1909 / 32 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 06 Feb 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Dentscher Reichstag. 199. Sitzung vom 5. Februar 1909, Nachmittags 1 Uhr.

(Bericht von Wolffz Telegraphischem Bureau.)

Nach Erledigung der Rechnun haushalt für die Rechnungs ja worüber in der gestrigen Nummer d. setzt das Haus die zweite Beratung nahmen und Ausgaben der deutschen S mit Ausnahme von Kiautschou, für das jahr 1904 fort.

re 1903 und 1904

Die Beratung beginnt mit der Abstimmung über den egenstand an die Rechnungskommission Dieser Zentrums, der Sozial⸗

. Erzberger, den ur schriftlichen Berichterstattung zurückzuverweisen.

ntrag wird gegen die Stimmen des demokraten und der Polen abgelehnt.

Es folgt die namentliche Abstimmung über den Antrag

des Reichskanzlers auf Erteilung der bereits früher nach⸗

gesuchten Indemnität für die außeretatsmäßige Aus⸗ gabe von 200909 . zu Vorarbeiten für eine Eisenbahn von Windhuk nach geh bol Für die Indemnität werden von den geschlossenen Blockparteien 1950 Stimmen, gegen sie von dem Zentrum, den Polen und den Sozialdemokralen 122 Stimmen abgegeben. Die Indemnität ist damit erteilt und der Antrag Ulrich auf Versagung derselben und auf Anstellung von Er— hebungen in betreff etwaiger Regreßpflicht von Beamten er⸗ . . , d,, Fer migung der in der Uebersicht nachgewiesenen Etatsüberschreitungen und außeret ißi Ausgaben wird ausgesprochen. J Nunmehr geht das Haus über zur Fortsetzun der Spezial⸗ beratung des Etats des —̃ 1 ö h den 10 Resolutionen, die zu dem ersten Titel des Ordinariums der Ausgaben „Staatssekretaͤr H 00 schon gestern vor⸗ lagen, ist inzwischen noch hinzugekommen die Resolution üller⸗Meiningen auf Erlaß Feines Reichs theater⸗ gesetzes. Ferner ist schon gestern in dle Debatte ge⸗ ogen worden die von dein Zentrum zu den Ausgaben für as Aufsichtsamt für Privatversicherung eingebrachte Resolution, wonach noch in dieser Session eine Novelle zum Preßgesetz vor⸗ gelegt werden soll, durch die hestimmt wird, daß mit der Herausgabe von Zeitungen und Zeitschriften eine Versicherun irgend welcher Art nicht verknüpft werden darf. Dazu ist von dem Abg. Bassermann der Antrag gestellt, diese Resolution abzulehnen und statt dessen die verbündeten Regierungen zu ersuchen, eine Denkschrift vorzulegen über den Umfang, den die Verbindung einer Versicherung mit der Herausgabe von Zeitungen und Zeitschriften angenommen hat, und ob und welche Mißstände dabei hervorgetreten sind.

