1908 / 38 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Feb 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Personalver änderungen.

gsõniglich Preusische Armee.

Offijiere, Fähnriche usw. Berlin, 11. Februar. v. Hau s⸗ mann, Gen. Lt. und Kommandeur der 16. Div., in Genehmigung 64 Abschledsgesuches, unter Verleihung des Charakters als Gen.

Kav., mit der gesetzlichen 16 jur Disp. gestellt. Coanda, Lü. im 1. Kurheff. Feldart. Regt. Nr. 11, aus der Armee wieder ˖ ausgeschieden.

Beamte der Militärverwaltung.

Durch Allerhöchstes Patent. 16. Ig nuar. Bgrg, Oberlehrer am Kadettenhaufe in Oranienstein, der Charakter als Pro⸗

fessor verliehen.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 3. Ja⸗ nuar. Weißenfels, Intend. Registrator von der Intend. des XV. Armeekorps, zur Schutztruppe fur Südwestafrika überaetreten.

18. Janugr. Pevser (I Hamburg), Oberapotheker der Land⸗ wehr I, der Abschied bewilligt.

23. Januar. Langer ( Hamhurg), Hesener (Hagen), Ober⸗ apotheker der Res., der Abschied bewilligt.

24. Januar. Woltergt, Intend. Kanzlist, Kanzleisekretãr von der Intend. des Gardekorpg, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

28. Januar. Tau bitz, Oberveterinär im Jãagerregt. zu Pferde Nr. 5, jum 1. April 1808 in das Ulan. Regt. von Schmidt (I. Pomm.) Nr. versetzt.

29. Januar. Zu Zahlmeistern ernannt die Unterzahlmeister: Bösel beim JV, Prie ße und Mever beim TL, Beger beim II., Engelhardt beim XVII., Mirows ki beim II., Rüter und Irrel beim V.,, Holländer beim TV. Armeekorps.

Zipterlein, Oberjahlmstr. von der J. Abteil. 2. Unterelsäss. Feldart. Regtg. Nr. 67, jum 1. April 1908 zum XVIII. Armeekorps

versetzt. Die kontrolleführenden Kaserneninspektoren auf

30. Januar. robe Herrmann in Lahr, Honsell in Gumbinnen in ihren

Stellen bestätigt und zu Kaserneninspektoren ernannt.

3. Februar. Versetzt; Müller, Garn. Verwalt. Oberinsp. in Züllichau, nach Lissa, Gebhard, kontrolleführender Kaserneninsy. in Bitsch, als Garn. Verwalt. Insp. auf Probe nach üllichau, die Raserneninspektoren Eich in Gumbinnen als Kontrolleführer auf Probe nach Bitsch, Lubinski in Schöneberg nach Gumbinnen.

saiserliche Marine.

Offiziere usxß. Ernennungen, Beför erungen, Ver⸗ setzungen usw. Februar. Pe nrer, Kapitän zur See, Rommandant S. M. Schulschiffes Stein‘, unter Aufhebung des Rommandos zur Verfügung des Chefs der Marinestation der Nordsee, jum Inspekteur der Marinedepotinsp,, Hoeyner, Kapitän zur See a. D., juletzt Kommandeur der IJ. Werftdiv., unter Stellung zur Diep. zum Hafenkapitän von Wilhelmshaven und gleichzeitig zum Borftande des Abwicklungsbureaus der Marinestation der ordsee und des Schleufenbetriebes der Werft daselbst. Krnannt. Raven, Oberleutnant zur See, kommandiert zur Marine akademie, zum Kapitänlt, v. Bothmer, Lt. z. See, jur Verfügung der Insp. des Torpedowesens, jum Obherlt. zur See, Möller (Paul), Marineingen., vom Stabe S. M. Linienschiffes Mecklen⸗ burg, jum Marineoberingen, v. Ziegler u. Klipphausen, Marineingen. Sberaspir. von der Marlnestation der Nordsee. Velt⸗ haus, Marineingen. Oberaspir. von der Marinestation der Ostsee. ju Marineingenieuren, befördert. Scheibel, Kapitän jur See, Rommandeur der IJ. Matrosendiv,, auf sein Gesuch unter Verleihung des Charakters als Konteradmiral mit der gesetzlichen Pension zur Disp. gestellt. 2 .

Der Abschied mit der gesetzlichen Pension, der Erlaubnis jum Tragen der bisherigen Uniform und der Aussicht auf Anstellung im . bewilligt: Caesar, Kapltän jur See, Inspekteur der

arinedepotinfp, Zumbro ich, Marineoberingen, von der J. W diviston, Wildegans, Marineingen. von der II. Werftdivision, unter Verleihung des Charakters als Marineoberingen.

Hu ß, Kapitän zur See j. D., Hafenkapitän in Wilhelmshaven, auf sein Gefuch der Abschied mit der gesetzlichen Penston und der Er⸗ saubniz zum Tragen der bisherigen Uniform bewilligt. Reichel, Fähnr. zur See von der Marineschule, zur Marineres. beurlaubt.

Dentscher Reichstag.

99. Sitzung vom 12. Februar 1908, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau. I

Auf der Tagesordnung steht die Hr un der Beratung des Antrags Freiherr von Richthofen⸗Damsdorf und Genossen, betreffend die Penfions⸗ und Hinterbliebenenversiche⸗ rung der Privatbeamten. eber den 6. der Ver⸗ handlungen ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet

worden.

Abg. Schad (wirtsch. Vgg.) fortfahrend: Am 14. März v. J. wurde uns vom Grafen Posadowsky, dem wir alle für seine Tätigkeit dankbar sein müssen, eine Denkschrift über die Frage der Versicherung der Privatbeamten in Aussicht gestellt. Die Handlungsgehilfen haben dann die Sache in die Hand genommen. er Staatssekretär von Bethmann wies im Dezember auf die großen Schwierigkeiten der Durch- fuührung der Versicherung hin und versprach die Veröffentlichung eines Gntwurfß. Wir müssen uns auf den Wunsch beschränken, daß die Arbeiten im Reichsamt des Innern so gefördert werden, daß wir recht bald in den Besitz des Materials gelangen. Die Verhandlungen am 8. Januar waren nicht überflüssig. Sie haben gezeigt, daß die Mehrhelt des Hauses sich auf den tandpunkt des Hauptausschusses 6e hat, und eine Sonderkasse für die Privatangestellten für das

ichtige hält.

