für die Beamten stehen. Wlr haben also die größten Bedenken die Vorlage in diefer Form, wir werden in der Kommission . Material erwarten und eventuell envorschläge machen.
Abg. Lattmann (wirtsch. Vxzg ); Es ist interessant gegenũber der bon den Sozialdemokraien 15985 vertretenen Auffassung, daß BDampfersubventsonen nur im Interesse der Aktionäre lägen, auf die Ausführungen binzuweifen, die 1885 der Abg. Dietz nameng und unter Zuftimmung der fozlaldemokratischen Partei gemacht bat. erkannte an, daß die Postdampfschiffs verbindungen Hilfsmittel sind die uns den Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt erleichtern und namentlich den Arbeiterfland in seinen Ecwerbsverhältnissen förderten. , wie 18535 die Sonaldemokratie sich davor gefürchtet dat, dem Volle große Lasten auf diesem Gebiet auftuerlegen, ebensowenig würde jetzt gegen eine Erhöhung der Subvension vom grundfätzlichen Standpunkt aus etwas einzuwenden sein, wenn nicht anderwestige Bedenken gegen die Vorlage sprächen. Man darf 3 ö daß die Verpflichtungen, die dem Norddeutschen
ur e Vorteile für die Gesamtheit mit
Vertrãge auferlegt ᷣ. eine Fülle wertvoller Grhöhung der Mindestfahrgeschwindigkeit,
gebracht haben, so die die Verpflichtung, die Bampfer dem Kriegsbedürfnis anzupassen, sie nur auf tschen Werften erbauen zu lassen, nur 2 Ren, r anzu⸗ siellen usw. Bei diesen Verpflichtungen bestebt wohl ein berechtigter Anspruch auf eine Beihllfe. Aber eine Mehrbelastung von einer Iben Million . ist bei der gegenwärtigen Finanzlage kein —borgestern ist der Entwurf ung zugegangen, Die 3 — Begründung beziehen sich auf 1806 und 1907; zudem sollte die Subvention schon am 1. April 1808 in Kraft treten. Daraus ift zu entnehmen, daß die Reichsregierung sehr wohl in der Lage gewefen wäre, eber mit der Vorlage an den Reichstag beranzutreten, und . sie es sich selber zuzuschreiben haben wird, wenn der Gesetzentwurf nicht mehr zuk Verabschiedung kommt oder abgelehnt wirb. Es ist auch eine starke Zumutung an den Reichstag, eine solche Forderung zu bewilligen, nachdem wir die Entwicklung der Sieuerverbältnisse kennen gelernt haben, nachdem die neuen Steuern um 30 Millionen hinter dem ohnehin schon um z5 Millionen ermäßigten Voranschlag zurückgeblieben sind. Da sollten wir nicht immer nur von Sparfamkeit reden, sondern uns nicht scheuen, auch einmal einen rücksichtslosen Schnitt zu machen. Der Nachwei der Dringlichkeit und der unbedingten Notwendigkeit sst bislang nicht erbracht. Wenn das aber nicht noch geschieht, so werden wir gegen den Entwurf stimmen.
Abg. Dr. Sem ler (nl): Es steht fest, daß der Norddeutsche Lloyd in den letzten Jahren auf den hier in Betracht kommenden Tinlen eine Unterbilanz von 1, Million aufzuweisen hat. Diese IJ ihm durch die Vorlage einigermaßen ersetzt werden. Zweitens oll mil der Vorlage erreicht werden, daß die Linie nach Neu Guinea nicht verschlechtert, sondern womöglich verbessert wird. Eine solche. Unterbllan; kann auch einer subventionierten Dampferlinie nicht zugemutet werden. Die grundsätzliche Frage, wie weit überhaupt Subbentionen erwünscht sind, will ich nicht untersuchen, aber gerade gegenüber England dürfen wir sehr stol darauf sein, daß einzelne unserer Linien gar nicht subbention iert sind, andere nur foweit die unbedingie Notwendigleit vorliegt. Wenn die Vorlage in die Budg tkommission kommt, so bin ich mir klar darüber, daß sie eine schwierlge Lage vorfinden wird. Aber eine vernũnftig begründete Vorlage soll man nicht aus einer Augenblicksstimmung heraus beurtellen. Man hat die Frage aufgeworfen, wie es komme, daß gerade 20 00 6 auf die Singayore-Linie entfallen. Das beruhl auf dem Prinzip der ratierlichen Beteiligung an der Gesamt-⸗ fumme der Subdentson, einem Prinzip, das auch von der Regierun durchaus als richtig anerkannt wird. An die Regierung möchte i die Frage richten, wie sich die Dividende des Norddeutschen Llovds in den letzten jehn Jahren gestellt hat. Die Finanzlage desselben ist zur Zeit ebensowenig günstig, wie die anderer Gesellschaften. Was die Bedürfnisfrage anbetrifft, so hätte der Lloyd vielleicht etwas mehr daju tun lönnen, uns zu informieren. Wir brauchen uns bei der Unterstũtzung dieser Linie nicht allju große urückhaltung aufzuerlegen; es handelt sich auch nur um 3 Million. Wir werden in der Budget fommission die Vorlage so weit zu fördern suchen, daß es möglich ist, sie noch ie zu verabschieden.
