1908 / 249 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 21 Oct 1908 18:00:01 GMT) scan diff

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beurteilen. Um ihnen aber, soweit ein Bedürfnis vorliegt, belfen ju können, ist staatsseitig die Bereitstellung eines Ergãnzungszuschusses von 14 Millionen Mark in Aussicht ge⸗ nommen. Davon entfallen auf Posen und Westpreußen 2.2 Millionen, auf die Schulverbände mit mehr als 25 Schulstellen 1,5 Millionen, sodaß 105 Millionen zur Verteilung an die Schulverbände mit nicht mehr als 25 Schulstellen verbleiben. Aber es ist nicht die Absicht, diese Verteilung nach Art eines Diepositionsfonds vorzunehmen derart, daß der Kultusminister eventuell mit dem Finanzminister etwa die Beihilfen bewilligt, sondern dieser große neue Fonds von 10.5 Mil. lionen soll nach Analogie des Schulunterhaltungggesetzes unter Berüũck⸗ sichtigung der Leistungsfähigkeit und der Mehraufwendungen, die dies Gesetz den einzelnen Gemeinden auferlegt, auf die Provinzen derteilt, von den Provinjen auf die Kreise vertellt werden und in den Kreisen dem gesamten Unterstützungsfonds juwachsen. Wir glauben also, auf diese Weise abermals eine jweckmäßige Dezentralisation vorgenommen zu haben und vor allem den wesentlichen Vorteil erreicht ju haben, daß die den Verhältnissen am nächsten stehenden Elemente aug den Laien⸗ kreisen die Verteilung bewirken, und daß die Verteilung nicht mehr von Berlin aus erfolgt, wo man den einzelnen Verhältnissen viel ju fern steht, um sie in jedem Fall mit Sicherheit beurteilen zu können.

Gegenüber diesen großen Staatsleistungen bleibt für die Ge— meinden eine Mehrbelastung aus dem ganjen Gesetz nur in Höhe von Millionen Mark, die großenteils auf die Gemeinden mit mehr als 25 Schulstellen entfallen.

Ich glaube, diese Daten, die ich in aller Kürje Ihnen vor zutragen die Ehre hatte, sind ein beredter Ausdruck dessen, daß die Staatsregierung bemũbt gewesen ist, die Lehrergehälter, soweit über- haupt möglich und vertretbar, aufzubessern und dabei die leistunge⸗· schwachen Gemelnden nach Kräften ju schonen. (Bravo! rechts.)

Meine Herren, ich komme ju der Gehalisaufbesserung der evangelischen Geistlichen. Ich möchte hervorheben, daß zu unserer Freude diese Regelung in bollem Einvernehmen mit den kirchlichen Organen, namentlich mit den Synoden der einzelnen Lander kirchen, erfolgt ist. Für die evangelischen Geistlichen ist zunächst eine Gehalttzaufbesserung vorgesehen. Sie hatten nach dem Pfarr⸗ besoldungsgesetz von 1898 eine Gehaltsstala von 1800 bis 4800 . Diese soll jetzt auf 2400 bis 69000 aufgebessert werden, sodaß die Geistlichen also im Anfangsgehalt sich um 600 und im Endgehalt um 1200 6 verbessern. Das Bemühen ist besonders dahin gegangen, die Stufenfolge auch besser ju gestalten; denn es wurde seitens der Geistlichen, wie ich glaube, mit Recht darüber geklagt, daß sie bisher allzu lange auf der ersten niederen Gehaltzstufe von 1800 stehen blieben, und wir haben die Gehaltsstufen ferner auch nach der Rücksicht bemessen, daß die Gewährung giößerer Zalagen gerade dann eintritt, wenn für die Erziehung der Kinder besondere Aufwendungen erwachsen.

Meine Herren, diese wesentliche Aufbesserung der Gehälter der evangelischen Geistlichen ruft einen Kostenaufwand von 10 419 000 0 hervor. Die Landeskirchen haben dringend gebeten, diesen Mehr= aufwand nicht auf die einjelnen Gemeinden zu verteilen, sondern in der Gesamtheit durch den Staat und die Landeskirchen selber tragen zu lassen, und jwar wird die Regelung dahin vorgeschlagen, daß von dlesen rund 10 Millionen Mark der Staat 7 800 O00 übernimmt, die Landeskirchen 2 370 000 0 gleich 0/9 des Staats einkommensteuersolls. Werden die Gehälter der Geistlichen in dieser Weise erböht, so ergibt sich daraus naturgemäß eine Schwierigkeit für die Dotierung neu errichteter oder neu zu errichtender Stellen; und um in dieser Be⸗ ziehung die evangelische Kirche in die Möglichkeit zu versetzen, wie bisher mit der Errichtung neuer Stellen dor jugehen, ist vorgesehen, die Beihilfe des Staates zur Errichtung solcher neuen Stellen, die jetzt im Betroge von 600 000 ausgebracht ist, zu verdoppeln und also um 660 000 4 zu erhöhen, ebenso wie die Kirchen sich zu einer Verdoppelung ihrer Leistungen verpflichtet baben.

Meine Herren, was das Ruhegehaltswesen betrifft, so ist es im Plane, eine einbeitliche Regelung für sãmtliche Geistliche aller evan⸗ gelischen Landeskirchen vorjunehmen, und zwar sollen die Vensions⸗ bezüge der Geistlichen im allgemeinen wesentlich verbessert und einheitlich geregelt werden, was bekanntlich bisher nicht der Fall war. Um die Beiträge der Pfründen und der einzelnen Geistlichen beseitigen zu können, ist staatsseitig in Aussicht genommen, einen Beitrag von 1 600 000 K für diese Ruhegehaltskassen ju gewähren · Der Gesetzentwurf, der Ihnen vorliegt, erteilt staategesetzlich die Ge— nehmigung zu den verschiedenen Kirchengesetzen, die, da es sich um eine ganze Anjabl handelt, einen erheblichen Teil dieser Vorlage aut⸗ machen, und setzt zugleich die Staatejuschüsse, die ich eben in Kürze darzulegen die Ehre hatte, fest.