Abg. Linz (Rp.): Die Erörterungen zu diesem Et eröffnet worden mit elner mittel standg und ke r re md d ftet vi des Abg. Trimborn. Vas Echo, das seine Rede im Hause gefunden ist ein Beweis, daß die freundlichen Gesinnungen für den' Mittel. stand im Wachsen sind, und daß der Mittelstand aus feiner bis. herigen Aschenbrödelstellung befreit werden soll. Wir haben zu dem gegenwärtigen Staatssekretär das Vertrauen, daß er als Stell. vertreter des Yteichskanzlers seinen Einfluß dahin geltend machen wird, daß Arbeiterwohlfahrtsfragen und Mittelstandsfragen sich nicht ausschließen, sondern Hand in Hand zu gehen baben. Wir begrüßen auch den Vorschlag des Abg. Trimborn auf Einfügung neuer Lohnklassen in das Inhalidengesetz, um den Handwerkern die Selbst⸗ versicherung jzu ermöglichen. Feiner stimmen wir für den Antrag Findel auf Auzbau dez Deutschen Handwerksblattes. Hinsichtlich des Submissiongwesens möchte ich dem Staatssekretãr empfehlen, der Anregung zu folgen, bei öffentlichen Aus schrelbungen die organisierten Vandwerker zur Mitwirkung heranzuziehen. Deutschland ist trotz aller Tiraden des Abg. Hoch und seiner Partei das Musterland der Sozial reform. Die Soz altem okratie nützt jeden kleinen Fehler, der etwa auf diesem Gebiete gemacht wird, dazu aus, um die Arbeiter maßlog zu verhetzen. Man muß eg der Regierung hoch an— rechnen, wenn sie trotz diefer Hetze ruhig und unentwegt auf dem Felde der Sogialreform sortschreitet: Man hat bielfach befürchtet, es könnte das Automobiltempo der sozialen Gesetz⸗ gebung in ein Schneckentempo übergehen. Biese Befürchtung ist unbe⸗ gründet. Der neue Staats sekretãr wird gewiß wie bisher die bewährte Tradition seines Vorgängers sich zu eigen machen und die Intereffen der Abeitgeber und Arheitnehmer gegin einander abzuwägen bemüht sein. Der Abschluß von Tarifvertraãgen dient dem Frieden, den Interessen beider Telle. Grundsätzlich sind wir für die Schaffung eineßz Reicht⸗ arbeitgamtg. Um einer Buregukratisterung auf diesem Gebiete ent- Hegenzuwirken, sollte man nach dem Musfer Englands bei aus rechenden dohnlãmpfen eine Zentralstelle zur Fördening des Friedens im Reichs amt des Innern schaffen, die die Aufgabe hat, bestimmte Per⸗ sonen zur Erzielung einer Einigung zu bestellen, um nach Möglichkeit jeden Ausbruch einer Zwistigkeit im Keim zu ersticken. Dieser Zentralstelle wäre ein Beirat von 14 Personen zur Seite zu setzen bestehend aus 7 Mitgliedern des Bundesrats und 7 Mitgliedern des Reichtztagtz. Diese Zentralstelle könnte das Reichsarbeitgamt überflüssig machen. Eine zeitgemäße Neuordnung des Kranken⸗ fassenwesens halten wir für notwendig. Die Kgrankenkassen sind allmählich eine Domäne und Versorgungsanstalt für sozial⸗ demokratische Agitatoren geworden. Der Einführung eines Proportional wahlsystems können auch wir nur zustimmen. Man befürchtet in Interessentenkreisen, daß die freien Hiifskassen nicht als gleichberechtigte Orggnifatlonen neben den staatlichen und kommunalen Veranstaltungen anerkannt und als untergeordnete Zuschußkassen betrachtet werden. Ich wünsche sehr, daß die Selbständigkeit dieser Kassen nach Möglich- keit erhalten bleibt. Wenn man sich hier nicht auf den patriarcha⸗ lischen Standpunkt steslt, sondern als Gewerbepolitiker die Dinge betrachtet, so muß man den einjel nen Organisationen volle Bewegungt⸗ freiheit lassen; wer sie heschränken will, macht sich einetz sozialen Vergehens schuldig. Insofern begrüße ich die entgegenkommende Erklärung des Abg. Pauli, der dle Entlassung von Arbeitern wegen Beitritts zu einer Organisation für unmoralisch erklärte. Ich kann das Vorgehen der bayerischen Metallindustrie und der ober. schlesischen Industrsellen nur bedauern. Wag bie Versicherung der Privatangestellten betrifft, so ist es erfreulich, daß auf Grund einer erneuten Prüfung die früheren Anschauungen über die erhöhte Bei⸗ tragepflicht verlassen sind, sodaß wir hoffentlich schon in der nãchsten Zeit eine Vorlage erwarten können. Giner schleunigen Durchführung der Sonntagsruhe in den Kontoren möchten auch wir unserseltt das Wort reden. Man hat in einer Petition bie Ermäßigung des Gebührentarifs für Geburt, und Sterbebescheinigungen verlangt

erner fordert eine Anzahl von bergsschen Sterbekassen nan f leinerer Leute, Arbeiter, kleinerer Handwerker und Privatbeamten Kassen, die auf dem Prinzip der Selbstbersicherung beruhen und seit länger alg hundert Jahren beftehen und viel Not gelindert haben namentlich jur Zeit der Choleraepidemie, hon ben drückenden Be⸗ stimmungen befreit zu werden, die man auf Grund des § 101 det Privaiversicherungegesetzes gegen sie angewendet und dadurch sie mit dem Ruin bedroht hat. Mi Recht verlangen sie, won einer über das , hinausgehenden Ueberwachung befreit zu werden. Eg liegt . Grund vor, biese Kassen durch buregukratssche Ginmischung zu 4 . Das Privat versicherun oSgeseßz sollte überhaupt auf lch 9 ne, lokal begrenzte Sterb. fassen leine Anwendung finden. Im amen meiner Fraktion möchte ich dann die Forderung wieder—

en über den Reichs⸗ Bl. berichtet worden ist, der Uebersicht ö. Ein⸗ utz gebiete ; echnungs⸗ .

Simulantentum. 65. Lebeng will oder ande zu finden

Man k Arbeits willigkeit auegeschlossen. Gewi pe Ti iin ohlwollenden Arbe Leistungs fahigkeit nicht entlassen, werden, daß viele Arbeiter, des Arbeitsmarktes, wenn si in einem Zustand bitterer dle . A damit eine eih besten Glieder d persönliche und Die Herabsetzun versorgung eine uns der finanzlellen T wußt, aber trotzdem berwirklicht werden zugleich zum Se Abg. Scha der Anerkennu vollem Umfange an. Energie erhalten Fürsorge angelegen dem er an da Wir haben eine kleinen Befähigun dem Wege b bezeichnet ha führt.

mäßiger esiritten e ö

g zahlreich sind. Ez

. aussprechen. . iligten Organisationen wird retär gezollt sind, in wünschen, daß ihm die mit der er sich die soziale und der erfreuliche Eifer, mit Probleme herangetreten ist. rtschritte zu verzeichnen. Den

ir nur als ei

Staatssekretär des Innern Dr. von Bethmann Hollweg:

Meine Herren! Wie fast alle Redner, welche bisher zum Worte gelommen sind, anerkannt haben, liegt dem Reichgtage ein so weitschichtiges soꝛialpolitisches Gesetzgebungsmaterial bor, daß er ein Mehr nicht wohl bewältigen kann. Und doch werden in diesem Jahre wie in früheren Jahren alle Zukunftswünsche mir wieder entgegengebracht. Wenn ein Mann, der sich so große 2m . ö. 3 Verdienste um unsere Sozialpolitik erworben hat wie der Herr Abg. a, Trimborn, sich gedrungen fühlt, die Wünsche, die er für die Zukunft Ich erinnere nur an die . Braunschw auf dem Herzen trägt, hier immer erneut Revue passieren zu lassen ibn en fs nr cn, e . so habe ich dafür volles Verständnis, und es ist ja unzweifelhaft daß n n, . durch diese Besprechungen Fragen, welche zur Gesetzgebung noch nicht e r ergeben g, reif sind, geklärt werden. Aber es hat doch auch sein Bedenken wenn

so Jahr um Jahr alles, was man für die Zukunft verlangt i, en

großen Strauß jusammengewunden wird, und wenn dieser Strauß

sichtsamt ja über dag N Reichszuschuß für das De

dann dem Staatssekretär des Innern übergeben wird I bet den Nationalliberalen.) 8

an, aber i 6 mit 6 8h 3. geschehe. Ich berbun deten Meine Herren, ich danke dem Herrn Abg. Trimborn und vielen anderen Herren, daß sie ausdrücklich betont haben, sie wollten keine Vorwürfe gegen Untätigkeit erheben. Aber es besteht doch die Gefahr, daß, wenn so alles, was wir noch in Zukunft lösen sollen, immer zusammengefaßt wird, draußen im Lande der Eindruck entsteht, als ob wir ich darf den Neichgtag mit einschließen untätig wären, und auf der andern Selte eine Gefahr, die ich noch viel höher einschätze wird dadurch ein Element der Beunruhigung in alle beteiligten Kreise bineingetragen, welche der Förderung des sozialen Sinnes und ohne diesen Sinn geht die sozialpolitische Gesetzgebung auf Krücken nicht zuträglich ist. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Meine Herren, ich kann selbstverständlich nicht auf alle Fragen antworten, welche gestern und heute an mich gerichtet sind, und die Herren wollen keine Unhöflichkeit von meiner Seite darin erblicken wenn ich heute nur einiges herausgreife. .

Von den verschiedensten Herren Rednern ist die Unterstũ Dandwerleblattes auf das wärmste befürwortet worden, J, . Sie bersichern, daß das Unternehmen meine vollste Sympathie hat. Für das Etatsjahr 1909 habe ich eine besondere Position in den Etat nicht einstellen können; ich werde es aber ermöglichen, aus dispositiven Mitteln eine Unterstützung schon für 1909 zu gewähren, und von 1910 ab werden wir unt ja dann bei den weiteren Etatsberatungen über die Angelegenheit verständigen können.

Meine Herren, die Bundesratsverordnung über d i haältnisse in der schweren Eisenindustrie hat . den ,, . wlllen des Herrn Abg. Hoch erregt und bildet gleichseitig den Gegen⸗ stand der Interpellatlon des Grafen Hompesch und Genossen auf Nr. 1104. In dieser Resolution wird verlangt, daß die Bundegzrate⸗ verordnung nach verschledenen Richtungen hin ergänzt werden möge Man fordert in erster Linle Vorschriften in sanitärer Bezlehung. Meine Herren, die verbündeten Regierungen haben sich gerade diese Frage vor dem Erlaß der Verordnnng refflich überlegt; sie sind aber dazu gekommen, spezielle Bestimmungen in die Verorhbnung nicht aufzunehmen. Die allgemeinen Bestimmungen über die sanltären Erfordernisse haben wir in den S§5 120 a- der Gewerbeordnung. Will man allgemeine Bestimmungen für eine ganz große, weit ver⸗ zweigte Industrie, wie die schwere Eisenindustrie, treffen, ö wird man über ein gewisse Durchschnitte niveau, das überall erfüllt werden kann nicht hinausgehen dürfen, und diesetz Durchschnittniveau haben wir in den 120 a— e, und jum Glück wird eg in sehr vielen Werken . . . bel weitem überschritten. Da schien es ung n pra nun noch etwag die Gewerbeaussichtsbeamten durch ,, ie, n en. angewiesen worden sind,

Frage ns ist Die Ge⸗

rken und haben

so zurückdrängen

Maßregeln absehen .

die hmer, die den Angestellten

für ihre Zwecke dienstbar Ju machen. angewiesen werden, die Handwerkg⸗ . 2 die Einschränkung der Ge— lte i r. Bedacht genommen werden. Die Ab. grenzung von Fahrik und Handweik it soweit die Tele f, bestimmungen in Betracht kommen, in der Gewerbrordnungtznobensle er folgt. Ihrer Regelung harrt jedoch noch die Frage, inwieweit Fabrikbetriebe, die bandwerks maß ausgebildete Arbeitskräfte be. schäftigen, zu den Kosten für die Lehrlingsausbildung heranzuziehen sind. Sehr nachdrũcklich möchte ich den Organen der Regierung ant Ders. legen, dahin zu wirken, daß die Beamten sich . /