Abg. Dr. Potthoff (frs. Vgg.): Den Wunsch, daß wir es ver⸗ melden möchten, den Streit in den Handlungsgehilfenkreisen zu schüren, unterschreibe ich aus ganzem Herzen, es war nicht leicht, die verschiedenen Elemente zusammenzuhalten. Ich bin einigermaßen stol; darauf, daß mir dies gelungen ist, ich spreche dies aus, selbst auf die Gefahr hin, daß der Abg. Pauli mir unterlegen sollte, daß ich einen Ministerposten an Stelle des Staatssekretärs von Stengel an⸗ strebe. Um eine Parteifrage handelt es sich hier auf keinen Fall. Meine polstischen Freunde werden sich einstimmig für den Antrag von Richt⸗ hofen erklären. Gin Druck auf die Reichsregierung ist nicht nötig, da der Staatssekretär des Innern sich für eine solche Versicherung ausgesprochen hat. Jetzt hat aber der Hauptausschuß seine Meinung klar ausgesprochen, sollen nun wir darauf warten, was die Regierung ung vorschlägt? Je mehr unter den Interessenten Meinungs- streit ist und durch personliche Interessen die Sache getrübt wird, desto mehr haben wir Veranlassung, der Sache näher zu treten. Die Meinungsverschiedenheiten unter den Handlungs⸗ gil beziehen sich zunächst auf die . der Beiträge. Bie Mehrheit des Hauptausschusses hat sich für einen Beitrag von Jo oo ausgesprochen. Die Minderheit hält diese Belastung gin zu hoch. Zehntausende der Angestellten haben ja auch mit einem Ein- kommen von 40 - 804A für den Monat zu rechnen. Das Gesetz kann den Arbeitern und den Arbeitgebern je 5 oo auferlegen; es ist aber wahrscheinlich, daß ein Teil der Arbeitgeber einen Teil dieser Lasten auf die Angestellten abwälzt in irgend einer . z. B. durch Ver⸗ jögerung von Zulagen, durch Vorenthaltung von Weihnachts

gratifikationen und durch Verweigerung von Teuerung julagen. looo scheinen mir auch für die Gesamtheit ju hoch ju sein. Wir wollen unbedingt ein einhestliches Versicherungtwerk für alle Pripatangesteisten. Jerade die minder hoch Besoldeien bedürfen eines solchen Gesetzes. Darum müssen wir die Beiträge staffeln von 4 = 100 o. Das wollte wohl auch der Staatssckretär sagen, als er von böchstens 10 o sprach. Die Mehrheit des Hauptautschusses wünscht eine von der allgemeinen Arbelterversicherung vollstãndig abgetrennte Sonder⸗ kasse nur für die Angestellten, man befürchtet eine Erpropriation der Beiträge der Handlungegehilfen für die Arbeiter. ies halte ich für unrichtig. Es , mir technisch unmöglich, die Privat⸗ angestellten besonderg ju behandeln, au verwaltungstechnisch ist dies nicht durchführbar. Die Verfichrrung müßte sich auf das ganze Reich erstrecken, und es müßte fast in jedem Dorf ine Vertretung der Sonderkasse vorhanden sein. Wir wollen den ziemlich einheitlichen Bau unserer Alters⸗ und Invaliden versicherung nicht willkürlich niederreißen. Der Graf Posadows hr war jn leider von dem Gedanken einer Vereinheitlichung der Arbeiter. bersicherung Jahr für Jahr mehr zurüdgetreten. Wenigstens wollen wir nun die FInvalidendersicherung nicht auflösen in eine Reihe von Standetberfichẽrungen. Wir würden dann schließlich auch eine Hand⸗ werkerkaffe, eine Kaufmannskasse bekommen, was doch im Interesse des foslalen Friedens nicht wünschenswert wäre. Wenn ich einen organischen Zusammenhang der Versicherung der Angestellten mit der allgemeinen Arbeiterversicherung wünsche, ö vertrete ich leineswegs den Standpunkt, daß alle Handlungsgehilfen über einen Kamm ge⸗ schoren werden. Einer Differenzierung der rn, , innerhalb der allgemeinen Versicherung steht ja nichts im Wege, sie besteht ja schon heute im Selz, Wir haben heute schon eine ern n ,, für die Bergleute und die Seeleute.

ir baben heute schon (inen differenzierten Inpaliditätsbegriff nach dem Ürteil verschiedener Autoritäten. Der deutsche Invaliditätsbegriff ist in den meisten Fällen günstiger für den Angestellten als der 5ster⸗ reichische. Die allgemeine ,. des Lebentalters auf Jahre zum Bezug der Rente halte ich sehr wohl für lich; das würde auch nicht allzu große Kosten verursachen. Cine Di erenzierung wäre möglich durch eine andere Cintellung der Lohnklassen und eine ent⸗ sprechende Erhöhung der Beiträge. Man könnte Privatangestellte von Sh oder 60 A an in eine neue Lohnklasse verweisen. Die Unternehmer können sehr gut höhere Beträge für eine bessere Arbeiterversicherung tragen. Für salsch würde ich es halten, ein Propisorium zu schaffen durch eine Trennung der Versicherung der Privatbeamten von unter und über 2000 é. Wenn wir eine Privatversicherung bekommen, wird kein Angestellter aus der allgemeinen Vetsicherung austreten; die freiwillige Versicherung ist ein Hemmnis für den Ausbau der Arbeiterversicherung, die durchaus notwendig ist. Darum haben die Arbeiter ein fehr großeg Interesse an der Gestaltung der Privat⸗ beamtenversicherung, und es ist zu bedauern, daß die Arbeiter bisher dieser Frage so wenig Beachtung . haben. Später wird es sehr schwer sein, an den vorgeschlagenen Grundzügen etwas zu ändern. Die Hauptsache bleibt für uns, daß in dem bestehenden Alterzinvalidengefetz die Höchstgrenze von 2090 * gestrichen wird. Selbstverständlich werden ganz erhebliche Schwierigkeiten dadurch ent⸗ ssehen, auf die ich aber jetzt nicht näher eingehen möchte. Es wird dann auch eine genaue Begriffsbestimmung des Privatangestellten ge⸗= eben werden können, die vielleicht den Versuch mancher Arbeitgeber indern wird, die Privatangestellten zu Arbeitern herunterzudrücken und dadurch ihre Stellung zu verschlechtern. Die Weiterzulassung einzelner schon jetzt bestehender Ersatzinstitute würde der Staats- anstalt nur die günstigen Risiken fortnehmen und manche Vorteile der staatlichen Versicherung illusorisch machen. Ich möchte, um praktische Vorschläge zu machen, den Staats sekretär bitten, daß er die vpersprochenen Grundzüge des BPersicherungs⸗ gesetzes möglichst bald veröffentlicht. Mit diesen Grund⸗ zügen zusammen sollte ein Zahlenmaterial vorgelegt werden, das einen Vergleich des Vorgeschlagenen mit den Wünschen der Mehrheit und der Minderheit ermöglicht. Schließlich möchte ich anheimgeben, ob es sich nicht empfiehlt, daß bald nach der Veröffentlichun dieser Grundzüge eine gemischte Kommission vom Reichsamt des 666 einberufen wird, in der Vertreter des Reichsamtes sitzen, Sach⸗ perständige der Theorie und Praxis, namentlich einige hervorragende Leiter der Landesversicherungsanstalten und einiger Sonderkassen, ferner Mitglieder dieses Haufes und Vertreter der Interessenten, sowohl der Angestellten wie ihrer Arbeitgeber. Ich glaube, daß eine solche nicht u umfangreiche Kommisston am ebesten in der Lage ist, ruhig und unbefangen alles Material zu prüfen, daz Unerreichbare von dem Erreichbaren zu trennen und die Wünsche der Interessenten in Einklang zu bringen mit den y,. des Staatswohles. Die einmütige Annabme des Antragez von Richthofen wird uns auch in dieser Frage ein erhebliches Stück vorwärts bringen.

