1908 / 238 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 08 Oct 1908 18:00:01 GMT) scan diff

veterinär im Feldart. Regt. Nr. I2 Hochmeister, jum Oberveterinär, Stamm er, Unterveterinär im Hus. Regt. Landgraf Friedrich II. von ffn Somburg (2. Kurhess) Nr. 14 Schüler, Unterveterinär im afur. Feldart. Regt. Nr. 73, mit Wirkung vom J. Oktober 1908 ju Oberveterinären, Dr. Hen ze ( Bochum, Garde) und Zörner (Landsberg a. W.), Unterveterlnäre der Rel iu Oberveterinaͤren des Beurlaubten standes, ernannt. Pa hl, Oberveterinär im 1. Garde⸗ feldart. Regi, der Charakter Stabzveterinär verliehen. Broh⸗ mann, Stabzveterinär im Drag. Regt. von Arnim (2. Branden⸗ burg.) Nr. 123 zum Gren. Regt iu Pferde Freiherr von Derfflinger (Reumärk.) Rr. 3, Born, Dberveterinär im Schleswig ˖ Holstein. lan. Regt. Rr. 15, behufs Wahrnehmung der Stabsbeterlnär, eschäfte zum Drag. Regt. von Arnim 2. Brandenburg.) Nr. 12, Enn. Sberveierinär, Asstc. bei der Militärlehrschmiede in Königtz⸗ berg i. Pr., zum 1. Offpreuß. Feldart. Regt. Nr. 16, Neumann, Dberveterinär im 2. Pomm. Ulan. Regt. Nr. 9. als Assist. jur Rilitärlehrschmiede in Königeberg i. Pr, mit Wirkung vom 1. Oktober 1908 versetzt. San ie zg Möller, Eren n, ws här, Ebach, Klahr, Militärbauregiftratoren auf Probe bei den Bau⸗ amtern' in Rastatt bezw. II Koblenz, Frankfurt a. O., Karlsruhe, II Koblenz und III Maini, endgültig angestellt Die Intend. Sekretäre: Zenker, Hülsmann Busch von den Intend. des VIII. Armeekorps biw. der 2. Div. und des XVI. Armeekorps, zu denen des J. bzw. VII. und VII. Armeekorps, Heße (Karh, Waechter von den Intend. des IX. Armeekorps bzw. der 33. Div, zu denen des TVIII. biw. VIII. Armeekorps, zum 1. Januar 1909 1 ö. 26. September. rmand, Gerichtsassessor, als etatmäß. Militärintend. Assessor bel der Intend. des IV. Armeekorps ange⸗ stellt. Nicolaus (Alfred), Intend. Sekretär von der Intend. des III. Armeekorps, zu der des Gardekorps versetzt. Preußer, Ober- jablmftr. vom Schleswig Holstein. Drag. Regt. Nr. 13, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

soniglich Gãchstsche Armee. .

Offiziere, Fäbnriche usw. Dresden, . tober. Seine Majestät der König von Spanien zum Chef des 2. Ulan. Regt. Nr. 18 ernannt. ;

24. Schtember. Böhringer, Lt. im 1. Pion. Bat. Nr. 12, vom 1. Sktober d. J. ab auf ein Jahr zur ienstleistung zum 2. Trainbat. Nr. 19 kommandiert. .

27. September. Schubert, QOberlt. im 1. Feldart. Regt. Nr. 12, mit dem 30. September d. J. von dem Kommando jur Dien sileisfung beim Köntgl. preuß. Großen Generalstabe enthoben und vom 1. Sktober d. F. ab auf jwei Jahre ohne Gehalt be⸗ urlaubt.

L. Oktober. Gr. Schall Riaucour, Lt. im Gardereiter· regt, vom J. Nodember d. J. ab auf ein Jahr zur Kaiserlichen Ge⸗ sandischaft in Adis Abeba kommandiert, ;

Im Sa nitätskorps. 30. September. Dr. Wolf, Unterarjt der Res. im Landw. Bezirk II Dresden, als Unterarzt des Aktivstandes unter Beauftragung mit Wahrnehmung einer offenen Affist. Arztstelle unterm 1. Oktober d. J. beim 1. Feldart. Regt.

Nr. 12 angestellt. ö Militärgeistliche.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 26. Sep:; tember. Sr. Kaifer, katbol. Militärpfarrer beim XIX. 2. K. S.) Armeekorpz, unterm 1. Oktober d. J. zum XII. (I. &. S.) Armee lorps versetzt. Klesse, Kaplan in Leipria, unterm 1. Oktober d. J. zum kathol. Militärpfarrer ernannt und dem XIX. (2. X&. S.) Armee- korps zugeteilt.

Beamte der Militärverwaltung.

Durch Verfügung des Kriegsministeriumg— 26. Sey⸗ tember. *9. phil. Thiergen, wissenschaftlicher Hilfslebrer am Radettenkorps in Dresden, unterm 1. Oktober d. J. als Oberlehrer auf Probe bei dieser Behörde angestellt. Dr. phil Hoffmann, Randldat des böberen Schulamts, unterm 1. Oktober d. J. als wissen˖ schaftlicher Hilfelehrer am Kadettenkorps in Dreeden angestellt.

Angekommen:

Seine Exzellenz der Staatssekretãr des Auswärtigen Amts, Wirkliche . Rat von Schoen, vom Urlaub.

In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ist eine Genehmigungsurkunde,

betreffend eine Anleihe der Reinickendorf⸗Lieben⸗

walde“Groß⸗Schönebecker Eisenbahn-Aktiengesell—

scha ft, veröffentlicht.

Aichtamtliches.

Deuntsches Reich.

Prensßen. Berlin, 8. Oktober.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Justiz⸗ wesen und für Elsaß⸗-Lothringen sowie der Ausschuß für Justizwesen Sitzungen.

Der Präsident des Reichsversicherungsamtgs, Wirkliche Geheime Oberregi rungsrat Dr. Kaufmann, ist in dienst⸗ lichen e, n. nach Rom abgereist.

Laut Meldung des, W. T. B. ist S. M. S. „Hertha“ vorgestern in Las Palmas auf Gran Canaria eingetroffen und geht am 19. Oktober von dort nach Queenstown Irland)

8 BE

Württemberg.