Abg. Roske (Son): Zur Begründung der Vorlage hätte hier nicht der Staatssekretär des Innern oder sein Vertieter, sondern der Staatssekretär des Reichskolonialamts erscheinen müssen, denn die dem Entwurf beigegebenen Motive sind lediglich vom kolonial⸗ politischen Interesse diktiert. Soll daz Schußgebiet Neu. Guinea derart berücksichtigt werden, so hätte man uns schon vor Wochen und Monaten in der Budgetkommission bei der diesmal so außergewöhn⸗ lich gründlichen Beratung des Kolonialetats Aufschluß geben müssen. Tatsächlich hat aber damals das Kolonialamt noch keine Ahnung dadon gehabt, daß die Subvention erhöht werden müsse. Es handelt sich lediglich darum, den Anspruch einer Handvoll von Kapitalisten schleunigst zu erfüllen; die Vorlage ist in dieser Richtung von einer erfreulichen Offenheit, und man muß ordentlich den Mut der Re⸗ lierung bewundern, mit einem solchen Gesetz an den Reichstag zu 6 sie hat sich höchstwahrscheinlich gesagt, der Block schluckt doch schließlich alles. We steht es denn mit den Interessen der deutschen seemännischen Bevölkerung? Auf den mit so vielen Millionen fubventionierten Linien müssen die deutschen Seeleute zur Aufbringung der Subvention beitragen, werden aber anderseits aus reiner Profitgier aufs schlimmste dadurch benachteiligt, daß der Lloyd mehr und mehr dazu übergeht, farbige Arbeiter ein⸗ zustellen und die deuischen von ihren Arbeitsplätzen jzu ver- drängen. Angeblich sollen die Deutschen weniger, die Farbigen mehr die Hitze im Heizraum vertragen können. Gut genährte, kräftige deutsche Seeleute ertragen die Hitze schon; auch ist auf den ganz großen Schiffen die Zabl der Farbigen verhältnismäßig sehr gering. Die Passagiere der Schiffe sind großen Gefahren ausgesetzt, wenn die Farbigen in größerer Zahl vorhanden sind, da diese bei schweren Havarien viel leichter den Kopf verlieren als Deutsche. Das Subventionswesen hat ja in allen Staaten stark um sich ge— griffen, aber deswegen ist es doch keine gesunde Einrichtung, weil ber Serverkebr künstlich, treibbausmäßig dadurch entwickelt wird. Ballin hat sich neuerdings sehr bestimmt gegen dieses System ausgesprochen. Für die jetzt betriebene Linie von Singapore nach Neu-Guinea kalkaͤliert der Lloyd ausgerechnet 270 090 M Subvention jährlich beraus, und so kommt der Betriebsverlust zustande, den das Reich jetzt decken soll. Bewilligt dies die halbe Million, so wird künflig für die Linie eine Subvention von 770 000 M gejablt. Diese Summe hätte in den Kolonialetat ein⸗
stellt werden müssen. Die neuen Kolonialbahnen sind uns alle damit ee bet gemacht worden, daß jede einzelne auf Rentabilität zu rechnen babe; bezüglich dieser Dampferlinie wird aber nicht einmal der Veisuch einer solchen Rentabilität gemacht. Wir wissen ja auch, daß die Zahl der Ansidler in Neu-Guinea nur ganz minimal ist, daß sie sich auf nur einige 60 beläuft. Die verlangte Subvention würde kapitalisiert 20 Mill. Mark bedeuten, eine geradezu horrende Veirschleuderung von Reichsgeldern. Tie Motive behaupten, die Südfeeschutzgeblete seien höchst entwicklungssähig und von großer wirtschastlicher Bedeutung. Das ist möglich, besagt aber für Deutschland gar nichts, denn die Inkeressen dieser Gebiete grabitieren wirtschaftlich durchaus und lediglich nach Australien. Die Begründung zeigt in dieser Beziehung eine geradeju rührende
Anspruchslesigkeit. Die jäbrliche Wareneinfuhr nach Neu⸗Guinea ist in neuester Zeit direkt zurückgegangen, . kõnnte auf einem beliebigen Spreekahn auf einmal verfrachtet werden.
Gin tolleres Geschäft als das, welches die Regierung bier vor⸗ zuschlagen den Mut hat, ist mir noch nicht vorgekommen. Die Regierung rechnet auch selbst gar nicht damit, daß nach Neu. Guinea Anfiedler gehen werden, sie spricht vielmebr davon, daß das Groß⸗ kapital sich dieser Gebiete mehr annebmen werde. Dabei steht fest, daß die G sundbeitsverbältnisse dort sowohl für Weiße wie für Farbige recht ungünstige sind. Weitere Kreise haben also
pagnie, die dort schon 6 Millionen inveftiert und 28 Plantagen angeleg ö. 6 schon ohnehin auf ihre Rechnung kommen; die nen nach wie vor auf eine gute Verzinsung, sodaß wir erst
leine Veranlaffung haben, mit Reichsmitteln einzuspringen. iefe Gejellschaften klagen genau wie die Farmer in Deut ch, S aafrila über den Mangel an Abritern; diesem Mangel! soll durch Bewilligung der balben Million schleunigst abgeholfen den Zazug chinesischer und malaiischer Arbeiter zu er=
aber nicht bloß billige Arbeitskräfte, auch n billige Nahrungsmittel zugeführt werden, und dafür soll das Reich mit 7 . der Reiz, daz. Hauptnahrungsmittel, infolge der größeren Konkurrenz im Preise gedrückt wird. Im Deutschen Reiche hungert man die Arbeiter durch die Zollpolitik aus, und diese aut⸗ ehungerten Arbeiter sollen dies⸗ Summe aufbringen, damit für die arbigen billiger Reiß nach Neu-Guinea geschickt werden kann.
dem Subhentionggesetz von 1886 nahm der Reichstag eine Re⸗ solutton an, wonach die landwirtschaftlichen Produkte, die mit denen der deutschen Landwirtschaft konkurrieren, von der Einfuhr durch die subventionierten Dampfer n, ,,. sein sollten. Dort gibt man nderttausende von ark für die Interessen reicher Kapital in Berlin, und dann verbietet man unseren Dampfern, Lebensmittel zu trangportieren, welche die Lebenghaltung in Deutsch land verbilligen könnten. Das ist ein Skandal, daß man den Mut bewundern muß, eine solche Vorlage ju machen. Eine krassere Interessenpolitit ist nicht zu denken. Die Neu-Guinea. Kompagnie scheint diefe Vorlage schon vorgeahnt zu haben. denn sie bat schleunigst im März ihr Grundkapital pon 6 auf 746 Millionen erhöht. 1598 hat die sozialdemokratische Fraktion einmütig die Subventions⸗ vorlage abgelehnt, und wir würden den empfindlichsten Verrat an unferen Wählern zu begehen glauben, wenn wir der Mehrheit bei dieser Vorlage 5 würden. .
Abg. von Dirksen (Reichsp.) Wenn von den Parteien eine Beratung in der Kommission gewünscht wird, so habe ich nichts dagegen. Daß die Sozialdemokratie für die Vorlage zu haben sein würde, hat wobl niemand geglaubt, aber so maß⸗ 6 Uebertreibungen hätte man doch nicht erwartet. Die Arbeiter sollen auggehungert sein, aber ihre Beiträge zu den sozialdemokratischen Kassen steigen von Jahr zu Jahr. Die Vorlage wäre wohl besser von dem Staatssekretär des Kolonialamts zu vertreten gewesen. Die , . bietet zwar ein so umfangreiches Matersal, daß jeder i ein Bild von der Sache machen kann, um zu wissen, wie er fimmen foll, aber wir haben doch die Empfiadung, daß das kauf ⸗ männisch geleitete Kolonialamt die Vorlage besser begründen könnte. In den 265 Jahren der Subventionierung hat unser Handel doch einen erheblichen Aufschwung erreicht, und wohl, auch die prinzipiellen Gegner der Subventionierung müssen das im allgemeinen zugeben.