Abg. Tehmann⸗Wiesbaden (Sor): Noch vor 109 Jahren hat man bef den bürgerlichen Parteien des Hauses einen anderen Stand, punkt eingenommen. Jetz! hat man sich davon überzeugt, daß selbst Leute von über 2000 Æ Einkommen nicht im stande sind, davon zu sparen, und will an die Stelle des Sparens des einzelnen des halb baz Sparen der Gesamtheit setzen. Schon der Vorredner hat bervorgehoben, daß die Unternehmer, die immer über die großen Lasten, die der Industrie durch die Invalidenversicherung auferlegt werden, klagen, sich jetzt bereit erklärt haben, mustat die eh der Beitrage ju zahlen, wofür sie allerdings eine ärkere Vertretung verlangen. Der Abg. Raab hat ja von dieser Tribüne verkündet, die Ergebnisse der vorjährigen Berufs. und Gewerbezählung hätten den Beweis für die Unrichtigkeit der sozal⸗ demokratischen Auffassung binsichtlich des Mittelstandes erbracht. Wir haben allerdings im Handel jetzt einen Aufschwung zu verieichnen in bejug auf die kleinen Betriebe. Das dürfte jweisellos darauf , sein, daß jetzt noch ein letzter Teil versucht, m Handel unterjukommen. Die Unsicherheit ihrer Gxisten; wird den Handlungsgehilfen immer mehr zum Bewußtsein, und diese sind es, die auf eine Pensionsversicherung drängen. Der Hauptausschuß fordert nun eine Sonderkasse und die Unter⸗ sellung aller Privatangestellten unter die Versicherung. Die Ver tretung des deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes hat nicht immer diesen Standpunkt angenommen, er sah bisher zu, wo er am besten ,. und stellte sein Interesse dem der Allgemeinheit voran. ie versicherten weiblichen Personen haben jedenfalls einen gesetzlichen Anspruch darguf, daß sie bei der Ver heiratung die von ihnen gezahlten eiträge zur JIvaliden⸗ verficherung zurückerhalten; der Hauptausschuß verlangt, daß bei der Fer herne, der Privatangestellten diese Bestimmung nicht Platz greifen soll; er will also die Beiträge von den weiblichen Angestellten nehmen, ohne daß diese nachher irgend etwas davon haben, er will sich also an diesen Beiträgen bereichern. Wenn gefagt ist, diese Beiträge sollen für die Witwenversorgung mit nutzbar gemacht werden, so ist das doch nur eine Entschuldigung für diese Konfiskation. ie gewerkschaftlichen, die Kampfeg⸗ organifationen, wie den Buchdruckerberband, soll man doch nicht in einen Topf werfen mit Versicherungsorganisationen. Nach der Art, wie sich die kaufmännischen Angestellten in den letzten zehn Jahren zu klareren Anschauungen gemausert haben, hoffe ich, daß sie sich auch noch überzeugen affen werden, daß eine Sonderkasse für sie ein Unding ist. Die Grenze jwischen den kauf⸗ männischen Angestellten und den Arbeitern ist so üssig, daß die große Mehrheit des Hauptausschusses in diesem Punkte sich doch wohl noch in eine Minderheit verwandeln wird. Die freien Gewerkschaften sollen sich nach dem Abg. Potthoff mit dieser Frage nicht genügend beschäftigt haben. Wenn das stimmt, so kommt ez wohl daher, daß uns die Sache nicht so auf den Nägeln brennt wie andere. Im übrigen sind wir ja von beiden Parteien im Haupt⸗ ausschuffe mit Material darüber überschwemmt worden. Die Meinung, daß wir uns abschließen wollten, ist mir neu und nicht uninteressant; blöher hörte man doch immer, daß wir die anderen aufsaugen, sie zu uns herüberzieben wollten daß man sich gegen uns abschließen müsse.

fassung vertreten, daß ein wesentlicher Unterschled zwischen Arbeitern, 96 a a

andwerkern und Fabrikmeistern nicht besteht, so sind wir uf demfelben Standpunkt, den heute guch der Abg; Potthoff vertritt. Wir treten alfo für den Ausbau der Invalidenversicherung ein und werden nach wie ver Sonderbestrebungen, wie denen der kaufmännischen

Angestellten, mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Damit schließt die Diskussion.

Das Schlußwort erhält für die Antragsteller . ha ff Wir . dem Gang der

Abg. ö (dkons.): Debate sehr zufrieden sein. Niemand von den Rednern hat sich dem Antrage feindlich ge ne, ,,. niemand die parteipolitischen Inter⸗ essen bei dieser 3 eit in den Vordergrund gestellt. e arteien sind von dem Gefühl durchdrungen, daß fuͤr die Privat- angestellten endlich eine Befferung gesetzlich zu erfolgen hat, und 23 unfer Antrag auf diesem Wege einen Fortschritt darstellt. O Sonderkaffen oder Anschluß an die Invalidenversicherung, ob Reichs. juschuß oder nicht, ob die abgestuften Beiträge oder nicht, alle 26 ik find innerhalb und außerhalb des Hauses noch strittig. W sehen in allen diesen Fragen zu den Ansichten, die der Abg. von Richthofen bei der Begründung, des Antrages vortrug. Sh die Privatbeamten in der Lage sind, die Hälfte der Beiträge aufzubringen, das muß erft durch die Praxis klargestellt werden. Der Abg. Sittart wollte die Privaibeamten mit höheren Einkommen als 5000 wenigstens mit 5000 M ihres Gehalts zu Beiträgen heranziehen; i hoffe, de diese Anregung Erfolg haben wird. Wir werden bei der weiteren Vorbereitung des Gesetzes freudig mitarbeiten.

