1908 / 43 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Feb 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Großhandelspreise von Getreide an deutschen und fremden Bõrsenplãtzen

für die Woche vom 10. bis 15. Februar 1908

nebst entsprechenden Angaben für 1000 kg in Mark.

(Preise für greifbare Ware, sowelt nicht etwas anderes bemerkt.)

die Vorwoche.

Woche Da⸗ 10.15. gegen Februar Vor⸗ 1908 woche Berlin. Gen, guter, gesunder, mindestens 712 g das 1 201,67 208, 00 Weljen, ö ( 755 g das 1. 2153,00 218, 92 Safer, ö ö. ö 450 g das 1. 1665,75. 168,67 Mannheim. Roggen, Pfäljer, russischer, mittel.... 210,00 212,50 Weljen, Pfälzer, russischer, amerik, rumän., mittel, 239,53 242. 00 Hafer, badischer, russischer, mittel.. 189,38 192,50 Gerste ] badische, . 220,63 218, 13 russi he rern, mitelleIlꝛe 161,25 162,50 Wien. Roggen, 2. ö wd W en, hei , ö 220,77 222,70 1 1 k JJ 157,93 161,50 R 126,52 128, 35 Bu dapest. Roggen, Mittelware .... ; 172,37 168,98 Weijen, ö , n Hheg . J 139,68 138, 85 erste, Futter JJ 129,06 129,20 Mais, ,, . 115,77 115.75 O dessa. Roggen, 71 bis 72 kg das h . . . ...... 158,14 158, 94 Weizen, Ulka, 75 bis 76 kg das hl.. ..... 180,30 183, 08 Riga. 2 161,62 167, 87 W222 . 187,43 190 48 ö Paris. . lieferbare Ware des laufenden Monats / . . Antwerpen. e 169,81 170,58 . z e 4 . . 69 0 29 8 180,78 180,74 k 165 53 168. 170,2 176,27 ö 2 . Am sterdam. Asow w . 868 68 1 * 169, 38 Roggen Si Petersburger ö 173,41 ,,, . . 158,79 Weinen aur nn ger Winter, J 172,91 ,,,, . 127, 04 Mais J 1232 35 London. engl. weißl 165,55 167,81 Weinen tot *. (ark Lane) .... 161.17 163, Weizen englisches Getreide, 155,52 160,92 Hef Mittelpreis aus 196 Marktorten 130, 18 131,92 erste (Gazette averages) 150,89 150, 82 Liverpool. J 181,46 186,07 , , n, me,, ,,, ann,, 186,63 192,65 Wengen Ta Mata. 2 is 9 t o 1 186,40 192, 18 . w Hafer, englischer, 8 ö 146,25 147,22 . 1 145, 9 145, 55 Gerste, Futter JJ e 124,58 124,52 Mais J ./)ꝰ 118,ů 11 117,94 , 120, 35 120,76 Chicago 1 146, 990 150, 13 Weizen, Lieferungsware ͤ K 140,63 144,47 September .. 136,69 139,89 Mais . . 100,83 100,97 Neu York. a roter Winter⸗ 36 . 2 159439 157. 685 eizen J, 158,29 162,40 Lieferungs ware J 14. 163. 13 156 Mais ö k 116,11 115,90 ö Buenos Aires. Ye n ö n I. 1 . ͤ 1 2

) Angaben liegen nicht vor.

Bemerkungen.

1 Imperial Quarter ist für die Weizennotiz an der Londoner

duktenbörse 504 Pfund engl. ge 21 an 196 Marktorten des zr e ö einheimisches Getreide (Gazette averages) iss Weizen 480, Hafer 312, Gerste = 400 Pf ö, und eng 69g; 8 zal, e, oe , d, , , wann

für die 8 ermittelten Du

Bei der Umrechnung der Preise in Reichswährung sind die

Reichsanzeiger⸗ ittelt wöchentlichen Durchschnittswechselkurfe an der He kfrer tl ö.

ien und Budapest die Kurse auf Wien,

aus den einzelnen Tagesgangaben im Grunde gelegt, und jwar für für London und Liverpool die Kurse auf London, Neu Jork die Kurse auf Neu Jork, für Odessa u

. 8 ir ; 369 . auf diese Plätze. Preise in Buenos Aires f ö Goldyramle. . res unter Berücksichtigung der

Berlin, den 19. Februar 19608.

Kaiserliches Statistisches Amt. van der Borght.

Antwerpen und Amsterdam die Kurse

ro⸗ aus den Umsaͤtzen rchschnittspreise für Imperial Quarter und engl. , 6 Pfund englisch; 2100, Weizen

für Chieago und nd Riga die Kurse

wollen, so erwecke das den Verdacht, daß

Deutscher Reichstag. 104. Sitzung vom 18. Februar 1908, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Beratung des . . Oe eh enn bit Fest⸗ , des Reichshaushaltsetats für das Rechnungs⸗

jahr 1 und zwar: „Etat der Reichspost⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung“.

Ueber den Anfang der Verhandlungen ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:

Meine Herren! Was die letzte Frage anbetrifft, so hat schon mein Herr Vertreter ausgeführt, daß derartige Fälle sehr selten vor⸗ kommen, daß aber nicht zu vermeiden ist, einen Beamten, wenn er sich schlecht führt, von der etatsmäßigen Anstellung auszuschließen. Nun muß sich der Herr Abgeordnete aber nicht vorstellen, daß wegen eines oder zwei oder drei Versehen eine solche harte Maßregel ge⸗ troffen wird; der erwähnte Beamte hat jahrelang ein schlechtes Beispiel gegeben und sich mangelhaft geführt. Sie schütteln den Kopf, mein verehrter Herr Abgeordneter, Sie kennen aber die Akten nicht. Wenn ich Ihnen sage, daß die Oberpostdirektion nach Maßgabe ihrer Erfahrung mit dem Beamten zu der Ueberzeugung gekommen ist: der Beamte kann noch nicht angestellt werden, weil er nicht die Sicherheit dafür bietet, daß er sich gut verhalten und das Nötige leisten wird, so ist das etwas, waz nicht zu bezweifeln ist. Hart ist die Maßregel ja, das ist zweifellos, aber wir können davon nicht loskommen, und wie Herr Direktor Francke schon ausgeführt hat, be—⸗ steht diese Einrichtung nicht nur bei der Reichspostverwaltung, sondern es ist sowohl im Reiche wie in Preußen allgemeiner Grund⸗ satz, daß solche Maßregeln nicht wieder aufgehoben werden können.