, . abspeist. Den Herren sollen och
Die früheren Einwendungen, daß unsere Subvention nur dem aus⸗ ländischen Handel zugute kommen würde, und daß die fremd ländischen Passaglere nur auf unseren Dampfern billiger fahren
würden, können heute als abgetan gelten. Auf den in Betracht kommenden Linien sind allerdings fühlbare Rückschläge eingetreten, sodaß man sich entschließen mußte, mit neuen Forderungen an den Reichstag heranzutreten. Ueber einzelne Punkte werden in der Kom⸗ mission 44 Erörterungen stattzufinden haben. Zu unserer Ent⸗ schlleßung für die Vorlage sind wir um so leichter gekommen, als wohl durch die Zollerhöhungen dort jäbrlich eine halbe Million mehr zu erzielen sein wird. Man weist auf die hohen Dividenden des Norddeutschen Lloyd hin, aber es ist doch kein Geheimnis, daß in den letzten Jahren sämtliche Schiffahrtegesellschaften, und auch der Lloyd. fühlbare Rückgänge gebabt haben. Wenn gesagt wird, daß nach auf der Geltung dieses Gesetzes 1914 der Lloyd noch mit ösßren Forderungen an das Reich kommen werde, so braucht man ch damit jetzt nicht zu beschäftigen, sondenn kann das abwarten. Ohne diese Subvention würde der Lloyd die Nebenlinien einfach ein⸗ schlafen lassen müßssen. Wir würden also durch die Ablehnung der Subvention dem Lioyd die Möglichkeit geben, sich lediglich auf seinen Vertragsstandpunkt zurückzuziehen. Wenn auch die Zahl der An—⸗ siedler dort gering ist, so beißt es doch falsch rechnen, wenn man die Aufwendungen für den Kopf der Bevölkerung berechnet; man muß viel⸗ mehr daran denken, was für große Kapltalien dort investiert sind. Der Abg. Lattmann vermißt den Nachweis der Dringlichkeit für die Vorlage, aber wenn wir die Vorlage ablehnen, so wird eine positive Verschlechterung unseres Verkehrs mit Neu⸗Guineg eintreten. Ich bitte also, die Vorlage an die Kommission zu verweisen, und ich bin überzeugt, daß wir mit der Annahme den allgemeinen Kultur ⸗ und Handelsinteressen wie denen des Lloyd dienen werden.
Abg. Hormann (fr. Volksp): Der Verweisung der Vorlage an die Budgelkommission stimmen wir zu. Wir verkennen nicht, daß wir einer schwierigen Finanzlage gegenübersteben, wir stimmen ihr aber zu, weil es sich hier nicht um ein Novum, sondern um die Konsequen; der früheren Vorlage handelt, um die Konsequenz unserer Kolonialpolitik, der auch das Zentrum früher zugestimmt hat. Frankreich subbentioniert seine überseeischen Dampferverbindungen in enormer Weise; dasselbe gilt von England. So weit wollen wir bier sa gar nicht gehen. Gs handelt sich hier um Leistung und Gegenleistung, nicht um eine Subvention im landläufigen Sinne, nicht um ein eigentliches Interesse des Lloyd, sondern unserer Kolonialverwaltung. Der Lloyd brauchte sich nur auf den früberen Vertrag zurückzuziehen. Die Linie Singapore — Neuguinea entspricht einem wirklichen Bedürfnis; die 5060 000 M Subvention sollen auch nicht dieser Linie allein jugute kommen. Man kann doch nicht einer Gesellschaft zumuten, daß sie eine halbe Million obne weiteres dem kolonialen Interesse jum Opfer bringt. Uas muß daran liegen, die Kolonien auf dem Archipel durch die Sciiffahrt aufjuschließen. Es kommt darauf an, den Kopra⸗ und Guttapercha⸗ handel zu fördern und ergiebige Zollquellen ju schaffen. Auch die postalische Bedeutung der Verbindung ist nicht gering anzuschlagen. Die Verkehrssteigerung wird jweifellog eine Vermehrung der Post⸗ sendungen zur Folge haben, wenn es sich bier auch nicht um sehr große Posten handelt. Jedenfalls ist die Entwicklungsfähigkeit jener Geblete eine sehr große. Die Kolonisten, die dort ihr Kapital angelegt haben, müssen die Möglichkeit haben, einen Markt zu gewinnen, und die Möglichkeit, Arbeitskräfte, nämlich Malaien, zu gewinnen. Der Lloyd hat schon mehrfache neue Leistungen ge— macht ohne Autsicht auf Rentabilität, so die Linie Neu Guinea — Sydney. Es handelt sich hier wirklich um die Verfolgung nationaler Schiff⸗ fahrtsinteressen. Der Lloyd hat auch die Käüstenfahrt oraanisiert, wozu er gar nicht verpflichtet war; auch das ist eine besondere Leistung. Auf absehbare Zeit wird eine Rentabilität nicht zu erzielen sein, und das hat den Lloyd veranlaßt. mit der neuen Forderung ju kommen, und zwar nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der kolo⸗ nialen Entwicklung in der Südsee. Von diesem Standpunkt aus laube ich, daß der Reichstag in seiner Mehrheit der Vorlage zu⸗ eren wird, jumal da der Lloyd finanziell gar nicht so günstig dafteht, wie man es annimmt. Ein einzelnes glänzendes Geschäftsjabr darf man nicht als Norm aufftellen. Sollte 1914 sich eine Rentabilität der Linie herausstellen, dann können wir ja prüsen, ob wir die Sub⸗ vention kürjen oder beseitigen können. Ich bute Sie, diese Sache wohlwollend ju prüfen von dem Gesichtspunkt aus, Konsequenzen aus früheren Beschlüssen zu ziehen. ;
Abg. Eriberger Zentr.): Rechter Hand, linker Hand, alles vertauscht! Früher bekämpfte die Linke die Dampfersubvention, heute betrachtet sie sie als ein nationales Interesse. Ich kann nur sagen, daß meine Bedenken durch die heutige Debatte nicht widerlegt, sondern verstärkt worden sind. Der Abg., von Diiksen hat mich gewissermaßen als schwarzen Mann hingestellt, warum wandte er sich denn nicht an den Grafen Kanitz, der dieselben Argumente
nicht das geringste Interesse daran, dieses Schutzgebiet zu földern. Die Großkapitalisten, wie die Neu- Guinea⸗Kom⸗
vorgebracht hat wie ich? Neu⸗Guinea wollen wir unserseits gar nicht vernachlässigen; es fragt sich nur, ob man denselben Zweck
—
Legung der Linie erreichen kann. zwischen Australie⸗ und Japan ju ermöglichen, ist doch ein ü ertriebenes Verlangen. Sonff flellt der Kolonialstaatssekretär die Wirksamkeit der Missionen in den Hintergrund, hier, wo er Geld fordert, stellt er die Missionen in den Vordergrund. Daß der Abg. Dormann als Vertreter von Bremen und der Abg. Semler als Vertreter von Hamburg — eine Hand wäscht die andere — die Vorlage verteidigt haben, ver⸗ stebt sich eigentlich von selbst. Dem Abg. Hormann kann ich nicht beffer antworten, als wenn ich ihn an die Rede seines Fraktions. kollegen Hermes vom Jahre 1898 erinnere, der auf einen Angri von der rechten Selte, des Grafen Arnim, entgegnete, daß diese Frage rein vom wirtschaftlichen Gesichtspunkte, nicht vom Stand= punkte der nationalen Frage behandelt werden müsse. Handelt ez fich bier wirklich um ein allseitig empfundenes Bedürfnie, so müßte die Linie fc in sich selbst rentieren. Auf einen rein negierenden Standpunkt habe ich mich aber gar nicht gestellt; ich hahe weitere Informationen in der Kommission und eine Prüfung des Vorschlaget des Grafen Kanitz verlangt.