Der Antrag von Richthofen wird darauf fast ein⸗ stimmig ingenommen. Es folgt die Beratung des am 277. Februar 1907 ein⸗

gebrachten Äntrags Prinz zu Carolath und Genossen (nl):

„Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, baldtunlichst einen Gesetzentwurf, betreffend die Regelung des Automobilwagen⸗ verkehrs im Deutschen Reich, unter Berücksichtigung der von der TVI. Kommission des vorigen Reichstages in erster Lesung gefaßten Beschlüsse dem Reichstage vorlegen zu wollen.“

ur Begründung des Antrags nimmt das Wort der bg. Prinz zu Schönaich⸗Carolath (nl); Meines Wissens ift bis heute in dieser Frage nichts geschehen; den Worten des Staats sekretärs vom vorigen Fah * sind keine Taten gefolgt. Gewiß haben in der Kommisston über das, wag geschehen soll, verschiedene Ansichten geherrscht. Die Herren Juristen baben sich nicht einigen können und immer neue Bedenken erhoben. Ich hat die Kommissionsmitglieder, sich auf das Notwendigste ju einigen und Sonder- wünsche zurücktreten zu lassen, weil jahlreiche mächtige Faktoren einer Regelung der Frage auf Grund des Haftpflichtgesetzes wider⸗ streben. Ich habe am 6. Dezember 1806 gebeten, die zweite Lesung noch vor Tintritt in die Weihnachtsferien vorzunehmen. Leider hat die Kommission meinen Wunsch nicht erfüllt. Wäre es nach meinem Wunsche gegangen, so wäre die Automobllhaftpflicht schon heute Gesetz. Angesichts der Agitation gegen dieses Hafipflichtgesetz habe ich den Eindruck gewonnen, daß ein dem früber gewünschten Gesetz analoges Gesetz nicht zu erwarten ist. Wir werden mit weniger zu⸗ frieden sein. Der Staatssekretär sagte im April 1907, wäre die Wichtigkeit des Gesetzeg so groß gewesen, so hätte die Kommission die Sache nicht vertagt. Diese Ansicht ist irrig, die Kommission bat im rbst 15606 gesessen, und es trat nur die Auflösung dazwischen. ch wende mich in dieser Frage jetzt direkt an den Reichskanzler, der allein im stande ist, die verschiedenen , n. zu einigen und sie zu einer gemeinsamen Tätigkeit anzuregen. er Staatssekretär hat eine ausführliche Statist k über die Automobilunfälle in Aussicht gestellt. Vielleicht ist diese Statistik identisch mit der, die im Reichtzamt des Innern ausgearbeitet ist. Die Statistik sollte im Herbst 1907 so weit ge⸗ diehen sein, daß dazu die berbündeten Regierungen Stellung nehmen können. Wir schreiben heute den 12. Februar. Was ist geschehen? Daß etwas geschehen muß, verlangt auch die konservative Interpellation im preußischen Abgeordnetenhause. Der Staate sekretãr hat im April v. J. gefragt, ob denn der Erlaß eines Haftpflichtgesetzes so sehr ewünscht würde. Auch der Deutsche Landwirtschaftsrat hat vor beinahe einem Jahre einen Antrag angenommen, der die Regierung auffordert, den im Reichstag nicht erledigten Haftpflichtgesetze ntwurf dem Reichstag vorjulegen. Es liegt mit gar nichts daran, daß das Gesetz so rigorose Bestimmungen enthält, wie sie als Schreckgespenst . worden sind, wodurch die Automobilindustrie ruiniert wird. Ich will kein Gefetz gegen die Autos, sondern nur einen Schutz für die ding. anger, die sich kein Auto halten können, einen Schutz gegen die nmaßung und Ueberhebung gewisser Automobilfahrer und Chauffeure. Ich verlange eine bessere Ausbildung der Chauffeure selbst, ein wirkliches Examen vor staatlich angestellten Examinatoren. Der Chauffeur muß erst fahren dürfen, wenn er 19000 km mit seinem Lehrer gefahren ist. Die Kostenfrage spielt hier, wo es sich um Leben und Gesundheit unserer Mitbürger handelt, gar keine Rolle. Der Geschwindigkeitsmesser ist durchaus unzuverlässig. Die Haupt- sache ist, daß die Chauffeure und Fahrer sich der Pflicht bewußt sind, daß sie Leben und Gesundheit ihrer Mitbürger schonen müssen; tun sie das nicht, so muß auf sie das Straf⸗ efetzbuch Anwendung finden. Die Automobilfahrer und Lenker sollen ch mehr Zeit lassen, sie fahren dann immer noch schneller, als ihre Väter und Vorväter gefahren ö. Vor dem Gesetz muß jeder gleich sein. Bei dem esetz muß allerdings darauf gesehen werden, daß unsere blühende, viele Tausende von Arbeitern beschäftigende Automobilindustrie nicht geschädigt wird, damit sie die Konkarrend mit dem Auslande aufnehmen kann. He⸗ kanntlich macht die Automobilindustrie in allen Ländern eine schwere Krisis durch. Das Automobil ist das Gefährt der Zukunft für Personen⸗ und Lastenverkehr. Wir können die Automobile im Geschäfts. und auch amtlichen Verkehr nicht mehr entbehren. Im Jusammenhange mit dem Unfug und den Ausschreitungen des Auto mobilbetriebs steht die Veranstaltung von Automobisrennen. Ich glaube nicht, daß die beteiligten Ortschaften, namentlich des Taunus, bon der Veranstaltung dieser Rennen besonders entzückt sind. Diese Rennen werden in Stadt und Land als eine schwere Schädigung empfunden. Wie schwer speziell die Landwirtschaft darunter zu leiden hat, kann man von jedem Landmann hören. Wenn aber schon diese Rennen roße Schädigungen für das Publikum mit sich bringen, die doch auf urjen Strecken stattfinden und gehörig überwacht werden, wie sehr muß sich dann die Gefahr steigern, wenn, wie ich höre, eine Automobilwettfahrt durch einen großen Teil Deutschlands unter Benutzung aller öffentlichen Straßen veranstaltet wird! Ich befürchte davon schwere Schädigungen der Bevölkerung und möchte die betreffenden Behörden dringend mahnen; dieser Sache nochmals shre volle Aufmerksamkeit zuzuwenden. Wenn die Automobllisten solche Renn und Wettfahrten vornehmen wollen, sollten sie sich be⸗ sondere Rennbahnen dazu anlegen. Für die Velozipedwettfahrten 6 besondere Rennbahnen angelegt; aber für die Automobile, die eben und Gefundheit der Mitbürger gefährden, werden die öffent- lichen Straßen hergegeben, die doch aus den Mitteln der Steuer⸗ jabler bejablt werden. Die Automobile sollen mit Schnellzugs⸗ geschwindigkeit unsere öffentlichen Straßen unbeanstandet befahren dürfen, während doch die Eisenbabn zu den allergrößten Sicherheits- vorkehrungen angehalten wird! Wie soll sich der gesunde Menschen⸗ verstand damit abfinden? Und dann die Verunreinigung der Luft-! Ist denn das überhaupt ein genügender Ausdruck? Man muß diefe Benzinausdünstung selbst genossen haben, um zu begreifen, welche Bescherung dem arbeitenden, schaffenden Volke an' seinen Erholungstagen bereitet wird! Wag soll aus unseren armen Lungen dabei werden? Diese Betrachtungen sollten sich doch auch den hohen Herren vom Bundesrat aufdrängen. Es sind ja auch Eifindungen gemacht worden, diese Ausdünstung der Automobile zu befeltigen; es kommt nur darauf an, sie zu prüfen und die für gut befundenen obligatorisch ju machen. Die Automobil- unfälle haben immer mehr ,, ,. In einem Halbjahr 1806