Die Volksschulkommission der Zweiten Kammer ist gestern nachmittag zur Beratung der olksschulnovelle zusammengetreten. Der sozialdemokratische Antrag auf Strei⸗ chung des Religionsunterrichts in der Volleschule wurde, „W. T. B.“ zufolge, mit allen gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt. Ebenso wurde der . der Volkspartei, die Ertellung des Religionsunterrichts auf die Geistlichkeit zu beschränken und die Lehrer davon zu befreien, gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die Proklamation des Kaisers Franz Joseph an dle bosnische Bevölkerung ist durch die Behörden, die Drtsältesten und öffentliche Ausrufer im ganzen Lande zu gleicher Zeit bekannt e e, und den Truppen durch die Chefs der Abteilungen mitgeteilt worden. Die Landbevölke⸗ rung nimmt, dem „K. K;. Telegraphen⸗ Korrespon⸗ denzbureau! zufolge, das Ereignis mit Ruhe. und Würde entgegen. In Serajewo hielt gestern der Gemeinderat eine Festsitung ab und sandte eine Huldigungsdepesche an den Kaiser Franz Joseph ab. Desgleichen gehen aus allen Landes⸗ teilen duni mri, von Gemeinden und Kor⸗ porationen an den Kaiser und den gemeinsamen Finanz⸗

minister ab. Zu der Einverleibung Bosniens and der , ,, in die oͤsterreichisch ungarische onarchie bemerkt das Wiener „Fremdenblatt“, daß die Regelung der Rechtsverhältnisse der okkupierten Länder ein wichtiger historischer Akt von großer Tragweite sei, zu dessen zusammenfassender mg sagen dürfe, daß er aus kulturellen Mottven erflossen sei, daß der Zeitpunkt, in dem er vor sich gehe von. der politischen Notwendigkeit an⸗ egeben worden sel, und daß er in Ausführung der eigentlichen e n des Berliner Verirages ein hervorragend friedliches Ziel verfolge. Das genannte Blatt fährt dann fort: Der Berliner Vertrag enthielt für uns ein europãisches Mandat, in Bosnien und der Herjegomina die Ordnung herzustellen und duich ihre dauernde Aufrechterhaltung den europäischen Frieden an einem gefährdeten Punkt zu sichern. Wir haben diese Aufgabe gelöst, wir haben dicsen Ländern den Frieden mürückgegeben und alle Segnungen der Zivilisation vermittelt, sodaß ste heute auf einer boben materiellen und individuellen Entwickelungsstuffe angelangt sind. Die Dkkupation der beiden Länder heruht auf den uns vom Berliner Kongreß unter ausdrücklicher Zustimmung auch der ersten Bevollmächtigten Englands und Rußlands ũber⸗· getragenen Rechten, während die rechtliche Stellung dieser Länder in bejug auf das Rechtsverhältnis zYischen unserer Monarchi⸗ und der Turkei durch die Sonderkoa vention vom 21. April 1879 geregelt wurde, um deren Äbänderung allein es sich jetzt handelt. Diese Sonder. fonvention enthielt jwei Dauptpunkte; der eine sprach gegenüber der faltischen Autübung der Sonderänitätsrechte durch Desterreich, Ungarn bie Belaffung einer rein nominellen türlischen Souveränitãt aus, der andere betraf die näheren Abmachungen über die von beiden Staaten im Sandschak Nopiba ar zu unterhaltenden Garnisonen. Biefe letzteren Bestimmungen wurden mit Rücksicht auf den damaligen Schwächczustand der Turkez getroffen. Es ist vollends eine An- erkennung der Tatsache, daß sich die Türkei seither wieder erholt und ingbefondere durch die jetzt erfolgte Neuordnung ihrer Verhältnifse konfolidiert hat. Zugleich liefein wir aber damit einen un zweifel haften Beweis sowohl für die territoriale Uneigennũtz igkeit unserer all⸗ emeinen Orientpolttik, als auch insbesondere für unseren Wunsch, der ürkei ein sichtbares Pfand unserer freundschaftlichen Gesinnung und unserez vollen Vertrauens in die neuen starken Grundlagen ihrer Staatlichkeit zu geben. Die Souveränität des Sultans in den okku⸗ Herten Ländern, diesen jweiten Hauptpunkt des Sonderabkommens vom Jahre 1875, konnten wir drei Jahr ehnte lang schonen, erstens, weil sie eine folche Form der Souveränität darstellte, die uns in der geordneten und elnheitlichen Verwaltung nicht behinderte, dann aber auch weil ihre Schonung bisher mit keiner Gejahr für die Stabilität in den oftupierten Ländern, ju deren Aufrecht cchaltung ung, der Berliner Vertrag verpflichtete, verbunden war. Eine solche Gefahr baben aber gewisse Agitationen, die Be⸗ unruhigung in die Bevölkerung trugen, nahegerückt. Es entstand die Notwendigkeit, jener Gefahr durch eine geeignete Maßregel entgegen. zutreien. Diese Maßregel besteht in der endgültigen Klärung eines bisher ungertlarten und mit steten Ko likatlonen drohenden Vei⸗ bältniffes. Es war unsere Pflicht, die in osnien und der Herzegowina geschaffene Ordnung im Sinne und jum Schutze der Grundgedanken bes Berliner Vertrages aufrecht zu erhalten. Das Blatt weist sodann auf die Verleihung eines kon⸗ stitutionellen Regimes an die Bevölkerung hin und i. Diese konnte erst nach Klärung des Rechts verhaältnisses ohne Gefahr von Verwicklungen erfolgen. Was aber unser Verhältnis jur Tärkei betrifft, so boffen wir, daß, wenn die Erregung des erften Augenblids vorüber ift, dieses bisber durch pie Lat eines unklaren Zustandeg komplinierte Verhältnis in Zu⸗ kunft volle Freundschaftlichkeit und gegenseitiges Vertrauen ge⸗ winnen wird. Durch die Regelung des Sonveraͤnliäteverbältnisfes und durch die Gewährung konstitutioneller Einrichtungen bieten wir diesen Ländern die Ruhe nach außen und nach innen und errichten so an der Grenze der neuen Tärkei einen festen Wall jum Schutze ihres Terri⸗ töͤriums und ihrer nationalen Zukunft.

Der Rechtslehrer 8 Hofrat Lam masch führt in einem Artikel des „Fremdenblattes“ zur Angliederung Bosniens und der Herzegowina aus:.