Abg. Hormann (fr. Volksp.): Ich habe nicht als Vertreter Bremenz, sondern im Namen meiner Fraktion gesprochen. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß, nachdem wir einmal in die Kolonialpolitil eingetreten sind, wir auch die Konsequenjen daraug ziehen müssen. Alz der Abg. Hermes 1898 sprach, lag die koloniale Frage gan andere als heute. Das nationale Intereffe erfordert es, das einmal Gr. worbene auch zu erhalten und das Begonnene durchzuführen.
6 Vorlage wird hierauf der Budgetkommission über— wiesen. . Es folgt die erste Lesung des Gesetzentwurfs, betreffen? die Stempelabgabe von Erlaubniskarten für Kraft⸗ n ausländischer Besitzer. Nach der Vorlage soll der Bundesrat ermächtigt werden, für im Ausland wohnende Kraftfahrzeugbesitzer im Grenzverkehre, bei einem nicht länger als Tage innerhalb eines Jahreszeitraums währenden Aufenthalt im Inland auch außerhalb des Grenzverkehrs, zum Zwecke der Verkehrs erleichterung Abweichungen von den Tarifvorschriften des Reichsstempelgesetzes anzüordnen. Die Anordnungen . dem Reichstage, wenn er versammelt ist, sofort, anderenfalls bei 6 nächsten Zusammentritt vorzulegen und außer Kraft zu etzen, soweit der Reichstag dies verlangt. Das Gesetz soll mit dem Tage der Verkündung in Kraft treten.
In Verbindung damit wird beraten der Bericht der Petitlonskommission über die Petition des Bundes Deutscher Verkehrsvereine wegen Wiederaufhebung der Automobil— steuer. Die Kommission beantragt ,, . als Material. Den gleichen Antrag stellt sie bezüglich der Petition der Handelskammer Plauen, wonach von ausländischen Kraftwagen, die sich nur vorübergehend, etwa 24 Stunden im Deuischen Reiche aufhalten, zur Förderung der Fremden— industrie der Grenzbezirke eine Abgabe überhaupt nicht, be= ziehungsweise erst bei nch lich Uebertritt über die Reichs⸗ grenze erhoben werden foll. Von den Sozialdemokraten ißt beantragt, die erstere Pelition dem Reichskanzler zur Berück sichtigung zu überweisen.
Staatssekretãr des Reichsschatzamts, Staatsminister Sydow
Meine Herren! Der Reichstag hat in seiner Sitzung vor 16. März eine Resolution Cagenommen, in der er den Herrn Reiche kanzler ersuchte, darauf hinzuwirken, daß tunlichst bald einheitliche Bestimmungen über den Grenzverkehr der Kraftfahrzeuge behufs Er leichterung des Fremdenverkehrs getroffen würden.
Die Resolution war aus diesem hohen Hause mit dem Hinweise auf die Schwierigkeiten begründet worden, die sich aus der Höhe und der Erhebungsart der Automobilsteuer für ausländische Kraftfahrzeug ergeben, und die zur Folge haben, daß in vielen an der Grenze ge legenen Orten unseres Vaterlandes der Verkehr von mit automobil reisenden Fremden wesentlich abgenommen habe, und daß dadurch eine Reihe von Existenzen in ihrem wirtschaftlichen Fortkommen ge fährdet oder beschränkt werden. Es wurde insbesondere aus hier aus diesem hohen Hause der Wunsch ausgesprochen, rech bald eine entsprechende Vorlage ju machen. Da die Berechtigun der vorgebrachten Beschwerden seitens der verbündeten Reglerung anerkannt werden mußte, habe ich die Ehre, Ihnen heute eine au Alstellung dieser Mißstände abmielende Vorlage ju unterbreiten.
Die Beschwerden, die entstanden sind, beneben sich in wesentlichen auf die Schwierigkeiten bei der Abfertigung an de Grenze, ferner auf die Höhe und die Abstufung der Ge bühren. Es ist in Aussicht genommen, die Form der Ah fertigung ju vereinfachen, dann die Gebühren für die Erteilun der Kennzeichen während der Dauer der Steuerkarte nur einmal ; erbeber. Beides läßt sich im Verordnungs wege machen. Weiter ab besteht die Absicht, zunächst die Doppelbesteuerung nach Möglichket zu vermeiden, der j'tzt diejenigen ausländischen Automobil fahrer unter liegen, die in auswärtigen Staaten ebenfalls eine Automobilsteuer entrichten haben, falls sie das deutsche Gebiet betreten. Hier beab sichtigt man, gewisse Erleichterungen finanzieller Art in soweit schaffen, als von den auswärtigen Staaten die Gegenseitigkeit gewäh leistet wird. Dann steht zur Erwägung, den Durchgangsverkehr aut ländischer Automobile, d. h. den Verkehr, der sie unter kurzer B tührung des Reichsgebiets in das Reichsgebiet hinein und wiede hinausführt, unter Umständen steuerfrei zu lassen, und endlich soll eir andere Abstufung der Gebühren für ausländische Fahrzeuge stattfinde Jetzt ist bekanntlich nur die Wahl jwischen der Karte, die 5 Tag gilt, und einer solchen, die 30 Tage gilt, hernach muß gleich ein Gebühr in Höhe der Hälfte der Gebühr für das ganze Jahr gezah werden. Hler sollen Abstufungen von 1— 90 Tagen eingeführt werd Dies alles ist nicht möglich, ohne daß das bestehende Gesetz eine A änderung erfährt. Bestimmte Vorschläge in Gesetzes form sind b nicht gxmacht worden, sondern es ist wegen der mangelnden Erfahtu auf diesem Gebiete eine Vollmacht für den Bundesrat erbeten. welcher Weise davon Gebrauch gemacht werden soll, haben Sie meine Worten entnommen. Ich empfehle Ihnen die Annahme der Va lage, noch bevor der Reichstag auseinandergeht, damit die Erleich rungen noch vor Beginn der Reisezeit in Kraft treten können.
Abg. Fritzen⸗Rees Geng Es wird sich fragen, wie hoch d Steuer ju bemessen sein wird. Jedenfalls darf sie nicht höher als d Inlandssteuer sein. Meine Freunde sind bereit, ohne weltere Ko missionsberatung die Vorlage anzunehmen.