Di eigentlich die Gelder anble

sichtlich ihrer wirtschaftlichen Absonderung durch Konfumvers ine u mehr Zurückhaltung auferlegen. Die , . blicken in diefen Institutionen von Beamten einen Ausdruck deg Kastengelstes, und Das muß für das Zusammenwirken verhängnis⸗ voll werden. Wag unsere Resolution auf Aenderung des 5 34 des gewerblichen Unfall versicherungsgef:tzes Reserve fonds) betrifft, so . w,, ö e eri gg, ossenschaft, die dein J hervor, daß bei einigen s e f Reservefonds bereitäß den vierfachen Hir ernie ef g n 5 Entschãdigungen ausmacht, während andere Ber eine sehr viel geringere Ansammlung zu verz scheint doch ein Hinweis dafür zu sein, ähnliche Bestimmung zu schaffen wie b Höhe des Reservefonds ebenfalls in Ve Jahrez ausgabe. In ,,, lutsche Industrie nicht ar en sei 9g r geben durchaus wenn he l Männer der noch größerer e Industrie ist sozial⸗

et d be; die Handelskammern hatten im He h begibt sich aber die deutsch⸗ . Diobsf en gm tesar heiten 8 Anfrage es Abg. Tri das bezũgliche es liegt uns

im vorigen Jahre diese

Der Bundegrat hat eine erordnung über lagen der Greßelsenindustrie erlassen, die bescheiden darstellt; es ist dem Bundes. Sammlung von Material angekommen, um ö de. ö n , in die ; Haldemgkratisch⸗ Resolution ist in diefer Heilen ficht durchweg so bestimmt gefaßt wöe die des gr ln er Reselutton der Sofialdemoktaten beiüglich Lines Reichsberg. , stimmen wir vor ehaltlich der Stellungnahme im einzelnen in 3 enso den Forderungen von derselben Seite bezüglich Erhöhung 1 rbelterschutjesg in den Glashütten, abgeseben bon cher Arbeitg⸗ k Die Verordnung, betreffend die lin eff lin, in den Gast. und g chankumrischaften wird vielfach noch nicht völlig durchgeführt und n mn einzelnen praktischer geffaͤltet werden.“ Per Abg. Hoch a 2 ch wegen meiner Haltung in der Gewerbeordnun okommission ien ffen. Ich enischuldige das, weil er die tatsächlichen Ver= q ni nicht kennt. Ich soll bei der Beratung des 3 63 des 9 elsgesetzbuchs die Intereffen der er lun sg if fn verraten aben. Pier sollte der gegenwärtige Zufland verschlechtert werden,

zuschreiten.

Meine Herren, bel der Regelung der Arbeitezelten at Verordnung beschränkt, abgesehen von den Lern rr In. a auf die Einführung der ununterbrochenen achtstündigen Mindestruhezelt zwischen je zwei Arbeitzschichten, und das ist ja das, was gerade gestern hom Herrn Abgeordneten Hoch so scharf getadelt worden ist.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

holen, daß die Altersgrenze ür die Altergrent⸗ bo l m 70. auf das 65. Lebend jahr ermäßigt wird. Der heutige Zustand . .

und um das zu verhindern, haben viele Mitglieder da t Bei den technsschen Angestellten liegt die Sa n n, ..

Ma.

Zweite Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Köni

Berlin, Sonnahend, den 6. Februar

32.

(Schluß aus der Ersten Bellage.)

Wie kei allen Gewerben, wo ähnliche Bestimmungen erlassen worden sind, ist Vorbedingung dafür, daß man über die tatsächlichen Ver—⸗ hältnisse genau und objektiv informiert ist. Ueber diese Verhältnisse und über die werktänliche Arbeitezeit in der schweren Industrie sind wir aber bisher noch nicht so genau und objektiv unterrichtet, wie es erforderlich wäre. Die Lohnlisten, auf die wir rekurrieren können, weisen nicht die wirklich geleisteten Arbeitsstunden nach, sondern dle der Lohnberechnung zugrunde gelegten Arbeitzstunden, und da besteht ein Unterschied, weil, wie bekannt, Ueberstunden, Sonntagsarbeit, besonders unangenehme Arbeiten besonders gelohnt werden und des⸗ halb die Zabl der Ueberstunden aus den Lohnlisten nicht unmittelbar zu ersehen ist.

Der Herr Abgeordnete Schack hat soeben ganz richtig erkannt, daß es mit eine Absicht dleser Verordnung ist, diejenigen Unterlagen, die uns jetzt fehlen, zu beschaffen; denn es ist die Vorschrift erlassen worden, daß alle Arbeiten, die über die Dauer der regelmäßigen täglichen Airbeltszeit hinausgehen, mit dem Namen der Arbeiter in ein Verjeichnis eingetragen werden, sodaß für jeden einzelnen Arbeiter die Dauer der tegelmäßlgen täglichen Arbeitszeit und der Ueberstunden, die an den einzelnen Tagen geleistet worden sind, genau ersichtlich ist. Ich bin überzeugt, daß diese Anordnung uns einerselts leicht und schnell ein zuverlässiges Material liefern wird⸗ und auf der andern Seite hat sie den Vorteil, daß die unteren Werks⸗ beamten gezwungen werden, jede Ueberarbeit mit dem Namen des Arbeiters tatsächlich einzutragen, und es wird schon dadurch das hoffe ich eine Abminderung unzulässiger Ueberarbeitsstunden herbei⸗ geführt werden, und weiter werden die oberen Leiter der Werke durch dieses Verzeichnis erst selber einen Ueberblick über die tatsächlichen Verhältnisse bekommen, der ihnen, wie mir berichtet worden ist, gegenwärtig noch fehlt. Es wird uns also diese Verordnung nicht nur Material für einen eventuellen späteren weiteren Aus— bau der Verordnung schaffen, sondern die Verordnung wird mittelbar, wie ich überzeugt bin, auf eine Besserung der Verhältnisse hinwirken.