Meine Herren, ich komme zu der Aufbesserung der Bezüge für die katholischen Geistlichen. Auch hier sind die Verhandlungen im vollen Einvernehmen mit den Herren Bischöfen geführt worden, und es freut mich, hervorheben zu dürfen, daß die Vorlage in allen grundlegenden Bestimmungen die Zustimmung der Herren Bischõfe gefunden hat. Auch hier handelt es sich junächst um eine Gehalts⸗ aufbesserung, und jwar sollen die katholischen Geistlichen, die nach dem Gesetz von 1898 ein Gehalt von 1500 bis 3200 bejoꝛen, künftig ein Gehalt von 1800 bis 4000 M erhalten. Abweichend von der Regelung für die evangelischen Kirchen ist hier nach der Be- sonderheit der katholischen Kirche die Tragung der Lasten bei den einzelnen Kirchengemeinden verblieben. Um aber den leistungesschwachen Gemeinden nach Möglichkeit entgegenzukommen, ist die Gewãahrung eines weiteren Staatsbeitrages durch Vermittlung der Disjesen vor⸗ gesehen. Wahrend dieser Staatsbeitrag bisher 3 438 400 betrug, soll er künftig um 2 180 00 M erboöͤht werden, und er ist so be— deutend, daß voraussichtlich die Diszes⸗n ihrerseits nur 10n0Jů des Staat steuersolls mit 330 000 0 aufiubringen haben werden, um die Aufbesserung der Gehälter ihrer Geistlichen durch juführen. Also auch hier liegt die weitaus größte Leistung beim Staat.

Wie bei der evangelischen Kirche, soll auch für die katholische Kirche der Fonds für Neugründung von Stellen erdoppelt werden, also, da er bisher 200 000 betrug, auf 400 009 4 gebracht werden. Eg freut mich besonders, daß die Absicht obwaltet, die bisher ganz ungerügende Regelung der Ver⸗ hältnisse der emeritierten Geistlichen ju bewirken. Bis her war das Ruhegehaliszwesen der katholischen Geistlichen nicht einheitlich geregelt; nur einzelne Disjesen haben es geregelt, andere überhaupt gar nicht, und wo es geregelt war, bestand die größte innerliche Ver⸗

Einbeltlichkeit berbeijuführen. Um das zu erleichtern, ist auf Wunsch der Herren Bischsfe staatsseitig ein Betrag von 120 000 in das Mantelgesetz aufgenommen. Die Herren Bischöfe haben diese Summe erbeten und als ausreichend erachtet. Eine besondere Regelung er⸗ forderten die Veihältnisse in Westpreußen und Posen. In der Erz · diözese Posen und Gnesen und im Bittum Culm soll das bisherige Pfarrerbesoldungsgesetz von 1898 auftecht erhalten werden. Eg sollen ferner auch die Mittel staatsseitig bereit gestellt werden, die er⸗ forderlich sind, um die dortigen Gehälter auf die jetzt geplanten Sätze zu erhöhen. Aber die Lage der Sache gebot es, diese Betrãge nicht durch die Vermittlung der Diszesen an die einzelnen Geistlichen gelangen zu lassen, sondern die Entscheidung dem Herrn Kultusminister vorjubehalten. Die Gesamtleistung des Staats für die katholischen Geistlichen beläuft sich auf jweieinhalb Millionen Mark. Es sind erhebliche Laften, die seitens des Staats für dĩe Geistlichen beider Konfessionen übernommen werden, aber sie werden gern gebracht in der Hoffnung, die Bezüge der Geistlichen beider Konfessionen dann so geregelt zu sehen, daß die Geistlichen mit voller Hingebung und ohne drückende materielle Sorgen sich ihrem segeng— reichen und, wie mir scheint, von Jahr zu Jahr dringlicheren Arbetten an unserem Volke widmen können. (Bravoh k

Meine Herren! Ich komme nun zu dem ernsteren und für Sie wabrschrinlich minder erfreulichem Teile, jur Deckungsfrage. (Heiter⸗ keit) Ich rekapituliere, meine Herren, daß die Aufwendungen aut den Jahren 1906 und 1907 wie die jetzt geplanten für die Beamten einen Kostenaufwand von 111 Millionen Mark verursachen, daß die Aufbesserung der Lehrergebälter 30 Millionen Mark erfordert und, wie ich eben schon anführen durfte, die Aufbesserung der Gehälter der Geistlichen beider Konfesstonen 123 Millionen Mark beträgt, insgesamt 153 Millionen Mark. Meine Herren, das Maß der Leistung ist damit noch nicht erschöpft. Es wird Ihnen erinnerlich

sein, daß wir im Jahre 1907 die Pensionsverhältnisse und die Reliktenbezüge der Beamten wesentlich aufgebessert haben,

eine Aufbesserung, die im Beharrungezustande die Staate kaffe mit

1636 Millionen belastet. Die jetzt vorgeschlagene Gehaltgzaufbesserung

Kosten des Schulunterhaltungsgesetzes die

für seine Beamten,

involviert naturgemãß ebenfalls wiederum eine Steigerung der Pensions⸗ und Reliktenbezüge, die im Beharrungszustande auf rund 16 Millionen Mark zu bemessen ist, sodaß zu diesen 153 Millionen noch 163 Millio⸗ nen und 16 Millionen hinjutreten, sich somit der Gesamtaufwand für die Beamten, Lehrer und Geistlichen, aus dem Jahre 1906 be— rechnet, auf nicht weniger als 186 Millionen Mark stellt. Dazu die Sie auch in Rechnung stellen müssen; denn es ist zwar in den Etat für 1903 eingearbeitet, da das Jahr 1908 aber mit einem erheblichen Defizit abschließen wird, fehlt es an Deckungsmitteln für diese 14 Millionen Mark aus dem Schulunterhaltungsgesetz.