Abg. Dr. Stresemann (ul): Es ist erfreulich, daß die ve bändeten Regierungen dem Beschluß des Reichstages so bald Folge geben haben. Der Verkehr ausländischer Automobile hat an manch Drten ganz aufgebört. Mir ist gesagt, daß die belgischen und fra zösischen Automobilisten ihr Benzin sowie Zubeborteile in Deuist land gekauft haben, wodurch sich elne kleine Industrie an der Gren
berausgebildet hat. Der tageweise Grenzverkehr aber hat cr solche Einbuße erlitten, daß diese kleinen Gewerbetreibende
andere
eine Aber auf deutsche Kosten eine Verbindun
nicht durch
dadurch geschädigt werden. Unter den Petitionen verlan
die des Bundes Deutscher Verkehrsvereine die völlige Aufhebung per Automobilsteuer, da diese nicht einmal die Erhebungskosten decke. Jedenfalls ist die Erhebung der Steuer mit so viel Umfständsichkeiten verknüpft, daß das finanzielle Ergebnis beeinträchtigt wird. Wenn man weniger umständlich und weniger gründlich vor⸗ ginge, wurde es vielleicht höher sein. Wir begrüßen die Vorlage und derzichten auch auf eine Kommissionsberatung.
Abg. Severing (Soz): Hinsichtlich der Automobilsteuer ist ein
offen, wag die Sozialdemokratie vorausgesagt hat. Wir haben
malg behauptet, die Automobilsteuer würde nicht das einbringen, was man von ihr erwartet, sie würde aber auch keine Luxussteuer sein, sondern Verkehr, Handel und Wandel schwer belästigen und be⸗ laften. Ez wird ein Zeitpunkt kommen, wo von allen Seiten des Hauses anerkannt werden wird, daß man gut tut, die Steuer ganz wieder aufzuheben. Die Arbeiterschaft hat mit der Industrie dar⸗ unter ju leiden. Die Automobilfabriken haben Hunderte von Arbeitern entlafsen müssen, und auch die verwandten Industriezweige sind in Mitleidenschaft igen Diese angebliche Luxussteuer war nur eine Drapierung und Verbrämung der übrigen Steuern. Wir beantragen, daß die Petition auf Aufhebung der Steuer dem Reichs kanzler jur Berücksichtigung überwiesen wird.
Abg. von Oertzen (Rp.): Der Vorredner behauptet ju Unrecht, daß die Automobil teuer keine Luxussteuer sei; sie wird doch von den Automobilen für den Lastverkehr und auch von dem gewerbsmäßigen Personenverkehr bekanntlich nicht genommen, sondern es werden nur die Automobile besteuert, deren Besitzer sie ju ihrem Vergnügen balten. (Zwischenruf bei den Sozialdemokraten.) Allerdings auch die Automobile der Aerjte. Wir freuen uns, daß der Resolution des Reichstages so schnell von der Regierung entsprochen ist, denn es sind tatsächlich durch die Steuer große Mißstände und Schädigungen vorgekommen. Aber die Klagen über die Automobilsteuer beziehen fich nicht so sehr auf, die wirtschaftlichen Schäden als auf die Plackerelen und Unbequemlichkeiten beim Ueberschreiten der Grenie. Es wird vielfach über Schikane geklagt, aber daran find nicht die Beamten schuld, sondern das Gesetz selbst, und auch wir, die wir das Gesetz seinerzeit angenommen haben, sind schuld daran. Eg ist ein großer Fortschritt, wenn Erleichterungen eingefuhrt werden sollen. Die Steuersätze sollen abgestuft werden, wenn dann aber auf den einzelnen etwa 50 3 oder 1 4 kommen, so ist es doch unmöglich, einer solchen Steuer wegen an der Grenze stundenlang auf Abfertigung warten zu sollen. Ich gebe deshalb anheim, von der Besteuerung der Automobile, die auf einen Tag über die Grenze kommen, vollkommen abzusehen. Die Automobilbesitzer sind die aller⸗ reichsten Leute und bringen viel Geld ins Land, sie kommen 3. B. von Frankreich und fahren durch Baden in die Schweiz. Wegen dieser Plackereien an der Grenze werden sie aber gern einen Umweg um Deutschland machen. Es ist deshalb besser, die Steuer für einen Tag ganz fortfallen zu lassen. Ich bitte, das Gesetz ohne Kommisstons⸗ beratung anzunehmen. ;
Staatssekretãr des Reichs schatzamts, Staats minister Sydow:
Ich bin nicht in der Lage, darüber eine Erklärung abzugeben, wie hoch der Bundesrat die Gebühr für die Steuerkarte, die nur einen Tag gilt, festsetzen wird. Sie wird nicht ganz so niedrig ausfallen, wie der Herr Abg. Fritzen gemeint hat. In seiner Berechnung war ein kleiner Irrtum; die von ihm angegebene Summe ist nicht die Höchftsumme. Bei der entsprechenden Zahl von Pferdekräften kann fie fich viel höher stellen. Der Gedanke, die ausländischen Automobile für einen Tag steuerfrei ju lassen, scheitert wahrscheinlich an folgender Grwägung: wenn die Ausländer täglich an verschiedenen Eingangsstellen berüberkommen, so ist es nicht 1 öglich, zu kontrollieren, ob sie am Tage vorher schon einmal die Grenie überschritten haben. Auf diese Weise würden gerade in den Grenzbezirken die auslandischen
Automobilbesitzer, die diesseits der Grenje zu tun haben, es besser haben wie die inländischen Automobilbesitzer, die auch diesseitz der Grenze ju tun haben. Nur das kann
ich sagen, daß es jedenfalls die Absicht sein wird, die Tagesgebühr ganz erheblich niedriger als den jetzigen niedrigsten Satz von 15 4 festzusetzen.
Die Bemerkung des zwelten Herrn Rednerg, daß an gewissen Orten Kraftfahrzeuge jur Maschinenbeförderung besteuert werden, ist durch das, was der letzte Herr Vorredner gesagt hat, schon widerlegt worden. Dag ist nach dem Gesetz unmöglich, da ja nur Personen⸗ kraftfuhrwerke besteuert werden dürfen. Und wenn ich nun auch darauf eingehen darf, was ein Herr Vorredner über die Schädigung der Industrie durch die Automobilsteuer gesagt hat, so darf man da auch nicht übertreiben. Es ist ja von dem betreffenden Herrn selber hervorgehoben worden, daß noch andere Faktoren, insbesondere der allgemeine Gang der Konjunktur, dazu mitgewirkt haben, daß der Absatz der Automobile nicht mehr so flott geht wie zu Anfang. Es kommt aber welter dazu, daß wir zeitweilig eine große Ueberproduktion darin batten, und vor allem, daß die Leute erst mit der Zeit erfahren baben, wie boch sich die Unterhaltungskosten und die durch die Ab⸗ nützung verursachten Kosten der Automobile stelle. Das hat, glaube ich, auch zum großen Teil den Rückgang im Absatz verursacht.