Der Herr Abg. Kopsch hat dann eine Verfügung angeführt, die wegen der Einnahme von Erfrischungen durch die Schalterbeamten erlassen worden ist, und er hat mehrere Fälle namhaft gemacht, wo nach ihm zugegangenen Berichten gegen die Verfügung verstoßen worden sei. Ich kann natürlich hier im Augenblick, da mir die Fälle un bekannt sind, kein Urteil darüber abgeben, muß mich also darauf beschränken, wenn das Stenogramm vorliegt, Ermittlungen darüber anstellen zu lassen, ob etwas Ungehöriges geschehen ist. Das eine möchte ich aber dem Herrn Abgeordneten schon jetzt sagen: soweit ich dem, was er in dem Königsberger Fall gesagt hat, habe folgen können, hat es sich darum gehandelt, ob ein Beamter berechtigt sei, zu sagen: ich schließe jetzt den Schalter, weil ich essen will! Davon kann natür— lich nicht die Rede sein, daß jeder Beamte willkürlich den Schalter schließen darf und sich nicht darum kümmert, ob viel oder wenig Publikum da ist, und ob die Schlußzeiten für die Züge so liegen, daß durch die verzögerte Abfertigung das Publikum geschädigt wird. Der Schluß kann nur erfolgen, wenn der Amtavorsteher eine Anordnung über die Zeit der Unterbrechung getroffen hat, sodaß dafür gesorgt ist, daß das Publikum nicht geschädigt wird.

Wenn der Herr Abgeordnete weiter angeführt hat, daß die Beamten es war, glaube ich, in Zittau Zwanggurlaub erhalten haben, so muß ich, wenn ich auch den Fall nicht kenne, doch sagen: wenn einer der Beamten den Urlaub nicht haben wollte, würde ihn der Postdirektor sicher nicht gewungen haben, den Urlaub anzutreten. (Zuruf: Doch )

Wenn der Herr Abgeordnete weiter gesagt hat, bis zu einer ge⸗ wissen Zeit werde allgemein Urlaub bewilligt und dann sei auch noch ein Spielraum für weiteren Urlaub, während dessen die übrigen Be⸗ amten den Beurlaubten vertreten müßten, so handelt es sich bei solchen Vertretungen immer nur um Leistungen innerhalb der nor— malen Grenzen des Dienstleistungsmaßes, nicht darüber hinaus. Nun wollen die Herren sich einmal klar machen: ich glaube, alle die⸗ jenigen, die im geschäftlichen, im Beamtenleben oder im Offiners— beruf stehen, wissen ganz genau, daß bei Beurlaubungen immer ein gewisses Maß von Vertretung von den anderen übernommen wird, und daß deshalb der Urlaub in Zeiten gelegt wird, wo die Beamten weniger in Anspruch genommen sind. Ein gewisser Ausgleich muß überall eintreten, nicht nur bei der Post und nicht nur im Betriebtz⸗ dienst, so ndern auch im Verwaltungsdienst. Der Herr Abgeordnete ist ferner auf dle Stellung der Bahn⸗ postwagen gekommen. Ich glaube, im Sinne dieses hohen Hauses zu handeln, wenn ich den Herrn Abgeordneten bitte, die Erklärungen nachzulesen, die ich am Sonnabend in derselben Angelegenheit hier vor dem hohen Hause abgegeben habe. Darin habe ich ausgeführt, aus welchen Gründen es nicht möglich ist, die Stellung der Bahn⸗ postwagen in allen Fällen zu ändern, und welche Maßnahmen getroffen sind, um die Gefahr abjuschwächen. Abg. Eickhoff (fr. Volksp. ): Der gelaber el fassffe reh gen dl ' telsat bat tas Der Titel wird bewilligt. Bei den Besoldungen für gehobene Unterbeamte und Unterbeamte (Zugang von 2000 Ch zen bei den gehobenen und von 2190 Stellen bei den Unterbeamten) trägt der

Abg. Zubeil Cen einen Fall vor, wo ein Geldbriefträger in Cadinen wegen Diebstahlverdachts vom Dienste suspendiert worden sei, ohne daß man ibn auch nur zu Protokoll vernommen hätte. Der Betreffende müsse doch ein pflichtgetreuer und brauchbarer Beamter gewesen sein, sonst würde er nicht zwölfmal zur Zeit der Anwefenheit des Hofes nach Cadinen kommandiert worden sein. Der Mann sei schwer durch diesen Verdacht geschädigt worden; derjenige, der ihn der Unterschlagung verdächtigt habe, sei wegen Verleumdung rechtskräftig bestraft worden. Alle Bitten um Untersuchung und um Er⸗ öffnung des Disziplinarverfahrens habe man abschlägig beschieden. Es sei der Betreffende sogar mit Versetzung bedroht worden, wenn er sich weiter beschweren sollte. Daß unter soscher Behandlung das Neipenspstem deg. Beamten leiden müsse, sei flar. Er sei? von der Oberpostdireltlon in Danzig mit 20 M und mit Versetzung nach Graudenz bestraft worden, eine um so schwerere Strafe, weil er eine jahlreiche Familie habe. Der dortige Postdireftor und ein Post⸗ inspektor bätten dem Beamten ihr Bedauern ausgesprochen und ihm gesagt, daß in Graudenz so etwas nicht vorgekommen wäre. Uebrigens sei dem Betreffenden schon früher eine Falle von der Polizei gestellt worden, wie es jn öfter vorkomme. Es sei ihm vorgeworfen worden, daß er sich dem Trunke ergeben und einen Vorgesctzten angegriffen