Der bevorstebend? Zasammentritt des türkischen Parlaments babe Desterreich⸗ Ungarn vor die Notwendigkeit einer Reviston des Verhält. nisses der okkuplerten Provinzen zur Monarchie gestellt. Durch etwaige aus Bosnien für jencs Parlament gewäblte Persös lichkeiten könnten sich für die Türkei wie für Desterreich⸗ Ungarn Verlegenheiten und Gefahren ergeben. Es könnte sich ein staaterechtlich und völker.· rechtlich gleichmäßig unmöglicher Zustand zeigen. Ferner ergebe sich die Notwendigkelt angesichts des hoben kulturellen Aufschwungs der Beröllerung in den Okkupatione gebieten, den berechtigten Wunsch nach Gewährung staatsbürgerlicher Rechte zu verwirklichen, jumal die Erteilung einer Verfassung in der Türkei diesem Wunsche einen gewissen Nachdruck verliehen habe. Eine Versofsung aber könne nur von der unbeschränklen souveräuen Gewalt erteilt werden, nur als Souvbe än diefer Länder könne der österreichische Kaiser und ungarische König eine Verfassung verleihen, denn diese Verleihung sei die voll⸗ kommenste Ausübung feiner Souveränität über sie, Eine Ver= saff ung sei also nur unter der Voraus setzung möglich, daß die im Autstel 25 des Berliner Vertrages auftechierhaltene Fiktion einer noch fortdauernden Souveränität des Sultans als nudum jus auf⸗ gegeben werde. Das Verhältaig der Monachie ju Bosnien und der Herzegowina dürfe nicht bloß nach dem Berliner Vertrage, sondern auch nach der Konvention ven 1879 zwischen DOesterreich⸗ UÜnzarn Und der Türkei beurteilt werden. Die Freiheit des FRultus für Bosnien und die Herzegowina sei als ein der zsterreichisch · ungarischen Monaichie angehöriges Land selbstver. ständlich Beiüglich der Ehrenrechte des Sultan als religiöses OSterbeupt werde gewiß alles geschehen was jur vollen Beruhigung der Mohammedaner notwendig sei. Bejüglich der ottomanischen Müänjen bemerkte Lammasch, daß diese tatsächlich nicht mebr zirkulieren. Wenn vollends Desterreich⸗Ungarn als Kompensation sür den Verzicht auf die Schattenbälfte der Souveränität seinerseins auf das reale ünd praktisch bedeutsame Recht, militärische Belatzungen im Sandschat Robibazar ju halten, verzichte, werde die Turkei keine Ursache haben, über diese Aenderungen ju klagen.

Großbritannien und Irland.

Der Premierminister Asquith und der Staatssekretär des Äeußern Sir Edward Grey haben sich gestern in längeren Reden über die jüngsten politischen Ereignisse und die Stellung Englands hierzu geäußert. Nach den Berichten des B. T B.“ führte der Premierminister Asquith aus: (

Wir begegnen an diesem Abende einer großen, über die ganze

aller fremden Politiker richten sich auf die erschreckende Aufeinander

folge von Umwäljungen, deren Schauplatz das östliche Europa ist. Wenige Greignisse unserer Zeit erregten eine herilichere und allgemeinere Sympathie im britischen Volke, als die unblusige Revolution, welcht die Türkei in eine freie, sich selbst regierende Nation umwandelte.

Ihre Anstifter und Führer find ausnahmzlos von höchst un

eigennützi gen Beweggründen geleitet worden, und das neue Regierunge⸗

fystem it mit einem Minimum an Reibungen ins Werk getreten.

Biese Situation, die ju so hoffnungsvollen Erwartungen berechtigte, wurde plötzlich gewaltsam unterbrochen durch die Proklamation der bulgarischen Unabbängigkeit und, fast gleicheitig, durch die Annexion Bosnienz durch Oesterreich⸗Ungarn. Beide Ereignisse, die von einander ju trennen kaum möglich ist, bilden gemeinsam einen schweren Schlag

gegen dag neue, noch in seinen Anfängen begriff: ne Regime, Sie sind

in der Turkei mit nicht unbegreiflichem Unmut, aber mit bewundernt⸗ werter Ruhe und Würde k worden.

Im weiteren Verlauf seiner Rede kam der Premierminister auf das Januarprotokoll vom Jahre 1871 zu sprechen, das dem Vertrage von London angefügt ist und in dem auch von Desterreich⸗ Ungarn ausdrücklich dem zugestimmt wird, daß keine Macht die in diesem Vertrage eingegangenen Ver⸗ pflichtungen anders als mit Zustimmung der anderen vertrag— schließen den Parteien lösen könne. Auch der Fürst von Bul⸗ arien könne ohne, Zustimmung der anderen Mächte rein—⸗ chließlich der Zustimmung der Türkei keine Aenderung vornehmen.

Vesbalb, so fubr Aequith fort, ist es die Pflicht der Regierung Seiner Majestät, die Parteien, die fär den Biuch des Vertrags ver= antwortlich sind, darauf hinzuweisen, daß wit die letzten w nicht als irgendwie rechtsverbindlich anerkennen können, solange fie nicht durch die Zustimmung der Mächte geregelt sind. Es ist ferner klar, deß diese Geschehnisse, die mit solcher Neberftũ zung vor sich gegangen sind, unweigerlich ju anderen Fragen führen müssen, die von anderen in nahen Ssten schr interessserten Mächten erboben werden können. Wir werden nicht jögern, der Türkei unsere Versicherung ju geben, daß wir alles in unserer Macht Befindliche tun werden, um ihre Interessen und ihren Status geachtet und auftechterhalten ju sehen. Und es ist unser ernstester Wunsch, der Bevölkerung jenes Landet unsere Sympaihie mit ihrer neuen Regierung zu beieigen, sowle unfere Sympatbie mit dem Fortschritt und der Entwicklung der freiheitlichen Institutionen des türkischen Kaiserreiches. Indem wir diese Haltung einnehmen, liegt kein Grund zu der Annahme vor, daß wir damit unter den Großmächten allein ständen, und wir geben uns der Hoff nung hin, daß eine sowobl gerechte wie friedliche Loösung dit Kräffe der europäischen Diplomatie nicht überschreiten wird.