Wir wiffen, daß unfere Ideen fortschreiten, und wenn wir die Auf—

wurden ol, in einem Halbjahr 1907 schon 82 Menschen getötet;

Kraftwagen haben

die Todesfälle haben projentual stärker zugenommen, alg d Kra en selbst. Der Versolgung haben sich die Lutomobise vu die Flucht in jahlreichen Fällen entzogen. Eine Berliner Statistit weist nach, daß auch die Automobilposten viel zu schnell fahren und noch niemals habe ich gesehen, daß die Sicherheitsbeamien irgendwie die Führer darauf aufmerksam machen. Die meisten Ver—⸗ unglückten nd nach dieser Statistik Arbeiter, Kinder, Kaufleute, Schüler. Seit 1905 haben sich die Verlustziffern um das Vierfache vermehrt, die Zahl der Autos aher ist nur von 2009 auf Tä00 ge— stiegen! In Oesterreich ist ein Automobilgesetz nach langen 8 = ratungen zu stande ee nn nur in Deutschland, das bekanntlich in der Welt voran ist, scheint es nicht möglich zu sein, auf diefem Ge⸗ biete einen Fortschritt zu machen. Das Isterreichische Gesetz schreibt die Haftpflicht des Eigentümers vor. Wir könnten doch eigentlich auch so weit sein. Wenn der Kanzler schon keinen anderen Gesetz= entwurf in der 'angen Zwischenzeit konnte ausarbeiten lassen, so sollte , n, . en, enn , wieder zu⸗ ; n könnte ja dieser seine Kunst daran versuchen. 8. ist hohe Zeit, daß bei uns endlich etwas geschieht. ech,

gilt: justitia fundamentum regnorum!

Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:

Ich bin dem Herrn Vorredner dankbar dafür, daß er durch seinen Antrag mir Gelegenheit gegeben hat, hier vor dem Hause den gegen, wärtigen Stand der Automobilfrage darzulegen. Ich glaube, daß, wenn er und das hohe Haus von diesen meinen Darlegungen Kenntnis genommen haben werden, beide sich überzeugen werden, daß die An⸗ nahme des Herrn Vorredners, es sei bisher in der Sache von seiten der Regierungen nichts geschehen, eine irrige war. Ich habe im vorigen Jahre in der Rede, die von dem Herrn Vorredner in Bezug ge⸗ nommen wurde, erklärt, daß die Regierung nach wie vor die Not—⸗

wendigkeit eines gesetzlichen Einschreitens in dieser Frage nicht ver— kenne, daß sie aber geglaubt habe, mit einer neuen Vorlage an den Bundesrat und Reichstag noch warten zu müssen, weil inzwischen die“ neue polizeiliche Verordnung für den Automobil verkehr, die ja auf Beschluß des Bundesrats beruht und für samtliche Bundesstaaten be⸗ stimmt war, in Geltung getreten war.

Es kam für uns darauf an, und das konnte unter Umfltänden einen sehr maßgebenden Einfluß auf die Gestaltung des in Aussicht genommenen Gesetzes haben, es kam darauf an, wie die Wirkung dieser neuen Verordnung auf den Verkehr der Automobilfahrjeuge sein würde. Ich habe im vorigen Jahre erklärt, daß wir nicht säumen würden, die Resultate der darüber ein—⸗ gelelteten statistischen Erhebungen zu veröffentlichen, damit auch in weiteren Kreisen eine Prüfung dieser Frage ermöglicht würde. Nun, die Statistik ist aufgenommen worden zunächst für die Zeit vom 1. Oktober 1906 bis jum 1. Oktober 1907; sie ist sehr ausführlich, und ihre Ergebnisse wurden bearbeitet im Statistischen Amte des Reichs. Sie werden, nachdem die Bearbeitung kürzlich ab= geschlofsen wurde, in dem Märzhefte der Publikationen dieses Amtes jur Veröffentlichung gelangen. Inzwischen will ich aber, durch das Beispiel des Herrn Vdrrednerg bestimmt, der ja die Zahlen älterer statistischer Erhebungen Ibnen vorgelegt hat, auch einige Zahlen aus diesen neuesten Erhebungen vortragen. Die Ergebnisse dieser Statistik haben uns die Ueberzeugung verschafft, daß ein Gesetz nach wie vor nötig und dringlich ist; sie haben erkennen lassen, daß die Wirkung der neuen Verkehrsordnung auf den Automobilbetrieb nicht

so gewesen ist, daß von einem solchen Gesetz Abstand genommen werden könnte.