Meine Herren, ich glaube sagen ju dürfen, daß, wenn der Staat für die Lehrer und Geistlichen eine dauern dẽ Mehraufwendung von 186 Millionen Mark auf sich nimmt, das als ein Akt weitgehender und werktãtiger Fürsorge bezeichnet werden kann, wie er in dem Umfange in der Geschichte Preußens bin her ohne Vor⸗ gang ist. Wir verdanken in der Entwicklung unseres Staatslebens, in der Entfaltung der Nation auf geistigem und sittlichem Gebiete der Mitarbeit unserer Beamten, Lehrer und Geistlichen so viel, daß wir wünschen müssen, sie auch hinsichtlich der äußeren Gestaltung ihrer Verhältnisse nicht hinter den entsprechenden Kreisen unserer Bevölke— rung jurückstehen zu lassen und ihnen durch eine die gesteligerten Kosten der Lebensführung berücksichtigende Gehalts abmeffung die Freude an ihren Aufgaben zu erhalten. (Bravo

Aber, meine Herren, die Kehrselte der Medaille ist die große Belastung der Bevölkerung. Es ist ja diese Sehalt?aufbesserung fũr Preußen nicht abgeschlossen; denn lunächst und in kürzester Frist wird die Aufbesserung der Bejüge der Reichzbeamten folgen, die Kommunen werden sich diesem Vorgehen des Staates vielfach anschließen můssen, und selbst auf die Gehälter der Peivatbeamten, und selbst auf das Lohn⸗ derhãltnis wickt naturgemãß diese Aufbesserung der Beamtenbezũge zurũck. Also bei allem Wohlwollen für die Beamten, Geistlichen und Lehrer heißt es auch hier Maß halten, heiß es auch hier: est modus in rebus, und unser Streben muß dahin gehen, die berechtigten Wünsche der Be⸗ amten, Geistlichen und Lehrer in Einklang zu bringen mit den billiger weise der Allgemeinheit der Bevölkerung zujumutenden Opfern. Meine Herren, die se Opfer treten alsbald in die Erscheinung und finden ihren Aus⸗ druck in der Erhöhung der Grgänjungssteuer, der Einkommensteuer und in der Einführung der Sesellschaftssteuer. E ist einleuchtend, daß eine so hohe dauernde Mehrbelastung nicht ohne dauernde Erhöhung der Einnahmen möglich ist. Ez ist der erste, ich möchte sagen, selbst⸗ derständliche Gcundsatz jeder soliden Finanzgebarung, für dauernde Ausgaben auch dauernde Deckung mittel zu beschaffen, und in einem Augenblick, wo daz Reich, daz don diesem Grundsatze, weil ihm die Mittel nicht bewilligt wurden, abwlch, sich aug diesen Verhãͤltnissen mit enormen, der Bevõllerung angesonnenen Opfern herauszuarbeiten und endlich zu festen Grundsätzen und einer soliden Finanwitrtschaft zu gelangen sucht, in einem solchen Momente darf Preußen die Grundsätze einer soliden Finanzwirtschaft nicht gefährden. (Sehr richtig! rechts.) Die Staatsregierung glaubte daher einhellig, die Uebernahme so großer Opfer nur bei Bewilligung entsprechender Deckungsmittel ver⸗ antworten zu können. Die Gewährung der Gehaltzaufbesserung fůr die Beamten, Geistlichen und Lehrer ist bedingt durch die Bewilligung der Einnahmen im Rahmen der Vorlage. Meine Herren, ich habe wiederbolt dargelegt, daß eine Reichzeinkommensteuer und eine Reicha⸗ vermögenssteuer aus den schwerwiegendsten staatgrechtlichen Grüũnden nicht möglich ist (bravo! rechts), weil die Einzelstaaten dieser einzigen ihnen veibliebenen Quelle nicht entraten können zur Deckung ihrer eigenen, von Jahr ju Jahr steigenden Bedürfnisse; in welchem Maße die Bedürfnisse steigen, beweist gerade diese Vorlage, die auf dielfachen Wunsch des bohen Hauses die notwendige und von allen Seiten ge⸗ wünschte Aufbesserung der Bezüge der Beamten, Geistlichen und Lehrer jum Ausdruck bringt. Aber der Grundgedanke, daß zu den großen Ausgaben im Reiche und in den Einzelstaaten innerhalb der ver⸗ fassungtmäßigen und staatsrechtlichen Zuflãndigkelten auch die be⸗ sitzenden Klassen angemessen beitragen, ift gewiß richtig, und wir vertrauen, daß der Landtag, der einst im Einkommensteuergesetz von 1898 diesem Gedanken einer gerechten und auch die wohlbabenden Klassen treffenden Steuer zum Siege verholfen hat, diese unerlaäß— lichen und, wie wir meinen, beschelden bemessenen Opfer nicht scheuen

schiedenheit. Es ist seltenz der kirchlichen Organe die Absicht, giöhere Ha /

wird, um den Beamten, den Lehrern und den Gelstlichen die Auf⸗ besserung ihrer Bejũge ju ermöglichen.

Nun, meine Herren, welche Summe muß bereitgeftellt werden, um die Grundsätze einer soliden Finanjgebarung aufrechtzuerhalten und unsern Etat nicht schweren Erschũtterungen auszjusetzen? man von den Leistungen der Jahre 1905 und 1997 absieht, wenn man absieht won dem Steigen der Penstonslaften, so ergibt sich für das nächste Jahr ein Bedarf von 126 Millionen. Ich erwahnt. 60 Millionen Besoldunggaufbesserung für die Beamten, 23 Ml. lionen Mehrbedarf an Wohnungegeldzuschuß, macht S3 4 Millionen für die Beamten; dazu 30 Millionen für di⸗ Lehrer, 126 Millionen für die Geistlichen, gibt die eben von mir erwähnte Summe don 126 Millionen.