Meine Herren, die Gutachten zu der letzt veröffentlichten Denk schrift über die Pꝛrivatbeamtenversicherung sind schon ziemlich zahlreich ein⸗ gelaufen, aber noch durchaus nicht vollzählig; es fehlen verschiedene Gutachten, auf die ich glaube mit Bestimmtheit rechnen zu dürfen. Sobald das Material vollständig eingegangen sein wird, wird ein Gesetz⸗ entwurf ausgearbeitet und veröffentlicht.

Von der Sonntagsruhe in offenen Handelsgeschäften haben wir im vorigen Frühjahr hier gesprochen, und ich habe, wie der Abg. Schack soeben anführte, damals darauf hingewiesen, daß man werde differenzieren müssen. Die Aeußerungen der Bunderegierungen zu den Vorschlägen des Reichgamts des Innern sind in der Zwischenzeit einge⸗ laufen, mit zahlreichen Gutachten von Handelkammern, von Interessenten⸗ verbänden usw. Ja, meine Herren, die Anzahl der Ansichten, die in diesen Gutachten vertreten werden, ist beinahe so groß wie die Zahl der Gutachten selbst, und schon das ergibt, vor einer wie außerordentlich schwierigen Frage wir hierbei stehen. (Sehr richtig! in der Mitte und bei den Natsonalliberalen) In der großen Mehrzahl dieser Gutachten wird übrigens die Differenzierung von ganz großen Städten, von Provin)ial⸗ städten, von Landstädten und vom platten Lande vorgeschlagen, und ohne eine solche Differenzierung wird sich auch nach meiner Ueber jeugung die Sache nicht machen lassen.

Dabei übersehe ich durchaus nicht das Bedenken, das der Herr Abg. Schack soeben hervorgehoben hat, das dahin ging, daß eine Besserstellung des Handlungsgehllfen in den Großstädten den an sich nicht ju befördernden Zug der Handlungsgehilfen aus den kleinen und mittleren Städten nach den Großstädten befördern wird.

Aber bei der ganzen Frage haben wir es doch nicht allein mit Prinzipalen und Handlungsgehilfen zu tun, sondern wir haben es auch mit dem kaufenden Publikum zu tun. (Sehr richtig! in der Mitte und bei den Nationalliberalen Alle diese Rücksichten müssen dabel beachtet werden. Wir sind dabei, die Gutachten, die uns vor—⸗ liegen, nach dieser Richtung hin ju bearbeiten, und ich werde dle Sache fördern, soweit es in meinen Kräften steht.

Meine Herren, der Herr Abg. Trimborn hat mich gefragt, wie es mit der Enquete über den Mittelstand steht. Ja, meine Herren, es scheint sich das Spiel vom vorigen Jahre jetzt zu wiederholen. In der eisten Gtatzlesung bekomme ich unter der einhelligen Zustimmung des Reichstags eine Strafpredigt von dem verehrten Herrn Abg. Frei⸗ herrn von Gamp, der leider heute nicht hier ist, daß ich juviel Enqueten veranstalte und daß ich dabei die schönen Reichsgelder vergeude (Heiter⸗ keit, und kaum sind wir in der Budgetkommisston oder gar in der zweiten Lesung, dann regnet es Anträge auf neue Enqueten. (Heiterkeit) Die praktische Bedeutung einer Enquete über den Mittelstand verkenne ich keineswegs. Es würde durch eine solche Enquete allerdings fest⸗ gestellt werden der Herr Abgeordnete Trimborn hat ja vor einigen Jahren einmal alle die einzelnen Punkte aufgeführt unter anderem, wie eg mit den Kreditverhältnissen des Mittelstandes steht, wie es mit dem Schaden steht, der dem Mittelstand durch die großen Warenhäuser zugefügt wird usw. Aber wenn ich so ohne weiteres eine Enquete für das ganze Reich anordnen wollte, so würde daz eine sehr kostspielige Sache werden und eine sehr langwierige Untersuchung. Aber ich verhalte mich in keiner Weise ablehnend gegenüber dem ganzen Gedanken. Mit dem preußischen Herrn Handelminister habe ich vereinbart, daß wir, sobald Sie uns einmal hier so ein Bischen aug den Fingern lassen und wieder zu selbsttätiger Arbeit kommen lafsen (Heiterkeit, dann unter Zuziehung von Herren Relchstags⸗ abgeordneten und von anderen Sachverständigen ung zunächst einmal darüber klar werden wollen, in welcher Weise wir die Enquete ber⸗ anstalten sollen. Ich glaube, man wird es nicht anders tun können, als daß man gewisse Stichproben in einzelnen Städten vornimmt und