Abg. Prinz zu Carolath (nl): Ich hätte alles andere er⸗ wartet, als daß ein So lialdemokrat für die Aufhebung der Automobilsteuer eintritt. Es handelt sich ja nur um die Be— . der Luxusgutomobile. Der Abg. Severing will also die
esteuerung der reichsten und wohlhabendsten Bevölkerungsklasse auf. heben! Glauben Sie, daß irgend ein Arbeiter, wenn er Unter den Linden spasieren geht und die Automoblle vorbeisausen sieht, Verstãndnis für die Aufhebung dieser Steuer haben wird, die die Leute bejahlen müssen, die den Verkehr gefährden und die Luft verpesten? Was hat denn die Krisis der Automobilindustrie mit dieser Steuer zu tun? Die Krisis besteht auch in anderen wichtigeren Betrieben. Was hat eine Luxussteuer von 150 4 für die schönen Automobile zu bedeuten gegenüber den Kosten der Befitzer, die mindestens 6000 jährlich fuͤr Benzin jahlen müssen! Die Industrie wird auch wieder einen Aufschwung erfahren. Die Vorlage entfpiicht einer Resolution des Reichstags, und ich hoffe, daß die berechtigten Klagen der Automobilbesitzer über die Plackeresen an der Grenze be⸗ seltigt werden können. Ich möchte auch die Regierung ju erwägen bitten, ob nicht für die eintägigen Besuche die Steuer ganz wegfallen kann.
ür die Aufhebung der Automobilsteuer kann ich mich nicht erwärmen.
ie steht es nun aber mit dem Haftpflichtgesetz für die Automobll. besitzer? Wir haben nichts wieder davon gehöct, oder ist es richtig, daß ein Entwurf im Bundesrat bereits an die Ausschüsse des Bundes rats gelangt ist? Ich würde jedenfalls bitten, den Entwurf zu ver⸗ öffentlichen, auch wenn der Reichstag nicht versammelt ist, und ihn als Drucksache den Abgeordneten zuzustellen. Namens meiner Freunde bitte ich, die Vorlage sofort im Plenum anzunehmen.
Staats sekretãr des Reichsschatzamts, Staatsminister Sydow:
Ich möchte auf die letzte Frage des Herrn Vorrednerz sofort aatworten. Das Automobil haftpflichtgesetz oder vielmehr das Gesetz, betreffend den Verkehr mit Kraftfahrzeugen, ist dem Bundegrat vor⸗ gelegt und dort in Beratung. Wegen des Wunsches einer Ver—⸗ oͤffentlichung nach Beratung im Bundesrat muß ich dem Herrn Staatgsekretäͤr des Reichsjustijamts, in dessen Ressort die Sache be⸗ arbeltet wird, die Stellungnahme vorbehalten.
Abg. Dr. Wagner (dkons.): Wir stimmen der Vorlage d werden die Petitionen wegen Aufhebung der r , 33 36
Automobilfteuer ist noch zu kurt, um ein abschließendes Urteil darüber gewinnen zu können, ob sie sich bewährt hat oder nicht. Zu erwägen ist auch, daß die deutschen Automobilbesitzer jenseits der Grenje im Auslande vielleicht noch mebr Schere eien haben als die fremden bei uns; hier sollten die verbündeten Rigierungen auf dem Wege der Unterhandlung für unsere deutschen Automobilbesitzer Erleichterung zu schaffen versuchen. .
Abg. Dr. Stengel (fr. Volley): Der Vorlage geben auch wir unsere l e, da sie eine Erleichterung des Verkehrs bezweckt. Ueber die Frage der Aufhebung oder Beibehaltung der Automobil- steuer ist Klarheit noch nicht gewonnen; wir treten dem Kommissions⸗ antrage bei, die Petition dem Reichskanzler zur Erwägung ju Über⸗ weisen. Uebersehen werden darf nicht, welche Entrüstung in weiten Kreisen des Volkes der Unfug, den die Automobilisten anrichten, hervorgerufen hat. Anderseits wirkt die hohe Automobllsteuer ab- schreckend auf diejenigen, die sich sonst gern ein solches Kraftfahrzeug anschafften. Immerhin wird Reform oder Abschaffung der Steuer angestrebt werden müssen.
Abg. Ledebour (Soz): Die Ausführungen des Abg. Prinzen Carolath gegen meinen Fraktionsgenossen Severing sind unberechtigt. DVeute handelt es sich um Uebelstände, die aus der vexatorsschen Steuererhebung an der Grenze und aus der Steuer überhaupt erwachen. In den Darlegungen des Abg. Severing war daher kein Widerspruch vorhanden. Der Kollege Prinz zu Garolath hat jedenfalls all- mählich erkannt, welchen großen Fehler er seinerzeit beging, als er auf die Droschkenkutscher lospaukte, aber für die großen Sünder, für die Insafsen der kaiserlichen Automobile auf mildernde Umstände plädierte und sich damit bedenklich dem Standpunkt des Abg. von Dirlsen näherte, der für diese Automohile direkt eine ausnahmegesetzliche Ver. pan sti gung fgrderte. Der Prinz Carolath faßte heute bloß die Automobil-
esitzer ins Auge, die jährlich 6000 für Benzin ausgeben. Um die
allein handelt es sich heute auch nicht; es gibt auch Aerjte und Ge—⸗ schäfteleut', die ein Automobil notwendig gebrauchen, und wo die Unterscheidung, ob es sich um ein Geschäfts oder ein Luxusautomobil 6 . ,,, orf tin t fn
Abg. Severing (Soz.) bestreitet ebenfalls, daß er in einem Widerspruch mit sich selbst oder mit der früheren a, seiner Partei befunden habe. Die Urheber der Steuer hätten doch längst einsehen müssen, in welchem Mißverbältnig die wirklichen Erträge dieser Steuer mit dem geschätzten Ertrage stehen. Wie kommt es, daß der Prinz Schönaich. Carolath kein Wort der Mißbilligung über die Verschandelung des Taunus ausgesprochen habe?
Damit schließt die erste Beratung.
Persönlich weist der
Abg. Prinz zu Schöngaich-Carolath (nl) darauf hin, daß er im preußischen Herrenhause die Verschandelung des Taunug scharf ge⸗ tadelt habe.
Das Haus tritt sofort in die zweite Beratung der Vor— lage ein. Dieselbe wird in ihren einzelnen Bestimmungen ohne Debatte mit sehr großer Majoritaͤt angenommen. Die hierzu eingegangenen Petitionen werden nach den Anträgen der Petitionskommission erledigt.