In dem Jahre vom Oktober 1906 bis Oktober 1907 sind durch die Statistik konstatiert worden 49831 Unfälle (lebhafte Rufe: Hört, hbörth, teils Personen, teils Sachschäden; etwa die Hälfte aller Un⸗ fälle kommt auf Berlin. Im Osten des Reichs sind die Unfaͤlle verhältnismäßig sehr gering an der Zahl; wie das ja natürlich ist überwiegen sie in den verkehrsreicheren Gegenden und sind von gam besonderer Bedeutung in dem großen Zentralpunkt des Verkehrs, hier in der Stadt Berlin. Von den Unfällen fallen rund 93 00 denjenigen Kraftwagen zur Last, die dem Personenverkehr dienen, 6o / y oder etwas darüber also der Rest rühren von Lastautomobilen her. Ganz überwiegend sind also die Personenwagen an den vorgekommenen Un⸗ fällen schuld. Von den Automobilführern, die bei den Unfällen be⸗ teiligt waren, ich erwähne diesen Punkt besonders, weil auch der Herr Vorredner ihn berührt hat sind mit Leichtigkeit ermittelt worden rund 88 0 o, geflüchtet sind 90/0 (hört, hört! bei den Sozial demokraten), den Versuch zu flüchten haben 2o / gemacht. Das ist immer noch kein Resultat, wie man es wünschen möchte. Immerhin läßt sich konstatieren, daß in dieser Be— ziehung doch eine Besserung gegen die frühere Zeit ein getreten ist. Die bei den Unfällen beteiligten Führer der doch nicht in dem Maße wie früher und in der möchte ich sagen groben Art, wie vordem, sich jetzt ihrer Verantwortlichkelt zu entziehen versucht. Ich glaube, man darf die Hoffnung hegen, daß das Resultat der Schulung und moralischen Erziehung, das hierin zum Ausdruck kommt, sich in Zukunft noch welter verbessern wird, ohne daß ich damit sagen will, man könnte aug diesem Grunde einstweilen von einer weiteren Regelung des Automobilverkehrs Abstand nehmen. Aber es liegt in der Natur der Dinge, daß, wenn ein neues Betriebsmittel in den Verkehr eingeführt wird, zunächst durch die Unerfahrenheit, Unvorsichtigkeit, Verwegenbeit der Besitzer und Führer manche Schäden eintreten, die in späterer Zeit verschwinden, wo die Führer an Einsicht und moralischer Kraft gewonnen haben. Von den Unfällen haben rund 460/‚09 zu Personenschaden geführt, in den übrigen Fällen ist nur Sachschaden eingetreten. Verletzte Personen jählen wir 2419, außerdem haben 145 Personen bei diesen Unfällen das Leben verloren. (Lebhafte Rufe: Hört! Hört) Von den verletzten Personen sind rund 80/9 Fübrer der Automobile gewesen, 150,0 Insassen der Wagen und 7600 solche Personen, die der Herr Vorredner besonders im Auge batte (hört! hörth, die sich anderweltig auf den Straßen bewegten (Lebhafte Rufe: Hört! Hört h

Beteiligt waren an den Unfällen insbesondere rund 210 / 9 Droschken, 289 060 Sportwagen, 1850/‚0 Omnibusse und 30/0 Berufswagen.

Nun, meine Herren, diese statistischen Ergebnisse werden ja der Oeffentlichkeit in weiterem Umfange zugänglich gemacht werden Wir haben aus dem Gesamtresultat den Schluß ziehen müũssen, daß an eine neue gesetzliche Ordnung nunmehr herangetreten werden müsse. Wenn der Herr Vorredner gemeint hat, dem Herrn Reichskanzler einen Vorwurf machen ju können, weil der Kanzler sich keiner Initiative in dieser Sache befleißigt habe, so kann ich ihm sagen, daß der Herr Reichskanzler, schon bevor

anlaffung genommen hat, das Reiche justisamt mit der Ausarbeitung eines neuen Gesetzes zu beauftragen, sobald die Resultate der Statistit vollständig zu übersehen sein würden. In Befolgung dieser Direktive ist von unserer Seite das Nötige geschehen. Wir haben uns mit dem Reichtamt des Innern benommen und verständigt. Wir sind auch mit Vertretern der Automobilindustrle und des Automobil- derkehrs in Beziehung getreten, um zu hören, wie welt berechtigte Wünsche auf ihrer Seite bei der neuen Regelung berücksichtigt werden könnten. Denn es kann uns nicht auf eine nachteilige Störung,

sondern nur auf eine sachgemäße Ordnung dieses wichtigen Verkehrs ankommen.

Auf solchem Wege, meine Herren, ist jetzt ein Gesetzentwurf fertiggestellt. Der Entwurf ist den preußischen Ressorts mitgeteilt worden. Ich habe Veranlassung anzunehmen, daß er auf preu⸗ ßischer Seite erheblichen Bedenken, deren Beseitigung längere Zeit kosten würde, nicht begegnen wird. Auf der anderen Seite werden Sie es aber verstehen, daß die Reichs verwaltung auf diesem so tief in das praktische Leben eingreifenden Verkehrsgebiete nicht mit gesetzgeberischen Vorschlägen auftreten kann, ohne sicher zu sein, die Königlich preußische Regierung, deren Verwaltungsorgane viel mehr Einblick in die Schwierigkeiten und Bedürfnisse des Verkehrs haben, auf ihrer Seite zu wissen. (Hört! hört! bei den So nialdemokraten.) Den Herren des Hauses wird es bekannt sein, daß, wie ja auch dor Derr Vorredner schon bemerkt hat, im preußischen Abgeordneten hause über die Regelung des Automobilverkehrs eine Interpellation statt- gefunden bat und daß der dafür zuständige preußische Herr Ressortchef die Erklärung abgegeben hat, es würde voraussichtlich in kurjer Zeit zu einer Gesetzgebung im Reiche kommen. Dabei hat der preußische Herr Minister diejenigen Vorarbeiten im Auge gehabt, die ich eben erwähnte, die vom Reichsjustizamte und vom Reichs amt des Innern ausgegangen sind. Auch aus dieser zustimmenden Erklarung des preußischen Herrn Ministers kann das hohe Haus die Wahrscheinlich- keit entnehmen, daß sachliche Schwierigkeiten dem Gesetzentwurf von Seiten der preußischen Reglerung nicht werden gemacht werden.