Ich komme mit einigen Ausführungen auf die Frage der Tarif⸗ verträge. Die formale Lage ist ja die, daß dem Reichskanzler vor⸗ liegen die vom Reichstag angenommenen Anträge des Herrn Abg. Junck und des inzwischen leider verstorbenen Grafen Hompesch, durch die die verbündeten Regierungen aufgefordert werden, gesetzliche Be⸗ stimmungen vorzuschlagen, durch welche das Recht der Arbeit tarif verträge geregelt wird. Der Herr Staattsekretär des Reicht justiz⸗ amts hat vor nicht langer Zeit hier im hohen Hause mitgeteilt, daß er die Angelegenheit mir übergeben habe, weil sie im wesentlichen sozialpolitischen Charakters set. Die Frage wird nunmehr von mir, selbstverstandlich in stetem Einvernehmen mit dem Reichsjustizamt, in dem Sinne gefördert werden, den ich mit etzt darzulegen erlauben werde.

Meine Herren, daz vergangene Jahr ist besonders reich gewesen an theoretischen Erörterungen über die ja unzweifelhaft sehr schwierige Frage des Tarifweseng. Von privater Seite sind selblst zwei fertige Gesetzentwürfe publiziert worden. Die Gesellschaft für soziale Reform hat für die Praxiã ein Tarifschema ausgearbeitet. Das mir unter⸗ stellte Statistische Amt hat zu der Frage in seinem Heft 8 der Bei⸗ träge zur Arbeiterstatistik über die weitere Wirkung des Tarifvertrages im Deutschen Reiche mit beigetragen. In diesem Heft ist nicht nur eine Statistik der deutschen Tarifverträge gegeben, sondern eine, wie ich glaube, durchaus objektiv gehaltene eingehende Darstellung der im letzten Jahre betätigten Tarifvertragsabschlüsse nach den einzelnen Gewerben, und schließlich hat auch der deutsche Juristentag auf Grund eingehender Gutachten und an der Hand eines sachverständigen Referats, welches der Herr Abgeordnete Dr. Junck verfaßt hat, im Herbst 1808 sich mit der rechtlichen Selte der Tarifverträge eingehend beschäftigt. Das ist die theoretische Seite. Praktisch haben, wie Sie alle wissen, die Tarifverträge im letzten Jahre im Deutschen Reiche ungemein zu⸗ genommen. Besonderz charakteristisch ist der Fortschritt, der dabei gemacht worden ist von Orts und Bezirkstarifverträgen zu Natlonaltarifen. Wir hatten ursprünglich Nationaltarife, Reichstarlfe eigentlich nur im graphischen Gewerbe für Buchdrucker, Lichtdrucker, Notenstecher, Kylo— graphen, Kupferdrucker. In neuerer Zeit hat sich diese Tarifbewegung ausgedehnt auf andere Gewerbe, Maurer, Zimmerer, Maler, Stuckateure, Steinsetzer, Tischler, Schneider und Lederindustrie, und bemerkenswert ist dabei, daß vielfach gerade die großen Arbeitgeber⸗ organisationen es gewesen sind, welche das treibende Element hierbei abgegeben haben.

Es ist unzweifelhaft, daß gerade durch diese großen, auf das ganze Reich sich erstreckenden Tarifverträge die Frage nach mehrfachen Rich⸗ tungen hin praktisch weiter geklärt und vertieft wird. Man wird ja jugeben müssen: ie größer der Benrk ist, auf den sich ein Tarifvertrag erstreckt, um so gefährlicher wird eg, wenn der Vertrag bei seinem Ablauf nicht erneuert wird. Um so größer ist die Verantwortung derjenigen, welche für die Erneuerung und Verlängerung der Tarif⸗ verträge ju sorgen haben. Es ist weiter charakteristisch, daß sich die Tarifverträge jetzt auch auf solche Kreise erstrecken, die nicht zu den Arbeitern im engeren Sinne gehören. Ich erinnere Sie an gewisse Vereinbarungen der Aerzteverbände mit den Krankenkassen, neuerdings mit den Versicherungtunternehmungen, mit den Lebengversicherungg⸗ gesellschaften und ähnlicheg. Auch inhaltlich siad die Tarifverträge im Laufe des letzten Jahres vervollkommnet worden. Eine bemerkenswerte Bestimmung ist z. B. im Malertarlf die Leistungsklausel, wo dem Mindestlohne eine Mindestleistung gegenüber gestellt worden ist. Nun verlangt man eine gesetzliche Regelung des Tarifvertragswesens. Ich stimme mit den Abgg. Dr. Junck und Bassermann durchaus überein, daß wir von einer öffentlich rechtlichen Regelung, wie man sie in Neuseeland und einigen australischen Staaten kennt, nichts für Deutschland zu halten haben. Die Verhältnisse sind da viel zu verschleden. Es könnte sich bei uns nur um die zivilrechtliche Form des Tarifsvertrags handeln. Da ist in den Niederlanden durch ein Gesetz vom 13. Juli 1907 eine Be— stimmung erlassen worden, wonach die Tarifverträge zwischen Organi⸗ sationen durch private Arbeitsoerträge nicht abgedungen werden können. Genau den entgegengesetzten Weg ist Oesterreich gegangen in seiner Novelle zur Gewerbeordnung vom 5. Februar 1907. Dort ist die Abdingbarkeit der Verträge ausgesprochen worden. Sie sehen, in diesen beiden Ländern ist man sich über eine Grundfrage der ganzen gesetzlichen Regelung nicht einig. In Itallen und Finnland sind gesetzgeberische Vorschläge in letzter Zeit gemacht, aber noch nicht zum Abschluß gelangt. England, das doch immer noch das klassische Land der Tarifverträge ist, hat sich bisher auch von einer zivilrecht⸗ lichen Ordnung des Tarifvertragswesens gänzlich fern gehalten. Man hat nur den schon selt dem Jahre 1824 betretenen Weg welter be—⸗ schritten und Möglichkeiten geschaffen zur Beilegung von gewerb— lichen Streitigkeiten und zum Abschluß von Tarifverträgen. In demselben Rahmen bewegt sich das jüngste Memorandum des board of trade. Seit 1896 konnte dieses board of trade bei gewerblichen Streitigkeiten einen conciliator und auf Ansuchen beider streitenden Partelen einen arbitrator, einen Schiedsrichter be⸗ stellen. Diese Einrichtung hat sich nach der Ansicht der englischen Gesetzgebung außerordentlich bewährt und sie soll jetzt noch zu einer festeren und dauernden Gestaltung auggebildet und erweitert werden.