Das Haus geht sodann über zu der Vorlage, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Reichs haushaltsetat für 1908. Der Nachtragsetat fordert 23 565 000 S6 zur Ge⸗ währung außerordentlicher einmaliger Beihilfen (Teuerungs⸗ , . an alle etatsmäßigen und diätarisch be⸗ chäftigten Unterbeamten sowie an alle etatsmäßigen und diätarisch beschäftigten mittleren Beamten, deren tatsäch⸗ liches Gehalt den Betrag von jährlich 4200 S nicht übersteigt. Der Löwenanteil der Summe entfällt mit 20 198 985 6 auf die Beamten der Postverwaltung. Die Beihilfen sollen je 100 6 für die Unterbeamten, je 150 M6 e,. 4 fer aen, und zwar sollen alle Be⸗ amten bedacht werden, die sich am 1. April cr. im Reichs⸗ dienst befunden haben. h
Staats sekretãr des Reichsschatzamts, Staatsminister Sydow:
Meine Herren! Als ich in der Reichstagssitzung vom 10. Mär namens der verbündeten Regierungen die Gründe auseinanderzusetzen hatte, aus denen sie die Verschiebung der Besoldunge vorlage auf den Herbst für nötig hielten, konnte ich gleichzeitig ihrer Bereitwilligkeit Aug druck geben, im Falle des Zustandekommens der Besoldungg⸗ vorlage ihr rückwirkende Kraft beizulegen. Außerdem aber war ich in der Lage, zu erklären, daß die verbündeten Regierungen, damit die Beamten durch die Vertagung der Vorlage auch nicht vorübergehend schlechter gestellt seien, als im Jahre 1907, die Mittel alsbald hier nachsuchen würden, um im Rechnungsjahre 1908 in gleicher Weise und unter denselben Maßgaben, wie es durch das Etatsgesetz für 1907 geschehen ist, den mittleren und den Unterbeamten Zulagen ju ge währen, soweit sie nicht im letzten Jahre entsprechende Gehalts⸗ aufbesserungen erfahren haben. Dieser Zusage wird durch den jetzt jur Beratung stehenden Nachtragsetat entsprochen.
Dem Grundgedanken gemäß, von dem die verbündeten Regie⸗ rungen geleitet werden, hält er sich genau in denselben Grenzen, in denen sich der Nachtraggetat dez vorigen Jahres hielt. Ich muß es hier nochmalg jum Ausdruck bringen, daß der Entschluß hierzu den verbündeten Regierungen seinerjeit nicht leicht geworden ist, da sie außer den ungedeckten Matrikularbeiträgen, die sich für das Rechnungsjahr 1908 nach der jetzigen Schätzung und — man kann dazu sagen: mindestens — auf 100 Millionen Mark belaufen werden, hier eine sichere Last von 235 Millionen hinju übernehmen. Denn wenn sie auch hoffen, daß mit der Finanzreform die Besoldungsvorlage ju einem glücklichen Ziele gelangen wird, so haben sie doch vorläufig als gewiß nur diese Mehr⸗ ausgabe, und die Bestimmung im 5 2 des Nachtragsetatsgesetzes, welche festsetzt, daß sie in den ordentlichen Ausgaben des Jahre 1910 wieder in Ausgabe erscheinen wird.
Mit dem Gesagten ist auch die Grenze gejogen, bis zu der die verbündeten Regierungen bei diesem Nachtragsetat zu gehen bereit sind. Ueber den Zweck, die Beamten nicht schlechter zu stellen als im Vor⸗ jahre, sind die verbündeten Regierungen hinauszugehen nicht bereit, und ich habe den Auftrag, das gleich hier bei der Einleitung zu er—⸗ klären. (Hört! hört! rechts) Die verbündeten Regierungen würden sonst fürchten, den prinzipiellen Boden, die feste Grundlage zu ver—⸗ lieren und ins Gleiten ju kommen. Es würde dann schwer
sein, den nach den Erfahrungen früherer Jahre sich wahr—⸗ scheinlich überbietenden Anträgen der verschiedenen Par—⸗ teien Widerstand ju leisten. Das soll nicht heißen,
daß ich, falls Anträge aus diesem hohen Hause kommen, sie nicht auch aus sachlichen Gründen zu bekämpfen beabsichtige; ich will nur darum von vornherein die Erklärung abgeben, damit nicht außerhalb des Hauses bei den Beamten Erwartungen erweckt werden, die hernach nicht in Erfüllung gehen würden. — Ich empfehle Ihnen also, die Vorlage in der Weise, wie sie Ihnen von den berbündeten Regierungen gebracht ist, anzunehmen.
Abg. Beck ⸗Heidelberg (nl): Wir hatten angenommen, daß die
glerung jur Erwägung uͤberweisen. Die Zeit seit Einführung der
Ich muß im Namen meiner Freunde ausdrücklich wiederholen wir die Gehaltsaufbesserung ber Beamten als eine kr wendigkeit betrachten, der unbedingt im Interesse des Staats sowobl wie der Beamten Rechnung getragen werden muß. Die jetzige Lõsun ist keine ideale. Wir haben schon bei den Teuerungszulagen für 135 ausgeführt, daß sie einen schematischen Charakter tragen. Die Familien verhältnisse werden nicht genügend berüchichtigt. Wir be= dauern vor allem außerordentlich, daß auch jetzt wieder die höheren Beamten ausgeschirden find. Ihnen sollte man die Zulagen in den Erenzen, die die Regierung selbst zieht, ebenfalls zawenden. Wir wollen aber die Vorlage nicht durch weitergehende Anträge gefährden, dagegen müssen wir sie in der . noch prüfen. Da der Slaatssekretär diese Zulagen als einen Vorschuß beielchnet hat, fehen wir in ihnen eine gewisse Bindung der Regierung für die Ausbesserung und nehmen an, daß diese Vorschässe steuerfrei bleiben. Dr. Dröscher (dkons): Die Stellung, die der Staats— sekretär ju der Vorlage einnimmt, macht uns die Stellungnahme ju dieser Vorlage nicht lescht. Wir stehen dor der Alternative, die Vor= lage entweder anzunebmen oder abzulehnen, durch Abänderunggzanträge würden wir das Zustandekommen der Vorlage e c; Wir hãtten es lieber gesehen, wenn sir statt dieses unliebsamen Nrw debelfz recht, jeitig eine organische Besoldungsreform vorgenommen hätten, wir rechen aber die beflimmte Erwartung aus, daß nunmehr im nächsten Herbst mit dieser Reform Ernst gemacht wird. Die Vorwürfe, die einzelnen Parteien in Versammlungen usw. in dieser Frage gemacht worden sind, sind durchaug unberechtigt. Die Vorlage folgt in allen wesentlichen Punkten dem Gesetz von 1907 und schließt sich im wefent. lichen an das preußische Gesetz an. Sie entspricht ja nicht den Erwar- tungen der Beamten, besonders die schematische Art der Verteilung ift getadelt worden. Diese Kritik erscheint an sich nicht ganz unberechtigt, aber es ist fast unmöglich, es anders ju machen, man wird immer auf einen mechanischen Verteilungsmodus angewiesen sein. Das schließt aber nicht aus, daß wir uns vorbehalten, in der Budgetkommission den Versuch zu machen, die Vorlage wesentlich zu verbessern. Des halb schließen wir ung dem Antrage auf Kommissionsberatung an. Ich kann alles unterschreiben, was der Vorredner über eine Verbesserung der Vorlage gesagt hat. Die gehobenen Postunterbeamten wünschen samt und sonders bei der gegenwärtigen Vorlage berücksichtigt zu