Nun, meine Herren, soll der Gesetzentwurf nach unserer Absicht dreierlei Bestimmungen umfassen. Ich möchte das hervorheben, um den Herrn Vorredner davon zu überzeugen, daß es sich in der Tat um ein ernstes Vorgehen handelt. Der Gesetzentwurf soll zunächst die zivilrechtliche Seite, die Haftung für den Schaden an Leib und Gut regeln. Er soll zweitens Bestimmungen dahin treffen, daß unquali⸗ fißterte Personen nicht mehr die Fübrung von Kraftwagen sich an— maßen, daß nur solche zur Führerschaft jugelafsen werden, die sich durch genügende Zeugnisse, über die die Landesregierungen nähere Be—⸗ stimmungen ju treffen haben würden, über ihre Befähigung auz— weisen können. Und es soll ferner Vorsorge eintreten, den Wagenführern das Befähigungsjeugnis, auf Grund dessen sie in den Automobilbetrieb getreten sind, wieder entjogen werden kann- wenn sie durch ihr Verhalten im Betriebe jeigen, daß sie nicht die nötigen Garantien für die Sicherheit des Verkehrs bieten.

Und endlich, meine Herren, an dritter Stelle sollen Straf⸗ bestimmungen erlassen werden, die die strenge Beachtung der Vor⸗ schriften des künftigen Gesetzes und der geltenden Verkehrgordnung sicherstellen. Die Bestimmungen der geltenden Verkehrsordnung stehen zwar bereits unter polizeilichen Strafvorschriften; diese haben sich aber nicht als ausreichend erwiesen. Es hat sich ergeben, daß die Hilfe der Reichsgesetzgebung eintreten muß, auch nach dieser strafrechtlichen Seite hin werden wir also die in der Prarls wahrgenommene Lücke auszufüllen suchen.

Also zivilrechtliche Bestimmungen, poltzeili Besti strafrechtliche Bestimmungen! Und ich . 9. . das ganze Gebiet der hier in Betracht kommenden Fragen so er— schöpfend regeln können, daß wir daraus gute Erwartungen für die Sicherung des Verkehrs in Zukunft entnehmen dürfen.

Nun wird der Entwurf, sobald er die Prüfung der preu

Instanzen passiert haben wird, . . , langen. Ich nehme an, daß die hohen Regierungen, wie sie im Bundesrat vertreten sind, das Interesse haben, die Beratungen, die damit ihnen zufallen werden, auch ihrerseits zu beschleunigen. Wenigstens haben in den einzelnen Landtagen die zuständigen Herren

. verschiedentlich Erklärungen abgegeben, die darauf schließen assen.

; Nun, meine Herren, hat der Herr Vorredner in seinen Aus- führungen durchleuchten lassen, als wenn es bei uns im Reiche bisher bei dieser Sache an dem mangelnden Ernst oder vielleicht auch an unberechtigten Hemmnissen gelegen habe wenn wir noch nicht weiter in der Sache gekommen sind. und er hat uns da als ein Beispiel, dem wir folgen sollten, den Vor. gang in Oesterreich angeführt. Es ist mir ganz willkommen, daß der Herr Vorredner hier auf dag Autland Bejug genommen hat. Ich glaube, die Mitteilungen, die ich über die Rechtslage im Auslande machen kann, werden ergeben, daß uns im Reiche, hier in Deutsch— land durchaus kein Vorwurf trifft, wenn wir bisher eine abschließende Regelung nicht erreicht haben. Vielleicht wird sich die Sache sogar so gestalten, meine Herren, daß wir noch das erste Land unter den großen Kulturstaaten sein werden, die ju einer Gesetzgebung auf diesem Ge⸗ ee . , . * denn die Meinung des Herrn Vor⸗ redners, daß in erreich eine solche Gesetzgebun t

gekommen sei, ist eine irrige. n m nn

Meine Herren, in Oesterreich liegt die Sache folgendermaßen. In Oesterreich ist die gesetzgeberische Frage gerade so wie ö. unt . vor Jahren angeschnitten worden. Gerade wie bei uns haben sich aber in den verschiedenen Stadien und Instanjen, sowohl im Parlament als auch anderwärts, sowohl in den Vorarbeiten als auch in der Beratung der Entwürfe ernste Schwierigkeiten ergeben, wie dat bei der großen Tragweite der hier zu regelnden Fragen natürlich ist. Wie sehr dies in der Natur der Dinge gelegen ist, haben ja auch bel uns unwiderleglich die Beratungen der Kommission, die im Jahre 1906 im Reichgztag gesessen hat, ergeben. In DOesterreich, meine Herren, erfolgte nach früheren Pourparlers zwischen den Ständen und der Regierung eine Regierungsvorlage im Jahre 1904. Diese Vor lage hat sehr mannigfaltige Schicksale zunächst im Abgeordnetenhause, dann im Herrenhause durchgemacht. Sie wurde im Abgeordnetenhause in mehreren Ausschüssen beraten; sie erfuhr immer weitere Aenderungen, bis sie schließlich aus dem Abgeordnetenhause in das Herrenhaus über⸗ geführt wurde. Im Herrenhause kam die Beratung nicht zu Ende.

die Resultate der Statistik uns vollständig bekannt waren, Ver⸗

Von einigen Seiten wurde der Antrag gestellt, die ganze Regelung

Linken.

als eine dringliche zu behandeln, um sie v Session noch jur Erledigung zu , ee, ,, ee, lehnte den Antrag auf Dringlichkeitgerklärung aber ab, und die Verhandlungen schwebten noch, als das Haus geschlossen wurde, also ein Vorgang, nur in etwas anderer Gestalt wie er sich im Jahre 19806 bei uns ereignete. Im Herbst vorigen Jahres, meine Herren, wurde dann die Sache wieder aufgenommen und von seiten der Regierung eine abgeänderte Vorlage nicht ihre frübere Vorlage; die Regierung hatte inzwischen auch Bedenken bekommen, ob nach Entwicklung der Verhaͤltnisse ihre frühere Vorlage noch vollberechtigt erscheinen dürfe eg wurde also im Herbst 1907 dem Parlament in Wien eine abgeänderte Vorlage unterbrestet; diese wurde vom Herrenhause einer Kommission über⸗ wiesen. Die Verhandlungen im Herrenhause schlossen im Dejember sie haben zu erheblichen Aenderungen in der Vorlage der Regierung geführt. Der Entwurf, so wie er aus dem Herrenhause herver⸗ gegangen ist, liegt gegenwärtig dem Abgeordnetenhause vor, und soweit ich unterrichtet bin, wird das Abgeordnetenhaus seinerseitgs wieder er— hebliche Aenderungen an den Beschlüssen des Herrenhauses vornehmen. Dann wird die Sache also wieder an das Herrenhaus zurũckgehen müssen, und wann dieses Spiel ein Ende haben wird, ist schwer ju beurteilen. Die Ansichten, die sich der Herr Vorredner über dag Schicksal der österreichischen Vorlage gemacht hat, sind, wie ich hier nach . muß, keineswegs zutreffend. =