Dieser enorme Betrag von 126 Millionen, der zu allen übrigen a sich steigenden Ausgaben binzutritt, erheischt Deckung. Von diesen 126 Millionen sind allerdings bekanntlich durch den Etat für das laufende Jahr 77 Millionen bereitgestellt, aber ich muß leider sagen nur scheinbar bereit gestellt; denn dag Defizit für 1908 wird erheblich größer sein als diese 77 Millionen. (Hört, bört) Die Staatz, regierung schlägt Ihnen nun vor, von diesem Bedarf von 126 Millionen nur 55 Millionen ich werde die Ziffer nachher näher begründen = durch Erhöhung der Staatseinnahmen zu beschaffen, sodaß 71 Ml lionen einstweilen ungedeckt bleiben. Unser Streben ist gewesen diese unvermeidliche Erhöhung der Staatssteuern auf das geringste noch eben vertretbare Maß einzuschränken und unter keinen Umstãnden Steuern auf Vorrat in Vorschlag jzu brügen. Um diese unge det verbleibenden 71 Millionen einzuholen, wird es der größten Sar. samkeit in allen Zweigen der Verwaltung bedürfen; denn wir werden voraussichtlich durch eine ganze Reihe magerer Jahre hindurchgehen müssen. Wenn wir diese Sparsamkeit üben, dann wird es mit Hllfe der anderen Quellen des Staatseinkommeng, vor allem der steigenden Erträge der Einkommensteuer und der Ueberschüse der Forsten, hoffentlich gelingen, diese verbleibenden 71 Millionen zu decken.

Bei der Frage, ob neue Einnahmen beschafft werden mũssen, kann ein Blick auf die allgemeine Finanzlage nicht unterlassen werden. Die Finanilage der letzten Jahre drückt sich insbesondere in dem Rückgang der Einnahmen der Gisenbahnen aus. Der Etat 1908 wird in der Rechnung gegen den Anscklag voraus sichtlich mit einem Minu von 120 Millionen an Eisenbahneinnahmen abschließen (bört, hört h, und für das Jahr 1909 ist seitens der Gisenbahnverwaltung gegen daz Jahr 1908 ein um 985 Millionen niedrigerer Betrag an Eisenbahn⸗ einnahmen angesetzt, eine Schätzung, die wir nach Lage der jetzigen Verhältnisse für durchaus zutreffend erachten. Nun kann der Rück. gang der Eisenbahneinnahmen, der ja im wesentlichen mit dem Dar⸗ niederliegen unserer wirtschaftlichen Verhäͤltnisse in Verbindung steht, an sich noch nicht als dauernd betrachtet werden und würde an sich noch nicht einen Grund ju sehr ernsten Befürchtungen geben.

Aber ernster als der Rückgang der Einnahmen ist die ungũnstige Gestaltung des Verhaltnisses der Auzgaben zu den Einnahmen, die Verschlechterung des sogenannten Betriebskoefftienten. Wir haben bis in die Mitte der neunziger Jahre einen Betriebskoefft enten bon 54 0/0 gehabt, er stieg 1905 auf 60 0 /o, 1907 auf 67 und 1908 fast auf 71 oo, und zwar ohne Pension und ohne die Be soldungserhõhung. Rechnen Sie die hinzu, so würden wir auf einen Betriebskloeffi enten von nahezu 75 υ kommen.

Während der Zaschuß der Eisenbahnverwaltung zu den allge⸗ meinen Staatsausgaben 1907 nach dem Etat 218 Millionen Mar betragen sollte, hat er nach der Rechnung nur 132 Millionen he— tragen, und wenn er nach dem Etat für 1908 auf 228 Millionen veranschlagt war, wird er nach der Rechnung voraussichtlich nur 88 Millionen betragen, und für das Jahr 1909 würde er nach den Anmeldungen der Eisenbahnverwaltungen sich sogar nur auf 55 Millionen stellen. Die Eisenbabnverwaltung ist mit dem Finanj⸗ ministerium bemüht, durch strenge Wirtschaftlichkeit dieses Verhältnis ju verbessern; aber ich glaube, nach den Tatsachen, die ich Ihnen vor⸗ getragen habe, muß damit gerechnet werden, daß der Zuschuß der Eisenbahnverwaltung zur Deckung der allgemeinen Staats bedũrfnisse nicht mehr in dem Maße steigend herangejogen Kerden kann wie früher. Die Ursachen liegen auf der Hand. Wir haben auf der einen Seite relativ sinkende Einnahmen, auf der anderen Seite außerordentlich steigende Ausgaben. Die Ginnahme⸗ und die Autz⸗ gabeseiten haben sich also nach entgegengesetzten Richtungen hin entwickelt. Während die Ginnabme aug dem Personenverkehr 1895 2,81 8 für das Personenkilometer betrug, ist sie 1907 auf 257 3 zurückgegangen, und die Einnahme auf das Tonnenkilometer, also aug dem Güterverkehr, hat 1895 3, 5 3 betragen und 1907 nur 3,0 3. Wir haben fortgesetzt die Tarife nicht nur nicht er⸗ höht, sondern zum Teil berabgesetzt, wir haben einzelne Gũter detarifiert, wir haben Sondertartfe für besondere Warengattungen eingeführt ich erinnere nur an Rohstofftarife, Tarife für Düngemittel und dergleichen —, und wir haben für be⸗ sondere Verkehrzrelationen ich erinnere an die Ausfuhr hafen, an wirtschaftlich zurückgebliebene Gebietsteile besondere Tarife ein⸗ geführt. Ich will kein Wort dagegen sagen; im Gegenteil, es hat im dringenden wirischaftlichen Interesse des Landeg gelegen, die Tarife nicht nur nicht zu erhöhen, sondern stabil zu erhalten, in ein⸗ jelnen Fällen sogar nach unten zu entwickeln.

Aber, meine Herren, während auf diese Weise die Einnahmen nicht gesteigert sind, haben sich die Ausgaben in einer außerordentlichen Weise gesteigert. Ich brauche nur an die Erhöhung der Löhne, der Preise für Kohlen und Eisen usw. zu erinnern. Jeder Private hätte bei einer solchen Steigerung der Selbstkosten seine Forderungen an das Publikum wesentlich erhöht, nur die Staatseisenbahn verwaltung konnte im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse von einer solchen Forderung absehen, und niemals hat sich, glaube ich, der Segen der Staatseisenbahnderwaltung so dokumentiert wie jttzt, wo wir trotz der wesentlich gestiegenen Ausgaben im Interesse des Landes unsere Einnahmeforderung nicht nur nicht erböht, sondern im Einzelfalle noch ermäßigt haben. Auch in Zakanft wird die Eisenbahnverwaltung mit sehr steigenden Ausgaben zu rechnen haben. Ich erwähne allein, daß von den Aufbesserungen der Beamtengebälter nicht weniger als 447 Millioaen auf die Eisen⸗ bahnen entfallen. Ez ist den Herren ja bekannt, daß mit der außer⸗ ordentlichen Verkehrgentwicklung des Landes ein starkes Retablissements⸗· bedürfnis bei der Eisenbahnderwaltung auf allen Gebieten ber- bunden ist.