Sir Edward Grey sagte in seiner Rede, die er in. Wooler (Norihumberland) hielt, unter anderem:

Unsere Haltung wird diese sein: Wir können keiner Macht oder keinem Staase das Recht juerkennen, einen internationalen Vertrag ohne Zustimmung der anderen beteillgten Parteien ju ändern. Daß Ergebnis eines derartigen Vorgebens können wir so lange nicht an⸗ erkennen, als bis dte anderen Mächte brfragt worden sind, einschließ lich, und speziell in diesem Falle, der Türkei, die eine der am melsten betroffenen Mächte ist. Wern es in der auswärtigen Politik einreißen sollte, daß irgend eine einzelne Macht oder sfrgend ein Staat nach Belieben einen internationalen Ver—= trag verletzen könnte, so würde dies das öffentliche Vertrauen unter—= graben. Bie Neigung, die Rüstungen ju verminrern, war in Europa fm Zunehmen begriffen, aber wir können nicht erwarten, daß die Aut gaben für die Rüstungen abnebmen, wenn man befürchten muß, daß die Vertrage plötzlich ohne Zustimmung aller an ihnen beteiligten Mächte geändert werden können. Im gegenwärtigen Falle wäücde es sehr wünschenswert sein, keine Zeit ju verlieren und der Türkei zu versichern, daß in jeder Revision des Berliner Vertrags die Inter⸗ effen und der status der Türkei volle Berücksichtigung finden würden. Wir wünschen mit allem Ernst die Dinge so fair geleitet ju sehen, daß das Endergebnis aller Aenderungen des Vertrags nicht sein werde, die nene Regierung in der Turkei zu entmutigen, sondern sie vielmehr ju unterflützen. Wir werden unseren Einfluß nach dieser Richtung hin geltend machen. Es ist wüänschengwert, sich vor Augen zu balten, daß jede Kränkung des neuen Regimes der jetzt friedlichen Bewegung eint milttärische Richtung geben könnte. Dserdurch könnten alle Reformen in der Tärkei gefährdet werden, Mazedo ien und Armenien könnten wieder in jenen beklagenswerten Zustand geraten, in dem sie sich noch vor kurjer Zeit befunden haben. Es liegt kein Grund vor, warum daz, was geschehen ist, zu irgendwelcher Friedengstörung führen sollte.

Der Redner schloß, er hoffe nicht nur, sondern glaube es auch, daß es zu keiner Störung kommen werde. Die materielle und tatsächliche Aenderung sei nicht so groß, da der Unterschied zwischen Autonomie und Unabhängigkeit vom praktischen Stand⸗ punkt aus nicht bedeutend sei.

Frankreich.

Der Minister des Aeußern Pichon hatte gestern vor⸗ mittag kurz hintereinander Besprechungen über die Orient⸗ fragen mit den Boischaftern Englands, Italiens und Rußlands sowie dem serbischen Gesandten; außerdem konferierten Pichon und Clemenceau gemeinsam erst mit dem englischen Botschafter und dann mit dem griechischen Gesandten. Wie die Agence Havas“ meldet, liegt zur Zeit noch kein formeller Vorschlag für die Einberufung einer Konferenz vor.

Am“ Nachmittag überreichten dem Minister Pichon der zer i hi r s. Botschafter Graf Khevenhüller dit Zirkularnote seiner Regierung, betreffend die An⸗ nexion Bosniens und der Herzegowina und die Räumung des Sandschaks Novibazar, und der türkische Boischafter Na um Pascha die Protestzirkular⸗ note der Pforte gegen die bulgarische Ungbhängig⸗ keitserklärung. In letzterer heißt es, W. T. B.“ zufolge:

Der Sultan erhebe nachdrücklich Einspruch gegen die Haltung des Färsten Ferdinand und appelliere eindrsnclich an die Signalton, mächie des Berliner Vertroges, entsprechende Verfügungen * troffen, beispielsweise die Einberufung einer Konferenz behust Prüfung der Bedingungen zur Wiederherstellung der ge et sichen Ordnung in Bulgarien und DOstrumelten urd Auf⸗ rechterhaltung der Interessen der Turkti. Die Pforte könnte zur Gewalt greifen, um ibren Rechten Achtung zu verschaffen, aba fie wolle dies aus Achtung vor den Verträgen und im Anblick auf die allgemeinen Interessen und das einmütig Frledene bedũrfnig der⸗ melden. Sie protestsere formell gegen die eben vollzogene Verletzung des Berliner Vertrags und bebalte sich ar sdrücklich alle ihr durch diesen internationalen Akt verliehenen Rechte vor.

Ruhland.

Die offiziöse ‚Rossija“ veröffentlicht einen Leitartikel uber die Anne zton Bosniens und der Herzegowina somit über die Proklamation Bulgariens zu einem u nab⸗ hängigen Königreich, in dem es, „W. T. B. zufolge, u. a. heißt: s

Der 'soeben von Desterreich Ungarn proklamierte Se gl Botrlen und die Herjegowina ju anneltieren, und andererselt? di nat hängiskeite erklärung Bulgariens bilden eine wesentliche Vter⸗ letzung des Berliner Vertrages. Daher sei es nicht zu perwun . daß allerseits ungeduldig Nachrichten entgegengesehen werde, welg⸗ Maßregeln die Regterungen der übrigen Mächte ergreifen werden an gefichtz der neuen Lage der Dinge auf der Balkar halbinsel.

In dem Artikel wird dann weiter ausgefũhrt:

Welt verbrelteten Besorgnis und die Gedanken aller englischen und

Sbgleich der Berliner Vertrag nicht wenige für Rublan drückende Beflimmungen enthalte, . solche, die jwelfellos nur die