habe. Beide Behauptungen seien eidesstattlich widerlegt worden. Wenn die Postverwaltung ihn nicht zu Protokoll habe 3 ie selbst ihm eine Pflicht- verletzung nicht vorwerfen könne. Der Beamte wisse heute noch nicht, weshalb er eigentlich gemaßregelt worden sei. Nicht nur höhere, sondern in erster Linie untere Beamte müßten des Schutzes ihrer Vo gesetzten teilhaftig werden. Der Mann habe acht Kinder und sei

jetzt zwangsweise pensioniert mit 28 , Vielleicht könnte der

Behörde angestellt werde, nachdem derselbe 20 Jahre im Postdi beschäftigt gewesen sei. Was die Stellung der . beamten betreffe, so scheine die Postverwaltung diese ganze Maßregel

erregen. Staatssekretãr des Reichspostamts Kraetke:

beamte Dröse in Elbing ist mehrfach als Aushilfe nach Cadinen ge⸗· schickt worden. Er hat sich dort schließlich in einem Fall nicht geeignet verhalten und ist infolgedessen nach Elbing zurückgezogen worden. In Elbing hat er sich unnütz benommen. (Lachen bei den Soy ialdemokraten) Viele Ungehoͤrigkelten sind festgestellt, Dienst. versaumnisse infolge übermäßigen Alkoholgenusses, Trunkenheit während der Bestellgänge, tätlicher Angriff auf einen Vorgesetzten, den Ober. postpraktikanten Appelt, und falsche Beschuldigung eines Vorgesetzten. (Hört! hört! rechts) Daß gegen diesen Unterbeamten im Reich. postamt keine Voreingenommenheit vorhanden gewesen ist, können Sie daraus ersehen, daß infolge seiner Berufung eine gegen ihn festgesetzte Ordnungsstrafe von 5 M aufgehoben worden ist, weil die Strafe für zu hoch befunden worden ist.

Infolge dieser Vorkommnisse in Elbing ist Dröse verwarnt worden, und es ist ihm die Versetzung angedroht worden. Trotzdem hat das nicht zu seiner Besserung beigetragen; er hat wieder unwahre Beschuldigungen ausgesprochen und ist schließlich wegen grober Ver fehlungen in eine Geldstrafe von 20 M genommen. Gegen diese Geldstrafe hat er hier Berufung eingelegt; die Berufung ist nach Prüfung der Vorgange abgewiesen worden. In Graudenz ist er dann

1. Mai 1906 freiwillig in den Ruhestand gegangen.

Außer dieser Sache hat sich nun eine Beleidigungsklage abgespielt. Dröse ist gegen den Oberpostpraktikanten Appelt vorgegangen, ist aber in erster wie in der Berufungtinstanz mit seiner Beleidigungeklage gegen Appelt kostenpflichtig abgewiesen worden; auch die Revision ift verworfen und die hiergegen beim Kammergericht in Berlin erhobene Beschwerde zurückgewiesen worden.

Auf Grund solcher Tatsachen, meine Herren, wenn erstens seine vorgesetzte Behörde und die ganz unbeteiligte Zentralbehörde die Handlungsweise des Schaffners schwer verurteilt, wenn außerdem drei Gerichte die Klage des Schaffners für ungerechtfertigt halten und ihn kostenpflichtig abweisen, so wird man doch wirklich nicht sagen können, dem Manne ist unrecht geschehen, und ich verstehe nicht, wie der Herr Abgeordnete den Mut findet, diese Klage hier offen auszusprechen und alle die Beamten, die mit dem Schaffner zu tun gehabt haben, als Maͤnner darzustellen, die gegen ihre Ueber zeugung und um einen Unterbeamten zu schädigen, handelten (Sehr gut! rechts Das weise ich jurück. Ich halte es für ganz gerechtfertigt, daß gegen den Mann so eingeschritten ist. (Bravoh

Abg. Zu beil (Soz.): Es ist nicht er ist; a ist hein e . ., 3. . bekannte Hausfreundin des Postrates Dobberstein, hat ihn denunziert. Der Angriff gegen den Vorgesetzten war tatsäͤchlich kein Angriff. Ez war die Pflicht der Vorgesetzten, den Dröse zu Protokoll zu vernehmen und festzustellen, ob er eine Antwort gegeben hat oder nicht. Man

hat ihm auferlegt, über die Cadiner Angelegenheit zu schweige di Sache muß also der Postverwaltung unangenehm , . . ö

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:

Ich muß noch einmal dem entgegentreten, was der Herr Vor⸗ redner ausgeführt hat. Wenn Anzeigen kommen, werden selbstver= ständlich die Vorgänge untersucht, und wenn ein Vorgesetzter an⸗ geklagt wird, wird das auch untersucht. In dem Falle in Cadinen ist die Angelegenheit durch einen Aufsichtsbeamten untersucht worden. Dabei hat sich herausgestellt, daß gegen den Beamten nichts vorlag. Der Herr Vorredner hebt hier immer so laut hervor, es sei eine Un— gehörigkeit, daß eine Frau in dem Raum gewesen waͤre, wo sie nichts zu suchen hätte; er würde das nicht tun, wenn er wüßte, daß in Cadinen eine Postagentur ist und die Postagenten berechtigt sind, ihre Angehörigen zur Vertretung heranzuziehen. Der Umstand, den der Herr Vorredner weiter anführte, daß der betreffende Unterbeamte sich gut geführt habe und mehrfach in Cadinen gewesen sei, darf nicht ju der Annahme führen, daß er nicht spaͤter auf eine schiefe Bahn geraten kann. Die Erfahrung machen wir häufiger, daß Menschen, die sonst ganz gut waren, auf eine schiefe Bahn kommen und dann nicht zu retten sind. Der Unterbeamte ist mehrfach in der Sache vernommen worden, sogar von seinem damaligen Oberpostdirektor in Danzig, also einem ganz unbeteiligten höheren Beamten, und nach dem Ergebnis von allen diesen Vernehmungen ist die Entscheidung getroffen worden.

leine Untersuchung, wenn kein Protokoll aufgenommen ift! Dröse nach der welteren Untersuchung hinzugezogen . Dpudft aft '. Der Staatssekretär hat die Sache durchaus falsch dar. gestellt.