werden. Die ganze Sache bat ja einen provisorischen Charakter. Die Beamten, befinden sich im . 4 4 6 nehmen, daß bei der künftigen Reform nur die Beamten auf
eine Berücksichtigung zu rechnen haben, die jetzt eine Zulage erhalten. Notwendig wird es ferner sein, aus irn n . Fonds den Hilssarbeitern eine fleine Unterstützung juzuwenden, . B. den Hilfgarbeitern bei den Bauämtern der Oberposttirektion. Unter den höheren Beamten befindet sich eine große Zahl, die eben falls eine Zulage verdienten. Wir bedauern es, daß sie leer ausgeben. Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Auch nach unserer Meinung leidet die Vorlage an dem Mangel, daß der Kreis der von ihr erfaßten i Fer zu eng begrenjt ist. Auf diese Frage werden wir aber glich am besten bei der ju erwartenden organischen Gehalts. reform einzugthen haben. Die Vorlage zeigt in der Tat einen schematischen Charakter. Die Arbeiter werden überhaupt dabei nicht berücksichtigt. Vielleicht könnte man alle mittleren Beamten ohne Rücksicht auf die Gehaltsgrenze von 4200 S berücksichtigen; diese Frage wird auch in der Kommission zu prüfen sein. Wie sieht es denn eigentlich mit der Beamtenbesoldungs vorlage aus, sind die Vorarbeiten zum Abschluß gebracht? Was bisher darüber bekannt 8 ist, hat in Beamtenkreisen Beunruhigung hervorgerufen. iellelcht ist der Staatssekretär in der Lage, etwas zur Beruhigung der Beamten beizutragen. Die Vorlage, die ung heute beschãftigt, ist wie die vorjährige allerdings nur ein Notbehelf. Die Ver— antwortung für die Verzögerung der Begmtenbesoldungsvorlage trägt der Reichskanzler mit den verbündeten Regierungen. Er hatte diese Vorlage nicht nur für notwendig, sondern auch für dringlich erklärt. Später aber kam eg ganz anders. Der Redner legt unter großer Unruhe des Hauses die weitere Entwicklung der Sache dar und die Haltung, welche die Linke nach den Mitteilungen des Abg. Schrader in Frankfurt in bezug auf die Verzögerung der Gehaltä.— verbesserungs vorlage und der Finanzreform eingenommen bat.
Staatssekretãr des Reichsschatzamts, Staatsminister Syd ow:
Der Herr Vorredner hat von mir eine Auskunft über die Lage und den Inhalt der Besoldungsvorlagen gewünscht. Ich bedaure, daß ich nicht in der Lage bin, sie ihm ju erteilen, weil sie noch nicht ti Bundesrat beraten sind, und solange diese Angelegenheit nicht im Bundesrat durchberaten ist, handelt es sich nur um einen Entwurf eines einjelnen Ressorts, über den es wohl nicht üblich ist, Mit teilungen nach außen ju machen. (Sehr richtig! rechts) Die Vor⸗ lagen sind im wesentlichen fertig, sie sollen aber das will ich ganz offen aussprechen erft zum Herbst an den Bundesrat gebracht werden, um dann rechtjeitig dem Reichs. tag bei seinem Zusammenkomumen vorzullegen. Infolgedessen hat man ein paar einzelne Punkte, die noch offen sind, jetzt mit Muße behandelt, da ja allerdings daneben einige andere Aufgaben ihrer Erledigung barren. (Heiterkeit.)
Die Hoffnung des verehrten Herrn Vorredners, daß eine Ver⸗ öffentlichung solcher Vorlagen jur Beruhigung der Beamten beitragen würde, ju teilen, bin ich nicht sanguinisch genug. Denn wenn sie auch so günstig ausfielen, wie nur irgendwie denkbar, so würde ganz sicher, wie ich mir schon vor jwei Monaten hier auszuführen erlaubte, die Agitation bei den Beamten unter der bekannten Konstellation der Verhältnisse einsetzen unter dem Thema: es ist noch lange nicht genug, es muß noch viel mehr geboten werden. Ich glaube auch nicht, daß es im Interesse der Parteien dieses Hauses wäre, wenn sich diese Agitationen den ganjen Sommer hinjögen. Jedenfalls wird unserseits nichts getan werden, um das zu erleichtern.
Im allgemeinen stehen die verbündeten Regierungen und darum will ich auf die letzte Frage, die der Herr Vorredner angeregt hat, nicht näher eingehen — nach wie vor auf dem Standpunkt, daß, wenn die Besoldungsvorlage verabschledet werden soll, die hierfür und zur Ordnung der Finanzen des Reichs erforderlichen Mittel bereit gestellt sein müssen, weil sie sich nicht entschließen konnen, große Autgaben von langer Dauer zu übernehmen, ohne sicher zu sein, daß die Finanzen des Reichs und die Finanzen der Bundesstaaten dadurch nicht im Gleichgewicht gestört werden. (Sehr richtig! rechts.)
Im übrigen möchte ich auf die einzelnen Fragen, die von dem Herrn Vorredner in bezug auf die Vorlage angeschnitten sind, hier nicht eingehen; dazu wird sich ja in der Kommission Gelegenheit bieten. Nur jwei Hauptpunkte möchte ich flüchtig berühren.
Wenn die im Vertraggverhältnis stehenden Personen einschließlich der Arbeiter in die Vorlage nicht aufgenommen sind, so hat das den Grund darin, daß ihnen ohne Teuerungsborlagen gebolfen werden kann, indem man sofort die vertragsmähige Vergütung aufbessert, und daß in den letzten Jahren in dieser Besiehung schon eine ganze Menge getan ist ohne Teurungszulagen. Dafür sind ein Beweis die Zahlen, die mir gerade heute zur Hand gekommen sind, und die aus dem Ressort der Reichgpost . und Telegraphenverwaltung herrũhren. Bel dieser Verwaltung, bel der die melsten Beschäftigten im Beamten oder Unterbeamtenverhältnis stehen, hat bei den lediglich im Arbeiterverhaltnis
verbündeten Reglerungen ihre Zusicherung einlösen und in dlesem
Jahre die Aufbesserung der Beamtenbesoldungen durchgeführt würde.
stehenden Perfonen die Lohnerhöhung im Jahre 19806 gegen das Vorjahr 80 O0 A, im Jahre 1807 weiter 1030 000 AÆ betragen, und *