Um diesem Bedürfnig einigermaßen ju entsprechen, haben wir in den letzten Jabren nicht nur ein hohes Extraordlnarium bewilligt, sondern daneben auch noch sehr erhebliche Mittel für jweite Gleise, für Betriebsmittel auf Anlelh genommen. Seit 1906 baben wir

allein für bestehende Bahnen nicht etwa für neue 545 Millionen auf Anleihe genommen, und naturgemäß belasten diese erheblichen Bedürfnisse wiederum den Etat der Eisenbahnverwaltung. Der Gtat für 1909 wird nicht weniger als 40 Millionen Mark niehr an Schuldenjinsen und Tilgungsbeiträgen aufweisen, die naturgemäß jum großen Teil, weil aus der Eisenbahn berrũbrend, ihren Etat belasten. Also die Heranziehung der Eisenbahnen in dem früheren Umfang ist nicht möglich, und des— wegen ist die Erschließung neuer Einnahmen unerlãßlich.

Ich rekapituliere: mit den Ausgaben für 19065 und 1907, mit der Steigerung der Pensionslasten erfordert die Aufbesserung der Be⸗ züge der Beamten Lehrer und Geistlichen 185 Millionen Mark, wozu das Schulunterhaltungsgesetz mit 14 Millionen tritt, also insgesamt eine dauernde Mehrbelastung von 200 Millionen Mark.

Wenn wir bei diesem Mehraufwand nur eine Erhöhung der Ein⸗ nahmen um 55 Millionen, also nur etwas mehr als ein Viertel, be⸗ dürfen, so, glaube ich, halten wir uns in den Grenzen des Notwendigen, ja des Unerläßlichen.

Meine Herren, ich komme nun dazu, Ihnen näher darzulegen, wie die Deckung dieser 55 Millionen vorgenommen werden soll. Bei der Frage, auf welche Weise neue Deckungt mittel beschafft werden können, bandelt es sich ja in erster Linie darum, eine Erhöhung der Ginkommensteuer vorzunehmen. Diese Erhöhung fand unseres Grachtens junächst nach oben ihre naturgemãße Grenze in der Steigerung des Satzes der Ginkommenfteuer auf 50/9. Be⸗ kanntlich haben bisher auch unsere großen Einkommen nur 40½9 Steuer ju tragen. Wir beabsichtigen, die Steuer auf 5 oo ju erhöhen, glauben aber, daß man über den Satz doch wohl nicht hinausgehen kann, zumal auch kein anderer deutscher Staat den Satz bon 50 über schritten hat.

Auf der andern Seite war es einigermaßen schwer, die Grenze nach unten zu ziehen. Die Vorlage schlägt Ihnen vor, die Erhöhung der Einkommensteuer erst bei den Zensiten von 7000 6 an beginnen zu lassen, und jwar waren dafür solgende Erwägungen maßgebend.

Es ist den Herren ja bekannt, daß in unserm Ein kommensteuertarif ein wesentlicher Fehler, nicht nur ein Schön⸗ heitsfehler, sondern ein materieller Fehler insofern ent- balten ist, als die Steuer bei dem Einkommen von 10 000 bis 30 000 M vollkommen gleichmäßig bemessen ist. Hier wird also von dem sonst in der ganzen Gestaltung des Tarifs verfolgten Prinzip der Progression oder richtiger gesagt Degression abgewichen; und es ist notwendig, bei dieser Selegenheit den Mangel auszuräumen und auch in diesen Stufen das sonstige Prinzip der progressiven oder degressiden Gestaltung durchuführen. Dann muß man von 10 009 6 abwärts naturgemäß allmählich den Anschlaß an die unteren Stufen gewinnen, und so haben wir mit einer verhältniemaßig geringfügigen Erhöhung der Einkommensteuer bei den Zensiten von 7000 0 eingesetzt; die Erhöhung erreicht dann bei den Zensiten von 30 000 S6 einen Zu⸗ schlag von 25 9so.

Nan gebe ich vollkommen ju, meine Herren, daß man darüber derschiedener Meinung sein kann, ob es richtig ist, die unterste Grenje bei den Zensiten von 7000 16 zu wählen, oder ob man nicht tiefer geben will, beispielsweise die Erhöhung schon vornehmen will bei den Zensiten von 3009 46. Es ist umweifelhaft richtig, daß an der an— gemessenen Geftaltung der Bejüge der Beamten, der Lehrer und der Geistlichen, an der Erhöhung ihrer Berufsfreudigkeit alle Kreise unseter Bevölkerung ein Interesse haben und insofern auch alle Kreise in höherem Maße steuerlich zu diesen Leistungen kontribuieren könnten. Aber, meine Herren, diese Zensiten jwischen 3000 und 7000 M bringen überhaupt nur 40 Millionen Mark Steuern auf, und wenn man mit einer durchschnittlichen Erhöke ng von 100, rechnet ich nehme den Durchschnitt, well man j die Rampe nur allmählich ansteigen lassen kann so würde die ganze Erhöhung der Steuer kei den Z nsiten von 7000 bis herunter auf die Zensiten mit 3000 4 nur 4 Millionen Mark ausmachen.

