siegel voll⸗ kommen erhalten blieben, ergab sich eine sehr intereffante, fomplimerte er hn dieser Urkunden. Der Text wurde auf demselben Bogen jweimal geschrieben; der eine Teil, sorgfältig zusammengerollt und durch die Siegel der Zeugen, in Tonerde gedrückt, geschlossen, rern die gültige Urkunde, das auf der anderen Hälfte des Bogens geschriebene Duplikat wurde nur beigefaltet, eg konnte immer geöff net und nachgelefen werden. Die Abfassung dieser Urkunden fällt in die Zelt Ptolemaios J, die fie stammt aus dem Jahre 284s3,ů also aus der sJeit kurz vor einem Tode, als schon sein Sohn Philadeiphos die Regierung fuhrte; die ältefte ist datiert im 7. Jahre det Königs Alexander, des Sohnes Alexanders d. Gr., im 14. Satrapenjahre des Ptolemaios (311 v. Chr.). Hier begegnet uns also kur vor selnem Tode jener unglückliche Prinz, den Roxane, die persische Gemahlin Alexanders erst nach deffen Tode geboren hatte, und der mit ihr 311 von Kafsandroz ermordet wurde. Bemerkengwert ist in diesem Papyrus L auch die Tatsache, daß zu Ptolemaios nicht der Name seines Vaters Lagos gesctzt ift, wie 'die doch durchaus bei freien Griechen die Regel war. Er hat also, wie später als Fönig, schon als makedonischer Satrap für sich .
bkunft beansprucht. Dagegen begegnet ung der Vaterzname In Papyrus I bei seinem Bruder Menelaog, der das Priesteramt des vergötterten Alexander bekleidete.
Für die ,, , ist die aug diesen Urkunden sicher sich ergebende Tatsache wichtig, daß Ptolemaios J. nach Tn— nahme des Königstitels seine ale ehr. nicht von neuem u, jählen begann, sondern in der Zählung fortfuhr; er hatte
ch offenbar schon in seiner Statthalterzeit als Mitregent des Schein⸗ königs betrachtet.
Mit wenigen Worten sei hier auf den Inhalt dieser Urkunden eingegangen. Papyrus Jenthält einen Ehevertrag, in dem sehr scharf
nordnungen gegeben wurden für den Fall, daß einer der Gatten Ehebruch begehen sollte. Urkunde II ist ein Testament, in dem ein
i Dionysios sein Vermögen seiner Frau vermacht und genaue Bestimmungen über das Erbe seiner Sohne nach dem Tode beider Eltern und über die Pflichten der Söhne gegen die Eltern trifft. Einen sehr merkwürdigen Handel lehren ung die Schriftstacke IM und IV kennen. Nach dem ersten erstattet vor Zeugen die Syrerln Elaphion, zu Deutsch „Hirschlein', unter dem Rechtsbeistand des Pantarkes dem Arbeiter Antipatros 300 Drachmen Kostgeld. Anti- Patros verzichtet gegenüber der Elaphion guf alle Rechte, die nach dem Wortlaute des griechischen Textes den Rechten des Herrn gegenüber einer Sklavin gleichkamen, obschon die Syrerin ein freies Mädchen war. Er muß 3000 Drachmen Strafe zahlen, wenn er irgend welchen Anspruch gegenüber dem Mädchen erheben wollte. Dasselbe Geschäft wiederholte fich ein halbes Jahr später, wie ung Pap. IV berichtet. Elaphion, die früher offenbar von ihrem Rechts= beistand Pantarkes die 300 Drachmen erhalten hatte und dafür in seinen Besitz übergegangen war, kauft sich jetzt unter denselben Be—⸗ dingungen von diesem wieder für 490 Drachmen los und wird hen tum eineg gewissen Dion. Sehr oft wurden im Altertum die Inden
mit den Syrern verwechselt. Es erhebt sich hier der dringende Ver⸗
dacht, daß Elaphion ein entartetes Glied jener frommen Juden gemeinde war, die wir oben kennen gelernt haben.
Der letzte Papyrus enthält die Abrechnung der Teilung der Hinterlassenschaft eines Vaters zwischen zwei Brüdern. Der Hausrat sst sehr dürftig, nur der Weinkeller recht beträchtlich. Der eine Bruder hat schon einen Teil deg dem anderen zufallenden Weinvorrats ver- braucht, er stellt ihm über den Betrag einen Schuldschein aus.
Der zweite große Fund an Urkunden wurde in einem Keller ge⸗ macht. Auch diese waren wieder in einem Kruge geborgen. Sie ge— hören den Regierungsja hren 23 — 25 des Ptolemaios JII. i . . v. Chr.) an und geben ung hochwichtige Aufschlüsse über einzelne Fragen der Verwaltung. Für die ägyptische Sprachforschung ist es von be⸗ sonderer Bedeutung, daß mitunter dem griechlschen Tert die ägyptisch- demotische Uebersetzung beigefügt ist.
Mit diesen Veröffentlichungen sind aber die Ergebnisse der Grabung von Elephantine noch nicht erschöpft. Von den aramäischen Schrift stücken sind, wie gesagt, erst drei Proben veröffentlicht; die noch aug= stehenden werden uns auch Denkmäler der schönen Literatur, Er⸗ zählungen und Dichtungen, bringen. Die demotischen Papyrt wird uns Professor Spiegelberg demnächst zugänglich machen. Auch sie werden viel Neues und Wichtiges lehren.
Zum Schluß sei noch auf den Gewinn hingewlesen, den die Kunst= archäologie aus den Siegelabdrücken auf den Urkunden zieht. Es sst von großem Werte für die Geschichte der Glyptik, Stücke mit genauer Datierung, wenigstens einen sicheren terminus ante quem ju haben. Die Abdrücke sind fast alle sehr scharf. einige Siegelsteine waren Meifterwerke griechischer Gemmenschneidekunst.