Bedeutung von temporären und im Uebergangszustande befindlichen Abkommen hätten, habe Rußland sich nicht beeilt, die ö. . Abänderung dieses Vertrages aufjuwerfen, sondern sei durchweg besorgt gewesen, den Frieden aufrecht ju erhalten und den Vertrag jur Richt schnur zu nehmen auf der Grundlage der durch den Londoner Vertrag vom Jahre 1871 bestätigten internationalen Benehungen, kraft deren ein Abkommen nicht anders geändert werden könne, als durch allgemeines Einverständnis der Signatar⸗ mächte. Rußland sei jedoch verpflichtet, seine Stimme zu erheben, wenn Greignisse eintreten, die nicht bloß die geseßliche Sphäre seiner polltischen Taͤtigkeit berührten, sondern auch dle rechtliche Lage der snternationalen Beiiehungen im Wesen änderten. Nachdem Rußland so viel Blut vergossen, um die Christen auf dem Balkan zu neuem Leben zu erwecken, und um deren gute Organisation nicht wenig Sorge getragen habe, könne es in der Wiederherstellung deg Bulgarenreiches nur den erwünschten Abschluß einer historischen Sache und gleichsam das Erbteil seiner eigenen Mühen erblicken. Dieser Akt im Leben Bulgarieng bedürfe jedoch der gesetzmäßigen Anerkennung, und es sei notwendig, daß sämtliche Abänderungen, die gleichjeitig in die bestehende Ordnung auf der Balkanhalbinsel eingeführt werden könnten, nicht Erschütterungen und internationale Verwicklungen nach sich jögen. Der natürlichste Weg zur Erreichung dieses Zieles wäre die gemeinsame Beratung der neuen Lage auf einer neuen Konferem der Mächte, die die bisherige Ordnung auf der Balkan halbinsel eingeführt haben. Es sei voller Grund ju der Annahme vor- handen, . bei den Mächten der Wunsch rege sei, ihre sich be⸗ gnenden Interessen in Ginklang zu bringen, und Lieser Weg der Herr, auf einer Konferenz der Mächte, die den Berliner Traktat unterzeichnet haben, werde zweifellos die beste Bürgschaft bilden für die Wiederherfstellung des Gleichgewichts auf der Balkanhalbinsel und 3 eines dem nahen Osten gerechten und befländigen tiedens.

Italien.

Wie „Agenzia Stefani“ meldet, hat der österreichisch⸗ ungarische Botschafter gestern vormittag dem Minister des Aeußern Tittoni die Note seiner Regierung überreicht, welche die Gründe darlegt, die Derr r nde. zur . Bosniens und der Herzegowina veranlaßt aben.

Türkei.

Der n, n,, Botschafter in Konstantinopel Markgraf Pallavicini überreichte gestern nachmittag der Pforte, „W. T. B.“ zufolge, nachstehende Note:

Als Oesterreich⸗Ungarn mit der Pforte am 21. Axril 1879 die Konvention, betreffend die Durchführung des Artikels 25 des Berliner Vertrages mit Bezug auf, den Sandschak Novibazar, abschloß, gab eg sich Rechenschaft über die enge Solidarität der Interessen, die sich unter anderem in jenen Bestim⸗ mungen der Konvention kundgab, welche die Anwesenheit der osterreichisch⸗ ungarischen und ottomanischen Garnisonen in gewissen Ortschaften vorsah. Die durch diese freundschaftliche Kooperation ssterreichisch⸗ ungarischer und ottomanischer Truppen vorgesehene Ab⸗ sicht wurde erreicht. Es ist uns gelungen, die Ordnung aufrecht⸗ juerbalten und den europäischen Frieden ju sichern, den eine Konflagration in diesen Gebieten in Gefahr gebracht hätte in dem Augenblick, wo die Türkei durch die Folgen des Krieges Hgawagt war. Seitdem hat sich die Lage gründlich geändert.

le 30 Jahre, die der Unterzeichnung der Konvention folgten, gaben der Türkel Zeit, sich zu sammeln. Die politische Bewegung, die sich namentlich gegenwärtig in der Türkei zeigt, läßt eine Er— starkung des ottomanischen Staates und hierdurch eine Festigung der Grundlagen des Reiches erkennen. Desterreich⸗Ungarn gab vor nicht langer Zeit der Türkei den Beweis seiner wohlwollenden und fried⸗ lichen Absichten, indem es erklärte, es sei geneigt, in der Konvention, betreffend den Eisenbahnanschluß Uvae Mitrowitza, die Klausel auf⸗ zunehmen, daß die Monarchie von nun an nicht mehr von ihrem Rechte Gebrauch machen werde, an anderen Punkten des Sand⸗ schals ohne vorheriges Einvernehmen mit der Pforte Truppen zu halten. Heute, wo der Beginn einer neuen politischen Aera in Kon- stantinopel eine aus gez iichnete Vorbedeutung für die Zukunft der Turkei ju sein scheint, hofft Desterreich⸗ Ungarn, daß es der Pforte allein ge⸗ . werde, die Ordnung in Sandschak aufrechtjuerhalten und so in diesen Gegenden die Aufgabe zu erfüllen, die bisher dem Zusammen⸗ wirken der beiden Reglerungen oblag. Oesterreich Ungarn zögert nicht, zu erklären, daß es in Zukunft auf die Geltendmachung der Rechte verzichtet, die ihm die Konvention bejüglich der Sandschaks einräumt. Was die oͤsterreichisch⸗ungarischen Truppen betrifft, so erhielten diese den Befebl, die Ortschaften, wo sie garnisonierten, ju räumen. Durch diese hochbedeutsame Tat glaubt Oesterreich⸗ Ungarn der Pforte nicht nur einen offenbaren Beweis seines Vertrauens und seiner aufrichtig freundschaftlich'n Gefühle ju geben, sondern es setzt hierdurch gleich⸗ jeitig den Gerüchten, die ihm egoistische Absichten und territoriale Begehrlichkeiten zuschrelben, das formellste Dementi entgegen. Wenn es feststeht, daß Oesterreich⸗ Ungarn nicht mehr die Absicht hat, an die Bestimmungen des Konstantinopeler Vertrages bejüglich des Sand⸗ schaks zu appellieren, so liegt ihm andererseits die Pflicht ob, seinen Standpunkt bezüglich der übrigen in e Konvention spezifinlerten Fragen klarjzulegen. Oesterreich Ungarn hat die ihm durch den Ber⸗ iner Vertrag anvertraute Missien in Bosnien und der Herzegowina lum Wohle der dortigen Bevölkerung und selbst auch im Interesse der Türkei erfüllt. Tatsächlich hat nur die in Bosnien und der Herzegowina durch den Berliner Vertrag geschaffene und von ODester⸗ reich ⸗Angarn aufrecht erhaltene Lage der Tünrkei gestattet, ihre Kräfte jur Wahrung der territorialen Integrität det Reichs jzusammenzufassen. Bosnien und die Herzegowina sind heute dank der fleißigen Arbeit der österreichlsch⸗ungarischen Ver⸗ waltung zu einem hohen Grade materieller und geistiger Kultur ge⸗ langt. Der Augenblick scheint also gekommen, das unternommene Werk zu krönen und diesen Provinzen die Wohltat des von der Be⸗ völkerung gewünschten autonomen und konstitutionellen Regimes zu gewähren. Desterreich Ungarn muß indessen, um selne edlen Ab⸗ sichten zu verwirklichen, die Lage in beiden Provinjen genau regeln und für wirksame Garantien gegen Gefahren vor⸗ sorgen, die die Stabilität des im Jahre 1875 eingeführten Regimes bedrohen könnten. Desterreich Ungarn siebt sich daher vor der ge—⸗ bieterischen Notwendigkeit, sich der in der Konstantinopler Konvention enthaltenen Vorbehalte ju entledigen und, was Bosnien und die Herzegowina betrifft, seine frühere Aktiongfreiheit wiederjuerlangen. Es glaubt, daß die Benehungen zwischen Oesterreich⸗ Ungarn und der Türkei, frei von der Unsicherheit der Lage in Bosnien, der Herzegowina und im Sandschak, mit der definitiven und normalen Sachlage, die wir herstellen wollen, gewinnen werden.