Bei den Besoldungen der Landbriefträger bemerkt der

Abg. Bindewald (d. Rfp. ): Ich könnte nach den Ausführungen des Abg. Werner auf, das Wort verzichten, möchte . . Forderung für die Gleichstellung der Landbriefträger mit den Stadt— hriefträgern unterstreichen. Ich kann auch unterschreiben, was der Abg. Dröscher über die Landbriefträger gesagt hat. Eine ganze Reihe von solchen Briefträgern will gar nicht Stadtbriefträger werden, sondern auf dem ihnen lieb gewordenen Lande bleiben, . wünschen aber eine Gehaltsaufbesserung. Ihr Gehalt bewegt sich zwischen 00 und 1000 M Ihr Dienst ist aber keineswegs minderwertiger als der der Stadtbriefträger, im Gegenteil, er ist gleichwertig und bei schlechter Witterung wo man keinen Hund hinausjagen möchte, viel fegen gen, Für seine Beköstigung unterwegs muß er heut zutage selbst sorgen. Er lebt überhaupt auf dem Lande nicht billiger als in der Stadt. Daß fie einen kleinen Grundbesitz mitunter haben, ist doch kein Grund, sie schlechter zu stellen. Diesen Hinweis des Staatesekretärs könnte er auch gegenäber einem Postassistenten geltend machen, der in der Stadt ein Grundstück be—⸗ sitzt. In Industriegegenden ist der Landbriefträger oft nicht ein⸗ mal seines Lebens sicher. Ein verheirateter Landbriefträger mit Frau und drei Kindern kann mit 1000 M nicht auskommen. 6 Jeden Menschen muß ein Existenzminimum vorhanden sein. ie Ver⸗ besserung der Gehalteverhältnisse und vielleicht auch der sozialen Stellung dieser Beamten liegt im staatlichen Intereffe. Sas Futtergeld der fahrenden Landbriefträger reicht heutzutage auch nicht aus, wenn das Postpferd halbwegs leistungsfähig bleiben sol.

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke: Es freut mich, dem Herrn Vorredner darin zustimmen zu können, daß auch ich die Gehälter der Landbriefträger nicht für ausreichend

halte. Ich bemühe mich, sie auf einen höheren Satz zu bringen. (Bravo!) Ich möchte aber bemerken, daß er insofern sich im Irrtum

Staatgzsekretär dahin wirken, daß der Betreffende bei einer anderen

befindet, als er glaubt, daß die Landbrieftrager, die mit Pferden aus⸗

unter die Unterbeamten geworfen zu haben, um Unzufriedenheit ju

Meine Herren! Um die Sache kurz zu behandeln: der Unter.

krank geworden und wegen eines unheilbaren Mastdarmleidens zum

Abg. Zu beil (Sor): Das Urteil mußte so ausfallen! Das ist doch.

gestattet sind, einen Teil der Kosten für Geschirr, Stall usw. selbst tragen müssen. Das ist ein Irrtum. Sie bekommen ersetzt, was Pferd⸗ und Geschirrunterhaltung sowie Wagenunterstellung kostet, und aug den Bestell, und Personengeldern, die sie beziehen, werden ihnen bis 150 überlassen, und zwar dafür, daß sie durch Putzen des Pferdes und Inordnunghalten des Wagens besondere Zeitaufwendungen haben. Also sie haben einen Vorteil von der Ausstattung mit Pferd und Wagen und keinen pekuniären Nachteil.

Was dann den Vergleich zwischen Land⸗ und Stadtbrief— trägern betrifft, so ist es, wie ich schon mehrfach ausgeführt habe, unser Wunsch, daß die Unterbeamten möglichst an dem Orte bleiben, wo sie sind. Nun darf aber der Herr Abgeordnete beim Vergleich der Gehälter nicht vergessen, daß die Landbriefträger viel früher jur Anstellung kommen als die Stadtbriefträger und Schaff ner, nämlich ungefähr drei bis vier Jahre früher, und mit Rücksicht darauf die Gehälter für die Landbriefträger auch nicht so hoch bemessen sind wie für die Schaffner, und daß ferner ein Teil der Landbriefträgerstellen nur Durchgangsstellen sind, deren Inhaber später in Schaffnerstellen aufrücken. Ich hoffe, daß es gelingen wird, bei der Neufestsetzung der Gehälter die Landbriefträger, wie ich lebhaft wünsche, zu berücksichtigen. (Bravo.)

Bei den Vergütungen für Postagenten bemängelt der

Abg. Will. Straßburg CZentr.), daß in der Nähe von Straßburg be⸗ sonders auf der alten Hauptverkehrsstraße Paris Straßburg noch eine große Anjabl von Ortschaften ohne Postagenturen seien, und befürwortet die Einführung eines Automobilpostverkehrs. Auch Molsheim sei bisher postalisch sehr stiefmütterlich behandelt worden. Es komme n. industriell und landwirtschaftlich sehr entwickelte Gegend in Frage.

Abg. Gäbel (d. Rfp.) verwendet sich für die Erhöhung der

unzulänglichen durchschnittlichen Vergütung fuͤr die Postagenten. Die Tätigkeit der letzteren sei ebenso umfassend wie ihre Ver— antwortlichkeit.