Es kam hinzu die Räcksicht auf die mittleren Beamten und vor allen Dingen die Rücksicht auf den Mittelstand überhaupt. Wenn wir, wie ich die Ehre hatte darzulegen, bemüht gewesen sind, die Urebenhelten in der Gebaltsbemessung auszugleichen, so trifft natur⸗ gemäß die Gehaltsaufbesserung auch die einzelnen Klassen von Beamten verschieden, und namentlich hat nicht überall eine Auf⸗ besserung der Mindestgebälter stattgefunden. Es würde für diese Beamten nun in der Tat sebr schmerzlich gewesen sein, wenn sie mit einer Steuererhöhung bedacht worden wären. Noch stärker wirkte die Rücsiht auf den Mittelstand im allgemeinen. Ich glaube, keinen Wideistand zu fiaden, wenn ich behaupte, daß an der ganien, im allgemeinen glänzenden Entwicklung unserer wirtschaftlichen Verbältaisse die Kreise des M ttelstandes verhältnismäßig den ge⸗ ringsten Antelt gehabt haben (sehr richtig ), und daß viele der mittleren Gewerbetrelbenden, auch der mittleren Landwirte verhältnismäßig am schwersten mit dem Leben ju ringen haben, und die bon allen Seiten empfohlene Mittelstandespolitik gebot, glaube ich, nur bei ganz jwingender Veranlassung auch diese Kreise des Mittelstandes steu erlich höher zu erfassen. Würde bei den Verhandlungen in diesem hohen Hause der Bedarf für die Beamten, Gesstlicen und Lehrer, der so schon so hoch sst, noch welter gesteigert werden, so würde uns allerdings nichts anderes übrig bleiben, als noch wesentlich unter die Zensiten von 7000 herabiugehen.

Meine Herren, wir haben dann, einem vielfach aus dem Hause geẽ ißerten Wunsche entsprechend, daz Kinderprioileg weiter ausgestaltet. (Grabo) Der jtzize Abjug von 0 M ist ja gan mechanisch und wirkt, möchte ich sagen, mehr oder minder lufällig, je nachdem der eine Zensit nahe an der Steuergrenze

oder etwas weiter davon ab steht. (Sehr richtig h Vr wollen also den Abjug der 5) M ganz fallen lassen und bei den JZersiten big 3000 4 je nach der Anzahl der Kinder unter allen Um—=

anden eine Ermäßigung der Steuerstufen finden, und jwar bei 1 oder ð Kindern um eine, bei 3 oder 4 Kindern um zwei und bei 8 oder mehr Kindern um 3 Stufen. (Bravo! Zuruf: Und bei 12 Rindern 7h)

Meine Herren, die gesamte Mehreinnahme, die sich aus der ge⸗ dlarten Erhöhung der EGinkommensteuer ergeben wird, betrãgt nur 26 Millionen.

Mit der Erhöhung der Ginkommenfleuer mußte die Erbõhung der Ergãnzungzsteuer Band in Hand gehen. Denn es entspricht den Rid sihten der steuerlichen Gerechtigkeit, nicht nur die Einkommen terer ju erböhen, sondern, wie das bisher bei uns Rechten gewesen

auch das fundierte Einkommen, das leistungsfählger ist alg das

unfundierte, entsprechend heramuziehen, und zwar soll die Erhöhung der Ergãnzungesteuer durchgängig 2500 betragen. (Ben; gung rechts] Meine Herren, wir kommen damit noch nicht zu dem Verhältnis der Ergänzungesteuer, wie es im Jahre 1893 bei Grlaß des Ergãnzungẽ⸗ steuergesetzes zwischen Ergãnzungssteuer und Ginkommensteuer bestanden hat. Im Jahre 1883 hatten wir eine Einkommenst.uer der physischen Personen von 114 Millonen Mark und demgegenüber betrug die Er⸗ gänzungfteuer 31 Millionen Mark, sodaß also die Erzänzungssteuer mehr als ein Viertel der Einkommenst-uer betrug. Nach den Vor⸗ schlägen, die wir die Ehre haben, Ihnen zu unterbreiten, würde sich die Sache für 1909 folgendermaßen stellen: Ertrãgnis der Einkommen steuer 212 Millionen, der Ergänzungssteuer 565] Millonen, so daß also die Ergänzungssteuer noch weit unter einem Vier el, also dem Satze bleibt, der damals bei Erlaß des Gesetzes von 1593 maßgebend gewesen ist.

Meine Herren, um die Bedenken, die mir hier eben kurz ge⸗ aͤußert wurden, zu enkrästen, möchte ich noch darauf hinweisen, daß von den 45 Millionen Grgänzungssteuern überhaupt auf den landwirt⸗ schaftlichen Besiz nur 78 Millionen entfallen. (Hört, hört! links.) Und nun, meine Herren, rechne man nur einmal aus, was die Er⸗ gänzungssteuer, die bekanntlich 4 pro Mille beträgt und jetzt etwas erhöht werden soll, ausmacht bei einem reinen Objekt, rein nach Abzug der Schulden. Bei einem Reinvermögen von 300 009 ist jetzt eine Ergänzungssteuer von 150 6 zu zahlen, und künftig würden 378 ½ im Jahre hinjutreten, und bei einem reinen Wertobjekt von 1 Million sind jetzt 5900 M Ergänzungssteuer ju zahlen und künftig würden 125 6 hinzutreten. Also ich glaube, meine Herren, das ist eine durchaus erträgliche, dem Besitz zugemutete Abgabe. (Sehr richtig h

Die Gesamteinnahme aus der Erhöhung der Ergänzungssteuer wird sich auf 103 Millionen Mark stellen.