Alttürkische Kreise schieben die jüngsten politischen Ereignisse auf das Schuldkonto der Jungtürken. Auf jungtürkischer Seite verteidigt man sich damit, daß die Geschehnisse nur Folgen und Nachwehen des alten Regimes seien. Gestern mittag fanden in Konstantinopel Kundgebungen vor der englischen, der fran⸗ zösischen und der d i gen Botschaft, der griechischen Gesandtschaft und vor der bulgarischen Agentie statt. In einer zahlreich besuchten Volksversammlung vor dem Kriegsministerium wurde eine Resolution angenommen, in der es, nach einer Meldung des „K. K. ö heißt, daß die Pforte alle nötigen diplomatischen Schritte veranlassen müsse, um die Rechte des Vaterlandes zu wahren.

ö Infolge des bulgarischen Staatsstreiches hat die Be⸗ völkerung Kretas 6 beschlossen, die Angliede⸗ rung an Griechenland zu proklamieren, und, der

Anstalten hellenische Behörden eingesetzt worden. Die Be⸗ völkerung firömt zu Tausenden in Kanea zusammen, um dort ihrer Begeisterung für Griechenland Ausdruck zu verleihen.

Serbien.

In einer Note an die nig. des Ber⸗ liner Vertrages protestiert die serbische Regierung auf Grund des Artikels 25 des Berliner Vertrages gegen die Einverleibung Bosniens und der Herzegowina in die habsburgische Monarchie. In der Note heißt es nach einer Meldung des, W. T. B.“

Obwohl die serbischen Rechte auf dem Berliner Kongresse un⸗ vergleichlich geringer befriedigt worden seien, als es den Kriegsopfern beider serbischen Länder, Gir und Montenegros, entsprochen hätte, und obwohl Serbien die Verpflichtungen aus dem Berliner n, strupulöser erfüllt hätte als irgend jemand anders, sei keine einzige Veränderung an diesem Vertrage seit den letzten dreißig Jahren zu Gunsten des Serbentums erfolgt. Angesichts dessen hoffe die serbische Regierung, daß die Bitte um Gerechtigleit und um Schug gegen die offenbare Verletzung des Berliner Vertrages bei den Signatarmächten nicht ungehört verballen werde. Serbien könne nur in der Wiederherstellung der Lage bezüglich Bosniens volle Be—= friedigung finden. Sollte dies unmöglich sein, so fordere Serbien eine entsprechende Entschädigung, um ihm Bürgschaften zu sichern für sein unabhängiges staailichesß Leben und um dem serbischen Volke die Bedingungen für seinen nationalen Fortbestand wenigstens in dem Maße wiederjugeben, wie sie ihm der Berliner Vertrag ge⸗ geben habe.

Die Meldungen über die Veränderungen hinsichtlich Bosniens haben auf die Bevölkerung einen sehr tiefen Eindruck d, Die Stimmung ist bei dem größten Teil des Volkes,

em „K. Kw. Telegraphen⸗Korrespondenzbureau“ zufolge, äußerst erregt. Die führenden Politiker aller Parteien . die Presse treten einmütig für eine energische Stellungnahme zu Gunsten des serbischen Teils der Bevölkerung von Bosnien und der Herzegowina und gegen Oesterreich⸗Ungarn ein, um dadurch eine Intervention der europäischen Mächte herbeizuführen. Die Skupschtina ist zum nächsten Sonnabend einberufen

worden. Bulgarien.

Der diplomatische Agent Großbritanniens in Sofia hat dem Ministerium des Auswärtigen gestern eine Note überreicht, die, W. T. B.“ zufolge, die Erklärung enthält, daß die 3 Regierung das Königreich Bulgarien nicht anerkennen könne, bevor die anderen Machte und die Türkei ihre Haltung in der Angelegenheit präzisiert hätten.

Montenegro.

Die Regierung hat an die Vertreter der Berliner Signatar⸗ mächte eine Note gerichtet, in der die Verfügung, betreffend Bosnien, als eine Verletzung des Berliner Vertrages be⸗ zeichnet wird. In der Note wird nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbureaus“ hinzugefügt: wenn die Mächte diese Tatsache anerkennen würden, halte sich Montenegro von allen Verpflichtungen aus dem Vertrage, namentlich soweit sie sich aus dem Artikel 29 ergeben, für

entbunden. Dänemark.

Der Finanzminister Neergaard, der gestern zum König berufen wurde, hat versprochen, die Bildung eines neuen Ministeriums zu versuchen. Wie das W. T. B.“ meldet, wandte er sich an die beiden Gruppen der Regierungspartei, die linke Reformpartei und die Gemäßigten, die ihm ihre Unter— stützung zusagten.

goloniales.

Die Diamanten von n, m in Deutsch⸗Südwest⸗ afrika.

In der „Deutschen Kolonialieitung“ berichtet Ferd. Gessert, einer der aͤltesten Farmer im Süden von Deutsch⸗Südwestafrika, aus Lüũderitzbucht:

Wir leben hier im trockensten Klima. Das Regenwasser trägt hier keine Berge ab, sondein der fast unaufbörliche Wind, der den Sand und Kies aufwühlend im Laufe der Jahrtausende als äußerst wirkung volles Sandgebläse groteske Formen aug dem Urgestein ausmodelliert hat. Da man die Halbedelfteine, die im Verein mit den Diamanten gefunden werden, auch im Granit sieht, ist es wahrscheinlich, daß dieser ebenfalls Diamanten enthält, jedenfalls aber in weit geringerer Menge als der Kies. Denn der Kies ist allmäblich angereichert worden, dadurch, daß alles weichere und flächenhaft vorkommende Gestein, junächst Glimmer und Kupferblättchen, ausgeblasen wurde, während die barten, spezjiisch schweren Diamanten liegen blieben, um so mehr, als sie dank ihrer tetragonalen Kristallfsorm dem Sturm wenig Anhaltspunkte bieten. Die Übrigen Steine sind von dem scharfen, Diamant führenden Schleif⸗ mittel fast kuglich gerundet, kommen in allen 6 vor und würden sich ju sebr haltbaren Mosaiken verwenden lassen.