Abg. Dr. Neumann -⸗Hofer lfr. Vgg.): Es ist erneuter Er⸗ wägung wert, ob es sich empfiehlt, Geschäftsleute zu Postagenten zu bestellen. Eine solche Bestellung ist für die Konkurrenten der Be⸗ treffenden sehr mißlich; davon abgesehen aber, kommt der Umstand in Betracht, daß die Postagenten durch ihr Amt hinter Geschäfts⸗ geheimnifse der Konkurrenten kommen, und daß sich daraus Un⸗ zuträglichkeiten ergeben können, liegt auf der Hand. Vielfach besorgen daher diese Konkurrenten ihre y. Geschäfte trotz der damit verbundenen Weiterungen vom nächsten Orte aus, um jeder Eventualität aus dem Wege zu gehen. In einem Falle sei in Aussicht gestellt worden . der Betreffende nach der Einrichtung der Agentur sein Geschaͤst aufgeben würde; er betreibe das Geschäft aber nach wie vor und habe sogar einen Weihnachtsausverkauf mit Umbau und Ver größerung des Geschäfts motiviert. Das sei doch eine offenbare Ver— höhnung der Postverwaltung.

Abg. Köhler (Wirtsch. Vgg.) befürwortet in eingehender Weise Mank ken um den Postagenten eine genügende Sonntagsruhe ju garantieren.

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:

Meine Herren! Die Postagenten haben so beredte Vertreter ge⸗ funden heute in den Herren Vorrednern wie am Sonnabend in Herrn Abg. von Treuenfels, und es ist von allen Seiten die Lage der Post— agenten als verbesserungsbedürftig geschildert worden.

Die Reichspost⸗ und Telegraphenverwaltung ist bemüht, soweit es den Verhältnissen entspricht, die Agenten besser jzu stellen. Aber eins dürfen Sie nicht vergessen: dadurch, daß für die Agenten Gehalts—⸗ aufbesserungen, Mietsentschädigungen usw. verlangt werden, sind wir nicht in der Lage, mit der Einrichtung von Agenturen so leicht und schnell vorzugehen, als es erwünscht sein dürfte. Es darf nicht ver⸗ gessen werden, daß es sich bei den Postagenten tatsächlich um eine Nebeneinnahme handelt, und fast jedesmal, wenn eine Agentur so ange⸗ wachsen ist, daß die Postverwaltung es für notwendig hält, ein Postamt daraus zu machen, bitten die Agenten: Lassen Sie mir doch die Agentur noch länger, damit ich diese Nebeneinnahme behalte. Das müssen wir doch bedenken, daß eine Nebeneinnahme bis zu 1000 M auf dem Lande eine sehr hübsche Einnahme ist, und daß die Leistung dafür doch eigentlich keine große ist; denn der Mann ist doch in dem Dorfe, er hat gar nicht die Absicht, immer spazieren zu gehen; entweder er hat überhaupt nichts zu tun, oder er hat Angehörige, die für ihn die Ge⸗ schäfte wahrnehmen, oder er ist pensioniert und nimmt die Neben einnahme noch gern mit.

Wenn Sie schließlich sagen: so gut wie ein Beamter für Kassen⸗ ausfälle, für Wohnungsgeld etwas bekommt, muß es auch der Agent erhalten, dann erschweren wir die Sache sehr und kümmern uns um Dinge, um die wir uns nicht kümmern sollten. Erholungsurlaub! Der Mann lacht darüber; der Postagent ist vielleicht ein Handwerker, Tischler, Schuhmacher, was soll er da in seinem Geschäft mit einem Erholungsurlaub. Wir haben uns mit dieser Petition auch in der Kommission eingehend beschäftigt, und die Herren sind der Meinung gewesen, daß einjelne Teile der Petition der Verwaltung zur Erwägung übergeben werden sollen, daß aber einzelne Teile überhaupt nicht zur Berücksichtigung geeignet sind, darüber bestand kein Zweifel.

Falsch würde es auch sein, wenn man sagen wollte, man soll einem Agenten nicht unter 00 Æ Vergütung geben. Ja, wenn wir solche Bestimmungen festsetzen, so schädigen wir die ganze Einrichtung. Denn wenn ein Mann da ist, der mit 300 K zufrieden ist, weil die Agentur klein ist, nur wenige Einwohner am Orte sind, auch kein starker Verkehr dort ist, da sage ich, 300 M wende ich an, 500 M0 sind ju viel. Wenn man zu viel aufwenden will, schadet man nur der ganzen Einrichtung, es werden dann nicht soviel Agenturen ein gerichtet, wie sonst eingerichtet werden könnten.

Nun ist gesagt worden, es ist nicht wünschenswert, Postagenten aus diesem oder jenem Stande zu nehmen. Ich teile vollständig die Ansicht des Herrn Dr. Neumann-⸗Hofer und bin der Meinung, daß, wo es irgend angängig ist, die Wahl solcher Berufsstände zu ver— meiden ist, bei denen im anderen Publikum der Verdacht entstehen könnte, daß die Postagenten die Adressen aufgegebener Sendungen geschäftlich ausnutzen könnten. (Sehr richtig! links) Ich kenne den Fall, den der Herr Abgeordnete angeführt hat, nicht; ich werde aber Ermittlungen darüber anstellen, ob der Agent damals gesagt hat, er wolle das Geschäft niederlegen. Es ist ja möglich, daß er inzwischen nicht hat verkaufen können. Wenn es aber der Fall wäre, daß er eine Vergrößerung seines Geschäfts vornimmt, so würde das direkt seiner damaligen Erklärung entgegenstehen. (Sehr richtig! links.)