Und nun, meine Herren, komme ich zum dritten Teil der Vorlage, dem Entwurf eines Gesellschaftssteuergesetzs. Meine Herren, wenn der Bedarf, den ich auf 55 Millionen Mark beziffert habe und der, glaube ich, sehr niedrig bemessen ist, erreicht werden sollte, so fragte es sich, ob man den einzelnen Zensiten, den einzelnen Einkom aensteuerpflichtigen, über die 25 hinaus noch weiter belasten will, oder ob man nicht die juristischen Per⸗ sonen, die Kavitalassoziatlonen, steuerlich ersassen soll. Meine Herren, diese kapitalistischen Assoziationen oder, sagen wir einmal, Vereinigungen, die in § 1 unter 4 und 5 des Ein— kommenfleuergesetzes aufgeführt sind, namentlich also die Aktiengesell⸗ schaften, haben eigentlich kein Einkommen im Sinne der pbysischen Personen, und sie sind eigentlich zu Unrecht den Besteuerungsnormen unterworfen, die für physische Personen aufgestellt sind. (Abg. Dr. von Böttinger: Sehr richtig) Sie sind andererseits besser gestellt als die physischen Personen, als sie bekanntlich keine Ergãnzungs⸗ steuer ju jahlen haben und auch der Nachlaßsteuer nicht unterworfen sind. Andereiseits haben diese kapitalistischen Vereinigungen in unserem Wirtschaftsleben eine von Jahr zu Jahr steigende Bedeutung eingenommen, und auch eine Bedeutung, die auch ihre steuerliche Leistungsfähigkeit al sehr hoch erscheinen läßt. Bei der Wahl, ob man die steuerliche Belastung der einzelnen Zensiten über 250 steigern sollte, oder ob man diese Kapital vereinigungen steuerlich stärker erfassen sollte, mußte die Eatscheidung für den letzteren Modus ausfallen. Auf der anderen Seite sind diese kapitaliftischen Ver⸗ einigungen gegenwärtig im Einkommensteuergesetz insofern ungerecht be⸗ handelt, als die Ueberschüũsse ledi lich nach ihrer absoluten Höhe besteuert werden und ohne Rücksicht auf das Grundkapital, mit dem diese Ueberschüsse ernielt werden, also um einen Fall anzuführen: wenn eine Aktiengesellschaft 100 000½! Dioidende ergeben hat, so wurde sie jetzt gleichmäßig steuerlich heran gezogen ohne Rücksicht darauf, ob dag Grundkapital 1 Million betrug oder 3 Millionen oder 16 Millionen, mit anderen Worten ohne Räcksicht darauf, ob die Akuengesellschaft 10 0/o Dividende ermielt hatte oder nur rund 3 oder nur rund L0 0. Ez war also jede Rücksitztnahme auf das Verhältnis der Ueberschũsse jum Grundkapital aus unserem Einkommensteuertarif ausgeschaltet. Unser Vorschlag geht daher dahin, den Tarif für diese Gesellschaften nach dem Ertrage, d. h. nach dem Verhältnis des Gewinns zum Grundkavital abzustufen, und zwar soll der Tarif zunächst mit 2 oso Steuern bei geringer rentierenden Gesellschaften beginnen, im Durchschnitt 6 o be⸗ tragen und bei den boch rentierenden Gesellschaften, solchen, die nicht weniger als 18 0ͤ0 Divldende verteilen oder Gewinn erzielt haben, sich auf 77s 0lo im Höchstbetrage belaufen. Damit würde die Be— steuerung der juristischen Personen, um karz diesen Ausdruck ju ge⸗ brauchen, ungefähr der Besteuerung der physischen Personen entsprechen. Die Aktiengesellschaften haben fast alle ein Grundkapital bon mindestens einer Million Mark, sie haben durchschnittlich 1 969 Dividende ver— teilt und würden also, wenn sie physische Personen wären, künftig einer Enkommensteuer bon 5 o/o unterliegen. Daju würde die Er⸗ gänzungesteuer treten, die bekanntlich rund 14 0 ausmacht. Ein physischer Zensit in dieser Situation würde also Sz o/ an Staats- steuern zu entrichten haben, und wir schlagen Ihnen vor, die juristischen Personen durchschnittlich mit 6 o/o also noch eine Kleinigkeit weniger, zu belasten, und sie bei ganz hohem Gewinn auf etwas über 7 o/ o steigen ju lafssen. Der Mehrertrag einer so abgestuften Steuer würde 22 Millionen Mark betragen.

Wir haben dabei nicht in Autsicht genommen, auch die Gesell⸗ schaften mit beschränkter Haftung dieser neuen Steuer zu unterwerfen. Meine Herren, belanntlich ist erst vor zwei Jahren nach mũhevolsen Verhandlungen eine Verständigung über die Besteuerung der Gesell.⸗ schaften mit beschränkter Haftung gelungen, und wir möchten diese Verständigung nicht abermalz in Frage stellen. Es kommt ja hinzu, daß in der Tat die Gesellschaften mit beschränkter Haftung doch einer ganz besonderen Beurteilung unterliegen; sie stellen eine Mittelform dar zwischen der individaalistischen und der kapitalistischen Pro⸗ duktio sweise, bei ihnen wird in sehr viel höherem Maße der einzelne Gesellschafter mitarbeiten als bei den Altiengesellschaften, und deswegen kann man nicht dle Gesellschaften mit beschränkter Haftung, will man diese Entwicklung nicht unterbinden, ohne weiteres steuerlich den Aktiengesellschaften gleichstellen. Meine Herren, da die Veranlagung nach den neuen Grundsäͤtzen erst für das Jahr 1809 erfolgen kann so ist für das Jahr 19808 als das laufende Jahr, ein prozentualer, aber verschleden abgestufter Zuschlag auf den bisherigen Tarif, bei Zenstten von 700 46 beginnend, in Vorschlag gebracht.

Meine Herren, ich habe im wesentlichen die Vorlagen, die Ihrer Beratung unterbreitet werden, darzulegen mir gestattet und möckte noch kurz auf eine Vorlage kommen, deren Fehlen vielleicht bon manchen

Seiten bemerkt und bemängelt werden wird, das ist die Frage wegen der anderweiten Gestaltung des Kommunalsteuerprivilegs der Beamten. Meine Herren, ich hatte bei den wiederholten Erörterungen in diesem hohen Hause erklart, daß die Staater⸗glerung dieser Frage näher getreten sei und wenn möglich eine Vorlage machen wãrde, wonach das Kommunalsteuerprivileg der Beamten wenn auch nicht beseiligt, so doch modiftjiert würde. Es war in Erwãgung gekommen, dieses Kommunalsteuerprivileg der Beamten auf 100 Zuschlag zur Staatseinkommensteuer ju begrenzen und, da wir den Beamten unmöglich die Tragung der Mehrkosten jumuten konnten, ihnen eine Entschädigung für das Mehr, was sie an Kommunalsteuern zu entrichten hatten, zu gewähren. Diese Entschädigung der Be— amten hätte nicht weniger als lo Millionen Mark Kosten verursacht. Meine Herren, bei einer Finanzlage wie der gegenwärtigen, bei dem enormen Bedarf, der hier vorliegt, hätten diese 10 Millionen Mark abermals durch Eihöhung der Einkommensteuer oder der Ergãnzungs⸗ steuer aufgebracht werden mäüssen, und da mußte man sich doch fragen, ob es gerechtfertigt ist, die Allgemeinheit der Steuerzahler heran- zuziehen, um einem Kreis von Städten eine Wohbltat juteil werden ju lassen. Denn so sehr und so mit Recht die Städte den Wunsch haben, das Einkommensteuer privileg eingeschränkt zu sehen, darf man doch auch nicht verkennen, daß auf der anderen Seite die Städte einen sehr großen Vorteil von dem Sitze der Behörden (sehr richtig! rechts) und von den jahlreich in ihnen vorbanderen Beamten haben. (Sehr richtig! rechtz.) Ich erlebe es fast jeden Tag, daß, wenn das kleinste Steueramt oder Katasteramt verlegt wird, sofort eine städtische Deputation bei mir antritt, diese Bebsrde bei ihnen ju belassen.