Da sich in den Tälern der Verwitterungsschutt im Windschatten der Berge anhäuft, so werden da die meisten Diamanten gefunden. Doch könnte man auch annehmen, daß einst ein Alluvium das Ur⸗ gestein bedeckte, daß von höheren Lagen die Diamanten angespült wurden und nun nach Jahrtausende langem Windfraß das elnzige Ueberbleibsel sind. Dann wäre es nicht ausgeschlofsen, daß in der Gegend von Tsauchgih der Tiras noch Blaugrunzpfeifen gefunden würden. Wahrscheinlich ist das nicht. Denn auf, Kilometer haben die breit Quarz gebänderten Graniischichten den gleichen steilen Ein⸗ fallswinkel von etwa 70 . Daraus läßt sich schließen, daß ein enormes Gebirge abgetragen wurde. In der Zeit, die dazu benötigt wurde, wären längst alle Diamanten, bätten sie alluvial dem Urgestein auf⸗ gelegen, ju Staub weggeschliffen worden. Dle Schürfer haben die Natur zur Lehrmeisterin genommen und blasen zunächst durch eine Windfege, nicht unähnlich einer Getreide⸗ reinligungsmaschine, den Sand vom Kies weg. Der Kies kommt alg⸗ dann in ein Handsieb. Durch eigenartiges Schütteln kommen die Diamanten unten auf der Mitte des Siebes jzu liegen. Das Sieb wird dann umgestülpt. Die gleich schweren Granaten jeigen durch ihre dunkelrote Faͤrbung an, wo man auch die Digmanten ju suchen bat. Solange ich jusah, wurden fast jeder Handfiebfüllung mit der ret ein oder mehrere Diamanten entnommen. Da auf viele tlometer in der Runde die Edelsteine gefunden werden, kann man sich eine Vorstellung von dem beispiellosen Reichtum machen. Un—= willkürlich denkt man an den Neid, den der Nibelungenhort hervor⸗ rief denkt daran, daß der Grund, wo jetzt Kimberley steht, als dort die ersten Diamanten gefunden wurden, nicht britisch war, daß Johannesburg, als dort unermeßliche Schätze gehoben wurden, nicht unter dem Union Jack stand. ö

Es ist ein besonders glücklicher Umstand, . der als wasserlos verschrleene Wüstenstreifen reich an Brackwasser sst. In den Tälern stößt man bereits in einer Tiefe von drei bls vier Metern auf jum Waschen durchaus geeignetes Brackwasser. Es ist keineswegs aus- geschlossen, daß noch Süßwasser erbohrt wird. Denn hierzulande ist es Regel, daß das Bradwasser dem Sůüßwasser überlagert. Sonst kämen die Quellen von Anichab oder die neu erschlossenen Brunnen bei Garab als Trinkwasser in Betracht. Das Wasser wird also keine

Agence Havas“ zufolge, gestern diesen Beschluß ausgeführt. f der ganzen 36 sind in öffentlichen und kommunalen

Abbauerschwerung bieten.“

Parlamentarische Nachrichten.

Das Mitglied des Hauses der Abgeordnet befitzer Braemer in Ernstberg bei ö l. ie en ö ir, . Ragnit und Pillkallen reikons.), ist, nach einer Meldung der, O f ü 3 am 6. . M. gestorben. ö an wa , n.

Statifstit und Volkswirtschaft.

Die Zentralauskunftsstelle für Auswanderer i Berlin (W. 8. Schellingstiaße 4 hat im dritten ier ie ma rn 1908 (1. Juli big 30. September) in 2263 Fällen Austunft an Auswanderungtlustige erteilt, und zwar in 1704 Fällen schristliche und. in 559 Fällen mündliche. Beantwortet wurden inggefamt 3702 Anfragen über die verschiedenen Auswanderungsgebiete. Davon belogen sich 2370 auf die deutschen Kolgnten, und jwar auf Deutsch Süpywestafcika 929, auf Deutsch⸗Ostafrika 492, auf Kamerun 159, auf Togo 136, auf Samon 67, auf Deutsch= Neuguinea 42, auf die Karolinen, Palau und Marianen 30, auf Kiautschou 18 usw. Unter den fremden Auswanderungs gebie ten steht Südbrasilien mit 158 Anfragen an der Spitze; dann solgen Argentinien mit 155, die Verrinigten Staaten von Amerika mit 92, Brasilien im allgemeinen mit og, Canada mit 2, Chile mit 435, Nord und Mittelbrasilien mit 39, Paraguay mlt 24, Bolivien mit 21, Neu · Seeland mit 18, Uruguay und Britisch ˖ Suübafrtka mit je 17. Mexlko und China mit j⸗ 16, Rußland mit 13, Cuba, Peru und Queensland mit je 12, Niederländisch⸗ und Bꝛitisch. Indien mit je 83. Der Rest ver= teilt sich auf Ceuador, Guatemala, Kolumbien, Nicaragua, West⸗ indien, Venesuela, Honduraz, Abessinien, Algerien, Britisch. Sstafrika, Aegypten, die Goldküste die Kanarischen Inseln, den Congostaat, Lberia, Madagaskar, Dahomey, Madeira, Portugiesisch ⸗Ostafrtka, Tunis Kleinasien, Japan, die Philippinen, Siam, Slbirten, Tonking, Neu⸗Südwales, Viktoria, England, Frankreich, Oesterreich⸗ Ungarn, Bulgarien, Italien, Spanien, die Schweiz, die Türkei, Rumänien, Griechenland, Norwegen, Schweden usw. Es gibt somit kaum ein Gebiet der Erde, über das nicht Anfragen eingelaufen und be⸗ un, . 96

on den 14 nfragenden, die ihr Alter angaben, waren 197 noch nicht 20 Jahre alt, 9334 standen im Alter jwischen 20 und 30 zis jwischen und ä0, jwischen 40 und v6. Jahren, und 2 waren über 30 Jahre alt. Von den 1570 Fragestellern, die Angaben über ihren Per son en stand machten, waren 1173 ledig, 385 ver— heiratet und 14 verwitwet. Nach dem Berufe waren unter den Anfragenden am stärksten die Kaufleute, Handwerker und Landwirte vertreten. Bemerkenswert ist, daß sich von den Anfragenden nur 398 als mittellos bejeichneten, während beinahe 1900 zum Teil über recht erhebliche Summen verfügten, 3 B. 24 über 10 000 Æ, 20 über 13 000 , 16 über 20 000 6, 18 über 30 000 , 6 über 40 000 , 10 über 50 000 S usw. bis zu 500 000 M hinauf.