Die Reuerwerbungen der Königlichen National galerie werden von heute ab in einem ain r des 3. Geschosses ausgestellt sein.
Unter den Schenkungen, die dem Germanischen Museum in Nürnberg in den letzten Monaten gemacht worden sind, nimmt die Stiftung einer ansehnlichen Büchersammlung den ersten Platz ein. Es bandelt sich dabei um Teile einer größeren Bücherei, die im wesentlichen von dem im Jahre 1386 verstorbenen Gutabesitzer Dr. H. Beckh, einem langjährigen Mitglied des Ver waltungsausschusses des Germanischen Museums und treuen Freunde des bekannten Germaniften und ehemaligen zweiten Direktors des Museums Georg Karl Frommann , auf seinem Schlößchen zu Rathsberg bei Erlangen im Laufe vieler Jahre zusammengebracht worden war. Von den Söhnen Dr. Beckht wurde die Sammlung, die aus jenen umfangreichen Be= ständen den Interefsen des Museums entsprechend ausgewählt werden durfte, als ein dauerndes Andenken an ihren Vater in Herbste des verflossenen Jahreg dem Germanischen Museum als Geschenk über= wiesen. Die an literarischen Schätzen schon so reiche Bibliothek des Museums hat dadurch nach den verschiedensten Richtungen bin fehr be— deutsame und hochwillkommene Ergänzungen, die namentlich die Zeit unserer klassischen Literatur und die der Romantiker betreffen, erfahren. Erstauggaben und Gesamtausgaben letzter . Serien von Almanachen und seltenen Zeitschriften überheben das Museum vorderhand ju einem guten Teil und in dankenswertester Weise der Aufgabe, seine Kräfte und Mittel diesem in der Bibliothek bisher nur erst wenig angebauten Gebiete zuzuwenden. Unter den übrigen Beständen ist namentlich eine kleine Noricersammlung, die auch mehrere Handschriften enthäl hervorzuheben. Im ganzen hat die Bibliothek des Museums dur diese Stiftung eine Vermehrung ihrer Bestände um rund 1600 Bände, unter denen sich zahlreiche Sammelbände (mit Schau— spielen, ; , , politischen und anderen Inhalts usw.) befinden, zu verzeichnen.
Literatur.
Aus Kopenhagen meldet W. T. B.“, daß der dänische Dramatiker und Lyriker Holger Drachmann gestern vormittag in Hornbäk, wo er sich seit einiger Zeit wegen einer Nervenkrankhest in einer Heilanstalt aufhielt, gestorben ist. Er war am 9. Oktober 1846 in Kopenhagen geboren und bildete sich auf der dortigen Kunstakademie zum Maler aus, entsagte aber bald der Malerei und wandte sich mit Glück dem literarischen Schaffen zu. In einem unsteten Wander leben verfaßte er eine Fülle von Gedichten ( Dämpete Mesodieré, „Gamls Guder og nye“ usw.), Märchen und Märchendramen (u. a. „Her var engange), patriotische Kriegsbilder, See. und Fischer⸗ hee gdten (u. a. „Paa Somands Tro og Love), Schauspiele und
omane („Med den brede Pinsel“, „Forskrevet«, „Dädalus?). Drachmann bezog vom dänischen Staat einen Ehrensold.
Theater und Musik.
sThaliatheater.
Im Thaligtheater setzte gestern Alexander Girardi, der bier wohlgelittene Wiener Künfller, sein Gastspiel in der früher an gleicher Stätte von Thielscher gespielten Rolle des Briefträgerg Flenz in der Buchhinderschen Posse Er und seine Schwester' fort. Ber Unterschled jwischen Thielschers und Girardis Leistung ist mit jwel Worten zu kennzeichnen: Thielscher hat Komik, Girardi Humor. Seine Darstellung wuchs weit über die Grenzen der auf Situationsscherze berechneten Rolle hingus ö. einem mit den Mitteln einer schlicht und wie felbst⸗ verständlich gestaltenden Kunst geschaffenen Menschenbilde. Die Rede, mit der der Briefträger den Theaterleuten empfiehlt, als Ersatz für eine erkrankte Schauspielerin selne talentvolle Schwester auftreten zu lassen, war ein Melsterstück natürlicher Sprechweise; das Bestreben. alles ju sagen, was sich aus übervollem Herzen auf bie Lippen drãngt, das nö e, Stocken der Verlegenheit und das bescheidene, ver= schämte Zurücktreten, ohne den im Gifer angefangenen Satz vollenden ju können — daz alles ist unnachahmlich und erweckte jene herzli Heiterkeit, die einen Unterstrom der Rührung mit sich führt. Rich minder wirksam war bei der Szene des Theaters im Theater die im igen en, gehaltene Rede an das Publikum, und eine köstliche
robe diskreter parodistischer Gebärde, ohne Clownverrenkungen, die Leitung des Orchesterz nah. Art berühmter Pult— virtuosen. Ebenso unerreicht steht Girardis Coupletvor- trag da. Au hierin bedient er sich der schlichtesten Mittel, um Frohsinn oder Rührung zu erwecken, und steis schwingt als Grundton die Gemütssgite mit. Sein Bestes auf diefem Gebiei gab er aber in dem mit Helene Ballot, seiner anmutigen, gewandten und sympathischen norddeutschen Partnerin, gesungenen Jugendduett nach welchem der Beifall nicht enden zu wollen schien. In den andern größeren Rollen zeichneten sich Fräulein Reinecken, die Berren Junker mann, Geßner, Rieck u. a. aus.