Meine Herren, wenn wir sehen, wie sich namentlich im letzten Jahre die Tarifverträge in Deutschland ausgebreltet haben, so wird sich die Behauptung nicht gut vertreten lassen, daß es einer zivil rechtlichen Regelung des Tarifvertragtwesens absolut und dringlich be⸗ dürfe, und nur dann, meine Herren, sollte man an die Frage heran⸗ treten. Es sind noch sehr viele Fragen, die bei einem Tarispertragt« gesetz gelöst werden müßten, in keiner Weise ausgetragen. Von der Abdingbarkeit der Tarifverträge habe ich bereits gesprochen. Die Praxis hilft sich gegenwärtig, auch ohne daß ein Gesetz erlassen worden wäre, namentlich was die Wirksamkeit der Tarifverträge auf diejenigen betrlfft, welche nicht unmittelbar an der Organisation be= teillgt sind. Ez mag ja juristisch vielleicht nicht ganz unbedenklich

nach dem Ergebnis dieser Stichproben dann nachher abmißt, inwieweit wir die Enquete welter auszudehnen haben werden.

sein, daß gerade bei dieser Frage Konstruktionen herbeigejogen werden,

glich Preußischen Staatsanzeiget.

1909.

wie die Konstruktion des Vertrags zu Gunsten Dritter oder die Er⸗ klärung eines Tarifvertrags als Ortsgebrauch. Die Gewerbegerichte haben bekanntlich in diesen Beziehungen verschiedene Entscheidungen gefällt. Aber, meine Herren, gerade durch dieses allmähliche praktische Vorgehen und Versuchen, durch die Anpassung der Verhältnisse an die tatsächlichen Bedürfnisse werden die Fragen, die nachher gesetzlich geregelt werden müssen, am besten geklärt, und ich befürchte, daß, wenn wir jetzt mit einem Tarifgesetz eingreifen würden, wir die natür⸗ liche und infolgedessen gesunde Entwicklung zu zerstören Gefahr laufen würden.

Meine Herren, ich erinnere, eg ist doch ähnlich auch mit den Erwerbs und Wirtschaftsgenossenschaften gegangen. Sie datieren in Deutschland etwa seit dem Jahre 1848/49. Sie haben gelebt, haben sich ausgebildet in der Praxis 20 Jahre lang, und eist dann ist man gekommen und hat in einem Gesetz festgelegt, was die Praxis als notwendig erwiesen hatte, und wir sollten einen ähnlichen Weg auch bei den Tarifverträgen gehen. (Sehr richtig! bei den National liberalen Wie gut sie sich jetzt ausbilden können daß sie nicht für alle Gewerbejweige anwendbar sind, über dlese Frage will ich heute selbstveiständlich nicht sprechen daß sie sich tatsachlich aus⸗ dehnen können, das erweist uns die Wirklichkeit, und sie arbeiten und kommen vorwärts, und am meisten gibt mir zu denken bei der Frage, ob die Zeit schon gekommen ist, um die Sache gesetzlich zu regeln, daß die Führer auf beiden Seiten, daß diejenigen Herren, welche in der Praxis Tarifverträge abgeschlossen haben es wäre mir sehr interessant, wenn sich bei der Gelegenheit einmal die Herren Legien und Bömelburg darüber äußerten —, den Erlaß eines Tarifgesetzes meines Wissens bisher garnicht oder wenigstens nicht dringlich ge⸗ fordert haben. Auf das Urteil dieser Praktiker, die doch die kom petentesten Beurteiler der Sache sind, sollte man etwas geben. Eine andere Frage, meine Herren, wäre es, ob die Gesetzgebung etwa ge⸗ wisse Hindernisse wegjuräumen haben würde, lwelche gegenwärtig dem Abschlusse von Tarifverträgen entgegenstehen.