an kann uns vielleicht entgegenhalten, daß auch in ĩ viele, wie der derr Vorredner sagte, . mr, d, e den gesetzgeberischen Versuchen entgegengetreten selen. Da wollen wir uns doch auch die Verhältnifse in unserem Nachbarlande, der Schweiz ansehen, einem vollständig demokratisch organisierten Lande ohne die dermeintlichen Hemmungen, die dem Herrn Vorredner Sorge machen Wie ist es denn in der Schwein gegangen? Daß in der Schweh⸗ bei dem dortigen starken Verkehr ein dringendes Bedürfnis nach einer gesetzlichen Regelung vorhanden ist, werden alle diejenigen Herren, die in den letzten Jahren die Schweiz besucht haben, ohne weiteres zugeben wollen. Daß die Schweizer selbst ein solches Gesetz dringend wünschen, ist auch außer Zweifel; die Frage ist immer nur wie soll das Gesetz aussehen? und da lehrt die Geschichte der . Gesetzgebung das Folgende.

n der Schweiz wurde die Sache jum ersten Male ĩ der Beratung des GesetzentwurfJ über die . gebung im Jahre 1802. Im Jahre 1802 erstattete dann der Bundes. rat über die Sache Bericht an die Bundesversammlung. Im Früh⸗ jahr 1903 fand die Beratung der von dem Bundesrat gemachten Vor— schläge im Nationalrat statt. Erst im Frühjahr 1904 kam es zur Beratung im Ständerat; man konnte sich aber über eine bestimmte Direktive nicht einigen. Darauf wurde im Jahre 1906 ein neuer Vorschlag im Justitz⸗ und Polijeidepartement der schweizerischen Re⸗ gierung ausgearbeitet. Dieser Entwurf führte dann zu einem vor— läufigen Gesetzentwurf, der von dem hochangesehenen Recht. lehrer Meili, der sich seit lange mit diesen Fragen ein—⸗ gehend befaßt, verfaßt war. Er befriedigte in der Deffent⸗· lichkeit nicht. Ende Oktober 1907 führten Verhandlungen auf dem schwetzerischen Juristentage zu wieder anderen Vorschlãgen. Später ist im Namen des Bundesrats die Erklärung abgegeben worden, daß im Anschluß an den Meilischen Vorentwurf eine neue Vorlage den gesetzgebenden Körperschaften zugehen werde. Es ist zu erwarten, daß auch diese noch lebhafte Opposition in den beteiligten Kreisen finden wird. Summa summarum, meine Herren, eine mehr⸗ jährige ernsthafte Tätigkeit, die verschiedensten Ansichten mehrere Entwürfe und zur Zeit doch eine Lage der Sache, von ber man nicht sagen kann, zu welchen positiven Resultaten sie führen wird Und das in der Schweiz, meine Herren!“ . Wenn ich nun unsern dritten Nachbar noch erwähne, so darf ich kenstatieten., daß de mar pr ffungen kann , k ö aber an eine Gesetzgebung, wie wir sie hier n Betracht ziehen, wird, soviel i an be,. s ch erfahren habe, dort noch gar Meine Herren, wenn in diesen Jahren, in denen mit der Automobilgesetzgebung befaßt haben, weder in ae,, e noch in der Schweiß noch in Oesterreich es gelungen ist ju einem bestimmten Abschluß dieses schweren Problems u kommen, dann, glaube ich, soll man sich doch vorsehen bevor man der deutschen Regierung einen Vorwurf macht, als wem. in der Sache nicht ernst oder nicht rasch genug verfahren wäre. Ich hoffe, meine Herren, daß in nicht zu langer Zeit auf Grund der vor⸗ gerückten Vorarbeiten eine VoVꝗlage an den Bundegrat und den Reiche tag gebracht werden wird, und ich halte es nicht für unmöglich, daß wir noch immer die ersten sein werden unter den großen Staaten die unsere Nachbarn sind, die ersten, die zu einer befriedigenden ab⸗ schließenden Regelung auf diesem Gebiete kommen. Mit dieser Kon⸗

statierung, glaube ich, wird auch der geehrte Herr Vorred zufrieden sein. (Bravo! rechts.) redner vorlaufig

Abg. Freiherr von Maltzan (dkons.):

6. wiederholt beschaftizt Diese Frage hat uns

wied Nach den Erklärunge ? ekretärs dürfen wir erwarten, daß wir in e ,. 97 4 2 He h it geset kommen, nur möchte ich bitten, daß man bie esetzgebung der Schweiß, Deflerreichs usw. nicht erft abwartet Die erste nrg nf zu diesem Vorgehen hat der Justijrat Eger in der Deutschen Jurk ten zeitung gegeben. Mit der Regelung der polizei⸗ lichen Vorschrifsten über den Kraftwagenperkehr hat sich neu— lich dag preußische Abgeordnetenhaus beschäftigt. Der Minister Breitenhach hat zugegeben, daß die jetzige Strafe nicht aug— reiche, sondern erhöht werden müsse, und daß die Chauffeure in, besonderen Chauffeurschulen ausgebildet werden müssen Die. Chauffeurschulen müssen in den einzelnen. Bundes- staaten errichtet und einheitlich eingerichtet werden. Vor allem ist Gewicht zu legen auf die moralische Qualifikation der auszubildenden 1 und auf ihr Sehvermögen. Sie Proben hierũber müssen öfter wiederholt werden. Die Prüfungen r nicht auf die Chauffeure beschränkt werden, fondern müffen auch auf die Herrenfahrer ausgedehnt werden. Bie Befugnis, die Erlaubnis zu fahren, entziehen zu können, würde auch erzieherisch wirken. Die Bestimmung, daß die Automobile nicht schneller fahren sollen, als ein trabendes Pferd, steht lebiglich auf dem Papier. Eg müssen bessere Vorschriften erlafsen? werden namentlich auch für den Automobil verkehr auf den dandstraßen eee, Automobilindustrie an sich will kein vernünftiger NMensch 3 nen Hemmschuh anlegen; sie beschäftigt Tausende von Arbeitern“ ur dem Auswuchs des Automobilwesens wollen wir entgegentreten Mag der Staatssekretär seinen ganzen Einfluß geltend machen daß uns recht bald ein Haftpflichtgesetz für die Automobile dorgeleg wird. Dafür wird er einen Block haben von der Rechten bis zur