Um aber die Herren nach der Richtung zu beruhigen, möchte ich Ihnen doch einige Zahlen vorführen, auf welche Stände sich denn die Agenturen verteilen. Das wird Ihnen auch ein Bild davon geben, wie weit es berechtigt ist, wenn man immer verlangt, man müßte den Agenten Pension geben. Wir haben uns ja vielfach darüber unter⸗

halten, daß eine Pensionierung im Sinne des Reichsbeamtengesetzes l

nicht möglich ist, weil wir unter Umständen als Agenten auch einen Mann von 70 Jahren annehmen, wenn er nur sonst genügt. Wir nehmen auch unter Umständen einen kranken Mann. Also schon aus diesem Grunde kann von einer Pensionierung nicht die Rede sein. Nun sind aber auch sehr viele Beamte unter diesen Agenten. Ich möchte anführen: unter den 10 000 Agenten sind 2000 Beamte und Lehrer, also der fünfte Teil, Kaufleute nur 1390 das wird für Herrn Dr. Neumann Hofer interessant sein —, Gast⸗ wirte 1700, Privatiers und Rentiers 830. Nun denken Sie, meine Herren, wenn wir einem Rentier einen Erholungsurlaub geben! (Heiterkeit) Wenn der Mann als Rentier lebt und nichts zu tun hat und sich noch einen Nebenerwerb verschafft, so ist es ja lächerlich, wenn man ihm Urlaub geben wollte. Dann kommen Land⸗ wirte 1612 ich bin überzeugt, daß jedem kleinen Landwirt diese Nebeneinnahme sehr nützlich sein wird, und daß er sie gerne er— strebt dann Handwerker 1250, aus anderen Berufsständen 900. Sie sehen aus dieser Darlegung, daß die Agenten den verschiedensten Ständen angehören, und daß man wirklich vorsichtig sein muß, hier ju reglementieren. Die Verhältnisse sind eben sehr verschieden, und. es ist ein Glück, daß sie das sind, damit man es an einem Orte so machen kann, am anderen so. Ich möchte Sie dringend bitten, sich damit ju begnügen, daß von dieser Stelle hier erklärt wird, was für die Agenten geschehen kann, das werden wir tun. Aber lassen Sie davon ab, derartige Sachen reglementieren zu wollen, denn das paßt nicht.

Es ist noch die Sonntagsruhe erwähnt worden, und ich möchte auch darauf noch kurz eingehen. Ich persönlich bin ein Freund davon, daß bei den kleinen Anstalten am Sonntag Nachmittags kein Dienst ist. Aber ich stehe immer auf dem Standpunkt, daß ich auch höre, wie denn die Verhältnisse liegen, und wie diejenigen Beamten und Stände, die der Sache näher stehen, sie ansehen. Nun wird mir ent— gegen gehalten, Nachmittags ist es wünschenswert, Dienst zu halten, weil doch vielfach der Telegraph benutzt wird, und weil gerade die Landleute so ungünstig daran sind, daß sie, wenn etwas vorkommt, von Morgens 10 Uhr ab den ganjen Tag über keine Depesche mehr absenden können. Ich bin der Ueberzeugung, daß allmählich mit dem weiteren Ausbau der Postanstalten es möglich sein wird, auch nach der Richtung hin Erleichterungen zu schaffen, und ich bin gern bereit, prüfen zu lassen, ob man nicht noch Ein— schränkungen vornehmen kann. Den ganzen Sonntagsdienst einzustellen, wird jedenfalls keiner von den Herren wünschen; aber daß unter Um, ständen der Vormittagsdienst augreichend sein würde, der Ueberzeugung möchte ich sein, und ich will gern nach der Richtung hin von neuem Ermittlungen anstellen. (Bravo!)

Abg. Dr. Neumann⸗Hofer (fr. Vgg.) nimmt bezug auf ein Schreiben der Oberpostdirektion Minden, wonach der Betreffende sich zur Aufgabe seines Geschäftes verpflichtet habe.

Bei den Ausgaben für Posthilfsstellen und Postboten empfiehlt der

Abg. Hamecher (Zentr.) wiederholt eine Erhöhung der Tagegelder der Postboten und spricht die Erwartung aus, daß die dem⸗ nächstige Besoldungtsverbesserungsvorlage auch in diesem Punkte den berechtigten Wünschen dieser Kategorie entsprechen werde. Vielleicht wäre auch für sie eine Zulage von zwei zu iwei Jahren einzuführen; auch wünschen fie, daß ihnen die als Post⸗ boten und Aushelfer zurückgelegte Dienstzeit bei der definitiven Anstellung auf das Besoldungsdienstalter angerechnet werde. Auch wünschten sie eine Anrechnung der Militärdienstzeit bis zur Dauer von drei Jahren.

Bei den Löhnen für die Arbeiter im Bereiche der Post⸗ und Telegraphenverwaltung (10,8 Millionen, mehr 1.4 Mil⸗ lionen) fragt der .

Abg. Lehm ann⸗Wiesbaden (Soz.), ob bei der Verwaltung die Absicht bestehe, die Arbeitslöhne zu erhöhen, und warum nicht eine höhere Summe angefordert sei. .

Geheimer Oberpostrat Neumann erwidert, daß tatsächlich ein Teil der Mehrforderung durch erhöhte Löhne bedingt sei.

Abg. Lehman n⸗Wiesbaden (Soz.): Ich bin erstaunt, daß man dies in den Erläuterungen des Etats nicht zum Ausdruck gebracht hat. Die Verwaltung hätte alle Ursache, anzugeben, wieviel voraussichtlich auf die Vermehrung des Personalt und wieviel auf die Erhöhung der Löhne entfällt.