Auf die Frage der Rechtsfähigkeit der Berufevereine will ich gegenwärtig nicht eingehen. Ich glaube nicht, daß ein mangelndes Gesetz nach dieser Beniehung hin gegenwärtig Schaden stiftet. Im wesentlichen handelt es sich um den § 152 Abs. 2 der Gewerbeordnung. Sie wissen, meine Herren, früher hat das Reichsgericht in einem Fefenntnis von 1903, glaube ich es ist hier wiederholt besprochen worden —, die Ansicht vertreten, daß Tarifverträge zu den Verein⸗ barungen und Verabredungen des § 152 Abs. 2 gehörten. Neuer ; dings hat das Reichsgericht diesen Standpunkt berlassen. Trotzdem ist es aber zezenwärisg nich möglich,. daß An. Arbeltgeber oder gine Arbeitervereinigung ihre elgenen Mitglieder auf Grund der diefen Vereinen gegenüber eingegangenen Veipflichtüngen im Rechts wegẽ ur Befolgung des Tarlfvertrags anhält oder für den Vertragsbruch haftbar macht. Darin das gebe ich ju liegt ein Hindernis. Nun wissen Sie, meine Herren, in der Gewerbeorbnungskommission liegt ein Antrag des Herin Abg. Dr. Hitze zu 5 152 Abs. 2 vor, der dem 152 einen Absatz hinzufügen will nach folgendem Wortlaut:

Durch die Bestimmungen des Abs. 2 werden nicht berührt Vereinbarungen jwischen Gewerbetreibenden und gewerblichen Ar⸗ beitern über die Regelung der Lohn und Arbeitsbebingungen in bestimmten Gewerben (Tarifvertäge).

Wir werden, wie ich glaube, das Schicksal dieses Antrags in der Gewerbekommission zunächst einmal abzuwarten haben. Aber Sie werden auß meinen Autführungen über die ganze Frage entnommen haben, daß ich der Tendenz des Antrags durchaus nicht unsympathisch gegenüũberstehe.

Meine Herren, den größten Teil der Arbelt im Relchgamt des

Innern hat selbstverständlich die Reform der Arbeiteiversicherunggz⸗ gesetzgebung beansprucht. Die Reichs versicherungsordnung so werden wir vielleicht das zukünftige Gesetz nennen dürfen ist so weit fertig hergestellt, daß, wie ich hoffe, es noch im Laufe dieses Monats dem Bundesrat zugehen kann, und gleichzeitig werde ich es veröffentlichen lassen, sodaß die Allgemeinheit dazu Stellung nehmen kann. (Bravo Ich bitte Sie, meine Herren, wenn ich jetzt über dieses Gesetz spreche, zu bedenken, daß die Sache dem Bundegrat noch nicht vor⸗ liegt, daß ich also nicht nameng der verbündeten Regierungen spreche, sondern nur für meine Person. Der Herr Abg. Hoch hat mir gestern den Vorwurf gemacht, ich amm? diese Reichsversichtrungsordnung nach altem bureaukratischen Muster vorbereitet, ich hätte keine Beteiligten gehört, namentlich keine Arbeiter gehört, ich hätte mich nicht informiert. Meine Herren, Sie sollten mir doch diesen Vorwurf nicht machen. Im allgemeinen sollten doch die Herren wissen, daß mein Bestreben in der ganzen sonzial⸗ politischen Gesetzgebung ich babe dafür Beweise, glaube ich, ge⸗ sseser dahin geht, die Arbelter zu Worte kommen ju lassen. (Sehr ricstsg! bei den Nationalliberalen.)

Was das Sperelle angeht, der Herr Abg. Hoch wird es wissen, er kann sich ja auch bei manchen seiner Parteigenossen erkundigen, daß ich über die wichtigsten Fragen der Reichsversicherunggszordnung Konfe⸗ renzen abgehalten habe, zu denen ich die Vertreter der Kassen einge⸗ laden habe, aus deren Ausführungen ich konstatiere dies gern ich wertvolles und schätzenswertes Material für meine Entschließungen gewonnen haben. (Hört, hört! bei den Sonialdemokraten.) Sehr gern

hätte ich ja diese Vorbereitungen durch Verhandlungen mit Inter essenten noch auf einen größeren Kreis ausgedehnt, als ich es tatsächlich gekonnt habe. Aber, meine Herren, Sie wollen bedenken, daß, seitdem ich mein Amt angetreten habe, mir bis jetzt nur anderthalb Jahre zur Verfügung gestanden haben. Da mußte die Sache fertig sein. Denn wie ein dunkles Verhängnis schwebte die Ler Trimborn am Simmel. Heiterkeit.)

Der Herr Abg. Trimborn hat, wenn ich ihn gestern recht ver—⸗ standen habe, allerdings glücklicherweise die Frist, die das Gesetz big zum 1. Januar 1910 bestimmt, auf den 1. April 1910 ausgedehnt. Ich bin ihm schon für dieses Entgegenkommen außerordentlich dankbar.

( Heiterkeit.)