Vor allem, meine Herren, ergaben sich bei einer solchen Regelung sehr ernste Bedenken vom Standpunkt des Reichs. Wenn das Kommunalsteuerprivileg für die preußischen Beamten eingeschränkt wurde, so war das nach dem Reichs beamtengesetz auch fr Reichs beamten ohne weiteres maßgebend; gewährte man aber den preußischen Beamten eine Entschädigung, so könnte das Reich nicht zurückbleiben und müßte den Reich: beamten, die in preußischen Städten wohnhaft sind naturgemãß auch eine Entschädigung gewähren, und dann ergãbe sich der eigentũmliche Zustand, daß zur Abfindung wenn ich mal den Ausdruck gebrauchen darf preußischer Stãdte außerpreußische Landesteile, Bayern, Sachsen, kontribuieren müssen. Aber weiter wãrde vem Reiche geltend gemacht, daß, wenn solche Entschãꝛigung für Kommmnalsteuern den Reichzbeamten, die in Preußen wohnbaft sind, juteil wird, das Reich dieselbe Wohltat auch seinen, den Reicht. beamten, gewähren müsse, die in außerpreußischen Landesteilen wohn- haft sind, in Thüringen beispielsweise, in Sachsen, wo auch über die hohen Kommunalsteuern die lebhaftesten Klagen ertõnen. Das Reich hätte also, um den preußischen und in Preußen stationierten Beamten und in Konsequen; den außerhalb stationierten Beamten eine solche Entschädigung gewähren zu können, eine Aufwendung machen müssen, die zwischen 6 und 10 Millionen geschätzt wurde. Also, meine Herren, diese Beschränkung des Kommunalfteuerprivilegs der Beamten und der Abfindung der Beamten bätten, für das Reich und Pteußen einen Aufwand jwischen 16 und 20 Millionen verursacht, und ich glaube, bei den enormen Aufwendungen, die sonst hier gemacht werden, bei der erheblichen Anspannung der Steuerkraft kznnte man diese erneute Leistung der Gesamtheit der Steuerzahler ju Sunsten der Städte nicht zumuten.

Aber, meine Herten, wir haben uns bemüht, nach einem anderen Wege zu suchen, der, wenn auch nicht a tempo, doch allmãhlich die berechtigten Wünsche der Städte erfüllt. Wir haben erwogen und ich hoffe, daß Ihnen in Bälde eine Vorlage jugehen wird daz Kommunalsteuerprivileg der gegenwärtig im Amt beñnadlichen Beamten aufrecht zu erhalten, dagegen für die künftig eintretenden Beamten zu beseitigen. Es ist keine Unbilligkeit, wenn die künftig eintretenden Beamter, die genau wissen, daß sie auf dieseg Privileg nicht mehr zu rechnen haben, in dieser Be⸗ jiebung ungünstiger gestellt werden als die gegenwärtig im Amt befindlichen Beamten, während es eine Unbilligkeit wäre, den Beamten, die jetzt das Privileg genießen, dieses Privileg ohne Entschädigung zu nehmen. Das wird allerdings den unerwũnschten Zustand mit sich bringen, daß während einer nicht zu kurz bemessenen Uebergargejeit Beamte mit dem Kommunalfteuerprivilig und Beamte ohne das Kommunalsteuerpripvileg nebeneinander wohnen; aber ich glaube, das ist jzu ertragen, und im Laufe der Jahre wird dann das Kommunalsteuerprivileg der Beamten ganzlich verschwinden. Ich boffe, daß dem hohen Hause in Kürz: eine entsprechende Vorlage zu⸗ gehen wird. ;

Meine Herren, ich bin am Schlusse meiner Ausführungen, die länger geworden sind, als mir lieb, jedenfalls als Ihnen lieb gewesen sein wird (lebhafter Widerspruch); aber die Vorlagen waren so wichtig, daß ich sie doch in den Grundzügen darlegen mußte. Meine Herren, ich übergebe das weitschichtige, auf eingehender Vorprüfung beruhende Material Ihrer sachverständigen Prüfung und hoffe, daß dieses bohe Haus mit der Regierung einig sein wird in dem Bestreben, den Be⸗ amten, den Lehrern, den Geistlichen die ihnen von allen Seiten dringend gewünschte Aufbesserung juteil werden zu lassen und doch die Solidität unserer Finanzgebarung, eins der Hauptbollwerke der preußischen Größe, aufrecht ju erhalten. (debhafter Beifall)

ãsil öcher teilt mit, daß ein Antrag der Abgg.— . den 267 auf . des ö. Dr. 8. knecht eingegangen ist, und schlägt dann vor, die nächste Sitzung am Montag, 26. d. M., Vormittags 11 Uhr, abjubalten, mit der Tages. oednung: Wahl des Präsidenten, der Vijeprästdenten und Schrift. führer, erste Beratung der beute eingebrachten Vorlagen.

Abg. Hirsch. Berlin (Som) beantragt zur 9 als jwelten Punkt die Beratung des Antrags Borgmann auf dle Tagesoꝛdnung zu setzen. .

Der Antrag Hirsch wird gegen die Stimmen der Sozial⸗ demokraten, i . und * Teiles der Nationalliberalen abgelehnt

Schluß gegen 4 Uhr. 11 Uhr.

Nächste Sitzung am Montag, (Wahl des Präsidiums; Generaldiskussion über die heute eingebrachten Vorlagen.)