Zu den Ausgaben für außerordentliche Vergütungen für mittlere und untere Beamte liegt der Antrag von Gamp vor, folgenden Titel einzuschalten:

. außerordentlichen Beihilfen für die mittleren Beamten und für die Kanzlei⸗ und Unterbeamten in der preußischen Provinm Posen und den gemischtsprachigen Gebietsteilen von Westpreußen 690 000 M0

Abg. Schultz (Rp.): Ich empfehle die Annahme der Resolution im Namen meiner politischen Freunde und auch im Namen der Deutschkonservativen. Durch die Zurückstellung der Abstimmung über die Resolution ist eine eigentümliche Geschäftslage geschaffen worden. Wir bitten, eine Summe in diesen Etat einzustellen. Wird aber die Resolution erst in dritter Lesung angenommen, so ist damit für dieses Jahr nichts erreicht. Wir glauben, einen Ausweg gefunden zu haben, indem wir den Staatssekretär bitten,

mit den verbündeten Regierungen in ein Einvernehmen darüber zu setzen, ob sie, wenn der Reichstag riese Resolution annimmt, mit derselben einverstanden sein würden. Der Antrag selbst ist ein alter Bekannter, hoffentlich auch bei der Mehrheit ein guter Bekannter. er ist die Ostmarkenzulage ge⸗ scheitert, weil sie widerruflich sein sollte. Im vergangenen Jahre ist 6. als unwiderruflich vom , angenommen, aber die ver⸗ ündeten Regierungen stimmten nicht zu. So hatte jeder das Seinige getan, aber die Ostmarkenzulage lag dadurch auf der Erde. Wir haben sie aufgenommen und hoffen, daß sie nicht wieder fällt. Den Bedenken, die der Abg. Kopsch ausgesprochen hat, sind wir durch die neue Fassung unseres Antrages entgegengekommen, weil wir als ehrliche Makler das Geschäft zustande bringen wollten. Wir müssen doch zusammenkommen, damit diese für die Ostmark so wichtige Frage gelöst wird. Die Behauptung des Abg. Kulergki, die Ostmarken⸗ zulage habe den Schulstreik verursacht, ist unverständlich, und was er mit hakatistischer Seuche gemeint hat, weiß ich nicht, wenn eine Unduldsamkeit Deutscher gegenüber den Polen besteht, dann möchte ich wissen, welches Wort er für den Terrorismus gebrauchen will, der von den Polen ausgeübt wird. Wir wollen doch hier kein Novum schaffen. Selt mehr als 30 Jahren bewilligen wir eine Westmarken⸗ zulage. le Unteroffiziere und Mannschaften in Elsaß Lothringen bekommen eine solche seit 1874. Die Westmarkenzulage für die Offiziere wurde damals von der Regierung damit begründet, daß der Offizier in Elsaß Lothringen in Zukunlt der Stützpunkt des Deutsch⸗ tums sein würde. Aehnlich ist die Ostmarkenzuiage zu verteidigen. Nach dem jetzigen Wortlaut unserer Resolution sollen außerordentliche Beihilfen an alle Beamten der Ostmark gleichmäßig und in der selben Höhe wie den preußischen Beamten gegeben werden. Helfen Sie uns, daß dies geschieht, und sagen Sie ung, was Sie etwa noch an unserem Antrage auszusetzen haben. Die Frage ist immer dringender geworden, und finanzielle Bedenken müssen wir zurück— stellen. Ich schließe mit dem Wunsche: Lassen Sie die thegretischen Bedenken fallen und nehmen Ste sich der Beamten praktisch an, es handelt sich um eine Pflicht ausgleichender Gerechtigkeit.

Abg. Bassermann (ul.): Wir dürfen den Reichsbeamten nicht das verweigern, was den preußischen Beamten bereits gewährt sst. ECtatsrechtlich sind zwei Wege möglich: entweder die Reichsregierung stimmt dem Antrag zu, dann kann der Betrag in den Etat eingestellt werden, oder sie tut es nicht, dann hat der Antrag die Bedeutung einer Resolution. Es kann auch die Form eines Nachtraghetats ge⸗ wählt werden. Wir werden für den Antrag stimmen.

Abg. Singer (Soz ; Die Ostmarkenzulage ist weiter nichts als eine Prämie auf die Schikanierung der Polen. In formeller Be= ziehung glauben wir, daß der Reichstag berechtigt ist, eine Position in den Etat einzustellen. Die Regierung hat ihrerseits das Recht, die . abzulehnen. Der Antra . aber unklar; zweifellos wollen

ie den Beamten die Beihilfe Jahr für Jahr gewähren, und doch soll es sich um eine außerordentliche Beihilfe handeln, der Kampf mit den Polen ist doch nicht im nächsten Jahre beendigt. Sie glauben wohl nur, durch das Wort außerordentlich! die Sache , line. zu machen. Wir werden aus materiellen Gründen gegen den Antrag stimmen. .

Abg. Gröber (Zentr.): Die Gründe gegen die Ostmarkenzulage sind

oft genug hier dargelegt worden. Maßgebend in bezug auf den Antrag ist nur sein Wortlaut, nicht die Motivierung des Abg. Schultz. Wem Beihilfen zugewendet werden sollen, ob em elnen Beamten, oder allen, darüber steht im Antrag gar nichts. Die ö damit machen, was sie will, es steht auch nichts Über iderruflichkeit oder Unwiderruflichkeit darin. Der 963 Schultz hat die Sache etwas schmackhafter machen wollen durch den Hinweis auf die Westmarkenzulage. Er über— eht nur, z die Regierung die Aufhebung dieser Zulage in Aus⸗ cht gestellt hat. Damit fällt also die Motivierung dieser Zulage ohne weiteres. Die Antragsteller bezeichnen ihren Antrag aus⸗ drücklich als Resolution, sie wollen den Text nicht in den Gtat hineinbringen. Die Regierung könne sich über den Antrag doch erst nach dreimaliger Lesung schlüssig machen. Die Sache kann überhaupt nur in Form eines Nachtragsetats geregelt werden. Der Graf Posadowsky hat uns gesagt, die Resolution des Reichstags könne staatsrechtlich vom Bundesrat erst erledigt werden, wenn die Session beendet ist und der Reichstag könne vor Schluß der Session noch einen anderen Beschluß fassen. Also die Resolution, wenn sie angenommen werden sollte, kann vom Bundesrat, wenn er sich mit seiner Praxis nicht in Widerspruch setzen will, erst nach Schluß erledigt werden. Es ist bei der Fülle des Beratungsstoffes aber fraglich, ob die Session überhaupt geschlossen wird; dann müffen wir noch ein Jahr länger warten. Also ich stelle Ihnen anheim, Herr Kollege, Ihren Antrag formell und materiell zu ändern; bitte, tun Sie es!