Von den Anfragen kamen aus Preußen 1485, und zwar aus Brandenburg mit Berlin 659, aug der Rheinprovinz 173, aus der Provinz Sachsen 103, aus Hessen. Nassau 96, aus Schlesien 92, aus Westfalen 76, aus Schleswig⸗Holstein 64, aus der Provinz Hannover s0, aus Westpreußen 46, aus Pommern 45, aus Ostvreußen 36 und aus der Provinz Posen 35. An der Spitze der übrigen deutschen Staaten steht das Königreich Sachsen mit 166 An⸗ fragen; dann folgen Bavern mit 113, Hamburg mit 90, Baden mit 64, Württemberg mit 45, Hessen mit 35, Elsaß. Lothringen mit 23, Bremen mit 19, Mecklenburg Schwerin mit 15 usw. Aus den deutschen Kolonien kamen 8 Anfragen, aus dem Auslande 129, davon 46 aus Oesterreich⸗Ungarn, 21 aus der Schweiz, 19 aus Eng— land, 10 aus Rußland usw. Die Zentra lauskunftestelle für Aus. wanderer erteilt kostenlos schriftliche und mündliche Auskunft.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus München wird der „Frkf. Ztg. telegraphiert, daß, nachdem eine Versammlung der Schneider und Schneiderinnen gestern vormittag den neuveränderten Tarif angenommen hat, der Ausstand der Damenmaßarbeiter nun beendet ist. (Vgl. Nr. 233 d. Bl.)

Kunst und Wissenschaft.

In Aachen ist, wie die „Fref. Ztg. mitteilt, der Phrsiklehrer an der dortigen Technischen Hochschule, Gebeime Regierung rat, Pro= fesor Wüllner am 6. d. M. im Alter von 75 Jahren gestorben. 1 Dr. Adolf Wüllner habilitierte sich im Jabre 1858 in

arburg, konnte also dieses Jahr sein goldenes Jubiläum als Hoch- schullehrer feiern. Wissenschaften und Akademie.

Er war Mitglied der biesigen Akademie der korrespondierendes Mitglied der Mäͤnchener

Literatur.

Dantes poetische Werke. Neun übertragen und mit Dri⸗ ginaltert versehen von Richard Zooim ann. 4 Bände. Verlag von Herder in Freiburg i. B, geb. in Leinwand 18 ; in Pergament 28 S. Die Herdersche Verlagsbuchhandlung hat fich mit der Her⸗ ausgabe dieser Dante Ausgabe ein großes, unbestreitbares Verdienst erworben. Einmal ist der Uebersetzer, Zoomann, selbst ein Dichter, seine Uebersetzung bat daber den D Vorzug vor der Mehrzabl der sonst vorbandenen deutschen Dante, ebertragungen, daß sie von voe⸗ tischer Schönbeit ist. Zoozmann hat aber auch die richtige Grenze 86 dichterischer Freiheit und Achtung vor dem Wortlaute det Driginals mit Geschmack und Takt einzuhalten gewußt. Schon um dieser Voriüge willen muß die neue Uebersetzung allen Dantefreunden hoch will ˖ kommen sein. Ein besonderer Vorzug ist aber die Gegenüberstellun

von Original und Uebertragung; ermöglicht doch erst eine Parallel ausgabe ein völliges Gindringen in eine fremdsprachige Dichtung und hilft dem gewissenhaften Leser über etwaige Mängel der Uebersetzung und deren gibt es ja auch in der besten hinweg. Daß neben der Göttlichen Komödie“ auch das Neue Leben“ und die Gedichte“ des großen Florentinerg in dieser Ausgabe Aufnahme gefunden haben, kann gleichfallz nur mit Freude begrüßt werden. Auch die äußere Ausstattung des Werks steht durchaus auf der Höhe.

Bet der erhöbten Aufmeiksamkeit, die im naturwissenschaft⸗ lichen Unterricht der Pflanzenbiologie zugewandt wird, wird ein Buch jeden falls willkommene Aufnahme finden, das von einem hervorragenden Botaniker gls n e ohne große Voꝛrkenntnisse voraus susetzen, den reichen Stoff geschickt und übersichtlich gliedert. Diese Vorzüge ver⸗ einigt die Schrift Biologie der Pflanzen“, Schilderungen aus dem Pflanzenleben bon dem Professor an der Forstakademie in Eisenach Dr. W. Migula, das mit 133 Abbildungen nach Photographien und eichnungen und mit 5 Tafeln ausgtstattet, bei Quelle und Meyer in ipzig eben erschienen ist (geh. M 8, geb. M 8. 80). Dag Buch behandelt in lebensvoller Darstellung die wichtigsten Gebiete der Pflanzenbiologie mit besonderer Berücksichtigung der heimischen Verhältnisse. Wo es irgend angängig war, sind die biologischen Verbältnisse der ver- breitetsten oder doch leicht erreichbaren Pflanzen geschlldert, um ein ae, en. Beobachten der Nalur zu ermöglichen. Acht Abschnitte ehandeln die Fortpflanzung der Gewächse, die Verbreitung der Pflanzen, ihre spejiellen Schutzeinrichtungen, ihre Anpassung an Klima und Boden. Den verschiedenen damit jusammenhängenden Pflanzengesellschaften in Wald und Feld, Heide und Moor ist das 5. e nf gewidmet. Die Biologle der Ernäbrung sowie die überaus interessanten Er⸗ scheinungen deg Genossenschaftslebens zwischen Pflanzen und Tieren bilden den Abschluß des prächtig ausgestatteten Werkeg, dag für jeden

Naturfreund eine anregende und interessante Lektüre, allen Lehrern und

a. bald ein hochgeschätztes Lehr⸗ und Nachschlagebuch sein

ũrfte.