Abg. Zubeil (Sor) tadelt, daß seit 14 Tagen die Postillione in Berlin wegen Mangels an Kräften verlängerten Dienst haben.

Abg. Schultz (R3.): Ich gebe zu, wir haben die Resolution eingebracht, bevor der Präsident festgestellt hatte, daß säͤmtliche Resolutionen bis zur dritten Lesung zurückgestellt werden sollten. Nun saßen wir da. Doch wie gesagt, wir wollen ein Zu— sammengehen mit der Regierung, wir wollten nur der Unbequem- lichkeit eines . entgehen. Wir befinden uns jetzt in einer verfahrenen Lage. Die Geschichte der Westmarkenzulage habe ich nicht so genau verfolgt. Die Abgg. Windthorst und Richter haben jedenfalls damals gegen diese Westmarkenzulage nichts zu erinnern gehabt. ;

Direktor im Reichspostamt Gieseke: Meine Herren! Der Herr Abg. Zubeil hat soeben angefragt, ob etiwas davon bekannt sei, daß seit 14 Tagen hier in Berlin eine andere Diensteinteilung bei den Postillionen eingetreten sei, wodurch sie eine erhebliche Mehr⸗ belastung erfahren hätten. Diese Angelegenheit hat vor wenigen Tagen hier schon einmal ein anderer Herr berührt; es ist infolgedessen ein Bericht eingefordert worden, und es wird dann eine Prüfung der Angelegenheit stattfinden. Ich möchte nur eins bemerken, daß die Dienstverhältnisse der Postillione der reichseigenen Posthalterei in Berlin erst kürzlich, im November v. J, genau geprüft worden sind; dabei hat sich ergeben, daß die Dienstschichten und dag r, . der Postillione genau den Vorschriften entsprechen, welche dieserhal von dem Herrn Staatssekretär des Reichspostamts erlassen worden sind.

Die Abstimmung über die Resolution von Gamp wird bis zur dritten Lesung ausgesetzt.

Bei den Betriebskosten im Bereich der Telegraphie, und . bei den Ausgaben für Materialien zum Bau und zur

nne anz der Telegraphenlinien 18 579 200 , spricht der

Abg. Ahlhorn (fr. Volksp.) sein lebhaftes Bedauern darüber aus, daß bei Anlage von Telegraphenlinien die Baumkronen beschädigt werden. Die Telegraphendrähte sollten höher gezogen werden.

Unterstaatssekretär im Reichspostamt Sydow: Der Konflikt jwischen Telegraphenstangen und Bäumen ist so alt wie die Tele⸗ raphenlinien selbst. Auf Grund detãz 5 4 des Telegraphenwegegesetzes ' alle mögliche Rücksicht auf die Baumpflanjungen genommen In letzter Zeit sind wir mit der Verwendung langer Stangen immer weiter gegangen. Die Stangen haben aber den Fehler, daß sie nicht usammen mit dem Baum wachsen. Es ist nun das Dilemma, daß eine gründliche Augästung nicht zu vermeiden ist, wenn nicht die Verbindung gestört werden soll. Also es soll möglichste Rücksicht auf die Baumpflanzungen genommen werden, eine absolute Rücksicht ist aber nicht möglich.

Bei den sächlichen und gemischten Ausgaben, und zwar bei der Position „Tagegelder, Umzugskosten 56 kommt der

Abg. Kop sch (fr. Volksp.) auf die neuliche Erörterung über die Auferlegung der Umzugskosten auf die Beamten zurück. Die Ver— waltung sollte in Krankheitsfällen des Beamten oder seiner Familie oder im Falle eines Bedürfnisses des Beamten, seinen Kindern eine bessere Erziehung zu geben, ein dienstliches Interesse als vorliegend erachten und eine Verzichtleistung von den Beamten nicht verlangen.

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:

Ich glaube auch hier wieder dem Interesse des Hauses zu ent— sprechen, wenn ich den Herrn Vorredner bitte, meine Ausführungen vom vorigen Sonnabend zu lesen; da ist die Frage schon behandelt worden, und da habe ich zum Ausdruck gebracht, daß wir in der Aus- legung des dienstlichen Interesses so weit wie möglich gehen, daß wir aber über eine gewisse Grenze nicht hinausgehen können, weil wir der Revision durch den Rechnungshof unterliegen. Die Herren müssen immer daran denken, daß bei einem so großen Beamten personal die Wünsche auf Versetzung selbstverständlich recht umfang- reich sind, und daß wir die Etatssummen sehr vermehren müßten, wenn wir alle Versetzungen auf Kosten des Reiches vornehmen würden. Aber die Bitte, die der Herr Vorredner ausgesprochen hat, ist eigentlich schon am Sonnabend zugestanden worden in dem Sinne, daß wir bei der Auslegung des Begriffs „dienstliche Interessen“ recht weit gehen.

Der Rest des Ordinariums wird bewilligt.

Zu den einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats bemerkt der

Abg. Dr. Abl (fr. Volksp.): Das Extraordinarium enthält eine ganze Reihe von ersten Raten für neue Postgebäude, aber ich vermisse darunter diejenigen für den Neubau des Postgebäudes in Hirschberg. So schön die Stadt ist und liegt, so traurig ist das Postgebäude beschaffen, und so unzulänglich die Zustände in seinem Innern. e fällt die Antwort, die ich meinen Wählern überbringen ann, nach dem Rejept „Ende gut, alles gut!“ aus. Die Postbehörde hat allen Anlaß dazu.

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke: Es freut mich, dem Herrn Vorredner erwidern zu können, wie ich auch seiner Meinung darin bin, daß ein Posthaus in Hirschberg bald

werden.